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Anleitung - Physikzentrum der RWTH Aachen

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Versuch 11<br />

Messung <strong>der</strong> mittleren Lebensdauer von Myonen<br />

nach Absorption in Aluminium<br />

Physikalisches Praktikum<br />

für Fortgeschrittene,<br />

Teil B<br />

Susanne Burkert<br />

8 Februar 2007


Vorkenntnisse:<br />

Klassifizierung <strong>der</strong> Elementarteilchen, Wechselwirkung <strong>der</strong> Elementarteilchen,<br />

Mittlere Lebensdauer, Energieverlust von Elementarteilchen in Materie, Bethe-<br />

Bloch-Formel, Strahlungslänge, Zeitdilatation, Funktionsweise eines Photomultipliers,<br />

Photoeffekt, Funktionsweise eines Plastikszintillators, Totalreflexion, Lichtleiter,<br />

Supernova, Sonnenwind, Pulsare, Aktive Galaxien, Spaltungsprozesse, Isotope,<br />

Isobare, Isotone


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 1<br />

1.1 Kosmische Höhenstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

1.1.1 Primäre Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1<br />

1.1.2 Beeinflussungen <strong>der</strong> primären Komponente . . . . . . . . . 5<br />

1.2 Myonenzerfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.2.1 Zerfallswahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

2 Versuchsaufbau 13<br />

2.1 Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

2.2 Schaltung zur Datennahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

3 Versuchsdurchführung 19<br />

3.1 Aufbau <strong>der</strong> Schaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

3.2 Zeiteichung <strong>der</strong> Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

3.3 Datennahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

4 Auswertung und Protokoll 25<br />

i


Kapitel 1<br />

Einleitung<br />

1.1 Kosmische Höhenstrahlung<br />

1.1.1 Primäre Komponente<br />

Die kosmische Höhenstrahlung, die an <strong>der</strong> Erdoberfläche registriert wird 1 , stimmt<br />

in ihrer Zusammensetzung nicht mit <strong>der</strong> ursprünglichen kosmischen Strahlung<br />

außerhalb <strong>der</strong> Erdatmosphäre überein. Sie besteht vorwiegend aus Teilchen, die<br />

erst durch schwache Wechselwirkung mit den Atomen <strong>der</strong> Atmosphäre, also den<br />

Luftmolekülen, erzeugt werden. Diese Strahlung wird als sekundäre Strahlung<br />

bezeichnet.<br />

Durch Messungen außerhalb <strong>der</strong> Atmosphäre, ab einer Höhe von 60 km, wurde<br />

die Zusammensetzung <strong>der</strong> Primärkomponente bestimmt. Achtundneunzig Prozent<br />

dieser primären Höhenstrahlung besteht aus Kernen, davon sind zwölf Prozent<br />

α - Teilchen. Die Anzahl schwererer Kerne sinkt auf ungefähr ein Prozent.<br />

Somit besteht die Primäre Strahlung großteils aus Protonen. Schwere Kerne mit<br />

Ordnungszahlen oberhalb von zwei sind sehr selten. Die höchsten Ordnungszahlen<br />

von Atomen, die bisher in <strong>der</strong> kosmischen Strahlung nachgewiesen worden sind,<br />

liegen bei etwa Z = 100, mit <strong>der</strong> Protonenzahl Z. Die in <strong>der</strong> kosmischen Strahlung<br />

vertretenen Energien reichen von 10 7 eV bis 10 20 eV, die höchste gemessene<br />

Energie von 3,2·10 20 eV wurde 1991 in Utah (USA) mit dem Flye’s-Eye-Teleskop<br />

beobachtet. Diese hohen Energien sind schwer zu messen, da nur pro km 2 und<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t ein solches Teilchen detektiert werden kann.<br />

In unserem Versuch werden ausschließlich Myonen und <strong>der</strong>en Zerfallsprodukte<br />

beobachtet. Diese befinden sich beinahe am Anfang des Energiespektrums <strong>der</strong><br />

kosmischen Strahlung in dem Energiebereich von 10 · 10 6 eV bis ungefähr 10 · 10 9<br />

eV. Allerdings dient diese Energiebetrachtung nur dem indirekten Vergleich, da<br />

es sich bei Myonen nicht um Primär-/son<strong>der</strong>n Sekundär-Teilchen handelt. Die<br />

Energien spiegeln somit nicht das Spektrum <strong>der</strong> primären kosmischen Strahlung<br />

direkt wie<strong>der</strong>.<br />

1 Zur Erinnerung: Unsere Atmosphäre hat eine Höhe von 40 km.<br />

1


Die niedrigeren Energien sind viel häufiger anzutreffen als die höheren (siehe<br />

Abbildung 1.1). Messungen <strong>der</strong> niedrigen Energien sind schwierig, da die Beeinflussung<br />

durch den Sonnenwind bis weit über die äußeren Planetenbahnen hinausreicht.<br />

Die genaue Entfernung ist nicht bekannt, Beobachtungen geben Grund zu<br />

<strong>der</strong> Annahme, dass die Teilchen des Sonnenwinds in etwa <strong>der</strong> vierfachen Entfernung<br />

von Pluto 2 abgebremst werden. Also liegt die Reichweite des Sonnenwinds<br />

etwa bei 110 AE 3 . Zum Vergleich: Die Bahn des sonnenfernsten Planeten Neptun<br />

hat eine große Halbachse von 30 AE.<br />

Bis auf die Neutrinos und die elektromagnetische Strahlung ist die kosmische<br />

Strahlung isotrop verteilt. Ein Schluß auf ihre Quellen ist also nur über Neutrinos<br />

und Photonen möglich, da diese in den galaktischen Magnetfel<strong>der</strong>n nicht abgelenkt<br />

werden. Der genaue Ursprung und die Entstehung <strong>der</strong> kosmischen Strahlung<br />

konnte bis heute noch nicht eindeutig geklärt werden, aus <strong>der</strong> Abbildung 1.2 sind<br />

die meisten gängigen Theorien abzuleiten. Das Spektrum 1.2 ergibt sich aus <strong>der</strong><br />

Abbildung 1.1 durch Multiplikation des Spektrums mit dem Faktor E 2.7 . Die beiden<br />

Merkmale Knöchel und Knie, sind dadurch deutlicher zu erkennen. Sie sind<br />

für die Wissenschaftler von größter Bedeutung. Als Knöchel wird <strong>der</strong> Bereich im<br />

Energiespektrum zwischen 10 18 eV und 10 19 eV bezeichnet. Er hat die charakteristische<br />

Form eines Beschleunigungsspektrums. Eine mögliche Interpretation<br />

könnte sein, dass das höhere Energiespektrum kosmische Strahlen extragalaktischen<br />

Ursprungs repräsentiert. Starke extragalaktische Quellen sind zum Beispiel<br />

aktive Galaxien und Quasare.<br />

Wenn das Spektrum <strong>der</strong> kosmischen Strahlen unterhalb von 10 18 eV einen galaktischen<br />

Ursprung hat, also innerhalb <strong>der</strong> Milchstraße entsteht, könnte das Knie<br />

im Energiebereich von 10 15 eV bis 10 16 eV die Interpretation zulassen, dass einige<br />

Beschleuniger in <strong>der</strong> Milchstraße ihre maximale Energie am Knöchel erreichen.<br />

Zum Beispiel können einige Arten von Supernovaüberresten keine Teilchen über<br />

10 15 eV beschleunigen, eine an<strong>der</strong>e mögliche Quelle sind Pulsare. Ein Beispiel für<br />

einen Pulsar als mögliches 4 Objekt ist neben etlichen Doppelsternsystemen Cygnus<br />

X-3, <strong>der</strong> mit 2 · 10 30 Watt im elektromagnetischen Bereich das hellste Objekt<br />

