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Information für den Religionsunterricht - München / Heft Nr. 56-2006

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<strong>Information</strong>en <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong><br />

IfR Erzbischöfliches<br />

Ordinariat <strong>München</strong><br />

Schulreferat Abteilung I<br />

Grund-, Haupt- und Förderschulen<br />

<strong>Nr</strong>. <strong>56</strong> / <strong>2006</strong><br />

Neue Herausforderungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>


Inhalt<br />

Vorwort<br />

Thema<br />

Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde aufeinander zugehen sollen.<br />

Religionspädagogische Perspektiverweiterung im Grundlagendokument der<br />

Deutschen Bischofskonferenz<br />

„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen“<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> inszenieren und reflektieren<br />

Ehrenfried Schulz 4<br />

Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s Hans Mendl 7<br />

Praxis Grundschule<br />

Stationenlernen zum Thema „Beten“ LP 2.1 Barbara Hofmann<br />

Unterrichtspraktische Bausteine und Überlegungen Angelika Stock<br />

zum Lernweg „Beten“ Diane Weber 13<br />

Praxis Hauptschule<br />

Heilung der gekrümmten Frau (Lk 13,10–13) LP 7.1.2 Sabine Wolf<br />

Markus Wolf<br />

18<br />

Wege im Vertrauen gehen – Die Erfahrungen von Jeremia LP 7. 5 Angelika Stock 20<br />

Praxis Förderschule<br />

Unser tägliches Brot gib uns heute Konstanze Graf-Schechert 24<br />

Zuspruchsfeier zur Erinnerung an die eigene Taufe Konstanze Graf-Schechert 26<br />

Atem holen<br />

Nur <strong>für</strong> heute Papst Johannes XXIII. 28<br />

Schulpastoral<br />

Brückenbauer gesucht Redaktion IfR 29<br />

Buchtipps<br />

Konstruktivistischer <strong>Religionsunterricht</strong>, H. Mendl (Hg.)<br />

Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />

Barbara Hofmann 30<br />

Katholische und Evangelische Religionslehre, Band 1 Josef Ilg 30<br />

Katholische Glaubensfibel – W. Fürst, J. Werbick (Hg.) Josef Ilg 31<br />

Wenn . . . dann Gott! – K. Bürgermeister / M. Stinglhammer Barbara Hofmann 32<br />

Kunst<br />

Engeldarstellungen von Paul Klee Josef Ilg / Harriet Gandlau 33<br />

Otto Dix malt die Auferstehung Christi Marie Luise Goecke-Seischab 35<br />

Verzeichnis der Autoren / Impressum 38<br />

Titelbild:<br />

Paul Klee · „Engel, noch tastend“, 1939, 1193,<br />

Kreide, Kleisterfarbe und Aquarell auf Papier auf<br />

Karton, 29,4 x 20,8 cm<br />

Zentrum Paul Klee, Leihgabe aus Privatbesitz<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />

Seite 39:<br />

Große Auferstehung Christi II, 1949,<br />

von Otto Dix<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />

Seite 40:<br />

Paul Klee · Hoher Wächter, 1940, 257<br />

Wachsfarbe auf Leinwand;<br />

originaler Rahmen, 70 x 50 cm<br />

Zentrum Paul Klee, Bern<br />

© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/2005


Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen,<br />

Vorwort<br />

Engeldarstellungen von Paul Klee begleiten diese Ausgabe der <strong>Information</strong>en<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> „IfR“. Ein Hinweis nicht nur auf eine<br />

Renaissance der Engel als tief gehendes Bedürfnis von Menschen nach<br />

Boten zwischen Himmel und Erde, sondern auch darauf, dass es möglich<br />

ist, Boten Gottes zu begegnen, im <strong>Religionsunterricht</strong>, in der Schule, in der<br />

Pfarrgemeinde, in der Familie, im Hier und Jetzt.<br />

Im Suchen, wie beim „Engel, noch tastend“ und im Bewachen, wie beim<br />

„Hohen Wächter“ wer<strong>den</strong> Grunddimensionen des Menschseins angesprochen.<br />

Die Engeldarstellungen von Paul Klee verweisen auf die<br />

Sehnsucht, einen tragen<strong>den</strong> Sinn im Leben zu fin<strong>den</strong> und auf das Bedürfnis,<br />

diesen letzten Sinn des Lebens heilig zu halten, zu bewahren und zu bewachen.<br />

Religiöse Suchprozesse und das Bewahren und Heilighalten der<br />

Glaubenshoffnung sind zentrale Anliegen des <strong>Religionsunterricht</strong>s. Die<br />

Tradierung der Glaubensinhalte, so das Bischofswort „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

vor neuen Herausforderungen“ gelingt dann, wenn ihre Lebensbedeutung<br />

<strong>für</strong> die nachfolgende Generation aufgezeigt wer<strong>den</strong> kann. „Ein<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>, der Schülerinnen und Schülern einen verstehen<strong>den</strong><br />

Zugang zum Glauben eröffnen will, kann sich nicht mit der Vermittlung<br />

von Glaubenswissen begnügen. Er wird vielmehr die Schülerinnen und<br />

Schüler auch mit Formen gelebten Glaubens bekannt machen und ihnen<br />

eigene Erfahrungen mit Glaube und Kirche ermöglichen.“ (S. 24)<br />

Mit dieser Ausgabe von IfR wollen wir dazu beitragen, die Verbindung<br />

zwischen lebensrelevantem Glaubenswissen und gelebten Formen des<br />

Glaubens zu stärken. Professor Ehrenfried Schulz erläutert deshalb in<br />

seinem Beitrag „Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde aufeinander<br />

zugehen sollen“. Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

begründet Professor Hans Mendl in seinen Ausführungen „<strong>Religionsunterricht</strong><br />

inszenieren und reflektieren.“ Eine Nachlese zu seinem Referat<br />

im April 2005 am Tag der Berufsgruppe der Religionslehrer/innen i. K.<br />

im Kardinal-Wendel-Haus. Die unterrichtspraktischen Bausteine geben<br />

Impulse <strong>für</strong> eine Praxis des <strong>Religionsunterricht</strong>s, in dem sich affektivemotionale<br />

und kognitiv-reflexive Aneignungselemente wechselseitig durchdringen.<br />

Im Blick auf das Osterfest erschließt Margarete Goecke-Seischab ein<br />

Kunstwerk von Otto Dix „Die große Auferstehung II“. Ihrer besonderen<br />

Aufmerksamkeit empfehlen wir die Ausschreibung „Brückenbauer<br />

gesucht“.<br />

Die Redaktion und der Beirat IfR wünschen Freude beim Lesen und<br />

anregende Impulse und Ideen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht.<br />

Dr. Thomas Gandlau Diane Weber Josef Ilg<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 3


Thema<br />

Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde<br />

aufeinander zugehen sollen<br />

Religionspädagogische Perspektiverweiterung im<br />

Grundlagendokument der Deutschen Bischofskonferenz<br />

„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen“<br />

Ehrenfried Schulz<br />

1. Überraschender „Akzeptanz-<br />

Zuwachs“ hinsichtlich des<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s bei Schülern<br />

und Gesellschaft<br />

Was wurde dem <strong>Religionsunterricht</strong><br />

nicht alles schon vorgeworfen: Er sei<br />

ein unzulässiges Missionieren in einer<br />

multikulturellen Gesellschaft, ein Relikt<br />

aus einem überholten Staat-Kirche-Verständnis,<br />

langweilig und lebensfremd,<br />

moralisierend und ideologisierend und<br />

vieles andere mehr. Auch seitens einzelner<br />

Kirchenleitungsorgane gab es mancherlei<br />

Kritik, wenngleich aus einer völlig<br />

anderen Richtung. Hier waren es vor<br />

allem überzogene Erwartungen, die an<br />

Religionslehrer und <strong>Religionsunterricht</strong><br />

gestellt wur<strong>den</strong>. 1 Es wäre jedoch nicht<br />

nur eine Ausblendung der gesamtgesellschaftlich-säkularisierten<br />

kirchlichen<br />

Großwetterlage, sondern auch eine heillose<br />

Überforderung, wenn der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

all jene religiösen Sozialisationsdefizite<br />

ausgleichen sollte, die von<br />

Familie, Kindertagesstätte und Gemeinde<br />

nicht geleistet wor<strong>den</strong> sind. Unbestritten<br />

ist, dass zunehmend mehr Kinder<br />

im <strong>Religionsunterricht</strong> sitzen, die<br />

weder das Kreuzzeichen noch das<br />

Vaterunser kennen oder gar um die Zugehörigkeit<br />

zu einer bestimmten Gemeinde<br />

wissen. Seit <strong>den</strong> siebziger<br />

Jahren des 20. Jahrhunderts sprechen<br />

darum kirchensoziologische Untersuchungen<br />

von einer fortschreiten<strong>den</strong><br />

„Verdunstung des Glaubens“. 2<br />

Da überrascht es umso mehr, dass die<br />

neueste und bislang umfangreichste<br />

Studie zur Lage des katholischen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

in Deutschland bei<br />

Schülern sämtlicher Schularten eine fast<br />

kopernikanisch zu nennende Wende<br />

ausmacht. Diese Umfrage wurde im Auftrag<br />

der Deutschen Bischofskonferenz<br />

vom Salzburger Religionspädagogischen<br />

Institut durchgeführt, präzise von<br />

Anton Bucher und seinen Mitarbeitern.<br />

Darum wird sie in der Literatur kurz als<br />

„Bucher-Studie“ zitiert. 3 Je<strong>den</strong>falls ergibt<br />

diese ein derart positives Bild, dass der<br />

Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,<br />

Karl Kardinal Lehmann, bei<br />

der Präsentation der Veröffentlichung resümieren<br />

konnte: „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

ist besser als sein Ruf.“<br />

1 Vgl. Sekretariat der DBK (Hg.), Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU (<strong>56</strong>) Bonn 1996, 14.<br />

2 Zuerst: Gerhard Schmidtchen (Hg.), Zwischen Kirche und Gesellschaft. Forschungsbericht über die Umfragen<br />

zur Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, Freiburg 1973.<br />

3 Anton Bucher, RU zwischen Lernfach und Lebenshilfe. Eine empirische Untersuchung zum kath. RU in der<br />

Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 2001.<br />

4 Zum Wissenschaftsmarkt präsentiert die Universität Freiburg öffentlichkeitswirksam Forschungsergebnisse.<br />

Dabei stellte der Arbeitsbereich Pädagogik und Katechetik der Kath.-Theol. Fakultät die empirische<br />

Untersuchung zu Zielvorstellungen und Motivationen von über 4000 RL in Ba<strong>den</strong>-Württemberg vor. Bei<br />

dieser Präsentation wurde jene zusätzliche Befragung bei <strong>den</strong> Besuchern vorgenommen. Vgl. Andreas<br />

Feige/Werner Tzscheetzsch, Christlicher RU im religionsneutralen Staat, Ostfildern-Stuttgart 2005.<br />

5 Matthias Drobinski, Religion ist kein Randfach, in: Süddeutsche Zeitung v. 14.April 2005, 38.<br />

6 Sekretariat der DBK (Hg.), Der RU vor neuen Herausforderungen (<strong>Nr</strong>. 80), Bonn 2005.<br />

Auch in der gesellschaftlichen Diskussion<br />

scheint der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

heute unumstrittener zu sein als vor Jahren,<br />

ja bisweilen wird er sogar von ihr als<br />

wichtiger eingeschätzt als von Vertretern<br />

der Kirche. So haben bei einer Publikumsbefragung<br />

beim Freiburger Wissenschaftsmarkt<br />

am 17./18. Juni 2005<br />

von 253 zufällig Befragten 212 angegeben,<br />

dass sie <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong><br />

in der Schule <strong>für</strong> notwendig erachten. 4<br />

Und schließlich war in der nun wirklich<br />

nicht zur kirchlichen Hofberichterstattung<br />

neigen<strong>den</strong> „Süddeutschen Zeitung“<br />

am 14. April 2005 unter der Überschrift<br />

„Religion ist kein Randfach“ zu lesen:<br />

„Es wird immer deutlicher, wie wichtig<br />

ein Unterricht ist, der das Bekenntnis<br />

nicht schamhaft verschweigt,<br />

sondern zum Gegenstand des Diskurses<br />

macht . . . Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

schult das kulturelle Gedächtnis einer<br />

Gesellschaft, das keine Pisa-Studie erfasst,<br />

das aber so wichtig ist, wenn es<br />

um das Woher und Wohin geht, um<br />

Gerechtigkeit und Menschenrechte. Und<br />

das ist mindestens so viel wert wie ein<br />

guter Mathematik-Unterricht.“ 5<br />

Dagegen wird die Bedeutung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

von manchen Priestern<br />

und Pastoralassistenten/-referenten als<br />

weniger wichtig eingeschätzt und die<br />

Aufgabe des <strong>Religionsunterricht</strong>s oft<br />

als ästig angesehen: zum einen weil<br />

das Unterrichten ein „hartes Brot“ ist;<br />

zum anderen weil die Rekrutierung der<br />

Heranwachsen<strong>den</strong> zur pfarreigenen Jugend-<br />

und Gemeindearbeit selten gelingt.<br />

Angesichts dieser merkwürdig<br />

ambivalenten Einschätzung über <strong>den</strong><br />

Wert des schulischen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

bringt das jüngste Grundlagendokument<br />

der Deutschen Bischofskonferenz<br />

„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor<br />

neuen Herausforderungen“ 6, datiert vom<br />

16. Februar 2005, eine ausgesprochene<br />

Perspektiverweiterung.<br />

4 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


2. Der <strong>Religionsunterricht</strong> als<br />

dialogisch – mystagogisches<br />

Handlungsfeld der Kirche<br />

Dem bischöflichen Dokument geht es<br />

weniger um eine bildungstheoretische<br />

Begründung des Faches. Das haben<br />

vorausliegende Veröffentlichungen zum<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> zum Ziel gehabt. 7<br />

Vielmehr möchten die deutschen Bischöfe<br />

vom ganzheitlichen Bildungsgedanken<br />

her neue Impulse geben <strong>für</strong><br />

eine kommunikative Gestaltung des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />

der die Schülerinnen<br />

und Schüler zur Freiheit des Denkens,<br />

Urteilens und Handelns anleitet und somit<br />

deren Selbsttätigkeit fördert. Deshalb<br />

sollen <strong>den</strong> zukünftigen <strong>Religionsunterricht</strong><br />

drei Schwerpunkte charakterisieren,<br />

nämlich:<br />

– die Vermittlung von strukturiertem<br />

und lebensbedeutsamen Grundwissen<br />

über <strong>den</strong> Glauben der Kirche<br />

– das Vertraut machen mit Formen<br />

gelebten Glaubens<br />

– die Förderung religiöser Dialog- und<br />

Urteilsfähigkeit.<br />

2.1 Der <strong>Religionsunterricht</strong> vermittelt<br />

strukturiertes und lebensbedeutsames<br />

Grundwissen über <strong>den</strong><br />

Glauben der Kirche<br />

Im Zentrum des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

steht selbstverständlich das Zeugnis von<br />

Jesus Christus. Allein von ihm her ergibt<br />

sich die Sicht auf das Ganze des entfalteten<br />

Glaubens. Das Grundwissen entfaltet<br />

die verschie<strong>den</strong>en Ausdrucksformen<br />

des Glaubens wie Symbole und<br />

Metaphern, biblische Erzählungen und<br />

Gebete, Bekenntnisse und Lehraussagen,<br />

aber auch theologische Argumentationen<br />

sowie die Fähigkeit, mit<br />

<strong>den</strong> unterschiedlichen Sprachformen<br />

sachgerecht umzugehen. Hinzu kommen<br />

Kerninhalte anderer Religionen, insbesondere<br />

die des Ju<strong>den</strong>tums und des<br />

Islam. 9<br />

Mit Hilfe des Grundwissens und der vertiefen<strong>den</strong><br />

unterrichtlichen Auseinandersetzung<br />

sollen die Schüler eine Vorstellung<br />

vom Ganzen des katholischen<br />

Glaubens, von seiner inneren Struktur<br />

und Logik bekommen; <strong>den</strong>n einzig in<br />

strukturierter Form wird das religiöse<br />

Grundwissen „anschlussfähig“ an das<br />

Wissen anderer Fächer und anderer<br />

Lebensbereiche. In pädagogischer Hinsicht<br />

muss ein ganzheitlich bil<strong>den</strong>der<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> erkennbar machen,<br />

dass die religiösen Inhalte die Persönlichkeitsentwicklung<br />

der Schüler fördern,<br />

weil ohne Aufweis der Lebensrelevanz<br />

ein <strong>Religionsunterricht</strong> zur Indoktrination<br />

verkommt. Zu be<strong>den</strong>ken ist schließlich<br />

auch der „Zeithorizont“ schulischer Bildung.<br />

Nicht alle Aspekte des Glaubens<br />

können die Schüler während ihrer Schuljahre<br />

begreifen. Da bedarf es der phasenspezifischen<br />

Erfahrungen im nachfolgen<strong>den</strong><br />

Leben. Immer aber bleibt ein<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> der biblischen Rede<br />

von Gott verpflichtet. Dabei soll gerade<br />

das Fremde und Geheimnisvolle dieses<br />

Gottes die Schüler neugierig halten und<br />

deren Offenheit <strong>für</strong> neue Erfahrungen<br />

fördern.<br />

2.2 Der <strong>Religionsunterricht</strong> macht mit<br />

Formen gelebten Glaubens vertraut<br />

und ermöglicht Erfahrungen mit<br />

Glaube und Kirche<br />

Früher erfolgte die Vermittlung von<br />

Glaubenswissen im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

in Korrespon<strong>den</strong>z mit Familie und Gemeinde.<br />

Damit kann der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

heute höchstens in Ausnahmefällen<br />

rechnen. Umso mehr muss er das<br />

zu vermittelnde Glaubenswissen in der<br />

Thema<br />

Perspektive der Schüler thematisieren.<br />

Einem <strong>Religionsunterricht</strong> in der Teilnehmerperspektive<br />

liegt die Einsicht zugrunde,<br />

dass mit dem Glaubenswissen<br />

auch Formen gelebten Glaubens <strong>den</strong><br />

Schülern erschlossen wer<strong>den</strong> müssen.<br />

Das gilt sowohl <strong>für</strong> <strong>den</strong> Primarbereich<br />

(Besuch des nahegelegenen Kirchengebäudes,<br />

Kennen lernen von Gemeindeaktivitäten<br />

vor Ort) als auch <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> Sekundarbereich (Bekannt machen<br />

mit Menschen und Gruppen in der<br />

Kirche, die durch ihren Einsatz <strong>für</strong><br />

Arme, Lei<strong>den</strong>de und Benachteiligte die<br />

biblisch-prophetische Tradition heute<br />

fortführen). 10<br />

Das Vertraut machen mit sozialer Praxis<br />

ist keineswegs eine Besonderheit des<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s. Auch der Musikund<br />

Kunst-, der Sprach- und Literaturunterricht<br />

führt die Schüler in die einschlägigen<br />

Praxisfelder ein. Doch zur<br />

christlichen Religion gehört substantiell<br />

eine rituelle Seite, bei der sich der Inhalt<br />

erst im Vollzug erschließt (Ministrantendienst).<br />

Um die gefächerte Glaubenspraxis<br />

der Kirche zu erkun<strong>den</strong>, wird sich<br />

darum der Religionslehrer mit seinen<br />

Schülern immer wieder auf Wege der<br />

Hospitation und Exkursion begeben, um<br />

überzeugende Orte gelebten Glaubens<br />

zu erschließen (Kloster, Caritas, Sozialprojekt<br />

„Compassion“). Wenngleich vom<br />

Profil her der <strong>Religionsunterricht</strong> und die<br />

Gemeindekatechese klare Eigenständigkeiten<br />

besitzen, so ist es überaus sinnvoll,<br />

bei der Erstkommunion- bzw. bei<br />

der Firmvorbereitung ergänzend aufeinander<br />

zu verweisen: Während der<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> die Anfragen der<br />

Schüler beantwortet, will die Gemeinde-<br />

17 Die wichtigsten Erklärungen der deutschen Bischöfe zum RU, vgl. hierzu: Sekretariat der DBK (Hg.),<br />

– Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU (<strong>56</strong>), Bonn 1996<br />

– „Zeit zur Aussaat“ (68), Bonn 2000<br />

– Katechese in veränderter Zeit (75), Bonn 2004<br />

– Kirchliche Anforderungen an die Studiengänge <strong>für</strong> das Lehramt in Katholischer Religion sowie an die<br />

Magister- und BA-/MA-Studiengänge mit Katholischer Religion als Haupt- und Nebenfach, Bonn 2003<br />

(2005).<br />

18 Vgl. Die Aufgaben des katholischen RU, in: Der RU vor neuen Herausforderungen aa0. 18-30, hier: 18.<br />

19 Vgl. - Hinweise <strong>für</strong> eine richtige Darstellung von Ju<strong>den</strong> und Ju<strong>den</strong>tum in der Predigt und Katechese der<br />

katholischen Kirche (44), Bonn 1985.<br />

– Christen und Muslime in Deutschland (172), Bonn 2003.<br />

10 Vgl. Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU, aa0. 19.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 5


