Fahrendes Volk - Radgenossenschaft der Landstrasse

Jacques Callot. Die Zigeuner unterwegs. Kupferstich, 162 I . Detail
auch nannte. Diese leben ebenfalls von alters her zum Teil von denselben Be-
rufen. Zweifellos gab es auch früher vielfältige Querverbindungen zwischen die-
sen verschiedenen Volksgruppen und Gewerben des Fahrenden Volks, wie ja
heute auch.
Die Akten anlegende Obrigkeit hat das ihre beigetragen zur Vermengung der
seit jeher in Europa Fahrenden, der unter Ausübung ähnlicher Gewerbe ebenfalls
im Sippenverband umherziehenden Roma aus Indien sowie der umherirrenden
erwerbs- und obdachlosen Bettler, weil sie alle denselben rigiden amtlichen Ver-
folgungsmassnahmen unterzog. Auch die hausierenden Juden, denen über Jahr-
hunderte nur streng beschränkte Niederlassungsrechte zugestanden wurden, ge-
hörten zu diesen verfolgten und verfemten Bevölkerungsgruppen. Noch mehr
als alle andern, die teilweise ihrer Lebtag unterwegs waren: Fahrende Schüler,
Quacksalber, Bettelmönche, Pilger und so weiter, waren sie fast immer derselben
amtlichen Verfolgungsstrategie ausgesetzt. Die Schweizer Amtsakten sind sich
mit wenigen Ausnahmen über Jahrhunderte hinweg darüber einig, dass man
diese ortsfremden Elemente sobald als möglich in den Nachbarort oder besser
noch ins Ausland schaffen und durch möglichst brutale Bestrafung nachhaltig
von einer Rückkehr an den Ort der Abstrafung abschrecken solle.
Somit hat es Fahrende, Nomaden, Nichtsesshafte in der Schweiz immer gege-
ben, wie es vermutlich auch seit der Jungsteinzeit immer Sesshafte gegeben hat.
Eine sesshafte Grundschicht der eroberten Bevölkerung wird der helvetischen
Ein- und Auswanderung ebenso Widerstand geleistet haben, wie eine nomadi-
sche Grundschicht alle Zeiten der Schweizer Geschichte überlebte, wo die Fah-
renden jeweils ausgerottet werden sollten. Diese Zeiten scharfer Verfolgung
überwogen die seltenen Zeiten der Anerkennung und Förderung der noma-
dischen Kultur und Lebensweise bei weitem.