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Handout Sitzung 6.pdf - Institut für Soziologie

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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Soziologie</strong> der Universität Erlangen-Nürnberg<br />

PS: Kultur, Kommunikation und soziale Ordnung, WS 05/06<br />

Dr. Ulrich Wenzel<br />

David Weigel, Aneta Manova, Irina Cherneva, Valerie Fröhlig, Julia Bernhard, Pina Bramato,<br />

Karolina Nawnot, Roland Popp, Felix Tropf, Landwirth Robert.<br />

(Lit.: Merten 1999, Kap.4.1, 4.3, 4.5; Krippendorf 1994)<br />

Modelle der Kommunikation: Von Informationsübertragung zur medialsymbolischen<br />

Konstruktion der Wirklichkeit<br />

1. Bestandsaufnahme und Kritik von Klaus Merten<br />

Der Autor bemüht sich zu einer Bestandsaufnahme von Kommunikationsmodellen, (z.B.:<br />

„Stimulus-Response Modell“, das zum verbesserten „Austauschmodell der Kommunikation“ von<br />

Prakke führt, Wortmodelle <strong>für</strong> die die „Laswell Formel“ den Prototyp bildet und Mathematische<br />

Modelle wie das von Shannon und Weaver) und einer Kritik der selbigen. Die Kritik umfasst in<br />

ihrer kürzesten Extraktion als wichtigste These, dass wir durch statische, klassifizierende Modelle<br />

versuchen wollen einen dynamischen Prozess zu beschreiben.<br />

Am Ende kommt er zu einem ersten Fazit, dass er 5 große Probleme der aktuellen<br />

Kommunikationswissenschaft markieren kann:<br />

1.) Kommunikation ist ein flüchtiger Prozess<br />

2.) Der Wissenschaftler ist immer in sein eigenes Forschungsobjekt verstrickt<br />

3.) Alltagsmetaphern führen zu Widersprüchen<br />

4.) Um den Prozess zu verstehen muss man Kommunikation als ganzes betrachten und nicht seine<br />

Teile<br />

5.) Bei der Analyse treten Paradoxien auf<br />

2. Metaphern der Kommunikation:<br />

2.1 Die Metapher der Übertragung von Botschaften:<br />

- Objektivation: Botschaften objektiver Inhalte statt subjektiver Bedeutungen<br />

- Schriftliche Fixierung von Inhalten-> Portabilität<br />

=> Festhalten/Austausch von Informationen => Wissenschaft, Beziehungen (Herrschaft),<br />

historisches/kulturelles Bewusstsein<br />

Problem: Fehlen eines Überträgers<br />

2.2 Die Container-Metapher:<br />

- Die Botschaft als Behälter von „Inhalt“<br />

- Trennung von Inhalt und Behälter/Medium in unterschiedliche Einheiten(Entitäten)<br />

- Unterteilung von Behältern und Inhalten in kleinere Einheiten<br />

=> Anfüllen von Containern mit Bedeutungsentitäten => Zwang des Bestehens gleicher<br />

Bedeutung bei Entnahme<br />

Probleme: Versagen der Implikate in Realität; kein schwinden der Botschaften durch Entnahme<br />

des Rezipienten.


2.3 Die Metapher des Mitteilens von Gemeinsamkeiten (cognitive sharing):<br />

Produkt eines kommunikativen Austauschs ist etwas Gemeinsames<br />

Erfolgsbedingungen von Kommunikation:<br />

- Versandtes wird identisch empfangen (Container)<br />

- Interpretationslose Aufnahme der Absichten des Kommunikators<br />

- zwei Personen entnehmen gleicher Botschaft Gleiches<br />

- Gleichheit der Denke zweier Menschen gleichen Vorwissens, Aufnahmefähigkeit, gleicher<br />

Konvention etc.<br />

Problem: Falsifizierung Individuellen Kenntnisgewinns; Wegfall der menschlichen Kognition<br />

bzw. Reduktion auf Stimulus<br />

2.4 Die Metapher vom Argument als Krieg:<br />

- Verbaler „Schlagabtausch“ als Konflikt<br />

- Suche nach „Gewinner“ und „Verlierer“ einer Debatte<br />

Problem: Behinderung der Problemlösung durch Attitüde (Stolz, Dominanzverhalten etc.)<br />

2.5 Die Metapher vom Kanal oder: Der Fluss der Signale:<br />

Basisinnovationen: Telegramm, Telefon<br />

- „Fluss“ einfache physikalischer Signale von Sender zu Empfänger ()<br />

- Erweiterung in der Massenkommunikationsforschung durch Schleusen,<br />

Filtrierung/Kanalisierung<br />

Problem: „Mehrkanalität“ menschlicher Kommunikation, Definition des Übertragbaren als<br />

Flüssigkeit nicht tragbar--> Weiterführung durch Ingenieurwesen: Verschmutzung von Kanälen<br />

nicht Erkenntnis fördernd auf Realität anwendbar<br />

2.6 Die mathematische Theorie der Kommunikation (Informationstheorie):<br />

- Informationsquantität in „bits“<br />

- Maß <strong>für</strong> intellektuelle, logische Arbeit<br />

Problem: Keine Informationsunterscheidung, ausschließliche Thematisierung von<br />

