Infarktbedingter kardiogener Schock - Erkan Arslan
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ST-Streckenhebungsinfarkt (NSTEMI)<br />
kann es komplizierend zu einem kardiogenen<br />
<strong>Schock</strong> kommen, der im NRMI-2-<br />
Register bei 4,9% der Patienten mit NSTE-<br />
MI- im Vergleich zu 8,1% der STEMI-Patienten<br />
auftrat [11].<br />
Prognose<br />
In der Worcester-Heart-Attack-Studie<br />
verstarben 71,7% der Patienten mit kardiogenem<br />
<strong>Schock</strong> im Vergleich zu 12,0% ohne<br />
<strong>Schock</strong> [12]. Im Verlauf der 1990er Jahre<br />
lässt sich eine abnehmende Sterblichkeit<br />
dokumentieren [4], die als Folge der zunehmenden<br />
und verbesserten Reperfusionsstrategien<br />
gewertet wird (. Abb. 3).<br />
Pathophysiologie<br />
Der Untergang vitalen Myokards erfolgt<br />
einzeitig aber auch mehrzeitig (Infarktextension,<br />
Reinfarzierung, Reokklusion<br />
nach Reperfusion). Das verminderte<br />
HZV und der herabgesetzte mittlere arterielle<br />
Druck (MAD) führen zu einem Circulus<br />
vitiosus mit konsekutiver Abnahme<br />
der myokardialen Kontraktilität.<br />
Im Vordergrund steht die Aktivierung<br />
des sympathischen Nervensystems sowie<br />
renaler, neurohumoraler und lokaler vasoregulatorischer<br />
Mechanismen. Diese<br />
Gegenregulation kann jedoch durch eine<br />
überproportionale Steigerung der Vorlast<br />
und der Nachlast eine weitere Verschlechterung<br />
der linksventrikulären Pumpfunktion<br />
induzieren (. Abb. 4). Am<br />
Endpunkt dieser Prozesse stehen schwere<br />
Schäden sämtlicher Organsysteme, die<br />
über ein Multiorgandysfunktionssyndrom<br />
in ein Multiorganversagen (MOV) münden<br />
können. So stirbt der Patient häufig<br />
nicht an der verschlossenen Koronararterie,<br />
sondern am MOV.<br />
384 | Der Internist 4 · 2006<br />
Schwerpunkt: Intensivmedizin<br />
Paradigmenwechsel<br />
Abb. 3. 9 Intrahospitale<br />
Sterblichkeit bei 7356 Patienten<br />
mit kardiogenem<br />
<strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt<br />
zwischen 1995 und<br />
2004. (Daten des NRMI-Registers<br />
[4])<br />
Derzeit findet, nicht nur unter pathophysiologischen<br />
Gesichtspunkten, ein Paradigmenwechsel<br />
(. Abb. 4) statt: Es gibt<br />
zunehmend Hinweise dafür, dass eine systemische<br />
inflammatorische Antwort, Freisetzung<br />
proinflammatorischer Zytokine,<br />
Expression der induzierbaren NO-Synthase<br />
und eine inadäquate Vasodilatation<br />
nicht nur den Verlauf, sondern auch die<br />
Prognose von Patienten mit kardiogenem<br />
<strong>Schock</strong> entscheidend beeinflussen [14].<br />
Diagnostik und Monitoring<br />
Die kontinuierliche monitorgestützte Erfassung<br />
der Herzfrequenz und des Herzrhythmus,<br />
der Atemfrequenz und der Pulsoximetrie<br />
ist bei Patienten mit kardiogenem<br />
<strong>Schock</strong> obligat. Auch besteht die<br />
Indikation zur invasiven arteriellen Blutdruckmessung.<br />
Neben allgemeinen Laborparametern<br />
spielen die Bestimmung<br />
des Laktats und der biochemischen Marker<br />
des Myokardschadens eine besondere<br />
Rolle [13].<br />
Die bettseitig durchführbare transthorakale<br />
Echokardiographie und in Abhängigkeit<br />
von der Fragestellung die transösophageale<br />
Echokardiographie sind unverzichtbar.<br />
Erweitertes hämodynamisches<br />
Monitoring<br />
Zur Diagnostik und Therapie ist das HZV<br />
eine zentrale Kenngröße. Der Pulmonalarterienkatheter<br />
(PAK) ist weiterhin ein<br />
Grundpfeiler der erweiterten hämodynamischen<br />
Überwachung [14]. Eine zunehmend<br />
genutzte Alternative zum PAK ist<br />
die arterielle Pulskonturanalyse mittels<br />
„PiCCO-System“. Bei Patienten mit kardiogenem<br />
<strong>Schock</strong> steht eine klinische Va-<br />
lidierung jedoch noch aus [19]. Eine Verbesserung<br />
der Prognose durch den Pulmonalarterienkatheter<br />
oder weniger invasive<br />
Verfahren konnte bisher nicht nachgewiesen<br />
werden.<br />
Das aktuell publizierte Konzept des<br />
Cardiac Power Output (CPO) verdeutlicht<br />
den Zusammenhang zwischen kardiovaskulärem<br />
Blutfluss (HZV) und MAD [7]:<br />
Therapie<br />
Folgende Therapieziele sind vorrangig<br />
[21]:<br />
F Präklinisch: symptomatische Kreislaufstabilisierung<br />
und umgehende<br />
Verlegung in das nächste Herzzentrum<br />
mit 24-h-Herzkatheterbereitschaft,<br />
F koronare Reperfusion so früh als<br />
möglich,<br />
F Sicherstellung einer adäquaten systemischen<br />
Organperfusion,<br />
F Beseitigung einer systemischen Hypoperfusion.<br />
Allgemeinmaßnahmen<br />
Prinzipiell gelten für Patienten im kardiogenen<br />
<strong>Schock</strong> nach Myokardinfarkt die<br />
allgemeingültigen Richtlinien der entsprechenden<br />
Fachgesellschaften für die<br />
Behandlung des Myokardinfarkts [2, 13,<br />
22].<br />
Die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern<br />
wie Acetylsalicylsäure oder<br />
ADP-Antagonisten (Clopidogrel) und die<br />
simultane Antikoagulation mit unfraktioniertem<br />
Heparin gehören zur Basistherapie<br />
des akuten Myokardinfarkts [1].<br />
Eine vorbestehende orale Medikation<br />
mit Nitraten, β-Blockern, Kalziumantagonisten,<br />
ACE-Hemmern und AT1-Antagonisten<br />
ist für die Dauer des <strong>Schock</strong>zustands<br />
abzusetzen, weil sie die bestehende<br />
arterielle Hypotonie verstärken kann [1].<br />
Die inspiratorische Sauerstoffkonzentration<br />
(FiO2) ist unverzüglich zu erhöhen.<br />
Dies kann überbrückend durch Sauerstoffzufuhr<br />
über Maske oder Nasensonde<br />
erfolgen.