GB_71 (127) - Evangelische Clarenbach-Kirchengemeinde Köln ...
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Zeitzeichen<br />
Theologen wie Karl Barth (1886-1968) und<br />
Dietrich Bonhoeffer (1906-1945), den die<br />
<strong>Evangelische</strong> Kirche im Rheinland (EKiR)<br />
anlässlich seines 100. Geburtstags mit einem<br />
Festakt im Mai würdigte, „waren eher die<br />
Ausnahme“, so Präses Nikolaus Schneider.<br />
Im Vorwort des kürzlich in Düsseldorf der<br />
Presse vorgestellten Buches „Sie schwammen<br />
gegen den Strom“ über verfolgte rheinische<br />
Protestantinnen und Protestanten<br />
schreibt der Präses weiter: „,Widersetzlich‘<br />
handelten jedoch auch in der Kirche nicht<br />
wenige Menschen.“ 65 Frauen und Männer<br />
werden in dem Buch porträtiert: Menschen,<br />
die während des „Dritten Reichs“ aufmuckten<br />
oder in der Zeit des Faschismus unter die<br />
Räder gerieten, Menschen, die nicht so<br />
bekannt sind wie Barth und Bonhoeffer.<br />
„Sie schwammen gegen den Strom“ – das<br />
Buch ist auch eine Fortführung. Es knüpft<br />
an die von der rheinischen Kirchenleitung in<br />
Auftrag gegebene systematische Aufarbeitung<br />
aller Personalakten des damaligen<br />
Konsistoriums an.<br />
Porträts von Christinnen und Christen<br />
jüdischer Herkunft<br />
So gliedert sich das neue Porträtbuch in vier<br />
Kapitel. Zunächst werden Christinnen und<br />
Christen jüdischer Herkunft vorgestellt. Im<br />
zweiten Kapitel geht es um die „Illegalen“.<br />
Gemeint sind damit Hilfsprediger und Vikare,<br />
die sich gegen das Konsistorium wandten<br />
und der Bekennenden Kirche (BK)<br />
anschlossen. Außerdem gehören zu dieser<br />
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Gegen den Strom<br />
Neues Buch über verfolgte Christen während der NS-Zeit<br />
Gruppe Vikarinnen, die doppelt zu kämpfen<br />
hatten: auch für den Zugang zum Pfarramt.<br />
Das dritte Kapitel widmet sich den Gemeindemitgliedern.<br />
Und das vierte Kapitel<br />
schließlich porträtiert „legale“ Pfarrer, die<br />
ihre Anstellung behielten und doch kritische<br />
Wege gingen.<br />
Das Buch, an dem sich die EKiR mit einem<br />
Druckkostenzuschuss beteiligt hat, ist ein<br />
Gemeinschaftswerk von 17 Autorinnen und<br />
Autoren, darunter Pfarrerin Ilse Härter (94),<br />
die kürzlich Ehrendoktorin der Kirchlichen<br />
Hochschule Wuppertal wurde. Herausgegeben<br />
haben es Günther van Norden (Bonn),<br />
bis 1993 Professor für Neuere Geschichte an<br />
der Universität Wuppertal, langjähriger Vorsitzender<br />
des Ausschusses für kirchliche<br />
Zeitgeschichte der EKiR und Verfasser zahlreicher<br />
wissenschaftlicher Publikationen,<br />
sowie Klaus Schmidt (<strong>Köln</strong>), Pfarrer i.R.<br />
und Historiker, der zahlreiche Sachbücher<br />
und Biografien schrieb. Das Buch trage die<br />
„Handschrift“ van Nordens. Ihm sei als Spiritus<br />
rector die „notwendige Klarheit und<br />
Schärfe“ des Buchs zu verdanken, sagt<br />
Schmidt, der auch am 5. Juni 2006 eine<br />
Stadtführung durch Braunsfeld (siehe Seite<br />
19 im Gemeindebrief) leitet.<br />
