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Was bringt Disziplin? - Familylab.ch

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ents<strong>ch</strong>eidender Bedeutung für den zukünftigen Lebensweg. Das s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>e Lernen – Bildung im<br />

akademis<strong>ch</strong>en Sinn – kann später na<strong>ch</strong>geholt werden.<br />

Diese beiden Prozesse des s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Lernens und der persönli<strong>ch</strong>en Entwicklung spielen immer<br />

zusammen. Wir sehen das in Dänemark. Dort gibt es sehr viele Internatss<strong>ch</strong>ulen. Während sie früher<br />

für sogenannte s<strong>ch</strong>wierige Kinder geda<strong>ch</strong>t waren, werden sie heutzutage überwiegend von normalen<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en im Alter von 14, 15 Jahren besu<strong>ch</strong>t. Und bei ihnen lässt si<strong>ch</strong> beoba<strong>ch</strong>ten, dass sie auf<br />

einmal viel besser lernen, sobald sie ni<strong>ch</strong>t mehr zu Hause wohnen und keiner ständigen Kontrolle<br />

und Überwa<strong>ch</strong>ung mehr ausgesetzt sind. Sie demonstrieren viel mehr Kompetenzen, als ihre Eltern<br />

ihnen zugetraut haben. Deren positive Reaktion verstärkt wiederum die Motivation ihrer Kinder.<br />

Denn was Jugendli<strong>ch</strong>e viel dringender als Bildung brau<strong>ch</strong>en, ist Vertrauen – wenn sie das Gefühl<br />

haben, dass jemand an ihre Fähigkeiten glaubt, sind sie au<strong>ch</strong> motivierter zum Lernen. Am Internat<br />

sind sie selbst für ihr Lernen, ihre Ents<strong>ch</strong>eidungen und ihre Lernerfolge verantwortli<strong>ch</strong> und das<br />

steigert die Motivation. Man sollte ni<strong>ch</strong>t vergessen, dass Kinder und Jugendli<strong>ch</strong>e seit Anfang ihrer<br />

s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Laufbahn zu einer bestimmten Art des Unterri<strong>ch</strong>ts gezwungen werden, die ni<strong>ch</strong>t optimal<br />

auf ihr Lernen ausgelegt ist. Das ist keine gute Grundlage für die Entwicklung von Lernlust. In diesem<br />

Berei<strong>ch</strong> haben unsere S<strong>ch</strong>ulen viel aufzuholen.<br />

Die Amerikanerin Amy Chua hat mit ihrem Bu<strong>ch</strong> „Die Mutter des Erfolgs“ viel Furore ausgelöst. Darin<br />

vertritt sie die These, dass bei der Kindererziehung vor allem strenge <strong>Disziplin</strong> unerlässli<strong>ch</strong> ist. Für wie<br />

wi<strong>ch</strong>tig halten Sie <strong>Disziplin</strong> beim Lernen?<br />

Heutzutage steigt die Na<strong>ch</strong>frage na<strong>ch</strong> <strong>Disziplin</strong>, do<strong>ch</strong> werden sol<strong>ch</strong>e Forderungen ni<strong>ch</strong>t von den<br />

Kindern selbst, sondern von den Erwa<strong>ch</strong>senen geäußert – von den Eltern oder von Lehrern, die erlebt<br />

haben, dass die Kinder ni<strong>ch</strong>t mehr so diszipliniert sind wie no<strong>ch</strong> vor 15 Jahren. Für das Lernen,<br />

insbesondere bei Jugendli<strong>ch</strong>en, ist vor allem eine gewisse Selbstdisziplin notwendig. Ohne<br />

Selbstdisziplin kann man seine Ziele ni<strong>ch</strong>t errei<strong>ch</strong>en und seine Träume ni<strong>ch</strong>t umsetzen.<br />

<strong>Disziplin</strong>ierung – also <strong>Disziplin</strong> in dem Sinne, dass alle dasselbe zur selben Zeit tun – ist für das Lernen<br />

hingegen kontraproduktiv. Das ist ein Traum der Lehrer, die denken, dass das gut für die Kinder ist.<br />

Woher kann denn eine sol<strong>ch</strong>e Selbstdisziplin bei Jugendli<strong>ch</strong>en kommen?<br />

Selbstdisziplin kommt aus Freude. Wenn Kinder zum ersten Mal in die S<strong>ch</strong>ule gehen, freuen si<strong>ch</strong> die<br />

meisten sehr darauf zu lernen. Na<strong>ch</strong> zwei, drei Jahren hört dieses Gefühl für viele auf. Wenn man<br />

dann die Kinder fragt, warum sie zur S<strong>ch</strong>ule gehen, antworten sie: Das muss man. Alle müssen zur<br />

S<strong>ch</strong>ule gehen. Dieser Zwang bedeutet im Endeffekt für das Kind, dass es ni<strong>ch</strong>t selbst für seine<br />

S<strong>ch</strong>ularbeit verantwortli<strong>ch</strong> ist, denn es wurde dazu von den Erwa<strong>ch</strong>senen und von der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

verpfli<strong>ch</strong>tet – die sind für das Ergebnis verantwortli<strong>ch</strong>. Na<strong>ch</strong> einigen Jahren erleben Lehrer allerdings<br />

häufig au<strong>ch</strong> eine Wende bei ihren S<strong>ch</strong>ülern, wenn diesen plötzli<strong>ch</strong> aufgeht, dass das Lernen einen<br />

Sinn hat und Spaß ma<strong>ch</strong>en kann. Dann übernehmen die Kinder die Verantwortung für ihr Lernen.<br />

Sol<strong>ch</strong>e Kinder haben viel Selbstdisziplin, sie brau<strong>ch</strong>en keine zusätzli<strong>ch</strong>en Lektionen. Do<strong>ch</strong> an unseren<br />

S<strong>ch</strong>ulen gibt es nur wenig Raum für eine sol<strong>ch</strong>e Erkenntnis – die Kinder müssen viel auswendig lernen<br />

und Faktenwissen erwerben, aber sie lernen ni<strong>ch</strong>t, selbst Verantwortung für ihren Lernprozess zu<br />

übernehmen.

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