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Predigt zu Johannes 17,20-26 (Pfr. I. Stromberger, Himmelfahrt 2013)

Predigt zu Johannes 17,20-26 (Pfr. I. Stromberger, Himmelfahrt 2013)

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„…damit sie eins seien“<br />

<strong>Predigt</strong> <strong>zu</strong> Joh <strong>17</strong>,<strong>20</strong>-<strong>26</strong> (<strong>Himmelfahrt</strong>, 9.5.13)<br />

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,<br />

und dem Herrn Jesus Christus. Amen.<br />

Liebe Gemeinde,<br />

wie wäre das gewesen, wenn wir <strong>zu</strong>r Zeit Jesu gelebt hät-<br />

ten? Wenn wir in den Dörfern gelebt hätten, durch er gezogen<br />

ist, in denen er gepredigt und Menschen geheilt hat?<br />

Wie hätten wir reagiert? Wären wir mit ihm gezogen? Wä-<br />

re er vielleicht bei uns eingekehrt? Hätten wir uns nach Pfing-<br />

sten <strong>zu</strong>r Gemeinde gehalten, in einer Zeit, in der die Christen<br />

in der Minderheit waren und befürchten mussten, verfolgt <strong>zu</strong><br />

werden?<br />

Im Nachhinein ist das schwer <strong>zu</strong> beantworten. Manchmal<br />

aber kann man von Christen hören: Ja, damals – da war es<br />

leichter. Wenn ich Jesus mal gesehen oder erlebt hätte. Dann<br />

hätte ich sicher an ihn geglaubt. Jetzt ist das schwerer, denn<br />

jetzt können wir ihn nicht mehr sehen.<br />

Das Tröstliche ist: Jesus selbst hat die Zeit nach seinem<br />

irdischen Wirken bereits im Blick gehabt. Er hat die Jünger auf<br />

die spätere Zeit vorbereitet und er hat deutlich gemacht: Ich<br />

werde bei euch sein – und euch leiten durch meinen Geist.<br />

Der <strong>Predigt</strong>text für heute morgen ist dafür auch ein Bei-<br />

spiel. Er stammt aus dem „hohepriesterlichen“ Gebet Jesu in<br />

1


<strong>Johannes</strong> <strong>17</strong>. Dieses Gebet heißt so, weil Jesus hier für seine<br />

Jünger betet – und zwar nicht nur für diejenigen, die gerade<br />

um ihn herum sind, sondern ganz ausdrücklich auch für alle<br />

späteren, nämlich für diejenigen, die durch ihr Wort – durch<br />

die apostolische <strong>Predigt</strong> – <strong>zu</strong>m Glauben an Jesus kommen<br />

werden. Und damit sind auch wir Christen im 21. Jh. gemeint.<br />

Umso spannender ist es für uns, was Jesus da betet. Ich lese<br />

Joh <strong>17</strong>, die Verse <strong>20</strong> bis <strong>26</strong>:<br />

<strong>20</strong> Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für<br />

die, die durch ihr Wort an mich glauben werden,<br />

21 damit sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist<br />

und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, damit<br />

die Welt glaube, dass du mich gesandt hast.<br />

22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du<br />

mir gegeben hast, damit sie eins seien, wie wir eins<br />

sind,<br />

23 ich in ihnen und du in mir, damit sie vollkommen<br />

eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt<br />

hast und sie liebst, wie du mich liebst.<br />

24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien,<br />

die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit<br />

sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast<br />

mich geliebt, ehe der Grund der Welt gelegt war.<br />

25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber<br />

kenne dich und diese haben erkannt, dass du mich<br />

gesandt hast.<br />

<strong>26</strong> Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und<br />

werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich<br />

liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.<br />

(Gebet)<br />

Liebe Gemeinde,<br />

2


dieser <strong>Predigt</strong>text ist ein Gebet. Keine <strong>Predigt</strong>, keine Er-<br />

mahnung für die Zuhörer um ihn herum, sondern Worte, die<br />

Jesus an seinen Vater im Himmel richtet – allerdings so, dass<br />

die Jünger mithören können. Das heißt: Jesus möchte, dass<br />

sie hören, um was er seinen Vater bittet.<br />

Das war ja nicht immer so. Manchmal hat Jesus sich <strong>zu</strong>-<br />

rückgezogen. Oft hat er im Stillen gebetet.<br />

Aber eben nicht immer. Z.B. beim Vaterunser: Da betet er<br />

ihnen vor. Und genauso auch hier beim hohepriesterlichen<br />

Gebet.<br />

Wenn wir also bei diesem Gebet <strong>zu</strong>hören dürfen, dann<br />

dürfen wir es nicht so verstehen, als würde hier Jesus in er-<br />

ster Linie die Jünger <strong>zu</strong> etwas auffordern. Nein, er betet. Für<br />