<strong>der</strong> Milchstraße ist.<br />

Der Nachweis von Neutrinos ist wegen <strong>der</strong> außerordentlich kleinen Wechselwirkungsquerschnitte<br />

5 extrem schwierig. Ein Experiment zum Nachweis solcher Neu-<br />

2Erst vor kurzem wurde <strong>der</strong> Beschluss <strong>der</strong> IAU, International Astronomical Union, vom 24<br />

August 2006 in Prag auf <strong>der</strong> Hauptversanmmlung bekannt, Pluto den Planetenstatus abzuerkennen.<br />

3 6 Eine Astonomische Einheit [AE] entspricht mit 149 · 10 km <strong>der</strong> großen Halbachse <strong>der</strong><br />

Erdbahn.<br />

4Es ist immer noch umstritten, ob es sich überhaupt um einen Neutronenstern bzw Pulsar<br />

handelt o<strong>der</strong> doch um ein schwarzes Loch, in letzterem Fall wäre er nicht mehr als Quelle zu<br />

identifizieren<br />

5Allgemeine Definition: Bei dem Zusammenstoß zweier Teilchen können sich die Flächen,<br />

die durch Projektion <strong>der</strong> Form eines Teilchens auf eine Ebene entstehen,überlagern, somit ergibt<br />

sich eine Überlagerungsfläche, die die Wahrscheinlichkeit für eine Reaktion im Stoß, den<br />

Wirkungsquerschnitt, angibt.<br />

2


Abbildung 1.1: Energiespektrum <strong>der</strong> kosmischen Strahlung oberhalb <strong>der</strong> Erdatmosphäre.<br />

Unskalierte Gesamtübersicht über den vollen Energiebereich.<br />

Aufgetragen ist die Gesamtenergie pro Teilchen (modifiziert, Original<br />

aus [2])<br />

3


Abbildung 1.2: Energiespektrum des Flusses. Die Energie ist als Gesamtenergie pro<br />

Kern angegeben. Aufgetragen ist <strong>der</strong> summierte Fluß über alle vorkommenden<br />

Primärteilchen [3].<br />

trinos wird zur Zeit in <strong>der</strong> japanischen Stadt Kamioka unter dem Namen Super-<br />

Kamiokande 6 durchgeführt. In einem Tank mit 50. 000 Tonnen hochreinem Wasser<br />

befinden sich 11. 200 Photomultiplier, die die Cherenkow-Strahlung von Elektronen<br />

registrieren, die mit Neutrinos in Wechselwirkung getreten sind. Zwecks<br />

Abschirmung <strong>der</strong> kosmischen Strahlung befindet sich die Anlage ca. 1 km unter<br />

<strong>der</strong> Erdoberfläche.<br />

Aus <strong>der</strong> Häufigkeit <strong>der</strong> durch die induzierte Spaltung schwerer Kerne entstehenden<br />

Kerne von Lithium, Beryllium und Bor folgt, dass die kosmische Strahlung<br />

von ihrer Entstehung bis zum Eintreffen in <strong>der</strong> Erdatmosphäre im Mittel<br />

10 5 Lichtjahre zurückgelegt hat.<br />

Anhand <strong>der</strong> Häufigkeit verschiedener an<strong>der</strong>er Isotope, die durch Spaltungsprozesse<br />

in Meteoriten entstehen, wird weiter geschlossen, dass die kosmische Strahlung<br />

seit mindestens 10 8 Jahren nahezu konstant ist.<br />

6 Kamioka Nucleon Decay Experiment<br />

4


! !<br />

!<br />

Abbildung 1.3: Chemische Zusammensetzung <strong>der</strong> kosmischen Strahlung. Zum Vergleich<br />

aufgetragen ist die Elementhäufigkeit im Sonnensystem [4].<br />

Prozentanteil Feinzerlegung des Anteils Teilchenart<br />

87 % Protonen<br />

98 % 12 % α-Teilchen<br />

1 % Kerne schwererer Elemente<br />

2 % 100 % Elektronen<br />

Tabelle 1.1: Zusammensetzung <strong>der</strong> Primärkomponente.<br />

1.1.2 Beeinflussungen <strong>der</strong> primären Komponente<br />

Für Schwankungen in <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong> primären kosmischen Strahlung gibt es<br />

mehrere Gründe. Zwei <strong>der</strong> wichtigsten Gründe werden im folgenden genannt:<br />

Der erste Effekt, <strong>der</strong> für eine Intensitätsschwächung verantwortlich ist, ist <strong>der</strong> Sonnenwind,<br />

<strong>der</strong> zum überwiegenden Teil aus Protonen besteht, und dessen Einfluss<br />

weit über das Planetensystem hinausreicht. Zusätzliche Schwankungen werden<br />

durch den Sonnenfleckenzyklus, das Sonnenfackeln und an<strong>der</strong>e Erscheinungen an<br />

5<br />

#$<br />

!"


<strong>der</strong> Sonnenoberfläche hervorgerufen.<br />

Als zweiter Effekt kommt in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Erde, noch vor Eintritt in <strong>der</strong>en Atmosphäre,<br />

<strong>der</strong> Einfluß des Erdmagnetfeldes hinzu. Geladene Teilchen unterhalb von<br />

10 GeV werden von ihm teilweise so stark abgelenkt, dass sie die Erdoberfläche<br />

nicht mehr erreichen, dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für leichte Teilchen wie zum Beispiel<br />

Elektronen. Das Erdmagnetfeld verursacht den Van-Allen-Strahlungsgürtel,<br />

in dem Protonen und Elektronen aus <strong>der</strong> kosmischen Strahlung eingefangen und<br />

auf Kreisbahnen gezwungen werden.<br />

Somit ist eine Abnahme des Teilchenflusses zum Äquator hin messbar. Dagegen<br />

erfahren die geladenen Teilchen an den Polen kaum eine Ablenkung, da sie fast<br />

parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfeldes eintreffen. Die Messungen dieses<br />

Flusses sind heute so genau, dass auf diese Weise Schwankungen des Erdmagnetfeldes<br />

gemessen werden können.<br />

Bei Richtungsmessungen mit Koinzidenzzählern 7 stellte man weiter fest, dass sich<br />

die Rate <strong>der</strong> einfallenden Teilchen von Osten nach Westen än<strong>der</strong>t.Die Ursache für<br />

diese Effekte ist die Lorenzkraft,<br />

FL = e · (v × BErde)<br />

die die senkrecht einfallenden Teilchen abhängig von ihrer Ladung ablenkt.<br />

Mit Eintritt in die Atmosphäre werden die Teilchen hauptsächlich durch Wechselwirkungen<br />

mit den Atomen <strong>der</strong> Atmosphäre, den Luftmolekülen, beeinflußt.<br />

Der Druck und die Temperatur <strong>der</strong> Atmosphäre sind zusätzliche Einflußfaktoren<br />

für die Messung <strong>der</strong> Teilchenrate an <strong>der</strong> Erdoberfläche.<br />

Da die kosmische Stahlung zum überwiegenden Teil aus Protonen besteht, sollen<br />

im folgenden <strong>der</strong>en Wechselwirkungen mit <strong>der</strong> Atmosphäre genauer betrachtet<br />

werden. Die Primärprotonen können in <strong>der</strong> Atmosphäre entwe<strong>der</strong> mit den Elektronen<br />

o<strong>der</strong> mit den Kernen <strong>der</strong> Luftmolekühle zusammenstoßen. Gibt man die<br />

Höhe in Einheiten <strong>der</strong> Massendicke 8 an, findet im statistischen Mittel <strong>der</strong> erste<br />

