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Fisch - Die Hoffnung stirbt nie

Heute Abend habe ich mehr Luft. Ich komm gleich mal vorbei und bring was mit.“ erklärte Susanna. Sie hatte eine Flasche Wein und zwei Gläser mitgebracht. „Was studierst du? Nicht bei Frau Enkler, nicht war?“ erkundigte sie sich. „Nein, in die habe ich mich nur verliebt.“ stellte ich nüchtern fest. Susanna platzte los. „Na ja, sehr nett ist sie schon, aber du bist ja ein Mann, du fährst bestimmt mehr darauf ab, das sie einen Vamp Eindruck vermittelt, oder?“ erklärte Susanna unter Lachen. „Du scheinst offensichtlich nicht nur zu wissen, welchen Fisch ich gerne esse, sondern auch welche Frauen ich gern mag, aber solange Frau Enkler immer ihr Steak haben will, kann das mit uns nichts werden, glaube ich.“ lautete meine Ansicht. „Du suchst dir also Frauen nach Geschmacksrichtung aus. Dann müsste deine Freundin doch auch gerne Fisch essen. Du bringst sie aber nie mit, kommst immer alleine.“ bemerkte Susanna. „Ich habe zur Zeit gar keine Freundin. Wir haben uns getrennt, aber nicht wegen Fisch.“ klärte ich Susanna auf, „Deshalb bin ich ja auch so scharf auf Frau Enkler.“ „Oh je, da weiß man nie. Verheiratet ist sie zwar nicht, aber wirkt die nicht, als ob sie jeden Abend einen anderen verbrauchen könnte?“ erklärte Susanna und lachte. „Vielleicht, bezeichnet man das dann als erotisch?“ wollte ich wissen. „Schon möglich, wirke ich denn auch erotisch auf dich?“ erkundigte sich Susanna lachend. „Erotisch, ich weiß gar nicht was das genau ist, aber mit dir würde ich mich sowieso nicht einlassen, einer Studienabbrecherin, was soll das denn für eine Perspektive haben?“ erklärte ich. Warum ich das jetzt gesagt hatte, wusste ich selbst nicht, vielleicht weil es im Zusammenhang mit Susanna immer in meinem Kopf war, aber im Moment hätte ich die Worte am liebsten sofort wieder zurückgeholt. Augenblicklich machte Susanna ein Gesicht, als ob es das Sonnige, Lachende, Alberne dort nie gegeben hätte. Sie sagte nichts, starrte mich nur mit großen Augen an und ihr Mund zeigte eine ernste und strenge Mimik.

Heute Abend habe ich mehr Luft. Ich komm gleich mal vorbei und bring was mit.“ erklärte Susanna. Sie hatte eine Flasche Wein und zwei Gläser mitgebracht. „Was studierst du? Nicht bei Frau Enkler, nicht war?“ erkundigte sie sich. „Nein, in die habe ich mich nur verliebt.“ stellte ich nüchtern fest. Susanna platzte los. „Na ja, sehr nett ist sie schon, aber du bist ja ein Mann, du fährst bestimmt mehr darauf ab, das sie einen Vamp Eindruck vermittelt, oder?“ erklärte Susanna unter Lachen. „Du scheinst offensichtlich nicht nur zu wissen, welchen Fisch ich gerne esse, sondern auch welche Frauen ich gern mag, aber solange Frau Enkler immer ihr Steak haben will, kann das mit uns nichts werden, glaube ich.“ lautete meine Ansicht. „Du suchst dir also Frauen nach Geschmacksrichtung aus. Dann müsste deine Freundin doch auch gerne Fisch essen. Du bringst sie aber nie mit, kommst immer alleine.“ bemerkte Susanna. „Ich habe zur Zeit gar keine Freundin. Wir haben uns getrennt, aber nicht wegen Fisch.“ klärte ich Susanna auf, „Deshalb bin ich ja auch so scharf auf Frau Enkler.“ „Oh je, da weiß man nie. Verheiratet ist sie zwar nicht, aber wirkt die nicht, als ob sie jeden Abend einen anderen verbrauchen könnte?“ erklärte Susanna und lachte. „Vielleicht, bezeichnet man das dann als erotisch?“ wollte ich wissen. „Schon möglich, wirke ich denn auch erotisch auf dich?“ erkundigte sich Susanna lachend. „Erotisch, ich weiß gar nicht was das genau ist, aber mit dir würde ich mich sowieso nicht einlassen, einer Studienabbrecherin, was soll das denn für eine Perspektive haben?“ erklärte ich. Warum ich das jetzt gesagt hatte, wusste ich selbst nicht, vielleicht weil es im Zusammenhang mit Susanna immer in meinem Kopf war, aber im Moment hätte ich die Worte am liebsten sofort wieder zurückgeholt. Augenblicklich machte Susanna ein Gesicht, als ob es das Sonnige, Lachende, Alberne dort nie gegeben hätte. Sie sagte nichts, starrte mich nur mit großen Augen an und ihr Mund zeigte eine ernste und strenge Mimik.

