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Den Escher Magazine de la Ville d'Esch-sur-Alzette

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Typesch Esch<br />

„Es gab eine Zeit, da war es für keinen von uns leicht.<br />

Immer draußen in je<strong>de</strong>r Jahreszeit, alle die uns nicht<br />

mochten, haben mit <strong>de</strong>m Finger auf uns gezeigt“, erinnert<br />

sich ein ehemaliger Obdachloser an jene Jahre, als er sein<br />

Leben auf <strong>de</strong>r Straße fristete. Im <strong>Escher</strong> „Foyer <strong>de</strong> Nuit<br />

Abrisud“ fand <strong>de</strong>r Mann eine vorübergehen<strong>de</strong> Bleibe, dort<br />

fasste er auch <strong>de</strong>n Mut, seinem Leben eine Wendung zum<br />

Besseren zu geben.<br />

Im Januar 2005 richtete die Gemein<strong>de</strong> Esch in <strong>de</strong>r<br />

einstigen Polizeiwache in <strong>de</strong>r Kanalstraße eine Unterkunft<br />

für Obdachlose ein. Dem vorausgegangen war ein Appell<br />

<strong>de</strong>s Ministeriums für Familie und Integration an alle<br />

Gemein<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s, <strong>de</strong>m Beispiel <strong>de</strong>r Hauptstadt zu<br />

folgen und Einrichtungen für wohnungslose Mitbürger zu<br />

schaffen. Esch war die einzige Stadt im Großherzogtum, die<br />

diesen Appell auch in die Tat umsetzte, und kaum war das<br />

„Foyer <strong>de</strong> Nuit“ eingerichtet, da waren auch schon fast alle<br />

Sch<strong>la</strong>fplätze belegt.<br />

„Als wir sahen, wie viele Menschen dieses Angebot<br />

nutzten, war uns k<strong>la</strong>r, wie groß <strong>de</strong>r Bedarf tatsächlich ist“,<br />

berichtet Emmanuel Cornélius vom Dienst für soziale<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Esch. Bereits En<strong>de</strong> 2005 fiel die<br />

Entscheidung, das Angebot nicht nur in <strong>de</strong>n kalten Monaten,<br />

son<strong>de</strong>rn ganzjährig vorzuhalten. Außer<strong>de</strong>m beschlossen<br />

die zuständigen Gremien, mittelfristig feste Strukturen<br />

für das „Foyer <strong>de</strong> Nuit“ zu schaffen und zu diesem Zweck<br />

auch eine neue Unterkunft zu errichten.<br />

Doch weil die Räume im ehemaligen Polizeilokal längst<br />

nicht mehr <strong>de</strong>m Bedarf entsprachen und bis zur Realisierung<br />

<strong>de</strong>s Neubaus noch einige Zeit vergehen sollte, zog<br />

das Foyer im Juni 2007 zunächst in ein weiteres Provisorium<br />

um: Von <strong>de</strong>r alten Polizei in <strong>de</strong>r Kanalstraße ging es<br />

zum „Burgoard“. Dort stehen seither insgesamt 18<br />

Sch<strong>la</strong>fplätze zur Verfügung. Komplettiert wird die Einrichtung,<br />

die aus roten Wohncontainern errichtet wur<strong>de</strong>, durch<br />

einen Aufenthaltsraum sowie eine Küche mit Esszimmer. In<br />

Schließschränken können die Nutzer <strong>de</strong>s Foyers ihr Hab<br />

und Gut sicher aufbewahren. Geöffnet ist die Unterkunft an<br />

365 Tagen im Jahr, also auch an Weihnachten und an<br />

Silvester, jeweils von 17 bis 9 Uhr.<br />

Insgesamt 145 Wohnungslose, darunter 123 Männer,<br />

nutzten im vergangenen Jahr die Möglichkeit, vorüber-<br />

gehend im „Foyer <strong>de</strong> Nuit“ unterzukommen. Bis zu 465<br />

Übernachtungen wur<strong>de</strong>n monatlich gezählt, nahezu ein<br />

Viertel <strong>de</strong>r Nutzer war zwischen 18 und 25 Jahre alt.<br />

Min<strong>de</strong>rjährige wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Einrichtung nicht aufgenommen.<br />

Manche <strong>de</strong>r Wohnungslosen blieben nur für ein<br />

paar Nächte, an<strong>de</strong>re über einen längeren Zeitraum.<br />

Naturgemäß verzeichnet die Unterkunft in <strong>de</strong>n Winter-<br />

monaten die stärkste Nachfrage, doch auch im Sommer<br />

ist die Kapazität <strong>de</strong>r vier Sch<strong>la</strong>fsäle fast vollständig<br />

ausge<strong>la</strong>stet.<br />

Meist mehrere Probleme<br />

Wer <strong>de</strong>n Weg ins „Foyer <strong>de</strong> Nuit“ fin<strong>de</strong>t, ist meist nicht<br />

„nur“ wohnungslos, son<strong>de</strong>rn hat häufig mit einer ganzen<br />

Reihe von Problemen zu kämpfen. Diese reichen von<br />

Alkoholismus und an<strong>de</strong>ren Suchterkrankungen bis hin zu<br />

psychischen Lei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r familiären Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen,<br />

erläutert Maureen Lanners, Leiterin <strong>de</strong>r Einrichtung. Mit<br />

ihren sechs Kollegen, in <strong>de</strong>r Mehrzahl Frauen, kümmert sie<br />

sich um die Wohnungslosen.<br />

Die Hilfesuchen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n allerdings auch gefor<strong>de</strong>rt,<br />

