factsheet armut & soziale ausgrenzung - EUROPE DIRECT Oldenburg
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<strong>factsheet</strong><br />
<strong>armut</strong> & <strong>soziale</strong><br />
Das Europäische Jahr und seine Möglichkeiten<br />
<strong>ausgrenzung</strong><br />
Die Europäische Union initiiert seit 1983 Europäische Jahre, die sie immer unter ein<br />
soziokulturelles Motto stellt. Die Europajahre sollen dazu dienen, mit Aktionen und<br />
Veranstaltungen verstärkt die Öffentlichkeit zu erreichen und eine größere<br />
Akzeptanz des jeweiligen Themas erzeugen.<br />
Während im vergangenen Jahr „Kreativität und Innovation“ im Fokus standen,<br />
sollen 2010 Armut und <strong>soziale</strong> Ausgrenzung thematisiert und bekämpft werden.<br />
Die Themenstellung für das Europäische Jahr 2010 knüpft an die Zielsetzung der<br />
Lissabonstrategie aus dem Jahr 2000 an, in der die Mitgliedstaaten vereinbarten,<br />
bis zum Jahr 2010 den Kampf gegen die Armut in Europa entscheidend voran zu<br />
treiben. Diverse Aktivitäten liefen bereits über die Nationalen Aktionspläne, wobei<br />
nun alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gleichzeitig – aufbauend auf dem<br />
Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates die nationale Umsetzung<br />
des Europäischen Jahres 2010 – dazu aufgerufen sind, Armut und <strong>soziale</strong><br />
Ausgrenzung in ihrem jeweiligen Land zu thematisieren und sie aktiv zu<br />
minimieren.<br />
Das Europäische Jahr 2010 bietet somit die Gelegenheit, <strong>soziale</strong> Notlagen, Risiken<br />
der Ausgrenzung, aber auch Auswege aus den Armutsrisiken in den Mittelpunkt<br />
des öffentlichen Interesses zu rücken sowie Prozesse der <strong>soziale</strong>n Integration<br />
anzuregen und zu verstärken.<br />
Konkretisierung der Themen des Europäischen Jahres 2010<br />
Obwohl Europa fortschrittliche Systeme der <strong>soziale</strong>n Absicherung besitzt, sind<br />
Armut und <strong>soziale</strong> Ausgrenzung Bestandteile unserer gesellschaftlichen Realität.<br />
Etwa 79 Millionen Menschen in Europa, davon mehr Frauen als Männer, leben<br />
unterhalb der Armutsgrenze und verdienen somit weniger als 60 % des<br />
Durchschnittseinkommens des Landes, in dem sie leben.<br />
Doch auch mit Arbeit können acht Prozent der europäischen Bevölkerung ihre<br />
Situation nicht verbessern.<br />
Dass Armut und ihre Bekämpfung ein generationsübergreifendes Problem<br />
darstellen, bestätigt die mit 19 Millionen sehr hohe Zahl der von Armut bedrohten<br />
Kinder in Europa. Diese 19 % haben von Beginn an geringere Chancen auf ein<br />
Leben außerhalb der Armut und innerhalb der Gesellschaft.<br />
Das Problem der Armut und der <strong>soziale</strong>n Ausgrenzung ist ein weit reichendes,<br />
kompliziertes und vielgestaltiges Phänomen. Es steht in Zusammenhang mit einer<br />
Reihe von Faktoren, wie den Einkommens- und Lebensstandards, der Erfordernis<br />
angemessener Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, wirksamen<br />
Sozialschutzsystemen, Wohnraum, dem Zugang zu Gesundheits- und anderen<br />
Diensten von guter Qualität sowie der aktiven Teilnahme am öffentlichen Leben.<br />
Es gibt verschieden Formen von Armut, welche längst nicht nur materielle, sondern<br />
auch <strong>soziale</strong> Einschränkungen zur Folge haben. Mittlerweile umfasst die Gruppe<br />
der Betroffenen auch Personen, die man auf den ersten Blick dort nicht vermuten<br />
würde. So tritt beispielsweise das Phänomen der Armut trotz Erwerbstätigkeit in<br />
den letzen Jahren immer häufiger auf.<br />
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<strong>factsheet</strong><br />
<strong>armut</strong> & <strong>soziale</strong><br />
<strong>ausgrenzung</strong><br />
Armut trotz Erwerbstätigkeit hängt mit Niedriglöhnen, dem geschlechtsspezifischen<br />
Lohngefälle, unzureichender Qualifizierung oder begrenzten Berufsausbildungs-<br />
möglichkeiten, der Notwendigkeit, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren<br />
sowie teils prekären Arbeitsverhältnissen zusammen. Ein guter Arbeitsplatz sowie<br />
<strong>soziale</strong> und wirtschaftliche Unterstützung sind für den Einzelnen somit wesentliche<br />
