03.10.2013 Aufrufe

Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ...

Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ...

Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Heft 4/2012<br />

C 21234 ISSN 0940 - 4163<br />

<br />

<br />

<br />

Militärgeschichte im Bild: Sophie Scholl verabschiedet ihren Bruder Hans (2.v.l.) und Freunde an die Ostfront, Juli 1942.<br />

»<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sturm«</strong> <strong>1812</strong>/<strong>13</strong><br />

<strong>Eisernes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

<strong>Buchara</strong> <strong>1920</strong><br />

Sanitätsdienst vor Stalingrad


Impressum<br />

Militärgeschichte<br />

Zeitschrift für historische Bildung<br />

Herausgegeben<br />

vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt<br />

durch Oberst Dr. Hans-Hubertus Mack und<br />

Oberst i.G. Dr. Winfried Heinemann (V.i.S.d.P.)<br />

Produktionsredakteur der aktuellen<br />

Ausgabe:<br />

Oberstleutnant Dr. Harald Potempa<br />

Redaktion:<br />

Friederike Höhn B.A. (fh), korresp. Mitglied<br />

Hauptmann Jochen Maurer M.A. (jm), korresp.<br />

Mitglied<br />

Oberstleutnant Dr. Harald Potempa (hp)<br />

Hauptmann Ines Schöbel M.A. (is)<br />

Mag. phil. Michael Thomae (mt)<br />

Bildredaktion: Dipl.-Phil. Marina Sandig<br />

Lektorat: Dr. Aleksandar-S. Vuletić<br />

Layout/Grafik:<br />

Maurice Woynoski / Medienwerkstatt D. Lang<br />

Karte: Zeitschrift »Osteuropa«<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Redaktion »Militärgeschichte«<br />

Militärgeschichtliches Forschungsamt<br />

Postfach 60 11 22, 14411 Potsdam<br />

E-Mail: MGFARedaktionMilGeschichte@<br />

bundeswehr.org<br />

Homepage: www.mgfa.de<br />

Manuskripte für die Militärgeschichte werden<br />

an obige Anschrift erbeten. Für unverlangt eingesandte<br />

Manuskripte wird nicht gehaftet. Durch<br />

Annahme eines Manuskriptes erwirkt der Herausgeber<br />

auch das Recht zur Veröffentlichung,<br />

Übersetzung usw. Die Honorarabrechnung erfolgt<br />

jeweils nach Veröffentlichung. Die Redaktion<br />

behält sich Änderungen von Beiträgen vor.<br />

Die Wiedergabe in Druckwerken oder Neuen<br />

Medien, auch auszugsweise, anderweitige Vervielfältigung<br />

sowie Übersetzung sind nur nach<br />

vorheriger schriftlicher Zustimmung erlaubt. Die<br />

Redaktion übernimmt keine Verantwortung für<br />

die Inhalte von in dieser Zeitschrift genannten<br />

Webseiten und deren Unterseiten.<br />

Für das Jahresabonnement gilt aktuell ein Preis<br />

von 14,00 Euro inklusive Versandkosten (innerhalb<br />

Deutschlands). Die Hefte erscheinen in der<br />

Regel jeweils zum Ende eines Quartals. Die Kündigungsfrist<br />

beträgt sechs Wochen zum Ende des<br />

Bezugszeitraumes. Ihre Bestellung richten Sie<br />

bitte an:<br />

SKN Druck und Verlag GmbH & Co.,<br />

Stellmacherstraße 14, 26506 Norden,<br />

E-Mail: info@skn.info<br />

© 2012 für alle Beiträge beim<br />

Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA)<br />

Druck:<br />

SKN Druck und Verlag GmbH & Co., Norden<br />

ISSN 0940-4163<br />

Editorial<br />

Der Journalist und Schriftsteller Theodor<br />

Fontane gab 1876 seinem ersten belletristischen<br />

Werk den Titel »<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> Sturm.<br />

Roman aus <strong>dem</strong> Winter <strong>1812</strong> auf <strong>13</strong>«. Er<br />

erzählt darin von der Situation Preußens,<br />

seiner Armee, seiner Bevölkerung sowie<br />

seines Landsturmes während der Konvention<br />

von Tauroggen und vor <strong>dem</strong> Beginn<br />

der Befreiungskriege im Frühjahr<br />

18<strong>13</strong>. In diesen Monaten sind die Aufrufe<br />

»An mein Volk« und »An mein Kriegsheer«<br />

entstanden, und das Lützowsche<br />

Freikorps hat bei seiner »wilden verwegenen Jagd«, eine sprachliche<br />

Anlehnung an die germanische Götterwelt, erstmalig die Farben<br />

Schwarz­Rot­Gold verwendet. Janine Rischke beschreibt die strukturellen<br />

<strong>Vor</strong>bedingungen für die Erhebung und geht dabei auf die<br />

Staats­ und vor allem die Heeresreformen ein.<br />

Einen moralischen Beitrag in diesem Kampf stellte ohne Zweifel die<br />

Stiftung des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es durch König Friedrich Wilhelm III. vor<br />

200 Jahren dar. Bewusst benutzte er dafür ein christliches Symbol gegen<br />

Napoleon nach dessen Niederlage in Russland, wurde diese<br />

doch als Gottes Wille gedeutet. Harald Potempa erzählt von der<br />

wechselvollen Geschichte des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es als Auszeichnung<br />

und Symbol von 18<strong>13</strong> bis zur Gegenwart. Ironie der Geschichte: <strong>Vor</strong>bild<br />

für diese neue Kriegsauszeichnung war der Orden der französischen<br />

Ehrenlegion (Légion d’honneur), <strong>dem</strong> sich das Historische<br />

Stichwort widmet.<br />

Den roten Sturm auf <strong>Buchara</strong> im Jahre <strong>1920</strong> untersucht Rudolf A.<br />

Mark. Diese wenig bekannte Operation der Roten Armee unter<br />

Michail W. Frunse bedeutete das Ende des mittelasiatischen Emirates<br />

und dessen gewaltsame Eingliederung in die Sowjetunion.<br />

Christoph Schneider schließlich zeichnet den Weg einer Infanteriedivision<br />

nach Stalingrad und ihren Untergang unter einem weniger<br />

bekannten Aspekt nach: Er stellt die sanitätsdienstliche Versorgung<br />

der Division vor.<br />

Ein Wort in eigener Sache: Nach nunmehr fünf Jahren verlässt Major<br />

Dr. Klaus Storkmann das Team Militärgeschichte; die Redaktion<br />

bedankt sich bei ihm für sein langjähriges Engagement in ihren Reihen.<br />

Hauptmann Jochen Maurer M.A. wirkt seit Oktober als Dozent<br />

an der Offizierschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. Das Team<br />

Militärgeschichte unterstützt er künftig dankenswerterweise als<br />

korrespondierendes Mitglied.<br />

Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre dieses Heftes sowie<br />

ein glückliches und friedliches Jahr 20<strong>13</strong>.<br />

Dr. Harald Potempa<br />

Oberstleutnant


»<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sturm«</strong>: Militärische Reformen<br />

und Mentalitätswandel in<br />

Preußen und Deutschland<br />

<strong>1812</strong>/<strong>13</strong><br />

Janine Rischke M.A., geboren 1982 in Berlin-<br />

Köpenick, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am<br />

Lehrstuhl für Militärgeschichte/Kulturgeschichte<br />

der Gewalt an der Universität Potsdam<br />

Das Eiserne <strong>Kreuz</strong>.<br />

Zur Karriere einer<br />

Kriegsauszeichnung<br />

Oberstleutnant Dr. Harald Potempa, geboren<br />

1963 in Dorfen/Landkreis Erding,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter am MGFA<br />

Der rote Sturm auf <strong>Buchara</strong>:<br />

Frunses »Turkfront« und die<br />

Eroberung des Emirats <strong>1920</strong><br />

PD Dr. habil. Rudolf A. Mark, geboren 1951<br />

in Bad Mergentheim, Privatdozent<br />

an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität<br />

der Bundeswehr Hamburg<br />

Eine Division verblutet …<br />

Die sanitätsdienstliche Versorgung<br />

der 295. Infanteriedivision auf <strong>dem</strong><br />

Weg nach Stalingrad<br />

OTL d.R. Christoph Schneider, StR, geboren<br />

1969 in Gräfeling/Landkreis München,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der<br />

Wehrgeschichtlichen Lehrsammlung des Sanitätsdienstes<br />

der Bundeswehr, München<br />

4<br />

10<br />

14<br />

18<br />

Inhalt<br />

Service<br />

Das historische Stichwort:<br />

Die französische Ehrenlegion 22<br />

Neue Medien 24<br />

Lesetipp 26<br />

Die historische Quelle 28<br />

Geschichte kompakt 29<br />

Ausstellungen 30<br />

Militärgeschichte<br />

im Bild<br />

»Weiße Rose« 31<br />

München Ostbahnhof am 23. Juli 1943:<br />

Sophie Scholl verabschiedet ihren Bruder<br />

Hans sowie weitere Studentenfreunde,<br />

die als Sanitäter an die Ostfront abkommandiert<br />

wurden. Von links: Hubert Furtwängler,<br />

Hans Scholl, Raimund Samüller,<br />

Sophie Scholl und Alexander Schmorell.<br />

George (Jürgen) Wittenstein/akg-images<br />

Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />

Hauptmann Michael Berger, MGFA;<br />

Dr. Gabriele Bosch, MGFA;<br />

Christopher Hanitzsch (Potsdam),<br />

Christopher Schmidt (Berlin),<br />

Nicoleta Rohrlich-Berger (Berlin).


<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> Sturm<br />

»<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sturm«</strong>. Militärische<br />

Reformen und Mentalitätswandel in<br />

Preußen und Deutschland <strong>1812</strong>/<strong>13</strong><br />

5Volksopfer 18<strong>13</strong>. Gemälde (Öl auf Leinwand) von Arthur Kampf.<br />

»Die rote Hand, die Feuer an die<br />

Scheunen legte, die die Goldringe<br />

von den Fingern unserer Toten zog,<br />

sie ist unvergessen hier herum, und<br />

eine rötere Hand wird ihr Antwort<br />

geben.«<br />

Diesen Appell legt Theodor Fontane<br />

in seinem Roman »<strong>Vor</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Sturm«</strong>, der die angespannte<br />

politische Situation im ländlichen<br />

Brandenburg im Winter <strong>1812</strong> beschreibt,<br />

seinem Protagonisten, <strong>dem</strong><br />

Gutsbesitzer Berndt von Vitzewitz, angesichts<br />

der preußischen Niederlage<br />

gegen das napoleonische Frankreich in<br />

den Mund. Obwohl literarisches Produkt<br />

aus <strong>dem</strong> späten 19. Jahrhundert,<br />

spiegelt diese Äußerung die Stimmung<br />

der ständischen Eliten, die den totalen<br />

Umsturz der ständischen Welt und des<br />

politisch­gesellschaftlichen Systems in<br />

Europa befürchteten, wider. Insbesondere<br />

die Erfahrungen auch der gewöhnlichen<br />

Landbevölkerung, die den<br />

Einmarsch und die Plünderung durch<br />

die Soldaten der französischen Armee<br />

erlebte, werden hier als Rechtfertigung<br />

für eine Erhebung gegen die Fremdherrschaft<br />

angeführt.<br />

Das Jahr <strong>1812</strong> nahmen die literarischen<br />

Figuren des Romans als Wendepunkt<br />

wahr. Gleiches galt für zahlreiche<br />

Zeitgenossen: Politisch wie gesellschaftlich<br />

wurden die Mobilmachung und<br />

die Gegenwehr in Preußen sowie in<br />

den übrigen deutschen Territorien vorbereitet.<br />

Wesentliche Triebkräfte und<br />

4 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

<strong>Vor</strong>bilder waren die Reformen der<br />

preußischen Regierung auf <strong>dem</strong> Gebiet<br />

der militärischen Organisation und der<br />

Militärgerichtsbarkeit sowie bei der<br />

Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht.<br />

Zusammen mit der Niederlage<br />

Napoleons im Russlandfeldzug <strong>1812</strong><br />

bildeten sie die <strong>Vor</strong>aussetzungen für<br />

eine militärische Erhebung gegen die<br />

französische Besatzung. Diese konnte<br />

nur zusammen mit Russland, später<br />

mit weiteren Bündnispartnern realisiert<br />

werden. In Deutschland verursachte<br />

Preußen die Initialzündung,<br />

zum Flächenbrand wurde der Krieg<br />

gegen Napoleon aber erst, als sich die<br />

übrigen »deutschen« Staaten anschlossen.<br />

Zu dieser Positionierung war der<br />

preußische König allerdings nicht be­<br />

bpk/MDBK, Ursula Gerstenberger/Künstlerrechte: akg-images


eit, bevor sich die Aussicht auf einen<br />

Sieg über Napoleon abzeichnete. In<br />

den Jahren zuvor hatte die zögernde<br />

Politik des preußischen Monarchen sowohl<br />

zur politischen Resignation als<br />

auch zu einer angespannten Ungeduld<br />

weiter Bevölkerungsteile geführt, erwartete<br />

man doch den Umschwung<br />

der politisch­gesellschaftlichen Gegebenheiten.<br />

Den überkommenen Verhältnissen<br />

standen der Wille und auch<br />

die Notwendigkeit von Veränderungen<br />

gegenüber, die bereits einige Zeit vor<br />

der preußischen Niederlage bei Jena<br />

und Auerstedt und des Untergangs des<br />

Heiligen Römischen Reiches Deutscher<br />

Nation 1806 eingesetzt hatten. Politische<br />

und militärische Reformen leiteten<br />

auch in den traditionellen ständischen<br />

Schichten ein Umdenken ein,<br />

das dann 60 Jahre später im Werk Fontanes<br />

eine zentrale Rolle spielte. Welche<br />

Formen dieser Wandel im gesellschaftlichen<br />

und besonders im militärpolitischen<br />

Bereich annahm und welche<br />

Bedeutung die militärischen Reformen<br />

von oben in diesem Prozess besaßen,<br />

zeigen die folgenden Ausführungen.<br />

Das Scheitern des ständischen<br />

Systems in Europa<br />

Die Verzweiflung über die militärischen<br />

Niederlagen gegen Frankreich<br />

und die politische Unterwerfung unter<br />

das Nachbarland war groß. Hauptantrieb<br />

für das Handeln und Empfinden<br />

der Hauptfigur im Roman »<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Sturm«</strong> sind <strong>dem</strong>entsprechend der<br />

Hass auf den »Bösesten auf Erden«,<br />

Kaiser Napoleon Bonaparte, und die<br />

verheerenden Folgen der Schlacht bei<br />

Jena und Auerstedt. Viele Angehörige<br />

des Adels dienten im Militär, einige<br />

hatten nach 1807 ihren Abschied genommen<br />

und warteten sehnsüchtig auf<br />

ihre Chance zur Revanche.<br />

Die militärische Niederlage gegen<br />

Frankreich hatte die Brüchigkeit der<br />

traditionellen Herrschaft des Ancien<br />

Régime in ganz Europa gezeigt. Die<br />

persönliche Politik der Fürsten und die<br />

verwandtschaftlichen Beziehungen<br />

zwischen den europäischen Herrschern<br />

hatten gesellschaftliche, wirtschaftliche<br />

und soziale Reformen lange<br />

Zeit verzögert oder sogar behindert. In<br />

Preußen hatte sich das Erbe der friderizianischen<br />

Ära, so zeigten es die Französische<br />

Revolution 1789 und die spätere<br />

napoleonische Expansion, längst<br />

überlebt. Besonders die Gegensätze<br />

zwischen <strong>dem</strong> wirtschaftlich erstarkenden<br />

Bürgertum und <strong>dem</strong> auf traditionellen<br />

Privilegien fußenden, Militär<br />

und Verwaltung dominierenden Adel<br />

wurden zum Ende des 18. Jahrhunderts<br />

in den Territorien des Alten Reiches<br />

zunehmend sichtbar.<br />

Doch während auf linksrheinischem<br />

Gebiet das Bürgertum erste politische<br />

und wirtschaftliche Rechte erhielt, beharrten<br />

rechts des Rheins die traditionellen<br />

Kräfte auf der althergebrachten<br />

Verteilung von Besitzrechten, Privilegien<br />

und Aufstiegschancen. Gerade die<br />

Streitkräfte in der Habsburger Monarchie<br />

sowie in Preußen blieben lange<br />

5Sitzung der Militär-Reorganisations-Kommission am 18. Oktober 1807 in Königsberg. Chromotypie (um 1900) nach einer Zeichnung<br />

von Carl Röchling. V.l.n.r.: Hermann von Boyen, N.N., Friedrich Wilhelm III., August Neidhardt von Gneisenau, Gerhard von<br />

Scharnhorst, N.N., Karl vom und zum Stein, NN.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