Zusammenstoß nach 80 g<br />

cm 2 statt. Bei ener Massendicke <strong>der</strong> gesamten Atmosphä-<br />

re von 1000 g<br />

cm 2 finden beinahe 13 Stöße von Protonen mit den Luftmolekülen<br />

statt. Die Stöße 9 mit den Elektronen führen zu einer Ionisation <strong>der</strong> Luft, wobei<br />

die Protonen nach <strong>der</strong> Bethe-Bloch-Formel [1] Energie verlieren. Die aus aus den<br />

Molekülen freigesetzten Elektronen können ihrerseits weitere Kerne ionisieren 10 .<br />

Die Stöße <strong>der</strong> Protonen mit den Kernen <strong>der</strong> Luftmoleküle erzeugen Teilchen, die<br />

ihrerseits zu Myonen zerfallen (siehe Reaktionsgleichung 1.1). Ziel des Versuches<br />

ist es, <strong>der</strong>en mittlere Lebensdauer zu bestimmen.<br />

7Als Koinzidenz bezeichnet man das Zusammentreffen verschiedener Signale in einem einzigen<br />

Ereignis bzw. die zusammenfallende Wahrnehmung dieser Signale durch einen Beobachter.<br />

8Produkt von Höhe und Dichte.<br />

9Anstelle eines Stoßes reicht auch schon die Nähe für die Ionisation von Partikeln an Molekülen.<br />

10Dies ist <strong>der</strong> Grund für eine allmähliche selbständige Entladung eines ursprünglich geladenen<br />

Elektroskops.<br />

6


p + Kern → π 0 ,π + ,π − ,K 0 ,K + ,K − ,n,p (1.1)<br />

Die von <strong>der</strong> primären kosmischen Strahlung erzeugten Sekundärteilchen lassen<br />

sich in mehrere Kaskaden unterteilen, siehe Abbildung 1.4. Diese Kaskaden sind<br />

Schauer, die durch erste Wechselwirkung <strong>der</strong> Protonen in 15 km Höhe entstehen.<br />

Die Nukleonenkaskade besteht aus Protonen und Neutronen, die aus den<br />

Kernen geschlagen werden. Die Myonenkaskade stammt aus dem Zerfall <strong>der</strong> geladenen<br />

Pionen und Kaonen. Die Myonen zerfallen wie<strong>der</strong>um noch zusätzlich in<br />

ein ungeladenes Myon-Neutrino νµ und ein Elektron-Neutrino νe. Diese Neutrinokomponente<br />

ist in Abbildung 1.4 nicht dargestellt, da sie für den Versuch nicht<br />

von Bedeutung ist und die Abbildung nur unnötig unübersichtlich machen würde.<br />

Die elektromagnetische Kaskade, besteht aus Photonen und Elektronen. Die<br />

Photonen konvertieren zu e + e − -Paaren, die wie<strong>der</strong>um Bremsstrahlung erzeugen.<br />

Die gelb gefärbte Ellipse in <strong>der</strong> Abbildung 1.4 verdeutlicht, die für den Versuch<br />

interessante Komponente, die Zerfallsprodukte <strong>der</strong> Myonen. Ansonsten ist die<br />

Abbildung rein schematisch zu verstehen, räumlich sind die erzeugten Kaskaden<br />

nicht getrennt.<br />

K + → µ + + νµ (1.2)<br />

K − → µ − + ¯νµ (1.3)<br />

K 0 → π ± + Lepton (1.4)<br />

π + → µ + + νµ (1.5)<br />

π − → µ − + ¯νµ (1.6)<br />

π 0 → 2γ (1.7)<br />

Die erzeugten Sekundärteilchen, geladene Pionen und Kaonen, zerfallen nach relativ<br />

kurzer Zeit 11 in Myonen und Neutrinos, wie in den Zerfallsprozessen 1.2 bis<br />

1.6 dargestellt. Dabei ist das Verzweigungsverhältnis für den angegebenen Zerfall<br />

<strong>der</strong> geladenen Kaonen 63. 5 % (siehe 1.2 und 1.3). Zu 21. 1 % zerfallen sie in ein<br />

ungeladenenes Pion π 0 und in ein geladenes Pion, π + o<strong>der</strong> π − , die anschließend<br />

ebenfalls rasch zerfallen. Das ungeladene Pion π 0 zerfällt fast zu 100 % in zwei<br />

Photonen 2γ und trägt somit im Gegensatz zum geladene Pion π + o<strong>der</strong> π − nicht<br />

zum Myonenfluß bei (siehe 1.5 und 1.6).<br />

Das ungeladene Kaon K 0 zerfällt am häufigsten in ein geladenes Pion π + o<strong>der</strong> π −<br />

und ein Lepton o<strong>der</strong> in zwei bis drei ungeladene Pionen π 0 . Der zuletzt genannte<br />

Zerfall wurde nicht in die Tabelle aufgenommen, da er nicht zum Myonenfluss<br />

beiträgt.<br />

Aufgabe 1 : Welche Flugstrecke legt ein positives Pion mit einer kinetischen Energie<br />

von 1 GeV in seiner mittleren Lebensdauer im Laborsystem zurück, bevor es<br />

zerfällt ?<br />

Die erzeugten Myonen erreichen auf Grund ihrer relativ langen Lebensdauer und<br />

11 Die Lebendsdauer von π + und π − beträgt 26 ns, die von K + und K − etwa 12 ns.<br />

7


<strong>der</strong> Zeitdilatation die Erdoberfläche, dabei treten sie nur in sehr geringe Wechselwirkung<br />

mit <strong>der</strong> Atmosphäre. Wie bei allen geladenen Teilchen geschieht ihre<br />

Abbremsung fast ausschließlich durch Ionisationsverluste.<br />

1.2 Myonenzerfall<br />

Freie Myonen zerfallen bei einer mittleren Lebensdauer in µs-Größenordnung in<br />

Elektronen und Positronen und zwei Neutrinos (siehe 1.8 und 1.9).<br />

µ + → e + + νe + ¯νµ (1.8)<br />

µ − → e − + ¯νe + νµ (1.9)<br />

Das Verzweigungsverhältnis für den jeweils angegebenen Zerfallskanal beträgt<br />

98. 6 %. Die Energieverteilung <strong>der</strong> an <strong>der</strong> Erdoberfläche ankommenden Myonen<br />

zeigt die rein qualitative Zeichnung 1.5 12 . Wie bereits oben erwähnt, geschieht die<br />

Abbremsung <strong>der</strong> Myonen vorwiegend durch Ionisation. Im vorliegenden Versuch<br />

interessieren nur Myonen, die in einem Aluminium-Target zur Ruhe kommen.<br />

Myonen mit einer größeren Energie werden nicht durch das Aluminium abbgebremst<br />

und fliegen durch das Target hindurch. Die nie<strong>der</strong>energetischen Myonen<br />

werden im Target bis auf thermische Geschwindigkeit abgebremst.<br />

1.2.1 Zerfallswahrscheinlichkeit<br />

Zwischen den positiv geladenenen und den negativ geladenen Myonen besteht<br />

noch ein Unterschied, <strong>der</strong> für den Versuch von Bedeutung ist, da er die Lebensdauer<br />

<strong>der</strong> verschieden geladenen Myonen beeinflusst. Im Gegensatz zu den positiven<br />

Myonen µ + können die negativen Myonen µ − noch zusätzlich von einem<br />

Atom eingefangen werden.<br />

µ − + Atom → myonisches Atom + e −<br />

(1.10)<br />

Im neugebildeten myonischen Atom spielt das Myon die Rolle eines Elektrons.<br />

Da das Einfangen in einem hoch angeregten Zustand geschieht, werden bis zum<br />

Erreichen des Grundzustands Photonen emittiert. Die für diese Kaskade benötigte<br />

Zeit, ist gegenüber <strong>der</strong> Lebensdauer des freien Myons sehr kurz 13 .<br />