Voraussetzungen für die Überwindung der Armut.<br />
Die <strong>soziale</strong> Ausgrenzung steht dem Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger<br />
entgegen und hindert sie daran, sich zu äußern und an der Gesellschaft<br />
teilzuhaben. Dieser Aspekt wird daher im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von<br />
Armut und <strong>soziale</strong>r Ausgrenzung entsprechend herausgestellt.<br />
Ziele und Leitprinzipien des Europäischen Jahres 2010<br />
Das öffentliche Bewusstsein für die Risiken von Armut und <strong>soziale</strong>r Ausgrenzung<br />
zu stärken und die Wahrnehmung für ihre vielfältigen Ursachen und Auswirkungen<br />
zu schärfen - das sind die Ziele des Europäischen Jahres 2010 - ausgerufen von<br />
der Europäischen Kommission.<br />
Im Mittelpunkt stehen folgende Leitprinzipien:<br />
a) Anerkennung von Grundrechten<br />
Anerkennung des Grundrechts der von Armut und <strong>soziale</strong>r Ausgrenzung<br />
Betroffenen auf ein Leben in Würde und auf umfassende Teilhabe an der<br />
Gesellschaft.<br />
b) Gemeinsame Verantwortung und Teilhabe<br />
Einbeziehung einer breiteren Öffentlichkeit in bestehende Strategien zur Förderung<br />
der <strong>soziale</strong>n Eingliederung unter Betonung der Verantwortung der Allgemeinheit<br />
und des Einzelnen im Kampf gegen Armut und <strong>soziale</strong> Ausgrenzung sowie der<br />
Bedeutung, die der Förderung und Unterstützung der ehrenamtlichen Tätigkeit<br />
zukommt.<br />
c) Zusammenhalt<br />
Förderung eines stärkeren <strong>soziale</strong>n Zusammenhalts durch Sensibilisierung der<br />
Öffentlichkeit für die Vorteile, die für jeden mit einer Gesellschaft verbunden sind, in<br />
der es keine Armut mehr gibt, in der eine gerechte Verteilung ermöglicht wird und in<br />
der niemand ausgegrenzt wird.<br />
d) Engagement und konkretes Handeln<br />
Bekräftigung des starken politischen Engagements der Europäischen Union und<br />
der Mitgliedstaaten, einen entscheidenden Beitrag zur Beseitigung von Armut und<br />
<strong>soziale</strong>r Ausgrenzung und zur Förderung dieses Engagements und des Handelns<br />
auf allen Entscheidungsebenen zu leisten.<br />
Zwar können diese Ziele oder Leitprinzipien gleichermaßen für alle EU-Länder<br />
gelten, spätestens jedoch bei der Umsetzung muss jedes Land seine eigene<br />
Lösung nach europäischen Richtlinien finden können.<br />
Um dies zu ermöglichen, bietet die EU den Mitgliedstaaten einen Rahmen, in dem<br />
sie ihre jeweiligen Prioritäten und Strategien entwickeln können. Dieser Rahmen<br />
berücksichtigt die Vielschichtigkeit der Armutsproblematik und konzentriert sich auf<br />
die folgenden Ziele und Maßnahmen:<br />
• Abschaffung von Kinder<strong>armut</strong> und Armut in der Familie<br />
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<strong>factsheet</strong><br />
<strong>armut</strong> & <strong>soziale</strong><br />
<strong>ausgrenzung</strong><br />
• Besserer Zugang zu Arbeitsmärkten sowie Schul- und Berufsbildung<br />
• Bekämpfung von Diskriminierung sowie geschlechts- und altersspezifischen<br />
Aspekten von Armut<br />
• Maßnahmen gegen finanzielle Ausgrenzung und Überschuldung<br />
• Maßnahmen gegen schlechte Wohnverhältnisse und Ausgrenzung auf dem<br />
Wohnungsmarkt<br />
• Förderung der <strong>soziale</strong>n Eingliederung von <strong>armut</strong>sgefährdeten Gruppen<br />
Nationaler Kontext: Armutsbekämpfung und Umsetzung der Leitprinzipien<br />
des Europäischen Jahres 2010 in Deutschland<br />
Im Februar diesen Jahres veröffentlichte das Deutsche Institut für<br />
Wirtschaftsforschung (DIW) eine Studie, die belegt, dass 14 Prozent der<br />
Bevölkerung in Deutschland und damit 11,5 Millionen Menschen von relativer<br />
Einkommens<strong>armut</strong> betroffen sind.<br />
Derartige Studien können die Wichtigkeit der Umsetzung der Leitprinzipien in den<br />
einzelnen Mitgliedstaaten nur betonen.<br />
In Deutschland erfolgt die Gesamtkoordination des EJ 2010 durch die Nationale<br />
Durchführungsstelle in Bonn durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />
(BMAS). Das vielfältige Aktionsprogramm läuft unter dem Namen „Mit neuem Mut“.<br />
Schwerpunkte des deutschen Programms:<br />
• Jedes Kind ist wichtig – Es sollen vor allem die Entwicklungschancen eines<br />
