1 Zugang geöffnet! Predigt zu Matthäus 27,33-54 (Karfreitag 2013 ...
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<strong>Predigt</strong> <strong>zu</strong> <strong>Matthäus</strong> <strong>27</strong>,<strong>33</strong>-<strong>54</strong> (<strong>Karfreitag</strong> <strong>2013</strong>)<br />
Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater,<br />
und dem Herrn Jesus Christus. Amen.<br />
Liebe Gemeinde,<br />
der <strong>Predigt</strong>text ist der Bericht von der Kreuzigung Jesu.<br />
Ich lese <strong>Matthäus</strong> <strong>27</strong>, die Verse <strong>33</strong> bis <strong>54</strong>:<br />
<strong>33</strong> Und als sie an die Stätte kamen mit Namen Golgatha,<br />
das heißt: Schädelstätte,<br />
34 gaben sie ihm Wein <strong>zu</strong> trinken mit Galle vermischt;<br />
und als er's schmeckte, wollte er nicht<br />
trinken.<br />
35 Als sie ihn aber gekreuzigt hatten, verteilten sie<br />
seine Kleider und warfen das Los darum.<br />
36 Und sie saßen da und bewachten ihn.<br />
37 Und oben über sein Haupt setzten sie eine Aufschrift<br />
mit der Ursache seines Todes: Dies ist Jesus,<br />
der Juden König.<br />
38 Und da wurden zwei Räuber mit ihm gekreuzigt,<br />
einer <strong>zu</strong>r Rechten und einer <strong>zu</strong>r Linken.<br />
39 Die aber vorübergingen, lästerten ihn und schüttelten<br />
ihre Köpfe<br />
40 und sprachen: Der du den Tempel abbrichst und<br />
baust ihn auf in drei Tagen, hilf dir selber, wenn du<br />
Gottes Sohn bist, und steig herab vom Kreuz!<br />
41 Desgleichen spotteten auch die Hohenpriester mit<br />
den Schriftgelehrten und Ältesten und sprachen:<br />
1
42 Andern hat er geholfen und kann sich selber nicht<br />
helfen. Ist er der König von Israel, so steige er nun<br />
vom Kreuz herab. Dann wollen wir an ihn glauben.<br />
43 Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, wenn er<br />
Gefallen an ihm hat; denn er hat gesagt: Ich bin<br />
Gottes Sohn.<br />
44 Desgleichen schmähten ihn auch die Räuber, die<br />
mit ihm gekreuzigt waren.<br />
45 Und von der sechsten Stunde an kam eine Finsternis<br />
über das ganze Land bis <strong>zu</strong>r neunten Stunde.<br />
46 Und um die neunte Stunde schrie Jesus laut: Eli,<br />
Eli, lama asabtani? Das heißt: Mein Gott, mein<br />
Gott, warum hast du mich verlassen?<br />
47 Einige aber, die da standen, als sie das hörten,<br />
sprachen sie: Der ruft nach Elia.<br />
48 Und sogleich lief einer von ihnen, nahm einen<br />
Schwamm und füllte ihn mit Essig und steckte ihn<br />
auf ein Rohr und gab ihm <strong>zu</strong> trinken.<br />
49 Die andern aber sprachen: Halt, lass sehen, ob<br />
Elia komme und ihm helfe!<br />
50 Aber Jesus schrie abermals laut und verschied.<br />
51 Und siehe, der Vorhang im Tempel zerriss in zwei<br />
Stücke von oben an bis unten aus.<br />
52 Und die Erde erbebte und die Felsen zerrissen,<br />
und die Gräber taten sich auf und viele Leiber der<br />
entschlafenen Heiligen standen auf<br />
53 und gingen aus den Gräbern nach seiner Auferstehung<br />
und kamen in die heilige Stadt und erschienen<br />
vielen.<br />
<strong>54</strong> Als aber der Hauptmann und die mit ihm Jesus<br />
bewachten das Erdbeben sahen und was da geschah,<br />
erschraken sie sehr und sprachen: Wahrlich,<br />