Thema<br />

katechese zur Glaubenspraxis „anstiften“.<br />

2.3 Der <strong>Religionsunterricht</strong> fördert die<br />

religiöse Dialog- und Urteilsfähigkeit<br />

der Schülerinnen und Schüler<br />

Zum unstrittigen Bildungsauftrag der<br />

Schule gehört es, die Schüler zu verantwortbarem,<br />

das heißt zu begründetem<br />

Handeln zu befähigen. Dementsprechend<br />

ist der <strong>Religionsunterricht</strong> zu<br />

nichts anderem verpflichtet. Damit erfüllt<br />

er aber auch <strong>den</strong> biblischen Auftrag, „jedem<br />

Rede und Antwort zu stehen, der<br />

nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“<br />

(1 Petr 3,15). Dem <strong>Religionsunterricht</strong><br />

geht es – wie der kirchlichen Verkündigung<br />

insgesamt – um die argumentative<br />

Darlegung des Glaubens. Ohne jedwede<br />

Vereinnahmungsintention, sollen die heranwachsen<strong>den</strong><br />

Schüler zur rationalen<br />

Verantwortung ihrer Glaubensentscheidung<br />

geführt wer<strong>den</strong>. In seinem Rationalitätsanspruch<br />

distanziert sich der<br />

christliche Glaube sowohl von jeglichem<br />

Fundamentalismus als auch von jeglichem<br />

relativieren<strong>den</strong> Beliebigkeitspluralismus.<br />

Beide Extreme subjektivieren<br />

und verkürzen <strong>den</strong> Offenbarungsanspruch<br />

Gottes. Dieser Wahrheitsanspruch<br />

– und nicht seine Relativierung<br />

oder der Verzicht auf die Wahrheitsfrage<br />

– begründet <strong>den</strong> religiös-weltanschaulichen<br />

Dialog. In diesem Sinne versucht<br />

der <strong>Religionsunterricht</strong>, <strong>den</strong> Glauben im<br />

Dialog mit <strong>den</strong> Erfahrungen und Überzeugungen<br />

der Schüler, mit dem Wissen<br />

und Erkenntnissen der anderen Fächer,<br />

mit <strong>den</strong> aktuellen Fragen der Lebensund<br />

Weltgestaltung und mit <strong>den</strong> Positionen<br />

der anderen Konfessionen,<br />

Religionen und Weltanschauungen zu<br />

erschließen. „Echte Dialogbereitschaft“,<br />

so betont das bischöfliche Grundlagendokument<br />

mit allem Nachdruck, „ist eine<br />

Kardinaltugend der pluralistischen Gesellschaft.“<br />

11<br />

11 Der RU vor neuen Herausforderungen, aa0. 30.<br />

12 Der RU vor neuen Herausforderungen, aa0. 31.<br />

3. Der <strong>Religionsunterricht</strong> und sein<br />

Verhältnis zur Schulpastoral<br />

Der Begriff „Schulpastoral“ ist trotz seiner<br />

Etablierung in der religionspädagogi-<br />

schen Literatur nach wie vor vieldeutig.<br />

In der diesem Artikel auferlegten umfänglichen<br />

Beschränkung kann jedoch<br />

nicht näher darauf eingegangen wer<strong>den</strong>.<br />

Am ehesten wird man dem Begriff<br />

„Schulpastoral“ dadurch gerecht, wenn<br />

man ihn als Oberbegriff <strong>für</strong> das ‚Engagement<br />

von Christen im Handlungsfeld<br />

Schule’ versteht. Er umgreift alle Beteiligten,<br />

das sind: Religionslehrer und<br />

Schüler, das Lehrerkollegium als wünschenswerter<br />

Idealfall, vor allem aber<br />

auch die Eltern sowie aufgeschlossene<br />

Gemeindeseelsorger. Ihr verbin<strong>den</strong>des<br />

Handlungsmotiv lautet: „Humanisierung<br />

der Schulverhältnisse aus dem Geiste<br />

Jesu“; <strong>den</strong>n die bewusste Gestaltung<br />

der Schulkultur ist <strong>für</strong> alle im Schulleben<br />

Stehen<strong>den</strong> von großer Bedeutung. Das<br />

gilt insbesondere dort, wo Ganztagsschulen<br />

oder schulische Angebote zur<br />

Ganztagsbetreuung eingerichtet wor<strong>den</strong><br />

sind.<br />

Neben der Familie gilt die Schule <strong>für</strong> die<br />

Schüler als wichtigster sozialer Lernort,<br />

an dem sie lebensprägend wertbil<strong>den</strong>de<br />

Erfahrungen machen. „Die Gestaltung<br />

des Schulgebäudes“, so formuliert es<br />

das neue bischöfliche Grundlagenpapier,<br />

„die geschriebenen und ungeschriebenen<br />

Regeln des täglichen Miteinanders<br />

und nicht zuletzt das Handeln der<br />

Lehrerinnen und Lehrer sind <strong>für</strong> die Werterziehung<br />

meist bedeutsamer als Lehrpläne<br />

und Unterrichtsthemen.“ 12 Zum<br />

pädagogischen Profil einer Schule gehören<br />

neben dem Fächerangebot <strong>für</strong> alle<br />

Schüler und gezielten Fördermaßnahmen<br />

<strong>für</strong> die schwächeren des Weiteren<br />

die Gestaltung des Schuljahres, der<br />

Schulwoche und des Schultages. Dazu<br />

kommen unterrichtsergänzende Aktivitäten<br />

wie Projektwochen, Betriebs- und<br />

Sozialpraktika, die Kooperation mit Einrichtungen<br />

und Gruppen außerhalb der<br />

Schule und nicht zuletzt weitere Vereinbarungen,<br />

die das Miteinander von<br />

Schülern, Lehrern und Eltern regeln. <strong>Religionsunterricht</strong><br />

und Schulpastoral verstehen<br />

sich als Teilsystem des Systems<br />

Schule. Sie wollen ihren bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Beitrag<br />

aus dem Glauben in das Schulleben<br />

einbringen, in der das Für- und Miteinander<br />

in einem ‚Milieu versöhnter Verschie<strong>den</strong>heit’<br />

eingeübt wer<strong>den</strong> kann.<br />

Dabei geht es nicht darum, Erlebnisse<br />

zu produzieren, sondern einen Raum<br />

zu schaffen, in dem die Erlebnisse in<br />

einen christlichen Sinnhorizont gestellt<br />

und von diesem her gedeutet wer<strong>den</strong><br />

können.<br />

Gilt es abschließend ein Resümee zu<br />

ziehen, dann kann das Urteil aus religionspädagogischer<br />

Sicht nur lauten:<br />

Wenn Kirche und Schule, so wie es<br />

die deutschen Bischöfe in ihrem perspektiverweitern<strong>den</strong><br />

Dokument „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

vor neuen Herausforderungen“<br />

empfehlen, so aufeinander zugehen,<br />

dann gewinnen beide Parteien<br />

ein Mehr: die Schule ein „Mehr an<br />

Kultur“ und der <strong>Religionsunterricht</strong> ein<br />

„Mehr an Ausstrahlungskraft“.<br />

6 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


1. Das Problem: Unterricht „über“<br />

oder „in“ Religion<br />

Sobald man im <strong>Religionsunterricht</strong> das<br />

Feld einer rein kognitiven Beschäftigung<br />

„über“ Religion verlässt und Handlungsfelder<br />

„in“ Religion gestaltet, drängt sich<br />

unweigerlich die Frage auf: Darf man<br />

das überhaupt? Bedeutet dies nicht eine<br />

Grenzüberschreitung oder gar einen<br />

Rückfall in alte katechetische Zeiten?<br />

Eine solche skrupulöse Skepsis wäre in<br />

anderen Fächern völlig absurd: Was<br />

würde man über einen Sportunterricht<br />

sagen, der nur aus Sporttheorie bestünde,<br />

ausschließlich im Klassenzimmer<br />

stattfin<strong>den</strong> würde, in dem sich die<br />

Kinder und Jugendlichen aber nicht bewegen?<br />

Wie würde man einen Musikunterricht<br />

qualifizieren, bei dem nicht<br />

gesungen wird? Was würde man von<br />

einem Kunstunterricht halten, bei dem<br />

auf ähnliche Weise auf jede praktische<br />

künstlerische Betätigung verzichtet und<br />

nur eine theoretische Auseinandersetzung<br />

mit dem Gegenstand „Kunst“<br />

stattfin<strong>den</strong> würde? Ähnliches gilt auch<br />

<strong>für</strong> <strong>den</strong> Physikunterricht: Ist er vorstellbar<br />

ohne Experimente? Oder <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Sprachunterricht, der bei modernen<br />

Sprachen immer auch ein Sprech- und<br />

Konversationsunterricht sein muss.<br />

Ein Unterrichtsgegenstand erfordert also<br />

eine je eigene Art der Inszenierung, will<br />

man ihm und <strong>den</strong> Zielbeschreibungen<br />

im Kontext schulischen Lernens gerecht<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Lässt sich diese Argumentationsstruktur<br />

auch auf <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> übertragen?<br />

Welcher Art von Inszenierung<br />

bedarf es in diesem Fach? Die Ausgangsthese<br />

dieses Beitrags lautet: Ein<br />

Unterricht, in dem nur „über“ Religion<br />

gesprochen wird, also mehr oder weni-<br />

ger Religionskunde, ist dem Gegenstand<br />

nicht angemessen. Das werde ich<br />

auf verschie<strong>den</strong>en Ebenen zu entfalten<br />

versuchen. Gleichzeitig wird einerseits<br />

darüber nachzu<strong>den</strong>ken sein, woher die<br />

eingangs beschriebenen Skrupel herrühren<br />

und wo andererseits auch Grenzen<br />

<strong>für</strong> eine Inszenierung von Religion liegen.<br />

2. Die Last der Geschichte<br />

Dass wir heute nicht blauäugig <strong>für</strong> eine<br />

Inszenierung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

plädieren können, hat viel mit der Geschichte<br />

des Faches zu tun. Autobiographische<br />

Zeugnisse belegen, dass die<br />

These, eine gewisse Art religiöser Erziehung<br />

habe auch zu einem „Religionsverlust“<br />

(Ringel / Kirchmayer 1986) oder<br />

zu einer „Gottesvergiftung“ (Moser 1976)<br />

geführt, durchaus berechtigt ist. Ein<br />

Beispiel möge genügen: Edgar Forster<br />

(Forster 2000, 8f) beschreibt in seiner<br />

Autobiographie die Kindheit und auch<br />

<strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> in Niederbayern<br />

so – es waren die 50er Jahre des letzten<br />

Jahrhunderts.<br />

„In der zweiten Klasse besuchte ich die<br />

Katholische Volksschule <strong>für</strong> Knaben<br />

Eggendobel, eine zwei(t)klassige Zwergschule.<br />

Unsere Lehrerin war die Pfrein<br />

Pfister, eine bigotte alte Jungfer mit<br />

Dutt im Gnack, Nickelbrille auf der Nase<br />

und angetan mit schwarz-grau-braunem<br />

Sack- und Asche-Gewand; am liebsten<br />

veranstaltete sie wahre Gebetsorgien im<br />

Unterricht. Sie besuchte je<strong>den</strong> Tag vor<br />

der Schule die Heilige Messe und empfing<br />

in der Eucharistiefeier täglich die Hl.<br />

Kommunion und bedauerte, dass sie es<br />

nicht öfters dürfe. Dem Pfarrer Fischer<br />

machte sie jede Woche zweimal Meldung<br />

einer Meß- und Gebetsstatistik,<br />

wie viele von uns ca. 45 Buben beim<br />

Aufstehen nicht gebetet hatten, wie viele<br />

vor und wie viele nach dem Frühstück<br />

das Beten versäumt hatten, wie viele<br />

<strong>den</strong> Engel des Herrn vergessen hatten,<br />

wie groß die Zahl der Nichtbeter vor und<br />

nach dem Mittagessen war usw. usw.“<br />

Diese drastische Situationsbeschreibung<br />

– die leider mit anderen ergänzbar wäre<br />

– weist auf ein Konzept religiöser Erziehung<br />

in der Schule hin, das letztlich<br />

zur massiven Krise des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

im Vorfeld der Würzburger Synode<br />

führte: Der <strong>Religionsunterricht</strong> wurde als<br />

verlängerter Arm einer kirchlichen Katechese<br />

verstan<strong>den</strong> und gelegentlich mit<br />

<strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong> Repressalien auch<br />

durchgeführt. Im <strong>Religionsunterricht</strong> fand,<br />

wie das Beispiel zeigt, eine doppelte<br />

Sozialkontrolle statt: Einerseits wird die<br />

Inszenierung von Religion im Unterricht<br />

selbst eingefordert („Gebetsorgien“) und<br />

andererseits wird die Autorität der Religionslehrkraft<br />

auch auf <strong>den</strong> außerschulischen<br />

Bereich geweitet, indem die<br />

häusliche Gebetspraxis einer Überprüfung<br />

unterzogen wurde. Dieses Eindringen<br />

in die Privatsphäre wurde im<br />

Prozess der Moderne zunehmend als<br />

eine unangemessene Grenzüberschreitung<br />

empfun<strong>den</strong>. Wenn wir deshalb<br />

heute über die Möglichkeiten eines<br />

stärker erfahrungsorientierten <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

nach<strong>den</strong>ken, müssen wir uns<br />

darüber im Klaren sein, dass diese Last<br />

der Geschichte eine Hypothek darstellt,<br />

mit der wir zu rechnen haben. Deshalb<br />

muss immer wieder betont wer<strong>den</strong>:<br />

Dorthin wollen wir nicht zurück!<br />

3. Würzburg und die Folgen<br />

Thema<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> inszenieren und reflektieren.<br />

Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

Hans Mendl<br />

Denn gegenüber dieser Ausgangslage<br />

eines gesellschaftlich und auch theologisch<br />

nicht mehr tragfähigen Konzepts<br />

des <strong>Religionsunterricht</strong>s stellt der Beschluss<br />

der Würzburger Synode aus<br />

dem Jahre 1974 das „Dokument einer<br />

Wende“ dar, wie es der Religions-<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 7


Thema<br />

pädagoge Wolfgang Nastainczyk bezeichnet<br />

hat. Dieses Dokument markiert<br />

<strong>den</strong> Befreiungsschlag gegen die konfessionalistische<br />

Engführung religiöser<br />

Erziehung und bedeutet <strong>den</strong> Übergang<br />

vom missionarischen zum diakonischen<br />

Konzept religiösen Lernens in der Schule:<br />

Das Handeln der Kirche in der Schule<br />

versteht sich nunmehr auf allen Feldern<br />

als selbstloser Beitrag <strong>für</strong> die I<strong>den</strong>titätsentwicklung<br />

junger Menschen und <strong>für</strong><br />

die Humanisierung des Schullebens.<br />

Damit verbun<strong>den</strong> war eine konsequente<br />

Trennung von Gemeindekatechese und<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> in Adressatenkreis,<br />

Inhalten und einer je eigenen Didaktik.<br />

Die Frucht dieser Bemühungen sieht<br />

man am aktuellen Stellenwert des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />

der besonders in der<br />

Grundschule breit anerkannt ist. Die<br />

grundlegende Zielbestimmung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

besteht nicht in der<br />

existentiellen Glaubenseinführung, nicht<br />

in der konfessionellen Sozialisation oder<br />

in der Hinführung zur Pfarrgemeinde;<br />

der <strong>Religionsunterricht</strong> nach der Würzburger<br />

Synode ist <strong>für</strong> eine disparate<br />

Schülerschaft (gläubige, suchende, ungläubige...<br />

Schüler) gedacht, er „soll zu<br />

verantwortlichem Denken und Verhalten<br />

im Hinblick auf Religion und Glaube<br />

befähigen“, er „weckt und reflektiert die<br />

Frage nach Gott“ (Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />

in der Schule 1976, 2.5.1).<br />

Allerdings brachte die Angst, nicht ins<br />

alte missionarische Fahrwasser zu verfallen,<br />

Probleme mit sich, die wir heute<br />

aus der Distanz deutlicher erkennen.<br />

Besonders problematisch ist die Anlage<br />

des Faches nach dem Reflexionsmodell<br />

schulischen Lernens. Dieses stellt zunächst<br />

keine Besonderheit dar, sondern<br />

entspricht der Eigenart des Handlungsortes<br />

Schule. Im Biotop Schule als „Moratorium<br />

des Lebensernstes“ (Dressler<br />

2004, 263) wird auf reflektierte Art und<br />

Weise auf Wirklichkeit zugegriffen.<br />

Unterricht und damit auch <strong>Religionsunterricht</strong><br />

ist zunächst kein Ort unmittelbarer<br />

religiöser Erfahrung. Vielmehr baut<br />

unterrichtliches Lernen darauf auf, dass<br />

Erfahrungen mit Religion mitgebracht<br />

wer<strong>den</strong>; der <strong>Religionsunterricht</strong> ist dann<br />

der Ort des Reflektierens und des Deutens.<br />

Dieses Modell funktionierte bei<br />

einer halbwegs vorhan<strong>den</strong>en Einbettung<br />

der Schüler/innen ins konfessionelle Milieu,<br />

mutierte insgesamt aber zu einer<br />

„als-ob“-Didaktik (als ob alle irgendwie<br />

geartete religiöse Erfahrungen mitbrächten)<br />

oder führte zur Aporie.<br />

Ein zweites Problem stellt die Rezeption<br />

der Curriculumtheorie im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

dar – in der Didaktik ein Meilenstein<br />

zur Professionalisierung des Unterrichts<br />

und damit auch des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />

freilich mit dem Nachteil, dass<br />

dies gelegentlich zu einem kognitiv fixierten<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> führte, weil innerhalb<br />

dieser Lerntheorie nur der Bereich<br />

der Kenntnisse und des Wissens einer<br />

Evaluation zugeführt wer<strong>den</strong> konnte.<br />

Emotionales und handlungsorientiertes<br />

Lernen kam innerhalb der systemischen<br />

Grenzen zu kurz. Wenn aber der<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> mehr ist als „nur“<br />

Religionskunde, dann reicht ein Unterricht<br />

„über“ Religion nicht aus, sondern<br />

es muss auch ein Unterricht „in“ Religion<br />

erfolgen. Das hat Folgen <strong>für</strong> die inhaltliche<br />

Gestaltung und das Rollenverständnis<br />

des Religionslehrers.<br />

Die Frage lautet: Wie verhalten sich „Erfahrung“<br />

und „Reflexion“ im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

zueinander? Wie viel an Erfahrung<br />

ist nötig / wünschenswert / möglich?<br />

Wie viel Religion darf oder muss<br />

sogar sein, damit der Gegenstand angemessen<br />

verhandelt wer<strong>den</strong> kann?<br />

4. Qualitätskriterien <strong>für</strong> guten<br />

<strong>Religionsunterricht</strong><br />

Die didaktischen Konzepte der Vergangenheit<br />

und Gegenwart pendeln zwischen<br />

zwei Hauptdeterminanten hin und<br />

her: <strong>den</strong> Adressaten oder lernen<strong>den</strong><br />

Subjekten und dem Gegenstand des<br />

Lernens. Diese bei<strong>den</strong> Größen müssen<br />

genauer betrachtet wer<strong>den</strong>, um über die<br />

geeignete Inszenierungsform entschei<strong>den</strong><br />

zu können.<br />

4.1 Lernendes Subjekt:<br />

Veränderte Erfahrung<br />

Der Prozess einer „Verschulung von<br />

Katechese“ ist in größeren historischen<br />

Zeitläufen einer Geschichte des Christentums<br />

betrachtet noch verhältnismäßig<br />

jung: Er beginnt mit breiterer<br />

Wirksamkeit erst im Zeitalter der Glaubensspaltung.<br />

Seither geht Religion in<br />

die Schule und ist mit <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong><br />