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Elektron sich im Abstand r vom Kern befindet,<br />

ist gegeben durch<br />

|Ψ(r)| 2 4 π r 2 dr<br />

wobei die hier gegebene Abhängigkeit allein vom Radius r nur gilt, wenn für den<br />

Drehimpuls l gilt: l = 0 und somit auch für die magnetische Quantenzahl ml gilt:<br />

12 Steradian [sr], ist die Einheit des Raumwinkels. Um die Aussage unabhängig vom Winkel<br />

<strong>der</strong> einfallenden Intensität zu machen, wird die Intensität auf einen sr normiert.<br />

13 ca. 10 −14 s, also 10 −8 mal kleiner als die Lebensdauer vun Myonen<br />

8


p<br />

~ 40 km Höhe, Atmosphärengrenze<br />

p<br />

n<br />

π 0<br />

K +<br />

~ 15 km Höhe, Erzeugung von Myonen<br />

π +<br />

π -<br />

γ<br />

p<br />

γ<br />

e<br />

γ<br />

+<br />

e -<br />

e +<br />

e -<br />

µ -<br />

µ +<br />

π +<br />

µ +<br />

p<br />

p<br />

n<br />

K 0<br />

e -<br />

n<br />

e +<br />

π -<br />

p<br />

γ<br />

π 0<br />

n<br />

π 0<br />

π 0<br />

n<br />

γ<br />

µ +<br />

p<br />

p<br />

n<br />

p<br />

γ γ γ γ<br />

e -<br />

e +<br />

p<br />

π -<br />

µ -<br />

p<br />

n<br />

n<br />

p<br />

µ -<br />

Abbildung 1.4: Kaskadenbildung in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />

9<br />

n<br />

p<br />

p<br />

e -<br />

Meeresniveau<br />

Myonische<br />

Komponente<br />

Hadronische<br />

Komponente<br />

Elektron – Photon<br />

Komponente


ml = 0 (s-Zustände). In dem Fall l = 0 gibt es we<strong>der</strong> einen Azimuthanteil noch<br />

einen Polaranteil in den Lösungen <strong>der</strong> zeitunabhängigen Schrödingergleichung.<br />

Die Wellenfunktionen sind nun nicht mehr winkelabhängig. Diese Wahrscheinlichkeit<br />

hat ein Maximum, dessen exakter Wert bereits von Niels Bohr mit seinem<br />

halbklassischen Modell vorhergesagt worden ist, siehe Formel 1.11.<br />

rB = h2 ɛ0<br />

π mµe2 1<br />

Z<br />

(1.11)<br />

Der Bahnradius rB des Myons ist im Vergleich mit dem des Elektrons um das<br />

kleiner. Dies bedeutet, dass die<br />

Massenverhältnis <strong>der</strong> beiden Leptonen me<br />

mµ<br />

≈ 1<br />

107<br />

maximale Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Myons sehr viel näher am Kernort<br />

verläuft als die <strong>der</strong> Elektronen <strong>der</strong> Atomhülle.<br />

Die Wellenfunktionen Ψ(r) <strong>der</strong> s-Zustände (l = 0 und mL = 0) sind am Kernort<br />

von Null verschieden, so das die Möglichkeit besteht, mit dem Kern über<br />

einen Prozess <strong>der</strong> schwachen Wechselwirkung zu reagieren. Mit zunehmen<strong>der</strong> Ordnungszahl,<br />

das heißt mit zunehmen<strong>der</strong> Kerngröße, steigt die Wahrscheinlichkeit<br />

für diesen sogenannten K-Einfang. Bei diesem Einfang fängt normalerweise ein<br />

Atom ein Elekton ein und es findet eine Umwandlung eines Protons im Kern in<br />

ein Neutron statt. Gleichzeitig wird das Elektron im innersten s-Orbital in ein<br />

Neutrino umgewandelt. Um diese Umwandlung zu vollziehen, muss ein geladenes<br />

Teilchen, ein W-Boson, ausgetauscht werden. Das Atom hat nun ein äußeres<br />

Elektron zuviel, so daß dieses hoch angeregte Atom sehr schnell unter Abgabe<br />

eines Elektrons zerfällt.<br />

Bei schweren Kernen sind die Bohrschen Radien <strong>der</strong> Myonen von <strong>der</strong> gleichen<br />

Größenordnung wie die Kernradien. Damit ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit<br />

im Kern groß genug, so daß das Myon in einer wesentlich kürzeren Zeit eingefangen<br />

wird als es seiner mittleren freien Lebensdauer im freien Zustand entspricht.<br />

Bei diesem Einfang wandelt sich ein Proton im Kern in ein Neutron um, wobei,<br />

wie im Vorhergehenden bereits erläutert, ein Myon-Neutrino νµ entsteht:<br />

µ − + p → νµ + n (1.12)<br />

Die Einfangwahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit λc ist proportional zur Aufenthaltswahrscheinlichkeit<br />

<strong>der</strong> Myonen im Kernvolumen, dargestellt in 1.14. Dabei ist<br />

bereits die Winkelunabhängigkeit von <strong>der</strong> Wellenfunktion Ψ <strong>der</strong> s-Zustände berücksichtigt.<br />

λc ∝<br />

<br />

RKern<br />

0<br />

4π r 2 |Ψnl(r)| 2 dr (1.13)<br />

Für den Grundzustand n = 1 und l = 0 hat die Schrödingergleichung Lösungen<br />

10


<strong>der</strong> Form : Ψnl(r) = 2<br />

r<br />

r<br />

3√ e− B . Einsetzen in die Gleichung 1.13 liefert:<br />

rB<br />

λc ∝<br />

<br />

R Kern<br />

0<br />

<br />

= 2π<br />

0<br />

xk<br />

2 4<br />

4π r<br />

r3 2r<br />

− r e B dr mit x =<br />

B<br />

2r<br />

rB<br />

(1.14)<br />

x 2 e −x dx (1.15)<br />

= −2π(x 2 + 2x + 2) e −x<br />

<br />

<br />

Für leichte bis mittlere Kerne ist das Verhältnis zwischen Kernradius und dem<br />

Bohrschen Radius des Myons klein, so dass die Exponentialfunktion in <strong>der</strong> letzten<br />

Gleichung von 1.14 nach x um den Punkt Null entwickelt werden kann. Man<br />

erhält, da die Terme mit Exponenten kleiner drei herausfallen:<br />

λc ≈ 2 + 2<br />

3 x3<br />

<br />

<br />

xk<br />

0<br />

<br />

2r<br />

RKern <br />

=<br />

rB<br />

= R 3 Kern<br />

0<br />

xk<br />

0<br />

2Zmµe 2<br />

¯h 2<br />

3<br />

(1.16)<br />

Aus <strong>der</strong> Beziehung R3 Kern ∝ Z folgt, dass λc ∝ Z4 . Die K-Einfanglebensdauer τc<br />

nimmt somit mit steigendem Z ab.<br />

Die Gesamtwahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, dass ein negatives Myon µ − aus <strong>der</strong><br />

K-Schale verschwindet, ist daher λ− = λfrei + λc, wobei λfrei die Zerfallswahrscheinlichkeit<br />

des freien Myons und λc die Einfangwahrscheinlichkeit des Myons<br />

in <strong>der</strong> K-Schale ist. Die mittlere Lebensdauer τ− für negative Myonen ergibt sich<br />

1<br />

damit zu τ− = λfrei+λc .<br />

Da für das µ + kein weiterer Zerfallskanal existiert, ist die Zerfallswahrscheinlich-<br />

keit λ+ des positiven Myons nur durch λfrei gegeben. Daher ist die Lebensdauer<br />