uns geht es beim Hören auf dieses Gebet um zweierlei:<br />

Erstens: Dass wir staunen, wie Jesus für uns bei seinem<br />

Vater eintritt und dafür dankbar werden.<br />

Und zweitens: Dass wir von Jesus beten lernen – wie beim<br />

Vaterunser, so auch hier: Jesu Anliegen soll auch unser Anlie-<br />

gen sein.<br />

Jesus betet dieses Gebet kurz vor seinem Tod. Die Fußwa-<br />

schung und das letzte Abendmahl sind bereits geschehen. Di-<br />

rekt im Anschluss an dieses Gebet wird Jesu Gefangennahme<br />

geschildert.<br />

Aber kurz vor seinem Leiden und seinem Tod hat er nichts<br />

anderes und nichts besseres <strong>zu</strong> tun, als für die Seinen <strong>zu</strong> be-<br />

3


ten. Seine Hingabe zeigt sich bereits hier. Und die Bereit-<br />

schaft, nicht <strong>zu</strong>erst an sich <strong>zu</strong> denken, sondern an die, die <strong>zu</strong><br />

ihm gehören. „Seht, welch eine Liebe hat Gott uns erwiesen…“<br />

Um was betet Jesus nun? Gleich mehrmals betet er dafür,<br />

„dass sie eins seien“, dass sie „alle eins seien“, dass sie „voll-<br />

kommen seien“.<br />

„Eins sein“ – wenn das nicht aus dem Mund Jesu käme,<br />

könnte man sagen: Das ist ein frommer Wunsch – völlig un-<br />

realistisch.<br />

Christen sind so unterschiedlich. So unterschiedlich wie<br />

Menschen eben sind. Es gibt nicht nur große und kleine, alte<br />

und junge Menschen, nicht nur Frauen und Männer. Es gibt<br />

auch strenge und lockere Menschen, empfindliche und grob-<br />

schlächtige Menschen, kompliziert denkende und praktisch<br />

begabte Menschen, gesellige und scheue Menschen, fleißige<br />

und gemütliche Menschen, heitere und ernste Menschen, ge-<br />

fühlsbetonte und stets gefasste Menschen.<br />

Das ist kein Missstand, sondern ein Ausdruck von Gottes<br />

vielfältiger Schöpfung, Zeichen der Kreativität Gottes.<br />

Und was für Menschen allgemein gilt, gilt genauso für die-<br />

jenigen, die <strong>zu</strong>r christlichen Gemeinde gehören.<br />

Seit der ersten Kirche waren Christen unterschiedlich. Pe-<br />

trus war ein anderer Typ als Jakobus, der wiederum anders<br />

als Paulus.<br />

4


Und nun betet Jesus dafür, dass sie alle eins seien. Ein<br />

frommer Wunsch – und Jesus meint das ernst.<br />

Jetzt merken wir, wie gut es ist, dass Jesus diesen<br />

Wunsch im Gebet an seinen Vater richtet und nicht als Appell<br />

an seine Jünger. Er hätte ja auch sagen können: „Also hört<br />

<strong>zu</strong>, ich werd jetzt bald nicht mehr da sein, aber es ist ganz<br />

wichtig, dass ihr <strong>zu</strong>sammenhaltet. Ihr habt es in der Hand,<br />

auf euch kommt es an: Ihr müsst eine Einheit sein, ein Team,<br />

da darf keiner querschießen – einer für alle, alle für einen. Ihr<br />

müsst das schon selbst richten. Also reißt euch <strong>zu</strong>sammen<br />

und seid eine Einheit.“<br />

Solche Reden sind typisch im Sport – bei Mannschafts-<br />

sportarten. Natürlich, einem Trainer bleibt gar nichts anderes<br />

übrig, als mit viel Aufwand und Überredungskunst seine Spie-<br />

ler darauf ein<strong>zu</strong>schwören, dass sie nur <strong>zu</strong>sammen ihr Ziel er-<br />

reichen können. Und wenn in zwei Wochen das große Spiel<br />

zwischen Borussia Dortmund und Bayern München ansteht,<br />

dann kommt es nicht <strong>zu</strong>letzt darauf an, welcher Trainer seiner<br />