Vorstellungen dessen, was Schule<br />

und schulisches Lernen leisten soll und<br />

kann, verbun<strong>den</strong>. Wie bereits erwähnt:<br />

Das typische Reflexionsmodell schulischen<br />

Lernens funktionierte im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

so lange halbwegs, als<br />

eine breite stabile religiös-kirchliche Sozialisation<br />

bei <strong>den</strong> Schüler/innen gegeben<br />

war. In diesem gesellschaftlichen<br />

Kontext gelang auch ein Katechismus-<br />

Unterricht, der zwar zu allen Zeiten von<br />

<strong>den</strong> Lernen<strong>den</strong> als religiöses Trockenfutter<br />

empfun<strong>den</strong> wurde, aber immerhin<br />

darauf bauen konnte, dass die <strong>den</strong><br />

Schülern in diesem Rahmen begegnete<br />

religiöse Sprache, die Themen und<br />

Gebete nicht völlig fremd waren: Den<br />

Referenzrahmen <strong>für</strong> die kognitive Fundierung<br />

von Religion stellten die religiösen<br />

Erfahrungen dar, die die Schüler von<br />

daheim (Pfarrgemeinde, Familie) mitbrachten.<br />

Was aber geschieht, wenn<br />

Kinder keine Gottesdienstpraxis mitbringen,<br />

keine Gebete können, nicht wissen,<br />

was an Weihnachten und Ostern gefeiert<br />

wird? Die Defizite im Bereich expliziter<br />

religiös-konfessioneller Erfahrungen<br />

sind bei heutigen Schüler/innen evi<strong>den</strong>t.<br />

Das bedeutet zwar nicht, dass die<br />

Schüler/innen nicht originäre menschliche<br />

Erfahrungen, Sehnsüchte und<br />

individuelle religiöse Grunderfahrungen<br />

mitbrächten. Dennoch: konfessionelles<br />

Basiswissen (Gebete, biblische und<br />

liturgische Kenntnisse), die Fähigkeit zur<br />

Entschlüsselung religiöser Codes (CMB,<br />

INRI, Michelangelos „Erschaffung des<br />

Adam“) und eine religiöse Sensibilität<br />

(„hinter die Dinge schauen“) können<br />

nicht mehr vorausgesetzt wer<strong>den</strong>. Ein<br />

drastisches Beispiel, das kürzlich ein<br />

Religionslehrer aus Niederbayern mitteilte:<br />

Auf seinen Hinweis in einer<br />

8 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


7. Klasse, Jesus sei nur 30 Jahre alt gewor<strong>den</strong>,<br />

fragt ein Schüler allen Ernstes<br />

betroffen nach: „Was hat ihm <strong>den</strong>n gefehlt?“<br />

Der garstige Graben zwischen dem<br />

Erfahrungswissen und dem Glaubenswissen,<br />

dem Depositum fidei, hat sich<br />

im Laufe der letzten Jahrzehnte massiv<br />

verbreitert. Was aber geschieht, wenn<br />

der Lerngegenstand so weit von der<br />

Welt der Schüler entfernt ist, dass<br />

sie keine Fragehaltung mehr entwickeln?<br />

In einer postchristlichen Gesellschaft<br />

und angesichts des „garstigen Grabens“<br />

zwischen einem fehlen<strong>den</strong> expliziten<br />

religiösen Erfahrungswissen und der<br />

Glaubenstradition erscheint ein ausschließliches<br />

Reflexionsmodell religiösen<br />

Lernens nicht mehr als tragfähig, wenn<br />

es das Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche<br />

religiös kompetent wer<strong>den</strong>. Der<br />

Pädagoge Dietrich Benner folgert: „Damit<br />

Welterfahrung und Menschenumgang<br />

unterrichtlich und schulisch erweitert<br />

wer<strong>den</strong> können, bedarf es<br />

zunächst einmal grundlegender Weltund<br />

Umgangserfahrungen. Wo diese<br />

Voraussetzung nicht durch vorschulische<br />

Erziehung und Sozialisation gesichert<br />

ist, muss sie zum Zwecke einer<br />

nachfolgen<strong>den</strong> unterrichtlichen Unterweisung<br />

zunächst einmal künstlich mit<br />

Hilfe schulischer Erkundungen, Hospitationen,<br />

Exkursionen und Übungen gestiftet<br />

und gesichert wer<strong>den</strong>“ (Benner<br />

2004, 30). In curricularen Zeiten wurde<br />

etwas in <strong>den</strong> Hintergrund gedrängt,<br />

dass seit Herbart die moderne öffentliche<br />

Schule eine doppelte Zweckbestimmung<br />

hat: nicht nur eine Weltdeutung,<br />

sondern auch die Fähigkeit zum Umgang<br />

mit der Welt. Insofern muss heute<br />

die Fähigkeit zur Deutung von Religion<br />

ergänzt wer<strong>den</strong> mit einer Partizipationskompetenz,<br />

weil nur auf diese Weise<br />

das Wissen durch Erfahrung erweitert<br />

und im Gegenzug ein tieferes Verständnis<br />

des eigenen und frem<strong>den</strong> Handelns<br />

möglich werde.<br />

Wenn also die Voraussetzungen der lernen<strong>den</strong><br />

Subjekte ernst genommen wer<strong>den</strong>,<br />

dann bedarf es anderer Präsenta-<br />

tionsmodi als nur reflexiver, um Religion<br />

verstehen zu können.<br />

4.2 Gegenstand: die performative<br />

Tiefendimension von Religion<br />

Auch Rudolf Englert meint: Die veränderte<br />

Situation nach dem Traditionsabbruch<br />

erfordere einen veränderten<br />

Präsentationsmodus religiöser Ausdrucksformen<br />

(Englert 2002, 33). Dies<br />

ist zunächst ein didaktisches Argument,<br />

welches theologisch untermauert wer<strong>den</strong><br />

muss:<br />

Genügt es, <strong>den</strong> Gegenstand „Religion“<br />

zu unterrichten, ohne in die Praxis von<br />

Religion einzuführen? Dass eine ausschließlich<br />

rationale religiöse Erziehung<br />

letztlich ortlos ist, zeigt bereits ein Blick<br />

in die Geschichte: Die theologische Reflexion<br />

war immer nachrangig gegenüber<br />

der christlichen Praxis. Zu allen Zeiten<br />

war man sich darüber im Klaren: Die<br />

christliche Religion kann nicht mitgeteilt,<br />

ohne immer zugleich auch dargestellt zu<br />

wer<strong>den</strong>. Bereits das Wort „Katechese“<br />

besticht durch seine eindeutige Uneindeutigkeit.<br />

„Katecheo“ heißt „mitteilen“<br />

und „unterweisen“. Es geht also um die<br />

Mitteilung einer Botschaft und einer<br />

Unterweisung in ihr; Form und Inhalt<br />

einer Einführung in <strong>den</strong> Glauben können<br />

voneinander nicht getrennt wer<strong>den</strong>. Derzeit<br />

wächst die Sensibilität da<strong>für</strong>, „dass<br />

die Vermittlung des gelehrten Glaubens<br />

nicht ohne Bezug zum gelebten Glauben<br />

gelingen kann“ (Sekretariat der<br />

Deutschen Bischofskonferenz 2005, 24).<br />

Wissenschaftstheoretisch wird die veränderte<br />

Profilierung religiösen Lernens<br />

meines Erachtens am angemessensten<br />

mit dem Konzept eines „performativen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s“ beschrieben, welches<br />

als theoretischer Rahmen die<br />

konkreten Erfahrungsfelder zu bündeln<br />

vermag und da<strong>für</strong> sorgt, dass Religion<br />

„in Form bleibt“. Um systematisch die<br />

Eigenart von „Religion“ in <strong>den</strong> Blick zu<br />

bekommen, helfen Ansätze aus der<br />

Sprachphilosophie weiter, die hier nur<br />

angedeutet wer<strong>den</strong> können: Die Sprechakttheorie<br />

gibt Auskunft über die<br />

Thema<br />

Gestalt und Funktion von Sprache: Es<br />

gibt eigentümliche sprachliche Handlungen,<br />

die nicht nur etwas aussagen, sondern<br />

zugleich eine Wirklichkeit setzen:<br />

„How to do things with Words“, lautet<br />

der Originaltitel eines Werks von John<br />

Austin (Austin 1972): „Ich verspreche<br />

dir“, „ich schwöre“, „ich wette“ wären<br />

beispielsweise solche „performative“ Äußerungen.<br />

Indem wir solche Sätze äußern,<br />

vollziehen wir zugleich eine Handlung,<br />

die auch Folgen hat. Die religiöse<br />

Sprache gehört auch zu <strong>den</strong> eigentümlichen<br />

performativen Sprachformen (de<br />

Pater 1978, Austin 1972): Mit <strong>den</strong><br />

sprachlichen Handlungen der Religion,<br />

einem Gebet, einem Segen, einem Lob-<br />

Psalm, einem Gelübde wird bereits eine<br />

Wirklichkeit gesetzt: Es wird gebetet,<br />

gesegnet, etwas gelobt und versprochen.<br />

Kann ich nun die Bedeutung eines<br />

Gebets, eines Segens, eines Lobpreises<br />

und eines Versprechens begreifen, ohne<br />

diese Akte selber vollzogen zu haben?<br />

Diese Grunddynamik eines Zusammenhangs<br />

von Aussage und Vollzug oder<br />

genauer der Erschließung der Bedeutung<br />

einer Aussage über ihren Vollzug<br />

lässt sich unschwer auch auf andere religiöse<br />

Phänomene übertragen: Kann ich<br />

die Ethik des Christentums ohne Bezug<br />

auf eine sozial-karitative Vollzugsform<br />

begreifen? Und lässt sich diese lediglich<br />

in papierener Form unterrichtlich adäquat<br />

erfassen? Die deutschen Bischöfe<br />

schreiben hierzu im aktuellen Dokument<br />

zum <strong>Religionsunterricht</strong>: „Denn ohne die<br />

Begegnung mit gelebtem Glauben kann<br />

die Lebensbedeutung des gelehrten<br />

Glaubens nicht erschlossen wer<strong>den</strong>“<br />

(Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz<br />

2005, 15).<br />

Theologisch kann man das mit einer<br />

weiteren Argumentationsstruktur untermauern:<br />

Georg Baudler meint, die Gefahr<br />

eines dominant diskursiven <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

bestünde darin, dass<br />

hier der Überschuss der Form von<br />

Religion verschenkt würde, der aber<br />

unlösbar zu ihrem Inhalt gehöre. Der<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> müsse deshalb<br />

neue Wahrnehmungs-, Gestaltungsund<br />

Handlungsaufgaben erhalten (vgl.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 9


Thema<br />

Baudler 2000, 366)! Das Ziel muss es<br />

also sein, nicht nur über Religion zu re<strong>den</strong>,<br />

sondern Religion zum Sprechen<br />

und in Bewegung zu bringen. Denn Religion<br />

kann nur verständlich wer<strong>den</strong>,<br />

wenn sie auch inszeniert wird; hier passt<br />

die schöne Formel: „vom Mehrwert der<br />

Religion, wenn sie in Form bleibt“. Denn<br />

die „Erschließung der Christentums-Praxis<br />

kann sich nicht nur in diskursiver<br />

Sprache vollziehen, sie verlangt vielmehr<br />

nach szenischer und gestischer, leiblicher<br />

und räumlicher Darstellung“ (Klie /<br />

Leonhard 2003, 149). Daraus folgt <strong>für</strong><br />

Bernhard Dressler: „Im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

selbst muss Religion als eine Kultur<br />

symbolischer Kommunikation Platz gewinnen“<br />

(Dressler 2002, 11), weil nur so<br />

Religion erfahren und begriffen wer<strong>den</strong><br />

kann! Nur durch die Ermöglichung von<br />

Religion kann die Dynamik religiöser und<br />

christlicher Welterfahrung in ihrer Tiefendimension<br />

verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> (vgl. Sekretariat<br />

der Deutschen Bischofskonferenz<br />

2005, 3.2). Insofern müssen nach<br />

Hans Schmid im <strong>Religionsunterricht</strong> dissoziative<br />

(re<strong>den</strong> über) mit assoziativen<br />

Elementen (re<strong>den</strong> mit) ergänzt wer<strong>den</strong><br />

(Schmid 2003). Innerhalb eines solchen<br />

Konzepts erhält auch die Tradition eine<br />

neue Rolle; sie kommt nicht nur diskursiv,<br />

sondern auch handlungsbezogen<br />

ins Spiel. Es ist eine religionspädagogische<br />

Wahrnehmungs-Aufgabe, zu<br />

schauen, wo Religion ihre Wirkung entfaltet.<br />

5. Inszenierungsfelder eines performativen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> heute muss in Auseinandersetzung<br />

mit Lerngegenstän<strong>den</strong><br />

subjekt-, erfahrungs- und prozessorientiert<br />

angelegt sein (vgl. Mendl 2004, 38-<br />

41). Das Fach muss „in Religion“ einführen<br />

und darf nicht auf einen Unterricht<br />

„über Religion“ beschränkt wer<strong>den</strong>. Einige<br />

der vielfältigen Felder, in <strong>den</strong>en ein<br />

diskursives „Re<strong>den</strong> über Religion“ durch<br />

„Erfahrungen in Religion“ nicht ersetzt,<br />

sondern ergänzt und vertieft wer<strong>den</strong><br />

können, sollen im Folgen<strong>den</strong> zumindest<br />

genannt wer<strong>den</strong> (ausführlicher: siehe<br />

Mendl 2005b).<br />

❍ nicht nur „über“ Religion sprechen, sondern das Fach so konzipieren, dass<br />

Kinder und Jugendliche mit ihren Fragen und Bedürfnissen im Mittelpunkt<br />

stehen<br />

❍ nicht nur „über“ Gemeinde und Gemeinschaft etc. sprechen, sondern<br />

Gemeinschaft auf jugendgemäße Weise inszenieren<br />

❍ nicht nur „über“ Moral diskutieren, sondern ethisches Verhalten einüben<br />

❍ nicht nur „über“ Kirchen nach<strong>den</strong>ken, sondern in Kirchen Haltungen, Lieder,<br />

Riten ausprobieren<br />

❍ nicht nur „über“ Meditation re<strong>den</strong>, sondern meditative Elemente erproben<br />

❍ nicht nur „über“ Gebet und Liturgie sprechen, sondern zum experimentellen<br />

Beten und liturgischen Handeln anleiten und diese Erfahrung auch reflektieren<br />

❍ nicht nur „über“ biblische Texte sprechen, sondern sich von <strong>den</strong> biblischen<br />

Erzählern in Geschichten verwickeln lassen, sie zu Spiegelungsfolien und<br />

Resonanzräumen <strong>für</strong> eigene Erfahrungen wer<strong>den</strong> lassen<br />

❍ nicht nur „über“ religiöse Kunstwerke re<strong>den</strong>, sondern selbst dem Glauben<br />

einen künstlerischen Ausdruck verleihen<br />

❍ nicht nur etwas „über“ andere Religionen kennen lernen, sondern Menschen<br />

einer anderen Religion begegnen<br />

❍ nicht nur „über“ Sakramente und ihre Symbole und Symbolhandlungen<br />

sprechen, sondern die heilsame Bedeutung ritueller Handlungen („to do<br />

things with words“) erspüren<br />

❍ sich nicht nur „über“ Mönche, andere exotische Christen oder local heroes<br />

wundern, sondern in der Begegnung Nähe und Distanz spüren<br />

❍ nicht nur „über“ vergangene Geschichte etwas nachlesen, sondern<br />

Erinnerungsorte aufsuchen<br />

6. Wie viel Religion darf sein?<br />

Die Palette der Handlungsmöglichkeiten<br />

mag <strong>den</strong> einen faszinieren, <strong>den</strong> andern<br />

aber abschrecken: Überfordert das nicht<br />

<strong>den</strong> normalen Unterricht? Führt das<br />

nicht dazu, dass Lehrer nur noch mit einem<br />

schlechten Gewissen umherlaufen<br />

angesichts dessen, was wünschenswert<br />

wäre? Deshalb muss deutlich gesagt<br />

wer<strong>den</strong>: Man sollte Realist bleiben und<br />

die kontextuellen Grenzen der Institution<br />

Schule anerkennen. Viele der angedeuteten<br />

Ideen könnten besser organisiert<br />

wer<strong>den</strong>, wenn wir „Schule neu <strong>den</strong>ken“<br />

(von Hentig 2004) wür<strong>den</strong>. Solange dies<br />

nicht der Fall ist, müssen im kontextuellen<br />

Rahmen Grenzen ausgelotet und<br />

Handlungsfelder aufgetan wer<strong>den</strong>. Der<br />

spannende Focus, mit dem im Folgen<strong>den</strong><br />

das Grundkonzept eines performativen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s vor dem Hintergrund<br />

der beschriebenen Praxisfelder<br />

nochmals kritisch reflektiert wer<strong>den</strong> soll,<br />

ist eher konzeptioneller Art: Wie viel Religion<br />

darf überhaupt sein? Und passt der<br />

Begriff der „Inszenierung“?<br />

6.1 Inszenierung –<br />

ein umstrittener Begriff<br />

Mehrmals in diesem Beitrag wurde der<br />

Begriff „Inszenierung von Religion“ verwendet.<br />

Er provoziert vielleicht. Kann<br />

man Religion oder gar Glaube inszenieren?<br />

Theologisch lautet die Antwort<br />

eindeutig „nein“. Die gläubige Antwort<br />

des Menschen auf das vorausgehende<br />

Heilsangebot Gottes lässt sich nicht<br />

produzieren, schon gar nicht außengesteuert<br />

und im Kontext eines verpflichten<strong>den</strong><br />

schulischen <strong>Religionsunterricht</strong>s.<br />

Aber Lehrende können durchaus Umgebungen<br />

schaffen, in <strong>den</strong>en die Sensibilität<br />

<strong>für</strong> und die Plausibilität und I<strong>den</strong>tität<br />

von Religion gefördert wer<strong>den</strong> kann. Der<br />

Begriff der „Inszenierung“ will aber auch<br />

einen weiteren Aspekt zum Ausdruck<br />

10 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


ingen: Jede Form von Erfahrungs-Ermöglichung<br />

im <strong>Religionsunterricht</strong> trägt<br />

<strong>den</strong> Charakter eines spielerischen Probehandelns.<br />

Das Spiel ist etwas sehr<br />

Ernstes und Regelhaftes, es ist emotional<br />

geprägt und kommunikativ ausgehandelt,<br />

hat andererseits aber seinen<br />

begrenzten Raum und seine begrenzte<br />

Zeit. Damit unterscheidet sich die<br />

„Inszenierung von Religion“ auch von<br />

Katechese: Der Respekt vor anderen<br />

existentiellen und lebensgeschichtlichen<br />

Entscheidungen verbietet es, über <strong>den</strong><br />

Unterricht hinausreichende Konsequenzen<br />

„in Sachen Religion“ verbindlich vorzuschreiben.<br />

Es handelt sich also bei<br />

allen Formen der Inszenierung von Religion<br />

um ernsthafte, aber unverbindliche<br />

Tastversuche, ein Kennen lernen der<br />

Konkretionen von Religion, die <strong>für</strong> viele<br />

Schüler/innen eine fremde Welt darstellen.<br />

Auf einla<strong>den</strong>de Weise soll <strong>Religionsunterricht</strong><br />

„Sinn und Geschmack <strong>für</strong>s<br />

Unendliche“ (Schleiermacher) wecken.<br />

6.2 Grenzüberschreitungen?<br />

Trotzdem nochmals die Rückfrage: Vielleicht<br />

beschleicht einem doch beim<br />

einen oder anderen konkreten Feld<br />

Unbehagen. Ist das nicht zu vereinnahmend?<br />

Nebenbei bemerkt: Kein Sportlehrer,<br />

Musiklehrer, keine Handarbeitsoder<br />

Englischlehrerin würde auf das<br />

eigene Fach bezogen diese Anfrage<br />

verstehen. Schule versteht sich als verpflichtende<br />

Veranstaltung <strong>für</strong> alle Kinder<br />

und Jugendliche, zumindest im schulpflichtigen<br />

Alter. In diesem gesellschaftlichen<br />

Zwangsaggregat wer<strong>den</strong> Schüler<br />

immer auch zu Erfahrungen motiviert /<br />

veranlasst / gezwungen, die sie möglicherweise<br />

freiwillig nicht angehen wür<strong>den</strong>.<br />

Schule nötigt Schülern Erfahrungen<br />

auf, die Erwachsene <strong>für</strong> sinnvoll erachten.<br />

Das sehen im Konkreten die betroffenen<br />

Schüler ganz anders. Von dieser<br />

Perspektive aus betrachtet bin ich zunehmend<br />

selbstkritisch, ob nicht im<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> häufig zu defensiv<br />

argumentiert wird, wenn es darum geht,<br />

Kindern und Jugendlichen fremde Erfahrungen<br />

zuzumuten.<br />

6.3 Grenzziehungen<br />

Dennoch halte ich es angesichts der<br />

historischen Altlasten <strong>für</strong> sinnvoll, nach<br />

Entlastungs-Argumenten Ausschau zu<br />

halten, um <strong>den</strong> Verdacht eines Rückfalls<br />

in überwun<strong>den</strong>e katechetisch enggeführte<br />

Zeiten im <strong>Religionsunterricht</strong> auszuräumen:<br />

– Es handelt sich bei performativen<br />

Lernformen um ein Probehandeln<br />

„auf Zeit“. Schüler/innen sollen etwas<br />

ausprobieren aus dem Angebot christlicher<br />

Tradition, sie sollen sich auf neue<br />

Erfahrungen einlassen, ohne dass daraus<br />

eine dauerhafte existentielle Haltung<br />

wer<strong>den</strong> muss. Auch dieser Ansatz<br />

unterscheidet sich nicht von<br />

anderen Fächern: Man mutet Kindern<br />

und Jugendlichen zu, dass sie im<br />

Sportunterricht turnen, im Musikunterricht<br />

singen, sich im Kunstunterricht<br />

künstlerisch betätigen, in Deutsch<br />

einen Aufsatz schreiben und in englischer<br />

Sprache Konversation betreiben,<br />

ohne dass sie Leistungssportler,<br />

Sänger, Künstler, Journalist oder Übersetzer<br />

wer<strong>den</strong> müssten.<br />

– Wenn im Unterricht dissoziative mit assoziativen<br />

Elementen ergänzt wer<strong>den</strong><br />

(Schmid 2003), dann geschieht dies<br />

also auf experimentelle Weise, gelegentlich<br />

sehr sprunghaft und zumeist<br />

punktuell. Außerdem sollte das Erfahrungsangebot<br />

breit genug sein, um<br />

individuelle Füllungen vorzunehmen.<br />

Man nennt das ein Arbeiten mit<br />

„offenen Strukturen“. Wenn Kinder<br />

beispielsweise nach der Tsunami-Katastrophe<br />

über die Theodizee-Frage<br />

nach<strong>den</strong>ken, wieso dies Gott zugelassen<br />

habe, und ihr Nach<strong>den</strong>ken in eine<br />

Gebetsform bringen sollen, dann können<br />

bei solchen Prozessen Bittgebete<br />

<strong>für</strong> die Verstorbenen oder ihre Angehörigen,<br />

Anfragen an Gott oder eigene<br />

Ratlosigkeit zum Ausdruck kommen.<br />

– Probeaufenthalte in religiösen Welten<br />

beinhalten immer auch Fremdheitserfahrungen<br />

(Klie / Leonhard 2003,<br />

149). Einige Schüler wer<strong>den</strong> sich nach<br />

Thema<br />

dem Ausprobieren eindeutig positionieren<br />

(„das ist nichts <strong>für</strong> mich“), andere<br />

fin<strong>den</strong> vielleicht daran Geschmack.<br />

In einer Mittelstufenklasse wurde nach<br />

dem ersten Hören eines Taize-Lieds<br />

beispielsweise spontan geäußert: „af a<br />

soa Musik warn ma eha ned aus“;<br />

nach der meditativen Erfahrung der<br />

Taize-Spiritualität über eine Unterrichtsstunde<br />

hinweg äußerten immerhin<br />

einige Schüler: „des woar goa ned<br />

so schlecht“ – in der niederbayerischen<br />

Sprachform ist das schon fast<br />

ein Superlativ!<br />

– Wenn wir davon sprechen, man müsse<br />

„Religion inszenieren und reflektieren“<br />

oder die Partizipationskompetenz<br />

müsse die Deutekompetenz ergänzen,<br />

so sind jeweils beide Pole als gleich<br />

wichtig zu erachten. <strong>Religionsunterricht</strong><br />

ist als or<strong>den</strong>tliches Unterrichtsfach<br />

immer auch Unterricht „über“<br />

Religion. Deshalb erscheint mir in der<br />

Auflistung von Handlungsmöglichkeiten<br />

die Doppelpoligkeit „nicht nur“ –<br />

„sondern auch“ so bedeutsam zu<br />

sein. Das Anliegen eines erfahrungsorientierten<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>s würde<br />

missverstan<strong>den</strong>, wenn man dabei völlig<br />

auf diskursive Akte verzichten würde.<br />

Auch um <strong>den</strong> Vorwurf der Grenzüberschreitung<br />

zu entkräften, scheint<br />

es mir wichtig zu sein, darauf zu verweisen,<br />

dass im <strong>Religionsunterricht</strong><br />

keine religiöse Erfahrung ermöglicht<br />

wer<strong>den</strong> darf, die nicht zugleich auch<br />

einer Reflexion unterzogen wird, weil<br />

damit eine Distanz zur Erfahrung möglich<br />

wird. „Was macht das mit mir?“,<br />

könnte eine Grundformel <strong>für</strong> alle sozialen,<br />

meditativen, liturgischen oder<br />

existentiellen Erfahrungen sein. Durch<br />

einer distanzierte Reflexion und <strong>den</strong><br />

Austausch in der Lerngruppe wer<strong>den</strong><br />

Schüler/innen entscheidungsfähig,<br />

handlungsmächtig und religiös dialogfähig<br />

(vgl. Sekretariat der Deutschen<br />

Bischofskonferenz 2005, 27), entdecken<br />

die Qualität eines probehaften<br />

Zugriffs auf fremde Religion, fin<strong>den</strong><br />

Geschmack oder entschei<strong>den</strong> sich gegen<br />

bestimmte Riten, Modelle, Praktiken.<br />

Wir la<strong>den</strong> zu einer Praxis ein,<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 11


