Fahrendes Volk - Radgenossenschaft der Landstrasse
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doch Paul K. Früher hat man mich Peter gerufen. ~ch weiss nicht,<br />
warum ich dann plötzlich Paul gerufen wurde. Nach einer Weile schaute<br />
<strong>der</strong> Lehrer wie<strong>der</strong> auf seinen Zettel und weitere Namen wurden aufgerufen.<br />
Doch <strong>der</strong> meine blieb aus. Paul K. stand nicht auf dem Zettel des<br />
Lehrers. Als ich allein als nicht aufgerufen dastand, fragte <strong>der</strong> Lehrer:<br />
«Hast du deinen Namen nicht gehört?,, «Nein.» «Wie heisst du denn?»<br />
«Paul K.», antwortete ich. Doch <strong>der</strong> Lehrer schüttelte den Kopf und<br />
sagte: «Du bist Paul M.» Auf meine Frage, warum ich nun M. statt K.<br />
heisse, bekam ich keine Antwort. Ich fand keine Erklärung. Bei keinem<br />
meiner Mitschüler gab es ähnliches. Vom einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en wurde ich<br />
immer noch mit Päuli K. angeredet. So gingen die ersten Schultage<br />
schnell vorüber und niemand nahm wesentlich Notiz von meiner Namensän<strong>der</strong>ung.<br />
Ich fand auch nicht den Mut, meine Pflegeeltern weiter<br />
danach zu fragen.<br />
Als ich in die vierte Klasse ging, in die sogenannte Oberschule, brachte<br />
<strong>der</strong> Lehrer einen Heimatschein zu Lehrzwecken in die Schule, nämlich<br />
den meinen. Er belehrte uns, dass Geburtsort o<strong>der</strong> Wohnort nicht Heimatort<br />
sein muss. Bei dieser Gelegenheit fiel mein Blick auf die Eintragung:<br />
Paul M., Sohn <strong>der</strong> Rosa M., von Obervaz. Bei «Vater» standen nur<br />
eine Zeile leerer Striche. Nun wusste ich, dass meine Mutter nicht meine<br />
leibliche, son<strong>der</strong>n nur meine Pflegemutter war.<br />
Sonst hatte ich in <strong>der</strong> Schule keine Probleme. In <strong>der</strong> Schule wusste<br />
niemand, dass ich eigentlich ein Zigeuner wäre. Der Lehrer liess sich nie<br />
etwas anmerken.<br />
Den Namen meiner richtigen Mutter hatte ich mir fest eingeprägt, auch<br />
den meiner Heimatgemeinde. Ich fragte mich: Lebt meine Mutter noch?<br />
Warum kann ich nicht bei ihr sein, falls sie noch lebt? Wie geht es ihr? WO<br />
wohnt sie? Wie sieht sie aus? Eines Tages glaubte ich die Lösung gefunden<br />
zu haben, um mir über das Dasein meiner Mutter Gewissheit zu verschaffen.<br />
Ich wusste ja den Namen meiner Mutter und ihre Heimatgemeinde,<br />
bei dieser konnte ich sicher Näheres erfahren. Also besorgte ich mir<br />
Schreibpapier und schrieb kurzerhand:<br />
An die<br />
Einwohnerkontrolle<br />
<strong>der</strong> Gemeinde Obervaz<br />
0 bervaz<br />
Kanton Graubünden<br />
Sehr geehrter Herr Gemeindeschreiber,<br />
Entschuldigen Sie bitte meine höfliche Anfrage. Ich möchte den Aufent-<br />
haltsort von Rosa M. ausfindig machen. Damit ich die richtige Rosa M.<br />
finde, kann ich Ihnen ein sicheres Merkmal angeben. Mit Sicherheit weiss<br />
ich, dass Rosa M. am I 5. Januar 1926 einen ausserehelichen Sohn geboren<br />
hat. Sollte Rosa M. in <strong>der</strong> Zwischenzeit geheiratet haben, würde es mir<br />
sehr helfen, ihren heutigen Namen zu erfahren. Ich wäre Ihnen zu Dank