5<br />

bpk/Dietmar Katz


pk<br />

<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> Sturm<br />

Die Konvention von<br />

Tauroggen<br />

Als sich im Oktober <strong>1812</strong> die Große<br />

Armee auf <strong>dem</strong> Rückzug aus Russland<br />

befand, machte sich in den<br />

deutschen Territorien die gegen<br />

Frankreich und Napoleon gerichtete<br />

Aufbruchsstimmung breit, der sich<br />

später auch die gemäßigten Kräfte<br />

anschlossen. Einen wesentlichen An-<br />

Zeit Bastionen eines adlig­ständischen<br />

Offizierkorps, das es bürgerlichen Offizieren<br />

nur vereinzelt erlaubte, in die<br />

hohen Ränge vorzudringen.<br />

Heeresreformen in Preußen<br />

Die Notwendigkeit einer Reorganisation<br />

des Militärwesens war in Preußen<br />

bereits seit 1795 diskutiert worden: König<br />

Friedrich Wilhelm III. hatte angesichts<br />

des immensen Verwaltungsaufwandes<br />

für das Heer und dessen Angehörige<br />

1798 eine Denkschrift vorgelegt,<br />

die vor allem eine Neuordnung des<br />

Kantonsystems – dieses System regelte<br />

die Einberufung der militärdienstpflichtigen<br />

Untertanen – zum Ziel hatte<br />

und zaghaft neue Ideen anstoßen<br />

wollte. 1803 betonte Major Karl Friedrich<br />

von Knesebeck die Notwendigkeit<br />

von Reformen, wenn das preußische<br />

Heer in Zukunft mit der Armee Napoleons<br />

mithalten wolle. Dazu gehöre die<br />

Erhöhung der Zahl ausgebildeter<br />

Mannschaften ebenso wie eine Verkürzung<br />

der Dienstzeit und die Einrichtung<br />

einer »Vaterlandsreserve« zur<br />

Verstärkung der regulären Truppen. In<br />

den folgenden Jahren diskutierten die<br />

stoß für die tatsächliche<br />

Erhebung stellte dabei die<br />

Waffenstillstandserklärung<br />

zwischen <strong>dem</strong> preußischen<br />

Generalleutnant Johann<br />

David Ludwig Graf Yorck<br />

von Wartenburg und <strong>dem</strong><br />

Generalmajor in russischen<br />

Diensten Hans von Diebitsch<br />

dar. Während der preußische Offizier<br />

ein intaktes Hilfskontingent auf<br />

<strong>dem</strong> Nordflügel der napoleonischen<br />

Armee im Baltikum führte, war Diebitsch<br />

Generalquartiermeister beim<br />

Wittgensteinschen Korps der russischen<br />

Armee. Unter Vermittlung des ebenfalls<br />

in russischen Diensten stehenden<br />

Obersten Carl von Clausewitz und der<br />

anwesenden preußischen wie russischen<br />

Offiziere unterzeichneten die<br />

beiden Generale am 30. Dezember<br />

reformwilligen Offiziere mit einer bereits<br />

1795 von Friedrich Wilhelm II.<br />

eingesetzten »Immediat­Militär­Organisations­Kommission«<br />

vor allem Fragen<br />

zur Einrichtung eines Volksheeres<br />

durch die Einführung einer allgemeinen<br />

Wehrpflicht sowie die grundlegende<br />

Neuausrichtung der Militärtaktik.<br />

Die Überlegungen blieben jedoch<br />

folgenlos.<br />

Es war die Niederlage gegen Napoleon,<br />

die den Umbau des politischen,<br />

sozialen und militärischen Apparates<br />

in Preußen erzwang. Dieser stand jedoch<br />

unter keinem guten Stern, da die<br />

Beschränkungen von Truppenstärke<br />

und Territorium durch den Tilsiter<br />

Frieden von 1807 sowie die starke militärische<br />

Präsenz Frankreichs in Preußen<br />

stets zu spüren waren. Trotz des<br />

Misstrauens der französischen Besatzung<br />

setzten die Minister Reichsfreiherr<br />

Karl vom und zum Stein und Karl<br />

August von Hardenberg sowie die Offiziere<br />

August Neidhardt von Gneisenau,<br />

Carl von Clausewitz und besonders<br />

Gerhard von Scharnhorst, der ab<br />

1807 die Militär­Reorganisationskommission<br />

leitete, die dringend notwendigen<br />

Neuerungen durch, immer am<br />

6 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

3Konvention von Tauroggen<br />

am 30. Dezember<br />

<strong>1812</strong>. Handschlag zwischen<br />

den Generalen<br />

Yorck von Wartenburg<br />

und Diebitsch, zeitgenössischer<br />

Holzstich.<br />

<strong>1812</strong> in der Poscheruner Mühle, drei<br />

Kilometer von Tauroggen entfernt,<br />

die Konvention. Yorck hatte sich<br />

mehrfach um eine Weisung aus<br />

Berlin bemüht, letztlich aber im<br />

Alleingang und ohne politische<br />

Rückendeckung Friedrich Wilhelms<br />

III. gehandelt. In einem noch am selben<br />

Tag verfassten Rechtfertigungsschreiben<br />

an den König begründete<br />

Yorck die Rechtmäßigkeit seines<br />

<strong>Vor</strong>gehens:<br />

»Jetzt oder nie ist der Moment, Freiheit,<br />

Unabhängigkeit und Größe<br />

wiederzuerlangen. Ich schwöre Ew.<br />

Königlichen Majestät, dass ich auf<br />

<strong>dem</strong> Sandhaufen ebenso ruhig wie<br />

auf <strong>dem</strong> Schlachtfelde, auf <strong>dem</strong> ich<br />

grau geworden bin, die Kugel erwarten<br />

werde.«<br />

In Folge dieser eigenmächtigen politischen<br />

Entscheidung fiel Yorck beim<br />

König in Ungnade, wurde nach <strong>dem</strong><br />

späteren Sieg über Napoleon jedoch<br />

wieder rehabilitiert. Die militärischen<br />

und gesellschaftlichen Eliten<br />

in Preußen und Deutschland verstanden<br />

diesen Vertrag jedoch als<br />

Signal zum Aufbegehren gegen Napoleon<br />

und seine Armee.<br />

Rande des von Frankreich gewährten<br />

Handlungsspielraums. Von 1807 bis<br />

18<strong>13</strong> konzentrierten sich die Neuerungen<br />

vor allem auf Militärtaktik und<br />

Waffen, die Professionalisierung des<br />

Offizierkorps, die grundlegende Reorganisation<br />

des Militärrechts, die Besserstellung<br />

von Soldaten und Unteroffizieren<br />

sowie die professionelle Ausbildung<br />

von Offizieren etwa in den Kriegsschulen,<br />

die seit 1810 vorerst in Berlin, Breslau<br />

und Königsberg geschaffen wurden.<br />

Modernisierung der Streitkräfte<br />

Die preußische Armee hatte in den<br />

Kriegen in der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

mit Präzision in der Lineartaktik,<br />

eingeübt durch ständiges Exerzieren<br />

der Handgriffe, meist erfolgreich<br />

agiert, aber an der bewährten Schlachtführung<br />

der Lineartaktik nur wenig<br />

geändert, obwohl die preußische Kriegführung<br />

bereits zu Zeiten Friedrichs II.<br />

als überholt betrachtet wurde. In den<br />

folgenden Jahrzehnten wurde das<br />

Kriegsbild auf <strong>dem</strong> europäischen Kontinent<br />

stärker durch den »kleinen<br />

Krieg« geprägt. Das Konzept kam vor<br />

allem im Spanischen Unabhängigkeits


krieg von 1808 bis 18<strong>13</strong> – hier in Verbindung<br />

mit einer neuartigen Form des<br />

Volkskrieges – zum Tragen und beeinflusste<br />

letztlich auch die Kriegführung<br />

in den Befreiungskriegen (siehe Martin<br />

Rink, Die Erfindung des Guerillakrieges,<br />

in: Militärgeschichte, Heft<br />

1/2008, S.4–9).<br />

Durch den Frieden von Tilsit waren<br />

die preußische Armee auf eine Stärke<br />

von 42 000 Mann reduziert und der<br />

Staat Preußen auf den Status einer Mittelmacht<br />

zurechtgestutzt worden, was<br />

eine Aufrüstung verhinderte. Dieses<br />

Problem suchten die Reformer mit der<br />

Einführung des »Krümpersystems«,<br />

der Schaffung einer »verborgenen« militärischen<br />

Reserve, zu umgehen. Dabei<br />

wurden in jeder Kompanie einige<br />

Soldaten mehr als üblich beurlaubt<br />

und dafür neue Rekruten eingezogen,<br />

die dann nach einer kurzen Ausbildung<br />

wieder entlassen wurden. Dieses<br />

System erlaubte die Ausbildung von<br />

deutlich mehr jungen Männern (den<br />

»Krümpern«) als die zuvor getroffenen<br />

Regelungen und schuf so eine zahlenmäßig<br />

starke Reserve.<br />

Die Reformer lösten nun endgültig<br />

die Autonomie der Regimenter auf, die<br />

zuvor durch ihre Obersten verwaltet<br />

und weitgehend selbstständig geführt<br />

worden waren. Zu<strong>dem</strong> schufen sie ein<br />

übergeordnetes Kriegsministerium,<br />

das die in den übrigen Verwaltungen<br />

verstreuten Zuständigkeitsbereiche für<br />

das Militär bündelte und nun als neue<br />

Zentrale für eine einheitliche Organisation<br />

der Streitkräfte Sorge trug. Die<br />

Neuerungen im taktischen Bereich taten<br />

ein Übriges, um die traditionelle<br />

Armee für künftige Kriege vorzubereiten:<br />

Die neu eingerichteten Jägerregimenter<br />

und die leichten Truppen erhielten<br />

größere Bedeutung für die<br />

Kriegführung, die Kampfeinheiten<br />

wurden nun in kleineren Brigaden formiert.<br />

Auch dies bedingte eine Veränderung<br />

der Anforderungen an die Soldaten<br />

und somit eine andere Form der<br />

Rekrutierung.<br />

Der Wandel der ständischen<br />

Struktur<br />

Den Männern um Scharnhorst galten<br />

die schwierige soziale Herkunft der<br />

meisten angeworbenen Soldaten und<br />

deren prekäre Familienverhältnisse als<br />

Faktoren für das schlechte Ansehen<br />

der Armee. Hatten die Soldatenfrauen<br />

als Versorgerinnen und Unterstützung<br />

für ihre Männer in den Garnisonen<br />

und besonders im Feldzug lange Zeit<br />

eine wesentliche Rolle gespielt, sollten<br />

die Reformen nun endlich die Trossgesellschaft<br />

verkleinern und Soldatenfrauen<br />

und ­kinder aus der Militärgesellschaft<br />

entfernen. Diese Maßnahmen<br />

dienten nach Gneisenaus Ansicht der<br />

Stärkung des Kampfwillens, denn ein<br />

alleinstehender Soldat ohne Familie sei<br />

eher bereit, Leib und Leben zu riskieren,<br />

als ein sorgender Familienvater,<br />

der seine Liebsten nahe bei sich hatte.<br />

Daneben hatten die preußische sowie<br />

die kaiserlich­österreichische Armee<br />

aber vor allem ein Problem mit den<br />

Aufstiegsmöglichkeiten für verdiente<br />

Soldaten und Offiziere bürgerlicher<br />

Herkunft. Das Offizierkorps in den beiden<br />

Monarchien bewahrte sich lange<br />

Zeit einen konservativ ständischen<br />

Charakter und reservierte einen Großteil<br />

der Offizierstellen für den einheimischen<br />

Adel. Lediglich die eher »technischen«<br />

Einheiten der Artillerie sowie<br />

der Pioniere, die neu aufgestellten Jägerkorps<br />

und einige Regimenter der leichten<br />

Reiterei nahmen in ihren Reihen<br />

immer öfter auch bürgerliche Offiziere<br />

auf, galten diese Einheiten doch beim<br />

Adel als nicht nobel genug. Daher besaßen<br />

dort die bürgerlichen Offiziere<br />

auch vergleichsweise gute Aufstiegsmöglichkeiten.<br />

Die preußischen Reformer<br />

wollten nun mit der Abschaffung<br />

des Anciennitätsprinzips, das die Beförderung<br />

der Offiziere nach Dienstjahren<br />

vorsah, und über ein neu geschaffenes<br />

Leistungsprinzip für die Stabsoffiziere<br />

und Generale eine Durchlässigkeit der<br />

Standesschranken in der gesamten Armee<br />

erreichen.<br />

Im Zuge dieser Entwicklung wurden<br />

nun auch die Mannschaften und Unteroffiziere<br />

rechtlich besser gestellt und<br />

als wichtige Basis der Streitkräfte anerkannt.<br />

Der Dienst an der Waffe sollte<br />

nach <strong>dem</strong> Willen der Reformer nicht<br />

länger als Zwangsdienst begriffen werden,<br />

sondern vielmehr einer inneren<br />

Verpflichtung entspringen, womit auch<br />

der Willkür und der Brutalität gegenüber<br />

Untergebenen eine Absage erteilt<br />

wurde. Um diesen Dienst aber zum einen<br />

berechenbar und zum anderen<br />

auch anspruchsvoll zu gestalten,<br />

musste ein verlässliches Militärrecht<br />

für alle Dienstgrade erarbeitet werden.<br />

Dazu gehörten unter anderem die<br />

Vereinheitlichung und Kodifizierung<br />

der Militärjustiz. Dieser Bereich war<br />

bisher weitgehend innerhalb der Regimenter<br />

durch Militärangehörige als<br />

Laienrichter geregelt worden. Die Standardisierung<br />

des Strafmaßes und die<br />

Schaffung eines »Corpus Iuris Militaris«<br />

beförderte die Ablösung traditioneller<br />

Körper­ und Ehrenstrafen zugunsten<br />

einer einheitlichen Ahndung<br />

von Delikten im Militär.<br />

Der Umbau der Armee hatte in den<br />

Zwischenkriegsjahren einen erheblichen<br />

sozialen und rechtlichen Wandel<br />

zur Folge: 1808 traten die »Kriegsartikel<br />

für Soldaten und Unteroffiziere« in<br />

Kraft, flankiert von neuen Bestimmungen<br />

zu den Militärstrafen für die<br />

Mannschaften sowie für die Offiziere.<br />

Die neuen <strong>Vor</strong>schriften sprachen den<br />

Soldaten nun eine persönliche Ehre zu<br />

und schafften die schweren Körperstrafen<br />

ab. Gleichzeitig schrieben sie<br />

auch für die militärischen Eliten Delikte<br />

im Militärdienst fest, denn diese<br />

sollten nun unabhängig vom Dienstgrad<br />

geahndet werden.<br />

Mit der Aufhebung des ständischen<br />

Militärrechts im folgenden Jahr wurden<br />

Frauen und Kinder der Soldaten<br />

endgültig der zivilen Gerichtsbarkeit<br />

unterstellt, die militärische Rechtsprechung<br />

allein auf die aktiv dienenden<br />

und in Reserve stehenden Militärpersonen<br />

beschränkt und die Militärgesellschaft<br />

damit grundlegend umgewandelt.<br />

Nach Bekunden der Reformer<br />

diente die Reorganisation der Armee<br />

nicht nur <strong>dem</strong> Zweck, das preußische<br />

Militär wieder effizienter zu gestalten,<br />

sondern sie sollte darüber hinaus die<br />

Bevölkerung für einen Krieg gegen Napoleon<br />

motivieren. Die Notwendigkeit<br />

einer stehenden Armee in Friedenszeiten<br />

war in den Debatten zwischen<br />

Gesellschaftskritikern und Militärreformern<br />

allerdings stark umstritten. Nur<br />

in Bezug auf die Steigerung der »Wehrbereitschaft«<br />

der Bevölkerung, die es<br />

durch die Reformen und ein engagiertes<br />

politisches <strong>Vor</strong>gehen der preußischen<br />

Regierung zu stärken galt, war<br />

man sich in weiten Kreisen der Gesellschaft<br />

in den deutschen Staaten bereits<br />

einig. Doch die <strong>Vor</strong>behalte aus <strong>dem</strong><br />

Bürgertum und von Seiten des besitzenden<br />

Adels bestanden weiterhin, so dass<br />

es der politischen Erschütterungen<br />

durch die Feldzüge Napoleons der<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012


<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> Sturm<br />

5»An mein Volk« – Aufruf König Friedrich Wilhelms III. vom 17. März 18<strong>13</strong>, Titelseite<br />

der Schlesischen privilegirten Zeitung vom 20. März 18<strong>13</strong>.<br />

Jahre 1805 bis 1809 bedurfte, um eine<br />

umfassende Mobilmachung breiter<br />

Schichten zu gewährleisten. Erst die<br />

»Aufhebung der bisherigen Ausnahmeregelungen<br />

für weite Bevölkerungskreise<br />

durch das Kantonsreglement für<br />

die Dauer des Krieges« in <strong>Vor</strong>bereitung<br />

für den Kampf gegen Frankreich<br />

im Februar 18<strong>13</strong> schuf auch beim Gros<br />

der bürgerlichen Schichten die Bereitschaft,<br />

den Militärdienst als Verteidigung<br />

des Vaterlandes anzunehmen.<br />

Der Russlandfeldzug und die<br />

Folgen<br />

Nach der Niederlage Österreichs gegen<br />

Napoleon 1809 spitzten sich die<br />

politischen Gegensätze zwischen<br />

Frankreich und Russland zu: Während<br />

Napoleon seit 1810 gegenüber unbequemen<br />

politischen Gegnern immer<br />

härter durchgriff, einzelne Amtsträger<br />

gefangen nehmen ließ und unliebsame<br />

Monarchen einfach absetzte, reagierte<br />

Russland mit der faktischen Aufhebung<br />

der gegen Großbritannien gerichteten<br />

Kontinentalsperre und der Verstärkung<br />

der militärischen Präsenz an<br />

den Außengrenzen des Zarenreiches.<br />

Die prekäre Lage des zwischen den<br />

beiden Mächten liegenden Preußen<br />

verschärfte sich dabei dramatisch, und<br />

alles deutete auf einen neuen Krieg<br />

hin. Das Gerücht einer Zerschlagung<br />

der Hohenzollernmonarchie durch<br />

Napoleon und seine Verbündeten<br />

führte schließlich zu einer regelrechten<br />

8 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

bpk<br />

Panik in der Berliner Regierung, obwohl<br />

ein entsprechend formuliertes<br />

Dokument sich im Nachhinein als Fälschung<br />

erwies. Anfang 1811 gestaltete<br />

sich die außenpolitische Lage aus Sicht<br />

der preußischen Reformer so hoffnungslos,<br />

dass Gneisenau in einem<br />

Schreiben vom 6. Januar vermerkte:<br />

»Was werden wir tun? Was sollen wir<br />

tun?«<br />

König Friedrich Wilhelm III. konnte<br />

sich angesichts des Bedrohungsszenarios<br />

noch immer nicht entschließen,<br />

militärisch gegen Frankreich vorzugehen.<br />

Dieses politische Zögern ließ auch<br />

die Reformer um Scharnhorst den<br />

Glauben an eine baldige Verbesserung<br />

der preußischen Lage zunehmend verlieren.<br />

Verschiedene preußische Offerten<br />

an den russischen Hof waren ins<br />

Leere gelaufen, auch geheime Verhandlungen<br />

mit <strong>dem</strong> Kaiserhof in<br />

Wien waren ohne Ergebnis geblieben<br />

und hatten an Preußens Lage als »Puffer«<br />

zwischen den zum Krieg rüstenden<br />

Großmächten nichts geändert.<br />

<strong>Vor</strong> diesem Hintergrund ist auch das<br />

ängstliche Vermeiden aller Konflikte<br />

mit der französischen Regierung zu<br />

verstehen, das schließlich zum verhängnisvollen<br />

Bündnis mit Napoleon<br />

im Frühjahr <strong>1812</strong> führte. Somit war<br />

Preußen außenpolitisch auf <strong>dem</strong> Tiefpunkt<br />

angelangt und erzwungenermaßen<br />

zum Bündnispartner des politischen<br />

Gegners geworden. Die einst<br />

vorherrschende Militärmacht in Europa<br />

hatte dieser Entwicklung militärisch<br />

nichts mehr entgegenzusetzen. Die politische<br />

Lage änderte sich erst mit <strong>dem</strong><br />

katastrophalen Scheitern des Russlandfeldzuges<br />

Napoleons und den Versuchen<br />

von russischer Seite, mit <strong>dem</strong><br />

preußischen Hof ein Bündnis einzugehen.<br />

Fontane lässt seine Romanfigur<br />

Berndt von Vitzewitz die Erwartungshaltung<br />

des ländlichen Adels gegenüber<br />

<strong>dem</strong> König angesichts der großen Verluste,<br />

die das napoleonische Heer in<br />

Russland erleidet, wie folgt ausdrücken:<br />

»Es ist mir, als wäre eine Wandlung<br />

über die Gemüter gekommen. Das<br />

ganze Fühlen ist ein höheres; wo noch<br />

Niedrigkeit der Gesinnung ist, da wagt<br />

sie sich nicht hervor. Was fehlt, ist eins:<br />

ein leitender Wille, ein entschlusskräftiges<br />

Wort.«<br />

Diese Entschlusskraft zeigte sich<br />

trotz der zahlreichen hoffnungsvollen


pk/Loescher Petsch<br />

5Theodor Fontane (1819–1898), Aufnahme<br />

von 1880.<br />

Anzeichen für die Schwächung der<br />

französischen Armee erst am 17. März<br />

18<strong>13</strong>: Friedrich Wilhelm III. stellte sich<br />

mit <strong>dem</strong> Aufruf »An mein Volk!« und<br />

<strong>dem</strong> darin enthaltenen Appell zur<br />

Volksbewaffnung an die Spitze eines<br />

Aufbegehrens gegen Napoleon.<br />

Betrachtet man jedoch die näheren<br />

Umstände, zeigt sich, dass die Entscheidung<br />

des Königs weniger durch<br />

seine eigene Initiative hervorgerufen<br />

wurde. Vielmehr folgte diese vor allem<br />

einer Aktion, die den Handlungsspielraum<br />

des König bereits Ende <strong>1812</strong> eingeschränkt<br />

hatte: Am 31. Dezember<br />

<strong>1812</strong> unterzeichnete der preußische<br />

General Ludwig Yorck von Wartenburg<br />

eigenmächtig mit <strong>dem</strong> in russischen<br />

Diensten stehenden Generalmajor<br />

Johann von Diebitsch die Konvention<br />

von Tauroggen. Sie vereinbarten einen<br />

Waffenstillstand, der das jahrelange diplomatische<br />

Ringen zwischen der Berliner<br />

Regierung und <strong>dem</strong> Zarenhof beendete.<br />

Das Bündnis der Preußen mit<br />

Napoleon war brüchig geworden. Die<br />

Gegner Napoleons unter den preußischen<br />

Offizieren hatten lange auf eine<br />

solche Erklärung hingewirkt.<br />

Der Feldzug gegen den großen Gegner<br />

im Osten war <strong>dem</strong> französischen<br />

Kaiser zum Verhängnis geworden. Der<br />

Niedergang seiner Armee in Russland<br />

mit hohen personellen Verlusten beförderte<br />

den Bruch des Bündnisses zwi­<br />

»<strong>Vor</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sturm«</strong><br />

Der Roman erschien ab 1876 in 36<br />

Teilen in der Leipziger Wochenzeitschrift<br />

»Daheim«. Das Werk basiert<br />

auf Fontanes »Wanderungen durch<br />

die Mark Brandenburg« und verbindet<br />

die Zeit der Befreiungskriege mit<br />

der allgemeinen Geschichte in den<br />

brandenburgischen Landen des beginnenden<br />

19. Jahrhunderts. Fontane<br />

nutzte historische Persönlichkeiten<br />

als <strong>Vor</strong>bilder für die Ausgestaltung<br />

seiner Figuren und platzierte diese in<br />

einen bekannten Kontext von Politik,<br />

Gesellschaft und Militär.<br />

Im Mittelpunkt der Handlung steht<br />

die patriotisch gesinnte adlige Familie<br />

von Vitzewitz, deren Angehörige<br />

zahlreiche höfische und militärische<br />

Ämter bekleiden und die im Winter<br />

<strong>1812</strong> angesichts der sich abzeich-<br />

schen Preußen und Frankreich, und<br />

die Konvention von Tauroggen bildete<br />

schließlich die Initialzündung für die<br />

Ereignisse im Jahr 18<strong>13</strong>. Die vorangegangenen<br />

innenpolitischen, wirtschaftlichen<br />

und militärischen Reformen hatten<br />

für die umfassende Erhebung in<br />

den Befreiungskriegen ab 18<strong>13</strong> die<br />

Grundlage geschaffen. Das Jahr <strong>1812</strong><br />

bereitete den Boden für den politischen<br />

Zusammenschluss der Gegner Napoleons<br />

und bildete den Auftakt für die militärische<br />

Revanche. Die grundlegende<br />

Neugestaltung von Staat und Armee<br />

nach <strong>dem</strong> militärischen und politischen<br />

Debakel 1806/07 sowie die Entwicklung<br />

eines preußischen Nationalbewusstseins,<br />

das es <strong>dem</strong> Bürger auch<br />

erlaubte, als Soldat seine Rolle zur Verteidigung<br />

des Landes beizutragen,<br />

legten den Grundstein für eine identitätsstiftende<br />

Armee in Preußen.<br />

Die Preußischen Reformen gehören<br />

heute zum Traditionsverständnis der<br />

deutschen Streitkräfte. Erst der gesellschaftliche<br />

Umbau durch die militärischen<br />

Reformer ermöglichte es, breite<br />

Bevölkerungsschichten, sowohl in den<br />

traditionell ständischen Schichten als<br />

auch im vermögenden städtischen Bürgertum,<br />

durch die Anerkennung soldatischer<br />

Leistung und die Aufwertung<br />

des Militärdienstes für den Dienst an<br />

der Waffe zu gewinnen. Die politische<br />

Entwicklung bewegte schließlich auch<br />

nenden Niederlage Napoleons in<br />

Russland auf ein weiteres Zeichen<br />

zum Aufstand gegen die französische<br />

Besatzung hofft. Fontane verbindet<br />

in dieser Familienkonstellation<br />

die generationenübergreifende<br />

Auseinandersetzung mit der französischen<br />

Besatzung, das Moment einer<br />

»nationalen« Erhebung und die<br />

enge Bindung an preußische Traditionen.<br />

Das Familienoberhaupt des Romans,<br />

Berndt von Vitzewitz, ist <strong>dem</strong><br />

Generalleutnant Friedrich August<br />

Ludwig von der Marwitz (1777–1837)<br />

nachempfunden, der sich durch seinen<br />

herausragenden militärischen<br />

Einsatz in den Befreiungskriegen<br />

und insbesondere bei der Einrichtung<br />

einer Landwehr in Preußen, die<br />

für den militärischen Sieg über Napoleon<br />

von großer Bedeutung war, hervorgetan<br />

hat.<br />

die von der preußischen Politik enttäuschten<br />

Standesvertreter dazu, sich<br />

erneut militärisch zu engagieren. Diese<br />

Stimmung, die gesellschaftlichen Debatten<br />

und die Standesdünkel im »heißen«<br />

Jahr <strong>1812</strong> beschreibt Fontane in<br />

seinem ersten Roman. Er arbeitet sowohl<br />

die Herausforderungen des ständischen<br />

Systems im ländlichen Preußen<br />

als auch die wesentlichen gesellschaftlichen<br />

Veränderungen durch das Reformwerk<br />

von Scharnhorst und Gneisenau<br />

heraus. Erst die generationenübergreifende<br />

Wahrnehmung der »Aufbruchstimmung«<br />

ermöglichte, so das Verständnis<br />

eines Theodor Fontane ebenso<br />

wie das der militärischen Reformer,<br />

den »<strong>Sturm«</strong> gegen die französische<br />

Fremdherrschaft im Jahr 18<strong>13</strong>.<br />

Literaturtipps<br />

Janine Rischke<br />

Karen Hagemann, »Mannlicher Muth und Teutsche Ehre«.<br />

Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der Antinapoleonischen<br />

Kriege Preußens, Paderborn [u.a.] 2002 (= Krieg<br />

in der Geschichte, 8).<br />

Mario Kandil, Die deutsche Erhebung <strong>1812</strong>–1815. Die Befreiungskriege<br />

gegen die französische Fremdherrschaft.<br />

Eine Gesamtdarstellung, Stegen am Ammersee 2011.<br />

Bernd von Münchow-Pohl, Zwischen Reform und<br />

Krieg. Untersuchungen zur Bewußtseinslage in Preußen<br />

1809–<strong>1812</strong>, Göttingen 1987.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

9


Das Eiserne <strong>Kreuz</strong><br />

Das Eiserne <strong>Kreuz</strong>. Zur Karriere<br />

einer Kriegsauszeichnung<br />

Das aktuelle Motto der Bundeswehr<br />

»Wir. Dienen. Deutschland.«<br />

wird von einem Logo in<br />

der Form des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es (EK)<br />

begleitet. Es findet sich zu<strong>dem</strong> auf Panzern,<br />

Flugzeugen, Hubschraubern, auf<br />

Schiffen und Booten sowie auf den<br />

Fahnenspitzen der Truppenfahnen.<br />

Wie konnte eine vor zweihundert Jahren<br />

vom preußischen König gestiftete<br />

Auszeichnung solch eine Karriere machen?<br />

Zwar wurde das Eiserne <strong>Kreuz</strong> in der<br />

Vergangenheit an preußische und später<br />

an deutsche Soldaten aller Dienstgrade<br />

und Stände verliehen. Es handelte<br />

sich aber zunächst »lediglich« um<br />

eine Kriegsauszeichnung, die ausdrücklich<br />

nur für die Dauer der Befreiungskriege<br />

18<strong>13</strong> bis 1815 gestiftet worden<br />

war. Umso erstaunlicher ist die<br />

Neuauflage in den Jahren 1870, 1914<br />

und 1939 sowie das Nachwirken bis<br />

zum heutigen Tage.<br />

Orden und<br />

Kriegsauszeichnungen<br />

Nach den Niederlagen 1806/07 im<br />

Krieg gegen Napoleon reformierten<br />

sich der preußische Staat und sein Militär.<br />

Dabei orientierte man sich unter<br />

anderem am erfolgreichen Modell des<br />

Gegners, auch bei der Vergabe von militärischen<br />

Auszeichnungen: In Frankreich<br />

hatte der Erste Konsul, Napoleon<br />

Bonaparte, 1802 den Orden der Ehrenlegion<br />

in fünf Klassen geschaffen, der<br />

unabhängig von Dienstgrad, Beruf<br />

oder Stand nach Leistung vergeben<br />

wurde. Ein solches klassen­ und ständeübergreifendes<br />

Element fehlte in<br />

Preußen wie in den anderen deutschen<br />

Staaten. Zwar gab es den Schwarzen­<br />

Adler­Orden, den Roten­Adler­Orden<br />

und verschiedene Hausorden. Darüber<br />

hinaus existierten die hochangesehenen,<br />

aber den Offizieren vorbehaltenen<br />

»Halsorden« wie der preußische<br />

Pour le Mérite (seit 1740, wörtlich »Für<br />

den Verdienst«), der österreichische<br />

Militär­Maria­Theresien­Orden (seit<br />

1757) oder der bayerische Militär­Max­<br />

10 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

5Das Eiserne <strong>Kreuz</strong> von 18<strong>13</strong> – Entwurfszeichnung und Ausführung (Staatliche Museen<br />

zu Berlin/Kupferstichkabinett).<br />

Joseph­Orden (seit 1806). Die Verleihung<br />

der beiden letztgenannten war<br />

sogar mit der Erhebung in den Adelsstand<br />

verbunden. Mit der Verleihung<br />

der Orden erfolgte zugleich die Aufnahme<br />

in die jeweilige Gemeinschaft<br />

der Ordensträger, die sich zu entsprechenden<br />

Festen und Veranstaltungen<br />

unter Führung eines Ordenskanzlers<br />

oder ­großmeisters traf. Auszeichnungen<br />

hingegen wurden lediglich verliehen.<br />

Mit <strong>dem</strong> Eisernen <strong>Kreuz</strong> stiftete<br />

der preußische König Friedrich Wilhelm<br />

III. (1797–1840) erstmals eine<br />

Kriegsauszeichnung, die sowohl Offiziere<br />

als auch Unteroffiziere und<br />

Mannschaften erhalten konnten. Er<br />

folgte damit <strong>dem</strong> französischen Modell,<br />

wobei es sich hier eben um keinen<br />

Orden handelte.<br />

18<strong>13</strong>: Die Entstehung des<br />

Eisernen <strong>Kreuz</strong>es<br />

Am <strong>13</strong>. März 18<strong>13</strong> beauftragte der König<br />

den Architekten Friedrich Schinkel<br />

mit <strong>dem</strong> Entwurf eines schwarzen, in<br />

Silber (heraldisch: weiß) gefassten<br />

<strong>Kreuz</strong>es aus Gusseisen. Die Farbwahl<br />

ergab sich aus den Farben Preußens,<br />

die auf die des Deutschen Ordens zu­<br />

rückgehen. Die <strong>Kreuz</strong>form wurde gewählt,<br />

da sich das Bündnis aus Russland<br />

und Preußen als ein christliches<br />

Bündnis gegen das nach zeitgenössischer<br />

Interpretation gottlose Frankreich<br />

verstand. Als Symbol für das Einfache<br />

– und gemäß den Aufrufen an<br />

die Bevölkerung, für den Krieg zu<br />

spenden (»Gold gab ich für Eisen«) –<br />

sollte das <strong>Kreuz</strong> nicht aus kostbarem<br />

Material hergestellt werden. Gleichsam<br />

stand das Wort Eisen als Chiffre<br />

für Krieg und Bewaffnung an sich, so<br />

etwa in <strong>dem</strong> im Jahr zuvor gedichteten<br />

Lied »Der Gott, der Eisen wachsen ließ,<br />

der wollte keine Knechte …« oder im<br />

Sprachgebrauch vom Eisernen Zeitalter<br />

sowie in der Kombination von »Blut<br />

und Eisen«.<br />

Das schwarze <strong>Kreuz</strong> war mit einer<br />

Königskrone, den Initialen FW, drei Eichenblättern<br />

und der Zahl 18<strong>13</strong> belegt.<br />

Schinkel orientierte sich an der heraldischen<br />

Form des Tatzenkreuzes mit<br />

den sich verbreiternden Balkenenden.<br />

Der König wiederum datierte die »Urkunde<br />

über die Stiftung des Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es« in zwei Klassen und einem<br />

