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P. Eberlein - Evangelisch in Wuppertal

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vor allem e<strong>in</strong>e Bewegung, und das eigentlich Bewegende<br />

an ihr s<strong>in</strong>d (mit Hellmut Zschoch zu reden)<br />

eben nicht die Positionen an sich, sondern ist die<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung zwischen den Positionen 3 .<br />

Unter diesem Blickw<strong>in</strong>kel betrachtet, kann<br />

gerade das Beispiel des im zweiten Gliede stehenden<br />

Reformators Peter Lo im Marktflecken Elberfeld<br />

beispielhaft se<strong>in</strong> für die Zukunft des Protestantismus<br />

heute, und darum möchte ich dem Abschnitt<br />

über Los Vita, der unter dem Titel Zwischen<br />

Kanzel und Kab<strong>in</strong>ett den Hauptteil des heutigen<br />

Vortrags bildet, unter der Überschrift Urgestalt<br />

oder Norm? kurze Impulse zum gegenwärtigen<br />

Selbstverständnis des Protestantismus nicht nur <strong>in</strong><br />

Elberfeld folgen lassen. Am Anfang aber sollen<br />

e<strong>in</strong>ige stichwortartige Bemerkungen über die lokalen<br />

und kirchlichen Verhältnisse im Elberfeld bzw.<br />

im <strong>Wuppertal</strong> der ersten Hälfte des sechzehnten<br />

Jahrhunderts stehen, über die Entwicklung der<br />

Reformation bis zum Auftreten Los <strong>in</strong> Deutschland<br />

im Allgeme<strong>in</strong>en und <strong>in</strong> den niederrhe<strong>in</strong>ischen<br />

Territorien im Besonderen. Sie stehen unter der<br />

Überschrift:<br />

Prov<strong>in</strong>z und zweite Generation<br />

Elberfeld <strong>in</strong> der ersten Hälfte des Reformationsjahrhunderts<br />

4 : Das ist ke<strong>in</strong> Dorf mehr und noch<br />

Elberfeld im Reformationjahrhundert:<br />

Ke<strong>in</strong> Dorf mehr und noch ke<strong>in</strong>e Stadt<br />

ke<strong>in</strong>e Stadt, sondern e<strong>in</strong>e ‚Freiheit‘, e<strong>in</strong> Marktflecken<br />

mit Ratsverfassung (im Jahre 1444 be-<br />

3 Beide Zitate entstammen mündlichen Ausführungen<br />

während e<strong>in</strong>er Sozietätssitzung am 14.6. 2002 – Vgl.<br />

auch: Mart<strong>in</strong> Ohst, „Reformation“ versus „Protestantismus“?<br />

Theologiegeschichtliche Fallstudien, <strong>in</strong>: ZThK<br />

99 (2002), S. 441-479.<br />

4 Zur Stadtgeschichte dieser Epoche: Wilhelm Langewiesche<br />

(Hg.), Elberfeld und Barmen. Beschreibung und<br />

Geschichte dieser Doppelstadt des Wupperthals, Barmen<br />

1863 (Faksimile-Nachdruck <strong>Wuppertal</strong> o.J.) – Otto<br />

Schell, Geschichte der Stadt Elberfeld, Elberfeld 1900 –<br />

Chronik <strong>Wuppertal</strong>, Manuskript-Druck ohne Seitenzählung,<br />

o.O. u.J. [München 1969] – Klaus Goebel, Zuwanderung<br />

zwischen Reformation und Franzosenzeit.<br />

E<strong>in</strong> Beitrag zur vor<strong>in</strong>dustriellen Bevölkerungs- und<br />

Wirtschaftsgeschichte <strong>Wuppertal</strong>s 1527-1808, <strong>Wuppertal</strong><br />

1966 – Wolfgang Köllmann, Wirtschaft, Weltanschauung<br />

und Gesellschaft <strong>in</strong> der Geschichte des <strong>Wuppertal</strong>s,<br />