τ+ von positiven Myonen mit τ+ = 1<br />

λ+<br />

= 1<br />

λfrei<br />

größer als die <strong>der</strong> negativen Myo-<br />

nen.<br />

Da die Apparatur keinen Unterschied zwischen positiv und negativ geladenen<br />

Myonen macht, liefert sie eine zusammengesetzte Zerfallskurve und somit ist die<br />

unterschiedliche Lebensdauer von großer Bedeutung für die Auswertung.<br />

11


Abbildung 1.5: Energiespektrum <strong>der</strong> Myonen aus <strong>der</strong> Höhenstrahlung, gemessen an<br />

<strong>der</strong> Erdoberfläche unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Betondecken des <strong>Physikzentrum</strong>s<br />

(schätzungsweise 3m Dicke), durch die noch zusätzliche<br />

Myonen gestoppt werden. Dadurch verschiebt sich das Energieintervall<br />

<strong>der</strong> im Alu-Absorber abbgebremsten Myonen und nur Myonen<br />

mit einer kinetischen Energie, die in dem eingefärbten Energieintervall<br />

des Spektrums liegen, werden in <strong>der</strong> Al-Platte des Aufbaus (vgl.<br />

Abb 2.2) zur Ruhe kommen.<br />

12


Kapitel 2<br />

Versuchsaufbau<br />

2.1 Detektor<br />

Der Detektor, mit dem die Myonen und ihre Zerfallsprodukte nachgewiesen werden<br />

sollen, besteht aus zwei Plastikszintillatoren mit einer Fläche von je 120 ×<br />

120 cm2 und 5 cm Dicke. Zwischen den beiden Szintillatoren befindet sich ein Aluminiumabsorber<br />

von gleicher Fläche, aber an<strong>der</strong>er Dicke. Die in den Szintillatoren<br />

erzeugten Lichtblitze werden über den Lichtleiter, in diesem Versuch ein Trichter<br />

aus Aluminiumblech, <strong>der</strong> innen mit metallisierter Mylarfolie verspiegelt ist, zu<br />

den Photomultipliern P0 und P1 geleitet. Diese befinden sich an <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong><br />

Trichter (siehe Abbildung 2.2).<br />

Registriert werden sollen im oberen Szintillator die einfallenden Myonen, sie liefern<br />

das Start- und das Stop-Signal <strong>der</strong> Zerfallsprodukte <strong>der</strong> im Aluminium gestoppten<br />

Myonen im unteren Szintillator. Die maximale Ausbeute also die höchste<br />

Zahl an Startsignalen ergibt sich bei einem Eintrittswinkel <strong>der</strong> Myonen von 0◦ .<br />

Für kleinere Winkel ergibt sich die in Abbildung 2.1 gezeigte Verteilung. In Abbildung<br />

2.1 oben rechts ist <strong>der</strong> Winkel Θ als Winkel zwischen dem Teleskop1 und<br />

dem Zenith (Θ = 0◦ ) dargestellt. Anhand dieser Kurve kann nur die effektive<br />

Abnahme festgestellt werden, da sie beliebige Einheiten trägt.<br />

Frage 1 : Wird im unteren Szintillator wirklich nur durch die Zerfallsprodukte ein<br />

Stop-Signal erzeugt?<br />

Aufgabe 2 : Bestimmen Sie, in welchem Bereich die maximale kinetische Energie<br />

liegt, die ein Myon beim Eintritt in den oberen Szintillator haben darf, um in dem<br />

Aluminium-Absorber gerade noch zur Ruhe zu kommen. Benutzen Sie hierzu Tabelle<br />

2.1 für den Energieverlust von Myonen durch Ionisation in Abhänigkeit von<br />

dem Energieverlust für das Szintillatormaterial und für Aluminium. Die Dichte<br />

des Szintillatormaterials ρ beträgt 0. 91 g<br />

cm3 , diejenige von Aluminium 2. 72 g<br />

cm3 .<br />

1 Die Kreise entsprechen Geigerzählrohren.<br />

13


Zählrate in beliebigen Einheiten<br />

θ<br />

!<br />

0 20° 40° 60° 80°<br />

Neigungswinkel θ eines Teleskop s<br />

Abbildung 2.1: Winkelverteilung <strong>der</strong> einfallenden Myonen<br />

T [MeV] 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

kµ[ MeV<br />

g cm 2 ] 7.91 4.82 3.73 3.19 2.86 2.65 2.49 2.38<br />

T [MeV] 90 100 200 300 400 500 600 700<br />

kµ[ MeV<br />

g cm2 ] 2.30 2.23 1.99 1.96 1.96 1.98 2.00 2.02<br />

T [MeV] 800 900 1000 2000 4000 6000 10000<br />

kµ[ MeV<br />

g cm 2 ] 2.03 2.05 2.07 2.17 2.28 2.34 2.40<br />

Tabelle 2.1: Mittlerer Energieverlust durch Ionisation kµ = 1 dE<br />

ρ dx<br />

von Myonen in einem<br />

Material <strong>der</strong> Dichte ρ bei einer kinetischen Energie T in MeV.<br />

Frage 2 : Hat die bereits in <strong>der</strong> Atmosphäre zurückgelegte Flugstrecke <strong>der</strong><br />

Myonen einen Einfluß auf die bei diesem Experiment gemessene Lebensdauer ?<br />

2.2 Schaltung zur Datennahme<br />

Die elektronische Verarbeitung <strong>der</strong> von den zwei oberen Photomultipliern PM0<br />

und PM1 und den beiden unteren Photomultipliern PM2 und PM3 gelieferten<br />

14


Signale erfolgt mit einer sogenannten schwellen Koinzidenzschaltung. Die zentrale<br />

Rolle in dieser Schaltung übernimmt <strong>der</strong> Zeit-Pulshöhen-Wandler TAC 2 . Die<br />

Signale von PM0 und PM1 durchlaufen die beiden Diskriminatoren D0 und D1,<br />

die als Schwelle und Pulsformer dienen, und werden über die Koinzidenz C1 zu<br />

<strong>der</strong> zweiten Koinzidenz C3 weitergegeben, über die <strong>der</strong> Start-Puls an den TAC<br />

ausgegeben wird. Die Signale von PM2 und PM3 werden analog zum Startzweig<br />

weitergeleitet und liefern den Stopp-Puls zum TAC.<br />

Die Messung <strong>der</strong> Zerfallszeit erfolgt also, indem die erste Zeitmarke durch den<br />

Szinit1<br />

Target<br />

Szinti2<br />

PM0<br />

PM3<br />

PM1<br />

PM2<br />

D0<br />

D1<br />

D2<br />

D3<br />

C1<br />

Neg1<br />

Neg2<br />

C2<br />

Del1<br />

Del2<br />

C3<br />

C4<br />

Start<br />

Stop<br />

Abbildung 2.2: Detektoraufbau mit Schaltskizze<br />

TAC<br />

MCA<br />

Eintritt des Myons in den oberen Szintillator, und die zweite hauptsächlich durch<br />

das Registrieren des Zerfallselektrons (- positrons) gesetzt wird.<br />

Frage 3 : Warum hauptsächlich?<br />

Frage 4 : Welches Spektrum sieht man letztendlich auf dem PC-Bildschirm?<br />

Der TAC wandelt die Zeitdifferenz zwischen dem Start-und dem Stop-Signal in<br />

eine Pulshöhe um, die er an den MCA und an dem PC ausgibt. Somit ist das<br />

Pulshöhenspektrum auf dem MCA das Zeitspektum <strong>der</strong> Myonenzerfälle. Am TAC<br />

kann die maximale Zeit eingestellt werden, die er nach dem Eintreffen des Start-<br />

Signals auf ein Stop-Signal wartet. Wird sie überschritten, weil das entstandene<br />