jeden Kindes verbessert werden<br />
• Wo ist der Einstieg? – Mit Arbeit Hilfsbedürftigkeit überwinden<br />
• Integration statt Ausgrenzung – Selbstbestimmte Teilhabe für alle<br />
Menschen<br />
Handlungskonzept des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales<br />
Eigene Aktivitäten der Bundesregierung<br />
Die Bundesregierung plant und koordiniert das Gesamtprogramm, bezieht<br />
außerdem den Deutschen Bundestag ein und führt Veranstaltungen durch. Indem<br />
die Medien einbezogen und Botschafter/innen aus unterschiedlichen<br />
gesellschaftlichen Bereichen gewonnen werden (Medienstrategie), steuert die<br />
Bundesregierung auch die kommunikative Vermittlung der Ziele des EJ 2010.<br />
Zusätzlich verwaltet sie die Fördermittel der EU und fördert Aktivitäten in der<br />
Zivilgesellschaft.<br />
Gemeinsame Aktionen von Bund und Ländern:<br />
Sowohl der Bund als auch die Länder erarbeiten im Laufe des Jahres 2010<br />
Eckpunkte zur Verbesserung der Entwicklungschancen von Kindern mit<br />
aufeinander abgestimmten Selbstverpflichtungen in Anlehnung an die<br />
Vereinbarungen von Bund und Ländern zum Bildungsgipfel.<br />
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Ansprechpartner:<br />
Heinrich Funke<br />
Tel. 0541-47299<br />
E-Mail: ash@osnanet.de<br />
Internet: http://www.ash-os.de/<br />
<strong>factsheet</strong><br />
<strong>armut</strong> & <strong>soziale</strong><br />
<strong>ausgrenzung</strong><br />
Aktivitäten der Länder, Kommunen und der Zivilgesellschaft<br />
Es handelt sich um Aktivitäten, die sich auf regionaler und lokaler Ebene an der<br />
guten Praxis bereits bestehender Runder Tische orientieren, um in einen aktiven<br />
und respektvollen Dialog über die verschiedenen Aspekte von Armut und <strong>soziale</strong>r<br />
Ausgrenzung zu treten und Erfahrungen auszutauschen. Entsprechend der<br />
Zielsetzung einer breiten Mobilisierung werden mit EU- und Bundesmitteln vor<br />
allem Projekte auf lokaler und regionaler Ebene gefördert.<br />
Landesinitiativen - Ein Projektbeispiel aus Niedersachsen<br />
Überwindung von Kinder<strong>armut</strong> in Osnabrück<br />
Ein Projekt der Arbeitslosenselbsthilfe e.V. Osnabrück<br />
Kern des Projektes ist es, eine kommunale Strategie zur Bekämpfung von Armut<br />
am Beispiel der Kinder<strong>armut</strong> zu entwickeln. Hierfür sollen relevante lokale Akteure<br />
vernetzt werden. Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Gewerkschaften werden<br />
einbezogen. Gewünscht wird eine breite öffentliche Beteiligung an diesem Projekt.<br />
Im Rahmen des Projektes sollen Best-Practice-Beispiele ausgewertet und ein<br />
Runder Tisch eingerichtet werden. Ferner sind ein Aktionstag sowie eine<br />
begleitende Kampagne geplant. Am Ende soll ein schlüssiges Konzept stehen, das<br />
die Grundlage für kommunales Handeln gegen Kinder<strong>armut</strong> bietet.<br />
Weiterführende Informationen<br />
EU-Kommission:<br />
http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=637&langId=de<br />
Bundesministerium: www.mit-neuem-mut.de<br />
Nationale Strategie:<br />
http://www.bmas.de/portal/33452/property=pdf/2009__05__29__europaeisches__ja<br />
hr__2010__strategiebericht.pdf<br />
Ausstellungsprojekt Arbeitslosenhilfe Osnabrück:<br />
www.ausstellung-<strong>armut</strong>-grenzt-aus.de<br />
Mit der Herausgabe von “Factsheets” möchten wir interessierte Bürgerinnen und Bürger in kompakter Form über<br />
aktuelle Themen informieren, die auf europäischer Ebene diskutiert werden und die auch für unsere Region von<br />
Bedeutung sind. Sie sind als Einstieg in das Thema gedacht und können bzw. sollen eine fundierte inhaltliche<br />
Auseinandersetzung mit dem jeweils behandelten Thema nicht ersetzen; vielmehr sollen sie dazu anregen.<br />
Die hierin geäußerten Meinungen entsprechen nicht notwendigerweise denen der Europäischen Kommission.<br />
Herausgeber: Europe Direct <strong>Oldenburg</strong>, Informationszentrum, www.europedirect-oldenburg.de<br />
ViSdP: Dieter Meyer Consulting GmbH, Bürgerstr. 1/ Europaplatz, 26123 <strong>Oldenburg</strong>, Tel.: 0441-809940<br />
Auflage: 500 Exemplare<br />
Stand: Mai 2010<br />
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