Mannschaft das besser eingebläut hat: Ihr seid ein Team!<br />

Nun, im Fußball kann das funktionieren. Da geht es immer<br />

nur um 90 Minuten. Es sind nur elf Männer. Alle haben das<br />

Ziel, ihr Spiel <strong>zu</strong> gewinnen. Alle verbindet die Leidenschaft für<br />

dasselbe Spiel. Alle sind ungefähr gleich alt und in einer ähnli-<br />

chen Lebenssituation.<br />

5


In einer christlichen Gemeinde ist das etwas anderes. Wir<br />

sind eben so unterschiedlich und vielfältig wie Menschen nur<br />

sein können. Und Jesus weiß genau: Aus dieser Gruppe kann<br />

von selbst keine Einheit werden. Wie schnell wird es passie-<br />

ren, dass sie anfangen, sich <strong>zu</strong> streiten:<br />

- Ab welchem Alter darf man Kinder taufen?<br />

- Soll man <strong>zu</strong>m Abendmahl Saft oder Wein nehmen?<br />

- Ist Jesus beim Abendmahl leibhaftig gegenwärtig oder<br />

nur symbolisch?<br />

- Soll man im Gottesdienst alte oder neue Lieder singen?<br />

- Dürfen Frauen im Gottesdienst predigen oder nicht?<br />

- Darf es einen Papst geben? Darf man Heilige verehren?<br />

- Wie wichtig ist die Gabe der Zungenrede?<br />

- Können wir heilen so wie Jesus?<br />

Liebe Gemeinde, es gibt tausend Fragen, über die sich<br />

Christen im Laufe der Kirchengeschichte schon gestritten ha-<br />

ben. Und manchmal so heftig, dass es darüber <strong>zu</strong>r Zertren-<br />

nung gekommen ist. (Bsp. Busfahrer auf Bornholm: - Tanzen;<br />

- Frauen: Röcke…)<br />

So sind wir Menschen. Wenn wir merken, wir sind unter-<br />

schiedlich, gehen wir uns aus dem Weg. Wer beim Fußball<br />

ständig dem Gegner in die Beine grätscht, der muss eben<br />

Rugby spielen, und wer lieber mit der Hand Tore erzielt, der<br />

muss Handball spielen.<br />

6


Und Jesus bittet um Einheit. Frommer Wunsch – da müss-<br />

te schon ein Wunder geschehen. Und genau deshalb fordert<br />

Jesus seine Jünger nicht <strong>zu</strong> etwas auf, sondern er bittet sei-<br />

nen Vater im Himmel. Für Wunder ist Gott <strong>zu</strong>ständig. Und Je-<br />

sus ist davon überzeugt, dass dieses Wunder geschehen<br />

kann. Er nennt mindestens drei Gründer dafür:<br />

1) Einheit unter Christen ist möglich, weil Jesus uns seine<br />

Herrlichkeit gegeben hat, Vers 22 : Ich habe ihnen die<br />

Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit<br />

sie eins seien, wie wir eins sind.<br />

Die Herrlichkeit, die Jesus uns gegeben hat, das ist Gottes<br />

Wort und seine Gegenwart. Beides, sein Wort und seine Ge-<br />

genwart sind wirksam. Sie können <strong>zu</strong>sammenführen, wo es<br />

eigentlich nur auseinander geht. Sie können verbinden, wo<br />

eigentlich gar keine Verbindung denkbar ist. Das Wort vom<br />

Kreuz verbindet uns in der Erkenntnis: Wir brauchen Verge-<br />

bung. Die Gegenwart des lebendigen Herrn verbindet uns im<br />

Glauben an seine Auferstehungskraft, die auch in uns wirkt.<br />

2) Das zweite knüpft direkt daran an: Einheit ist möglich,<br />

weil die Jünger erkannt haben, dass Jesus von Gott, dem Va-<br />

ter gesandt ist. Das bedeutet: Das Wissen um Jesus schafft<br />

eine so enge Zusammengehörigkeit, dass alles, was uns an-<br />

sonsten unterscheidet, dagegen nicht ins Gewicht fällt. Jesus<br />

kennen – als den Sohn des lebendigen Gottes – das verändert<br />

Menschen so, dass sie aufeinander <strong>zu</strong> gehen.<br />

7


3) Denn das dritte ist: Jesus selbst ist in uns. Die Einheit<br />

unter uns ist möglich, weil Jesus in uns lebt und wir in ihm.<br />

Beziehung unter Christen ist möglich, weil Beziehung mit<br />

Christus möglich ist.<br />

Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen<br />

auch sie in uns sein… Das beschreibt eine Nähe und Ver-<br />

bundenheit, die wir gar nicht eng genug denken können. Und<br />

das meint Jesus, wenn er nicht nur sagt, „damit sie eins sei-<br />

en“, sondern „damit sie vollkommen eins seien.“ So ist Einheit<br />

möglich, auch unter Christen. Und so ist noch etwas anderes<br />

möglich: …damit die Welt glaube, dass du mich gesandt<br />

hast. Die Einheit unter uns Christen ist nicht nur Zeichen für<br />

uns: Wir gehören <strong>zu</strong>sammen, sondern sie ist Zeichen für die<br />

Welt: Es hat was auf sich mit diesen Christen. Es hat was auf<br />

sich mit diesem Christus.<br />

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, be-<br />

wahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. G: Amen.<br />

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