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Infarktbedingter kardiogener Schock - Erkan Arslan

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Internist 2006 · 47:383–388<br />

DOI 10.1007/s00108-006-1586-y<br />

Online publiziert: 22. Februar 2006<br />

© Springer Medizin Verlag 2006<br />

Schwerpunktherausgeber<br />

W. Seeger, Gießen<br />

A. Althoff, Gießen<br />

Der akute Myokardinfarkt kann initial<br />

und jederzeit im Krankheitsverlauf<br />

durch einen kardiogenen <strong>Schock</strong><br />

kompliziert werden. Trotz erheblicher<br />

Fortschritte und Erfolge in der Reperfusionstherapie<br />

mittels Thrombolyse<br />

oder perkutaner Koronarintervention<br />

(PCI) bleibt der kardiogene <strong>Schock</strong><br />

die häufigste Todesursache von Patienten<br />

mit akutem Myokardinfarkt<br />

nach Krankenhausaufnahme [5].<br />

Definition<br />

Der kardiogene <strong>Schock</strong> ist durch eine<br />

kritische Verminderung der kardialen<br />

Pumpleistung mit konsekutiver Hypoperfusion<br />

und inadäquater Sauerstoffversorgung<br />

der Organe gekennzeichnet. Die<br />

Diagnose wird anhand klinischer und hämodynamischer<br />

Kriterien gestellt und erfordert<br />

den Ausschluss anderer korrigierbarer<br />

Faktoren (z. B. Hypovolämie, arterielle<br />

Hypoxie oder vasovagale Reaktion)<br />

sowie den gleichzeitigen Nachweis einer<br />

kardialen Dysfunktion.<br />

Abb. 1. 8 Ursachen des kardiogenen <strong>Schock</strong>s bei 1422 Patienten des<br />