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lag mehr um ihre Augen, aber auch die frech und laut streitende Schnauze,<br />

darauf verwies eher die Mimik um ihren Mund. Frau Enkler war eine sehr<br />

freundliche Frau, aber wenn sie dich anblickte, zogst du automatisch den<br />

Schwanz ein, weil dir sofort klar war: „Sie ist die Alpha Wölfin.“. „Kommen sie<br />

öfter zum Essen her? Sie scheinen sich ja mit der Bedienung gut zu<br />

verstehen.“ interessierte mich. „Ja schon, aber Susanna ist meine Studentin.<br />

Nein, nicht meine, wie rede ich? Sie studiert Soziologie und ich habe dort<br />

meinen Lehrstuhl.“, erläuterte die Professorin. Dass sie Seminare halten und in<br />

Vorlesungen dozieren konnte, würde ich Frau Enkler schon zutrauen, aber wie<br />

eine Intellektuelle wirkte sie nicht. Ihr Gesicht verkörperte eher das volle,<br />

abwechslungsreiche Leben in einer bunten, vielgestaltigen Welt als endloses<br />

Lesen, Studieren und Philosophieren. Vielleicht war das Soziologiestudium noch<br />

bunt und lebhaft, wenn es sowieso keine Berufsaussichten gab. Unsinn, das<br />

war es <strong>nie</strong> gewesen. Unsere bedeutendsten Werke zu zeitgeschichtlichen<br />

Themen stammten in der Vergangenheit und auch jetzt noch von Soziologen.<br />

Vielleicht hätte ich mich selbst mal ein wenig mehr mit dem Sozialen, den<br />

Beziehung der Menschen untereinander befassen sollen. Wenn du jemanden<br />

erblickst, machst du in Sekundenbruchteilen eine Momentaufnahme von ihm<br />

beziehungsweise ihr, ein Polaroidfoto, das du sofort in den großen Katalog<br />

deiner vorhandenen Klischees über menschliche Charaktere und<br />

Verhaltensweisen einordnest. Du weißt beim ersten Blick, ob und auf welche<br />

Weise dir dein Gegenüber sympathisch oder dir unangenehm ist und auch die<br />

Geschlechterrolle ist von dominanter Bedeutung. Vielleicht war es ja das, was<br />

ich bei Frau Enkler als erotisch gesehen hatte, dass ich sie als Frau interessant<br />

fand. Bei ihr war auch die Momentaufnahme noch nicht fertig und abgeheftet,<br />

sie befand sich noch in meinem Studio. Es kam mir vor, als ob ich mir gar kein<br />

abschließendes Bild von ihr machen könnte. Ihre Augen waren intensiv<br />

geschminkt. Ob anderswo auch noch Krems, Rouge und Puder oder<br />

Dergleichen aufgetragen waren, konnte ich nicht erkennen. Ihre Lippen hatten<br />

jedenfalls keinen Stift gesehen. Sie waren Natur pur, wie die unbehandelten<br />

Ufer eines Gebirgsbaches. Ihre relativ zotteligen, schwarzen Haare wirkten<br />

zwar burschikos, waren aber eindeutig gestylt und nicht Natur. Im Grunde<br />

passte alles nicht zusammen, trotzdem sah ich eine gewisse Harmo<strong>nie</strong>. Ein Bild<br />

das meine Augen nicht kannten, dessen Harmo<strong>nie</strong> einen neuen Klang<br />

verkörperte, für den ich kein Schubfach in meinem System hatte. Immer<br />

wieder und immer aufs Neue wollte ich ihr Gesicht erfassen. Ich sah ja auch<br />

sich mit ihrer Mimik ständig verändernde neue Elemente und Variationen. Ob<br />

Frau Enkler eine interessante Gesprächspartnerin sein würde, wusste ich noch<br />

nicht, aber ihr Anblick kam für mich einer Forschungsreise durch meine<br />

Assoziationswelten gleich.<br />

<strong>Die</strong> Studienabbrecherin<br />

<strong>Die</strong> Bedienung kam, ich sollte bestellen. „Wir haben heute Bodenseefelchen.<br />

Ich weiß nicht, ob sie die schon mal gegessen haben? Gibt's ja schließlich nur<br />

selten. Probieren würde ich die schon mal, also ich finde die sehr lecker oder<br />

wie gewohnt den Loup de mer.“ empfahl sie mir. Daran konnte sich die Bedienung,<br />

Susanna, also auch erinnern. <strong>Die</strong> Professorin bekam noch einen Wein.<br />

<strong>Fisch</strong> – <strong>Die</strong> <strong>Hoffnung</strong> <strong>stirbt</strong> <strong>nie</strong> – Seite 5 von 28

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