Elektron (- positron) im Aluminium steckengeblieben ist o<strong>der</strong> den Detektor seitlich<br />

verlassen hat, verwirft <strong>der</strong> TAC das Start-Signal und wartet von neuem auf<br />

einen Start-Puls. In <strong>der</strong> Zeit, die <strong>der</strong> TAC auf ein Stop-Signal wartet, ignoriert<br />

er weitere Start-Signale.<br />

Frage 5 : Wie groß ist die maximale Wartezeit des TAC’s zu wählen, ohne daß<br />

allzuviele auswertbare Ereignisse übersehen werden?<br />

Gleichzeitig mit <strong>der</strong> Erzeugung <strong>der</strong> Start- und Stop-Signale werden hinter den<br />

beiden vor<strong>der</strong>en Koinzidenzen C1 und C2 Veto-Signale erzeugt, die zu <strong>der</strong> jeweils<br />

an<strong>der</strong>en Koinzidenz C4 und C3 geführt werden, um dort die Erzeugung eines<br />

weiteren Signals für den TAC zu verhin<strong>der</strong>n. Die Veto-Signale haben eine Länge<br />

2 Time to Amplitude Converter<br />

15<br />

PC


Abbildung 2.3: Zeitliche Lage <strong>der</strong> Start-/Stop- und <strong>der</strong> Veto-Signale<br />

von ungefähr 50 ns. Die eigentlichen Start- und Stopsignale werden an den jeweiligen<br />

Diskriminatoren auf ungefähr 10ns verkürzt. Für das Veto-Signal ist die<br />

größere Länge von 50 ns gewählt, um die durch die Flankenarbeitsweise erzeugte<br />

Zeitschwankung in Neg1 und Neg2 zu berücksichtigen.<br />

Die beiden Delays Del1 und Del2 werden benutzt, um die Ankunft des Start-<br />

/Stop-Signals in die Mitte des an <strong>der</strong>selben Koinzidenz ankommenden Veto-<br />

Signals zu verschieben, wie in Abbildung 2.3. Durch diese Maßnahme werden<br />

Ereignisse aus dem oberen und unteren Szintillator, die zeitlich sehr nah beieinan<strong>der</strong>liegen,<br />

nicht zum TAC durchgelassen, da sowohl C3 als auch C4 diese<br />

Signale blockieren.<br />

Überwiegend ist die verwendete Elektronik notwendig, um unerwünschte Ereignisse<br />

zu eliminieren und vom TAC fernzuhalten. Die verworfenen Ereignisse sind<br />

im einzelnen:<br />

• Ein hochenergetisches Myon o<strong>der</strong> ein an<strong>der</strong>es geladenes Teilchen, das durch<br />

die beiden Szintillatoren hindurchfliegt und nahezu gleichzeitige Start- und<br />

Stop-Signale liefert, wird von <strong>der</strong> Veto-Schaltung nicht zum TAC durchgelassen.<br />

• Nach Initiierung des TAC’s durch ein vorangegangenes und im Aluminium<br />

absorbiertes Myon wird ein weiteres, durchfliegendes Myon nicht im TAC<br />

regestriert, da das Signal des durchfliegenden Myons durch die Veto-Signale<br />

verworfen wird.<br />

• Bei einem im unteren Szintillator gestoppten und dort zerfallenden Myon<br />

wird das Signal des Zerfallselektron o<strong>der</strong> Positrons nur gezählt, wenn zufällig<br />

ein an<strong>der</strong>es Myon vorher ein gültiges Signal geliefert hat.<br />

16


• Bei einem im oberen Szintillator gestoppten und anschließend dort zerfallenden<br />

Myon wird das Start-Signal an den TAC geliefert, die Dicke des<br />

Aluminiums ist jedoch so bemessen, daß das Zerfallselektron o<strong>der</strong> -positron<br />

nicht in den unteren Szintillator gelangen kann.<br />

• Ein im Aluminium gestopptes Myon, dessen Zerfallselektron o<strong>der</strong> -positron<br />

nicht im unteren, son<strong>der</strong>n im oberen Szintillator ankommt, liefert ein zweites<br />

Start-Signal, das vom TAC nicht akzeptiert wird. Nach Verstreichen <strong>der</strong> am<br />

TAC eingestellten Zeit verfällt auch das erste Start-Signal und es wird auf<br />

ein neues Start-Signal gewartet.<br />

Aufgabe 3 : Wie groß ist die ungefähre Zeitdifferenz zwischen dem Start- und dem<br />

Stop-Signal, die von einem durchfliegenden Myon von 1 GeV verursacht wird ?<br />

17


Kapitel 3<br />

Versuchsdurchführung<br />

Der Versuchsaufbau ist vollständig symmetrisch, das bedeutet, das <strong>der</strong> untere Teil<br />

<strong>der</strong> Appatatur identisch ist mit dem oberen Teil. Aus Sicherheitsgründen ist <strong>der</strong><br />

untere Teil <strong>der</strong> Apparatur bereits aufgebaut. Bauen Sie nun die Meßapparatur<br />

weiter auf wie in Abbildung 2.2 dargestellt.<br />

Der Trichter soll hier als Lichtleiter verwendet werden. Es stehen entsprechende<br />

Hilfsmittel bereit um den Trichter reflektierend zu machen. Durch den Trichter<br />

darf auf keinen Fall Licht gelangen, bei schlechter Detektion überprüfen Sie die<br />

Lichtundurchlässigkeit des Trichters.<br />

Die Apperatur muß fertig aufgebaut sein, bevor Sie anfangen den Versuchsaufbau<br />

mit <strong>der</strong> entsprechenden Technik zu verschalten. Schalten sie zunächst den Rahmen<br />

mit den NIM-Einschüben, die hier als Diskriminatoren, Koinzidenzen etc.<br />

verwendet werden, und das separate Hochspannungsnetzteil für die vier Photomultiplier<br />

ein.<br />

Frage 5 : Wozu auf je<strong>der</strong> Seite zwei PM?<br />

Nach einer Wartezeit von mindestes drei Minuten kann die Hochspannung für die<br />

Photomultiplier eingeschaltet werden.<br />

! Maximal zulässig sind 2400 V !<br />

Sollte die Anlage noch vom Vortag in Betrieb sein, die Netzspannung bitte nicht<br />

ausschalten.<br />

Machen sie sich mit <strong>der</strong> Apparatur vertraut, zunächst mit <strong>der</strong> Handhabung des<br />

schnellen Philips-Zweikanal-Oszilloskops, da mit ihm das Aussehen <strong>der</strong> Signale<br />

und <strong>der</strong>en Verlauf während des Aufbaus <strong>der</strong> Schaltung verfolgt werden. Klären Sie<br />

dann anhand <strong>der</strong> vorliegenden Handbücher die Funktionweise <strong>der</strong> NIM-Einschübe<br />

und des Pulsgenerators.<br />

3.1 Aufbau <strong>der</strong> Schaltung<br />

Untersuchen Sie Form und Größe <strong>der</strong> von den Photomultiopliern gelieferten Signale,<br />

und stellen Sie die Signale des Pulsgenerators dementsprechend ein. Das<br />

Ausgangssignal eines Photomultiplier kann durch ein T-Stück verzweigt werden,<br />

um die echten Start- und Stop-Signale des Detektors während <strong>der</strong> Aufbauphase<br />

zu simulieren. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, während des Aufbaus <strong>der</strong><br />

