Wissenswertes über Kammbuntbarsche - Das Aquatarium
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S_034-043 28.11.2006 13:13 Uhr Seite 35<br />
Stinte. Ab dieser Phase wachsen die kleinen<br />
Cichla rasant heran und bewältigen<br />
problemlos in 10 cm Größe zwei bis drei<br />
ganze Stinte. Diese Futtersorte muss nun<br />
für einen langen Zeitraum ihr Hauptfutter<br />
bleiben. Im Gegensatz zu den Hechtbuntbarschen<br />
der Gattung Crenicichla<br />
wirkt sich die alleinige Fütterung von<br />
Stinten nicht negativ auf die Entwicklung<br />
der <strong>Kammbuntbarsche</strong> aus. Während<br />
Hechtbuntbarsche meist schon nach einem<br />
Jahr <strong>über</strong>mäßiger Fütterung von<br />
Stinten den Hang zum „Messerrücken“<br />
und völliger Verfettung mit Glotzaugen<br />
haben, sind bei Cichla keinerlei derartige<br />
Entwicklungen bekannt. Ab einer Gesamtlänge<br />
von <strong>über</strong> 30 cm fressen<br />
<strong>Kammbuntbarsche</strong> schon mal 30 bis 40<br />
Stinte bei einer Mahlzeit. Für Seewasserfische,<br />
etwa Seelachs, konnte ich bisher<br />
keine große Akzeptanz nachweisen. Die<br />
mittlerweile oft erhältlichen Tilapia-Filets<br />
werden da schon deutlich besser angenommen.<br />
Aber das ist Geschmackssache<br />
der Fische, denn der Salzgehalt von See,und<br />
Süßwasserfischen ist nahezu identisch.<br />
Ich favorisiere jedoch stets ganze Fische<br />
gegen<strong>über</strong> Filets, weil der vorfermentierte<br />
Mageninhalt der Futtertiere<br />
zur Nahrungsergänzung der <strong>Kammbuntbarsche</strong><br />
wichtig sein kann.<br />
Den immensen Futtermengen müssen<br />
Filterung und Wasserwechsel des Aquariums<br />
angepasst werden, sonst kann es<br />
schnell zu kritischen Wasserwerten kommen.<br />
Schon Nitritwerte <strong>über</strong> 1 mg/Liter<br />
können problematisch sein. Da <strong>Kammbuntbarsche</strong><br />
extrem sauerstoffbedürftig<br />
sind, empfiehlt es sich zur Sicherheit,<br />
mehrere Durchlüftersteine parallel zur<br />
Filterung zu installieren.<br />
<strong>Kammbuntbarsche</strong> können keine Stücke<br />
aus ihrer Beute herausbeißen, sondern<br />
sie nur im ganzen, möglichst den<br />
Kopf voran, herunterschlucken. Erwischen<br />
sie einen Beutefisch unglücklicherweise<br />
einmal falsch herum, so wird die<br />
Beute durch kräftiges Schütteln des<br />
Kopfes im Maul herumgedreht. Hierbei<br />
spreizen sie die Kiemendeckel extrem<br />
weit ab. Sollte es nicht möglich sein, die<br />
Beute zu drehen, so wird sie wieder ausgewürgt,<br />
selbst wenn das zwei Tage lang<br />
dauert. Da das Maul jedoch eher an ein<br />
Scheunentor erinnert, kommt dies eher<br />
selten vor.<br />
Sollten einmal bereits relativ große<br />
<strong>Kammbuntbarsche</strong> importiert werden, so<br />
kann man sie fast ausschließlich an Frostfutter<br />
(Stinte) gewöhnen, indem man bei<br />
jeder Fütterung mit lebenden Fischen<br />
immer eine gewisse Menge aufgetauter<br />
Stinte mit in das Aquarium gibt.<br />
Einen ausgeprägten Sexualdimorphismus<br />
gibt es meines Erachtens bei <strong>Kammbuntbarsche</strong>n<br />
nicht. Männchen wachsen<br />
etwas schneller und zeigen kräftigere Farben,<br />
sie <strong>über</strong>treffen die Weibchen auch in<br />