SHOCK-Registers mit Myokardinfarkt. (Nach [15])<br />

Schwerpunkt: Intensivmedizin<br />

U. Janssens · Medizinische Klinik, St.-Antonius-Hospital Eschweiler<br />

<strong>Infarktbedingter</strong><br />

<strong>kardiogener</strong> <strong>Schock</strong><br />

Klinisch finden sich Zeichen der Kreislaufzentralisation<br />

und Organdysfunktion<br />

wie<br />

F Agitiertheit,<br />

F blasse, kühle, schweißige Haut,<br />

F Zyanose,<br />

F Oligurie (Urinvolumen


ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI)<br />

kann es komplizierend zu einem kardiogenen<br />

<strong>Schock</strong> kommen, der im NRMI-2-<br />

Register bei 4,9% der Patienten mit NSTE-<br />

MI- im Vergleich zu 8,1% der STEMI-Patienten<br />

auftrat [11].<br />

Prognose<br />

In der Worcester-Heart-Attack-Studie<br />

verstarben 71,7% der Patienten mit kardiogenem<br />

<strong>Schock</strong> im Vergleich zu 12,0% ohne<br />

<strong>Schock</strong> [12]. Im Verlauf der 1990er Jahre<br />

lässt sich eine abnehmende Sterblichkeit<br />

dokumentieren [4], die als Folge der zunehmenden<br />

und verbesserten Reperfusionsstrategien<br />

gewertet wird (. Abb. 3).<br />

Pathophysiologie<br />

Der Untergang vitalen Myokards erfolgt<br />

einzeitig aber auch mehrzeitig (Infarktextension,<br />

Reinfarzierung, Reokklusion<br />

nach Reperfusion). Das verminderte<br />

HZV und der herabgesetzte mittlere arterielle<br />

Druck (MAD) führen zu einem Circulus<br />

vitiosus mit konsekutiver Abnahme<br />

der myokardialen Kontraktilität.<br />

Im Vordergrund steht die Aktivierung<br />

des sympathischen Nervensystems sowie<br />

renaler, neurohumoraler und lokaler vasoregulatorischer<br />

Mechanismen. Diese<br />

Gegenregulation kann jedoch durch eine<br />

überproportionale Steigerung der Vorlast<br />

und der Nachlast eine weitere Verschlechterung<br />

der linksventrikulären Pumpfunktion<br />

induzieren (. Abb. 4). Am<br />

Endpunkt dieser Prozesse stehen schwere<br />

Schäden sämtlicher Organsysteme, die<br />

über ein Multiorgandysfunktionssyndrom<br />

in ein Multiorganversagen (MOV) münden<br />

können. So stirbt der Patient häufig<br />

nicht an der verschlossenen Koronararterie,<br />

sondern am MOV.<br />

384 | Der Internist 4 · 2006<br />

Schwerpunkt: Intensivmedizin<br />

Paradigmenwechsel<br />

Abb. 3. 9 Intrahospitale<br />

Sterblichkeit bei 7356 Patienten<br />

mit kardiogenem<br />

<strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt<br />

zwischen 1995 und<br />

2004. (Daten des NRMI-Registers<br />

[4])<br />

Derzeit findet, nicht nur unter pathophysiologischen<br />

Gesichtspunkten, ein Paradigmenwechsel<br />

(. Abb. 4) statt: Es gibt<br />

zunehmend Hinweise dafür, dass eine systemische<br />

inflammatorische Antwort, Freisetzung<br />

proinflammatorischer Zytokine,<br />

Expression der induzierbaren NO-Synthase<br />

und eine inadäquate Vasodilatation<br />

nicht nur den Verlauf, sondern auch die<br />

Prognose von Patienten mit kardiogenem<br />

<strong>Schock</strong> entscheidend beeinflussen [14].<br />

