2 Sprache als Zeichensystem: Semiotik (semiótica) - Userpage
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Einführung in die Sprachwissenschaft (Spanisch), SS 2006<br />
Prof. Elisabeth Stark<br />
2 <strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Zeichensystem</strong>: <strong>Semiotik</strong> (<strong>semiótica</strong>)<br />
<strong>Sprache</strong> <strong>als</strong> <strong>Zeichensystem</strong> (Zeichen = gr. semeion)<br />
„aliquid stat pro aliquo“ (Augustinus)<br />
Etwas steht für etwas.<br />
Ein Zeichen steht für ein Bezeichnetes.<br />
� Stellvertreter-Funktion<br />
2.1 Zeichen (Charles Peirce, 1839-1914)<br />
Peirce unterscheidet drei Typen von Zeichen:<br />
• Index (Symptom, Anzeichen)<br />
Zeichen aufgrund einer Kontiguitätsbeziehung (=räumliche oder zeitliche<br />
Nähe), z.B. Rauch für Feuer, rote Zunge für Scharlach<br />
• Ikon (Abbild)<br />
Zeichen aufgrund einer (optischen, akustischen …) Ähnlichkeitsbeziehung, z.B.<br />
Piktogramme, Schriftarten (z.B. Hieroglyphen)<br />
• Symbol<br />
Zeichen aufgrund von Konvention, z.B. sprachliche Zeichen<br />
Peirce differenziert zudem zwischen Zeichenvertreter (type / Typ) und dessen<br />
Verwendung (token / Exemplar).<br />
2.2 Zeichenmodelle<br />
2.2.1 Ferdinand de Saussure (1857-1913): Cours de linguistique générale (1916) 1<br />
Bilateralität des sprachlichen Zeichens:<br />
Abbildung 1: Das sprachliche Zeichen: signifiant und signifié (aus: CLG: 99)<br />
• Ein sprachliches Zeichen besteht aus zwei untrennbar miteinander<br />
verbundenen Teilen: signifié (‚Zeicheninhalt’) und signifiant (‚Zeichengestalt’),<br />
deren Beziehung psychologisch durch Konventionalität festgelegt ist.<br />
• Der Wert (valeur) eines sprachlichen Zeichens ergibt sich aus seiner Beziehung<br />
zu und in Abgrenzung von den anderen Zeichen eines Sprachsystems<br />
• „Le signe linguistique unit non une chose et un nom, mais un concept et une<br />
image acoustique.“ (CLG: 98)<br />
Prinzipien<br />
• Arbitrarität (Willkürlichkeit; Unmotiviertheit) des Zeichens (aber: phonetische<br />
Motiviertheit, cf. Onomatopoeia (palabras onomatopéicas) und<br />
morphologische (Teil-) Motiviertheit, cf. Wörter, deren Gesamtbedeutung sich<br />
aus den Bedeutungen ihrer Teile ergibt).<br />
1 Saussure, Ferdinand de [1916] (1986): Cours de linguistique générale, édition critique préparée par<br />
Tullio de Mauro, Paris: Payot.<br />
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• Linearität des signifiant:<br />
Le signifiant, étant de nature auditive, se déroule dans le temps seul et a les<br />
caractères qu’il emprunte au temps: a) il représente une étendue, et b) cette<br />
étendue est mesurable dans une seule dimension: c’est une ligne (CLG: 103).<br />
2.2.2 Ogden/Richards 1923 2 : Semiotisches Dreieck<br />
Abbildung 2: Das semiotische Dreieck nach Ogden/Richards (Blank 2001: 8)<br />
• Lautform/Symbol und Referent sind konkret-individuelle Einheiten des<br />
Sprechaktes,<br />
• das Konzept ist abstrakt und sozial, da wir es mit anderen teilen.<br />
2.2.3 Blank 2001: Komplexes Semiotisches Modell (Adaption von Raible 1983 3 )<br />
Abbildung 3: Komplexes semiotisches Modell (Blank 2001: 9)<br />
Abstrakte Ebenen (= all unser Wissen zu einem Wort einer <strong>Sprache</strong>):<br />
• Zeichenausdrucksebene: phonologisches Wissen über die „normale“<br />
Aussprache.<br />
• Zeichenebene: lexikalisches Wissen über Morphologie, Wortart, übliches<br />
Vorkommen etc.<br />
• Zeicheninhaltsebene: unser Wissen über die Klasse eines Referenten, die für<br />
Abgrenzung im Lexikon einer <strong>Sprache</strong> relevant ist.<br />
• Konzeptebene: enzyklopädisches Wissen.<br />
2 Ogden, Charles / Richards, Ivor (1923): The Meaning of Meaning, London: Routledge & Kegan Paul.<br />
3 Raible, Wolfgang (1983): „Zur Einleitung“, in: Stimm, Helmut / Raible, Wolfgang (Hrsg.): Zur Semantik des<br />
Französischen, Wiesbaden: Steiner, 1-24.<br />
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2.2.4 Kommunikationsmodelle<br />
2.2.4.1 Bühler 1934 4 : Organonmodell<br />
Abbildung 4: Das Organonmodell der <strong>Sprache</strong> von Karl Bühler (aus: Geckeler/Dietrich 2 1997: 40) 5<br />
2.2.4.2. Jakobson 1960 6<br />
Erweiterung des Bühlerschens Organonmodells auf 6 Funktionen sprachlicher<br />
Kommunikation:<br />
KONTEXT (=Darstellung)<br />
SENDER (=Ausdruck) →→ BOTSCHAFT →→ EMPFÄNGER (=Appell)<br />
KANAL<br />
CODE<br />
• SENDER: emotive/expressive Funktion (Haltung des Sprechers zum Gesagten<br />
sowie seine Befindlichkeit)<br />
• EMPFÄNGER: konative Funktion (vermittelt durch die Botschaft eine<br />
Aufforderung an den Empfänger)<br />
• KONTEXT: referentielle Funktion (Bezug auf das sprachlich vermittelte Dritte, d.h.<br />
den außersprachlichen Gegenstand)<br />
• KANAL: phatische Funktion (Herstellung und Aufrechterhaltung des Kontakts<br />
zwischen den Gesprächsteilnehmern)<br />
• CODE: metasprachliche Funktion (Bezug zur <strong>Sprache</strong> und dem Prozess der<br />
Kommunikation selbst: Hier wird der bei der Kommunikation verwendete Kode<br />
selbst zum Thema gemacht. z.B.: „Was bedeutet Schrippe?“)<br />
• BOTSCHAFT: poetische Funktion (Spiel mit der <strong>Sprache</strong>): Die Botschaft verweist<br />
primär auf sich selbst zurück.<br />
4 Bühler, Karl (1934): Sprachtheorie, Stuttgart: Fischer.<br />
5 Geckeler, Horst / Dietrich, Wolf ( 21997): Einführung in die französische Sprachwissenschaft, Berlin:<br />
Schmidt.<br />
6 Jakobson, Roman (1960): „Linguistik und Poetik“, in: Ihwe, Jens (Hrsg.) (1972): Literaturwissenschaft und<br />
Linguistik, Bd. 1, Frankfurt/Main: Fischer-Athenäum, 99-135.<br />
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