Großkreuz bewusst auf den 10. März<br />

18<strong>13</strong> zurück. Dies war der Geburtstag<br />

seiner Gemahlin, der in Preußen hoch­<br />

bpk/SMB/Jörg P. Anders


verehrten und propagandistisch als<br />

Landesmutter überhöhten Königin<br />

Luise von Preußen, die drei Jahre zuvor<br />

gestorben war.<br />

In den Kriegen gegen Napoleon wurden<br />

sechs Großkreuze, 668 EK I. und<br />

8542 EK II. Klasse verliehen, zu denen<br />

374 EK II. Klasse am weiß­schwarzen<br />

Nichtkämpferband kamen. Je nach<strong>dem</strong>,<br />

ob die Verdienste im direkten<br />

Kampf oder bei dessen Unterstützung<br />

erworben worden waren, differierten<br />

das Band des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es (schwarzes<br />

Band mit weißer Einfassung oder<br />

weißes Band mit schwarzer Einfassung)<br />

und die Trageweise, die später<br />

von der Klasse des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es<br />

abhängig war. <strong>Vor</strong>aussetzung zum<br />

Erwerb des EK I, das auf der linken<br />

Brust getragen wurde, war der Besitz<br />

des EK II, das am Knopfloch zu tragen<br />

war. Die Verleihung einiger preußischer<br />

Orden wurde indessen ausgesetzt<br />

oder eingeschränkt, wodurch das<br />

Eiserne <strong>Kreuz</strong> an deren Stelle treten<br />

konnte. Neben seine Bedeutung als<br />

Kriegsauszeichnung trat der symbolische<br />

Gehalt des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es: Es<br />

zierte Kriegerdenkmale und Erinnerungstafeln<br />

für die Gefallenen in Kirchen,<br />

die auf königlichen Befehl hin<br />

aufgestellt wurden. Im Laufe der Zeit<br />

wurde das Eiserne <strong>Kreuz</strong> zum Zeichen<br />

der Befreiungskriege schlechthin.<br />

18 0/ 1: Das Eiserne <strong>Kreuz</strong> wird<br />

wiederentdeckt<br />

Weder in den Waffengängen gegen Dänemark<br />

1864 noch gegen Österreich­<br />

Ungarn und den Deutschen Bund 1866<br />

wurde das Eiserne <strong>Kreuz</strong> erneuert.<br />

Dies geschah erst 1870/71: Der 1867 unter<br />

preußischer Führung gegründete<br />

Norddeutsche Bund und die mit ihm<br />

verbündeten süddeutschen Staaten<br />

führten zunächst Krieg gegen das Kaiserreich<br />

Frankreich unter Napoleon III.,<br />

später gegen die Republik Frankreich.<br />

Mit <strong>dem</strong> »Statut des wiederbelebten<br />

Eisernen <strong>Kreuz</strong>es für den Feldzug gegen<br />

Frankreich« erfuhr die Auszeichnung<br />

eine Renaissance. Wiederum<br />

diente Königin Luise als Symbolfigur:<br />

König Wilhelm I. von Preußen (1858/61<br />

bis 1888) datierte das Statut auf den<br />

19. Juli 1870 zurück, den 60. Todestag<br />

seiner Mutter.<br />

Der König beurteilte die »Lage des<br />

Vaterlands« als ernst, sprach von der<br />

dankbaren »Erinnerung an die Heldentaten<br />

unserer <strong>Vor</strong>fahren in den großen<br />

Jahren der Befreiungskriege« und nahm<br />

auf das von seinem »Vater gestiftete<br />

Ordenszeichen des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es«<br />

Bezug. Dieses wollte er »in seiner<br />

ganzen Bedeutung wieder aufleben<br />

lassen«. Nun aber konnte das Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong> an alle Deutschen verliehen werden,<br />

es war keine rein preußische Angelegenheit<br />

mehr. Die Auszeichnung<br />

selbst änderte sich weder in Form,<br />

Farbe noch Trageweise. Unterhalb der<br />

Königskrone prangte die Initiale W,<br />

darunter war die Zahl 1870 angebracht,<br />

die Eichenblätter entfielen. Während<br />

des Krieges wurden neun Großkreuze,<br />

<strong>13</strong>19 EK I. und 47 644 EK II. Klasse verliehen,<br />

davon 4002 am weiß­schwarzen<br />

Nichtkämpferband. Zwar hatte sich<br />

die Zahl der verliehenen Kriegsauszeichnungen<br />

gegenüber 18<strong>13</strong> deutlich<br />

erhöht, jedoch waren auch mehr Soldaten<br />

unter Waffen, sodass letztlich in<br />

beiden Kriegen jeder zwanzigste Kombattant<br />

mit einem Eisernen <strong>Kreuz</strong> ausgezeichnet<br />

wurde. Neu war allerdings,<br />

dass im Jahre 1895, 25 Jahre nach der<br />

Schlacht bei Sedan, für die Inhaber des<br />

EK II. Klasse eine Bandspange mit drei<br />

Eichenblättern und der Zahl 25 gestiftet<br />

wurde. Dies machte deutlich, wie<br />

sehr der militärische Gründungsmythos<br />

des Deutschen Kaiserreiches mit<br />

<strong>dem</strong> Mittel des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es propagiert,<br />

symbolisiert und gelebt<br />

wurde.<br />

Wie schon 18<strong>13</strong> zierte das Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong> Kriegerdenkmale und andere<br />

Objekte, die an den Krieg erinnerten.<br />

Zu<strong>dem</strong> wurde nach der Gründung des<br />

Deutschen Kaiserreichs die neue<br />

Reichskriegsflagge mit <strong>dem</strong> <strong>Kreuz</strong> versehen:<br />

das linke obere Feld trug die<br />

Farben schwarz­weiß­rot und war mit<br />

<strong>dem</strong> Eisernen <strong>Kreuz</strong> belegt.<br />

Erster Weltkrieg<br />

Auch im nächsten Krieg wurde das<br />

Eiserne <strong>Kreuz</strong> wieder verwendet. Am<br />

5. August 1914 erließ der König von Preußen<br />

und Deutsche Kaiser Wilhelm II.<br />

(1888–1918) sein »Statut über die Wiederbelebung<br />

des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es«. Er<br />

sprach von der »ernsten Lage« durch<br />

den »aufgezwungenen Krieg«, erinnerte<br />

»an die Heldentaten unserer <strong>Vor</strong>fahren«<br />

in den Befreiungskriegen sowie<br />

im Einigungskampf und verwies<br />

auf das »Ordenszeichen des Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es«, das von seinem Urgroßvater<br />

gestiftet worden war. Farbe und Trageweise<br />

blieben unverändert. Neben der<br />

Königskrone und der Initiale Wilhelms<br />

wurde es mit der Jahreszahl 1914 versehen.<br />

Allerdings veränderte sich die<br />

Verleihungspraxis während des Ersten<br />

Weltkrieges massiv. Da der König und<br />

Kaiser beim EK II. Klasse auf sein persönliches<br />

<strong>Vor</strong>schlagsrecht verzichtet<br />

hatte, wurden Antrags­ und Verleihungsrecht<br />

in der militärischen Hierarchie<br />

nach unten verschoben, wovon<br />

die Kommandeure vor Ort ausgiebig<br />

Gebrauch machten. Dies hatte zur<br />

Folge, dass im Ersten Weltkrieg fünf<br />

Großkreuze, rund 218 000 EK I. und<br />

über fünf Millionen EK II. Klasse verliehen<br />

wurden – bei <strong>13</strong>,4 Millionen<br />

deutschen Kriegsteilnehmern. Die<br />

Chance, ein <strong>Eisernes</strong> <strong>Kreuz</strong> verliehen<br />

zu bekommen, lag somit bei 1:2,5, was<br />

die Auszeichnung in gewissem Sinne<br />

entwertete. Spottverse über das »Kasino­<strong>Kreuz</strong>«<br />

machten die Runde. Großer<br />

Wertschätzung erfreuten sich Träger<br />

des EK I, und es ist kein Zufall,<br />

dass nach <strong>dem</strong> Krieg vornehmlich in<br />

rechtskonservativen Kreisen immer<br />

wieder auf diese Auszeichnung verwiesen<br />

wurde. Adolf Hitler gab sich<br />

das Image des unbekannten Weltkriegsgefreiten<br />

und Frontkämpfers.<br />

Zur SA­Montur und zur Uniform trug<br />

er stets das EK I. Klasse.<br />

Während des Ersten Weltkrieges<br />

wurde das Eiserne <strong>Kreuz</strong> zum Abzeichen<br />

und zum Symbol des deutschen<br />

Militärs schlechthin; Flugzeuge,<br />

Luftschiffe, Ballone und die ersten Panzer<br />

wurden damit versehen. In der gesellschaftlichen<br />

und militärischen Hierarchie<br />

aber standen die Halsorden<br />

deutlich höher. Die Militärklasse des<br />

preußischen Pour­le­Mérite wurde<br />

während des Ersten Weltkrieges lediglich<br />

687 Mal verliehen und war damit<br />

weitaus exklusiver als das Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong>. Als Aberwitz mag dabei gelten,<br />

dass im proklamierten Kampf gegen<br />

den »Erbfeind Frankreich« der höchste<br />

preußische Militärorden ausgerechnet<br />

eine französische Aufschrift trug.<br />

Der Bruch: 1939–1945<br />

Die NS­Machthaber im seit <strong>dem</strong> »Anschluss«<br />

Österreichs »Großdeutschen<br />

Reich« standen in puncto Orden 1939<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

11


Das Eiserne <strong>Kreuz</strong><br />

5Einweihung des Eisernen Landsturmmannes am Jahrestag der deutschen Besetzung<br />

Rigas, 3. September 1918.<br />

vor einigen Problemen. Durch das<br />

Ende der deutschen und österreichischen<br />

Monarchien im Jahre 1918 gab es<br />

keine Halsorden und somit keine Konkurrenz<br />

zum Eisernen <strong>Kreuz</strong> mehr.<br />

Ihre Wiedereinführung widersprach<br />

<strong>dem</strong> Ideal der »Volksgemeinschaft«:<br />

Sie galten nicht nur als elitär, sondern<br />

waren auch mit <strong>dem</strong> ungeliebten monarchischen<br />

Gedanken verbunden. Zu<strong>dem</strong><br />

wäre von den zahlreichen noch<br />

lebenden und mit den Halsorden dekorierten<br />

Weltkriegsveteranen möglicherweise<br />

Widerstand zu erwarten gewesen.<br />

Viele von ihnen dienten in der<br />

seit 1935 aufgebauten Wehrmacht und<br />

trugen ihre Halsorden an der Uniform.<br />

Das Eiserne <strong>Kreuz</strong> hingegen war an<br />

Soldaten aller Dienstgrade und Stände<br />

verliehen worden und eignete sich daher<br />

aus Sicht des NS­Staates für die<br />

Inanspruchnahme durch die »Volksgemeinschaft«.<br />

Es hatte hohen Bekanntheitsgrad,<br />

band die Veteranen ein und<br />

konnte die Jugend begeistern, zumal<br />

sich die gesellschaftlichen Zugangsvoraussetzungen<br />

zur Laufbahn der Offiziere<br />

gelockert hatten und während<br />

des Krieges weiter lockerten.<br />

Adolf Hitler erließ am Tag des deutschen<br />

Überfalls auf Polen, am 1. Sep­<br />

tember 1939, die »Verordnung über die<br />

Erneuerung des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es«. Er<br />

hatte nach eigenem Bekunden »das<br />

Deutsche Volk zur Abwehr gegen die<br />

ihm drohenden Angriffe zu den Waffen«<br />

gerufen, bezog sich auf die »heldenmütigen<br />

Kämpfe, die Deutschlands<br />

Söhne in den früheren Kriegen zum<br />

Schutz der Heimat bestanden haben«,<br />

und erneuerte »den Orden des Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es«. Die letzte Formulierung<br />

war neu: Zum ersten Mal wurde<br />

das Eiserne <strong>Kreuz</strong> als Orden und nicht<br />

mehr nur als »Ordenszeichen« angesprochen.<br />

Es entfielen die bisherigen<br />

Bestimmungen, wonach das Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong> für Verdienste sowohl im Kampf<br />

als auch zur Unterstützung desselben<br />

an der Front, in der Etappe und in der<br />

Heimat verliehen werden konnte. Stattdessen<br />

wurde es »ausschließlich für<br />

besondere Tapferkeit vor <strong>dem</strong> Feinde<br />

und für hervorragende Verdienste in<br />

der Truppenführung verliehen«. Die<br />

preußischen Bandfarben schwarz­weiß<br />

wurden durch die Farben des Reiches<br />

schwarz­weiß­rot ersetzt, statt Krone<br />

und Initialen prangte auf <strong>dem</strong> Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong> ein Hakenkreuz mit darunterliegender<br />

Zahl 1939. Für EK­Träger des<br />

Ersten Weltkrieges gab es Wiederholungsspangen.<br />

Neben <strong>dem</strong> Großkreuz<br />

12 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

bpk<br />

und den beiden Klassen des Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es wurde als Ersatz für die alten<br />

Halsorden und als Symbol für das neue<br />

NS­Regime das Ritterkreuz des Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es eingeführt, das ebenfalls<br />

um den Hals zu tragen war. Dadurch<br />

konnte das Eiserne <strong>Kreuz</strong> mit den Halsorden<br />

gleichziehen und erhielt somit<br />

eine gesellschaftliche und militärische<br />

Bedeutung, die es vorher nie besessen<br />

hatte. Das Ritterkreuz wurde während<br />

des Krieges um die Stufen des Eichenlaubes<br />

(ab 1940), des Eichenlaubes mit<br />

Schwertern (ab 1941), des Eichenlaubes<br />

mit Schwertern und Brillanten (ab<br />

1941) sowie des Goldenen Eichenlaubes<br />

mit Schwertern und Brillanten<br />

(ab 1944) erweitert. Während des Zweiten<br />

Weltkrieges wurden ein Großkreuz,<br />

8397 Ritterkreuze, 300 000 Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong>e I. Klasse und drei Millionen<br />

Stück II. Klasse verliehen. Bei etwa 19<br />

Millionen Angehörigen der Wehrmacht<br />

und der Waffen­SS war die<br />

Chance auf Erhalt eines Eisernen<br />

<strong>Kreuz</strong>es deutlich geringer als im Ersten<br />

Weltkrieg, aber sehr viel höher als<br />

18<strong>13</strong>/15 und 1870/71.<br />

Allerdings darf nicht vergessen werden,<br />

dass die Nationalsozialisten das<br />

Eiserne <strong>Kreuz</strong> selbst entwerteten. Zum<br />

einen wurden jüdische Weltkriegsvete­<br />

5Generalfeldmarschall Erwin Rommel:<br />

Träger des Eichenlaubes zum Ritterkreuz<br />

des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es und des<br />

Pour le Mérite. Fotopostkarte 1942.<br />

bpk/Berndt


anen und EK­Träger diskriminiert,<br />

eingesperrt und ermordet. Zum anderen<br />

sorgten die militärischen »Ehrengerichte«<br />

nach <strong>dem</strong> 20. Juli 1944 dafür,<br />

dass die Männer des Widerstandes aus<br />

der Wehrmacht ausgestoßen wurden<br />

und ihrer Eisernen <strong>Kreuz</strong>e sowie Ritterkreuze<br />

verlustig gingen. Nur so konnte<br />

es geschehen, dass sie in zivil und ohne<br />

Auszeichnungen die <strong>dem</strong>ütigenden<br />

Schauprozesse des »Volksgerichtshofes«<br />

vor ihrer Hinrichtung erleiden<br />

mussten.<br />

Die deutsche Propaganda hingegen<br />

verwendete das Eiserne <strong>Kreuz</strong> auch im<br />

Zweiten Weltkrieg als Symbol. Zwar<br />

verwendete die Wehrmacht statt des<br />

Eisernen <strong>Kreuz</strong>es in Form des Tatzenkreuzes<br />

auf den Panzern und Flugzeugen<br />

das Balkenkreuz, was teilweise<br />

schon in der Endphase des Ersten Weltkrieges<br />

praktiziert worden war. Dessen<br />

Farbgebung aber entsprach derjenigen<br />

des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es.<br />

Ab 1955<br />

Als den ersten 101 Freiwilligen der Bundeswehr<br />

am 12. November 1955, <strong>dem</strong><br />

zweihundertsten Geburtstag des preußischen<br />

Militärreformers Gerhard von<br />

Scharnhorst, ihre Ernennungsurkunden<br />

verliehen wurden, geschah dies vor<br />

<strong>dem</strong> Symbol des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es, das<br />

weder mit Jahreszahl noch mit Initiale<br />

oder gar Zeichen belegt war. Darin waren<br />

sowohl Neuanfang als auch Verbeugung<br />

vor <strong>dem</strong> Bestehenden.<br />

Im Jahre 1955 lag der Zweite Weltkrieg<br />

gerade einmal zehn Jahre, der<br />

Erste Weltkrieg erst 37 Jahre zurück.<br />

Die Masse der Zeitgenossen im In­ und<br />

Ausland kannte somit das Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong>, und nicht wenige wussten, dass<br />

es bereits vor <strong>dem</strong> NS­Unrechtsregime<br />

diese Auszeichnung gegeben hatte, die<br />

von den Nazis besudelt und missbraucht<br />

worden war. Auf dieses preußisch­deutsche<br />

und nach zeitgenössischer<br />

Anschauung zeitlose Eiserne<br />

<strong>Kreuz</strong> als Zeichen »sittlich gebundener<br />

Tapferkeit« wollte die damalige Führung<br />

bewusst zurückgreifen. Die Luftfahrzeuge<br />

und Panzer der Bundeswehr<br />

wurden mit <strong>dem</strong> Eisernen <strong>Kreuz</strong> als<br />

Erkennungszeichen versehen, die aus<br />

der Hand des Bundepräsidenten an die<br />

Truppenteile verliehenen Fahnen enthielten<br />

die Auszeichnung in der Fahnenspitze.<br />

Gleichsam war es notwen­<br />

5Die Quadriga kurz vor ihrer Montage nach <strong>dem</strong> Neuguss 1958. Der Berliner<br />

Magistrat ließ danach durch die Steglitzer Bildgießerei Noack das Eiserne <strong>Kreuz</strong><br />

und den Adler entfernen.<br />

dig gesetzlich zu klären, welche Orden<br />

und Kriegsauszeichnungen des Zweiten<br />

Weltkrieges zur Uniform der Bundeswehr<br />

getragen werden durften. Das<br />

Gesetz über Orden und Ehrenzeichen<br />

von 1957 legte fest, dass <strong>Eisernes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

und Ritterkreuz getragen werden durften,<br />

allerdings ohne Hakenkreuz und<br />

nur in einer mit der Zahl 1939 versehenen<br />

Version mit drei Eichenlaubblättern<br />

als Symbol.<br />

In den Anfangsjahren der Bundeswehr<br />

bestand nur geringer Bedarf an<br />

Auszeichnungen, sodass erst im Jahre<br />

1980 das Ehrenkreuz der Bundeswehr<br />

in den Stufen Bronze, Silber und Gold<br />

eingeführt wurde. Zwar stellt es heraldisch<br />

ebenfalls ein Tatzenkreuz dar,<br />

weist aber in Farbgebung, Form und<br />

Gestaltung bewusst keinerlei Ähnlichkeiten<br />

mit <strong>dem</strong> Eisernen <strong>Kreuz</strong> auf. Die<br />

Auslandseinsätze der Bundeswehr<br />

machten eine Diskussion über die Notwendigkeit<br />

von Auszeichnungen für<br />

Tapferkeit wieder aktuell. Hierbei gab<br />

es immer wieder Überlegungen Einzelner,<br />

sich <strong>dem</strong> Eisernen <strong>Kreuz</strong> anzunähern,<br />

die Entscheidung fiel jedoch 2008<br />

zugunsten des Ehrenkreuzes der Bundeswehr<br />

für Tapferkeit.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Stiftung des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es jährt<br />

sich 20<strong>13</strong> zum 200. Mal. Allerdings besteht<br />

es nicht durchgehend seit 200 Jahren.<br />

Es wurde 18<strong>13</strong>, 1870, 1914 und<br />

1939 durch Einzelentscheidungen jeweils<br />

neu gestiftet. Als Kriegsauszeichnung<br />

wurde es lediglich <strong>13</strong> Jahre lang<br />

verliehen. Es stand bis zum Beginn des<br />

Zweiten Weltkrieges immer im Schatten<br />

der Halsorden und steigerte seine<br />

militärische und gesellschaftliche Bedeutung<br />

erst mit deren Erlöschen sowie<br />

mit der Stiftung des Ritterkreuzes<br />

zum Eisernen <strong>Kreuz</strong>. Als militärisches<br />

Symbol jedoch ist es seit zweihundert<br />

Jahre lang fast durchgängig nachweisbar.<br />

Die Bundeswehr nutzt es als Logo<br />

sowie als Sinnbild sittlich gebundener<br />

Tapferkeit.<br />

Harald Potempa<br />

Literaturtipps<br />

Harald Potempa (Hrsg.), Das Eiserne <strong>Kreuz</strong>. Zur Geschichte<br />

einer Auszeichnung, Berlin-Gatow 2003 (= Veröffentlichungen<br />

des Luftwaffenmuseums. Texte & Materialien 1).<br />

Ralph Winkle, Der Dank des Vaterlandes. Eine Symbolgeschichte<br />

des Eisernen <strong>Kreuz</strong>es 1914 bis 1936, Essen 2007.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