Diagnostik und Monitoring<br />

Die kontinuierliche monitorgestützte Erfassung<br />

der Herzfrequenz und des Herzrhythmus,<br />

der Atemfrequenz und der Pulsoximetrie<br />

ist bei Patienten mit kardiogenem<br />

<strong>Schock</strong> obligat. Auch besteht die<br />

Indikation zur invasiven arteriellen Blutdruckmessung.<br />

Neben allgemeinen Laborparametern<br />

spielen die Bestimmung<br />

des Laktats und der biochemischen Marker<br />

des Myokardschadens eine besondere<br />

Rolle [13].<br />

Die bettseitig durchführbare transthorakale<br />

Echokardiographie und in Abhängigkeit<br />

von der Fragestellung die transösophageale<br />

Echokardiographie sind unverzichtbar.<br />

Erweitertes hämodynamisches<br />

Monitoring<br />

Zur Diagnostik und Therapie ist das HZV<br />

eine zentrale Kenngröße. Der Pulmonalarterienkatheter<br />

(PAK) ist weiterhin ein<br />

Grundpfeiler der erweiterten hämodynamischen<br />

Überwachung [14]. Eine zunehmend<br />

genutzte Alternative zum PAK ist<br />

die arterielle Pulskonturanalyse mittels<br />

„PiCCO-System“. Bei Patienten mit kardiogenem<br />

<strong>Schock</strong> steht eine klinische Va-<br />

lidierung jedoch noch aus [19]. Eine Verbesserung<br />

der Prognose durch den Pulmonalarterienkatheter<br />

oder weniger invasive<br />

Verfahren konnte bisher nicht nachgewiesen<br />

werden.<br />

Das aktuell publizierte Konzept des<br />

Cardiac Power Output (CPO) verdeutlicht<br />

den Zusammenhang zwischen kardiovaskulärem<br />

Blutfluss (HZV) und MAD [7]:<br />

Therapie<br />

Folgende Therapieziele sind vorrangig<br />

[21]:<br />

F Präklinisch: symptomatische Kreislaufstabilisierung<br />

und umgehende<br />

Verlegung in das nächste Herzzentrum<br />

mit 24-h-Herzkatheterbereitschaft,<br />

F koronare Reperfusion so früh als<br />

möglich,<br />

F Sicherstellung einer adäquaten systemischen<br />

Organperfusion,<br />

F Beseitigung einer systemischen Hypoperfusion.<br />

Allgemeinmaßnahmen<br />

Prinzipiell gelten für Patienten im kardiogenen<br />

<strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt die<br />

allgemeingültigen Richtlinien der entsprechenden<br />

Fachgesellschaften für die<br />

Behandlung des Myokardinfarkts [2, 13,<br />

22].<br />

Die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern<br />

wie Acetylsalicylsäure oder<br />

ADP-Antagonisten (Clopidogrel) und die<br />

simultane Antikoagulation mit unfraktioniertem<br />

Heparin gehören zur Basistherapie<br />

des akuten Myokardinfarkts [1].<br />

Eine vorbestehende orale Medikation<br />

mit Nitraten, β-Blockern, Kalziumantagonisten,<br />

ACE-Hemmern und AT1-Antagonisten<br />

ist für die Dauer des <strong>Schock</strong>zustands<br />

abzusetzen, weil sie die bestehende<br />

arterielle Hypotonie verstärken kann [1].<br />

Die inspiratorische Sauerstoffkonzentration<br />

(FiO2) ist unverzüglich zu erhöhen.<br />

Dies kann überbrückend durch Sauerstoffzufuhr<br />

über Maske oder Nasensonde<br />

erfolgen.