19


Abbildung 3.1: Einstellung <strong>der</strong> Schwelle<br />

Schaltung die Signale des Pulsgenerators zu verwenden, da bei ihnen ein festes<br />

zeitliches Verhalten zwischen den Signalen in den beiden Zweigen vorliegt,<br />

wodurch das Ablesen des Oszilloskops bei <strong>der</strong> Einstellung <strong>der</strong> beiden Delays erleichtert<br />

wird.<br />

Bauen Sie die Meßschaltung nun entsprechend <strong>der</strong> Schaltskizze sukzessive von<br />

links nach rechts auf, wobei Sie nach Hinzunahme jeden weiteren Einschubs in<br />

die Schaltung die Signale mit dem Oszilloskop untersuchen müssen, um sicherzustellen,<br />

daß ihr Aufbau genau das tut, was Sie von ihm erwarten. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

ist zu überprüfen, ob nicht benutzte Ausgänge mit 50 Ohm-Abschlüssen versehen<br />

werden müssen.<br />

Stellen Sie die beiden Delays Del1 und Del2 so ein, daß die sehr kurzen Startund<br />

Stop-Signale von ungefähr 10ns zeitlich etwa in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> breiteren Veto-<br />

Signale von etwa 50 ns liegen. Nach dem entgültigen Aufbau <strong>der</strong> Schaltung wird<br />

die Einstellung <strong>der</strong> Schwellen (siehe Abbildung 3.1) vorgenommen. Diese Einstellung<br />

kann prinzipiell sowohl den Diskriminatoren als auch an <strong>der</strong> Hochspannung<br />

für die Photomultiplier erfolgen. Da jedoch für die Einstellung <strong>der</strong> Schwelle an<br />

den Diskriminatoren viel Erfahrung notwendig ist, sollte die Hochspannung an<br />

den Photomultipliern eingestellt werden. Dazu sollen soviele Signale wie möglich<br />

von den Photomultiplier registriert werden. Das bedeutet, das auch die durchfliegenden<br />

Myonen detektiert werden. Aus diesem Grund, schalten Sie eine Vierer-<br />

Koinzidenz und finden Sie für jeden einzelnen Photomultiplier diejenige Hochspannung,<br />

bei <strong>der</strong> die Effizienz, also die Ausbeute, am höchsten ist. Dabei ist<br />

es ratsam mit dem ersten Photomultiplier zu beginnen. Wenn Sie eine geeignete<br />

Spannung gefunden haben, stellen Sie diese fest ein. Erst dann soll das Spannungsspektrum<br />

für den zweiten Photomultiplier aufgenommen werden. Auf diese<br />

Weise gehen Sie sukzessive bs zum letzten Photomultiolier vor. Die Einstellung<br />

soll danach keinesfalls mehr verän<strong>der</strong>t werden. Überprüfen Sie anschließend, ob<br />

<strong>der</strong> TAC korrekt arbeitet.<br />

Frage 6 : Welchen Punkt für die Hochspannung <strong>der</strong> Photomultiplier sollte man<br />

20


wählen?<br />

3.2 Zeiteichung <strong>der</strong> Anlage<br />

Bei <strong>der</strong> Zeiteichung handelt es sich um die Eichung <strong>der</strong> Abzisse des MCA in<br />

Einheiten von ns/Kanal.<br />

• Methode 1: Für die Eichung wird das Signal des Pulsgenerarors durch ein<br />

T-Stück verzweigt. Ein Zweig geht in den Start des TAC’s, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e geht<br />

über ein Delay in den Stop des TAC’s, siehe Abbildung 3.2. Das Delay dient<br />

dazu das Stop-Signal zu verzögern. Der TAC ist mit dem MCA 1 verbunden.<br />

• Methode 2: Alternative kann man auch erneut die Ausgänge des Pulsgenerators<br />

an die beiden Eingänge des TAC’s <strong>der</strong> Schaltung anschließen, um den<br />

Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> abgelesenen Kanalnummer auf dem MCA und<br />

<strong>der</strong> Zeitdifferenz zwischen den beiden Ausgangssignalen des Detektors zu<br />

bestimmen. Der Pulsgenerator liefert im Doppelpuls-Modus Doppelpulse,<br />

<strong>der</strong>en zeitlicher Abstand variiert werden kann. Achten Sie bei <strong>der</strong> Einstellung<br />

des Pulsgenerators darauf, daß <strong>der</strong> zeitliche Abstand <strong>der</strong> Doppelpulse<br />

sehr viel größer ist als <strong>der</strong> zeitliche Abstand <strong>der</strong> Einzelpulse voneinan<strong>der</strong><br />

(siehe Abbildung 3.2). Zur Eichung wird nun ein vom Pulsgenerator<br />

geliefertes Signal verzweigt und im Startzweig zusätzlich um δt verzögert<br />

(zum Beispiel durch unterschiedliche Kabellängen), so daß es durch das<br />

erste Stop-Signal in den Koinzidenzen C3 und C4 nicht mehr blockiert werden<br />

kann (siehe Abbildung 3.2). Abbildung 3.2 zeigt den Signalverlauf, <strong>der</strong><br />

dem Verlauf am Start-und Stopeingang des TAC qualitativ entspricht. Die<br />

Verzögerung des Start-Signals um δt hat neben <strong>der</strong> Umgehung <strong>der</strong> beiden<br />

Koinzidenzen C3 und C4 zur Folge, dass garantiert <strong>der</strong> erste Start-Puls den<br />

TAC startet und <strong>der</strong> zweite Puls den TAC stoppt. Man erzeugt zusätzlich<br />

mit Hilfe eines Delays die definierte Verzögerung ∆t zwischen zwei Signalen.<br />

Der am Oszilloskop abgelesene Abstand <strong>der</strong> beiden Pulse in einem Zweig<br />

ist ∆t+δt und muß um die Verzögerung δt korrigiert werden, damit sich als<br />

wahrer Abstand des eigentlichen Start-und Stop-Pulses ∆t ergibt.<br />

Bei beiden Methoden wird <strong>der</strong> zeitliche Abstand ∆t <strong>der</strong> Start- und Stop-<br />

Signale über das Oszilloskop ausgegeben. Dazu werden die Start und Stop-Signale<br />

mit einem T-Stück verzweigt. Die umständlichere Methode ist die zweite, deswegen<br />

wird empfohlen die erste Methode zu wählen.<br />

Nehmen Sie die Eichkurve über den Zeitbereich auf, den Sie am TAC eingestellt<br />

haben, das heißt mit dem Delay wird über den gesamten am TAC eingestellten<br />

Meßbereich gemessen. Der Meßbereich ist die Zeit, die <strong>der</strong> TAC nach dem Eintreffen<br />

des Start-Signals auf ein Stop-Signal wartet. Das durch das Start- und das<br />

verzögerte Stop-Signal enstehende Pulshöhenspektrum wird im MCA in ein Zeitspektrum<br />

umgewandelt und an den PC ausgegeben. Auf dem Bildschirm kann<br />

1 Multi Channel Analyser<br />

21


Abbildung 3.2: Signalverlauf bei <strong>der</strong> Zeiteichung<br />

! Die beiden roten Kabel m üs s en gleich lang s ein<br />

Delay<br />

Osz illoskop<br />

Start<br />

Stop p<br />

Abbildung 3.3: Methode 2 für die Zeiteichung<br />

22<br />

T<br />

A<br />

C<br />

M<br />

C<br />

A


nun zu je<strong>der</strong> Delayeinstellung die entsprechende Kanalnummer notiert werden.<br />

Die jeweilige Verzögerung ∆t wird, wie bereits erklärt, angezeigt. Überprüfen Sie<br />

die Linearität <strong>der</strong> Eichkurve mit Maple o<strong>der</strong> Origin o.ä. Ist die Eichkurve nicht<br />

linear, muß die Schaltung überprüft und die Zeiteichung wie<strong>der</strong>holt werden.<br />

Verän<strong>der</strong>n Sie auf keinen Fall nach <strong>der</strong> Zeiteichung die Einstellung <strong>der</strong> Schwellen!<br />

3.3 Datennahme<br />

Ersetzen Sie nach <strong>der</strong> Zeiteichung das Signal des Pulsgenerator durch die Signale<br />