<strong>13</strong><br />

bpk/Meier


<strong>Buchara</strong> <strong>1920</strong><br />

Der rote Sturm auf <strong>Buchara</strong><br />

Frunses »Turkfront« und die<br />

Eroberung des Emirats <strong>1920</strong><br />

Am 28. August <strong>1920</strong> traten Rotarmisten<br />

der Turkestanischen<br />

Front (Turkfront) unter Michail<br />

W. Frunse (1885–1925) zum Sturm auf<br />

das mittelasiatische Emirat von <strong>Buchara</strong><br />

an. In einem verheerenden Angriff<br />

wurde dessen Hauptstadt, Zentrum<br />

muslimischer Gelehrsamkeit und<br />

seit 1868 Regierungssitz des gleichnamigen<br />

zarischen Protektorats, zerstört,<br />

geplündert und mit <strong>dem</strong> Emirat nach<br />

und nach <strong>dem</strong> Sowjetimperium eingegliedert.<br />

Damit waren alle Versuche der<br />

einheimischen Kräfte, das autokratische<br />

Regime des Emirs Said Alim­Khan<br />

(1880–1944) durch <strong>dem</strong>okratische Reformen<br />

zu ersetzen und die nationale<br />

Selbstständigkeit zu erreichen, gescheitert.<br />

Der Herrschaft der Zaren folgte die<br />

der Sowjets. Um deren Machtposition<br />

in Mittelasien zu sichern, hatte Frunse<br />

in einem Telegramm am 31. Juli <strong>1920</strong><br />

Lenin erklärt, war »mit <strong>Buchara</strong> Schluss<br />

zu machen«. Erreicht wurde dieses Ziel<br />

am 2. September <strong>1920</strong>.<br />

Die Kontrahenten<br />

Schon Anfang 1918 hatte es einen erfolglosen<br />

Eroberungsversuch gegeben,<br />

nach<strong>dem</strong> 1917 auch in Russisch­Turkestan<br />

die Provisorische Regierung gestürzt<br />

worden war und in Taschkent<br />

ein Turkestanischer Rat der Volkskommissare<br />

(Turksovnarkom) die Macht<br />

übernommen hatte. Am 30. April wurde<br />

schließlich die innerhalb der Russischen<br />

Sozialistischen Föderalistischen Sowjet­<br />

Republik (RSFSR) autonome Turkestanische<br />

Sowjetrepublik proklamiert.<br />

Damit war die Machtfrage aber keineswegs<br />

entschieden. Der Bürgerkrieg im<br />

europäischen und nordasiatischen Teil<br />

des einstigen Zarenreichs band Kräfte.<br />

An der südlichen Peripherie erwiesen<br />

sich die Khanate von <strong>Buchara</strong> und<br />

Chiwa als starke Gegner. Dort verband<br />

das Bekenntnis zum Islam Herrscher<br />

und Untertanen so sehr, dass die Bolschewiki<br />

bei je<strong>dem</strong> Angriff mit massiver<br />

Gegenwehr zu rechnen hatten.<br />

<strong>Vor</strong> allem <strong>Buchara</strong> entwickelte sich<br />

zum Hauptwidersacher der Sowjetherrschaft<br />

in »Transoxanien«. Es<br />

konnte im März 1918 alle Angriffe des<br />

Turksovnarkom abwehren. Als Ergebnis<br />

machten sich in der muslimischen<br />

Bevölkerung Hass und Aversionen gegen<br />

Russen sowie Andersgläubige<br />

breit, so dass das Regime des Emirs gestärkt<br />

wurde. Said Alim Khan verbündete<br />

sich mit Afghanistan und erhielt<br />

von dort Waffen. Zu<strong>dem</strong> kontaktierte<br />

er die antisowjetische Basmatschi­Bewegung<br />

im Fergana­Tal und verhandelte<br />

mit Chiwa über ein gemeinsames<br />

<strong>Vor</strong>gehen. Schließlich bemühte sich<br />

der Emir auch um die Unterstützung<br />

Persiens und der Briten, um türkische<br />

und deutsche Einflussversuche zu unterbinden.<br />

Gleichzeitig konnte er mit<br />

Hilfe entflohener österreichischer<br />

Kriegsgefangener seine Artillerie und<br />

anderes Kriegsgerät in Stand setzen.<br />

Die Streitkräfte <strong>Buchara</strong>s waren An­<br />

14 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

5Soldaten der 1. Reiterarmee General Budjonnys im Bürgerkrieg <strong>1920</strong>.<br />

fang 1919 doppelt so stark wie im Jahr<br />

zuvor.<br />

Planungen<br />

Die Sowjetmacht hatte Probleme in<br />

Mittelasien. Der Bürgerkrieg schnitt sie<br />

vom Kern der RSFSR ab, und im Januar<br />

1919 wäre sie durch eine Erhebung in<br />

Taschkent beinahe gestürzt worden.<br />

Moskau reagierte mit der Bildung einer<br />

Turkestanischen Kommission (Turkkomissija)<br />

als bevollmächtigte Vertretung<br />

der sowjetischen Führung. Sie<br />

hatte für gute Beziehungen zu Afghanistan,<br />

<strong>Buchara</strong> und Chiwa zu sorgen:<br />

Die Rote Armee war anderweitig gebunden,<br />

und Sowjetrussland konnte<br />

sich keinen »Bruch mit <strong>dem</strong> islamischen<br />

Osten« leisten, wie der Volkskommissar<br />

für Außenbeziehungen<br />

Georgi W. Tschitscherin damals die<br />

turkestanischen Genossen belehrte.<br />

Die Turkkomissija verfolgte eine zwei­<br />

bpk


gleisige Politik, operierte taktisch und<br />

gab das Fernziel der »Auflösung« der<br />

Khanate nie auf. Nicht umsonst wurde<br />

1919 ausgerechnet Frunse, einer der<br />

erfolgreichsten sowjetischen Generale,<br />

zum Befehlshaber der Turkfront ernannt.<br />

Offiziell herrschten gute, ja<br />

freundschaftliche Beziehungen zu <strong>Buchara</strong>.<br />

Ende 1919 etwa wurden trotz<br />

angespannter Wirtschaftslage einige<br />

Güterwagen mit Nahrungsmitteln und<br />

Manufakturwaren in das Emirat geschickt<br />

und Kontakte für Wirtschaftsverhandlungen<br />

geknüpft. Am 26. Dezember<br />

wurde zu<strong>dem</strong> in Neu­<strong>Buchara</strong><br />

ein »Fest der Einigung von Groß­<strong>Buchara</strong><br />

und Sowjetrussland« begangen,<br />

auf <strong>dem</strong> sich Rotarmisten und einheimische<br />

Soldaten verbrüderten. Festessen<br />

sowie Treffen der turkestanischen<br />

Sowjetführer mit Vertretern der bucharischen<br />

Regierung folgten. Selbst der<br />

Emir, sonst als asiatischer Despot dargestellt,<br />

wurde ehrenvoll behandelt.<br />

Nach einem Staatsbesuch der Turkkommissija<br />

im Januar <strong>1920</strong> hob diese<br />

zu<strong>dem</strong> die großartige Perspektive der<br />

»historisch und wirtschaftlich bedingten<br />

Union [der beiden] Staaten«<br />

hervor. <strong>Buchara</strong> sollte nun auch nicht<br />

mehr bedroht, sondern gegen alle Angriffe<br />

verteidigt werden. Als Beweis so­<br />

Zentralasien bis 1917<br />

Wolga<br />

Astrachan<br />

K a s p i s c h e s M e e r<br />

PERSIEN<br />

Uralsk<br />

nach<br />

Moskau<br />

Fort<br />

Alexandrowski<br />

Quelle: Zeitschrift OSTEUROPA.<br />

Krasnowodsk<br />

Orenburg<br />

Transkaspien<br />

Kuchan<br />

Nischapur<br />

wjetischer Aufrichtigkeit wurden <strong>dem</strong><br />

Emir einige der (alten) Geschütze zurückgegeben,<br />

die ihm 1918 abgenommen<br />

worden waren. Zugleich wurden<br />

aber die sowjetischen Garnisonen in<br />

den von Russen bewohnten Ortschaften<br />

des Emirats verstärkt.<br />

Während die Turkkomissija nach<br />

außen Einvernehmen und Kooperation<br />

mit den Khanaten <strong>dem</strong>onstrierte, betrieb<br />

sie den Sturz der mittelasiatischen<br />

Herrscher durch »Revolutionierung«<br />

von innen. Ende 1919 hatte man in<br />

Taschkent schon eine nationalrevolutionäre<br />

Erhebung in <strong>dem</strong> von inneren Unruhen<br />

erschütterten Khanat von Chiwa<br />

militärisch unterstützt und »<strong>dem</strong> Volk<br />

von Chiwa [geholfen], sich von der Unterdrückung<br />

zu befreien«. Dem folgte<br />

am 30. April <strong>1920</strong> die Proklamation der<br />

Choresmischen Sowjetischen Volksrepublik,<br />

die am <strong>13</strong>. September <strong>1920</strong> ein<br />

Unionsbündnis mit der RSFSR einging.<br />

Das Chiwa­Unternehmen brachte<br />

auch die Wende der <strong>Buchara</strong>­Politik. In<br />

Taschkent hatte sich die »Kriegspartei«<br />

durchgesetzt, und in Moskau hatten<br />

radikale Kräfte Lenin überzeugt, dass<br />

eine weitere Duldung des Emirs <strong>dem</strong><br />

sowjetischen Prestige schadete. Allerdings<br />

war die russische Führung im<br />

Sommer <strong>1920</strong> aus diplomatischen<br />

Ural<br />

Aktjubinsk<br />

Aralsee<br />

Urgentsch<br />

Chiwa<br />

Aschchabad<br />

Emirat von<br />

<strong>Buchara</strong><br />

Emirat von Chiwa<br />

(bis 1868)<br />

(bis 1873)<br />

Merw<br />

Kuschka<br />

<strong>Buchara</strong><br />

Samarkand<br />

Karschi<br />

Petropawlowsk<br />

Koktschetaw<br />

Akmola<br />

Fergana<br />

Gründen gegen eine gewaltsame Sowjetisierung<br />

<strong>Buchara</strong>s. Weniger sensibel<br />

verhielten sich die turkestanischen<br />

Kommunisten. Sie wollten die Revolution<br />

bis Persien und Indien tragen, wobei<br />

<strong>Buchara</strong> nur eine Etappe darstellen<br />

sollte. Daher beschloss die Turkkomissija<br />

am 30. Juni <strong>1920</strong> den Sturz des<br />

Emirs durch eine inszenierte Revolution.<br />

Helfer waren die bucharischen<br />

Kommunisten, deren Zahl zwar gering<br />

war, die aber anders als die Mehrheit<br />

der <strong>dem</strong>okratischen, auf nationalrevolutionäre<br />

Erneuerung setzenden Jungbucharischen<br />

Bewegung die Militärintervention<br />

gut hießen. Gleichzeitig<br />

wurde der Emir Ziel heftiger Pressekampagnen.<br />

Da jener praktisch alle<br />

Forderungen nach Demokratisierung<br />

und Reform seines Regimes abgelehnt<br />

hatte, fanden die <strong>Vor</strong>würfe der Bolschewiki<br />

die Zustimmung der Öffentlichkeit.<br />

Allerdings war das Vertrauen<br />

der sowjetischen Führung auf eine Erhebung<br />

der bucharischen Bevölkerung<br />

gering. Sie galt als zu »fatalistisch« und<br />

der islamischen Geistlichkeit hörig,<br />

welche die wichtigste Stütze des Monarchen<br />

bildete. Daher fiel die Entscheidung<br />

zugunsten einer militärischen<br />

Überraschungsoperation – ungeachtet<br />

der Moskauer Warnung vor einer<br />

Semiretschie<br />

Syrdarja<br />

Wjerny<br />

Pischpek<br />

Khanat von Kokand (später<br />

Issyk-<br />

(bis 1875) Frunse,<br />

Kul<br />

heute Bischkek)<br />

Taschkent<br />

Andischan<br />

Chodschent<br />

Samarkand<br />

Kuljab<br />

AFGHANISTAN<br />

Omsk<br />

Osch<br />

Kokand<br />

Pawlodar<br />

R U S S I S C H E S R E I C H<br />

Gurjew<br />

Semipalatinsk<br />

Akmolinsk<br />

Aralsk<br />

Balchaschsee<br />

Amudarja<br />

Syrdarja<br />

Irtysch<br />

BRITISCH-INDIEN<br />

Semipalatinsk<br />

Ust-<br />

Kamenogorsk<br />

Saisansee<br />

CHINA<br />

0 300 km<br />

Staatsgrenzen<br />

russische Grenze<br />

um 1800<br />

Linie russischer<br />

Befestigungen in den<br />

1860er-Jahren gebaut<br />

Eisenbahn<br />

Generalgouvernement<br />

Steppe<br />

Generalgouvernement<br />

Turkestan<br />

Vasallenstaat <strong>Buchara</strong> seit 1868<br />

Vasallenstaat Chiwa seit 1873<br />

Zentren der<br />

Generalgouvernements<br />

Fergana Bezirk (Oblast)<br />

Bezirks-(Oblast-)Grenzen<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

MGFA<br />

05934-06<br />

15


<strong>Buchara</strong> <strong>1920</strong><br />

5Michail W. Frunse (Aufnahmedatum<br />

unbekannt).<br />

neuen Front in Asien. Denn eine solche<br />

war wegen der noch nicht beendeten<br />

Operationen gegen Józef Piłsudskis Polen,<br />

gegen die antikommunistischen<br />

russischen Verbände Alexander Koltschaks<br />

und Pjotr Wrangels sowie einer<br />

drohenden antisowjetischen Allianz in<br />

Zentralasien unter Führung Großbritanniens<br />

zu vermeiden.<br />

Trotz<strong>dem</strong> hielten diese <strong>Vor</strong>behalte<br />

die Taschkenter Bolschewiki nicht auf.<br />

Sie begründeten ihren Entschluss mit<br />

einem bevorstehenden antisowjetischen<br />

Bündnis zwischen Persien, Afghanistan<br />

und <strong>Buchara</strong>, <strong>dem</strong> sie zuvorkommen<br />

wollten, sowie mit <strong>dem</strong> Drängen<br />

der zum Aufstand bereiten Kommunisten<br />

und Jungbucharern. Sie verwiesen<br />

auf den Abschluss aller militärischen<br />

<strong>Vor</strong>bereitungen, die auch <strong>dem</strong><br />

Emir nicht verborgen geblieben waren.<br />

Im Übrigen hätten die von der Roten<br />

Armee unterstützte Revolution in<br />

Chiwa und Aserbaidschan sowie Moskaus<br />

Persienpolitik die Beziehungen<br />

zu <strong>Buchara</strong> längst verschlechtert. Zu<strong>dem</strong><br />

stünden die Truppen des Emirates<br />

»für einen Schlag gegen Russland bereit«,<br />

der mit »Hilfe der internationalen<br />

Imperialisten« drohe. Taschkent<br />

setzte sich schließlich u.a. durch, weil<br />

Frunse auf seiner Seite war.<br />

Die Eroberung<br />

Vom 12. August <strong>1920</strong> datierte der Operationsplan,<br />

der Angriffsbefehl erging<br />

am 25. August, und am 28. August be­<br />

gann die Invasion. Frunses Truppen<br />

bestanden aus rund 7000 Infanteristen<br />

und Kavalleristen, die von 5000 Aufständischen<br />

unterstützt wurden. Zur<br />

Ausstattung gehörten 46 Geschütze,<br />

230 MG, zehn gepanzerte Kraftfahrzeuge,<br />

fünf Panzerzüge und zwölf<br />

Flugzeuge. Die Truppe gliederte sich in<br />

fünf Kolonnen und hatte den Auftrag,<br />

<strong>Buchara</strong> zu erstürmen sowie strategisch<br />

wichtige Städte im Osten des<br />

Emirats einzunehmen. Die Amu­Darja­<br />

Flottille sicherte die südliche Flanke.<br />

Schnell wurde Tschardschuj erobert,<br />

ein bucharisches Revolutionskomitee<br />

eingesetzt, das den Machtwechsel verkündete<br />

und wie vorgesehen die Rote<br />

Armee um Hilfe bat.<br />

Weniger erfolgreich verlief der <strong>Vor</strong>stoß<br />

gegen die Hauptstadt Alt­<strong>Buchara</strong>.<br />

Frunses Abteilungen waren auf<br />

entschiedenen Widerstand gestoßen<br />

und hatten sich unter sehr hohen Verlusten<br />

zurückziehen müssen. Die regulären<br />

Streitkräfte des Emirs zählten<br />

3725 Mann Infanterie und 7850 Kavalleristen,<br />

einige Dutzend neuer Geschütze<br />

und 20 MG. Die Truppe war allerdings<br />

kaum ausgebildet und ohne<br />

jede Kampferfahrung. Zusätzlich<br />

wurde ein rund 20 000 Mann starkes<br />

Volksaufgebot (nuker) mobilisiert, das<br />

allerdings weder über eine adäquate<br />

Ausrüstung noch über moderne Waffen<br />

verfügte, sondern sich mit älteren<br />

russischen Berdan­Gewehren, Steinschlossflinten,<br />

Säbeln und Stöcken begnügen<br />

musste.<br />

Die Regierung des Emirats war über<br />

die sowjetischen Absichten informiert<br />

und hatte rechtzeitig rund 20 000 Mann<br />

zur Verteidigung Alt­<strong>Buchara</strong>s aufgeboten,<br />

die sich wacker schlugen.<br />

Den Mangel an Ausrüstung und Feuerkraft<br />

machten sie durch fanatischen<br />

Kampfeswillen wett. Derart starken<br />

Widerstand, genährt von Patriotismus<br />

und Religion, hatten die bolschewistischen<br />

Führer nicht erwartet. Außer<strong>dem</strong><br />

– beklagte sich Frunse später – seien<br />

»die Versicherungen der bucharischen<br />

Revolutionäre über die angebliche Aufstandsbereitschaft<br />

der Bevölkerung«<br />

nichts als Lüge gewesen. Lediglich der<br />

Einsatz von Flugzeugen verhinderte<br />

ein vollständiges Niedermachen der<br />

Rotgardisten durch die bucharische<br />

Reiterei. Erst durch Verstärkungen,<br />

nach viertägigem Artilleriebeschuss,<br />

wobei angeblich auch Gas eingesetzt<br />

16 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

bpk<br />

wurde, sowie mittels Bombardierung<br />

durch elf Flugzeuge konnte die Stadt<br />

am 2. September eingenommen werden.<br />

Sie war zur Hälfte niedergebrannt<br />

und bis zu 80 Prozent zerstört.<br />

Die Verluste waren gewaltig. Vermutlich<br />

wurde ein Drittel der 150 000<br />

Einwohner getötet, viele flohen. Berühmte<br />

Architekturdenkmäler, darunter<br />

auch der Ark, die Herrscherresidenz<br />

im Zentrum Alt­<strong>Buchara</strong>s, waren<br />

zerstört, und was erhalten geblieben<br />

war, fiel Plünderungen anheim. Der<br />

Emir und Teile seines Hofstaates hatten<br />

sich in den Osten des Emirats, das<br />

heutige Tadschikistan, retten können,<br />

wo sie versuchten, mit afghanischer<br />

und britischer Hilfe den Kampf gegen<br />

die Bolschewiki fortzusetzen.<br />

Folgen<br />

Die Eroberung und Zerstörung des<br />

Emirats sicherten die sowjetische Herrschaft<br />

über Mittelasien und besaßen<br />

hohe Symbolkraft. Die Emire galten als<br />

brutale, macht­ und geldgierige, ja perverse<br />

Despoten, die ihre wie Sklaven<br />

behandelten Untertanen bis aufs Blut<br />

quälten und hemmungslos ausbeuteten.<br />

Dieses Bild überzeichnete zwar<br />

die wahren Verhältnisse, charakterisierte<br />

aber hinlänglich die politische<br />

Machtordnung im Khanat und den von<br />

den Herrschern angehäuften Reichtum,<br />

der zu der Not der Masse ihrer<br />

Untertanen in einem krassen Widerspruch<br />

stand. Said Alim­Khan war als<br />

Emir nicht nur ein mächtiger Grundherr,<br />

er besaß auch im Ausland Immobilien<br />

und Geldvermögen. Sein Einkommen<br />

übertraf vor <strong>dem</strong> Ersten Weltkrieg<br />

vermutlich die Höhe der Einnahmen<br />

des Zarenreichs aus Russisch­Turkestan.<br />

Lebensstil und Regime entsprachen<br />

durchaus den Bildern eines asiatischen<br />

Despoten, wie die Bolschewiki<br />

sie pflegten. Daher schien den Kommunisten<br />

in Taschkent die Eroberung<br />

<strong>Buchara</strong>s und die Zerstörung seiner<br />

materiellen Kultur nicht nur gerechtfertigt,<br />

sie bildete geradezu die <strong>Vor</strong>bedingung<br />

für jeden sozialistischen Neuanfang.<br />

Dies dürfte bei den massiven Plünderungen<br />

eine Rolle gespielt haben. Sie<br />

begannen bereits unmittelbar nach der<br />

Einnahme <strong>Buchara</strong>s, wobei die Truppe<br />

von ihren Kommandeuren kaum zur<br />

Disziplin gebracht werden konnte. Wie


letztere nach Moskau meldeten, waren<br />

die Übergriffe von Angehörigen einheimischer<br />

Regimenter ausgegangen,<br />

die sich angeblich schlimmer als ihre<br />

russischen Kameraden aufgeführt hatten.<br />

Ein politisch Verantwortlicher erklärte<br />

die Übergriffe »als ein Resultat<br />

der ungeheueren Schwäche der örtlichen<br />

Revolutionäre«. Aber der Rest<br />

der Truppe stand ihnen nicht nach.<br />

Selbst ein Befehl Frunses, Plünderer<br />

standrechtlich zu erschießen, blieb<br />

praktisch folgenlos, denn wie in vielen<br />

anderen Fällen des Bürgerkrieges auch,<br />

waren die Offiziere darauf angewiesen,<br />

ihre Truppe bei Laune zu halten.<br />

Neben Schatzkammern und Truhen<br />

sowie den Einrichtungen der Herrscherresidenzen<br />

wurde auch die einfache<br />

Bevölkerung ausgeplündert und<br />

drangsaliert. Es kam zu Vergewaltigungen,<br />

Wegtrieb von Vieh, Raub von<br />

Lebensmitteln und Niederbrennen von<br />

Dörfern, Häusern sowie Wohnungen.<br />

Entsetzte Beobachter sprachen von<br />

»fürchterlichen Pogromen«. Selbst die<br />

Requirierungen der sowjetischen Behörden<br />

nahmen ein Ausmaß an, das<br />

nur als Raub und Ausplünderung zu<br />

bezeichnen war. Sogar religiöse Einrichtungen,<br />

Moscheen und Madrasse<br />

(Schulen) wurden nicht verschont; sie<br />

dienten als Kasernen und Pferdeställe.<br />

Frunse und seinen Truppen erbeuteten<br />

unglaubliche Schätze, darunter<br />

ein Teil der Gepäckwagen des flie­<br />

henden Emirs. Mit Güterzügen wurden<br />

die Raubgüter nach Taschkent und<br />

sonst wohin verbracht. Die Schätze<br />

wurden nicht, wie zwischenzeitlich erwogen,<br />

nach Moskau transportiert,<br />

sondern unter der Aufsicht der Turkestanischen<br />

Republik in Taschkent gelagert.<br />

Bei Revisionen im Jahr 1922 wurden<br />

dort folgende Wertgegenstände<br />

gezählt:<br />

705 Truhen und 904 Säcke mit 72 t Silbermünzen,<br />

1453 Silberbarren und 42<br />

Silberplatten mit einem Gewicht von<br />

6,6 t, 108 Truhen und Kisten mit silbernen<br />

Gegenständen, 220 kg Gold, 35 428<br />

Goldmünzen zu 5 Rubel, 5030 Münzen<br />

zu 10 Rubel, <strong>13</strong>82 ältere Rubelmünzen,<br />

10 037 Bucharische Goldmünzen, »außer<strong>dem</strong><br />

Edelsteine, goldene bucharische<br />

Ordenssterne und Medaillen<br />

und wertvolle mit Brillanten und Rubinen<br />

besetzte und mit Emaillearbeiten<br />

verzierte goldene Paradesäbel«. Schon<br />

1925 war ihr Verbleib aber nicht mehr<br />

festzustellen. Offenkundig waren die<br />

turkestanischen Verwalter der Schätze<br />

in die Fußstapfen der Plünderer von<br />

<strong>1920</strong> getreten. Nur wenige waren dafür<br />

zur Rechenschaft gezogen und die wenigsten<br />

bestraft worden.<br />

Nachspiel<br />

Frunse selbst wurde 1921 vor eine Untersuchungskommission<br />

zitiert. Sie<br />

warf ihm vor, die Flucht des Emirs<br />

5Volkskommissar Michail W. Frunse (2.v. l.) nimmt 1925 auf <strong>dem</strong> Roten Platz in Moskau<br />

eine Parade ab..<br />

bpk<br />

nicht verhindert zu haben und auf die<br />

Verhandlungsangebote über einen<br />

Waffenstillstand nicht eingegangen zu<br />

sein. Erst dadurch seien eine friedliche<br />

Übergabe <strong>Buchara</strong>s verhindert und die<br />

Plünderungen ermöglicht worden. Zusätzlich<br />

hatte er sich für den Raub von<br />

Kriegstrophäen durch seine Truppen<br />

sowie die Veruntreuung des vom Emir<br />

zurückgelassenen Vermögens zu verantworten.<br />

Hinzu kam der Verdacht, er<br />

selbst habe sich bereichert. Allerdings<br />

wurde das Verfahren bald eingestellt,<br />

da die <strong>Vor</strong>gänge in <strong>Buchara</strong> nach zeitgenössischer<br />

Argumentation keine Besonderheiten<br />

darstellten. Mit Blick auf<br />

die konterrevolutionären Bedrohungen<br />

und Schädigung des Ansehens der<br />

Sowjetmacht schien es zu<strong>dem</strong> weder<br />

nützlich noch politisch klug, gegen<br />

hohe Parteifunktionäre vorzugehen.<br />

Zu<strong>dem</strong> wurde Frunse zu diesem Zeitpunkt<br />

als Oberbefehlshaber in der<br />

Ukraine dringend benötigt und hatte<br />

damit eine sehr entscheidende Position<br />

inne. Zwar war die Zugehörigkeit der<br />

ukrainischen Territorien zum Sowjetstaat<br />

im März 1921 durch den Frieden<br />

von Riga bestätigt worden, aber die<br />

Herrschaft der Bolschewiki war noch<br />

keineswegs gefestigt.<br />

Im aufgelösten Emirat wurde am<br />

6. Oktober <strong>1920</strong> die Bucharische Sowjetische<br />

Volksrepublik (BNSR) ausgerufen.<br />

Das Blutvergießen hielt allerdings<br />

noch viele Jahre an. Zwar ging der<br />

Emir im April 1921 ins Exil nach Afghanistan,<br />

aber die Basmatschi konnten<br />

erst Ende der 20er Jahre als besiegt<br />

betrachtet werden. Im Oktober 1924<br />

ging die BNSR in der neu gegründeten<br />

Usbekischen SSR, Gliedstaat der<br />

UdSSR, auf.<br />

Rudolf A. Mark<br />

Literaturtipps<br />

Baymirza Hayit, Sowjetrussische Orientpolitik am Beispiel<br />

Turkestans, Köln, Berlin 1962.<br />

Vladimir Genis, »S Bucharoj nado končat’ ...« K istorii butaforskich<br />

revoljucij. Dokumental’naja chronika [»Mit <strong>Buchara</strong><br />

ist Schluss zu machen ...« Zur Geschichte der inszenierten<br />

Revolutionen. Eine Dokumentenchronik], Moskva<br />

2001.<br />

P.M. Abdullaev [u. a.], Turkestan v načale XX veka: k istorii<br />

istokov nacional’noj nezavisimosti [Turkestan zu Beginn<br />

des 20. Jh.: Zur Geschichte der Ursprünge der nationalen<br />

Unabhängigkeit], Taškent 2000.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