der Gesamtlänge. Die Männchen der<br />
<strong>Kammbuntbarsche</strong> bekommen während<br />
der Balz extreme Stirnbuckel. Diese können<br />
aber binnen eines Tages vollständig<br />
zurückgebildet werden. <strong>Kammbuntbarsche</strong><br />
sind Offenbrüter mit riesigen Eizahlen<br />
pro Gelege. Stückzahlen <strong>über</strong> 2000<br />
Eier sind keine Seltenheit.<br />
Bei <strong>Kammbuntbarsche</strong>n treten einige<br />
spezifische Probleme auf, die von anderen<br />
Cichliden nicht bekannt sind. Ab einer<br />
Größe von ca. 35 cm sind Cichla-Arten<br />
beim Transport und beim Umsetzen<br />
in andere Aquarien extrem stressanfällig.<br />
Dieses äußert sich in einer Schaukelbewegung<br />
entlang der Längsachse des Tieres.<br />
Dieses Schaukeln kann immer stärker<br />
werden, bis der Fisch schließlich Drehungen<br />
vollführt. Im Endstadium stirbt<br />
er mit der Bauchseite nach oben ohne<br />
Einwirkung durch andere<br />
Fische. <strong>Das</strong> Schaukeln der<br />
Tiere muss aber nicht unweigerlich<br />
immer zum Tode<br />
führen.<br />
Sehr schlecht reagieren<br />
<strong>Kammbuntbarsche</strong> auf den<br />
Medikamentenwirkstoff<br />
Malachitgrünoxalat. Sollte<br />
die Dosis zu hoch gewesen<br />
sein, so schießen die Tiere<br />
schreckhaft durchs Becken<br />
und gegen die Scheiben.<br />
Sie verenden meist binnen<br />
weniger als zehn Minuten.<br />
Zumindest ein Hersteller<br />
verwendet für die Wirkstoffgruppe<br />
die BezeichnungTetramethyl-4,4-diamino-triphenyl-carbinol,<br />
worauf beim Kauf von<br />
Medikamenten geachtet<br />
werden muss. In jedem<br />
Fall sollte die Dosierungsanleitung<br />
des jeweiligen<br />
Herstellers peinlichst genau<br />
vorher gelesen und<br />
eingehalten werden. Da ei-<br />
AF 185 35<br />
nige Aquarianer ihre Tiere mit „Futterfischen“<br />
fragwürdiger Qualität ernähren,<br />
ist der Erreger Ichthyophthirius (Weipünktchenkrankheit)<br />
ein oftgesehener<br />
Gast im Cichla-Becken. Da man den<br />
oben genannten einzig effektiven Wirkstoff<br />
nur bedingt verwenden kann, sollte<br />
man den Erreger mit einer Wärmekur<br />
abtöten. Hierzu muss das Aquarium wenigstens<br />
fünf Tage lang eine Temperatur<br />
von mindestens 33°C aufweisen. Dies<br />
sollte bei der Dimensionierung des Aquarienheizers<br />
gleich vorsorglich mitbedacht<br />
werden.<br />
Wenn Cichla andere Fische töten wollen,<br />
so tun sie das durch einen gezielten<br />
Rammstoß in die Flanken des Opfers. Sie<br />
verletzen die äußere derbe Schwimmblasenhaut<br />
(sie fixiert die Schwimmblase in<br />
ihrer Lage) derart stark, dass sich die<br />
Schwimmblase in der gesamten hinteren<br />
Körperregion ausdehnt. Der betroffene<br />
Fisch kann diesen ungewohnten Auftrieb<br />
nicht kompensieren und verendet. Ich<br />
habe das jedoch in meiner 17-jährigen<br />
Erfahrung mit Cichla-Arten erst vier Mal<br />
erlebt.<br />
Die Cichla-Arten sind in der aquaristischen<br />
Literatur wie die kaum einer anderen<br />
Fischgattung verwechselt worden. So<br />
Cichla intermedia koordinierungslos nach<br />
einem Rammstoß von Cichla temensis<br />
Cichla sp. „Tapajos“ beim Gähnen – deutlich ist das<br />
dehnbare große Maul erkennbar, Foto: J. Berendes