dieser ist Gottes Sohn gewesen!<br />
2
(Gebet)<br />
Liebe Gemeinde,<br />
am Ende ist der Vorhang zerrissen. Der Vorhang im<br />
Tempel, der die Trennung markierte. Dahinter war das Al-<br />
lerheiligste, die Gegenwart Gottes – unerreichbar für die<br />
Welt. Für eine Welt, die in der Abkehr von Gott lebt.<br />
Die Welt vor dem geschlossenen Vorhang – das ist die<br />
Welt, in der Menschen im Streit miteinander liegen. Es ist<br />
die Welt, in der jeder rücksichtslos auf seinen Vorteil be-<br />
dacht ist. Es ist die Welt, in der Menschen unterdrückt<br />
werden, wehrlos und rechtlos sind. Es ist die Welt, in der<br />
das Geld regiert, in der es immer nur um Wachstum geht,<br />
ganz egal ob Menschen dabei auf der Strecke bleiben. Es<br />
ist die Welt, in der mit Waffen Geschäfte gemacht werden,<br />
ganz egal, gegen wen diese Waffen <strong>zu</strong>m Einsatz kommen.<br />
Es ist die Welt der leichtfertige Urteile und Vorurteile.<br />
Es ist die Welt, in die Jesus gekommen ist. Jesus hat<br />
sich ganz und gar eingelassen auf diese Welt, die von Gott<br />
nichts wissen möchte. Er ist hingegangen <strong>zu</strong> denen, die am<br />
Rand der Gesellschaft standen. Er hat Gerechtigkeit und<br />
Frieden gepredigt. Und mehr noch: Er hat den Anbruch ei-<br />
ner neuen Welt verkündigt, den Anbruch des Reiches Got-<br />
tes.<br />
3
Das heißt: Jesus hat die Welt, die sich in der Abkehr<br />
von Gott befindet, radikal hinterfragt. „Kehrt um!“ war sei-<br />
ne Botschaft. Gott ist auf der Suche nach euch – lasst euch<br />
von ihm finden. Wie das geht? Ganz einfach: Lasst euch<br />
von mir mitnehmen auf den Weg <strong>zu</strong>m Leben. Folgt mir<br />
nach!<br />
Als Jesus auf dem Weg nach Golgatha ist, hängt der<br />
Vorhang noch an seinem Ort. Schwer wie Blei zwischen<br />
Gott und Menschen. Er hängt dort und versperrt den Blick<br />
auf das Heil.<br />
Und so geschieht es, dass Jesus am Ende die volle Ab-<br />
lehnung trifft: Verrat, Todesstrafe, Kreuzigung.<br />
Ganz nüchtern wird Schritt für Schritt beschrieben, wie<br />
Jesus nach der Verurteilung an den Ort der Hinrichtung ge-<br />
bracht wird: Golgatha, Schädelstätte. Seine Kleider werden<br />
den Henkern <strong>zu</strong>r Beute. Wein mit Galle wird ihm gereicht.<br />
An seinem Kreuz wird ein Schild befestigt: „Jesus, König<br />
der Juden.“ Es ist eine Spottschrift, passend <strong>zu</strong>m Spott,<br />
der ihn jetzt von allen Seiten trifft:<br />
„Wenn du Gottes Sohn bist, dann steig herab vom<br />
Kreuz.“ „Andern hat er geholfen, sich selbst kann er nicht<br />
helfen.“ „Er hat Gott vertraut, dann muss Gott ihm doch<br />
jetzt helfen.“<br />
4
Wie einst bei der Versuchung in der Wüste wird Jesus<br />
gelockt: „Steig doch herab vom Kreuz. Auf, zeig doch deine<br />
Macht. Dann wollen wir an dich glauben!“ Als Kind habe ich<br />
mir immer gewünscht, dass Jesus es doch seinen Spöttern<br />
zeigen möge, seine Macht demonstrieren.<br />
Aber Jesus weiß, wem er gehorchen muss: Nicht den<br />
Verlockungen der Menschen, nicht meinen Heldenvorstel-<br />
lungen, sondern dem Plan seines Vaters. „Er ward gehor-<br />
sam bis <strong>zu</strong>m Tod, ja bis <strong>zu</strong>m Tod am Kreuz.“<br />
Noch hängt der Vorhang an seinem Ort, und Jesus ist<br />