1


Sanitätsdienst vor Stalingrad<br />

Eine Division<br />

verblutet …<br />

Die sanitätsdienstliche<br />

Versorgung der 295. Infan-<br />

teriedivision auf <strong>dem</strong><br />

Weg nach Stalingrad<br />

»Tausende Verwundete liegen da auf freiem<br />

Feld, halb eingeschneit, und wer noch laufen<br />

konnte, ging einfach über sie hinweg. Ein Großteil<br />

der Landser war nicht mehr bei Sinnen. Die<br />

schlugen sich mit <strong>dem</strong> Stahlhelm auf den Kopf<br />

oder waren völlig apathisch. All das Elend hat<br />

sie um den Verstand gebracht. Und dann der eisige<br />

Wind, die Kälte, in der die Glieder abfrieren<br />

und nichts zu essen – die sind übergeschnappt.«<br />

So schildert ein deutscher Soldat<br />

den Zustand seiner Kameraden<br />

in Stalingrad kurz vor <strong>dem</strong> Ende<br />

der Kämpfe. Aber selbst in diesem<br />

apokalyptischen Inferno gab es immer<br />

noch Ärzte und Sanitätspersonal, die<br />

in den Stalingrader Sterbekellern operierten<br />

und Wunden verbanden.<br />

In den Lazaretten der Wehrmacht und<br />

der Waffen­SS wurden insgesamt 52,4<br />

Millionen Verwundete und Kranke betreut.<br />

Anhand der sanitätsdienstlichen<br />

Versorgung der 295. Infanteriedivision<br />

(ID) sollen im Folgenden exemplarisch<br />

die Möglichkeiten und Probleme des<br />

Sanitätsdienstes im Zweiten Weltkrieg<br />

aufgezeigt werden.<br />

Die 295. ID wurde am 10. Februar<br />

1940 aus Angehörigen des Reichsarbeitsdienstes<br />

im Wehrkreis Hannover<br />

(Wehrkreiskommando XI Blankenburg)<br />

als Division der 8. Welle aufgestellt.<br />

Die Soldaten kamen vorwiegend<br />

aus Baubataillonen und waren größtenteils<br />

militärisch nicht ausgebildet. Die<br />

Stäbe wurden teils neu aufgestellt, teils<br />

gaben andere aktive Einheiten Offiziere<br />

ab. Die 295. ID wies von Anfang an einen<br />

hohen Anteil an Reservisten auf.<br />

Nach der Ausbildung im Jahr 1940<br />

wurde die Division personell weiter<br />

aufgefüllt. Die Gefechtsverpflegungsstärke<br />

betrug anfangs <strong>13</strong> 800 Mannschaften<br />

und 4000 Pferde. Im Frankreichfeldzug<br />

kam die Division erstmals<br />

18 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

5Ein Blockhaus dient als Lazarett, Sowjetunion, vermutlich 1941.<br />

zum Einsatz, später betrieb sie in Frankreich<br />

Küstenschutz. Anschließend war<br />

sie in Südpolen eingesetzt. Beim Angriff<br />

auf die Sowjetunion gehörte sie zur<br />

Gruppe der deutschen »Spitzendivisionen«,<br />

sprich: Sie gelangte mit am weitesten<br />

nach Osten. Zu<strong>dem</strong> war sie stets<br />

in Angriffsoperationen verwickelt: Zwischen<br />

Juni 1941 und Juli 1942 war die<br />

295. ID jene Division, die die höchsten<br />

Verluste der 17. Armee erlitt. Im Januar<br />

1943 überrannten sowjetische Truppen<br />

die Division in Stalingrad und vernichteten<br />

sie völlig. Später wurde sie neu<br />

aufgestellt und geriet in Norwegen in<br />

britische Kriegsgefangenschaft.<br />

Die Sanitätsausstattung der<br />

Division<br />

Den Ablauf der Verwundetenversorgung<br />

innerhalb der 295. ID regelten<br />

Verordnungen für das Wehrmachtsanitätswesen.<br />

Im Frontbereich nahmen<br />

nach der Selbsthilfe und der Hilfe<br />

durch Kameraden Sanitäter des Bataillons<br />

die erste fachgerechte Versorgung<br />

vor.<br />

Der Truppenverbandplatz bildete die<br />

unterste Ebene der ärztlichen Versorgung.<br />

Große Operationen konnten dort<br />

allerdings nicht erfolgen. Die Ärzte<br />

führten nur lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

und eine Schmerzbekämpfung<br />

mittels Morphium durch. Die Ver­<br />

sorgung der Verwundeten durch die<br />

Truppenärzte fand oft schon auf <strong>dem</strong><br />

Schlachtfeld statt, was hohe Verlustraten<br />

auch bei den Ärzten zur Folge hatte.<br />

Nach der Versorgung durch den<br />

Truppenarzt sollten die Verwundeten<br />

möglichst schnell zur nächsthöheren<br />

Ebene, <strong>dem</strong> Hauptverbandplatz, transportiert<br />

werden, der 4 bis 5 km hinter<br />

der Front an einem geschützten Ort<br />

einzurichten war, allerdings noch im<br />

Feuerbereich der gegnerischen Artillerie<br />

lag und durch feindliche Panzervorstöße<br />

bedroht war.<br />

Der 295. ID unterstanden zwei unabhängig<br />

voneinander operierende Sanitätskompanien.<br />

Die Sanitäter suchten<br />

das Gefechtsfeld ab, transportierten<br />

die Verwundeten und Erkrankten mit<br />

Sanitätsfahrzeugen und versorgten sie<br />

auf <strong>dem</strong> von ihnen eingerichteten<br />

Hauptverbandplatz. Eine dieser Sanitätskompanien<br />

war bespannt (Ausstattung<br />

mit Pferden) und die andere motorisiert<br />

(Ausstattung mit Lkw). Jede<br />

Sanitätskompanie führte ein Stabsarzt,<br />

daneben gehörten ihr noch ein Oberarzt<br />

der Reserve, zwei Assistenzärzte der<br />

Reserve und zwei Unterärzte der Reserve<br />

an. Eine bespannte Sanitätskompanie<br />

hatte eine Stärke von 286 Mann,<br />

eine motorisierte im Schnitt 180 Soldaten,<br />

weil weniger Krankenträger und<br />

Personal für die Versorgung der Pferde<br />

notwendig waren.<br />

BArch


Auf <strong>dem</strong> Hauptverbandplatz führten<br />

die Sanitätsoffiziere die sogenannte<br />

Triage durch. Diese ethisch schwierige<br />

Aufgabe der ersten Sichtung entschied<br />

über die Behandlungsreihenfolge sowie<br />

die Intensität der medizinischen<br />

Behandlung, und sie beantwortete die<br />

Frage der Transportfähigkeit. Schwerstverletzte<br />

wurden abwartend versorgt<br />

und blieben in der Regel auf <strong>dem</strong><br />

Hauptverbandplatz. <strong>Vor</strong> allem Schockbekämpfung,<br />

Schmerzlinderung und<br />

die Fixation von Brüchen sowie lebensnotwendige<br />

Operationen wurden durchgeführt.<br />

Die Bandbreite der medizinischen<br />

Maßnahmen richtete sich dabei<br />

stets nach den Möglichkeiten der Gefechtslage.<br />

Zusätzlich zu diesen beiden Sanitätskompanien<br />

besaß die 295. ID noch ein<br />

bespanntes Feldlazarett und zwei Krankenkraftwagenzüge.<br />

Das Feldlazarett<br />

wurde 10 bis 15 km hinter der Front<br />

eingerichtet und verfügte über sechs<br />

Ärzte, darunter in der Regel ein bis<br />

zwei Fachchirurgen. Das Feldlazarett<br />

bildete den Schwerpunkt der chirurgischen<br />

Versorgung und konnte 100 bis<br />

200 Verletzte stationär betreuen. Verletzte<br />

wurden geröntgt und in mehreren<br />

Operationsräumen chirurgisch versorgt.<br />

Durch den Einsatz von zwei Chirurgengruppen<br />

konnten in 24 Stunden etwa<br />

150 bis 200 Verwundete verschiedener<br />

Schweregrade behandelt werden.<br />

Der Angriff auf die Sowjetunion<br />

Seit den frühen Morgenstunden des<br />

22. Juni 1941 beteiligte sich die 295. ID<br />

im Verband der 17. Armee am Überfall<br />

auf die Sowjetunion. Gemeinsam mit<br />

152 anderen Divisionen, aufgeteilt auf<br />

drei Heeresgruppen (Süd, Mitte und<br />

Nord), begann sie den <strong>Vor</strong>marsch auf<br />

einer Frontbreite von gut <strong>13</strong>00 Kilometern.<br />

Die Division konnte in den ersten<br />

Wochen des Angriffs große Raumgewinne<br />

verzeichnen. Ihre Marschleistungen<br />

waren enorm. Vom 1. April bis zum<br />

7. November 1941 hatten die Soldaten<br />

der Division 2011 km zurückgelegt.<br />

Die Schlammperiode bremste jedoch<br />

den weiteren <strong>Vor</strong>marsch. Die Wege<br />

weichten auf und wurden zunehmend<br />

unpassierbar. Geschütze und Logistiktransporte<br />

mussten sechs­ und achtspännig<br />

nachgezogen werden. Die<br />

Pferde erschöpften sich bei dieser gewaltigen<br />

Anstrengung völlig. Die vor­<br />

gegebenen militärischen Ziele waren<br />

deshalb nicht mehr zu erreichen. Auch<br />

die motorbetriebenen Fahrzeuge verschlissen<br />

zunehmend und wurden betriebsuntauglich.<br />

Die Situation im<br />

November 1941 war katastrophal, wie<br />

Divisionskommandeur Oberst Otto<br />

Korfes, später führendes Mitglied des<br />

Nationalkomitees Freies Deutschland<br />

(NKFD), am 27. März 1942 im Kriegstagebuch<br />

der Division ausführte:<br />

»Bei 35 Grad Kälte hatten wir keinerlei<br />

Winterbekleidung. Von Januar ab<br />

traf die Kleidung tropfenweise ein;<br />

noch heute haben 1/5 der Leute keine<br />

Wintermäntel, die anderen 4/5 nur deswegen,<br />

weil so viele gefallen, verwundet<br />

oder erfroren in die Lazarette gekommen<br />

sind. Ich weiß heute noch<br />

nicht, wie vielen meiner Soldaten<br />

Glieder abgenommen worden sind [...]<br />

Meine Truppe kämpft jetzt, ohne jemals<br />

abgelöst zu sein, in der vordersten<br />

Linie seit <strong>dem</strong> <strong>13</strong>. September 1941.«<br />

Medizinische<br />

Herausforderungen während<br />

des <strong>Vor</strong>marsches<br />

Schon mit Beginn des Russlandfeldzuges<br />

waren die Probleme des Sanitätsdienstes<br />

der Division kaum zu lösen.<br />

Durch das schnelle Tempo des <strong>Vor</strong>marsches<br />

bedingt, wurden möglichst<br />

alle Verwundeten in rückwärtige Sanitätseinrichtungen<br />

verbracht. Der Sanitätsdienst<br />

der Division errichtete 32<br />

Krankensammelpunkte und 47 Hauptverbandplätze.<br />

Die Krankenkraftwagen<br />

des I. Zuges legten <strong>13</strong>7 053 km und<br />

die des II. Zuges 100 864 km zurück.<br />

Im Winter 1941 traten bei den Soldaten<br />

der 295. ID zahlreiche Erfrierungen<br />

auf. Aufgrund der Kriegslage durften<br />

die Soldaten ihren Posten oftmals nicht<br />

verlassen. Ein Arzt schilderte, dass einmal<br />

sogar die Hand eines Maschinengewehrschützen<br />

am MG festgefroren<br />

war. Die Erfrierungen verschlimmerten<br />

sich noch dadurch, dass die Truppe<br />

keine festen Unterkünfte hatte.<br />

Auch der Abtransport der Verwundeten<br />

bereitete zunehmend Probleme.<br />

Zum einen sank die sanitätsdienstliche<br />

Transportkapazität durch die geringer<br />

werdende Anzahl von Pferden. Die<br />

Schwerstverletzten und ­erkrankten<br />

mussten zum anderen lange Strecken<br />

in den Krankenwagen der Division zurücklegen,<br />

wo jedoch keine Heizmög­<br />

lichkeit bestand. Die Verwundeten kamen<br />

deshalb meist in einem äußerst<br />

schlechten Zustand auf <strong>dem</strong> Hauptverbandplatz<br />

oder im Feldlazarett an.<br />

Auf den Hauptverbandplätzen der<br />

295. ID mussten aus Mangel an Möglichkeiten<br />

oft ungeeignete Gebäude genutzt<br />

werden. Es fehlte an Desinfektionsmittel,<br />

Operationshandschuhen<br />

und chirurgischen Instrumenten, und<br />

die unzureichende Versorgung mit<br />

Wasser ließ kaum eine Desinfektion<br />

der Hände zu. Amputierte Glieder und<br />

verdreckte Verbände mussten in Kisten<br />

und Eimern entsorgt werden, die<br />

ein stetes hygienisches Problem bildeten,<br />

da unentwegt die Gefahr bestand,<br />

dass sich Wundinfektionen bildeten.<br />

Für die Narkose wurden Äther oder<br />

Chloroform verwendet. Über eine Narkosemaske<br />

oder mehrfach zusammengelegte<br />

Mullkompressen gaben Sanitätsunteroffiziere<br />

bis zu 75 Tropfen<br />

Narkotikum auf Mund und Nase. Allerdings<br />

bestand bei der Benutzung von<br />

Äther durch die Verbreitung der Dämpfe<br />

Explosionsgefahr. Da auf <strong>dem</strong> Hauptverbandplatz<br />

meist mit Karbidlampen<br />

und Kerzen operiert wurde, stellte dies<br />

ein großes zusätzliches Risiko für Patient<br />

und Operationsteam dar. Manchmal<br />

schliefen die Ärzte auch bei einer<br />

Operation ein, wenn sie selbst zu viele<br />

Narkosedämpfe eingeatmet hatten.<br />

Der Sanitätsunteroffizier Heinrich<br />

Kuck schilderte im September 1941 in<br />

einem Brief von der Front, der in der<br />

Wehrgeschichtlichen Lehrsammlung<br />

des Sanitätsdienstes der Bundeswehr<br />

(SanAkBw), München, überliefert ist,<br />

die Situation im Operationssaal:<br />

»Bei je<strong>dem</strong> Verwundeten beginnt ein<br />

neues Bangen und Fragen, wenn wir<br />

die Verbände lösen. Wie viele Stunden<br />

stehen wir nun schon pausenlos am<br />

Operationstisch? Es geht nicht mehr so<br />

weiter. Die alten blutigen Verbände<br />

türmen sich im Raum, die Luft ist von<br />

Wundgeruch und Narkosemitteln unerträglich.<br />

Die Zahl der unversorgten<br />

Verwundeten wird aber nicht weniger,<br />

sondern mehr, denn trotz Dunkelheit<br />

finden uns immer mehr Fahrzeuge mit<br />

Verwundeten [...] Wenn doch Ablösung<br />

käme! Aber woher sollte sie wohl<br />

kommen? Mein Doktor hat schwarze<br />

Ränder um die Augen und ist gelbblass<br />

im Gesicht wie die Schwerverwundeten<br />

selbst. Hin und wieder<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

19


Sanitätsdienst vor Stalingrad<br />

stützt er sich am Tisch. Mir brennen<br />

die Augen, die Hände zittern, aber es<br />

geht noch.«<br />

Für Schwerverletzte stellte der Wehrmachtsanitätsdienst<br />

Blut und Blutersatzstoffe<br />

bereit. Allerdings fehlte für<br />

die Gabe von Bluttransfusionen bei<br />

den Soldaten eine zuverlässige Blutgruppenbestimmung,<br />

und meist standen<br />

die Konserven aufgrund ihrer<br />

geringen Haltbarkeit nicht zur Verfügung.<br />

Auf den Hauptverbandplätzen<br />

der 295. ID wurde deshalb die Blutübertragung<br />

von Mann zu Mann vorgenommen.<br />

Häufig spendete auch das<br />

Sanitätspersonal Blut, was dieses weiter<br />

körperlich schwächte. Schwerste<br />

Verletzungen an Armen und Beinen<br />

wurden amputiert, was allen an der<br />

Operation Beteiligten Übermenschliches<br />

abverlangte:<br />

»Für die Amputation brauchen wir<br />

noch zwei Hilfskräfte [...] Einer leuchtet<br />

mit der Karbidlampe, der andere<br />

hält das zerschossene Bein. Die beiden<br />

»Hilfsschwestern« sind sehr aufgeregt<br />

und müssen erst energisch angeredet<br />

werden. Da passiert es! Der Laternen­<br />

5Verwundetentransport mit einem LKW, Ostfront.<br />

20 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

halter sinkt um und liegt nun lang im<br />

Zimmer. Krampfhaft hält der Ohnmächtige<br />

die brennende Lampe fest<br />

und hätte sich und uns beinahe böse<br />

angebrannt. So eine Sauerei! Es kann<br />

sich jetzt keiner um ihn kümmern. Im<br />

Augenblick der Lostrennung wird<br />

auch der andere gelb im Gesicht. Hilflos<br />

steht er mit <strong>dem</strong> amputierten Glied<br />

da. Ich habe nicht nach ihm sehen können,<br />

da jeder nur auf seine Arbeit zu<br />

schauen hat, das ist nun mal Operationsdisziplin.<br />

Ich kann <strong>dem</strong> armen<br />

Kerl noch rechtzeitig unsanft in den<br />

Hosenboden treten, sodass er nicht<br />

umfällt. So ist ihm und uns geholfen.«<br />

Bauchschüsse mussten möglichst<br />

schnell in rückwärtige Sanitätseinrichtungen<br />

verlegt und dort operiert werden.<br />

Wegen der militärischen Lage war<br />

es den Ärzten der 295. ID jedoch häufig<br />

nicht möglich, die Patienten weiterzuverlegen.<br />

Die Todesrate bei Bauchschüssen<br />

belief sich auf 68 bis 83 Prozent.<br />

Die große Anzahl der Verletzten<br />

insgesamt brachte den Sanitätsdienst<br />

der Division immer wieder an den<br />

Rand des Zusammenbruchs.<br />

Hero Kuck<br />

Der Weg in den Untergang –<br />

Stalingrad<br />

Am 20. August 1942 trat die 6. Armee<br />

am Don zum Angriff an. Nach massiven<br />

Kämpfen brach die 295. ID, seit<br />

August der 6. Armee unterstellt, am<br />

14. September im Zentrum von Stalingrad<br />

bis zur Wolga durch. Ab Mitte<br />

September musste jedoch aus Kräftemangel<br />

das Angriffstempo gedrosselt<br />

werden. Die Division war abgekämpft.<br />

Der Häuserkampf der zerstörten Stadt<br />

erlaubte der Division kaum noch einen<br />

Kampf der verbundenen Waffen (mit<br />

Flugzeugen und Panzern). Weil den<br />

Soldaten immer wieder die Munition<br />

ausging, wurde mit Bajonetten, Spaten<br />

und sogar mit Steinen gekämpft. Trotz<br />

völliger Erschöpfung musste die Division<br />

immer wieder angreifen.<br />

Am 19. November begann im Schneegestöber<br />

die Einkesselung der 6. Armee,<br />

die das Schicksal von etwa 350 000<br />

deutschen (die genaue Anzahl ist bis<br />

heute unbekannt) und der mit ihnen<br />

verbündeten Soldaten besiegelte. Nach<br />

der Einschließung durch die Sowjetarmee<br />

war der Kessel zuerst etwa 60 km<br />

lang und 40 km breit. Die 295. ID war<br />

in gut ausgebauten Stellungen an der<br />

Wolga eingesetzt. Von November 1942<br />

bis Januar 1943 gab es bei ihr nur geringe<br />

Kampfhandlungen. Erst im Januar<br />

wurden die Deutschen in die<br />

Stadt zurückgedrängt. Die Armee verlor<br />

dabei die für die Versorgung so lebensnotwendigen<br />

Flugplätze.<br />

Der Sanitätsdienst zerbricht …<br />

Die zunehmenden Straßen­ und Häuserkämpfe<br />

führten zu schwersten Verletzungen<br />

durch Karabiner und Maschinenpistolen.<br />

Besonders in den<br />

Nächten wurde die Wehrmacht von<br />

der Roten Armee durch das Abschießen<br />

von Leuchtraketen und Stoßtruppunternehmen<br />

auch psychisch schwer<br />

belastet. Dazu kam die zunehmende<br />

Luftüberlegenheit der Sowjets. Die<br />

psychische Überbeanspruchung zeigt<br />

sich auch an <strong>dem</strong> steigenden Munitionsverbrauch<br />

bei den Infanteriewaffen.<br />

Splitter von Granaten, Bomben<br />

und Minen brachten den Soldaten<br />

schwerste Verletzungen bei. Besonders<br />

die schweren Verbrennungen bereiteten<br />

den Ärzten Versorgungsprobleme.<br />

Die großflächigen Wunden ent­


5Transport von Verwundeten mit einer Fieseler Fi 156, Feldflugplatz am Don.<br />