Thema<br />

deren nachhaltige Praktizierung selbstverständlich<br />

nicht vorgeschrieben wer<strong>den</strong><br />

kann! Der Verdacht, ein solches<br />

Plädoyer <strong>für</strong> einen performativen <strong>Religionsunterricht</strong><br />

bedeute einen Rückfall<br />

in zu Recht kritisierte deduktionistische<br />

Phasen vereinnahmender missionarischer<br />

Katechese, kann auch mit einem<br />

Verweis auf die grundlegende<br />

Lerntheorie des Konstruktivismus ausgeräumt<br />

wer<strong>den</strong> (vgl. Mendl 2005b):<br />

Gerade der Respekt vor der Selbst-<br />

Konstruktion jeglicher Lernender, die<br />

aus einer postmodernen Palette von<br />

Sinndeutungen Leben und Glauben<br />

konstruieren, ermöglicht es, selbstbewusst<br />

und entschie<strong>den</strong> „<strong>den</strong> Glauben<br />

vorzuschlagen“ (Brief der französischen<br />

Bischöfe 1996) und zum Ausprobieren<br />

und Reflektieren der Schätze<br />

christlicher Tradition einzula<strong>den</strong>.<br />

7. Kompetenzen der Lehren<strong>den</strong><br />

Abschließend stellt sich die Frage, welche<br />

Kompetenzen die Lehren<strong>den</strong> benötigen,<br />

um einen solchen performativen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> zu gestalten. Der<br />

„professionstypische Habitus“ (vgl. Ziebertz<br />

/ Heil / Mendl / Simon 2005) von<br />

Religionslehrern umfasst selbstverständlich<br />

alle „normalen“ Lehrerkompetenzen<br />

sowie solche, die man <strong>für</strong> einen allgemeinen<br />

„guten“ <strong>Religionsunterricht</strong> benötigt<br />

(z. B. neben der Sach- und didaktischen<br />

Kompetenz vor allem die Wahrnehmungskompetenz).<br />

Für die spezielle<br />

Gestalt eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />

brauchen Religionslehrer/<br />

innen in weit höherem Maße<br />

– eine klar erkennbare konfessionelle<br />

I<strong>den</strong>tität, weil Lehrende anders als<br />

in einer reinen Religionskunde und<br />

von einer „Beobachterperspektive“<br />

aus (vgl. Sekretariat der Deutschen<br />

Bischofskonferenz 2005, 34) als<br />

authentische Zeugen gelebten Christentums<br />

bei aller Individualität und<br />

Kritikfähigkeit, die bereits die Würzburger<br />

Synode Lehrern zugesteht,<br />

gleichsam als personale Medien veranschaulichen,<br />

inwiefern Form und<br />

Inhalt von Religion <strong>für</strong> sie selber zusammengehören;<br />

– eine deutlich ausgeprägte Spiritualität<br />

und liturgische Kompetenz,<br />

weil die Inszenierung von Religion gerade<br />

in diesen Feldern Lehrende er-<br />

fordert, die über Rollensicherheit und<br />

eine spirituelle Sensibilität verfügen;<br />

– eine ausgeprägte Beziehungsfähigkeit,<br />

weil die permanente Fragestellung<br />

„was macht Religion mit mir?“<br />

nur in offenen Kommunikationsformen<br />

adäquat bewältigt wer<strong>den</strong> kann;<br />

– besonders aber eine gelassene<br />

Ambiguitäts-Toleranz – die Fähigkeit,<br />

Widersprüche und Entscheidungen<br />

gegen Religion bzw. einzelne vorgestellte<br />

Erfahrungswelten respektvoll<br />

auszuhalten –, weil nur diese Haltung<br />

davor bewahrt, <strong>den</strong> beschriebenen<br />

Rahmen nicht zu überschreiten.<br />

Ein Wahlspruch, der die Notwendigkeit<br />

einer Inszenierung von Religion untermauert,<br />

könnte ein Satz aus dem Exerzitien-Büchlein<br />

von Ignatius von Loyola<br />

bedeuten: „Nicht das Vielwissen sättigt<br />

die Seele und gibt ihr Genüge, sondern<br />

das Fühlen und Kosten der Dinge von<br />

innen“ (Ignatius von Loyola 19<strong>56</strong>, 7). In<br />

diesem Sinne möchte ich zu einem Mut<br />

zur Inszenierung von Religion(sunterricht)<br />

ermuntern!<br />

Literatur:<br />

Austin, John L. (1972), Zur Theorie der Sprechakte (How to to things with Words), Stuttgart.<br />

Baudler, Georg (2000), Liturgie und Ritual. Kirchlicher Gottesdienst oder Inszenierung von Religion durch Jugendliche? Neue Wahrnehmungs-, Gestaltungsund<br />

Handlungsaufgaben <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>, in: Groß, Engelbert / König, Klaus (Hg.), Religiöses Lernen der Kirchen im globalen Dialog. Weltweit akute<br />

Herausforderungen und Praxis einer Weggemeinschaft <strong>für</strong> Eine-Welt-Religionspädagogik, Münster, 359-366.<br />

Benner, Dietrich (2004), Bildungsstandards und Qualitätssicherung im <strong>Religionsunterricht</strong>, in: Theo-web. Zeitschrift <strong>für</strong> Religionspädagogik 3 (2004), <strong>Heft</strong> 2, 22-36.<br />

Dressler, Bernhard (2002), Darstellung und Mitteilung. Religionsdidaktik nach dem Traditionsabbruch, in: rhs 45 (2002), 11-19.<br />

Dressler, Bernhard (2004), Bildung – Religion – Kompetenz, in: ZPT <strong>56</strong> (2004), 258-263.<br />

Englert, Rudolf (2002), „Performativer <strong>Religionsunterricht</strong>?“ Anmerkungen zu <strong>den</strong> Ansätzen von Schmid, Dressler und Schoberth, in: rhs 45 (2000), 32-36.<br />

Forster, Edgar (2000), Kathole oder Sozi? Ortsanschauungen des Edgar Forster, <strong>München</strong>.<br />

Hentig, Hartmut von (2004), Die Schule neu <strong>den</strong>ken. Eine Übung in praktischer Vernunft, Weinheim.<br />

Ignatius von Loyola (19<strong>56</strong>), Die Exerzitien. Übertragen von Hans Urs von Balthasar, Einsiedeln.<br />

Klie, Thomas / Leonhard, Silke (Hg.) (2003), Schauplatz Religion. Grundzüge einer Performativen Religionspädagogik, Leipzig.<br />

Mendl, Hans (2004), Im Mittelpunkt der Mensch. Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen eines schülerorientierten <strong>Religionsunterricht</strong>s, Winzer.<br />

Mendl, Hans (Hg.) (2005a), Konstruktivistische Religionspädagogik, Münster.<br />

Mendl, Hans (2005b), Mehr als Re<strong>den</strong> über Religion. Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s, in: Prisma RU. Impulse <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>,<br />

hg. von der Hauptabteilung Schulen und Hochschule der Diözese Passau, Passau, 2005, 4-16.<br />

Moser, Tilman (1976), Gottesvergiftung, Frankfurt a. M.<br />

de Pater, Wim A. (1978), Der Sprechakt, seinen Glauben zu bekennen. Gottes Gegenwart in der Erschließungssprache christlicher Religion, in: Heinrich Fries u.a.,<br />

Möglichkeiten des Re<strong>den</strong>s über Gott, Düsseldorf, 31-<strong>56</strong>.<br />

Der <strong>Religionsunterricht</strong> in der Schule (1976), in: Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland. Beschlüsse, Offizielle Gesamtausgabe I,<br />

Freiburg u.a. 4. A., 113-152.<br />

Ringel, Erwin / Kirchmayer, Alfred (1986), Religionsverlust durch religiöse Erziehung. Tiefenpsychologische Ursachen und Folgerungen, Wien u.a.<br />

Schmid, Hans (2003), Assoziation und Dissoziation als Grundmomente religiöser Bildung. Zur Frage nach dem ‚Wozu’ religiöser Bildung heute,<br />

in: Religionspädagogische Beiträge 50/2003, 49-57.<br />

Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.) (2005), Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen, Bonn.<br />

Ziebertz, Hans-Georg / Heil, Stefan / Mendl, Hans / Simon, Werner (2005), Religionslehrerbildung an der Universität. Profession – Religion – Habitus, Münster.<br />

12 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Themenbereich 2.1<br />

Auf vielfältige Weise beten<br />

Dieser Lernweg wird hier exemplarisch<br />

<strong>für</strong> die zweite Jahrgangsstufe vorgestellt.<br />

Er eignet sich aber auch <strong>für</strong> die<br />

Jahrgangsstufe drei und vier um Kinder<br />

<strong>für</strong> das Thema Beten zu sensibilisieren.<br />

Die sieben Lernstationen wur<strong>den</strong> aus<br />

der Praxis heraus entwickelt.<br />

Vorüberlegungen<br />

Unserer Erfahrung nach bringen viele<br />

Schüler/innen zunehmend weniger Gebetserfahrung<br />

von zu Hause mit. In diesem<br />

Lernweg sollen die Schüler/innen<br />

sensibilisiert wer<strong>den</strong>, in verschie<strong>den</strong>en<br />

Lebenslagen mit Gott in Beziehung zu<br />

treten. Von großer Bedeutung ist, dass<br />

Schüler/innen zur Ruhe kommen, mit<br />

Formen des Betens vertraut wer<strong>den</strong> und<br />

so Gebetspraxis gewinnen.<br />

„An erster Stelle steht hierbei das<br />

vertraut machen mit Sprach- und Ausdrucksformen<br />

des Glaubens. (. . .) Sodann<br />

die Sprache der Gebete und der<br />

liturgischen Feiern, Gebetsgesten wie<br />

das Kreuzzeichen, die geöffneten oder<br />

gefalteten Hände, die Kniebeuge und<br />

anderes mehr. (. . .) Wichtig ist, dass die<br />

Bedeutung der Sprach- und Ausdrucksformen<br />

des Glaubens sich nicht hauptsächlich<br />

in distanzierter Betrachtung,<br />

sondern in ihrem Vollzug, im Probieren<br />

erschließt. Sie müssen getan wer<strong>den</strong>,<br />

um verstan<strong>den</strong> zu wer<strong>den</strong>.“ 1<br />

Der/Die Lehrer/in sollte sich bereits im<br />

Vorfeld überlegen, ob die Ergebnisse der<br />

einzelnen Stationen in einem kleinen<br />

Gebetbuch festgehalten, oder ob sie im<br />

Religionsheft zusammengetragen wer<strong>den</strong>.<br />

In jedem Fall sollen die Schüler/innen<br />

die jeweilige Überschrift übertragen.<br />

Die einzelnen Stationen wer<strong>den</strong> im Klassenzimmer<br />

an verschie<strong>den</strong>en Orten ausgelegt.<br />

Der Ort muss ansprechend gestaltet<br />

wer<strong>den</strong>. Die Schüler/innen beginnen<br />

gleichzeitig an je verschie<strong>den</strong>en<br />

Stationen. Es soll dem/der Schüler/in<br />

auch ermöglicht wer<strong>den</strong>, sich hinzusetzen,<br />

um ruhig arbeiten zu können<br />

d. h. auch, dass evtl. die gegebene Sitzordnung<br />

aufgehoben wer<strong>den</strong> muss.<br />

Für das Gelingen einer Stationenarbeit<br />

ist es wichtig, dass die Schüler/innen<br />

schon in die Regeln des freien Lernens<br />

eingeführt wor<strong>den</strong> sind, <strong>den</strong>n es ist vielen<br />