<strong>der</strong> Photomultiplier. Kontrollieren Sie nach mindestens einer halben Stunde die<br />

bis dahin genommenen Daten, um festzustellen, ob die Geräte einwandfrei funktionieren.<br />

Die Anzahl <strong>der</strong> im Aluminium-Absorber stoppenden Myonen ist mit<br />

etwa 160 pro Stunde - also 2 bis 3 Signalen in <strong>der</strong> Minute - sehr gering. Um dennoch<br />

eine ausreichende Statistik zu bekommen, sollte die Apparatur über Nacht<br />

weiterlaufen.<br />

Fragen Sie den betreuenden Assistenten, wann am nächsten Tag die Datennahme<br />

am MCA erfolgen soll.<br />

23


Kapitel 4<br />

Auswertung und Protokoll<br />

Bei <strong>der</strong> Auswertung des Versuchs ist zu beachten, daß die gemessene Zerfallskurve<br />

I(t) aus zwei Komponenten zusammengesetzt ist:<br />

I(t) = c1e −λ+t + c2e −λ−t<br />

(4.1)<br />

Der erste Term beschreibt den Zerfall des positiven Myons, <strong>der</strong> zweite den des<br />

negativen Myons. Die Konstante λ+ ist, wie im Vorhergehenden bereits erwähnt,<br />

mit <strong>der</strong> Zerfallskonstanten λfrei des freien Myons identisch, während die Zerfallskonstante<br />

λ− sich aus λfrei und λc zusammensetzt. Da in <strong>der</strong> kosmischen<br />

Höhenstrahlung positive und negative Myonen etwa gleich häufig vorkommen,<br />

sind die Faktoren c1 und c2 ungefähr gleich. Bei Targets mit hoher Ordnungszahl<br />

ist λ− ≫ λ+, so daß <strong>der</strong> erste Summand in I(t) überwiegt. Bei sehr leichten Elementen<br />

ist λc ≪ λfrei, so daß dort beide Summanden näherungsweise gleich sind<br />

und ebenfalls eine einfache Exponentialkurve gemessen wird.<br />

Der Aluminiumabsorber des vorhandenen Detektors ist wegen seiner niedrigen<br />

Ordnungszahl von 13 dazu geeignet, beide Komponenten zu messen. Dabei muß<br />

allerdings darauf geachtet werden, daß beim Ablesen des MCA die Kanäle geschickt<br />

zusammengefasst werden, um die starke Streuung <strong>der</strong> Messwerte zu verringern.<br />

Bevor Sie damit beginnen, sollten Sie die folgenden Bereiche abschätzen:<br />

• Bereich 1: den Zerfall <strong>der</strong> negativen Myonen,<br />

• Bereich 2: den Zerfall <strong>der</strong> positiven Myonen und<br />

• Bereich 3: den Untergrund<br />

Das heißt, Sie sollten zur korrekten Analyse <strong>der</strong> Zerfallskurve abschätzen in welchem<br />

Zeitintervall <strong>der</strong> Zerfall <strong>der</strong> negativen Myonen, <strong>der</strong> positiven Myonen sowie<br />

das Untergrundrauschen liegt. Die wichtigsten Elemente <strong>der</strong> Auswertung neben<br />

einer knappen Darstellung des Versuchsaufbaus und <strong>der</strong> Versuchsdurchführung<br />

sind nachfolgend kurz skizziert.<br />

• Tragen Sie die Eichkurve des MCA in einem Diagramm auf, und ermitteln<br />

Sie durch lineare Regression die Zeiteichung des MCA in ns/Kanal. Geben<br />

Sie den Nullkanal und den maximalen Fehler in <strong>der</strong> Steigung <strong>der</strong> so<br />

erhaltenen Geraden an.<br />

25


• Diskutieren Sie kurz das gemessene Pulshöhenspektrum des MCA, und begründen<br />

Sie die Wahl <strong>der</strong> von Ihnen getroffenen Intervalleinteilung bezüglich<br />

<strong>der</strong> Kanäle.<br />

• Bestimmen Sie aus dem dritten Bereich des Pulshöhenspektrums den Untergrundwert<br />

∆N0 , und subtrahieren Sie ihn von allen restlichen Messwerten<br />

∆t0<br />

∆N . Tragen Sie die so erhaltene Verteilung (Netto-Meßkurve) halblogarith-<br />

∆t<br />

misch mit Fehlerbalken auf. Überprüfen Sie hierbei, ob <strong>der</strong> Fehler <strong>der</strong> Zeiteichung<br />

vernachlässigt werden kann.<br />

• Ermitteln Sie aus <strong>der</strong> Meßkurve zunächst die Zerfallskonstante λ+ <strong>der</strong> positiven<br />

Myonen über eine Ausgleichsgerade im zweiten Bereich. Extrapolieren<br />

Sie die so erhaltene Kurve in den ersten Bereich und bilden Sie dort<br />

die Differenz zu den Meßpunkten, um die Zerfallskonstante für die schnelle<br />

Komponente λ− zu erhalten. Geben Sie die so berechneten Werte für λ−<br />

und λ+ mit ihren Fehlern an.<br />

• Berechnen Sie daraus die Einfangwahrscheinlichkeit λc für negative Myonen<br />

in Aluminium. Diskutieren Sie kurz die Zahlenwerte und vergleichen Sie<br />

diese mit den entsprechenden Literaturwerten.<br />

• Fügen Sie die innerhalb <strong>der</strong> <strong>Anleitung</strong> berechneten Aufgaben und beantworteten<br />

Fragen <strong>der</strong> Auswertung bei.<br />

Frage 7 : Welcher Wert ist für die Einfangwahrscheinlichkeit λc zu erwarten?<br />

26


Literaturverzeichnis<br />

[1] H.V. Klapdor-Kleingrothaus/A.Staudt (Hrsg.): Teilchenphysik ohne Beschleuniger,<br />

B.G.Teubner–Verlag, Stuttgart, 1995<br />

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[3] S.EIDELMAN et al., Phy. Lett.B 592, 1 (2004)<br />

[4] C. Grupen (Hrsg): Astroteilchenphysik Vieweg–Verlag, 2000<br />

[5] B.Rossi (Hrsg.): Cosmic Rays Mc Graw-Hill–Verlag, England, 1964<br />

[6] O.C. Allkofer (Hrsg.): Introduction to Cosmic Radiation Karl Thiemig–<br />

Verlag, München, 1975<br />

[7] J.G. Wilson (Hrsg.): Cosmic Rays, 1976<br />

[8] A.M. Hillas (Hrsg.): Cosmic Rays<br />

[9] W.E.Bell and E.P.Hincks (Hrsg.): The Lifetime of the µ+ Meson,<br />

Phys.Rev.84,1243 (1951)<br />

[10] D.H.Perkins (Hrsg.):Hochenergiephysik<br />

[11] P.W.Nicholson (Hrsg.): Nuclear Elektronics<br />

[12] V.W.Hughes (Hrsg.): Muon Physics, Vol.I-III<br />

[13] H.Neuert (Hrsg.):Kernphysikalische Meßverfahren zum Nachweis für<br />

Teilchen und Quanten<br />

[14] S.L.Meyer (Hrsg.): Precision Measurement on Positive and Negative Muons,<br />

Phys Rev.Vol 132 (1963) 3, S.2693-2697<br />

[15] K.Kleinknecht (Hrsg.): Detektoren für Teilchenstrahlung, Teubner 1984<br />

[16] O.C.Allkofer (Hrsg.): Teilchen-Detektoren, Thiemig 1971<br />

[17] R.Zurmül (Hrsg.): Praktische Mathematik. Springer–Verlag<br />

[18] V. Blobel E. Lohrmann (Hrsg.): Statistische und numerische Methoden<br />

<strong>der</strong> Datenanalyse. Teubner–Verlag, 1998<br />

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