zündeten sich und Wundbrand war die<br />

Folge.<br />

Am 19. September hatte man auf <strong>dem</strong><br />

Hauptverbandplatz der Division innerhalb<br />

von wenigen Tagen bereits<br />

rund 1000 Verwundete versorgt. Am<br />

28. September zählte der Hauptverbandplatz<br />

den 2000. Verwundeten. Es<br />

fehlte schlicht an allem – an Decken, an<br />

Medikamenten, an Verbandmaterial.<br />

Der Zustand der 295. ID verschlechterte<br />

sich zusehends. Die Division war<br />

bald nicht mehr in der Lage anzugreifen.<br />

Seit der Einkesselung konnten Verwundete<br />

und Kranke der Division nur<br />

noch auf <strong>dem</strong> Luftweg abtransportiert<br />

werden, Medikamente und Verbandmaterial<br />

mussten eingeflogen werden.<br />

Jedoch hatten beim Transportraum<br />

Munition und Betriebsstoffe <strong>Vor</strong>rang.<br />

Wie viele Kranke und Verletzte letztlich<br />

den Kriegsschauplatz mit <strong>dem</strong><br />

Flugzeug verließen, ist unklar, da viele<br />

Flugzeuge abgeschossen wurden. Auf<br />

den Flugplätzen nahm die Zahl der<br />

Verwundeten stetig zu. Die Kranken<br />

lagen unversorgt in Zelten auf der Erde<br />

und erfroren jämmerlich. Die ausgeflogenen<br />

Verwundeten durften zuerst<br />

nicht in die Heimat. Hitler befahl, dass<br />

keiner von ihnen über die Dnjeprlinie<br />

verlegt werden durfte. Nachrichten<br />

von der Front bei Stalingrad sollten so<br />

nicht ungefiltert in das Reich gelangen.<br />

Die letzte Maschine verließ Stalingrad<br />

am 23. Januar 1943.<br />

Während des Rückzugs in die zerstörte<br />

Stadt verschärfte sich die sanitätsdienstliche<br />

Versorgung. Verbandplätze<br />

durften nur in Feindeshand fallen,<br />

wenn vorher alle Ärzte und das Sanitätspersonal<br />

abgezogen wurden, die<br />

Verwundeten wurden häufig einfach<br />

ihrem Schicksal überlassen.<br />

Durch den Verlust der Flugplätze<br />

konnte am Ende aus der Stadt niemand<br />

mehr ausgeflogen werden. Es fehlte an<br />

schmerzstillenden Medikamenten.<br />

Eine Registrierung der Verwundeten<br />

fand nicht mehr statt, die Toten blieben<br />

einfach liegen. Die noch kampffähigen<br />

Soldaten waren geschwächt und apathisch,<br />

sie reagierten häufig nicht einmal<br />

mehr, wenn sie angesprochen wurden.<br />

Da nur noch verunreinigtes Wasser<br />

zur Verfügung stand, brach die Ruhr<br />

aus. Die blutigen Durchfälle belasteten<br />

die Kampffähigkeit. Die Verlausung<br />

und der Typhus nahmen ebenfalls zu.<br />

Ab Dezember 1942 traten ungeklärte<br />

Todesfälle bei der Armee auf. Die Soldaten<br />

starben einfach ohne erkennbaren<br />

Grund. Ein eingeflogener Pathologe<br />

stellte fest, dass die Armee langsam<br />

verhungerte. Der Kräfteverfall der<br />

Truppen, insbesondere auch beim Sanitätspersonal,<br />

bewirkte, dass sich das<br />

medizinische Versorgungssystem zusehends<br />

auflöste. Verwundete erhielten<br />

keine Verpflegung mehr und blieben<br />

deshalb bei ihren Einheiten. Um die<br />

Kampfkraft zu erhalten, mussten zahl­<br />

Hero Kuck<br />

reiche Sanitäter der Division die Lücken<br />

bei der Infanterie stopfen. Mit <strong>dem</strong> Beginn<br />

der sowjetischen Offensive ab<br />

<strong>dem</strong> 10. Januar verschärfte sich die<br />

Lage für die Verwundeten noch weiter.<br />

Eine organisierte medizinische Versorgung<br />

existierte nicht mehr. Verwundete,<br />

Kranke und Hungernde flohen in<br />

das Stadtzentrum. Da es dort jedoch<br />

keine Unterkünfte gab, erfroren sie zu<br />

Hunderten. Ein Funkspruch vom 24. Januar<br />

1943 an die Heeresgruppe Don<br />

verdeutlicht die chaotische Situation<br />

der sterbenden 6. Armee: »Grauenhafte<br />

Zustände im engeren Stadtgebiet, wo<br />

etwa 20 000 Verwundete unversorgt in<br />

Häuserruinen Obdach suchen. Dazwischen<br />

ebenso viele Ausgehungerte,<br />

Frostkranke und Versprengte, meist<br />

ohne Waffen, die im Kampf verloren<br />

gingen. Starkes Artilleriefeuer auf<br />

ganzem Stadtgebiet.«<br />

Am 23. Januar 1943 befand sich die<br />

Chirurgengruppe der 2. Sanitätskompanie<br />

in Karpowka, wo auch das Feldlazarett<br />

war. Es ist anzunehmen, dass<br />

sich die Sanitätskompanie in den Nordteil<br />

des Kessels flüchtete, als Karpowka<br />

von den Sowjets überrannt wurde.<br />

Dort verlieren sich die Spuren. Die<br />

Rote Armee vernichtete die Reste der<br />

Division. In vielen Häusern und Kellern<br />

vegetierten die verletzten und erkrankten<br />

Soldaten nur mehr vor sich<br />

hin. Am 31. Januar ging der Oberbefehlshaber<br />

der 6. Armee, Friedrich Paulus,<br />

in Gefangenschaft, und am 3. Februar<br />

gab das Oberkommando der<br />

Wehrmacht bekannt: »Der Kampf um<br />

Stalingrad ist zu Ende.« Das galt jedoch<br />

nicht für die verwundeten und<br />

erkrankten Soldaten, die nur langsam –<br />

und oftmals auch gar nicht – sich von<br />

ihren Verletzungen erholten. Für die<br />

Überlebenden der 6. Armee begann<br />

mit der Kriegsgefangenschaft ein<br />

neues, jahreslanges Leiden.<br />

Literaturtipps<br />

Christoph Schneider<br />

Eckehart Guth (Hrsg.), Sanitätswesen im Zweiten Weltkrieg,<br />

Bonn 1990 (= <strong>Vor</strong>träge zur Militärgeschichte, 11).<br />

Christian Hartmann, Unternehmen Barbarossa. Der deutsche<br />

Krieg im Osten 1941–1945, München 2011.<br />

Wolfgang Kirstein, Rekonstruktionen eines Tage-Buches.<br />

Die 295. Infanterie-Division 1939–1945, Langelsheim<br />

2004.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

21


Service<br />

Napoleon Bonaparte stiftete 1802<br />

als Erster Konsul den wichtigsten<br />

Orden Frankreichs, dessen<br />

Statuten mehrfache Veränderungen<br />

erfuhren. Während der letzten zweihundertzehn<br />

Jahre wurden mehr als<br />

eine Million Zivilisten und Militärs mit<br />

<strong>dem</strong> <strong>Kreuz</strong> der Ehrenlegion ausgezeichnet.<br />

Besonders in den Kriegen des<br />

20. Jahrhunderts stieg die Zahl der Ordensträger<br />

von 50 000 im Jahre 1914<br />

auf über 300 000 im Jahre 1963. Ein Jahr<br />

zuvor war auf Anweisung des französischen<br />

Staatspräsidenten Charles de<br />

Gaulle ein neuer Kodex festgelegt und<br />

am 3. Dezember ein neuer nationaler<br />

Verdienstorden geschaffen worden.<br />

Dadurch sank in den folgenden Jahren<br />

die Zahl der Ordensträger der Ehrenlegion<br />

auf weniger als 100 000. Jährlich<br />

werden etwa 3500 Kandidaten neu vorgeschlagen,<br />

davon 2200 Zivilisten. Der<br />

Kodex legt fest, dass je nach Grad und<br />

Würde nicht mehr als 125 000 lebende<br />

Träger die Auszeichnung tragen dürfen:<br />

75 Großkreuzträger, 250 Großoffiziere,<br />

1250 Kommandeure, 10 000 Offiziere,<br />

1<strong>13</strong> 425 Ritter der Ehrenlegion.<br />

2012 zählte der Orden ungefähr 93 000<br />

Mitglieder, eine Zahl, die seit ungefähr<br />

zehn Jahren stabil geblieben ist.<br />

Aus historischen Gründen erfolgten<br />

lange Zeit vorwiegend Nominierungen<br />

aus den Reihen der Militärs, seit 1970<br />

stieg allerdings die Zahl der Zivilisten<br />

stetig an. Diese stellen heute zwei Drittel<br />

der Ausgezeichneten. Die Auszeichnung<br />

illustriert die Gesamtheit der Aktivitäten<br />

des Landes und ist ein getreues<br />

Spiegelbild der französischen Nation.<br />

»Die Ehrenlegion ist die höchste nationale<br />

Auszeichnung. Sie wird als Belohnung<br />

vergeben für herausragende Verdienste<br />

an die Nation, sei es im zivilen<br />

oder militärischen Bereich.« (Artikel R 1<br />

des Codex der Ehrenlegion vom 28. November<br />

1962).<br />

Der Präsident der Französischen Republik<br />

ist der Großmeister der Ehrenlegion.<br />

Er ernennt den Großkanzler,<br />

der für einen Zeitraum von sechs Jahren<br />

aus den Reihen der Großkreuzträger<br />

ausgewählt wird. Dieser steht <strong>dem</strong><br />

Rat des Ordens vor und führt, assistiert<br />

von einem Generalsekretär, die Großkanzlei.<br />

Er ist auch Kanzler des von<br />

Präsident de Gaulle gestifteten Nationalen<br />

Verdienstordens.<br />

Der Rat des Ordens wiederum setzt<br />

sich aus 17 Mitgliedern zusammen, die<br />

Das historische Stichwort<br />

jeweils die Gesamtheit der französischen<br />

Gesellschaft repräsentieren. Er<br />

berät über Statutsfragen, das Ratsbudget,<br />

über die Ernennungen, Beförderungen<br />

und die Disziplin der Mitglieder.<br />

Er ist weiterhin für die Verleihung der<br />

Militärmedaille zuständig, die am 22. Januar<br />

1852 gestiftet wurde.<br />

Die Großkanzlei verwaltet den Orden<br />

der Ehrenlegion, die Militärmedaille<br />

sowie den nationalen Orden<br />

»Pour le Mérite«. Sie ist eine autonome<br />

Institution mit einer eigenen Tradition.<br />

Sie hat ihren Sitz im Palais de Salm, das<br />

im Jahre 1804 von Graf Bernard de Lacépède,<br />

<strong>dem</strong> ersten Großkanzler des<br />

Ordens, gekauft wurde.<br />

Im Übrigen unterstehen der Großkanzlei<br />

das Museum und die Schulen<br />

der Ehrenlegion, die durch Napoleon I.<br />

gegründet wurden: die Töchter, Enkeltöchter<br />

und Urenkeltöchter der Mitglieder<br />

beider nationaler Orden sowie<br />

des militärischen Ordens werden dort<br />

unterrichtet. Es handelt sich um Internate<br />

mit jeweils einem Collège in Saint<br />

Germain en Laye und einem Lyceum<br />

in der ehemaligen königlichen Abtei in<br />

Saint­Denis.<br />

22 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

Die französische Ehrenlegion<br />

– La Légion d´honneur<br />

5Kaiser Napoleon I. überreicht <strong>dem</strong> Grenadier Lazareff das <strong>Kreuz</strong> der Ehrenlegion,<br />

Tilsit am 7. Juli 1807. Gemälde (Öl auf Leinwand, 1808) von Jean Baptiste Debret.<br />

Das Museum der Ehrenlegion im Palais<br />

de Salm ist eines der wenigen Spezial­Museen<br />

auf der Welt, die sich mit<br />

Orden beschäftigen. Neben der Möglichkeit,<br />

darin vertiefte Studien zu betreiben,<br />

soll das Museum die Ordensgeschichte<br />

ausstellen, vor allen Dingen<br />

jedoch die Prinzipien, Erfordernisse<br />

und Werte aufzeigen, für die die nationalen<br />

französischen Orden seit ihrer<br />

Gründung stehen.<br />

Die Mitglieder des Ordens<br />

Jeder Franzose und jede Französin, die<br />

der französischen Nation große Dienste<br />

erwiesen haben, können für die Ehrenlegion<br />

vorgeschlagen werden. Die jeweiligen<br />

Minister sammeln <strong>Vor</strong>schläge<br />

aus ihren Ressorts, aus der staatlichen<br />

Verwaltung sowie aus der Gesellschaft<br />

insgesamt. Seit 2008 kann jeder französische<br />

Bürger, festgelegt nach genau<br />

bestimmten Modalitäten (durch 50 Unterschriften<br />

aus <strong>dem</strong>selben Département)<br />

eine Person vorschlagen, die für<br />

einen der beiden nationalen Orden<br />

erstmalig nominiert wird. Durch dieses<br />

Verfahren soll gewährleistet werden,<br />

bpk/RMN-Grand Palais/Daniel Arnaudet


dass, <strong>dem</strong> Wunsch des Präsidenten der<br />

Republik entsprechend, bei der Zusammensetzung<br />

der Ordensträger die<br />

Vielfalt der französischen Gesellschaft<br />

repräsentiert wird und alle Franzosen<br />

in die Aufgabe einbezogen werden,<br />

diejenigen zu würdigen, die der Nation<br />

dienen. An Minister, Parlamentarier<br />

und Mitglieder des Kabinetts darf<br />

der Orden der Ehrenlegion während<br />

der Dauer ihres Mandats nicht verliehen<br />

werden.<br />

Verlauf einer Ordensverleihung<br />

Zunächst muss der betreffende Minister<br />

ein Memorandum über die offenkundigen<br />

Verdienste des Kandidaten<br />

verfassen. Erst wenn dieses Dossier<br />

von der Großkanzlei positiv bewertet<br />

worden ist, erfolgt die Entscheidung<br />

des Ordensrates. Die Beurteilung der<br />

außerordentlichen Verdienste ist eine<br />

schwierige und komplexe Aufgabe.<br />

Der Ordensrat stützt sich dabei auf die<br />

Statuten der Legion, um seiner Kontrollfunktion<br />

zu genügen. Er versichert<br />

sich der tatsächlichen Verdienste und<br />

prüft, ob es darüber auch nur den leisesten<br />

Zweifel gibt. Von besonderen<br />

Ausnahmefällen abgesehen, gelten bei<br />

der Verleihung strikte Zeitvorgaben:<br />

5Joachim Murat (1767–1815) als Großadmiral<br />

und Mitglied der Ehrenlegion.<br />

Gemälde (Öl auf Leinwand 1835) von<br />

Charles Victor Eugène Lefebvre nach<br />

einer <strong>Vor</strong>lage von François Pascal<br />

Simon Gérard.<br />

bpk/RMN – Grand Palais/Gérard Blot<br />

5Das Palais der Ehrenlegion, Stahlstich um 1850.<br />

20 Jahre Tätigkeit im Öffentlichen<br />

Dienst oder im Berufsleben, um zum<br />

Ritter ernannt zu werden. Weitere acht,<br />

um zum Offizier, und zusätzlich fünf,<br />

um zum Kommandeur, dann noch drei<br />

Jahre, um zum Großoffizier ernannt zu<br />

werden, und schließlich noch einmal<br />

drei Jahre, um das Großkreuz zu bekommen.<br />

Jede Ernennung oder Rangerhöhung<br />

bedarf neuer Verdienste.<br />

Ernennungen und Rangerhöhungen<br />

werden per Dekret vom Präsidenten<br />

der Republik, <strong>dem</strong> Großmeister des<br />

Ordens, unterzeichnet und im »Journal<br />

officiel de la République française« veröffentlicht.<br />

Die Zugehörigkeit zum Orden<br />

erfolgt erst nach der Verleihungszeremonie<br />

durch ein Mitglied, das der<br />

Kandidat ausgewählt hat, das zumindest<br />

gleichrangig sein muss und das<br />

der Großkanzler dazu ermächtigt hat.<br />

Die Ehrenlegion stellt eine lebende<br />

Elite dar. Der Orden kann allerdings<br />

auch Verstorbenen verliehen werden,<br />

wenn diese bei der Erfüllung ihrer<br />

Pflichten getötet wurden.<br />

Rechte, Pflichten und<br />

Ernennungen<br />

Die Ehrenlegion ist mit keinerlei <strong>Vor</strong>teilen<br />

oder Privilegien verbunden;<br />

lediglich ein geringer Ehrensold wird<br />

gewährt. Die Verurteilung durch ein<br />

Gericht wegen eines Verbrechens oder<br />

eines Vergehens zu einem Jahr Gefängnis<br />

oder einer höheren Strafe führt automatisch<br />

zum Ausschluss aus <strong>dem</strong> Orden.<br />

Geringere Strafen oder ehrenrühriges<br />

Verhalten führen zu drei möglichen<br />

Strafen: Rüge, Suspendierung oder<br />

Ausschluss. Die Rüge wird durch den<br />

Großkanzler ausgesprochen. Eine Suspendierung<br />

oder ein Ausschluss erfolgen<br />

per Dekret durch den Präsidenten<br />

der Republik.<br />

Jedes Jahr gibt es für Zivilisten drei<br />

Ernennungstermine: am 1. Januar, zu<br />

Ostern und am 14. Juli. Die Ernennungen<br />

für aktive Militärangehörige<br />

erfolgen zu Beginn des Monats Juli, für<br />

Reservisten und Kriegsverletzte im<br />

Mai und für ausländische Staatsbürger<br />

im Laufe der ersten drei Monate des<br />

Jahres.<br />

Gleichberechtigung<br />

Erst im Jahre 1851, während der Zweiten<br />

Republik, wurde die erste Frau mit<br />

<strong>dem</strong> Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet:<br />

Angélique Brulon (1772–1859),<br />

während der Revolutionskriege »Sergent«<br />

im Linienregiment Nr. 42, schwer<br />

verwundet bei der Ausübung ihrer<br />

Pflichten, wurde 1798 offiziell als Versehrte<br />

in das Kriegsinvalidenheim<br />

(Hôtel des Invalides) aufgenommen<br />

und 1822 zum »Sous­Lieutenant« ernannt.<br />

1912 gehörten nur an die hundert<br />

Frauen der Ehrenlegion an; das waren<br />

0,25 Prozent der Mitglieder. Durch die<br />

traditionellen gesellschaftlichen Verhältnisse,<br />

die den Platz der Frauen in<br />

der Gesellschaft bestimmten, konnten<br />

sie die erforderliche Anzahl von Dienstjahren<br />

nicht erbringen, die <strong>Vor</strong>aussetzung<br />

für die Aufnahme in die Ehrenlegion<br />

war.<br />

Die Integration von Frauen in den<br />

Orden spiegelt den langsamen Prozess<br />

ihrer Emanzipation und Integration in<br />

die Berufswelt wider. Noch im Jahre<br />

1985 stellten die Frauen nur 7,8 Prozent,<br />

2006 schon 18 Prozent der Mitglieder<br />

der Ehrenlegion. Seit der Präsidentschaft<br />

von Nicolas Sarkozy werden<br />

ebenso viele Frauen wie Männer in die<br />

Ehrenlegion sowie in die nationalen<br />

Verdienstorden aufgenommen, um ihrem<br />

Anteil an den gesellschaftlichen<br />

Aufgaben Rechnung zu tragen.<br />

Michael Berger und<br />

Nicoleta Rohrlich-Berger<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

23<br />

bpk


24<br />

Service<br />

Heeresbericht<br />

Die Bücher »Im Westen nichts<br />

Neues« von Erich Maria Remarque<br />

oder »In Stahlgewittern« von Ernst<br />

Jünger sind weltbekannt und haben<br />

hohe Auflagen erreicht. Der Roman<br />

»Heeresbericht« von Edlef Köppen<br />

steht eher in deren Schatten. Er erschien<br />

1930, wurde von den Nazis bereits<br />

1933 verboten und blieb dann<br />

lange Zeit zu Unrecht nahezu vergessen.<br />

Inzwischen liegt er als Hörbuch<br />

vor. Wie einst Kurt Tucholsky als Leser<br />

durch das gedruckte Buch in den Bann<br />

gezogen wurde, so wird der Hörer<br />

durch die akustische Inszenierung in<br />

eine Welt geführt, die erschreckender<br />

nicht sein kann.<br />

Köppens Protagonist, der Student<br />

Adolf Reisiger, meldet sich als Kriegsfreiwilliger<br />

und erlebt den Krieg im<br />

Jahre 1914 zunächst in Frankreich bei<br />

einem Feldartillerieregiment. Alsbald<br />

schon nimmt seine Odyssee des Schreckens<br />

ihren Lauf: angefangen vom Anblick<br />

der ersten Kriegsversehrten und<br />

Toten über die »Materialschlachten«<br />

bis hin zu den Gräueln des sich ausweitenden<br />

Gaskriegs. 1916 wird Reisiger<br />

verwundet, nach seiner Genesung<br />

wird er an die Ostfront versetzt. Nach<br />

<strong>dem</strong> Friedensschluss von Brest­Litowsk<br />

am 3. März 1918 wird seine Einheit<br />

an die Westfront nach Frankreich<br />

verlegt. Im Range eines Leutnants der<br />

Edlef Köppen, Heeresbericht. Regie:<br />

Karmers. Ungekürzt gelesen von<br />

Peter Bieringer, Dieter Thomas Heck,<br />

Frank Arnold, Uwe Friedrichsen u.a.,<br />

11 Audio­CDs, 776 Min., 32 S. Booklet,<br />

Königs Wusterhausen, Edition<br />

Apollon 2012. ISBN 3941940112;<br />

39,90 Euro<br />

Neue Medien<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

Reserve erlebt er nun die letzten Versuche<br />

der Obersten Heeresleitung,<br />

durch Großoffensiven eine Wende des<br />

Krieges herbeizuführen. War Reisiger<br />

anfangs noch von Idealismus und Opferbereitschaft<br />

geprägt, so muss er<br />

durch seine Erlebnisse im Kriegsalltag<br />

zunehmend erkennen, dass nicht nur<br />

Land und Flur leiden, sondern die<br />

Seele selbst daran zerbricht. Er bricht<br />

psychisch zusammen und wird in eine<br />

Nervenheilanstalt eingewiesen.<br />

Die Aufnahmen der elf CDs bestechen<br />

durch ihre Montagetechnik im<br />

Stile des von Karl Kraus einem<br />

Marstheater zugedachten Dramas »Die<br />

letzten Tage der Menschheit«. So werden<br />

diverse O­Töne genutzt, um den<br />

Hörern den Zeitgeist näher zu bringen,<br />

etwa Heeresberichte, Divisionsbefehle,<br />

Politikeransprachen usw. Das Hörbuch<br />

zeigt den Krieg in all seiner bis ins<br />

Mark erschütternden Form von Leid<br />

und Elend. Doch endet das Werk nicht<br />

mit der Ohnmacht des Protagonisten,<br />

sondern mit einer klaren Erkenntnis:<br />

Krieg ist das größte aller Verbrechen.<br />

Christopher Hanitzsch Karten, Grafiken und mit musikalischer<br />

Untermalung dargestellt wird.<br />

Ähnlich sind dann die wahlweise zu<br />

nutzenden Filme zu den Einzelepochen<br />

(»Dreißigjähriger Krieg«, »Revolu­<br />

Längsschnitt Krieg und Frieden<br />

Die Münsteraner Firma Anne Roerkohl<br />

DokumentARfilm bietet eine<br />

große Auswahl von interaktiven DVDs<br />

zur Unterrichtsgestaltung. Zwei Ausgaben<br />

ihrer Reihe »Geschichte interaktiv«<br />

widmet sie jetzt den Themen<br />

»Krieg« und »Frieden«.<br />

Die beiden Ausgaben sind im Prinzip<br />

gleich aufgebaut: Sie enthalten jeweils<br />

eine DVD und eine CD; die DVD mit<br />

den eigentlichen Unterrichtsmaterialien,<br />

die CD mit <strong>dem</strong> didaktischen Begleitmaterial.<br />

Die DVD bietet jeweils einen<br />

Überblicksfilm. Die Ausgabe zum<br />

»Krieg« beleuchtet das Thema seit der<br />

Frühen Neuzeit unter verschiedenen<br />

Aspekten: »Symmetrische und asymmetrische<br />

Kriege«, »Legitimierung«, »Totaler<br />

Krieg«, »Gewalt«, »Propaganda<br />

und Medien«, »Neue und alte Kriege.<br />

Ein Vergleich«. Kerstin von Lingen,<br />

Herfried Münkler, Sönke Neitzel und<br />

Edgar Wolfrum erläutern in kurzen<br />

Wortbeiträgen, was dann in Filmausschnitten,<br />

zeitgenössischen Bildern,<br />

Längsschnitt Krieg und Frieden, Teil<br />

1: Krieg (= Geschichte interaktiv – das<br />

moderne medienkonzept für den<br />

unterricht, 16), 1 DVD, <strong>13</strong>0 Min. (bilingual<br />

Deutsch/Englisch), mit didaktischem<br />

Begleitmaterial (CD­ROM).<br />

ISBN 978­3­9812564­8­2; 49,90 Euro<br />

tionskriege und napoleonische Kriege«,<br />

»Erster Weltkrieg«, »Zweiter Weltkrieg«,<br />

»Kalter Krieg«, »Neue Kriege«)<br />

aufgebaut, die zusätzliche hochkarätige<br />

Spezialisten für die jeweilige Epoche<br />

aufbieten. So vielseitig das ausgebreitete<br />

Material ist, diese Filme lassen<br />

sich im Unterrichtsgeschehen jeweils<br />

nur am Stück einsetzen – die Dauer des<br />

Einzelfilms liegt zwischen 15 und<br />

22 Minuten, also doch vom Drittel bis<br />

zur Hälfte einer Unterrichtsstunde.<br />

Hinzuzufügen ist, dass Teile der Tonspur<br />

sowie die Bilduntertitel jeweils<br />

auch in gutem Englisch angeboten werden;<br />

das ändert nichts daran, dass der<br />

inhaltliche Schwerpunkt der DVD weit<br />

überwiegend auf eine deutsche Perspektive<br />

ausgerichtet ist.<br />

Die Filme sind in ihrem Aufbau eher<br />

klassische Unterrichtsfilme: Sie bieten<br />

eine konkrete Sicht auf das Thema (die<br />

auf den Kalten Krieg ist gelegentlich<br />

unerfreulich äquidistant zwischen Ost<br />

und West), offerieren eher Information,<br />

als dass sie zu Fragen auffordern oder<br />

unterschiedliche Interpretationen herausfordern.