Schüler/inne/n fremd sich in einem<br />

bestimmten Lernrahmen frei zu bewegen.<br />

Aus der Praxis heraus ist es nötig, die<br />

Arbeitsaufträge der einzelnen Stationen<br />

und der Arbeitsregeln klar und präzise<br />

zu formulieren, damit die Schüler/innen<br />

ihre Arbeiten selbstständig erledigen<br />

können.<br />

Folgende Formulierungen können <strong>den</strong><br />

Schüler/inne/n helfen sich während der<br />

Stationenarbeit zu orientieren. Diese<br />

können auch als Regeln sichtbar auf ein<br />

Plakat geschrieben wer<strong>den</strong>.<br />

Regeln<br />

➢ Ich arbeite an <strong>den</strong> Stationen allein.<br />

➢ Ich bewege mich möglichst leise und<br />

rücksichtsvoll.<br />

➢ Ich rede im Flüsterton.<br />

➢ Ich gehe immer zur nachfolgen<strong>den</strong><br />

Station.<br />

1 Die deutschen Bischöfe 80, Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen 16. Februar 2005, 25.<br />

Praxis Grundschule<br />

Stationenlernen zum Thema Beten<br />

Unterrichtspraktische Bausteine<br />

und Überlegungen zum Lernweg „Beten“<br />

Barbara Hofmann / Angelika Stock / Diane Weber<br />

➢ Ich gehe sorgfältig mit dem Material<br />

um und lasse es an der Station liegen:<br />

Auch andere arbeiten gern mit<br />

schönem und vollständigem Material.<br />

➢ Ich erledige alle meine Arbeitsaufträge.<br />

➢ Frage dich am Ende:<br />

– Habe ich alles gemacht, was ich<br />

– machen wollte?<br />

– Habe ich meine Aufgabe richtig<br />

– bearbeitet?<br />

– Habe ich das Arbeitsblatt or<strong>den</strong>tlich<br />

– geschrieben?<br />

– Ist das Material noch vollständig?<br />

Grobziel:<br />

Die Schüler/innen sollen Motive und<br />

Inhalte, Sprach- und Ausdrucksformen<br />

christlicher Gebetstradition anfanghaft<br />

kennen lernen und sich da<strong>für</strong> öffnen,<br />

eigene Formen des Betens zu entwickeln.<br />

Feinziele:<br />

Station 1:<br />

Die Schüler/innen sollen sich bewusst<br />

wer<strong>den</strong>, was Menschen empfin<strong>den</strong><br />

und <strong>den</strong>ken, wenn sie das Kreuzzeichen<br />

machen.<br />

Station 2:<br />

Die Schüler/innen wer<strong>den</strong> sich bewusst,<br />

dass Menschen, wenn sie<br />

ruhig wer<strong>den</strong>, gut beten können.<br />

Station 3:<br />

Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />

dass Menschen im Gebet, das ausdrücken,<br />

was sie bewegt.<br />

Station 4:<br />

Die Schüler/innen sollen Gebete unterschiedlicher<br />

Gebetszeiten kennen<br />

lernen.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 13


Praxis Grundschule<br />

Station 5:<br />

Die Schüler/innen erfahren, dass man<br />

in Psalmworten auf vielfältige Weise<br />

mit Gott sprechen kann.<br />

Station 6:<br />

Die Schüler/innen öffnen sich <strong>für</strong> die<br />

Botschaft, dass Gott wie ein „Guter<br />

Hirte“ <strong>für</strong> sie sorgt.<br />

Station 7:<br />

Die Schüler/innen wer<strong>den</strong> aufmerksam,<br />

mit welchen Worten sie ihren<br />

Gedanken und Gefühlen vor Gott<br />

Ausdruck verleihen.<br />

Station 1a: Das Kreuzzeichen<br />

Material: Schachtel mit feinem Sand,<br />

Gefäß mit Wasser, Draht (z. B. Pfeifenputzer)<br />

und Perlen<br />

> Zeichne in <strong>den</strong> Sand ein Kreuzzeichen<br />

oder berühre mit Wasser deine Stirn,<br />

deinen Mund und deine Brust.<br />

Gestaltungsanleitung: Von oben senkrecht<br />

wer<strong>den</strong> drei Perlen aufgefädelt,<br />

anschließend biegst du das Drahtende<br />

um. Das Gleiche wiederholst du rechts<br />

und links. Unten fädelst du sechs Perlen<br />

auf.<br />

Sage dabei in Gedanken: „Im Namen<br />

des Vaters und des Sohnes und des<br />

Heiligen Geistes. Amen.“<br />

> Spüre nach, was du fühlst, wenn<br />

du dich mit dem Kreuzzeichen bezeichnest.<br />

> Nimm dir ein Kreuz aus Draht (z. B.<br />

einen Pfeifenputzer auf 25 cm und<br />

einen auf 17 cm) und 15 Perlen und<br />

gestalte dein eigenes Kreuz nach der<br />

Anleitung!<br />

> Du kannst das Kreuz mit nach Hause<br />

nehmen und es aufhängen!<br />

Station 1b: Das Kreuzzeichen<br />

Material: Kassettenrecorder, Hörkassette<br />

> Schalte <strong>den</strong> Kassettenrecorder an und<br />

höre aufmerksam zu.<br />

> Menschen, die das Kreuzzeichen<br />

machen, <strong>den</strong>ken sich etwas dabei.<br />

Schreibe in dein <strong>Heft</strong>.<br />

Station 2a: Ruhig wer<strong>den</strong>,<br />

sich sammeln und besinnen<br />

Material: Holzschale, Murmel<br />

> Nimm die Holzschale in die Hand,<br />

lege eine Murmel hinein. Rolle die<br />

Murmel in der Schale vorsichtig rundherum.<br />

Betrachte das Drehen der<br />

Murmel, höre <strong>den</strong> Klang und versuche<br />

ruhig zu wer<strong>den</strong>. Fühle in dich hinein!<br />

Wie geht es dir dabei?<br />

> Sicherlich kennst du einige Situationen,<br />

in <strong>den</strong>en du so zur Ruhe<br />

kommst. In der Ruhe kannst du gut<br />

deinen Gefühlen und Gedanken Raum<br />

geben.<br />

> Manche Gedanken und Gefühle<br />

kannst du Gott im Gebet anvertrauen.<br />

Menschen sagen, wenn ich ruhig<br />

gewor<strong>den</strong> bin, kann ich gut beten<br />

und...<br />

Schreibe auf<br />

> Wenn du möchtest, nimm die Holzschale<br />

noch einmal in die Hand.<br />

Station 2b:<br />

Beten bedeutet <strong>für</strong> mich . . .<br />

Material: <strong>Heft</strong><br />

> Überlege und vervollständige dann<br />

folgende Sätze in dein <strong>Heft</strong>:<br />

„Wenn ich bete,<br />

– <strong>den</strong>ke ich an...<br />

– fühle ich...<br />

– nehme ich mir vor. . .<br />

> Male dazu ein Bild!<br />

Station 3:<br />

Beten kann <strong>für</strong> mich sein . . .<br />

Material: AB mit einer Blume mit vier<br />

Blütenblättern<br />

Wusstest du auch, dass Beten sein<br />

kann:<br />

suchen – kommen – helfen – öffnen –<br />

da sein – sprechen – sehen – erkennen<br />

– jammern – schauen – nach<strong>den</strong>ken –<br />

horchen – singen – jauchzen – jubeln –<br />

schweigen – sich freuen - weinen – still<br />

wer<strong>den</strong> – hoffen – knien – stehen –<br />

sorgen – re<strong>den</strong> – loslassen – annehmen<br />

– vertrauen – lesen – tanzen – zuwen<strong>den</strong><br />

– ruhen – staunen – bemühen –<br />

warten – hören – schenken – fühlen –<br />

fin<strong>den</strong> – einsehen – geben – erfahren –<br />

bejahen – glauben – leben – lieben – anschauen<br />

– sich aussprechen können –<br />

Kraft schöpfen – Hände falten – . . .<br />

> Lies alle Wörter aufmerksam durch.<br />

> Suche Wörter aus, die dich ansprechen.<br />

> Nimm das Arbeitsblatt mit der Blume<br />

und schreibe in die Blume:<br />

„Beten bedeutet <strong>für</strong> mich..., weil...“<br />

Ergänze <strong>den</strong> Satz mit deinen eigenen<br />

Wörtern.<br />

> Du kannst die Blume bunt gestalten,<br />

schneide sie dann aus.<br />

Klebe die Blume in dein <strong>Heft</strong>!<br />

14 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Station 4:<br />

Morgen-, Tisch- und Abendgebete<br />

Material: Arbeitsblätter mit verschie<strong>den</strong>en<br />

Gebeten<br />

> Suche dir ein Morgengebet aus.<br />

> Beschrifte die nächste Seite deines<br />

<strong>Heft</strong>es mit der Überschrift MORGEN-<br />

GEBET.<br />

> Klebe dein Gebet or<strong>den</strong>tlich ein und<br />

verziere es.<br />

> Schreibe darunter die Überschrift<br />

TISCHGEBET!<br />

> Suche dir eines aus, klebe es ein und<br />

verziere es!<br />

> Mach es ebenso mit dem ABEND-<br />

GEBET!<br />

> Suche dir jetzt in deinem <strong>Heft</strong> ein Gebet<br />

aus, das dich anspricht und lerne<br />

dieses Gebet auswendig!<br />

Station 5: Psalmen<br />

Material: Arbeitsblatt mit Psalmworten<br />

> Lies die vier Psalmworte durch und ergänze<br />

jeweils <strong>den</strong> Satzanfang.<br />

> Überlege, wo<strong>für</strong> du Gott loben, danken,<br />

dich beklagen oder bitten kannst.<br />

Wähle dir ein Psalmwort aus, das<br />

deine Gedanken ausdrückt!<br />

> Du kannst auch selber ein Psalmwort<br />

schreiben. Überlege, wo<strong>für</strong> du Gott loben,<br />

danken, dich beklagen oder bitten<br />

möchtest.<br />

Station 6:<br />

Der Gute Hirt (nach Psalm 23)<br />

Material: Textblatt mit Psalm 23,1-4,<br />

Wasserfarben, Pinsel, Ölkrei<strong>den</strong>, Buntstifte,<br />

<strong>Heft</strong><br />

Seit langer Zeit beten Menschen diesen<br />

Psalm.<br />

> Bete auch du diesen Psalm in Stille.<br />

Praxis Grundschule<br />

Viele Sprachbilder kommen im Psalm<br />

vor.<br />

> Suche dir ein Bild aus, nimm Farben<br />

deiner Wahl und male ein Bild aus<br />

dem Psalm in dein <strong>Heft</strong>. Wenn du mit<br />

Wasserfarben malen möchtest, nimm<br />

ein weißes Blatt, male darauf und<br />

klebe es in dein <strong>Heft</strong>, wenn es trocken<br />

ist!<br />

> Suche zu deinem Bild eine eigene<br />

Überschrift.<br />

Station 7:<br />

Ein eigenes Gebet schreiben<br />

> Schreibe dein eigenes Gebet auf!<br />

Überlege dir, wie du Gott ansprichst.<br />

Du kannst ihn loben, ihm <strong>für</strong> etwas<br />

danken, ihn um etwas bitten oder ihm<br />

deinen Kummer anvertrauen.<br />

> Schreibe dein Gebet in das <strong>Heft</strong> und<br />

verziere es!<br />

zu Station 1b: Hörtext<br />

Wichtig: der Text soll von einem<br />

Kind aus einer anderen Klasse<br />

gesprochen wer<strong>den</strong>! (Cassettenaufnahme)<br />

Menschen bekreuzigen sich.<br />

Kennst du <strong>den</strong> Grund da<strong>für</strong>?<br />

Wenn wir die Stirn berühren,<br />

wen<strong>den</strong> wir uns Gott zu.<br />

Denn: All unsere Gedanken sind<br />

in unserem Kopf,<br />

wir <strong>den</strong>ken jetzt an Ihn.<br />

Wenn wir unsere Brust berühren,<br />

wissen wir, dass Gott uns liebt.<br />

Denn: Unsere Gefühle sind in<br />

unserem Herzen,<br />

wir dürfen ihm nahe sein.<br />

Wenn wir unsere Schultern berühren,<br />

<strong>den</strong>ken wir an die anderen<br />

Menschen um mich herum,<br />

die Gott genauso liebt wie mich.<br />

Ich spreche:<br />

Im Namen des Vaters<br />

und des Sohnes<br />

und des Heiligen Geistes.<br />

Amen.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 15


Praxis Grundschule<br />

16<br />

zu Station 4: Morgen-,<br />

Tisch- und Abendgebete<br />

Morgengebete<br />

Guter Gott, wir freuen uns auf diesen<br />

neuen Tag.<br />

Wir haben Zeit miteinander zu lernen<br />

und zu spielen.<br />

Wir wollen mehr erfahren über die Welt,<br />

die Menschen und über Dich.<br />

Amen.<br />

Ich danke dir, Du großer Gott,<br />

<strong>für</strong> diesen neuen Morgen.<br />

Du liebst die ganze, weite Welt,<br />

und bist bei uns an diesem Tag.<br />

Amen.<br />

Von Gott behütet steh ich auf,<br />

er leitet mich in meinem Lauf.<br />

Er bleibt bei mir auf allen Wegen<br />

mit seiner Kraft und seinem Segen.<br />

Amen.<br />

zu Station 5: Psalmen<br />

Alles, was atmet,<br />

lobe <strong>den</strong> Herrn.<br />

Ps 150,6<br />

Du lässt Gras wachsen<br />

<strong>für</strong> das Vieh,<br />

auch Pflanzen <strong>für</strong><br />

die Menschen.<br />

Ps 104,14<br />

Denk an mich, Herr,<br />

such mich auf und<br />

bring mir Hilfe.<br />

Ps 106,4<br />

Mein Gott,<br />

ich rufe bei Tag,<br />

doch du gibst keine Antwort,<br />

ich rufe bei Nacht<br />

und finde doch keine Ruhe.<br />

Ps 22,3<br />

Tischgebete<br />

Gott, wir freuen uns auf das<br />

gemeinsame Essen.<br />

Wir danken Dir <strong>für</strong> die Speisen und<br />

Getränke.<br />

Du öffnest <strong>für</strong> uns deine milde Hand,<br />

weil Du gut bist.<br />

Amen.<br />

Guter Gott,<br />

durch deine Güte leben wir<br />

und, was wir haben kommt von dir.<br />

Drum lass uns auch an andre <strong>den</strong>ken,<br />

von deinen Gaben weiterschenken.<br />

Amen.<br />

Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt,<br />

wir danken dir <strong>für</strong> diese Speise,<br />

die Frucht der Erde<br />

und der menschlichen Arbeit.<br />

Wir bitten dich um deinen Segen.<br />

Amen.<br />

Alle guten Gaben,<br />

alles, was wir haben,<br />

kommt, o Gott, von Dir.<br />

Wir danken Dir da<strong>für</strong>.<br />

Amen.<br />

Menschen loben Gott, weil . . .<br />

Menschen danken Gott, weil . . .<br />

Menschen bitten Gott, weil . . .<br />

Menschen klagen zu Gott, weil . . .<br />

Abendgebete<br />

Die Nacht bricht an<br />

über Stadt und Feld.<br />

Gott, segne die Erde,<br />

behüte die Welt.<br />

Amen.<br />

Jesus, ich liege im Bett.<br />

Vor dem Einschlafen möchte ich dir<br />

sagen:<br />

Danke <strong>für</strong> <strong>den</strong> Tag,<br />

danke <strong>für</strong> die Sonne,<br />

danke <strong>für</strong> alles.<br />

Amen.<br />

Ich bitt dich, Herr, durch deine Macht,<br />

behüte mich in dieser Nacht,<br />

dass ich in Frie<strong>den</strong> schlafen mag,<br />

stärk mich zu einem neuen Tag.<br />

Amen.<br />

Literaturhinweise:<br />

Mitten unter uns. Gebete und Lieder <strong>für</strong> die<br />

Grundschule.<br />

Don Bosco/Diesterweg Verlag 2004<br />

Norbert Weidinger, Meine schönsten Gebete.<br />

Kinder sprechen mit Gott, Augsburg<br />

(Weltbild Verlag) 1998<br />

Zu Station 5: Psalmworte<br />

Loben:<br />

Loben sollen sie<br />

<strong>den</strong> Namen des Herrn;<br />

<strong>den</strong>n er gesprochen und<br />

sie waren erschaffen.<br />

nach Ps 148,5<br />

Fürchte dich nicht,<br />

ich bin bei dir.<br />

Weiche nicht,<br />

<strong>den</strong>n ich bin dein Gott.<br />

Ich stärke dich,<br />

ich helfe dir und halte dich.<br />

Jes 41,10


Danken:<br />

Der Herr ist meine Kraft<br />

und mein Schild,<br />

mein Herz vertraut ihm.<br />

Mir wurde geholfen.<br />

Da jubelte mein Herz;<br />

ich will ihm danken mit<br />

meinem Lied.<br />

Ps 28,7<br />

Loben sollen sie<br />

<strong>den</strong> Namen des Herrn;<br />

<strong>den</strong>n sein Name allein<br />

ist erhaben,<br />

seine Hoheit strahlt<br />

über Erde und Himmel.<br />

Ps 148,13<br />

Der Herr ist meine Kraft<br />

und mein Schild,<br />

mein Herz vertraut ihm.<br />

Mir wurde geholfen.<br />

Da jubelte mein Herz;<br />

ich will ihm danken mit<br />

meinem Lied.<br />

Ps 28,7<br />

Sie alle sollen dem Herrn<br />

danken<br />

<strong>für</strong> seine guten Taten,<br />

<strong>für</strong> sein<br />

wunderbares Tun an <strong>den</strong><br />

Menschen<br />

Ps 107,8<br />

Denn ich bin der Herr,<br />

dein Gott,<br />

der deine rechte Hand fasst<br />

und zu dir spricht:<br />

Fürchte dich nicht, ich helfe dir.<br />

Jes 41,13<br />

Bitten:<br />

Bist du bei mir,<br />

kann ich nicht fallen.<br />

Darum<br />

freut sich mein Herz!<br />

Ps 16,8<br />

Herr, ich suche Zuflucht<br />

bei dir.<br />

Lass mich doch<br />

niemals scheitern;<br />

rette mich!<br />

Ps 31,2<br />

Sei mir eine sichere Zuflucht,<br />

wohin ich allzeit kommen darf.<br />

Du hast mir versprochen<br />

zu helfen.<br />

Ps 71,3<br />

Wenn du<br />

die Menschen lieb hast,<br />

<strong>den</strong>k auch an mich.<br />

Ps 106,4<br />

Zeige mir <strong>den</strong> Weg,<br />

<strong>den</strong> ich gehen soll.<br />

Ich lege mein Leben in deine<br />

Hand.<br />

Ps 143,8<br />

Praxis Grundschule<br />

Klagen:<br />

Ich bin so einsam<br />

und mir ist<br />

so elend.<br />

Ps 25,16<br />

Auch wenn ich selber allen<br />

Mut verliere,<br />

du Herr weißt,<br />

wie es mit mir weitergeht.<br />

Ps 63,9<br />

Die Angst<br />

meines Herzens<br />

ist groß<br />

Ps 27,10<br />

Ich rufe <strong>den</strong> ganzen Tag,<br />

doch du<br />

gibst keine Antwort.<br />

Ps 25,16<br />

zu Station 6: Der Gute Hirt –<br />

nach Psalm 23, 1–4<br />

Der Herr ist mein Hirte,<br />

nichts wird mir fehlen.<br />

Er lässt mich lagern auf grünen Wiesen<br />

und führt mich zum Ruheplatz am<br />

Wasser.<br />

Muss ich auch wandern in finsterer<br />

Schlucht,<br />

ich <strong>für</strong>chte mich nicht;<br />

<strong>den</strong>n du, Herr, bist bei mir.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 17


Praxis Hauptschule<br />

Heilung der gekrümmten Frau (Lk 13, 10-13)<br />

Sabine Wolf / Markus Wolf<br />

Themenbereich 7.1<br />

Das macht Mut – Jesu Botschaft<br />

vom Reich Gottes<br />

Siehe hier besonders 7. 1. 2 Jesus verheißt<br />

Leben – das Reich Gottes bricht<br />

an<br />

– in Jesu Umgang mit <strong>den</strong> Menschen<br />

wird Gottes Reich sichtbar und erlebbar.<br />

– Unsere Unterrichtsbausteine stellen<br />

einen Versuch dar, performative Elemente<br />

in einer Unterrichtsstunde darzustellen.<br />

Wir lassen uns von dem<br />

Grundsatz leiten: Von „außen“ nach<br />

„innen“, wobei die einzelnen Phasen<br />

fließend ineinander übergehen, d. h.<br />

auf die Person und deren Situation<br />

schauen („außen“) und immer mehr<br />

zu meiner eigenen Situation wer<strong>den</strong><br />

lassen („innen“). 1 Die Unterrichtsbausteine<br />

zeigen auf, wie ein allgemeines<br />

Beispiel (gekrümmte Person) mit<br />

einer I<strong>den</strong>tifikationsgeschichte (Anna)<br />

und der Bibelperikope wiederholt miteinander<br />

vernetzt wer<strong>den</strong>, d. h. dass<br />

Außen- und Innenansicht miteinander<br />

verknüpft wer<strong>den</strong>. Die Erfahrungen<br />

von Anna können <strong>den</strong> Schüler/innen<br />

Anlass bieten eigene Erfahrungen zu<br />

reflektieren, sich mit der Frage nach<br />

der eigenen Lebenssituation zu beschäftigen.<br />

Diese Reflexion soll sich<br />

im geschützten Raum ereignen; jeder/<br />

jede Schüler/in braucht nur so viel<br />

offen zu legen und zu verbalisieren,<br />

wie er/sie selbst es möchte.<br />

Hinführung:<br />

• Im Bild (visueller Impuls/siehe Tafelbild)<br />

eines gekrümmten Menschen eröffnet<br />

sich <strong>für</strong> uns ein Teil seiner Erfahrung:<br />

– er wurde schlecht behandelt<br />

– er erfuhr Leid<br />

– ihn bedrückt etwas<br />

(Schülerbeispiele)<br />

Erarbeitung:<br />

1 Konrad Bürgermeister, in: prisma 1/2005, Wege der I<strong>den</strong>tifikation, 25.<br />

• Lehrererzählung (M1) „Geschichte von<br />

Anna“<br />

• Schüler/innen benennen die Elternbotschaften,<br />

die weh tun und niederdrücken<br />

(Diese Negativbotschaften<br />

wer<strong>den</strong> wie ein Schatten um <strong>den</strong><br />

Rücken des gekrümmten Menschen<br />

herum geschrieben.)<br />

– Du Verräterin!<br />

– Du bist schuld!<br />

– Ich habe deine Mutter nur wegen<br />

dir heiraten müssen!<br />

• Schüler/innen assoziieren weitere Sätze<br />

verschie<strong>den</strong>er Menschen, die „fertig<br />

machen“. (Auch diese Botschaften ergänzen<br />

<strong>den</strong> Schatten)<br />

– Du Schulversagerin“<br />

– Wie du es machst wird es falsch!<br />

– Nur wegen dir!<br />

• Kennen lernen der Bibelperikope Lk<br />

13, 10 – 13<br />

• Schüler/innen vermuten, was die Frau<br />

niederschlägt.<br />

• Schüler/innen verfolgen <strong>den</strong> Heilungsweg<br />

in einzelnen Schritten nach (Wortoder<br />

Bildkarten). Diese Wort- oder<br />

Bildkarten wer<strong>den</strong> so an die Tafel angebracht,<br />

dass sie <strong>den</strong> Schatten aufbrechen.<br />

– Jesus sieht die Frau an.<br />

– Er spricht sie an.<br />

– Er berührt sie.<br />

– Er heilt sie.<br />

Transfer<br />

• Jesus ruft die gekrümmte Frau zu sich.<br />

Die Frau öffnet sich, glaubt. Sie erfährt,<br />

dass Zuwendung heilt.<br />

Wenn Anna sich öffnen könnte <strong>für</strong>. . .<br />

– ein gutes Wort, eine Aussprache<br />

– eine helfende Hand, konkrete Hilfe<br />

– <strong>den</strong> Blick in ihr Inneres<br />

– einen Neuanfang (in Schule,<br />

Freundeskreis, Familie?)<br />

Ausdruck und Gestaltung<br />

• Wenn Anna zu glauben beginnt, dass<br />

ihr Leben wertvoll ist, kann sie sich<br />

auf- machen, auf- richten. Schüler/<br />

innen schreiben <strong>für</strong> Anna „Erfolgsgeschichten“<br />

am Handlungsmuster der<br />

Wunderperikope.<br />

• Schüler/innen geben ihren Geschichten<br />

spielerischen Ausdruck (Rollenspiel).<br />

M 1: Lehrererzählung<br />

Geschichte von Anna<br />

Anna ist 15. Sie lebt seit der Scheidung<br />

ihrer Eltern in einem Mädchenwohnheim<br />

in Schwabing.<br />

Ständig gab es zuhause Streit ums<br />

Geld, seit der Vater arbeitslos wurde.<br />

Die Mutter zog mit dem kleinen Bruder<br />

aus. Konnte nicht mehr. Obwohl die<br />

Mutter sie anflehte mitzugehen, blieb<br />

Anna bei ihrem Vater. Die Mutter schrie<br />

18 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


sie an: “Du Verräterin, ich brauche dich!“<br />

Anna konnte nicht. Sie blieb, auch als<br />

der Vater anfing zu trinken und abends<br />

oft spät nach Hause kam. Es gab Tage,<br />

da kam er gar nicht heim. Einmal, als er<br />

sehr betrunken war, sagte er: „Ohne<br />

dich wäre das alles nicht so weit gekommen.<br />

Ich habe deine Mutter nur<br />

wegen dir heiraten müssen. War ich<br />

blöd!“ Anna versucht, das zu vergessen,<br />

sie kann es nicht. Sie weint oft,<br />

schwänzt die Schule und beginnt, sich<br />

selbst zu hassen. „Ich bin schuld an <strong>den</strong><br />

ganzen Problemen“, <strong>den</strong>kt sie. Sie zieht<br />

sich zurück, hat kaum mehr Freunde,<br />

streicht ihre Zimmerwände schwarz und<br />

verabscheut die Welt. Das Schlimmste:<br />

Die Sätze ihrer Eltern bedrücken sie<br />

schwer..., wie ein Schatten, der über ihr<br />

liegt.<br />

Heilung der gekrümmten Frau<br />

Praxis Hauptschule<br />

Jesus sieht<br />

sie an.<br />

Er spricht<br />

mit ihr.<br />

Zuwendung<br />

Jesu<br />

heilt<br />

Jesus berührt<br />

die Frau.<br />

Er richtet<br />

sie auf.<br />

Aufbruch<br />

Anna könnte<br />

sich aussprechen,<br />

z. B.<br />

mit ihrer<br />

Mutter . . .<br />

vielleicht<br />

nimmt sie die<br />

dann in <strong>den</strong><br />

Arm.<br />

Geplantes Tafelbild bzw. ausgefülltes Arbeitsblatt 1<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 19


Praxis Hauptschule<br />

Wege im Vertrauen gehen – Die Erfahrungen von Jeremia<br />

(Jer 1- 36; 38, 1 – 6)<br />

Angelika Stock<br />

7. 5 Wer bin ich, wie will ich<br />

wer<strong>den</strong> – Auf der Suche nach<br />

sich selbst<br />

Das Thema „Auf der Suche nach sich<br />

selbst“, greift das Leitmotiv der Jahrgangsstufe<br />

7 auf: Selbstwertgefühl, sich<br />

angenommen wissen und sich bejahen<br />

können.<br />

Ein Grund <strong>für</strong> die Wahl Jeremias finde<br />

ich in <strong>den</strong> Handreichungen zum Lehrplan:<br />

„Die Schüler/innen der 7. Jahrgangsstufe<br />

stehen nicht selten in inneren<br />

und äußeren Spannungssituationen.<br />

Die Suche nach sich selbst, nach dem,<br />

was die eigene Person positiv kennzeichnet,<br />

wird zuweilen von Unsicherheit,<br />

Unzufrie<strong>den</strong>heit und Minderwertigkeitsgefühlen<br />

begleitet. Leitbilder und<br />

Leitfiguren können junge Menschen herausfordern,<br />

ihre eigenen Lebensvorstellungen<br />

und Wünsche wahrzunehmen<br />

und sich etwas zuzutrauen.“ 1<br />

Jugendsoziologische und entwicklungspsychologische<br />

Untersuchungen betonen<br />

die verstärkte Bedeutung „vorbildhafter<br />

Gestalten“ <strong>für</strong> Jugendliche<br />

in der gegenwärtigen Gesellschaft und<br />

dies gerade dann, wenn es sich nicht<br />

um idealisierte Heiligengestalten handelt,<br />

sondern um vielschichtige, in ihrer<br />

Widersprüchlichkeit und Gebrochenheit<br />

subjektiv glaubwürdige Persönlichkeiten.<br />

Für eine solche Begegnung bietet sich<br />

Jeremia geradezu an, <strong>den</strong>n grundlegende<br />

Fragen des Menschseins wer<strong>den</strong><br />

thematisiert: An ihm wird sichtbar, dass<br />

Selbstbewusstsein und Glaubwürdigkeit<br />

in der Beziehung zu Gott ein tragfähiges<br />

Fundament fin<strong>den</strong>. Jeremia wird von<br />

Gott zu einer bestimmten Aufgabe berufen<br />

(Jer 1). Er lässt sich auf diese<br />

intensive Bindung mit Gott ein, die von<br />

tiefem Vertrauen geprägt ist, auch wenn<br />

Jeremia nicht weiß, wohin sein Weg mit<br />

Gott ihn führen wird.<br />

Die Schüler/innen sollen in Jeremia aber<br />

keinen „perfekten Menschen“ sehen,<br />

dem mit Gottes Hilfe alles gelingt. Die<br />

Zusage Gottes „Ich bin immer bei dir“,<br />

ist nicht gleichbedeutend mit „Ich räume<br />

dir alle Probleme aus dem Weg, dir wird<br />

es nur noch gut gehen“. Jeremias Weg<br />

mit Gott führt in Ablehnung und Verfolgung.<br />

Ein Weg mit Gott und so viel Leid<br />

und Misserfolg? Für die Schüler/innen<br />

sicher eine sehr provokante Stunde.<br />

Und doch erhält die Botschaft und der<br />

Weg Jeremias eine besondere Note<br />

durch seine persönlich geprägte Beziehung<br />

zu Gott. Selbst im tiefsten Leid<br />

spricht er Worte des Vertrauens und der<br />

Hingabe. Hier offenbart sich Jeremia als<br />

ein Mensch, der in Grenzsituationen<br />

bestehen kann, weil sein Vertrauen auf<br />

Gott grenzenlos ist. Er verlässt sich in<br />

gläubigem Vertrauen auf die Güte und<br />

Liebe Gottes.<br />

Diese Botschaft kann die Schüler ermutigen,<br />

Vertrauen zu wagen und auch in<br />

schwierigen Situationen an Gott festzuhalten.<br />

Im Lehrplan der Hauptschule <strong>für</strong> die<br />

achte Klasse kann der Prophet Jeremia<br />

unter anderen Gesichtspunkten behandelt<br />

wer<strong>den</strong>. Im Lernbereich 8.6.3<br />

Frauen und Männer der Bibel – Mut zu<br />

unangepasstem Leben; Propheten erfahren<br />

und bezeugen <strong>den</strong> „An-spruch“<br />

Gottes.<br />

1 Katholisches Schulkommissariat in Bayern: Handreichungen, Der Lehrplan, Katholische Religionslehre,<br />

Einführung und Grundlegung, Arbeitshilfen zum Lehrplan Katholische Religionslehre an der Hauptschule,<br />