Kanalkapazitäten und Übertragungsraten--> Anwendung auf den Menschen--> Mathematisierung<br />

der Kognition<br />

2.7 Die Kontroll-Metapher:<br />

Fazit:<br />

- Verstärkte Gewichtung von Argumentation verglichen mit Wahrheit<br />

- Kommunikation als kausaler Faktor (Mittel um etwas zu bewirken)<br />

- Suche nach Bewegungskraft in Kommunikation und Stricheinteilung<br />

Probleme: Übergehen von unbeabsichtigten Folgen => Wirkungszwang => Konflikte(da<br />

Entmündigung von Empfänger)<br />

Die Anwendung einzelner Metaphern im falschen Kontext führt zu Problemen, diese zu Konflikte.<br />

Die bestehende Vielfalt der Situationsbedingten Modelle trägt jedoch unsere heutige Kultur und hat<br />

sich somit gewissermaßen bewehrt.


3. Das Schaffen eines konstruktivistischen Ansatzes<br />

– Idee des Schaffens eines konstruktivistischen Ansatzes, „nicht eine neue allgemeine Theorie,<br />

sondern einen erkenntnistheoretischen Rahmen <strong>für</strong> das Verständnis der Rollen, die Modelle und<br />

Metaphern in der Kommunikationspraxis spielen“ soll geschafft werden.<br />

– Konstruktivismus: Kein Mensch hat objektiven Zugang zur Realität, da unsere Kognition in<br />

einem abgeschlossenen Apparat, in einem selbstreferentiellen System stattfindet, der keine ihm<br />

fremde Möglichkeit zur Kontrolle des von ihm erstellten bietet.<br />

6 Thesen dieses Ansatzes:<br />

(1) Es gibt nicht nur ein einziges Kommunikationsphänomen sondern eine Pluralität solcher<br />

(2) „Verstehen ist immer persönlich und privat.“ Wir müssen zwar sinnvoll Handeln, doppeldeutig,<br />

sinnlich erfahrbar und logisch, können aber die objektiven Wirkungen unserer Handlungen nicht<br />

kontrollieren. Unsere wahrgenommene Realität ist eine von uns selbst erstellte persönliche<br />

Wahrnehmung der Wirklichkeit.<br />

(3) „Lebensfähige Wirklichkeitskonstruktionen sind operational geschlossen“. Sie sind<br />

selbstreferentiell und erzeugen sich aus ihren Teilen. Des weiteren müssen sie in einer Umwelt<br />

existieren, die es ihr ermöglicht sich Materie und Energie zuzuführen ohne ihr Tun zu<br />

unterbrechen<br />

Um mit einer Wirklichkeitskonstruktion leben zu können muss sie nicht der Objektiven<br />

Wahrheit entsprechen, sie muss nur in sich schlüssig sein.<br />

(4) „Kommunikation erfordert die Konstruktion von Kommunikationspartner ergänzend zur<br />

Konstruktion des selbst“. Wir müssen Annahmen über unseren Gesprächspartner bilden, sowie<br />

annahmen darüber wie er wohl uns konstruiert und sie in unsere Wirklichkeitskonstruktion<br />

einbinden, zudem müssen sich diese Konstruktionen komplementär verhalten, sonst ist keine<br />

Kommunikation möglich.<br />

-> ist die Anwendung von Modellen erfolgreich, lässt dies nur darauf schließen, dass andere<br />

ähnlich zu unseren Modellen passende kreiert haben.<br />

(5) Sprache erzeugt soziale Wirklichkeit<br />

(6) Kommunikationsprozesse als Dreierbeziehung aus Kognitionen, Interaktionen und <strong>Institut</strong>ionen.<br />

-> 3 Positionen:<br />

Werdende: Sind konsequent mit der Konstruktion und Dekonstruktion von Wirklichkeit<br />

beschäftigt. Auch Selbstreflexion ist Kommunikation!<br />

Beobachter: Beobachten einen Kommunikationsprozess ohne ihr eigenes zutun, allerdings ist<br />

dieses Beobachten auch nur das Ergebnis ihrer kognitiven Interpretation.<br />

Sich Unterwerfende: Unterwerfen sich der höheren Macht einer <strong>Institut</strong>ion, oder sind Teil einer<br />

sozialen Bewegung.<br />

Fazit:<br />

– Man sollte die Vielfalt alternativer Konstruktionen respektierend kommunizieren<br />

– Auf Grund der Theorie kann man sich mit Fragen auseinandersetzen wie: Warum akzeptieren<br />

Menschen <strong>Institut</strong>ion als Autorität, warum werden bestimmte Konventionen als unanfechtbar<br />

ansehen oder warum folgen Menschen rationalen Argumenten.<br />

– Sie macht dem Forscher seine Verstricktheit in sein eigenes Objekt bewusst, sowie seine<br />

Zugehörigkeit zu relevanten <strong>Institut</strong>ionen<br />

– Sie bietet einen rahmen <strong>für</strong> das Verständnis welche Rolle die Metaphern spielen<br />

– Sie ruft den Wissenschaftler dazu auf kognitive Autonomie wahrzunehmen, aber auch<br />

Verantwortung <strong>für</strong> die eigenen Werke zu übernehmen

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