neue<br />

und umfassend angegangen wird. Da­<br />

Gleichwohl ist es bemerkenswert,<br />

dass in einem für den Schulunterricht<br />

gedachten Werk nicht nur der Frieden,<br />

sondern auch das Thema »Krieg« ausdrücklich,<br />

wissenschaftlich fundiert<br />

rin zeigt sich eine erstaunliche Entwicklung<br />

geschichtsdidaktischer Trends.<br />

Winfried Heinemann<br />

Portal Militärgeschichte<br />

Der Arbeitskreis Militärgeschichte<br />

e.V., gegründet 1995, dient <strong>dem</strong><br />

Austausch in der geschichtswissenschaftlichen<br />

Forschung zu Militär und<br />

Krieg. Seine Arbeit erweiterte der Verein<br />

in diesem Jahr mit <strong>dem</strong> Start eines<br />

eigenen Themenportals zur Militärgeschichte,<br />

das die Ziele der Vereinigung<br />

in das vernetzte Zeitalter tragen soll.<br />

Dazu werden Forschungsberichte, Projektskizzen<br />

und aka<strong>dem</strong>ische Ankündigungen<br />

bereitgestellt. Das Portal<br />

spricht aber nicht nur Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler an, auch<br />

für den militärhistorisch interessierten<br />

»Laien« bietet die Seite genügend Material.<br />

Rubriken wie »Militärgeschichte<br />

aktuell« und »Stichtag« greifen Zugänge<br />

des Feuilletons auf und laden<br />

zur weiteren Auseinandersetzung mit<br />

derartigen Themen ein. Den Anfang<br />

machte eine Serie von Interviews mit<br />

namhaften Historikern, die ihre Forschungen<br />

und Pläne zu Vergangenheit,<br />

Gegenwart und Zukunft der Militärgeschichtsschreibung<br />

darlegen. Zu<strong>dem</strong><br />

wurden bereits mehrere Essays veröffentlicht,<br />

die die gesamte Bandbreite<br />

des Faches Militärgeschichte abbilden<br />

– von der Darstellung des Krieges in<br />

http://portal-militaergeschichte.de/<br />

Computerspielen über Sicherheitsdebatten<br />

in der Neuzeit bis zur militärischen<br />

Futurologie im Kalten Krieg. In<br />

der Rubrik »Klassiker« wiederum werden<br />

bedeutende Aufsätze online gestellt,<br />

die die Forschung geprägt haben<br />

und noch immer wichtig sind. Sollte<br />

nach der Lektüre noch weiterer Bedarf<br />

an Quellen, Materialien und Informationen<br />

bestehen, kann auf das Linkverzeichnis<br />

zurückgegriffen werden. Dort<br />

werden wichtige Internetressourcen zu<br />

verschiedenen Epochen und Themen<br />

von militärhistorischem Interesse gesammelt.<br />

Hinzu kommen Kontaktdaten<br />

zu Archiven, Forschungseinrichtungen<br />

und Bibliotheken.<br />

Es steht außer Frage, dass das sich<br />

Portal vornehmlich an forschende Nutzerinnen<br />

und Nutzer richtet. Nichtsdestoweniger<br />

wird es auch bei einem<br />

breiteren Publikum auf Interesse stoßen,<br />

da es ein vielschichtiges Angebot<br />

bereithält, das fundierte Informationen<br />

und zahlreiche Anregungen bietet. Der<br />

epochen­ und themenübergreifende<br />

Ansatz füllt eine bis dato bestehende<br />

Lücke im Sortiment des Internets. Es<br />

bleibt zu hoffen, dass der bislang gelungene<br />

Start eine erfolgreiche Fortsetzung<br />

findet fh<br />

E-Book<br />

Waterloo<br />

Die Lebens­ und Leidensgeschichte<br />

des 1787 geborenen Friedrich Lindau<br />

enthält Außergewöhnliches. Von<br />

den täglichen Drangsalen der französischen<br />

Besatzer in seiner Heimatstadt<br />

Hameln angewidert und zur offenen<br />

Opposition bereit, verlässt der junge<br />

Mann seine angestammte Heimat, um<br />

in der Fremde eine Möglichkeit zu suchen,<br />

gegen diese Besatzung mit Waffengewalt<br />

vorzugehen. Lindau findet<br />

sie als Soldat in britischer Uniform, in<strong>dem</strong><br />

er als Schütze des 2. leichten Linien­Bataillons<br />

der Königlich Deutschen<br />

Legion (King’s German Legion,<br />

KGL) auf spanischem Boden gegen die<br />

Franzosen kämpft. Selbst nach der ersten<br />

Abdankung Napoleons, dessen<br />

Rückkehr nach Frankreich und der erneut<br />

installierten Herrschaft bleibt Lindau<br />

seinem <strong>Vor</strong>satz treu und nimmt<br />

unter anderem an der Verteidigung<br />

des Gutshofes La Haye­Sainte im Zen­<br />

trum der Alliierten teil, dessen Behauptung<br />

durch die deutsch­britischen<br />

Truppen letztlich zum Sieg am 18. Juni<br />

1815 und der zweiten und endgültigen<br />

Abdankung des Kaisers der Franzosen<br />

führt. So, als wäre damit seine Schul­<br />

digkeit getan, lässt sich Lindau trotz<br />

der Widerstände seines Kommandeurs<br />

aus <strong>dem</strong> aktiven Militärdienst entlassen<br />

und kehrt nach all den schrecklichen<br />

und zum Teil sehr blutigen Erlebnissen<br />

wieder nach Hause zurück.<br />

Hier geht es nicht um Strategie oder<br />

Taktik; im Zentrum der Erinnerungen<br />

an die Jahre 1809 bis 1815, die ein mit<br />

Lindau befreundeter Hamelner Rektor<br />

anhand der Erzählungen des Schuhmachermeisters<br />

und ehemaligen Soldaten<br />

niederschreibt und 1846 erstmals<br />

publizieren lässt, steht das tägliche<br />

Überleben in der Schlacht und immer<br />

wieder die Beschaffung von Essen und<br />

Trinken für sich und seine Kameraden.<br />

Die Unmittelbarkeit der Schilderungen<br />

nimmt den Leser an der Seite des Protagonisten<br />

immer wieder mit ins Zentrum<br />

der Schlachtereignisse.<br />

Um eine Neuausgabe des Buches hat<br />

sich vor einigen Jahren der Kölner<br />

Fachverlag Amon verdient gemacht;<br />

seit 2009 liegt sogar eine englischsprachige<br />

Übersetzung vor. Dem Trend der<br />

Zeit folgend, wartet der Verlag neuerdings<br />

mit einem preiswerten E­Book<br />

auf. mt<br />

Friedrich Lindau, Ein Waterlookämpfer.<br />

Erinnerungen eines Soldaten aus den<br />

Feldzügen der königlich deutschen<br />

Legion, Köln 2012, 319 KB (Print 114 S.).<br />

ASIN B0093TKSDS; 9,99 Euro<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

25


Einhundert Jahre Krieg<br />

Dass sich ein Krieg mehr als einhundert<br />

Jahre hinzieht, erscheint unvorstellbar.<br />

Doch genau dies geschah,<br />

als sich England und Frankreich in nicht<br />

enden wollenden mörderischen Auseinandersetzungen<br />

des 14. und 15. Jahrhunderts<br />

befehdeten. England stellte<br />

seinen Anspruch auf den Thron und<br />

die Krone des Nachbarlandes und versuchte<br />

dies in mehreren Feldzügen auf<br />

französischem Boden durchzusetzen.<br />

In diesem 116 Jahre währenden Ringen<br />

zweier europäischer Königshäuser<br />

starben nicht nur Ritter und Soldaten.<br />

Der Krieg trug die Kampfhandlungen<br />

mitten unter die Bevölkerung. Dies geschah<br />

etwa in Form von Kaperfahrten<br />

französischer Schiffe an die englische<br />

Südküste, durch das Plündern und Verwüsten<br />

des französischen Kernlandes<br />

und der englisch besetzten Gebiete<br />

durch die »chevauchée« genannten<br />

Raubzüge der Engländer, Burgunder<br />

und Franzosen.<br />

Anne Curry beschreibt diesen hierzulande<br />

nur wenig bekannten Konflikt<br />

des ausgehenden Mittelalters. Die <strong>Vor</strong>geschichte,<br />

die einzelnen Kriegsparteien<br />

und der strategische Verlauf werden<br />

durch Kartenmaterial, Quellenauszüge<br />

und Bildmaterial ergänzt. Die<br />

Autorin widmet sich den politischen<br />

Verflechtungen und wirft unter anderem<br />

einen Blick auf das Aufkommen<br />

der ersten Feuerwaffen und die Weiterentwicklung<br />

der Infanterie zur schlagkräftigen,<br />

kostengünstigeren und entscheidenden<br />

Alternative gegenüber<br />

den teuer ausgerüsteten schweren Reiterverbänden.<br />

Anhand der Biografie<br />

dreier Soldaten zeichnet sie in einem<br />

Kapitel den Konflikt nach.<br />

Das Buch liefert ein eindrückliches<br />

Bild über den ersten Jahrhundertkonflikt<br />

der Geschichte. Zugleich zeigt<br />

es den Wandel der Kriegführung auf.<br />

Christopher Schmidt<br />

26<br />

Service<br />

Lesetipp<br />

Anne Curry, Der Hundertjährige<br />

Krieg<br />

(<strong>13</strong>37–1453), Darmstadt<br />

2012. ISBN: 978-3-<br />

86312-345-1, <strong>13</strong>6 S.,<br />

19,90 Euro<br />

Roms Legionen<br />

SPQR ist die Abkürzung für das lateinische<br />

Senatus Populusque Romanus<br />

(»Senat und Volk von Rom«).<br />

Sie ist noch heute auf den Wappen<br />

Roms zu finden. Einst führten die<br />

mächtigen Legionen jenen Schriftzug<br />

im Schatten des Adlers auf ihren Standarten<br />

mit.<br />

Was aber bedeutet der Begriff »Legion«,<br />

woher stammt er, was assoziiert man<br />

damit? Aufschluss gibt das aus <strong>dem</strong><br />

Englischen übersetzte Buch von Nigel<br />

Pollard und Joanne Berry. Akribisch<br />

beschreiben die beiden Autoren, was<br />

es mit den »militärischen Eliteeinheiten«<br />

auf sich hatte. Angefangen in der<br />

Zeit der Republik über die Kaiserzeit<br />

Nigel Pollard und<br />

Joanne Berry,<br />

Die Legionen Roms,<br />

Stuttgart 2012. ISBN<br />

978-3-8062-2633-1;<br />

240 S., 34,95 Euro<br />

bis hin zur Spätantike, wird umfassend<br />

über Rekrutierungen, Formationen,<br />

Reformen sowie Schlachtverläufe berichtet.<br />

Auch über Organisationen und<br />

Befehlsstrukturen, die vom Kaiser des<br />

»imperium romanum« nach unten<br />

über die Tribune auf die Kohortenführer<br />

bis zum einfachen Legionär reichten,<br />

wird ausführlich Zeugnis abgelegt.<br />

Illustrationen, Abbildungen von<br />

Büsten und Darstellungen antiker Reliefs<br />

geben Aufschluss über die einst so<br />

große Zeit des Weltreiches. Der purpurrot<br />

gebundene Einband des 240 Seiten<br />

umfassenden Werkes ähnelt der<br />

Farbe der einst von den Centurionen<br />

(Hauptleuten) getragenen Tunika.<br />

Diese Farbe sollte an den Blutzoll vergangener<br />

Schlachten gemahnen.<br />

Das Buch verfügt über ein ausführliches<br />

Glossar. Für den Leserkreis, der<br />

mit dieser Publikation angesprochen<br />

werden soll, wäre noch etwas mehr<br />

deutschsprachige Literatur in der Bibliografie<br />

hilfreich gewesen. Das Buch<br />

ist jedoch allemal ein Gewinn für jene,<br />

die sich für das römische Legionärswesen<br />

interessieren.<br />

Christopher Hanitzsch<br />

Feldherren der Antike<br />

Vicco von Bülow alias Loriot hielt<br />

den römischen Schreckensruf<br />

»Hannibal vor den Toren« für so bekannt,<br />

dass er ihn in veränderter Form<br />

für einen Filmtitel nutzte: »Papa ante<br />

Portas«. Die übrigen antiken Heerführer<br />

sind nicht mehr ganz so bekannt,<br />

sieht man einmal von Alexander <strong>dem</strong><br />

Großen, Pyrrhos oder Julius Cäsar ab.<br />

Stephan Elbern will dies ändern und<br />

versammelt zu diesem Zweck 54 bedeutende<br />

Feldherren der Antike in seinem<br />

hier anzuzeigenden Band. Die<br />

Protagonisten werden in ein­ bis sechsseitigen<br />

Beiträgen vorgestellt. Zu Beginn<br />

werden jeweils Mensch und Bedeutung<br />

charakterisiert, es folgen ein<br />

politischer und militärischer Überblick,<br />

schließlich ein Quellen­ oder Literaturzitat<br />

aus der Wirkungsgeschichte. Fotos,<br />

Land­ und Schlachtkarten sowie<br />

Literaturtipps runden die Kurzbiografien<br />

ab. Elbern weitet seinen Blick in<br />

Gestalt von fünf Personen auf den alten<br />

Orient, also auf Assyrien, Mesopotamien<br />

und Ägypten, aus.<br />

Die übrigen 49 Feldherren sind in alphabetischer<br />

Folge <strong>dem</strong> klassischen<br />

Altertum entnommen. Hierbei bezieht<br />

Elbern auch die Gegner der Römer mit<br />

ein. Somit finden Alarich, Arminius,<br />

Attila, Boudicca, die Heldin Britanniens,<br />

der Gote Fritigern, der Sklave<br />

Spartacus oder der vielen durch die<br />

Asterix­Hefte bekannte Gallier Vercingetorix<br />

Eingang in das Buch. Selbstverständlich<br />

sind Persönlichkeiten wie<br />

Alkibiades, Konstantin der Große, Epameinondas,<br />

der Vater der »schiefen<br />

Schlachtordnung«, Nero, Germanicus,<br />

Marc Aurel, Marius, Sulla, Themistokles<br />

und Trajan verzeichnet. Wer sich<br />

für die Antike begeistert, wird hier<br />

kurzweilig belohnt.<br />

hp<br />

Stephan Elbern,<br />

Schwert und Geist.<br />

Bedeutende Heerführer<br />

des Altertums, Darmstadt,<br />

Mainz 2012. ISBN<br />

978-3-8053-4522-4;<br />

140 S., 24,99 Euro


Die Erfindung der Deutschen<br />

Wer sind nur diese Germanen?<br />

Wie verhalten sie sich, wie leben<br />

sie, welche Sitten und Bräuche pflegen<br />

sie? Diese Fragen wurden bereits im<br />

1. Jahrhundert gestellt und von einem<br />

römischen Historiker auf ca. 30 Seiten<br />

behandelt. Die »Germania« ist eine<br />

derart berühmte und zugleich berüchtigte<br />

Schrift der Antike, dass es verwunderlich<br />

anmutet, dass sie erst jetzt<br />

als »gefährliches Buch« in den Blickpunkt<br />

gerückt ist. Das Werk von Publius<br />

Cornelius Tacitus »übte über einen derart<br />

langen Zeitraum hinweg – insgesamt<br />

waren es 450 Jahre – einen so großen<br />

Einfluss aus, weil ›Deutschland‹<br />

viele Jahrhunderte lang nur ein Produkt<br />

der Phantasie war« (S. 15). Im<br />

»Dritten Reich« wurde das »goldene<br />

Christopher B. Krebs, Ein<br />

gefährliches Buch – Die<br />

»Germania« des Tacitus und<br />

die Erfindung der Deutschen,<br />

München 2011. ISBN<br />

978-3-421-04211-8; 352 S.,<br />

24,99 Euro<br />

Büchlein« rezipiert, um der »germanischen<br />

Vergangenheit« eine »deutsche<br />

Zukunft« anzudichten (S. 288).<br />

Der Altphilologe Christopher B.<br />

Krebs behandelt in seinem Werk diesen<br />

Germanenmythos und die Rezeption<br />

der Schrift über die Jahrhunderte<br />

hinweg. Zunächst zeigt er auf, dass Tacitus<br />

selbst nie die von ihm beschriebenen<br />

Germanen selbst gesehen und<br />

erlebt hat. Sein Ziel war es, der römischen<br />

Gemeinschaft ihre Dekadenz<br />

aufzuzeigen, in<strong>dem</strong> er den »Germanen«<br />

als moralisch standhaft und<br />

kämpferisch <strong>dem</strong> übermäßigen Luxus<br />

der Römer entgegenhielt. Wie dieses in<br />

nur einem einzigen Exemplar erhaltene<br />

Werk die Jahrhunderte überlebte<br />

und im 15. Jahrhundert wiederentdeckt<br />

wurde, das kann in diesem hervorragend<br />

erzählten Buch leicht fassbar<br />

nachgelesen werden. Krebs zeigt<br />

auf, wie die Herrschenden Tacitus‘<br />

Aussagen bis in die Zeit des Nationalsozialismus<br />

für Ihre Zwecke instrumentalisierten.<br />

Das Werk ist <strong>dem</strong> an<br />

der Gefahr eines Büchleins Interessierten<br />

sehr zu empfehlen. is<br />

Luftwaffe<br />

Nachschlagewerke eignen sich nur<br />

begrenzt als Gute­Nacht­Lektüre,<br />

gewinnen für gewöhnlich keine Nobelpreise<br />

und sind trotz<strong>dem</strong> äußerst wichtig.<br />

Oberstleutnant a.D. Jürgen Zapf,<br />

u.a. beim Luftwaffenmuseum in Berlin­Gatow<br />

eingesetzt, hat inzwischen<br />

den siebten Band seiner Reihe über<br />

Flugplätze der Luftwaffe der Wehrmacht<br />

vorgelegt. Er behandelt darin<br />

die Bundesländer Niedersachsen und<br />

Bremen. Das Buch ist in drei große Abschnitte<br />

gegliedert.<br />

Die Einführung verzeichnet die zeitgenössische<br />

Definition der Flugplätze,<br />

die sich in neun Gruppen vom Fliegerhorst<br />

über die Einsatzhäfen bis hin zu<br />

Feldflug­, Gefechtslande­, Arbeits­ und<br />

Industrieplätzen gliederten. Es folgt<br />

ein Abschnitt über Bauten der Luftwaffe.<br />

Der Hauptteil schließlich ist mit<br />

»Airfield Schedule« überschrieben.<br />

Insgesamt werden 106 Flugplätze vorgestellt.<br />

Der Autor schöpft bei seiner<br />

Darstellung aus zeitgenössischen deutschen<br />

Quellen und Karten, aus alliierten<br />

Luftbildaufnahmen sowie aus heutigen<br />

Detailfotos. Darüberhinaus informiert<br />

er über die Lage der Flugfelder,<br />

über ihre Geschichte nebst Denkmalen,<br />

aber auch über die Stationierung der<br />

einzelnen Truppenteile, teilweise bis in<br />

die Gegenwart. Hinzu kommen die<br />

entsprechenden Angaben zur bodengebundenen<br />

Luftverteidigung (Flak)<br />

und zur für die Luftwaffe so wichtigen<br />

Logistik. Der Autor informiert zu<strong>dem</strong><br />

über den heutigen Zustand der Plätze.<br />

Die Detailaufnahmen sind eine Fundgrube<br />

für alle, die an Bau­, Kultur­,<br />

Memorial­ und sogar Mentalitätsgeschichte<br />

Interesse haben. Jürgen Zapf<br />

hat eine beeindruckende Pionierleistung<br />

vollbracht, die als Basis für weitere<br />

Forschungen dienen kann.<br />

hp<br />

Jürgen Zapf,<br />

Flugplätze der Luftwaffe<br />

1934–1945<br />

– und was davon<br />

übrig blieb, Bd 7:<br />

Niedersachsen &<br />

Bremen, Zweibrücken<br />

2011. ISBN 978-3-<br />

86619-064-1; 576 S.,<br />

59, 00 Euro<br />

Konvention von Tauroggen<br />

Auf welches Dokument der preußischen<br />

Kriegsgeschichte konnten<br />

sich konservative Militärs der Kaiserzeit,<br />

liberale Politiker, Paul von Hindenburg,<br />

die Geschwister Scholl, Oberst<br />

i.G. Graf Stauffenberg sowie die DDR<br />

beziehen und für ihre jeweiligen Zwecke<br />

nutzbar machen? Michael Fröhlich<br />

gibt in Gestalt der Konvention von Tauroggen<br />

vom 30. Dezember <strong>1812</strong> die<br />

Antwort. Er belässt es nicht bei der<br />

Schilderung ihrer Entstehung, sondern<br />

flicht gekonnt die Wirkungsgeschichte<br />

mit ein. Einen breiten Platz nimmt hierbei<br />

Generalleutnant Ludwig Graf Yorck<br />

von Wartenburg ein.<br />

Zur Situation: Preußen war im Russlandfeldzug<br />

<strong>1812</strong> mit Napoleon verbündet,<br />

preußische Truppen in Stärke<br />

Michael Fröhlich,<br />

Tauroggen <strong>1812</strong>. Eine<br />

Konvention im Spannungsfeld<br />

von Krieg,<br />

Diplomatie und<br />

Tradition, Bonn 2011<br />

(= Studia Aca<strong>dem</strong>ia<br />

Historica). ISBN 978-3-<br />

936741-66-7; 254 S.,<br />

25,00 Euro<br />

von ca. 20 000 Mann belagerten als Teil<br />

des X. Armeekorps unter <strong>dem</strong> französischen<br />

Marschall MacDonald Riga.<br />

Als die Grande Armée in Russland unterging,<br />

verhandelte der preußische<br />

General Yorck ohne Ermächtigung seines<br />

Königs, Friedrich Wilhelm III., und<br />

letztlich sogar gegen dessen Willen mit<br />

<strong>dem</strong> russischen Gegner, erklärte seine<br />

Truppen für neutral, bewirkte den<br />

Rückzug der Franzosen aus Ostpreußen,<br />

verhinderte eine russische Besetzung<br />

des Landesteils und rettete die eigene<br />

Truppe für seinen König. Zwar<br />

fiel er bei diesem zunächst in Ungnade,<br />

wurde aber letztlich befördert und geadelt.<br />

Die Konvention von Tauroggen,<br />

<strong>dem</strong> Buch im Anhang beigegeben, war<br />

politisch ein Meilenstein auf <strong>dem</strong> Weg<br />

in die Befreiungskriege der Jahre<br />

18<strong>13</strong>/15. Das Buch verbindet Militär­,<br />

Biografie­, Mentalitäts­ sowie Diplomatiegeschichte<br />

und ist die erste wissenschaftliche<br />

deutschsprachige Publikation<br />

zum Thema seit langer Zeit.<br />

hp<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

2


28<br />

Service Die historische Quelle<br />

Militärgeschichtliches Forschungsamt – Bibliothek<br />

Wenn ein Jubiläum wie der 300. Geburtstag Friedrichs<br />

des Großen gefeiert wird, schauen Archivare<br />

und Bibliothekare in ihren Beständen auch nach bisher<br />

der Öffentlichkeit verborgen gebliebenen Schätzen. So<br />

fand sich in der Bibliothek des Militärgeschichtlichen<br />

Forschungsamtes (MGFA) erst kürzlich eine Handschrift<br />

mit Autographen des Preußenkönigs und königlichem<br />

Siegel. Der Titel der kleinen Schrift lautet: »Instruction<br />

Friederich Des Grossen für Die General Majors der Infanterie<br />

(Original­Manuscript) Potsdam 1748«. Einem <strong>Vor</strong>wort<br />

an den Adressaten Generalmajor Johann Georg von<br />

Lestewitz auf eineinhalb Seiten folgt die sechs Blätter umfassende<br />

Instruktion. In ihr geht es vor allem darum, das<br />

stehende Heer in den langen Jahren des Friedens kriegsbereit<br />

zu halten. Der König fordert von seinen Truppen<br />

beständiges Exerzieren sowie das Üben von Formationen.<br />

Die Generale sollten im operativ­taktischen Denken auf<br />

der Höhe der Zeit bleiben und sich ihrer Unterstellung<br />

unter den obersten Feldherren, <strong>dem</strong> König selbst, stets<br />

bewusst sein.<br />

6Autograph mit Siegel<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

Spuren eines Königs<br />

An dieser Stelle interessiert jedoch weniger der Inhalt,<br />

vielmehr sind die Stationen des Stückes bemerkenswert.<br />

Heute liegt die Handschrift in gebundenem Zustand vor.<br />

Ein Einband, offensichtlich aus <strong>dem</strong> 19. oder frühen 20.<br />

Jahrhundert, trägt außen und innen Spuren einer wechselvollen<br />

Geschichte. Wann die Handschrift in eine Bibliothek<br />

Einzug hielt, lässt sich nicht ermitteln. Ein erster<br />

Nachweis ergibt sich aus <strong>dem</strong> Exlibris im Innendeckel.<br />

Demnach ist sie bereits gebunden in der Königlich­Preußischen<br />

Artillerie­ und Ingenieurschule zu Berlin vereinnahmt<br />

worden. Insgesamt findet man fünf verschiedene<br />

Signaturen, die heutige<br />

nicht mitgezählt. Leider<br />

lassen sich nur noch eine<br />

sicher und eine fast sicher<br />

zuordnen. Auf <strong>dem</strong> Buchrücken<br />

ist ein Signaturschild<br />

mit der Zahl<br />

»21507« aufgedruckt.<br />

Auch wenn der Besitzstempel<br />

fehlt, ist davon<br />

auszugehen, dass sie aus<br />

der 1919 gegründeten<br />

Heeresbücherei zu Berlin<br />

stammt. Was mit den Beständen<br />

der Bibliothek<br />

geschah, als das Gebäude<br />

1945 fast vollständig zerstört<br />

wurde, ist nie aufgeklärt<br />

worden. Einige Experten<br />

nehmen an, dass<br />

die Bücher verbrannt<br />

4Exlibris<br />

sind, andere vermuten, dass Teile der Sammlung in die<br />

Sowjetunion oder nach Polen verschleppt wurden. 1956<br />

richtete die Bundeswehr die Wehrbereichsbibliothek II in<br />

Hannover ein. Dort trug eine Bibliothekarin unser Bändchen<br />

mit Stempel und alter Signatur im Zugangsbuch<br />

von 1965 ein. Als diese Bibliothek im Zuge von Umstrukturierungen<br />

2003 geschlossen wurde, verhandelte das<br />

Land Niedersachsen geschickt mit <strong>dem</strong> Bund und konnte<br />

erwirken, dass fast 80 000 Bände in der Niedersächsischen<br />

Landesbibliothek als Depositum verblieben, auch wenn<br />

sie formal <strong>dem</strong> MGFA zugeschlagen wurden. Einige<br />

Stücke, so auch Friedrichs Instruktion, kamen wegen ihrer<br />

Bedeutung für die preußische Geschichte dennoch<br />

nach Potsdam. Heute lagert die Handschrift, die zum<br />

wertvollen Altbestand des MGFA gehört, im Sondermagazin<br />

in Strausberg.<br />

Die umfassende Überlieferungsgeschichte wird auf der<br />

Website des MGFA nachzulesen sein.<br />

Gabriele Bosch


pk<br />

17<strong>13</strong> 12. März 2003<br />

Beim Blick auf das absolutistische Preußen des 17. und<br />

18. Jahrhunderts scheint es, als habe sich eine ganze Reihe<br />

der einstigen Kurfürsten und Könige durch einen vom<br />

Volksmund angedichteten Beinamen in eine gute, beinahe<br />

schon verpflichtende Tradition begeben. Zu den bekanntesten<br />

dürften ohne Zweifel der »Große Kurfürst« für<br />

Friedrich Wilhelm (1640–1688) sowie »Friedrich der Große«<br />

für Friedrich II. (1740–1786) zählen. Als Enkel des Großen<br />

Kurfürsten und Vater des späteren Friedrich des Großen<br />

trat jedoch im Jahr 17<strong>13</strong> zunächst Friedrich Wilhelm I. als<br />