mitten in dieser gottverlassenen Welt, so sehr, bis er selbst<br />
ruft: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlas-<br />
sen?“<br />
Aber das ist nicht das Ende. Am vermeintlichen<br />
Schlusspunkt geschieht das Unerwartete: Der Vorhang<br />
reißt mitten entzwei. In dem Moment, in dem Jesus stirbt.<br />
Plötzlich ist alles anders. Plötzlich ist der <strong>Zugang</strong> frei.<br />
frei:<br />
Jesus öffnet den Weg, er macht den <strong>Zugang</strong> <strong>zu</strong>m Heil<br />
Jesus ist kommen, nun springen die Bande,<br />
Stricke des Todes, die reißen entzwei<br />
(so wie der Vorhang im Tempel)<br />
unser Durchbrecher ist nunmehr vorhanden,<br />
er der Sohn Gottes, der machet recht frei,<br />
5
inget <strong>zu</strong> Ehren aus Sünde und Schande;<br />
Jesus ist kommen, nun springen die Bande.<br />
Der Vorhang reißt entzwei – und es geschehen seltsa-<br />
me Zeichen. Gräber öffnen sich, Vorzeichen der Auferste-<br />
hung, neues Leben.<br />
An Ostern, so hören und sagen wir oft, zeigt sich das<br />
neue Leben. Aber hier an <strong>Karfreitag</strong> geschieht bereits et-<br />
was Entscheidendes. „Es ist vollbracht!“ sagt Jesus bereits<br />
am Kreuz. Und bereits an <strong>Karfreitag</strong> bekennt der Haupt-<br />
mann unter dem Kreuz: Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn<br />
gewesen!<br />
Jetzt ist der Vorhang zerrissen: Neues Leben ist mög-<br />
lich, weil Jesus den Tod stirbt, den wir hätten sterben müs-<br />
sen. Er nimmt alle Schuld und Sünde auf sich, alles was<br />
wie ein schwerer Vorhang zwischen Gott und uns hängt<br />
und die Sicht auf das Heil versperrt.<br />
Im Römerbrief schreibt Paulus: So haben wir Frieden<br />
mit Gott durch unsern Herrn Jesus Christus, durch<br />
den wir auch den <strong>Zugang</strong> haben <strong>zu</strong> dieser Gnade, in<br />
der wir stehen. (Röm 5,1f)<br />
Wenn der <strong>Zugang</strong> frei ist, dann stellt sich uns die Fra-<br />
ge: Wo stehen wir? Stehen wir noch vor dem Vorhang, der<br />
6
doch seit <strong>Karfreitag</strong> zerrissen ist? Oder knüpfen wir uns<br />
andere Vorhänge, die den Blick auf das neue Leben ver-<br />
sperren?<br />
„Ich muss mich schon selber retten.“ „So einfach kann<br />
das ja nicht sein – einer stirbt für alle.“ „Wenn Gott wirklich<br />
Gott ist, dann müsste er doch einen anderen Erlösungsplan<br />
haben als diesen grausamen Foltertod.“<br />
Mit dem Vorhang im Tempel sind alle Vorhänge zerris-<br />
sen: Vorhänge von Schuld und Versagen, Vorhänge von<br />
Zweifel und Verzweiflung, Vorhänge von Lebensangst und<br />
Todesfurcht – Jesu Tod ist das Angebot an uns alle, auf die<br />
andere Seite <strong>zu</strong> gehen, sich von ihm neues Leben schen-<br />
ken <strong>zu</strong> lassen.<br />
„<strong>Zugang</strong> <strong>zu</strong>r Gnade“ sagt Paulus. Wenn es um Gnade<br />
geht, dann geht es nicht mehr um unsere Leistung, um un-<br />
sere guten Taten, um unsere selbst entworfenen Gottesbil-<br />
der. Wenn es um Gnade geht, geht es um das Geschenk<br />
der Vergebung und der Erlösung aus aller Gottesferne.<br />
Der <strong>Zugang</strong> ist frei, der Vorhang ist zerrissen, die Ein-<br />
ladung steht. Wo stehst du?<br />
Amen.<br />
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