<strong>München</strong> 1997, 68.<br />

Hinweis: Die folgende Stunde ist als<br />

Doppelstunde konzipiert.<br />

Stun<strong>den</strong>ziel: Die Schüler/innen sollen<br />

erkennen, dass sie auf ihren Lebenswegen<br />

immer wieder in Gott Halt fin<strong>den</strong><br />

können.<br />

Feinziele:<br />

• Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />

dass Menschen in ihrem Leben in<br />

Situationen kommen, in <strong>den</strong>en sie Halt<br />

und Vertrauen brauchen.<br />

• Die Schüler/innen lernen die Berufungsgeschichte<br />

des Jeremia kennen<br />

und wer<strong>den</strong> sich bewusst, dass Jeremia,<br />

im Vertrauen auf Gott, seine Worte<br />

mutig verkündet.<br />

• Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />

dass Jeremia auch in Schwierigkeiten<br />

und im Scheitern Gott vertraut und<br />

an ihm festhält. Dabei können sie<br />

sich öffnen <strong>für</strong> die Hoffnungsworte des<br />

Jeremia.<br />

Einstieg / Motivation:<br />

Die Schüler/innen sollen das Lied „Dieser<br />

Weg“ von Xavier Naidoo (Text M1)<br />

bewusst anhören. (zwei Mal das Lied<br />

hören und Worte aufschreiben; <strong>den</strong> Text<br />

lesen).<br />

In Partnerarbeit sollen sie dann erarbeiten:<br />

Überlege:<br />

➢ Xavier Naidoo hat etwas gefun<strong>den</strong>,<br />

das ihm klar gewor<strong>den</strong> ist.<br />

➢ Notiert in einem Schreibgespräch<br />

(großes Plakat), was ihm klar gewor<strong>den</strong><br />

ist.<br />

20 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Erarbeitung I:<br />

Lehrererzählung 1<br />

Ausgewählte Zusammenfassung nach Einheitsübersetzung Jer 1,1-10<br />

Diese Vertrauenserfahrungen sind <strong>für</strong><br />

Menschen nicht neu. Schon vor 2600<br />

Jahren erzählt der Prophet Jeremia davon.<br />

Um einen „Perspektivenwechsel“<br />

vorzunehmen, schlüpft der Lehrer in ein<br />

Gewand (z. B. ein Mantel oder Umhang).<br />

Es ist das „Gewand des Erzählers. Die<br />

Schüler/innen lernen nun <strong>den</strong> Bibeltext<br />

durch die Lehrererzählung kennen (Mögliche<br />

Lehrererzählung siehe Kasten).<br />

Sicherung der Erzählung, auf individuelle<br />

Lehrerart.<br />

Vertiefung/Ausdruck:<br />

Die Schüler/innen sollen eine Rede<br />

schreiben, die die Worte des Jeremia<br />

wiedergibt:<br />

➢ Du bist Jeremia. Geh heute zu<br />

<strong>den</strong> Menschen und trau Dich, ihnen<br />

Gottes Worte zu sagen!<br />

Das Arbeitsblatt (M 3) hilft dir dabei.<br />

Die Schüler/inne/n sollen stimmige<br />

„Worte des Herrn, die an Jeremia ergingen“,<br />

fin<strong>den</strong> und erfin<strong>den</strong>. Deshalb<br />

wer<strong>den</strong> Worte vorgegeben, mit <strong>den</strong>en<br />

die Schüler/innen sinnvolle Sätze bil<strong>den</strong><br />

können (eventuell Wortkarten an der<br />

Tafel gruppieren):<br />

• Lauge; Seife; Schmutzfleck; waschen;<br />

(Jer 2,22)<br />

• Götter; Gott/Jahwe; fremd; verlassen;<br />

dienen; anbeten; (Jer 5,18)<br />

• Gewinn; Betrug; Rechenschaft;<br />

verlieren; verlangen; (Jer 6,13-15)<br />

• Stimme, Gott/Jahwe, Rücken,<br />

hartnäckig, abwen<strong>den</strong>; (Jer 7,24-27)<br />

• Götzenbilder; Gold; Silber; Holz;<br />

Handwerker; Gott/Jahwe; Wahrheit;<br />

herstellen, anbeten; (Jer 10,8-11)<br />

Praxis Hauptschule<br />

Jeremia wohnte mit seiner Familie, mit seinen Eltern, Brüdern und Schwestern, in Anatot, einem Ort in der Nähe von<br />

Jerusalem. Sein Vater war Priester und achtete genau auf die Einhaltung der Gebote.<br />

Jahwe hatte ganz besondere Pläne mit Jeremia. Eines Tages sagte er zu ihm: „Jeremia, lange bevor du geboren wurdest,<br />

habe ich dich auserwählt, mein Bote zu sein, der dem Volke von Israel und <strong>den</strong> Nachbarvölkern meine Worte verkündet.“<br />

„Bitte verlang das nicht von mir!“ antwortete Jeremia, „ich bin zu jung <strong>für</strong> so eine wichtige Aufgabe. Ich bin ja erst<br />

14 Jahre. Ich bin nicht einmal ein guter Redner.“ Jahwe erwiderte: „Hab keine Angst meine Worte zu verkün<strong>den</strong>. Ich bin<br />

immer bei dir und helfe Dir!“<br />

Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund. Geh hin und verkünde <strong>den</strong> Menschen, dem einfachen Volk, dem König,<br />

seinen Beamten und <strong>den</strong> Priestern meine Botschaft. Deine Aufgabe ist sie an meine Worte zu erinnern!“<br />

Erarbeitung II:<br />

Lehrererzählung 2<br />

• Tag; Gott, der Herr; Weisung/Gebot;<br />

heilig; missachten; (Jer 17,22)<br />

• Weg; Leben; Tod; gehen; bleiben;<br />

sterben; (Jer 21,8f)<br />

• Palast; Arbeiter; Lohn; Ungerechtigkeit;<br />

bauen; auszahlen; (Jer 22,13)<br />

• Weg; Taten; schlecht; böse;<br />

umkehren; aufhören; (Jer 25,5)<br />

Ausgewählte Zusammenfassung nach Einheitsübersetzung<br />

Jer 1,11-19; 2-29; 38,1-6<br />

Jetzt bin ich schon zwanzig Jahre unterwegs, um die Menschen zu ermahnen<br />

und Gottes Botschaften an die Menschen und an <strong>den</strong> König weiterzugeben.<br />

Aber niemand achtet auf mich.<br />

Meine Botschaft ist lästig. Keiner will das hören!<br />

Im Gegenteil ich werde immer unbeliebter. Meine Feinde arbeiten gegen mich<br />

beim König. Mit Erfolg! Sie fordern sogar vom König, dass sie mich in einen<br />

ausgetrockneten Brunnen werfen dürfen, damit ich endlich aus dem Weg geräumt<br />

bin.<br />

An Seilen ließen sie mich hinunter in ein tiefes, dunkles Loch, in dem kein<br />

Wasser mehr war.<br />

Als meine Füße <strong>den</strong> Grund berührten, sank ich tief in <strong>den</strong> Schlamm. Die Wände<br />

des Schachtes waren glitschig, es war dunkel, kalt und feucht.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 21


Praxis Hauptschule<br />

Lehrer/in erzählt <strong>den</strong> Fortgang der Geschichte.<br />

Zur Verdeutlichung des Rollenwechsels<br />

zieht er/sie ein anderes, dunkles<br />

Gewand an und nimmt so die Rolle<br />

von Jeremia ein.<br />

Lehrer setzt sich zur Anschauung in die<br />

„Zisternenhaltung“ Jeremias. Alternativ<br />

kann auch eine Bildbetrachtung durchgeführt<br />

wer<strong>den</strong>, z. B. „Jeremia in der<br />

Zisterne“ von Ernst Alt, 1973.<br />

Ausdruck / Emphatieübung:<br />

Die Schüler/innen kommen in <strong>den</strong> Sitzkreis<br />

und nehmen ebenfalls die „Zisternenhaltung“<br />

ein, sie schließen die Augen,<br />

<strong>den</strong>n es ist dunkel in der Zisterne.<br />

Sie spüren der Kälte nach und fühlen<br />

einen kalten Wassertropfen, der auf ihre<br />

Hand fällt. Im Hintergrund kann man<br />

leise, ruhige Musik laufen lassen. Dann<br />

versetzen sich die Schüler/innen in Jeremia<br />

und sprechen zu Jahwe.<br />

Mögliche Äußerungen:<br />

• „Wo bist du <strong>den</strong>n? Hilf mir doch!“<br />

• „Alles geht schief!“<br />

• „Ich mag nicht mehr!“<br />

Erarbeitung III:<br />

Lehrer/in verdeutlicht noch einmal die<br />

Situation und präsentiert auf Wortkarten<br />

die Aussagen Jeremias.<br />

Jeremia sitzt in der Zisterne und wider<br />

alle Vernunft verliert er die Hoffnung<br />

nicht. Er spricht zu Jahwe:<br />

• „Der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger<br />

Held.“ (Jer 20,11)<br />

• „Dir habe ich meine Sache anvertraut.“<br />

(Jer 20, 12)<br />

• „Singt dem Herrn, rühmt <strong>den</strong> Herrn;<br />

<strong>den</strong>n er rettet mein Leben aus der<br />

Hand der Übeltäter.“ (nach Jer 20,13)<br />

Gestaltung:<br />

Jeremias Weg hat ihn in Leid und Verzweiflung<br />

geführt. Er sitzt in der Zisterne.<br />

Trotzdem hält er an seinem Vertrauen<br />

auf Gott fest und geht seinen Weg mit<br />

ihm weiter. Die Schüler/innen können<br />

nun zwischen fünf Gestaltungsmöglichkeiten<br />

wählen, um <strong>den</strong> Fortlauf der Geschichte<br />

und die Gefühlswelt Jeremias<br />

darzustellen.<br />

• Ein Klangbild gestalten: Dazu braucht<br />

man verschie<strong>den</strong>e Orff-Instrumente<br />

(je nach Möglichkeit auswählen). Die<br />

Schüler/innen gestalten gemeinsam<br />

verschie<strong>den</strong>e Töne/Klangabfolgen und<br />

Rhythmen. Diese wer<strong>den</strong> zu einem<br />

Klangbild zusammengesetzt.<br />

• Tapetenbilder erstellen: Die Schüler/innen<br />

drücken ihre Gedanken und Gefühle<br />

aus, indem sie unterschiedliche<br />

Farben und Formen aus <strong>den</strong> Tapetenbüchern<br />

ausschnei<strong>den</strong> und zu einem<br />

Bild zusammenstellen.<br />

• Ein Dia malen: Aus Architektenpapier/Folie<br />

Stücke im Diaformat<br />

(24x36mm) zuschnei<strong>den</strong>. Die<br />

Schüler/innen sollen <strong>für</strong> sich geeignete<br />

Symbole und Formen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Fortgang<br />

der Geschichte fin<strong>den</strong>. Dann<br />

wird das Dia mit Fineliner bemalt, gerahmt<br />

und mittels Diaprojektor betrachtet.<br />

• Pantomimische Darstellung<br />

• Kreatives Schreiben: Die Lehrererzählung<br />

II kann auf die eigene Situation<br />

übertragen wer<strong>den</strong>.<br />

Oder<br />

• Die Schüler/innen sollen <strong>den</strong> Liedtext<br />

von Xavier Naidoo nun mit <strong>den</strong> Augen<br />

des Jeremia lesen. Etappen seines<br />

Lebens sollen im Text wieder entdeckt<br />

wer<strong>den</strong> und als Anregung zum kreativen<br />

Schreiben dienen.<br />

• Eine eigene Liedstrophe zu „Dieser<br />

Weg“ dichten.<br />

Abschluss:<br />

Die Schüler/innen sollen sich ein persönliches<br />

„Erinnerungswort“ aus <strong>den</strong> Hoffnungsworten<br />

des Jeremia auswählen,<br />

das ihnen helfen kann, wenn sie in „der<br />

Zisterne“ sitzen. (M 4)<br />

Die Worte wer<strong>den</strong> an einer geeigneten<br />

Stelle im Klassenzimmer als einzelne<br />

Wortkarten aufgelegt, so dass sich jeder<br />

sein Wort wählen und mitnehmen kann.<br />

Weiterführung:<br />

In nachfolgen<strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> können die<br />

Schüler/innen die Lei<strong>den</strong> und die Hoffnung<br />

des Jeremia am Beispiel einiger<br />

„Konfessiones“ (Jer 11-20: zu Gott<br />

hingewandte Re<strong>den</strong>) genauer kennen<br />

lernen. Das Jeremia-Thema eignet sich<br />

auch sehr gut als Überleitung in <strong>den</strong><br />

LP-Bereich 7.2. „Nachgeben oder sich<br />

durchsetzen – Konflikte fair austragen.“<br />

Jeremia wirkt anstößig, aber er stößt<br />

auch an:<br />

• mit seinem engagierten Eintreten <strong>für</strong><br />

eine als richtig und wichtig erkannte<br />

Überzeugung;<br />

• mit <strong>den</strong> Konsequenzen solchen Glaubens<br />

und Handelns;<br />

• mit seiner Ansicht von Recht und Gerechtigkeit;<br />

• mit dem, was Gottes Wille heute <strong>für</strong><br />

uns/ mich bedeuten kann;<br />

M 1<br />

„Dieser Weg“ von Xavier Naidoo<br />

Also ging ich diese Strasse lang,<br />

und die Strasse, führte zu Mir.<br />

Das Lied, das Du am letzten Abend<br />

sangst, spielte nun in mir.<br />

Noch ein paar Schritte und dann<br />

war ich da mit dem Schlüssel,<br />

zu dieser Tür.<br />

Dieser Weg, wird kein leichter sein,<br />

dieser Weg, wird steinig und schwer.<br />

Nicht mit Vielen wirst du dir einig sein,<br />

doch dieses Leben bietet soviel mehr.<br />

22 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Es war nur ein kleiner Augenblick,<br />

einen Moment war ich nicht da.<br />

Danach ging ich einen kleinen Schritt<br />

und dann,<br />

wurde es mir klar.<br />

M3<br />

M4<br />

Ich gehe zu<br />

und sage:<br />

Lange bevor du geboren<br />

wurdest,<br />

habe ich dich auserwählt.<br />

Nach Jer 1,5<br />

Ich bin immer bei dir,<br />

um dir zu helfen!<br />

Nach Jer 1,8<br />

Ich lege meine Worte<br />

in deinen Mund.<br />

Nach Jer 1,9<br />

Manche treten dich,<br />

manche lieben dich,<br />

manche geben sich,<br />

<strong>für</strong> dich auf.<br />

Ich bin Jeremia!<br />

Singt dem Herrn, rühmt <strong>den</strong><br />

Herrn;<br />

<strong>den</strong>n er rettet mein Leben<br />

aus der Hand der Übeltäter.<br />

Jer 20,13<br />

Der Herr steht mir bei<br />

wie ein gewaltiger Held.<br />

Jer 20,11<br />

Dir habe ich<br />

meine Sache anvertraut.<br />

Jer 20,12<br />

Praxis Hauptschule<br />

Manche segnen dich,<br />

setz dein Segel nicht,<br />

wenn der Wind, das Meer aufbraust.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 23