zweiter König in Preußen (17<strong>13</strong>–1740) seine Regentschaft<br />

an. Ein wesentliches Ziel seiner Politik bestand in der Aufwertung<br />

der Position Brandenburg­Preußens in Europa<br />

durch die Aufstellung einer starken und schlagkräftigen<br />

Armee. Im Zuge seiner Herrschaft wurde das auf 85 000<br />

Mann angewachsene Militär zum Zentrum des Staates,<br />

nach <strong>dem</strong> sich alle übrigen Bereiche, wie die Wirtschaft<br />

oder die Verwaltung des Landes, auszurichten hatten. Die<br />

Schaffung eines zentralen Verwaltungsapparats oder der<br />

sparsame Umgang mit Staatsgütern sollten die wegweisende<br />

Funktion des Heeres zusätzlich unterstützen und vorantreiben.<br />

So einig sich die Fachwelt über seine Rolle als<br />

Schöpfer einer starken und disziplinierten preußischen Armee<br />

ist, so vielfältig erscheint hingegen der Ursprung seines<br />

Beinamens, der ihn fortan als »Soldatenkönig« auswies.<br />

Einer der naheliegenden Erklärungsansätze sieht dabei im<br />

ständigen Tragen der für einen absolutistischen Herrscher<br />

eher unüblichen »Soldatenkluft« den Ursprung. Als »sparsamer<br />

und strenger Landesvater« zugleich trug Friedrich<br />

Wilhelm I. in der Regel einfache Kleidung, seit 1725 jedoch<br />

ständig Uniform, die damit nach außen hin zu seinem bestimmenden<br />

Erscheinungsmerkmal wurde. Als eine andere<br />

mögliche Ursache für diesen vom Volksmund gewählten<br />

Spitznamen muss die Leibgarde des Königs herhalten, bei<br />

deren Auswahl der Herrscher selbst ein besonderes Merkmal<br />

in den <strong>Vor</strong>dergrund gestellt hatte. Angehörige dieser<br />

»Langen Kerls« konnten nach seiner Maßgabe nur Soldaten<br />

werden, die eine Körpergröße von mehr als zwei Meter aufwiesen.<br />

Ein anderer Erklärungsversuch wiederum sieht im<br />

Gesamtkonzept Friedrich<br />

Wilhelms I. den Ursprung<br />

seiner Namensgebung: die<br />

Schaffung einer Grundlage<br />

für den Aufstieg Brandenburg­Preußens<br />

zur<br />

späteren (militärischen)<br />

Großmacht.<br />

jm<br />

Geschichte kompakt<br />

Friedrich Wilhelm I., der »Soldatenkönig« Attentat auf Zoran Djindjić<br />

3Friedrich Wilhelm I., der<br />

Soldatenkönig und seine<br />

»Langen Kerls«. Zeichnung/Chromotypie<br />

(um<br />

1901) von Carl Röchling.<br />

SZ Photo/Caro<br />

Ministerpräsident Zoran Djindjić verlässt das Gebäude der<br />

serbischen Regierung im Zentrum Belgrads. Er will zu<br />

einem Treffen mit der schwedischen Außenministerin Ana<br />

Lindh, die in Belgrad eingetroffen ist. Plötzlich fallen<br />

Schüsse. Djindjić und sein Leibwächter werden getroffen.<br />

Nach wenigen Augenblicken tragen Vertraute Djindjić ins<br />

Gebäude, alarmieren die Notfallambulanz, entscheiden<br />

sich aber vor deren Eintreffen, selbst den bewusstlosen<br />

Ministerpräsidenten ins städtische Unfallkrankenhaus zu<br />

bringen. Dort angekommen, können die Ärzte nur noch seinen<br />

Tod feststellen.<br />

Nach <strong>dem</strong> Bekanntwerden des Attentats verhängt die serbische<br />

Regierung den Ausnahmezustand. Schnell geraten<br />

Angehörige der organisierten Kriminalität, aber auch Militärkreise<br />

ins Visier der Fahnder. 2007 verurteilt ein Sondergericht<br />

zwölf Angeklagte zu langjährigen Freiheitsstrafen.<br />

Als Djindjić 2001 zum serbischen Ministerpräsidenten gewählt<br />

wurde, galt er als politischer Hoffnungsträger. Lange<br />

Jahre der Opposition und des Widerstandes gegen das<br />

Milošević-Regime lagen hinter ihm. 1952 als Sohn eines jugoslawischen<br />

Offiziers geboren, hatte Djindjić Philosophie<br />

studiert, mit Kommilitonen eine oppositionelle Studentengruppe<br />

gegründet und war so erstmals in Konflikt mit <strong>dem</strong><br />

kommunistischen Regime geraten. Nach einer mehrmonatigen<br />

Haftstrafe setzte er sein Studium in der Bundesrepublik<br />

fort, wo er 1979 im Fach Philosophie promoviert wurde.<br />

1989 kehrte er nach Serbien zurück und gründete dort mit<br />

anderen Oppositionellen die Demokratische Partei.<br />

Nach seiner Wahl zum serbischen Ministerpräsidenten<br />

sah sich Djindjić mit zahlreichen politischen Problemen<br />

konfrontiert. So galten die Sicherheitsbehörden als von Anhängern<br />

des gestürzten Präsidenten Milošević unterwandert.<br />

Diese wie auch die Nationalisten lehnten die Auslieferung<br />

von Milošević an das Internationale Strafgericht für<br />

das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag ab, die<br />

Djindjić 2002 anordnete.<br />

Der Attentäter, der die Schüsse auf Djindjić vom Dach<br />

eines 180 Meter entfernten Gebäudes abfeuerte, war Vizekommandant<br />

der »Roten Barette«, einer Anfang der 1990er<br />

gegründeten paramilitärischen Spezialeinheit, die in den<br />

jugoslawischen Sezessionskriegen wiederholt eingesetzt<br />

wurde und mutmaßlich an Kriegsverbrechen beteiligt war.<br />

Als Hauptdrahtzieher des Attentats verurteilte das Sondergericht<br />

den Kommandanten dieser Spezialeinheit, die nach<br />

<strong>dem</strong> Attentat 2003 aufgelöst wurde.<br />

Aleksandar-S. Vuletić<br />

3Zoran Djindjić, Ministerpräsident<br />

der jugoslawischen<br />

Republik Serbien am<br />

9. März 2001 in Berlin.<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012 29


• Berlin<br />

Fair Play. Die Alliierten<br />

und der Sport<br />

Alliiertenmuseum<br />

Clayallee <strong>13</strong>5 – Outpost<br />

14195 Berlin<br />

Tel.: 0 30 / 81 81 99 0<br />

www.alliiertenmuseum.de<br />

bis 8. April 20<strong>13</strong><br />

Donnerstag bis Dienstag<br />

10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt: frei<br />

Zerstörte Vielfalt.<br />

Berlin 1933–1938<br />

Deutsches Historisches<br />

Museum<br />

Unter den Linden 2<br />

10117 Berlin<br />

Tel.: 0 30 / 20 30 40<br />

www.dhm.de<br />

31. Januar<br />

bis 10. November 20<strong>13</strong><br />

täglich 10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt: 8,00 Euro<br />

(unter 18 Jahren frei)<br />

Freigekauft – Wege aus<br />

der DDR-Haft<br />

Erinnerungsstätte<br />

Notaufnahmelager<br />

Marienfelde<br />

Stiftung Berliner Mauer<br />

Marienfelder Allee 66/80<br />

12277 Berlin<br />

Tel.: 0 30 / 75 00 84 00<br />

www.notaufnahmelagerberlin.de<br />

bis 31. März 20<strong>13</strong><br />

Dienstag bis Sonntag<br />

10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt frei<br />

Es geht mir gut.<br />

Deutsche Feldpost von<br />

1870 bis 2010<br />

Militärhistorisches Museum<br />

der Bundeswehr<br />

Luftwaffenmuseum<br />

Berlin­Gatow<br />

Besuchereingang:<br />

Am Flugplatz Gatow 33<br />

14089 Berlin<br />

Tel.: 0 30 / 36 87 26 08<br />

www.luftwaffenmuseum.<br />

com<br />

bis 31. Mai 20<strong>13</strong><br />

Dienstag bis Sonntag<br />

10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt: frei<br />

30<br />

Service<br />

Glücksfälle – Störfälle.<br />

Facetten interkultureller<br />

Kommunikation<br />

Museum für Kommunikation<br />

Berlin<br />

Leipziger Straße 16<br />

10117 Berlin­Mitte<br />

Tel.: 0 30 / 20 29 40<br />

www.mfk-berlin.de<br />

bis 24. Februar 20<strong>13</strong><br />

Dienstag<br />

9.00 bis 20.00 Uhr<br />

Mittwoch bis Freitag<br />

9.00 bis 17.00 Uhr<br />

Samstag bis Sonntag<br />

10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt: 3,00 Euro<br />

ermäßigt: 1,50 Euro<br />

• Dresden<br />

Stalingrad – Lauter<br />

letzte Worte<br />

Militärhistorisches Museum<br />

der Bundeswehr<br />

Olbrichtplatz 2<br />

01099 Dresden<br />

Tel.: 03 51 / 82 32 85 1<br />

www.mhmbw.de<br />

bis 30. April 20<strong>13</strong><br />

Montag<br />

10.00 bis 21.00 Uhr<br />

Donnerstag bis Dienstag<br />

10.00 bis 18.00 Uhr<br />

Eintritt: 5,00 Euro<br />

ermäßigt: 3,50 Euro<br />

(für Bundeswehr­Angehörige<br />

Eintritt frei)<br />

• Graz<br />

Ausstellungen<br />

Fremde im Visier.<br />

Fotoalben aus <strong>dem</strong><br />

Zweiten Weltkrieg<br />

Universalmuseum<br />

Johanneum<br />

Multimediale<br />

Sammlungen<br />

Joanneumsviertel<br />

A­8010 Graz<br />

Tel.: +43­31 6/80 17 94 00<br />

www.museum-joanneum.<br />

at<br />

bis 1. September 20<strong>13</strong><br />

Dienstag bis Sonntag<br />

10.00 bis 17.00 Uhr<br />

Eintritt: frei<br />

• Kulmbach<br />

Armeemuseum<br />

Friedrich der Große<br />

Plassenburg<br />

95326 Kulmbach<br />

Tel.: 0 92 21 / 82 20 0<br />

www.armeemuseumplassenburg.de<br />

Dauerausstellung<br />

April bis September<br />

täglich<br />

9.00 bis 18.00 Uhr<br />

Oktober bis März<br />

täglich<br />

10.00 bis 16.00 Uhr<br />

Eintritt: 4,50 Euro<br />

ermäßigt: 3,50 Euro<br />

• Leipzig<br />

FORUM 18<strong>13</strong><br />

Museum zur Völkerschlacht<br />

bei Leipzig<br />

Straße des 18. Oktober<br />

100<br />

04299 Leipzig<br />

Tel.: 03 41 / 24 16 87 0<br />

www.stadtgeschichtlichesmuseum-leipzig.de<br />

Dauerausstellung<br />

November bis März<br />

täglich<br />

10.00 bis 16.00 Uhr<br />

Eintritt: 6,00 Euro<br />

ermäßigt: 4,00 Euro<br />

• Wittstock<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

Museum des Dreißigjährigen<br />

Krieges<br />

Amtshof 1–5<br />

16909 Wittstock/Dosse<br />

Tel.: 0 33 94 / 43 37 25<br />

www.mdk-wittstock.de<br />

Dauerausstellung<br />

Dienstag, Donnerstag<br />

und Samstag<br />

10.00 bis 16.00 Uhr<br />

Mittwoch<br />

9.00 bis 17.00 Uhr<br />

Freitag<br />

9.00 bis 14.00 Uhr<br />

Sonntag<br />

11.00 bis 16.30 Uhr<br />

Eintritt: 2,50 Euro<br />

ermäßigt: 1,50 Euro<br />

Heft 1/20<strong>13</strong><br />

Militärgeschichte<br />

Zeitschrift für historische Bildung<br />

<strong>Vor</strong>schau<br />

Nach wie vor bewegen die Ereignisse im<br />

März und April 1938 die Gemüter in Österreich<br />

– bei den Militärs, in der Geschichtswissenschaft<br />

wie auch in der breiten Öffentlichkeit.<br />

Das zeigt sich insbesondere entlang der<br />

runden Jahrestage von Einmarsch und »Anschluss«,<br />

wenn die Medien ihren Beitrag zur<br />

Sensibilisierung für das Thema leisten. Stets<br />

ist es auch der »Nicht­Einsatz« des Österreichischen<br />

Bundesheeres, der dann zur Diskussion<br />

steht. Dagegen treten in der österreichischen<br />

Öffentlichkeit, aber auch insgesamt<br />

– fernab der Militärgeschichtsschreibung –<br />

die militärischen Aspekte des Einmarsches<br />

auf Seiten der Wehrmacht eher in den Hintergrund.<br />

Der österreichische Militärhistoriker<br />

Erwin A. Schmidl beleuchtet in seinem Beitrag<br />

– immer natürlich mit Blick auf die politischen<br />

Hintergründe – die militärischen Abläufe<br />

in jenen Märztagen.<br />

<strong>Vor</strong> 100 Jahren erschütterte ein Spionagefall<br />

Militär und Öffentlichkeit der Habsburgermonarchie:<br />

Oberst Alfred Redl, Nachrichtenoffizier<br />

im Geheimdienst Österreich­Ungarns,<br />

hatte Aufmarschpläne der k.u.k Armee an<br />

Russland, Italien und Frankreich verkauft.<br />

Die vollständige Aufklärung des Hochverrats<br />

unterblieb, nicht zuletzt wegen des<br />

Selbstmordes von Redl. Der Mythenbildung<br />

um den Fall waren in der Folge Tür und Tor<br />

geöffnet. Verena Moritz und Hannes Leidinger<br />

erhellen eines der rätselhaftesten Kapitel<br />

der österreichischen Geschichte.<br />

Von Mythen umrankt ist auch eine weitere<br />

historische Persönlichkeit des Nachbarlandes:<br />

Andreas Hofer, der sich 1809 – zusammen<br />

mit österreichischen Truppen – an der<br />

Spitze von mehreren Tausend Tiroler Bauern<br />

gegen die bayrisch­französischen Truppen<br />

erhob. Dem bis heute verehrten »Helden«<br />

und <strong>dem</strong> Volksaufstand von 1809 widmet<br />

sich der Beitrag von Julia Thielmann.<br />

Der Potsdamer Musikhistoriker Thomas<br />

Freitag schließlich wendet sich im kommenden<br />

Heft einem »Liebling des Volkes« zu.<br />

Er beschreibt das Wirken von Herms Niel<br />

(1884–1954), des bedeutendsten Marschliedkomponisten<br />

des »Dritten Reiches«.<br />

mt


Militärgeschichte im Bild<br />

»Weiße Rose« –<br />

das historische Bild<br />

Eine Gruppe junger Leute – mehrere<br />

junge Männer, dabei eine offenbar<br />

fröhlich gestimmte, durchaus hübsche<br />

Studentin. Wären die jungen Männer<br />

nicht in Wehrmachtuniform, man<br />

würde sie für das halten, was sie in<br />

Wirklichkeit auch sind: Studenten.<br />

Aber das Bild entsteht im dritten<br />

Kriegssommer, und die Studenten in<br />

Uniform sind allesamt angehende<br />

Mediziner, Angehörige einer Studentenkompanie<br />

in München, die nunmehr<br />

für drei Monate als Sanitätsfeldwebel<br />

zum Kriegsdienst an die Ostfront<br />

müssen.<br />

Die Aussicht auf den Krieg scheint<br />

die Gruppe nicht zu belasten: Der bittere<br />

Kriegswinter 1941 mit seinen<br />

Rückschlägen vor Moskau ist vorbei,<br />

und die deutschen Truppen sind noch<br />

weiter als im <strong>Vor</strong>jahr in die Tiefe des<br />

russischen Raumes vorgestoßen. Bald<br />

werden sie in Stalingrad stehen oder<br />

im Kaukasus. In Nordafrika geht es voran.<br />

Der Krieg, so mag mancher glauben,<br />

ist so gut wie gewonnen. Kein<br />

Wunder, dass die Studentengruppe<br />

fröhlich lacht und die einzige Zivilistin<br />

unter ihnen ausgelassen die Arme<br />

schwenkt.<br />

Und doch erschließt sich das Eigentliche<br />

des Bildes nicht auf den ersten<br />

Blick. Es sind nicht irgendwelche Studenten,<br />

die sich da auf <strong>dem</strong> Münchener<br />

Ostbahnhof verabschieden: Ganz rechts<br />

steht Alexander Schmorell, die Studentin<br />

heißt Sophie Scholl, und die drei<br />

Kommilitonen vor ihr sind (von rechts<br />

nach links) Raimund Samüller, Hans<br />

Scholl und Hubert Furtwängler, Neffe<br />

des Dirigenten Wilhelm Furtwängler.<br />

Hans Scholl und Alexander Schmorell<br />

haben bereits im Juni und Juli insgesamt<br />

vier Flugblätter verfasst, illegal<br />

gedruckt und verteilt. Sie gehören der<br />

Widerstandsgruppe »Weiße Rose« an.<br />

Nun sind die Soldaten also auf <strong>dem</strong><br />

Weg zur 252. Infanteriedivision und<br />

deren Einsatzort Gžansk im Mittelabschnitt<br />

der Ostfront, wo sie auf <strong>dem</strong><br />

Hauptverbandplatz das Leiden und<br />

die Schrecken des Krieges aus nächster<br />

Nähe miterleben. (Sophie Scholl leistet<br />

währenddessen »Kriegshilfsdienst« in<br />

einem Rüstungsbetrieb in Ulm.)<br />

Es ist aber nicht nur die Erfahrung<br />

eines schrecklichen Krieges, welche die<br />

Münchener Studenten zum Handeln<br />

treibt. Natürlich: Ihr fünftes und<br />

sechstes Flugblatt wird – im Winter<br />

5Hans und Sophie Scholl mit Christoph Probst in München, 23. Juli 1942<br />

George Wittenstein/akg<br />

1942/43, nach der Rückkehr aus Russland<br />

– von der Katastrophe bei Stalingrad<br />

geprägt sein. »Dreihundertdreißigtausend<br />

deutsche Männer hat die<br />

geniale Strategie des Weltkriegsgefreiten<br />

sinn­ und verantwortungslos in<br />

Tod und Verderben gehetzt. Führer,<br />

wir danken dir!«, schreiben sie da voller<br />

Bitterkeit. Aber sie wenden sich<br />

auch gegen die Entchristlichung<br />

Deutschlands, gegen die immer unverschämter<br />

werdenden Parteifunktionäre<br />

(der Gauleiter von München, Paul<br />

Giesler, hatte kritisiert, dass auch<br />

Frauen studieren; sie sollten stattdessen<br />

»<strong>dem</strong> Führer ein Kind schenken«,<br />

er würde auch seine Adjutanten zu<br />

<strong>dem</strong> Zweck vorbeischicken), kurz: Sie<br />

lehnten das gesamte verbrecherische<br />

NS­System ab.<br />

Bei der Verteilung ihres sechsten<br />

Flugblattes wurden Hans und Sophie<br />

Scholl am 18. Februar 1943 beobachtet,<br />

gestellt und verhaftet. Schon vier Tage<br />

später, am 22. Februar, verhandelte der<br />

eilig nach München zusammengerufene<br />

Volksgerichtshof gegen sie sowie<br />

gegen Christoph Probst und verurteilte<br />

die drei zum Tode. Noch am selben Tag<br />

wurden sie in München­Stadelheim<br />

hingerichtet. Alexander Schmorell wurde<br />

erst später verhaftet und am <strong>13</strong>. Juli<br />

1943 ermordet. Hubert Furtwängler<br />

überlebte, er starb vor gut einem Jahr,<br />

am 3. Mai 2011, in Maienfeld in der<br />

Schweiz.<br />

Hitler erklärte sich die deutsche Niederlage<br />

im Ersten Weltkrieg mit einem<br />

»Dolchstoß« der Heimat in den Rücken<br />

des Heeres. Jetzt, in der Krise des laufenden<br />

Krieges, sollte sich so etwas<br />

nicht wiederholen. Das NS­Regime publizierte<br />

daher die Urteile und Hinrichtungen<br />

der »Weißen Rose« zur Abschreckung.<br />

Nach <strong>dem</strong> Ende des Krieges<br />

wurde die Gruppe zum Symbol für<br />

den Widerstand von Jugendlichen. Sie<br />

handelten aus christlicher Überzeugung,<br />

mit tiefem Ernst. Aber sie waren<br />

zugleich fröhliche junge Studenten –<br />

unser Bild zeigt es.<br />

Winfried Heinemann<br />

Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />

31


Abonnement<br />

Jahresabonnement: 14,00 Euro<br />

inkl. MwSt. und Versandkosten<br />

(innerhalb Deutschlands,<br />

Auslandsabonnementpreise auf<br />

Anfrage)<br />

Kündigungsfrist: 6 Wochen zum<br />

Ende des Bezugszeitraumes.<br />

NEUE PUBLIKATIONEN DES MGFA<br />

Kriegsenden, Nachkriegsordnungen und Folgekonflikte. Wege aus <strong>dem</strong> Krieg im<br />

19. und 20. Jahrhundert. Mit Beitr. von Katherine B. Aaslestad [u.a.]. Im Auftr. des MGFA<br />

hrsg. von Jörg Echternkamp, Freiburg i.Br., Berlin, Wien: Rombach 2012; VII, 198 S., EUR<br />

23,00 [ISBN 978-3-7930-9712-9]<br />

Heiko Herold, Reichsgewalt bedeutet Seegewalt. Die <strong>Kreuz</strong>ergeschwader der<br />

Kaiserlichen Marine als Instrument der deutschen Kolonial- und Weltpolitik 1885 bis<br />

1901, München: Oldenbourg 20<strong>13</strong>; VIII, 472 S. (= Beiträge zur Militärgeschichte, 74),<br />

EUR 44,80 [ISBN 978-3-486-71297-1]<br />

Birgit Aschmann, Preußens Ruhm und Deutschlands Ehre. Zum nationalen<br />

Ehrdiskurs im <strong>Vor</strong>feld der preußisch-französischen Kriege des 19. Jahrhunderts,<br />

München: Oldenbourg 20<strong>13</strong>; XII, 548 S. (= Beiträge zur Militärgeschichte, 72), EUR 49,80<br />

[ISBN 978-3-486-71296-4]<br />

Wie Friedrich »der Große« wurde. Eine kleine Geschichte des Siebenjährigen Krieges<br />

1756 bis 1763. In Zusammenarb. mit <strong>dem</strong> Militärgeschichtlichen Forschungsamt,<br />

Potsdam, und <strong>dem</strong> Militärhistorischen Museum der Bundeswehr, Dresden, hrsg. von<br />

Eberhard Birk, Thorsten Loch und Peter Andreas Popp, Freiburg i.Br., Berlin, Wien:<br />

Rombach 2012, VIII, 306 S., EUR 24,80 [ISBN 978-3-7930-9711-2]<br />

Kontakt zum Bezug der Zeitschrift:<br />

Militärgeschichtliches Forschungsamt<br />

z.Hd. Frau Christine Mauersberger<br />

Postfach 60 11 22, 14471 Potsdam<br />

Tel.: 0331/9714 599, Fax: 0331/9714 509<br />

Mail: ChristineMauersberger@bundeswehr.org<br />

Die Betreuung des Abonnements erfolgt über die Firma SKN<br />

Druck und Verlag, Stellmacher Straße 14, 26506 Norden,<br />

die sich mit den Interessenten in Verbindung setzen wird.<br />

www.mgfa.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!