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Was bringt Disziplin? - Familylab.ch

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Lehrmethoden ni<strong>ch</strong>t gefallen. Die Lehrer an der S<strong>ch</strong>ule können sie si<strong>ch</strong> hingegen ni<strong>ch</strong>t aussu<strong>ch</strong>en.<br />

Lehrer fordern <strong>Disziplin</strong> und Respekt von ihren S<strong>ch</strong>ülern, do<strong>ch</strong> was häufig fehlt, ist der Respekt der<br />

Lehrer gegenüber den Kindern und Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />

I<strong>ch</strong> habe gerade eine Reihe von Sendungen für das norwegis<strong>ch</strong>e Fernsehen fertiggestellt, für die wir<br />

se<strong>ch</strong>s Wo<strong>ch</strong>en lang mit 12-­‐ bis 17-­‐jährigen S<strong>ch</strong>ulverweigerern gearbeitet haben. Sie haben mir ihre<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te erzählt und mir ist aufgefallen, dass sol<strong>ch</strong>e Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t im eigentli<strong>ch</strong>en Sinne als<br />

„Dropouts“ zu bezei<strong>ch</strong>nen sind – eher als „Pushouts“. Sie haben ni<strong>ch</strong>t in das System gepasst und<br />

wurden in Folge „hinausgestoßen“. Ihnen fehlte die Fürsorge. Diese Anforderung ist neu für die<br />

Institution S<strong>ch</strong>ule. Traditionellerweise sind S<strong>ch</strong>ulen für den Unterri<strong>ch</strong>t zuständig, do<strong>ch</strong> jetzt hat si<strong>ch</strong><br />

unsere Gesells<strong>ch</strong>aft dahin entwickelt, dass der Unterri<strong>ch</strong>t Stimulierung, persönli<strong>ch</strong>e soziale<br />

Entwicklung und Fürsorge beinhalten muss. Dafür sind die Lehrer ni<strong>ch</strong>t ausgebildet. Es gibt dur<strong>ch</strong>aus<br />

talentierte Lehrer, die all diese Ansprü<strong>ch</strong>e in si<strong>ch</strong> vereinen, aber die meisten s<strong>ch</strong>affen das ni<strong>ch</strong>t – und<br />

eine kleine Minderheit will es au<strong>ch</strong> gar ni<strong>ch</strong>t. Die ist nämli<strong>ch</strong> der Meinung, dass das bei ihrer<br />

Ausbildung vor 20 Jahren ni<strong>ch</strong>t nötig war und heute ebenso wenig.<br />

Es sind ja nun ni<strong>ch</strong>t nur Lehrer, die mit jungen Mens<strong>ch</strong>en umgehen. Vor allem Eltern fühlen si<strong>ch</strong> häufig<br />

hilflos angesi<strong>ch</strong>ts von Problemen im Unterri<strong>ch</strong>t. Bleibt ihnen au<strong>ch</strong> nur die Rolle der Lernberater, wenn<br />

sie ihre Kinder in ihren Bildungsanstrengungen unterstützen wollen?<br />

Der große Unters<strong>ch</strong>ied zwis<strong>ch</strong>en Eltern und Lehrern ist, dass Pädagogen aller Art nur selten die<br />

existenzielle Bedeutung einnehmen, die Eltern für ihre Kinder haben. Das heißt, dass Eltern sehr<br />

vorsi<strong>ch</strong>tig in ihren Bildungsanstrengungen sein müssen. Kinder unter fünf brau<strong>ch</strong>en eigentli<strong>ch</strong> keine<br />

Erziehung, sondern empathis<strong>ch</strong>e, freundli<strong>ch</strong>e Begleitung. Das ist au<strong>ch</strong> eine Art von Coa<strong>ch</strong>ing oder<br />

Beratung. Erziehung hingegen heißt, dass die Eltern bereits ein Ziel vorformuliert haben, an das sie<br />

ihr Kind bringen wollen. Die jungen Mens<strong>ch</strong>en heutzutage lassen si<strong>ch</strong> das aber immer weniger<br />

bieten.<br />

Erziehung basiert grundsätzli<strong>ch</strong> auf einem großen Mangel an Vertrauen: Wenn i<strong>ch</strong> als Vater oder<br />

Mutter ni<strong>ch</strong>t auf die Dur<strong>ch</strong>setzung bestimmter Regeln und Normen a<strong>ch</strong>te, lernt mein Kind es nie und<br />

wird in der Gesells<strong>ch</strong>aft ni<strong>ch</strong>t überleben können. Je weniger Zeit Eltern wegen Beruf und anderen<br />

Verpfli<strong>ch</strong>tungen mit ihren Kindern verbringen, desto mehr steigern sie si<strong>ch</strong> in diesen<br />

Erziehungsgedanken hinein und messen die Entwicklung ihres Kindes an einer angebli<strong>ch</strong>en<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Norm. Diese Anforderungen zerstören oft die Beziehung zwis<strong>ch</strong>en Eltern und Kind.<br />

Deswegen sehen wir heute au<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on Kinder mit drei, vier Jahren, die Wutanfälle kriegen – sie<br />

haben zu wenige Entfaltungsmögli<strong>ch</strong>keiten, immer sind sie von Erwa<strong>ch</strong>senen umgeben und werden<br />

erzogen.<br />

Früher war das anders. Da war man hö<strong>ch</strong>stens eine, zwei Stunden mit den Eltern zusammen, bevor<br />

man im Wald oder in den Hinterhöfen mit Glei<strong>ch</strong>altrigen ohne Aufsi<strong>ch</strong>t unterwegs war. Heute<br />

hingegen verbringen skandinavis<strong>ch</strong>e Kinder zwis<strong>ch</strong>en 6 und 16 Jahren 26 000 Stunden in<br />

pädagogis<strong>ch</strong>en Zwangseinri<strong>ch</strong>tungen – in Krippen, Kindergärten oder S<strong>ch</strong>ulen, wo sie überhaupt<br />

keine Ents<strong>ch</strong>eidungsfreiheit über ihr Umfeld haben. Aber sie vertrauen ihren Eltern bedingungslos –<br />

das ist der große Unters<strong>ch</strong>ied zu Lehrern, zumindest bis zur Pubertät.

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