Praxis Förderschule<br />

Unser tägliches Brot gib uns heute<br />

Konstanze Graf-Schechert<br />

Die Unterrichtssequenz und ihre weiterführen<strong>den</strong><br />

Unterrichtsbausteine müssen<br />

im <strong>Religionsunterricht</strong> einer Reflexion<br />

unterzogen wer<strong>den</strong>. Adressaten sind<br />

Schüler/innen zur Lernförderung und<br />

Schüler/innen der Schule mit dem Förderschwerpunkt<br />

geistige Entwicklung<br />

(Klassen 1–6).<br />

Im vorgestellten Beispiel sollen die<br />

Schüler/innen die heilsame Bedeutung<br />

ritueller Handlungen und Symbolhandlungen<br />

ansatzhaft erspüren.<br />

Vorangegangene<br />

Unterrichtsstun<strong>den</strong>:<br />

Folgende Sequenz geht der dargestellten<br />

Unterrichtsstunde voraus:<br />

• Erfahrungen der Schüler/innen mit<br />

Brot wer<strong>den</strong> thematisiert.<br />

• Auseinandersetzung mit dem Bild von<br />

Käthe Kollwitz „Hungernde Kinder“.<br />

Welche Grundbedürfnisse außer Brot<br />

haben die Kinder auf dem Bild noch?<br />

Vorüberlegung:<br />

Die Schüler/innen sollen sich bewusst<br />

machen, mit der Bitte um das tägliche<br />

Brot ist das Lebensnotwendige gemeint<br />

und dies kann man auch ansatzweise<br />

Menschen schenken.<br />

Motivation:<br />

Die Schüler/innen spüren in sich hinein,<br />

was sie selbst täglich zum Leben<br />

brauchen.<br />

Stilleübung: Sie schließen die Augen,<br />

Hände zu einer Schale geformt. Der/die<br />

Lehrer/in gibt Impulse: „Stell dir vor. . .“,<br />

„was brauchst du zum Leben...“<br />

Schüler/innen schreiben auf Wortkarten,<br />

was <strong>für</strong> ihr Leben wichtig ist.<br />

Erarbeitung:<br />

Die Schüler/innen erfahren, ihre lebensnotwendigen<br />

Bedürfnisse kann man als<br />

„tägliches Brot“ bezeichnen.<br />

Die Wortkarten wer<strong>den</strong> vorgestellt und<br />

an die Tafel geheftet. Nach 3 bis<br />

4 Schüleräußerungen wird eine Strophe<br />

des Liedes gesungen. „Was ist’s, was<br />

die Menschen brauchen?“ (RPP 1982/3,<br />

S. 37)<br />

Nachdem alle Schüler/innen ihre Karte<br />

vorgelesen und an die Tafel geheftet<br />

haben, malt der/die Lehrer/in um die<br />

Karten eine Brotform und schreibt die<br />

Überschrift: „Unser tägliches Brot“. Danach<br />

wird der Refrain des Liedes gesungen:<br />

„Unser tägliches Brot gib uns<br />

heute. AMEN.“<br />

Vertiefung / Ausdruck:<br />

Die Schüler/innen formulieren ein „gutes<br />

Wort“ <strong>für</strong> eine/n Mitschüler/in.<br />

Jede/r bekommt eine schön gestaltete<br />

Tonpapierkarte mit dem Namen eines/r<br />

Mitschülers/in. Gezogen wird nach dem<br />

Zufallsprinzip, der/die Lehrer/in kontrolliert,<br />

ob es nicht der eigene Namen ist.<br />

Dann schreiben die Schüler/innen, was<br />

sie an dem /der Mitschüler/in schön/<br />

gut fin<strong>den</strong>. Name und Satzanfang sind<br />

vorgeschrieben, z. B. „Anna, ich finde<br />

schön/ gut . . .“<br />

Die Schüler/innen erfahren ansatzhaft,<br />

die Bitte um das tägliche Brot bedeutet<br />

auch das Leben zu teilen und einander<br />

zu schenken.<br />

Die Schüler/innen kommen in <strong>den</strong> Stuhlkreis.<br />

In der Mitte liegt ein Bo<strong>den</strong>bild mit<br />

Tuch, Brotkorb, Brot, Kerze.<br />

Im Stuhlkreis wird jetzt das „gute Wort“<br />

der Reihe laut vorgelesen. Dabei bre-<br />

chen die Schüler/innen ein Stück Brot<br />

ab und schenken beides dem/der entsprechen<strong>den</strong><br />

Mitschüler/in. Nach jeder<br />

Schüleräußerung erfolgt der Liedruf:<br />

„Unser tägliches Brot gib uns heute.<br />

Amen.“ (RPP 1982/3, S.37).<br />

Der/die Lehrer/in formuliert ein zusammenfassendes<br />

Gebet.<br />

• „Wir können Brot <strong>für</strong> andere sein,<br />

durch ein gutes Wort, durch Beachtung<br />

des anderen...“<br />

• „Wir sind abhängig von anderen<br />

Menschen und bedürfen der Liebe<br />

Gottes . . .“<br />

Im Anschluss wird das Brot gemeinsam<br />

behutsam gegessen.<br />

Nachfolgende Unterrichtsbausteine:<br />

Die Bitte um das tägliche Brot wird in die<br />

Bitte des „Vater unser“ Gebet integriert.<br />

„Brot-Zeiten“:<br />

• Erntedank-Feier: vom Korn zum Brot.<br />

Brot backen, essen und danken.<br />

• Tischgebet: Die von Schüler/innen formulierten<br />

Tischgebete wer<strong>den</strong> gebetet<br />

und dazu wird Brot gegessen.<br />

• „Wir feiern heut´ ein Fest, weil Gott uns<br />

alle liebt.“ nach einem Themenbereich<br />

(z. B. LP 2.2 Jesus – Freund der Menschen)<br />

wird ein Fest gefeiert. Die erarbeiteten<br />

Perikopen wer<strong>den</strong> durch<br />

Bilder und Symbole in Erinnerung<br />

gerufen. Es wird gesungen, erzählt,<br />

Schüler/innen bringen ihre Anliegen<br />

vor Gott, Brot geteilt und gegessen,<br />

gebetet. (Lehrer/in strukturiert <strong>den</strong><br />

Rahmen der Feier.)<br />

• Versöhnungsritual: Nachdem ein Konflikt<br />

besprochen wurde und sich die<br />

Schüler/innen verzeihen, teilen sie Brot<br />

als Zeichen der Versöhnung. Wie geht<br />

24 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


das praktisch? Die Schüler/innen haben<br />

eine or<strong>den</strong>tliche Brotzeit dabei,<br />

die man teilen kann oder möchte. Lehrer/in<br />

hat Brot (Knäckebrot) auf Vorrat.<br />

Oder: Zur nächsten Unterrichtsstunde<br />

wird das Brot <strong>für</strong> das Versöhnungsritual<br />

mitgebracht.<br />

Arbeitshilfen:<br />

Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Förderschwerpunkt<br />

geistige Entwicklung. Katholische<br />

und Evangelische Religionslehre, Band 1,<br />

hrsg. vom Religionspädagogischen Zentrum<br />

Heilsbronn (evang.) und dem Religionspädagogischen<br />

Zentrum <strong>München</strong><br />

(kath.) im Auftrag der Evang.-Luth.<br />

Landeskirche in Bayern und des Kath.<br />

Schulkommissariats in Bayern, <strong>München</strong><br />

2005; zu beziehen von: Religionspädagogische<br />

Materialstelle, Schrammerstraße<br />

3, 80333 <strong>München</strong>. Tel. 089/<br />

2137-1411, Fax 089/2137-1575, E-Mail:<br />

relpaed-materialstelle@ordinariat-muenchen.de<br />

(siehe dazu 1.3.3 Urbild „Brot“ S.85–92)<br />

BrotZeiten. Werkbrief KLJB., Vertrieb:<br />

Landjugendverlag GmbH, Drachenfeldstraße<br />

23, 53604 Bad Honnef-Rhöndorf.<br />

Tel. 02224/94650, Fax 02224/946544,<br />

E-Mail: landjugendverlag@kljb.org.<br />

Praxis Förderschule<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 25


Praxis Förderschule<br />

Zuspruchsfeier zu Erinnerung an die eigene Taufe<br />

Konstanze Graf-Schechert<br />

Die Unterrichtssequenz und ihre weiterführen<strong>den</strong><br />

Unterrichtsbausteine müssen<br />

im <strong>Religionsunterricht</strong> einer Reflexion<br />

unterzogen wer<strong>den</strong>. Adressaten sind<br />

Schüler/innen zur Lernförderung und<br />

Schüler/innen der Schule mit dem<br />

Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />

(Klassen 1–6).<br />

Im vorgestellten Beispiel sollen die<br />

Schüler/innen die heilsame Bedeutung<br />

ritueller Handlungen und Symbolhandlungen<br />

ansatzhaft erspüren.<br />

Gegenseitige Berührung verbun<strong>den</strong> mit<br />

Salbe oder Öl kommt in der Bibel in <strong>den</strong><br />

unterschiedlichsten Lebenslagen vor.<br />

(Z. B. 2 Chr 28,15; 2 Sam 12,20; Mk<br />

16,1; 1 Joh 2,20.27; Offb 3,18;)<br />

In der Zeichenhandlung „Salbung", die<br />

nun u. a. vorgestellt wird, kommt in besonderer<br />

Dichte die liebevolle und begleitende<br />

Nähe Gottes zum Ausdruck.<br />

Unseren Förderschüler/inne/n kann dies<br />

eine Erfahrung des Angenommenseins<br />

vermitteln.<br />

Vorangegangene Themenbereiche:<br />

• Symbol „Wasser“<br />

• Symbol „Sonne/Licht“<br />

• „Wenn ein Kind geboren wird“<br />

• Ich bin einmalig<br />

(Namenskarte gestalten)<br />

• Die Taufe des Äthiopiers<br />

Vorüberlegungen:<br />

Die Zuspruchs-Feier orientiert sich an:<br />

„Ich bin getauft im Namen des Vaters,<br />

des Sohnes und des Heiligen Geistes“.<br />

(vgl. RPP 1988/1). Der größte Teil der<br />

Schüler/innen wurde als Säugling getauft.<br />

Durch die Erklärung der Zeichen<br />

der Taufe und die vollzogenen Zeichenhandlungen<br />

soll eine persönliche Tauferfahrung<br />

geweckt wer<strong>den</strong>, verbun<strong>den</strong><br />

mit einer Vergewisserung in christlichen<br />

Grundlagen.<br />

Motivation:<br />

Die Schüler/innen versammeln sich im<br />

Stuhlkreis um eine Mitte – einen Brunnen.<br />

Dieser wird mit Steinen, als Rand<br />

um ein blaues, rundes Tuch gelegt.<br />

• Wir entdecken uns als Brunnen: Schüler/innen<br />

spielen Brunnen, z. B. ganz<br />

dicht beieinander stehen.<br />

• Wir begegnen dem Wasser im Brunnen:<br />

Eine Glasschale mit Wasser wird<br />

in die Mitte gestellt. (Spielerischer Umgang<br />

mit dem Wasser).<br />

Erarbeitung:<br />

Wir hören von Jesus.<br />

Die Jesuskerze (= Klassenkerze) wird<br />

entzündet. Lehrer/in erzählt, wie Johannes<br />

Jesus tauft. Die Jesuskerze wird in<br />

die Glasschale gestellt. Danach wer<strong>den</strong><br />

exemplarisch drei heilsame Handlungen<br />

Jesu erzählt und jeweils ein braunes<br />

Tuch wie ein Weg vom Brunnen weggelegt.<br />

Das vierte Tuch beinhaltet <strong>den</strong><br />

Kreuzweg Jesu und sein Vermächtnis.<br />

Lehrer/in legt eine Satzkarte in das Bo<strong>den</strong>bild:<br />

„Darum geht zu allen Völkern,<br />

und macht alle Menschen zu meinen<br />

Jüngern; tauft sie auf <strong>den</strong> Namen des<br />

Vaters und des Sohnes und des Heiligen<br />

Geistes. . . “ (Mt 28,18 -20). Durch die<br />

vier (Tücher-) Wege ist ein Kreuz entstan<strong>den</strong>.<br />

Vertiefung:<br />

Das ersten Zeichen der Taufe:<br />

Das Wasser und der Name des<br />

dreieinen Gottes.<br />

Lehrer/in erläutert <strong>den</strong> Schüler/innen,<br />

dass auch wir mit Wasser getauft sind<br />

und von Jesus das Zeichen des Kreuzes<br />

empfangen haben. Die Schüler/innen<br />

tauchen ihre Finger in das Wasser und<br />

machen ein Kreuzzeichen.<br />

Das zweite Zeichen der Taufe:<br />

Das weiße Kleid.<br />

Schüler/innen erhalten ein weißes Tuch<br />

und der/die Lehrer/in erklärt die Bedeutung.<br />

• Ich schütze und kleide dich.<br />

• Sehnsucht nach Unversehrtheit.<br />

• Gottes väterliches Handeln<br />

Bei der Taufe erhalte ich einen Namen.<br />

Der /die Lehrer/in ruft die Schüler/innen<br />

beim Namen. „Anna, komm“. Anna: „Ich<br />

bin da!“. Schüler/innen legen dabei ihre<br />

Namenskarte in die Mitte.<br />

In einer darauf folgen<strong>den</strong> Stunde kann<br />

aus dem weißen Tuch ein Tauftuch gestaltet<br />

wer<strong>den</strong> mit Namen, Taufspruch,<br />

Taufdatum, Symbol.<br />

Das dritte Zeichen der Taufe:<br />

Das Licht.<br />

Schüler/innen entzün<strong>den</strong> Teelichter an<br />

der Jesuskerze, dabei kann Lehrer/in<br />

sagen:<br />

„Jesus sagt zu dir: „Ich bin dein Licht<br />

und will dein Leben hell machen. Du<br />

sollst froh sein, ich bin bei dir auf deinem<br />

Lebensweg.“ Jeder stellt sein Teelicht zu<br />

seiner Namenskarte.<br />

Das vierte Zeichen der Taufe:<br />

Die Salbung.<br />

Der/die Lehrer/in salbt die Schüler/innen<br />

mit Rosenöl. Dabei wird auf das Prinzip<br />

der Freiwilligkeit geachtet. Die Schüler/innen<br />

bekommen mit Öl ein Kreuz auf<br />

die Stirn mit einer Zusage, z. B. Anna,<br />

du bist Christus ganz wichtig. Der Herr<br />

sei mit dir.“<br />

Möglicher Ausklang:<br />

Ein Tauflied singen:<br />

• „Gott will an allen Tagen mir immer<br />

wieder sagen, wie er mich liebt . . .<br />

und dass es wichtig ist, ganz wichtig<br />

ist, dass es mich gibt, ich bin getauft.<br />

(1. Strophe); „Gott will an allen Tagen<br />

uns immer. . .“ (2. Strophe). Die Schüler/innen<br />

können sich beim Singen der<br />

zweiten Strophe an <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> fassen.<br />

(Lied von Rolf Krenzer, Lieder<br />

zum Misereor- Hungertuch „Hoffnung<br />

der Ausgegrenzten.“)<br />

• Zusammenfassendes Dankgebet.<br />

26 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Praxis Förderschule<br />

Weiterführende Unterrichtsbausteine<br />

zu Symbolhandlungen:<br />

Edelsteinmeditation:<br />

Meditation: zu Jes 43,4: „Weil du in meinen<br />

Augen teuer und wertvoll bist und<br />

weil ich dich liebe . . .“ Die Schüler/innen<br />

bekommen einen Edelstein zur Meditation<br />

geschenkt.<br />

Meditation zum Namen:<br />

Meditation zu Jes 43,1: „Ich habe dich<br />

bei deinem Namen gerufen, du bist<br />

mein.“ Die Schüler/innen gestalten nach<br />

der Meditation ihren Namen, z. B. Namensschild<br />

aus Ton; Kette aus Buchstaben<br />

(Würfelperlen); Namensschild aus<br />

Pappe <strong>für</strong> die Tür.<br />

Jesus segnet die Kinder:<br />

Nach der Erzählung der Perikope segnet<br />

der/die Lehrer/in die Schüler/innen und<br />

spricht zu jedem einen individuellen Se-<br />

genswunsch. (Z.B. Lebenskraft, die es<br />

momentan braucht).<br />

Platz in meinem Herzen:<br />

Schüler/innen verschenken „Herz“ an<br />

Mitschüler/in, die sie besonders mögen.<br />

Sternenlicht verschenken:<br />

Eingebettet in eine Unterrichtsstunde zur<br />

Weihnachtsgeschichte bekommt jede/r<br />

Schüler/in ein Sternenlicht (Stern und<br />

Teelicht) mit folgendem Liedruf: „Tragt zu<br />

Anna ein Licht, wir sagen, <strong>für</strong>chte dich<br />

nicht, Gott lässt dich niemals allein, sieh<br />

auf des Lichtes Schein.“ (Melodie: „Tragt<br />

in die Welt nun ein Licht“)<br />

Segenswunsch:<br />

Zum Schuljahresende oder zum Ende<br />

der Grundschulzeit gestalten Schüler/innen<br />

<strong>für</strong>einander Segenswünsche, z. B.<br />

Segensband <strong>für</strong> Arm/Handgelenk: auf<br />

ein Geschenkband wird mit Filz- oder<br />

Folienstift ein individueller Segenswunsch<br />

geschrieben und in einer Feier<br />

verschenkt.<br />

Frie<strong>den</strong> wünschen:<br />

Stuhlkreis am Beginn des Unterrichts.<br />

Lied: „Viele Kinder haben sich versammelt.“<br />

Wir sagen zum Nachbarn rechts<br />

und links nicht nur „Guten Morgen“ oder<br />

„Grüß Gott“, sondern auch „Anna, der<br />

Friede sei mit dir. Korbinian, der Friede<br />

sei mit dir.“<br />

Österlicher Kerzenwunsch:<br />

Eine Osterkerze wird im Kreis von<br />

Schüler/in zu Schüler/in mit einem<br />

Osterwunsch weitergegeben.<br />

• „Halleluja, Jesus lebt! Benedikt, ich<br />

wünsche dir <strong>den</strong> Mut . . .“<br />

• „Halleluja, Jesus lebt! Anna, habe<br />

keine Angst . . .“<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 27


Atem holen<br />

Nur <strong>für</strong> heute<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich mich bemühen, <strong>den</strong> Tag zu<br />

erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal<br />

lösen zu wollen.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich die größte Sorge <strong>für</strong> mein<br />

Auftreten pflegen: vornehm in meinem Verhalten; ich werde<br />

niemand kritisieren, ja ich werde nicht danach streben,<br />

die anderen zu verbessern, nur mich selbst.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein,<br />

dass ich <strong>für</strong> das Glück geschaffen bin, nicht nur <strong>für</strong> die<br />

andere, sondern auch <strong>für</strong> diese Welt.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich mich an die Umstände anpassen,<br />

ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine<br />

Wünsche anpassen.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer<br />

guten Lektüre widmen; wie die Nahrung <strong>für</strong> das Leben<br />

notwendig ist, so ist die gute Lektüre notwendig <strong>für</strong> das<br />

Leben der Seele.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich eine gute Tat vollbringen,<br />

und ich werde es niemand erzählen.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich etwas tun, das ich keine Lust<br />

habe zu tun; sollte ich mich in meinen Gedanken<br />

beleidigt fühlen, werde ich da<strong>für</strong> sorgen, dass niemand<br />

es bemerkt.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich ein genaues Programm aufstellen.<br />

Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich<br />

werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln<br />

hüten: vor der Hetze und der Unentschlossenheit.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich fest glauben – selbst wenn die<br />

Umstände das Gegenteil zeigen sollten –, dass die gütige<br />

Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es<br />

sonst niemand in der Welt.<br />

Nur <strong>für</strong> heute werde ich keine Angst haben. Ganz<br />

besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem<br />

zu freuen, was schön ist, und an die Güte zu glauben.<br />

JOHANNES XXIII.<br />

28 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Brückenbauer gesucht<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />

Schulpastoral<br />

An vielen Orten gibt es bereits einen Brückenschlag zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, weil<br />

Religionslehrer/innen, Priester und Mitarbeiter/innen im Pastoralen Dienst spüren und wissen, dass es im<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> nicht nur um ein Bescheidwissen über Religion und Glaube gehen kann, sondern immer<br />

auch um die Ermöglichung von Religion und Glaube selbst. Denn ohne die Begegnung mit gelebtem<br />

Glauben kann die Bedeutung des gelehrten Glaubens nicht erschlossen wer<strong>den</strong>. Der Erwerb religiöser<br />

Sprach- und Handlungsfähigkeit ist auf religiöse Sprach- und Handlungspraxis angewiesen. Dies wird nur<br />

gelingen, wenn die verschie<strong>den</strong>en Lernorte des Glaubens zusammenarbeiten und sich vernetzen. Brückenbauer<br />

zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde zwischen Schulpastoral und Gemeindepastoral sind<br />

gesucht!<br />

Nicht selten erfährt man nur durch Zufall von gelungenen Projekten der Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde. Dabei könnten wir uns durch einen Erfahrungsaustausch gegenseitig<br />

anregen, unterstützen und bereichern. Dies gilt <strong>für</strong> die genuinen Bereiche der Zusammenarbeit von<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> und Gemeindekatechese bei der Vorbereitung auf <strong>den</strong> Empfang der Sakramente wie auch<br />

<strong>für</strong> soziale und caritative Kooperationsprojekte: „Bibeltage“, „Tage der Umkehr“ und „Versöhnungstage“,<br />

„compassion-Projekte“ in Altenheimen, Einrichtungen <strong>für</strong> Menschen mit Behinderungen etc.<br />

Die Redaktion von IfR lädt Sie ein, gelungene Projekte der Zusammenarbeit zwischen<br />

<strong>Religionsunterricht</strong>/Schulpastoral und Pfarrgemeinde/Gemeindepastoral in der Ausgabe von IfR 58 im<br />

Frühjahr 2007 vorzustellen.<br />

Unser Ziel ist es, die notwendige Zusammenarbeit von <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, Religionslehrer/inne/n,<br />

pastoralen Mitarbeiter/inne/n und ehrenamtlich in <strong>den</strong> Gemein<strong>den</strong> Tätigen zu fördern und<br />

gelingende Praxis beispielhaft als ermutigende, wertvolle und wichtige Impulse weiter zu vermitteln.<br />

Machen Sie mit und nehmen Sie daran teil, Ihre Arbeit zu präsentieren, Ideen auszutauschen, sich gegenseitig<br />

zu inspirieren und zu bereichern.<br />

Wir suchen „Brückenbauer“ zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, Schule und Kirche und freuen<br />

uns auf Ihre Beiträge.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Dr. Thomas Gandlau Josef Ilg<br />

Schulamtsdirektor i. K. Schulrat i. K.<br />

Bitte sen<strong>den</strong> Sie uns Ihre Beiträge bis 1. Juli <strong>2006</strong> an:<br />

Schulreferat Abt. I, Redaktion IfR<br />

Postfach 33 03 60, 80063 <strong>München</strong><br />

oder per E-Mail als WORD-Dokument bzw. im WORD-Format an schulreferat-ghf@ordinariat-muenchen.de<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 29


Buchtipps<br />

Hans Mendl (Hg.)<br />

Konstruktivistischer<br />

<strong>Religionsunterricht</strong><br />

Ein Arbeitsbuch<br />

Lit Verlag<br />

Münster 2005<br />

253 S.<br />

Dies ist das erste Buch einer neuen<br />

Reihe „Religionsdidaktik konkret“.<br />

Es entstand aus der bayernweiten<br />

Zusammenarbeit der Referent/inn/en<br />

der religionspädagogischen Seminare<br />

(KoBayRep) in dem Bemühen schon<br />

vorhan<strong>den</strong>e Praxiselemente in sich stimmig<br />

aus der Sicht des Konstruktivismus<br />

Ein altbekanntes Beispiel hier<strong>für</strong>:<br />

Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

Förderschwerpunkt<br />

geistige Entwicklung.<br />

Katholische und Evangelische<br />

Religionslehre.<br />

Band 1<br />

Materialien <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> an<br />

Förderschulen hrsg. v. Religionspädagogischen<br />

Zentrum Heilsbronn (evang.)<br />

und dem Religionspädagogischen Zentrum<br />

<strong>München</strong> (kath.)<br />

im Auftrag der Evang.-Luth Landeskirche<br />

in Bayern und des Katholischen<br />

Schulkommissariats in Bayern, <strong>München</strong><br />

2005, 248 S.; Anhang mit13 Farbfolien<br />

Für <strong>den</strong> Lehrplan Förderschwerpunkt<br />

geistige Entwicklung (2003) haben die<br />

bei<strong>den</strong> Lehrplankommissionen eine gemeinsame<br />

Handreichung erstellt, deren<br />

Band 1 erschienen ist. Beide Kirchen<br />

eine gemeinsame Handreichung erstellt,<br />

wenn auch im Lehrplan die Inhalte <strong>für</strong><br />

<strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> teils gesondert<br />

als evangelischer und als katholischer<br />

Lernbereich ausgewiesen sind. Mit<br />

miteinander zu verbin<strong>den</strong>. Beschrieben<br />

wer<strong>den</strong> die Grundlagen, des Konstruktivismus,<br />

die daraus resultierende Unterrichtskultur,<br />

der Zusammenhang mit vorhan<strong>den</strong>er<br />

Tradition, sein Einwirken auf<br />

die Lehrerbildung und ein Ausblick in<br />

eine unterrichtlich mögliche Zukunft.<br />

Da jeder Mensch mit seinen Sinnen und<br />

infolge seiner Vorerfahrungen die Realität<br />

wahrnimmt, sich also sein Weltbild als<br />

Subjekt konstruiert, sind auch Lernprozesse<br />

unter dem Blickwinkel des Kon-<br />

einem elementarisierten Angebot wird<br />

dem Charakter des Förderschwerpunkts<br />

geistige Entwicklung entsprochen, zugleich<br />

fin<strong>den</strong> sich substantielle konfessionsspezifische<br />

Akzente bei <strong>den</strong> betreffen<strong>den</strong><br />

Inhalten.<br />

Es spricht <strong>für</strong> die aufmerksame und<br />

praxisnahe Erarbeitung der Handreichung,<br />

dass die Themen auf qualitative<br />

Merkmale hin unterschiedlich umfangreich<br />

ausgearbeitet sind. Dazu wer<strong>den</strong><br />

möglichst unterschiedliche und verschie<strong>den</strong>artige<br />

methodische Unterrichtsvorschläge<br />

angeboten, wobei sich das<br />

Autorenteam bewusst ist, dass diese<br />

„Angebote“ keinesfalls alle Schüler/innen<br />

erreichen können. „Zu variabel ist die<br />

Vielfalt der individuellen Kräfte und<br />

Fähigkeiten, der soziokulturellen Herkunft,<br />

der bisherigen Lernerfahrung,<br />

Interessen oder Fördermöglichkeiten.“(7)<br />

Mit <strong>den</strong> Hinweisen zur „Benutzung der<br />

Handreichung“ eröffnet sich dann in <strong>den</strong><br />

bei<strong>den</strong> Begegnungsfeldern (Band 1):<br />

„Geborgen sein – Gott erfahren“ und „<br />

Angenommen sein – Jesus, Freund und<br />

Begleiter“ ein überaus facettenreicher<br />

struktivismus (wenn auch ausdrücklich<br />

gemäßigt) neu zu bestimmen.<br />

Gesetzt <strong>den</strong> Fall, der Lehrer hat ausreichend<br />

Kompetenzen erworben, um<br />

oben genannte Unterschiede in ihrer<br />

Vielfalt wahrnehmen zu können, muss er<br />

die Schüler zu aktivem, individuellem<br />

Lernen innerhalb verschie<strong>den</strong>er Lernlandschaften<br />

ermutigen, deren Zuschnitt<br />

eine überaus vielgestaltige Unterrichtsvorbereitung<br />

ist. Das Inszenieren von<br />

<strong>Religionsunterricht</strong> ist gefragt, der nicht<br />

nur Schüleräußerungen, sondern auch<br />

Schülererfahrungen ermöglicht.<br />

Das Buch nennt eine Vielzahl an Perspektiven,<br />

und fordert <strong>den</strong> Leser durch<br />

Impulsfragen zu eigener Retrospektive,<br />

Reflexion und Vision bzgl. erlebten und<br />

möglichen Unterrichtens auf.<br />

Barbara Hofmann<br />

Fundus und eine breite Palette an Materialien<br />

und Metho<strong>den</strong>, Arbeitsblättern,<br />

graphischen Bildmotiven, Liedern, Texten,<br />

biblischen Erzählvorlagen, Übungen<br />

und Sozialformen.<br />

Wichtig und aufschlussreich sind die<br />

Hinweise auf weitere Lernbereiche des<br />

Lehrplans. Produktiv und unverzichtbar<br />

sind die „ergänzen<strong>den</strong> Anregungen“, die<br />

auf viele weitere Materialien und Medien<br />

und mit detaillierter Zitation auf weiterführende,<br />

komplementäre und vertiefende<br />

Literatur hinweisen. Die Handreichung<br />

will nicht selbstgenügsam<br />

Rezepte anbieten, sondern fordert reflektierte<br />

Auswahl und Konstruktion<br />

einer neuen Unterrichtspraxis. Exemplarisch<br />

da<strong>für</strong> steht das Thema „Engel begleiten<br />

uns“ (1.2.5), das theologisch wie<br />

religionspädagogisch kreativ ausgearbeitet<br />

ist. Die Themenbereiche „Jesus –<br />

als Freund der Menschen“ (2.2) und<br />

„Feste – Ausdruck der Freude über Jesus<br />

Christus“ ( 2.3) sind nicht nur in elementaren<br />

Aspekten und Inhalten einander<br />

zugeordnet, sondern bieten bewusst<br />

eine solche Fülle an Vorschlägen und<br />

30 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Materialien, dass dies <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterrichtsverlauf<br />