E Im manifesten kardialen <strong>Schock</strong> ist<br />

die frühzeitige Intubation mit kontrollierter<br />

Beatmung und Analgosedierung<br />

indiziert.<br />

Damit kann die Atemarbeit reduziert und<br />

eine sichere Oxygenierung gewährleistet<br />

werden. Durch suffiziente Analgesie und<br />

Sedierung werden die überschießende<br />

sympathische Aktivität sowie der Sauerstoffverbrauch<br />

vermindert und die Vor-<br />

und Nachlast gesenkt [1].<br />

Vorlast<br />

Bei allen Patienten im kardiogenen<br />

<strong>Schock</strong> ist ein Volumenmangel auszuschließen<br />

und ggf. umgehend zu behandeln<br />

[18]. Dabei sind klinische Zeichen<br />

der Volumenüberladung und kardialen<br />

Stauung stets sehr genau zu überprüfen.<br />

Immer mehr erweist sich eine reine<br />

druckbezogene Vorlastabschätzung mittels<br />

zentralvenösen Drucks (ZVD) oder<br />

PAOP als unzureichend. Veränderungen<br />

des ZVD oder PAOP korrelieren nicht mit<br />

Veränderungen des HZV und sind somit<br />

als Indikatoren einer Vorlastabhängigkeit<br />

unbrauchbar. Alternativ könnte das intrathorakale<br />

Blutvolumen (ITBV), welches<br />

mit dem PiCCO-System bestimmt wird,<br />

zur Beurteilung der Vorlast herangezogen<br />

werden, hier liegen jedoch noch keine<br />

ausreichenden Erfahrungen vor.<br />

Katecholamine bzw. Vasopressoren<br />

Ziele der medikamentösen Therapie des<br />

kardiogenen <strong>Schock</strong>s ist die Etablierung<br />

einer ausreichenden Zirkulation unter<br />

maximaler Entlastung des Herzens, insbesondere<br />

durch Senkung der Nachlast<br />

und unter minimaler Therapie mit Katecholaminen.<br />

Angestrebt wird ein mittlerer arterieller<br />

Druck von 65 mmHg bei einem peripheren<br />

Gefäßwiderstand (SVR) von<br />

Empfehlungsstärke<br />

Klasse I<br />

Gute Evidenz oder allgemeine Akzeptanz,<br />

dass Maßnahme nützlich und effektiv ist.<br />

Klasse IIa<br />

Umstritten, aber überwiegende Evidenz, dass<br />

Maßnahme nützlich und/oder effektiv ist.<br />

Klasse IIb<br />

Umstritten, aber überwiegende Evidenz, dass<br />

Maßnahme nicht nützlich und/oder ineffektiv<br />

ist.<br />

386 | Der Internist 4 · 2006<br />

Schwerpunkt: Intensivmedizin<br />

800 dyn × s × cm -5 und einem Herzzeitindex<br />

von 2,5 l/min/m 2 . Dieses entspricht<br />

einem Cardiac Power Output (CPO) von<br />

>0,6 W.<br />

Die Dosierung positiv inotroper und<br />

vasokonstriktorischer Substanzen soll so<br />

gering und die Applikationszeit so kurz<br />

wie möglich sein. Die Effizienz der vielfach<br />

praktizierten Kombination mehrerer<br />

Katecholamine ist nicht belegt. Insgesamt<br />

dient der Einsatz positiv inotroper Substanzen<br />

nur der überbrückenden hämodynamischen<br />

Stabilisierung [1].<br />

Bei nur gering ausgeprägter Hypotonie<br />

(systolischer arterieller Druck >70 mm-<br />

Hg) ist Dobutamin das Katecholamin der<br />

ersten Wahl [1]. Noradrenalin ist im kardialen<br />

<strong>Schock</strong> bei therapierefraktärer Hypotonie<br />

indiziert. Adrenalin sollte im kardialen<br />

<strong>Schock</strong> als ultima ratio erst bei anderweitig<br />

nicht zu steigernder Inotropie<br />

eingesetzt werden, während es für Dopamin<br />

wegen wenig überschaubarer und<br />

nicht selektiver Wirkungen keine Indikation<br />

gibt [1].<br />

Nachlastsenkung<br />

Bei Patienten mit erhöhter Nachlast<br />

(SVR >1000 dyn × s × cm -5 ) und eingeschränkter<br />

Pumpfunktion können unter<br />

invasivem hämodynamischem Monitoring<br />