<strong>Wuppertal</strong> 1955 (Beiträge zur Geschichte und Heimatkunde<br />

des <strong>Wuppertal</strong>s, Bd. 1).<br />

6<br />

zeugt) und Selbstverwaltungsrechten, die e<strong>in</strong>en<br />

ger<strong>in</strong>geren Umfang haben als die e<strong>in</strong>er Stadt, sich<br />

ihnen aber immer mehr annähern. Trotzdem:<br />

Stadtrechte wird Elberfeld erst 1610 erhalten, e<strong>in</strong><br />

Stadtgericht und damit den vollen Umfang städtischer<br />

Rechte gar erst 1708, obwohl es schon 1530<br />

gelegentlich als Stadt bezeichnet wird 5 . Hervorgegangen<br />

aus e<strong>in</strong>er Siedlung um die ‚Burg‘, ursprünglich<br />

e<strong>in</strong>en Tafelhof der Erzbischöfe von Köln auf<br />

dem halben Wege nach Dortmund, umfasst der<br />

umfriedete Ort vor 1537 den Bereich zwischen der<br />

heutigen Morianstraße und dem Wall, der Schloßbleiche<br />

und der Schönen Gasse bzw. dem Neumarkt.<br />

Etwa 150 Familien wohnen hier, daraus<br />

ergibt sich e<strong>in</strong>e wohl noch dreistellige E<strong>in</strong>wohnerzahl.<br />

Das ist nicht ganz wenig (es gibt deutlich<br />

kle<strong>in</strong>ere Ackerbürgerstädtchen), aber auch nicht<br />

viel. Zum Vergleich: In unmittelbarer Umgebung<br />

s<strong>in</strong>d Rat<strong>in</strong>gen, Düsseldorf, Lennep und Wipperführth<br />

be<strong>in</strong>ahe doppelt so groß, am Niederrhe<strong>in</strong><br />

haben Rees, Kalkar, Emmerich und Kleve zwischen<br />

2.000 und 5.000 Bewohner, noch größer s<strong>in</strong>d<br />

Wesel und Köln. Die größten deutschen Städte,<br />

Augsburg, Ulm, Breslau, Nürnberg, Hamburg und<br />

Straßburg, haben e<strong>in</strong> halbes Jahrhundert zuvor<br />

bereits etwa 20.000 E<strong>in</strong>wohner, Frankfurt, Basel<br />

und Rostock zwischen 10.000 und 15.000, Dresden,<br />

Leipzig, Heidelberg, Eger, Zürich und Ma<strong>in</strong>z<br />

zwischen 4.000 und 7.000. Alle diese Städte s<strong>in</strong>d<br />

kle<strong>in</strong> gegenüber den Metropolen im urbansten<br />

Land Europas, Italien: Venedig hat an die 200.000<br />

E<strong>in</strong>wohner, Palermo 100.000, Genua und Mailand<br />

80.000; erst danach folgen die niederländischen<br />

Zentren Brüssel und Antwerpen mit je zwischen<br />

50.000 und 60.000 E<strong>in</strong>wohnern. Elberfeld also ist –<br />

im nationalen und erst recht im europäischen Vergleich<br />

– tiefste Prov<strong>in</strong>z; noch im Jahre 1598 hat der<br />

Ort erst 1.695 E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong> etwa 330 Familien 6 .<br />

In die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts fallen<br />

zwei Ereignisse, die Elberfeld tiefgreifend verändern<br />

sollten. Im Jahr 1527 erwerben die Elberfelder<br />

geme<strong>in</strong>sam mit den Barmern das herzogliche Privileg<br />

der Garnnahrung, das die Grundlage der geme<strong>in</strong>samen<br />

wirtschaftlichen Entwicklung der Wup-<br />

5 Zur Stadtrechtsproblematik vgl. die E<strong>in</strong>leitung von<br />

Edmund Strutz, Die Ahnentafeln der Elberfelder Bürgermeister<br />

und Stadtrichter von 1708-1818, 2. Aufl. Neustadt/Aisch<br />

1963 (BergF 3).<br />

6 Bouterwek (wie Anm. 2), S. 309 kommt für dasselbe<br />

Jahr auf 2000 bis 2500 Seelen.

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