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GB_71 (127) - Evangelische Clarenbach-Kirchengemeinde Köln ...

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Geistliches Wort<br />

2<br />

Der spielende Mensch<br />

Wenn dieser Gemeindebrief in Ihren Händen<br />

landet, zählt der Countdown bis zur<br />

Fußball–Weltmeisterschaft wahrscheinlich<br />

nur noch wenige Tage. Ganz egal, ob sie der<br />

Kickerei nun begeistert, neugierig, kritisch,<br />

ahnungslos oder ablehnend gegenüberstehen,<br />

wir werden uns diesem Großereignis<br />

kaum entziehen können, in Braunsfeld<br />

und Müngersdorf schon mal<br />

gar nicht, mit einem WM-Stadion<br />

vor der Nase.<br />

Was werden wir wohl erleben in diesen<br />

Tagen? Fröhliche Fans oder<br />

unangenehme Horden? Perfekte<br />

Organisation oder lähmendes<br />

Chaos? Internationale Völkerverständigung<br />

oder ein kommerzialisiertes Medienspektakel?<br />

Spricht man nicht auch vom „Fußballspiel“?<br />

Stand da nicht mal ein Spiel am<br />

Anfang?<br />

Spielen versteht sich laut Lexikon als „eine<br />

Beschäftigung, die um der in ihr selbst liegenden<br />

Zerstreuung, Erheiterung oder<br />

Gibt es einen Fußballgott?<br />

Anregung willen, meist mit anderen in<br />

Gemeinschaft, vorgenommen wird.“ Spielen<br />

gehört zu jeder menschlichen Kultur,<br />

und ist beileibe nicht nur auf die Kindheit<br />

beschränkt. Die Geschmäcker sind natürlich<br />

verschieden, aber die Auswahl ist ja<br />

auch riesig, mit Ballspielen, Puppenspielen,<br />

Brettspielen, Kartenspielen, Glücksspielen,<br />

Geduldspielen, Rätselspielen,<br />

Zahlenspielen, Computerspielen,<br />

Lernspielen, Vertrauensspielen,<br />

Versteckspielen, Rollenspielen,<br />

Schattenspielen, Schauspielen,<br />

Krippenspielen, Festspielen, Liebesspielen,<br />

Machtspielen, Kriegsspielen<br />

… Die letzten beiden Bei-Spiele<br />

passen natürlich weniger in die Reihe, weil<br />

sie keineswegs mehr zur Erheiterung dienen.<br />

Spielen gehört zum Leben dazu<br />

Im Allgemeinen ist das Spielen bei uns positiv<br />

besetzt. Es bildet eine zwanglose Auszeit<br />

von der Ernsthaftigkeit des Alltags. Die<br />

Regeln sind (meist) durchschaubar und<br />

man kann seine Fantasie spielen lassen.<br />

Man kann sich ausprobieren, man erlebt<br />

Gemeinschaft, und Spannung ist auch<br />

immer dabei.<br />

Zum Kennen lernen sind Spiele ideal, wie<br />

schon Platon wusste: „Beim Spiel kann man<br />

einen Menschen in einer Stunde besser kennen<br />

lernen als im Gespräch in einem Jahr.“<br />

Denn Spontaneität und Emotion gehören<br />

eben auch dazu.<br />

Was haben diese Gedanken über den spie-<br />

Bei der Mini-WM auf der Jahnwiese wird für<br />

das große Ereignis geübt.<br />

lenden Menschen denn nun im Gemeindebrief<br />

zu suchen? Wo ist denn da der theologische<br />

Bezug? In der Bibel kommen doch<br />

bestimmt keine Spiele vor? Zugegeben: In<br />

der Bibel ist sehr selten von Spielen die<br />

Rede, aber dafür an zwei sehr schönen<br />

„paradiesischen“ Stellen.<br />

Im Sprüchebuch taucht die Weisheit als<br />

personifizierte Gestalt auf, und zwar als<br />

Frau, und erzählt, dass sie schon bei der<br />

Schöpfung an Gottes Seite war: „Ich spielte<br />

vor ihm allezeit; ich spielte auf seinem Erdkreis<br />

und hatte meine Lust an den Menschenkindern.“<br />

(Sprüche 8,30.31) Das Spiel<br />

gehört somit zur Schöpfung dazu; es ist eine<br />

Schöpfungsgabe Gottes an den Menschen,<br />

denn es dient der Lebensfreude und der<br />

Gemeinschaft. Wie bei allen Schöpfungsgaben<br />

gibt es freilich die Gefahr, sie durch<br />

Egoismus und Habsucht zu verderben. Das<br />

werden die Spieler und Spielmacher der<br />

WM hoffentlich nicht vergessen!<br />

Geschmack des Paradieses<br />

Die andere „paradiesische“ Bibelstelle findet<br />

sich bei Jesaja, in seiner berühmten<br />

Zukunftsvision vom sogenannten Tierfrie-<br />

Geistliches Wort<br />

den: „Da werden die Wölfe bei den Lämmern<br />

wohnen und die Panther bei den Böcken<br />

lagern. Und ein Kind wird spielen am Loch<br />

der Schlange. Man wird nirgends Sünde tun;<br />

denn das Land wird voll Erkenntnis des<br />

HERRN sein, wie Wasser das Meer bedeckt.“<br />

(Jesaja 11,6-9) Nicht nur am Anfang der<br />

Zeit, sondern auch an ihrem Ende, beim<br />

Traum von einer heilen Welt, wird gespielt.<br />

Im Spiel ahnen wir etwas von einer besseren<br />

Welt, von gelingendem Miteinander. Ob es<br />

daran liegt, dass beim Spielen das Kind in<br />

uns geweckt wird? Dass wir mehr Offenheit<br />

und Vertrauen wagen als im Ernstfall? Dass<br />

wir uns dabei auch auf Unbekanntes einlassen?<br />

Darum liegen Spielen und Glauben gar<br />

nicht so weit auseinander. Auch beim<br />

Glauben geht es darum, sich darauf einzulassen,<br />

ohne den Ausgang zu kennen. Auch<br />

beim Glauben kann ich nur aus freien<br />

Stücken anfangen, und nicht aus Zwang.<br />

Der Theologe Jürgen Moltmann hat in seinem<br />

Buch „Die ersten Freigelassenen der<br />

Schöpfung“ das Christsein beschrieben als<br />

eine Einübung in das Spiel der Freiheit. Im<br />

Glauben können wir Alternativen zu einer<br />

gottlosen Wirklichkeit durchspielen und<br />

Spielräume des Lebens entdecken. Und in<br />

den 10 Geboten haben wir wunderbare<br />

Spielregeln der Freiheit.<br />

Das ist vielleicht nicht alles auf dem Fußballfeld<br />

zu entdecken. Aber lassen wir uns<br />

von den Spielen doch ruhig animieren, dass<br />

wir uns auf Gott, unseren „großen Schiedsrichter“,<br />

einlassen!<br />

Ulrike Graupner<br />

3

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