Vasodilatatoren (z. B. Natriumnitroprussid)<br />

eingesetzt werden.<br />

Reperfusion<br />

Die frühzeitige Reperfusion besitzt oberste<br />

Priorität.<br />

Thrombolysetherapie<br />

Obwohl die Thrombolysetherapie beim<br />

Myokardinfarkt eine Klasse-I-A-Indikation<br />

darstellt [13], sind die Ergebnisse bei<br />

Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong> eher<br />

unbefriedigend (s. Textbox). Mögliche<br />

Evidenzgrad<br />

Evidenzgrad A<br />

Daten aus mehreren ausreichend großen,<br />

randomisierten Studien oder Metaanalysen.<br />

Evidenzgrad B<br />

Daten aus einer randomisierten Studie oder<br />

mehreren nicht randomisierten Studien oder<br />

Registern.<br />

Evidenzgrad C<br />

Konsensusmeinung der Expertengruppe ist<br />

wesentliche Grundlage.<br />

Ursachen sind die im kardialen <strong>Schock</strong><br />

reduzierte Koronarperfusion mit Inhibierung<br />

der spontanen und medikamentösen<br />

Fibrinolyse sowie die blutdruckabhängig<br />

verminderte Diffusion des Thrombolytikums<br />

in den Thrombus. Die aktuellen<br />

Richtlinien der Deutschen Gesellschaft<br />

für Kardiologie weisen ebenfalls auf die<br />

schlechten Ergebnisse der Thrombolyse<br />

hin und empfehlen vorrangig die Katheterintervention<br />

[13]. Die AHA/ACC-<br />

Richtlinien sehen eine Klasse-I-B-Indikation<br />

der Thrombolyse für Patienten vor,<br />

die für eine invasive Therapie nicht in Frage<br />

kommen und bei denen keine Kontraindikationen<br />

für eine Thrombolyse bestehen<br />

[2].<br />

Perkutane Koronarintervention<br />

Der Vorteil der perkutane Koronarintervention<br />

(PCI) ist in der sofortigen und<br />

nachhaltigen Wiedereröffnung des Infarktgefäßes<br />

zu sehen. Im Gegensatz zur<br />

Thrombolysetherapie wird in einem sehr<br />

viel höheren Prozentsatz eine komplette<br />

Reperfusion wiederhergestellt, die die wesentliche<br />

Determinante für den Erhalt der<br />

linksventrikulären Pumpfunktion und das<br />

Überleben des Patienten ist. In den nationalen<br />

und internationalen Leitlinien wird<br />

die primäre PCI als Verfahren der Wahl<br />

gewertet (Klasse I-B/C; [2, 13]).<br />

> Die primäre perkutane<br />

Koronarintervention ist das<br />

Verfahren der Wahl<br />

In der bislang einzigen großen prospektiv<br />

randomisierten Studie (SHOCK-Studie)<br />

wurde eine frühe Revaskularisierung<br />

mit einer initial konservativen medikamentösen<br />

Therapie verglichen [16].<br />

An Tag 30 zeigte sich ein nicht signifikanter<br />

Trend zu Gunsten der frühen Revaskularisierung<br />

(Überlebende 56,0% vs.<br />

46,7% der initialen konventionellen medikamentösen<br />

Therapie). Dieser Trend erreichte<br />

nach 6 und 12 Monaten eine statistische<br />

Signifikanz, die den Vorteil einer<br />

frühen invasiven Revaskularisierung auch<br />

im Langzeitverlauf untermauert [17].<br />

Die Ergebnisse der PCI konnten in den<br />

letzten Jahren durch technische Weiterentwicklungen,<br />

die Möglichkeit zur Stentimplantation<br />

[3] und durch den Einsatz


Abb. 4. 8 Pathophysiologie des kardiogenen <strong>Schock</strong>s. Auf der rechten Seite sind die klassischen Abläufe<br />

schematisch dargestellt. Nach einem initialen Insult (z. B. Myokardinfarkt) kommt es zu einer systemischen<br />

inflammatorischer Antwort mit konsekutiver NO-Bildung und Vasodilatation (HZV: Herzzeitvolumen;<br />

SV: Schlagvolumen; LVEDP: linksventrikulärer enddiastolischer Füllungsdruck; iNOS: induzierbare<br />

