Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ...
Vor dem Sturm« 1812/13 Eisernes Kreuz Buchara 1920 ...
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<strong>Buchara</strong> <strong>1920</strong><br />
5Michail W. Frunse (Aufnahmedatum<br />
unbekannt).<br />
neuen Front in Asien. Denn eine solche<br />
war wegen der noch nicht beendeten<br />
Operationen gegen Józef Piłsudskis Polen,<br />
gegen die antikommunistischen<br />
russischen Verbände Alexander Koltschaks<br />
und Pjotr Wrangels sowie einer<br />
drohenden antisowjetischen Allianz in<br />
Zentralasien unter Führung Großbritanniens<br />
zu vermeiden.<br />
Trotz<strong>dem</strong> hielten diese <strong>Vor</strong>behalte<br />
die Taschkenter Bolschewiki nicht auf.<br />
Sie begründeten ihren Entschluss mit<br />
einem bevorstehenden antisowjetischen<br />
Bündnis zwischen Persien, Afghanistan<br />
und <strong>Buchara</strong>, <strong>dem</strong> sie zuvorkommen<br />
wollten, sowie mit <strong>dem</strong> Drängen<br />
der zum Aufstand bereiten Kommunisten<br />
und Jungbucharern. Sie verwiesen<br />
auf den Abschluss aller militärischen<br />
<strong>Vor</strong>bereitungen, die auch <strong>dem</strong><br />
Emir nicht verborgen geblieben waren.<br />
Im Übrigen hätten die von der Roten<br />
Armee unterstützte Revolution in<br />
Chiwa und Aserbaidschan sowie Moskaus<br />
Persienpolitik die Beziehungen<br />
zu <strong>Buchara</strong> längst verschlechtert. Zu<strong>dem</strong><br />
stünden die Truppen des Emirates<br />
»für einen Schlag gegen Russland bereit«,<br />
der mit »Hilfe der internationalen<br />
Imperialisten« drohe. Taschkent<br />
setzte sich schließlich u.a. durch, weil<br />
Frunse auf seiner Seite war.<br />
Die Eroberung<br />
Vom 12. August <strong>1920</strong> datierte der Operationsplan,<br />
der Angriffsbefehl erging<br />
am 25. August, und am 28. August be<br />
gann die Invasion. Frunses Truppen<br />
bestanden aus rund 7000 Infanteristen<br />
und Kavalleristen, die von 5000 Aufständischen<br />
unterstützt wurden. Zur<br />
Ausstattung gehörten 46 Geschütze,<br />
230 MG, zehn gepanzerte Kraftfahrzeuge,<br />
fünf Panzerzüge und zwölf<br />
Flugzeuge. Die Truppe gliederte sich in<br />
fünf Kolonnen und hatte den Auftrag,<br />
<strong>Buchara</strong> zu erstürmen sowie strategisch<br />
wichtige Städte im Osten des<br />
Emirats einzunehmen. Die AmuDarja<br />
Flottille sicherte die südliche Flanke.<br />
Schnell wurde Tschardschuj erobert,<br />
ein bucharisches Revolutionskomitee<br />
eingesetzt, das den Machtwechsel verkündete<br />
und wie vorgesehen die Rote<br />
Armee um Hilfe bat.<br />
Weniger erfolgreich verlief der <strong>Vor</strong>stoß<br />
gegen die Hauptstadt Alt<strong>Buchara</strong>.<br />
Frunses Abteilungen waren auf<br />
entschiedenen Widerstand gestoßen<br />
und hatten sich unter sehr hohen Verlusten<br />
zurückziehen müssen. Die regulären<br />
Streitkräfte des Emirs zählten<br />
3725 Mann Infanterie und 7850 Kavalleristen,<br />
einige Dutzend neuer Geschütze<br />
und 20 MG. Die Truppe war allerdings<br />
kaum ausgebildet und ohne<br />
jede Kampferfahrung. Zusätzlich<br />
wurde ein rund 20 000 Mann starkes<br />
Volksaufgebot (nuker) mobilisiert, das<br />
allerdings weder über eine adäquate<br />
Ausrüstung noch über moderne Waffen<br />
verfügte, sondern sich mit älteren<br />
russischen BerdanGewehren, Steinschlossflinten,<br />
Säbeln und Stöcken begnügen<br />