Nur wenige haben nicht geschwiegen<br />
Die Mehrheit in der Kirche habe während<br />
der NS-Zeit geschwiegen, „eine Minderheit<br />
hat gejubelt, und nur wenige haben protestiert“,<br />
fasst van Norden in der Einleitung<br />
zusammen. Während sich viele im „braunen“<br />
Strom treiben ließen oder sogar kräftig<br />
„Sie schwammen gegen den Strom“ heißt das<br />
Buch, das 65 widerständige Protestantinnen und<br />
Protestanten porträtiert.<br />
mit ihm schwammen, habe es eben auch<br />
diejenigen gegeben, die gegen den Strom<br />
schwammen, „die einen durch ein offenes<br />
Wort, die anderen durch eine helfende Tat,<br />
die einen mit mutiger, die anderen mit<br />
ängstlicher Widersetzlichkeit“.<br />
Widersetzlich – das waren die Schwestern<br />
Johanne und Erna Aufricht wahrscheinlich<br />
nicht. Ihr „Makel“ war ein anderer: Die beiden<br />
Diakonissen der Kaiserswerther Diakonie<br />
in Düsseldorf entstammten einer jüdischen<br />
Familie. Dass sie getauft waren, galt<br />
im „Dritten Reich“ nichts mehr. Wie andere<br />
Christinnen und Christen jüdischer Herkunft<br />
deportierte das NS-Regime die Schwestern<br />
in das Konzentrationslager Theresienstadt.<br />
Erna wurde später in Auschwitz<br />
ermordet, Johanne überlebte Theresienstadt<br />
„krank und elend“.<br />
Manche engagierte Gemeindeglieder sind in<br />
Zeitzeichen<br />
kirchlichen Kreisen bekannt. So wird der<br />
Lebensweg des Wuppertaler Fabrikanten<br />
Willy Halstenbach nachgezeichnet, der an<br />
der Gründung der Kirchlichen Hochschule<br />
mitwirkte. Dessen „Villa Halstenbach“ war<br />
im „Dritten Reich“ ein Prüfungsort für „illegale“<br />
Hilfsprediger und Vikare.<br />
Eid auf Hitler verweigert<br />
Einblicke gibt das Buch auch in die Lebenswege<br />
der „legalen“ Pfarrer, darunter die beiden<br />
späteren Präsides der EKiR Heinrich<br />
Held und Joachim Beckmann. Erzählt wird<br />
von dem „roten“ <strong>Köln</strong>er Pfarrer Georg Fritze<br />
und anderen, die den Eid auf Hitler verweigerten.<br />
Auch der Wuppertaler Pfarrer<br />
Karl Immer, der Sprecher der BK-Reformierten,<br />
und der von den Nazis im KZ<br />
ermordete Hunsrücker Pfarrer Paul Schneider<br />
(der Namensgeber für ein Braunsfelder<br />
Altenheim wurde) werden porträtiert.<br />
Auch wenn es neuere Literatur und Quellen<br />
aufnimmt – das Buch ist nicht als wissenschaftliches<br />
Fachbuch angelegt, vielmehr allgemeinverständlich<br />
und anschaulich<br />
geschrieben. Schließlich zielt es auf einen<br />
breiten Publikumskreis. In seinem Vorwort<br />
bringt der Präses auf den Punkt, was sich<br />
auch die Herausgeber erhoffen: „Ich wünsche<br />
dem Buch eine weite Verbreitung in<br />
kirchlichen Kreisen, Gemeinden und Schulen<br />
– und weit darüber hinaus.“<br />
Anna Neumann<br />
Sie schwammen gegen den Strom. Widersetzlichkeit<br />
und Verfolgung rheinischer Protestanten<br />
im „Dritten Reich“, herausgegeben von<br />
Günther van Norden und Klaus Schmidt,<br />
Greven Verlag <strong>Köln</strong> 2006, 14,90 Euro<br />
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