NO-Synthase; SVR: peripherer Gefäßwiderstand; nach [14])<br />

der Glykoprotein-IIb/IIIa-Hemmer deutlich<br />

verbessert werden [10].<br />

Auch wenn die untersuchten Patientenkollektive<br />

klein sind und prospektiv<br />

randomisierte Studien fehlen, scheint die<br />

optimale Behandlungsstrategie derzeit die<br />

möglichst frühe PCI in Kombination mit<br />

Stentimplantation und GP-IIb/IIIa-Antagonisten<br />

zu sein.<br />

Bypassoperation<br />

Eine unmittelbare operative Intervention<br />

ist beim akuten Myokardinfarkt wegen<br />

der beträchtlichen perioperativen Risiken<br />

nur indiziert, wenn die Rekanalisation<br />

eines Infarktgefäßes und hämodynamische<br />

Stabilität nicht durch medikamentöse<br />

und interventionelle Maßnahmen<br />

zu erreichen sind [1].<br />

Mechanische<br />

Kreislaufunterstützung<br />

Die intraaortale Ballongegenpulsation<br />

(IABP) ist die ideale therapeutische Maßnahme<br />

bei kardiogenen <strong>Schock</strong> v. a. ischämischer<br />

Genese. Sie sollte jedoch nur<br />

in Verbindung mit invasiven therapeutischen<br />

Maßnahmen wie PCI oder aortokoronarer<br />

Bypassoperation eingesetzt<br />

werden, da nur durch die gleichzeitige Revaskularisierung<br />

ein Überlebensvorteil er-<br />

zielt werden kann (Klasse I-C; [13]). Trotz<br />

dieser nationalen und internationalen<br />

Empfehlungen wird die IABP in Deutschland<br />

immer noch zu selten eingesetzt.<br />

Ausblick<br />

Vielversprechende medikamentöse Therapieverfahren<br />

sind der Kalziumsensitizer<br />

Levosimendan und möglicherweise NO-<br />

Synthetase-Inhibitoren [6, 9]. Beide Substanzen<br />

befinden sich bei <strong>Schock</strong>patienten<br />

in der klinischen Erprobung.<br />

Levosimendan als Vertreter einer neuen<br />

Substanzklasse erweitert die therapeutischen<br />

Möglichkeiten zur Verbesserung<br />

der globalen Hämodynamik erheblich ohne<br />

Zunahme von Nebenwirkungen und<br />

wurde mittlerweile auch erfolgreich bei<br />

Patienten mit kardiogenem <strong>Schock</strong> eingesetzt<br />

[8]. Bei 30 Patienten mit prolongiertem<br />

kardiogenem <strong>Schock</strong> konnte in<br />

einer prospektiven randomisierten Studie<br />

durch den Einsatz eines Stickoxidsynthetase-Inhibitors<br />

(L-NAME) die 30-Tages-Sterblichkeit<br />

erheblich reduziert werden<br />

(27% vs. 67%, p=0,008; [6]). Die Daten<br />

dieser Pilotstudie werden derzeit in einer<br />

multizentrischen Studie überprüft.<br />

Zusammenfassung · Abstract<br />

Internist 2006 · 47:383–388<br />

DOI 10.1007/s00108-006-1586-y<br />

© Springer Medizin Verlag 2006<br />

U. Janssens<br />

<strong>Infarktbedingter</strong> <strong>kardiogener</strong><br />

<strong>Schock</strong><br />

Zusammenfassung<br />

Der kardiogene <strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt<br />

ist ein akut lebensbedrohliches Krankheitsbild<br />

und erfordert eine zeitnahe Diagnostik<br />

und Therapie. Neben den allgemeinen Maßnahmen<br />

zur <strong>Schock</strong>therapie ist die Reperfusion<br />

des infarktbezogenen Gefäßes möglichst<br />

schnell anzustreben. Dabei ist die mechanische<br />

Rekanalisation mittels perkutaner<br />

Koronarintervention das Verfahren der Wahl.<br />

Die modernen Kathetertechniken, die Stentimplantation<br />

und der Einsatz von GP-IIB/IIIA-<br />

Inhibitoren haben in den letzten Jahren zu einer<br />

Prognoseverbesserung geführt. Die intraaortale<br />

Gegenpulsation sollte fester Bestandteil<br />

des Therapiekonzepts sein, wird in<br />

Deutschland aber immer noch zu selten eingesetzt.<br />

Die akute Bypassoperation spielt eine<br />

untergeordnete Rolle und kommt nur in<br />

wenigen ausgesuchten Fällen zum Einsatz.<br />

Schlüsselwörter<br />

Myokardinfarkt · Kardiogener <strong>Schock</strong> · Koronarintervention<br />

· Intraaortale Gegenpulsation<br />

· <strong>Schock</strong><br />

Cardiogenic shock after acute<br />

myocardial infarction<br />

Abstract<br />

Cardiogenic shock remains the major cause<br />

of death among patients with acute myocardial<br />

infarction. Besides supportive therapy<br />

there is clear evidence that revascularization<br />

of the infarct related artery should be performed<br />

as soon as possible with percutaneous<br />

transluminal coronary angioplasty. Placement<br />

of coronary stents and administration<br />

of platelet glycoprotein IIb/IIIa antagonists<br />

may further improve outcome. Intra-aortic<br />

balloon pumping should be integral part of<br />

this treatment strategy but is unfortunately<br />

underused in clinical practice. Routine bypass<br />

surgery for cardiogenic shock patients is deferred<br />

and restricted to selected patients.<br />

Keywords<br />

Myocardial infarction · Cardiogenic shock ·<br />

Acute revascularization · Angioplasty · Intraaortic<br />

balloon pumping<br />

Der Internist 4 · 2006 |<br />

387


Fazit für die Praxis<br />

Der kardiogene <strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt<br />

hat weiterhin eine hohe akute<br />

Sterblichkeit. Eine rasche Diagnose und<br />

die unverzügliche Revaskularisierung<br />

mittels perkutaner Koronarintervention<br />

oder Bypassoperation stehen im Zentrum<br />

der therapeutischen Bemühungen.<br />

Stentimplantation und Glykoprotein-IIb/<br />

IIIa-Inhibitoren scheinen die Prognose zu<br />

verbessern. Die mechanische Kreislaufunterstützung<br />

mittels intraaortaler Gegenpulsation<br />

muss in diesem Therapiekonzept<br />

als adjunktive Maßnahme Berücksichtigung<br />

finden.<br />

Korrespondierender Autor<br />

PD Dr. U. Janssens<br />

Medizinische Klinik, St.-Antonius-Hospital<br />

Dechant-Deckers-Straße 8, 52249 Eschweiler<br />

ujanssens.sah-eschweiler@clinet.de<br />

Interessenkonflikt. Es besteht kein Interessenkonflikt.<br />

Der korrespondierende Autor versichert, dass keine<br />

Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in<br />

dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt<br />

vertreibt, bestehen. Die Präsentation<br />

des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte<br />

produktneutral.<br />

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388 | Der Internist 4 · 2006<br />

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