musste.<br />
Die Regierung des Emirats war über<br />
die sowjetischen Absichten informiert<br />
und hatte rechtzeitig rund 20 000 Mann<br />
zur Verteidigung Alt<strong>Buchara</strong>s aufgeboten,<br />
die sich wacker schlugen.<br />
Den Mangel an Ausrüstung und Feuerkraft<br />
machten sie durch fanatischen<br />
Kampfeswillen wett. Derart starken<br />
Widerstand, genährt von Patriotismus<br />
und Religion, hatten die bolschewistischen<br />
Führer nicht erwartet. Außer<strong>dem</strong><br />
– beklagte sich Frunse später – seien<br />
»die Versicherungen der bucharischen<br />
Revolutionäre über die angebliche Aufstandsbereitschaft<br />
der Bevölkerung«<br />
nichts als Lüge gewesen. Lediglich der<br />
Einsatz von Flugzeugen verhinderte<br />
ein vollständiges Niedermachen der<br />
Rotgardisten durch die bucharische<br />
Reiterei. Erst durch Verstärkungen,<br />
nach viertägigem Artilleriebeschuss,<br />
wobei angeblich auch Gas eingesetzt<br />
16 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 4/2012<br />
bpk<br />
wurde, sowie mittels Bombardierung<br />
durch elf Flugzeuge konnte die Stadt<br />
am 2. September eingenommen werden.<br />
Sie war zur Hälfte niedergebrannt<br />
und bis zu 80 Prozent zerstört.<br />
Die Verluste waren gewaltig. Vermutlich<br />
wurde ein Drittel der 150 000<br />
Einwohner getötet, viele flohen. Berühmte<br />
Architekturdenkmäler, darunter<br />
auch der Ark, die Herrscherresidenz<br />
im Zentrum Alt<strong>Buchara</strong>s, waren<br />
zerstört, und was erhalten geblieben<br />
war, fiel Plünderungen anheim. Der<br />
Emir und Teile seines Hofstaates hatten<br />
sich in den Osten des Emirats, das<br />
heutige Tadschikistan, retten können,<br />
wo sie versuchten, mit afghanischer<br />
und britischer Hilfe den Kampf gegen<br />
die Bolschewiki fortzusetzen.<br />
Folgen<br />
Die Eroberung und Zerstörung des<br />
Emirats sicherten die sowjetische Herrschaft<br />
über Mittelasien und besaßen<br />
hohe Symbolkraft. Die Emire galten als<br />
brutale, macht und geldgierige, ja perverse<br />
Despoten, die ihre wie Sklaven<br />
behandelten Untertanen bis aufs Blut<br />
quälten und hemmungslos ausbeuteten.<br />
Dieses Bild überzeichnete zwar<br />
die wahren Verhältnisse, charakterisierte<br />
aber hinlänglich die politische<br />
Machtordnung im Khanat und den von<br />
den Herrschern angehäuften Reichtum,<br />
der zu der Not der Masse ihrer<br />
Untertanen in einem krassen Widerspruch<br />
stand. Said AlimKhan war als<br />
Emir nicht nur ein mächtiger Grundherr,<br />
er besaß auch im Ausland Immobilien<br />
und Geldvermögen. Sein Einkommen<br />
übertraf vor <strong>dem</strong> Ersten Weltkrieg<br />
vermutlich die Höhe der Einnahmen<br />
des Zarenreichs aus RussischTurkestan.<br />
Lebensstil und Regime entsprachen<br />
durchaus den Bildern eines asiatischen<br />
Despoten, wie die Bolschewiki<br />
sie pflegten. Daher schien den Kommunisten<br />
in Taschkent die Eroberung<br />
<strong>Buchara</strong>s und die Zerstörung seiner<br />
materiellen Kultur nicht nur gerechtfertigt,<br />
sie bildete geradezu die <strong>Vor</strong>bedingung<br />
für jeden sozialistischen Neuanfang.<br />
Dies dürfte bei den massiven Plünderungen<br />
eine Rolle gespielt haben. Sie<br />
begannen bereits unmittelbar nach der<br />
Einnahme <strong>Buchara</strong>s, wobei die Truppe<br />
von ihren Kommandeuren kaum zur<br />
Disziplin gebracht werden konnte. Wie