<strong>de</strong>nn erklärtes Anliegen <strong>de</strong>s „Foyer <strong>de</strong> Nuit“ ist es, Hilfe zur<br />

Selbsthilfe zu bieten; je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>r einzelne soll wie<strong>de</strong>r in<br />

die Gesellschaft integriert wer<strong>de</strong>n, betont Emmanuel<br />

Cornélius, und dieses Ziel sei nur erreichbar, wenn die<br />

Wohnungslosen ihr Schicksal bis zu einem gewissen Maß<br />

auch wie<strong>de</strong>r selbst in die Hand nähmen. Die individuelle<br />

Unterstützung durch die pädagogischen Fachkräfte kann<br />

diesen Prozess anstoßen und unterstützen, doch <strong>de</strong>r Wille,<br />

es von <strong>de</strong>r Straße wie<strong>de</strong>r dauerhaft in ein geregeltes Leben<br />

zu schaffen, muss von <strong>de</strong>n Betroffenen ausgehen.<br />

Die Mitarbeiter <strong>de</strong>r Einrichtung leisten hier wertvolle<br />

Hilfestellungen. So unterstützen sie bei <strong>de</strong>r Suche nach<br />

Arbeit und Wohnung und vermitteln auch an weitere<br />

unterstützen<strong>de</strong> Dienste, die manchen <strong>de</strong>r Betroffenen<br />

anfangs noch nicht bekannt waren. Die beson<strong>de</strong>re<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung für Maureen Lanners und ihr Team liegt<br />

darin, je<strong>de</strong>m einzelnen Wohnungslosen eine auf seine<br />

persönliche Situation abgestimmte, individuelle Unterstützung<br />

zu bieten.<br />

Die Erfahrung <strong>de</strong>r vergangenen Jahre zeigt, dass ein<br />

Großteil <strong>de</strong>r Wohnungslosen dank <strong>de</strong>s Angebots <strong>de</strong>s „Foyer<br />

<strong>de</strong> Nuit“ gewillt ist, einen Ausweg zu suchen. Und einige<br />

fan<strong>de</strong>n ihn auch, bekamen wie<strong>de</strong>r Arbeit und Wohnung o<strong>de</strong>r<br />

begannen eine Therapie. Manche kehrten auch zu ihren<br />

Eltern o<strong>de</strong>r Angehörigen zurück. Je<strong>de</strong>r einzelne Mensch, <strong>de</strong>r<br />

seine individuelle Situation verbessern konnte, sei ein<br />

Erfolg, betont Cornélius und ergänzt: „auch wenn er<br />

mehrere Anläufe benötigte“.<br />

Eine feste Adresse<br />

Tatsächlich ist <strong>de</strong>r Weg aus <strong>de</strong>r Obdachlosigkeit oft<br />

<strong>la</strong>ngwierig und steinig, und nicht selten gibt es auch<br />

Rückschläge zu verkraften. Eine wichtige Voraussetzung um<br />

voranzukommen bietet eine feste Adresse. Wer über eine<br />

gültige Aufenthaltsgenehmigung verfügt, seit min<strong>de</strong>stens<br />

einem Monat regelmäßig im Foyer übernachtet und <strong>de</strong>ssen<br />

interne Regeln befolgt, erhält ein Zertifikat und darf fortan<br />

die Anschrift <strong>de</strong>r Einrichtung als Heimatadresse angeben.<br />

Dies sichert die legale Existenz, <strong>de</strong>nn ohne Adresse ist man<br />

nicht nur nicht erreichbar, son<strong>de</strong>rn für die Behör<strong>de</strong>n quasi<br />

inexistent. Außer<strong>de</strong>m kann sich <strong>de</strong>r Wohnungslose mit<br />

einer festen Anschrift nun beim Arbeitsamt als arbeits-<br />

suchend einschreiben. Im vergangenen Jahr wur<strong>de</strong>n<br />

immerhin 39 Bewohner <strong>de</strong>s „Foyer <strong>de</strong> Nuit“ auf diese<br />

Weise „domiziliert“. Damit blieb diese Zahl im Vergleich<br />

zum Vorjahr praktisch unverän<strong>de</strong>rt.<br />

Voraussichtlich noch in diesem Jahr will die Gemein<strong>de</strong><br />

Esch mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>s neuen Domizils für die Obdachlosenunterkunft<br />

beginnen. Dieses soll dann <strong>de</strong>utlich mehr<br />

Kapazität bieten als die momentane Einrichtung im<br />

„Burgoard“. Viele hätten Angst, eines Tages ihre Hoffnung<br />

zu verlieren, schil<strong>de</strong>rt ein Bewohner seine Gefühle. Dann<br />

ergänzt er: „Doch die Betreuer, die uns respektieren, <strong>la</strong>ssen<br />

uns nicht im Stich, sie g<strong>la</strong>uben an uns so, wie sie an sich<br />

selber g<strong>la</strong>uben“.<br />

Mehr als nur ein<br />

Dach über <strong>de</strong>m Kopf<br />

Seit vier Jahren bietet das „Foyer <strong>de</strong> Nuit Abrisud“ Wohnungslosen<br />

Unterstützung.

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