eines Schuljahres nicht<br />

auszuschöpfen ist, sondern stimmige<br />

Auswahl und Konzeption <strong>für</strong> differenziertes<br />

Wiederholen, bedeutungshaltiges<br />

Wiedererkennen und Erinnern und sinnenhaft<br />

lebendiges Vertiefen auch über<br />

<strong>den</strong> Zeitrahmen eines Schuljahres hinaus<br />

fordert.<br />

Das Autorenteam hat eine so weite<br />

Bandbreite an Vorschlägen und Anregungen<br />

eröffnet, dass wir diese Handreichung<br />

eigentlich als „Pflichtlektüre“ <strong>für</strong><br />

alle Religionslehrer im Förderschulbereich<br />

empfehlen. Aber auch <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />

<strong>Religionsunterricht</strong> in <strong>den</strong> ersten Jahrgangsstufen<br />

der Grundschule fin<strong>den</strong><br />

sich viele wertvolle Hinweise, die u. a. <strong>für</strong><br />

eine „produktive Verlangsamung“ und<br />

eine reflektierte „Aneignungsdidaktik“<br />

förderlich sind.<br />

Dem Autorenteam wie <strong>den</strong> Herausgebern<br />

ist <strong>für</strong> dieses ökumenische<br />

„Gemeinschaftswerk“ der Handreichung<br />

Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />

zu danken, weil „sie <strong>den</strong> weniger belastbaren<br />

Kindern und Jugendlichen mit<br />

entsprechen<strong>den</strong> Inhalten und Vorschlägen<br />

entgegenkommen, aber auch‚ nach<br />

„oben“ hin auf die Anschlussfähigkeit<br />

verschie<strong>den</strong>er Schüler(gruppen) im Blick<br />

auf differenziertere und integrative Beschulungsformen<br />

eingehen“.(7)<br />

Josef Ilg<br />

Walter Fürst / Jürgen Werbick (Hg.)<br />

Katholische Glaubensfibel<br />

Mit einem Geleitwort von Karl Kardinal<br />

Lehmann, CMZ – Verlag und Verlag<br />

Herder, Rheinbach / Freiburg i. Br, 2004,<br />

448 Seiten<br />

Mit der „Katholischen Glaubensfibel“ haben<br />

Walter Fürst, Pastoraltheologe, und<br />

Jürgen Werbick, Fundamentaltheologe,<br />

ein Buch herausgegeben, in dem angesehene<br />

und bedeutende Theologinnen<br />

und Theologen Grundbegriffe und<br />

Grundthemen des christlichen Glaubens<br />

beleuchten. In theologisch fundierter<br />

und gut zu verstehender Sprache wird<br />

ein Überblick über die geistige und<br />

geistliche Grundlegung unseres Glaubens<br />

gegeben.<br />

Die „Glaubensfibel“ will kein Katechismus<br />

sein, sondern Elementarinformationen<br />

über christliche Lehre und<br />

christliches Leben vermitteln. „Katholisch“<br />

bezeichnet <strong>den</strong> Grundcharakter<br />

christlicher Glaubensgemeinschaft in<br />

seinem universalen, ökumenischen Anspruch<br />

ebenso wie das Selbstverständnis<br />

der römisch – katholischen Kirche<br />

und Konfession.<br />

Dem entspricht der Aufbau des Buches:<br />

Der einleitende Teil erschließt wichtige<br />

Aspekte zum Thema „Christsein katholisch“.<br />

Darauf folgen zehn Teilkapitel, die in Aufbau<br />

und Gliederung der Trias „Glauben –<br />

Hoffen – Lieben“ folgen. Ein „Leitartikel“<br />

eröffnet die einzelnen Teilkapitel und<br />

skizziert die Perspektive des ganzen Kapitels.<br />

An die 90 Einzelbeiträge entfalten<br />

elementare „Merkmale“ des Glaubens<br />

und des Lebens aus dem Glauben.<br />

Jeder Beitrag informiert auf dem Stand<br />

gegenwärtiger theologischer Forschung.<br />

Dabei ist es <strong>den</strong> Verfasser/inne/n überzeugend<br />

gelungen, ihr Fachwissen<br />

knapp und „allgemein verständlich“ darzustellen,<br />

einfach, aber nicht banal, theologisch<br />

verantwortet, aber ohne theologischen<br />

Jargon und Fachchinesisch. Die<br />

Buchtipps<br />

„Essentials“ christlichen Glaubens und<br />

Lebens wer<strong>den</strong> dargestellt. Wer das<br />

entschei<strong>den</strong>d wie das unterschei<strong>den</strong>d<br />

Christliche kennen lernen und sich seines<br />

Christseins in katholischer Ausprägung<br />

vergewissern will, der findet in der<br />

„Katholischen Glaubensfibel“ elementare<br />

<strong>Information</strong>en, „aufs Wesentliche konzentriert<br />

und doch mit dem Anspruch,<br />

nicht einfach nur das Altbekannte im<br />

neuen Gewand vorzustellen, sondern es<br />

so zu sagen, wie es heute – im Hinhören<br />

auf alltägliche Fragen und auf wissenschaftliche<br />

wie gesellschaftliche Herausforderungen<br />

– gesagt wer<strong>den</strong> kann“.<br />

(Fürst/Werbick,16)<br />

Ohne das Buch systematisch durchzuarbeiten,<br />

kann man es zu Einzelfragen<br />

und auf umfassende Perspektiven hin<br />

„konsultieren“. Ein differenziertes Sach-,<br />

Namen- und Bibelstellenregister hilft dabei<br />

selbständig thematische Querverbindungen<br />

zwischen <strong>den</strong> Einzelaspekten<br />

herzustellen. Es ist nicht nur informativ,<br />

sondern interessant und produktiv z. B.<br />

vom (5.) Kapitel „Sakramente“ zum (9.)<br />

Kapitel „Alltag“ und je nach eigenem<br />

Interesse zu weiteren Kapiteln (…Gesellschaft<br />

. . . Kirche ...Glaubenszeugen...)<br />

mit ihren Einzelbeiträgen zu „surfen“. So<br />

wird der Leser zum kreativen Ko-Autor,<br />

„Konstrukteur“ (s)einer Konzeption und<br />

„Gesprächspartner“ der Autoren, bei<br />

deren Argumentation vor allem die biblische<br />

Verweise, humanwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse und die theologische<br />

Grundlegung des Zweiten Vatikanischen<br />

Konzils eine gewichtige Rolle spielt.<br />

Deshalb wer<strong>den</strong> gerade auch umstrittene<br />

kirchliche Positionen nicht ausgespart,<br />

der christliche Glaube in seiner<br />

Bedeutung <strong>für</strong> das moderne Alltagsleben<br />

der Menschen dargestellt und<br />

aktuelle gesellschaftliche und politische<br />

Herausforderungen besprochen. Abgerundet<br />

wird die ebenso kreative wie<br />

kompetente und produktive Konzeption<br />

der „Katholischen Glaubensfibel“ durch<br />

Farbtafeln aus der europäischen Malerei,<br />

die eindrucksvoll kunsthistorisch und<br />

theologisch interpretiert wer<strong>den</strong> und wie<br />

Leitmotive <strong>den</strong> einzelnen Kapiteln voran<br />

gestellt sind.<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 31


Buchtipps<br />

Wir empfehlen die „Katholische Glaubensfibel“<br />

allen Religionslehrern, die in<br />

ihrem Unterricht <strong>den</strong> Aufbau von<br />

„Grundwissen und Kernkompetenzen“<br />

als „intelligentes und anwendungsfähiges“<br />

Glaubenswissen als ihre Aufgabe<br />

verstehen und „sinnstiftende <strong>Information</strong>en“<br />

realisieren. Eine Fachlektüre, die<br />

sich nicht nur in der Zweck – Mittel –<br />

Relation lohnt, sondern zur Reflexion<br />

des eigenen Glaubens führt und ihn<br />

stärkt. Denn, „seid stets bereit, jedem<br />

Rede und Antwort zu stehen, der nach<br />

der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“<br />

(1 Petr 3,15). Mit diesen Worten beschreiben<br />

die deutschen Bischöfe eine<br />

Zielsetzung <strong>für</strong> <strong>den</strong> katholischen <strong>Religionsunterricht</strong><br />

in der Schule; in der<br />

„Katholischen Glaubensfibel“ fin<strong>den</strong> sich<br />

Antworten.<br />

Josef Ilg<br />

Konrad Bürgermeister /<br />

Manuel Stinglhammer<br />

Wenn . . ., dann Gott<br />

Verlag Josef Duschl<br />

1. Aufl. 04, Winzer<br />

Wenn... eine Buchbesprechung Freude<br />

macht, dann über so ein Buch!<br />

Hier können Kinder und jugendliche<br />

Schüler zwischen 10 und 17 Jahren<br />

Gebetsanfänge selber bearbeiten und<br />

ausgestalten.<br />

Vielfältige Lebenssituationen und Stimmungen<br />

ihres Tages wer<strong>den</strong> in der Ich-<br />

Form aufgegriffen („Wenn ich . . .“). Direkter<br />

Ansprechpartner ist Gott:<br />

• man kann ihm einen Brief schreiben<br />

– er versteht ihn, wie er gemeint ist,<br />

• Er sagt einem ein Psalmwort,<br />

• aus dem Hohen Lied und Schülerworten<br />

wird ein neues Liebeslied,<br />

• aus Freude, Wut und Trauer<br />

eines Tages wird ein Lob- und<br />

Klagebild . . .<br />

Kein Lehrer sollte sich einmischen,<br />

wenn hier Schüler/innen einen möglichen<br />

Eigenbezug zu Gott in Schrift und<br />

Bild entdecken.<br />

Hoffentlich gelingt es, die bei<strong>den</strong> auf<br />

diesem Weg über ein neues, vielgestaltiges<br />

Gebetbuch, zusammenzubringen:<br />

Gott und seine Schüler!<br />

Barbara Hofmann<br />

„Was tun,<br />

wenn der Notfall eintritt?“<br />

hrsg. von Evangelisch-Lutherische<br />

Kirche in Bayern, Katholisches Schulkommissariat<br />

in Bayern<br />

Immer wieder fragen Verantwortliche im<br />

System Schule nach griffiger Handlungsorientierung,<br />

wenn eine Schule von<br />

Tod, Unglück oder Verbrechen betroffen<br />

ist.<br />

Auf dem Hintergrund des kirchlichen<br />

Auftrags, Menschen in Krisen zu begleiten,<br />

legen Evangelische und Katholische<br />

Kirche in Bayern ein Handbuch vor, das<br />

Schulleitung und Lehrkräften helfen soll,<br />

<strong>den</strong> Umgang mit Krisen vorzubereiten<br />

und so im Ernstfall handlungsfähig zu<br />

sein.<br />

Das Handbuch unter der Redaktion von<br />

Thomas Barkowski, Gerborg Drescher<br />

und Gabriele Rüttiger erarbeitet ist als<br />

Ringbuch/Ordner konzipiert und lädt ein<br />

es vor Ort mit aktuellen und konkreten<br />

Angaben, Listen und <strong>Information</strong>en zu<br />

ergänzen. Der Erscheinungtermin ist Mai<br />

<strong>2006</strong>.<br />

Das Handbuch kann bestellt wer<strong>den</strong> bei:<br />

Religionspädagogische Materialstelle,<br />

Schrammerstr.3, 80333 <strong>München</strong>,<br />

Fax: 0 89 213715 75; E-Mail: relpaedmaterialstelle@ordinariat-muenchen.de<br />

Religionspädagogisches Zentrum<br />

Heilsbronn, Postfach 1143,<br />

915<strong>56</strong> Heilsbronn<br />

Fax: 0 98 72 / 509 177; E-Mail: materialstelle.rpz-heilsbronn@elkb.de<br />

32 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Der „Engel noch tastend“ reiht sich in<br />

Serie von Darstellungen voller Humor,<br />

leiser ironischer Heiterkeit und manchmal<br />

witziger Skurrilität. Das „Glück in ein<br />

paar Linien“ wandelt sich aber im Kontext<br />

der Werkgruppe der Engel in strengen<br />

Ernst, von dem der „hohe Wächter“<br />

kündet. Antworten wer<strong>den</strong> gesucht und<br />

gefun<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Herausforderungen<br />

und Krisen, die Paul Klee in <strong>den</strong> politischen<br />

Zeitumstän<strong>den</strong> und im persönlichen<br />

Schicksal heimsuchen. Schon<br />

1933 ächten die Nationalsozialisten sein<br />

künstlerisches Lebenswerk als „entartet“<br />

und entziehen ihm seine Existenzgrundlage,<br />

die Kunst-Professur in Düsseldorf.<br />

Klee flieht in das Exil in die Schweiz,<br />

nach Bern, woher seine Mutter stammt<br />

und wo er aufgewachsen ist. Seine<br />

Einbürgerung erlebt er nicht mehr. 1940<br />

stirbt Paul Klee an der verhängnisvollen<br />

Krankheit Sklerodermie, die fortschreitend<br />

mit einer Verhärtung der Haut und<br />

der Lähmung des ganzen Körpers<br />

einhergeht und auch die Beweglichkeit<br />

seiner Hände einschränkte. In seinem<br />

59. Lebensjahr 1939 gestaltet Paul Klee<br />

zahlreiche Engel; es ist der Übergang<br />

zum 60. Lebensjahr und siebten Lebensjahrzehnt,<br />

der von vielen Menschen<br />

als „Krise“ erlebt wird.<br />

Die Engel-Darstellungen „dokumentieren“<br />

einen Verwandlungsprozess an und<br />

in Paul Klee. Die Veränderungen, die<br />

Klee an und in sich wahrnimmt, sind gestaltet<br />

durch seinen untrüglichen und<br />

unzerstörbaren Sinn <strong>für</strong> Humor, der ihn<br />

befähigt, seine leidvolle Entwicklung und<br />

die geschichtlich-politische Katastrophe<br />

aus einer kultivierten und reflektierten<br />

Distanz zu betrachten. So sind die<br />

Engel-Bilder Klees Stadien und Konfigurationen<br />

des eigenen Wandlungsprozesses.<br />

Das Engel-Bild des „hohen Wächters“<br />

(1940) ist von Klee nicht mehr mit feinen<br />

Engeldarstellungen von Paul Klee<br />

Die Engel-Darstellungen von Paul Klee,<br />

die IfR auf <strong>den</strong> Umschlagseiten einrahmen, stammen<br />

aus <strong>den</strong> letzten Lebensjahren des Künstlers<br />

Josef Ilg / Harriet Gandlau<br />

Linien, sondern mit schweren Balkenstrichen<br />

gezeichnet. Es wirkt wie ein farbiges<br />

Glasfenster alter Kathedralen. Das<br />

„Gesicht“ des hohen Wächters ist bis<br />

auf die Augen eigentümlich verborgen,<br />

wie verhüllt hinter einem Feld in lichtem,<br />

hellen Blau, das von links oben herabkommt.<br />

Von zwei blattförmigen Gebil<strong>den</strong> liegt<br />

das eine wie eine Kappe auf dem Kopf<br />

des Wächters, das größere bildet einen<br />

flügelartigen Arm. Beide Teile wirken wie<br />

Stücke einer Rüstung: Helm und Armschiene.<br />

Auf seiner Brust trägt der<br />

Wächter einen Stern aus drei sich kreuzen<strong>den</strong><br />

Linien, wobei das Kreuz diagonal<br />

durchgestrichen ist. Streng steht<br />

der Wächter da. Sein Gesicht mit dem<br />

kleinen Querstrich als Mund drückt<br />

gewappnete Entschlossenheit aus. Es<br />

wirkt als ob ihm das Ungeheuere, das<br />

von oben hereinbricht, <strong>den</strong> Mund noch<br />

oder schon verschließt. In hellem Blau<br />

nähert sich das Licht des Himmels dem<br />

Gesicht des hohen Wächters. Paul Klee<br />

hat diesen Engel mit schweren, schwarzen<br />

Farbstegen konturiert, in <strong>den</strong>en sich<br />

gedämpft farbiges Licht sammelt. Ein<br />

„hoher Wächter“ in Zeiten des Übergangs,<br />

der inneren und äußeren Krisen,<br />

in <strong>den</strong>en Menschen ein Wächter-Engel<br />

gut und Not tut. Seine hohe Gestalt ragt<br />

in <strong>den</strong> Himmel und bringt und kündet<br />

Heil und Heilung von Gott zu <strong>den</strong> Menschen<br />

auf der Erde. (vgl. Riedel, 173ff)<br />

In der Bibel sind Engel Boten Gottes.<br />

Sie zeigen Gottes helfende und heilende<br />

Nähe. Damit sind sie Botschafter einer<br />

anderen Wirklichkeit <strong>für</strong> die Menschen.<br />

Mit ihnen verbindet sich unsere Sehn-<br />

sucht nach einer anderen Welt und<br />

Wirklichkeit der Geborgenheit und<br />

Leichtigkeit, der Schönheit und Hoffnung.<br />

Zur tiefen Wahrheit der Engel gehört<br />

auch, dass sie uns zeigen, dass unser<br />

Leben auf anderes verweist. Sie<br />

drücken eine menschliche Sehnsucht<br />

aus nach Hilfe und Heilung, die nicht<br />

aus uns selber kommt.<br />

„Engel sind eine Quelle der Inspiration.“<br />

(A. Grün)<br />

Mit seinen weitgehend einfachen Bleistiftzeichnungen<br />

greift Klee eine Darstellungsweise<br />

auf, die aperspektivisch und<br />

expressiv von keinem Abbildungswillen<br />

beeinträchtigt ist.<br />

Kunst bildet nicht ab; Kunst macht<br />

sichtbar.<br />

Dieses Diktum von Paul Klee ist auch<br />

das Leitmotiv <strong>für</strong> die methodisch-didaktischen<br />

Impulse.<br />

Als inhaltliche Kontexte <strong>für</strong> die Engel-<br />

Bilder bieten sich die Lehrplanthemen<br />

an z. B.: LP GS KR 2.3.2; 2.4.3; 4.2.1;<br />

4.6.2; LP HS KR 6.4.2; 6.6.1<br />

Für kreatives Schreiben wird ein Textanfang<br />

vorgegeben und von <strong>den</strong> Schüler/innen<br />

weitergeführt:<br />

Das kann ein Engel sein:<br />

Einer, der zu dir kommt,<br />

wenn Du allein bist,<br />

Kunst<br />

einer, der dein Gesicht streichelt,<br />

wenn du ängstlich bist oder traurig,<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 33


Kunst<br />

einer, der zu dir hält,<br />

wenn andere dich auslachen . . .<br />

einer, der ………………………...............<br />

wenn ………………………….................<br />

Das Gedicht von Rose Ausländer lädt<br />

dazu ein, ein eigenes Bild zu gestalten,<br />

in dem der/die Schüler/in sich selbst<br />

malt und seine/ihre Erfahrungen mit<br />

einem Engel in unterschiedlicher Erscheinung.<br />

Als anspruchsvolle differenzierende<br />

Maßnahme kann auch ein eigenes<br />

Gedicht (siehe auch 2. Strophe) geschrieben<br />

wer<strong>den</strong>. Eine Überlegung zum<br />

letzten Vers kann sein: Wie können wir<br />

einander Engel wer<strong>den</strong>?<br />

(Dieses Gedicht eignet sich <strong>für</strong> Klassen,<br />

die im Deutschunterricht bereits Zugang<br />

zu literarischen (poetischen, lyrischen)<br />

Texten gefun<strong>den</strong> haben; vgl. dazu<br />

4. Jgst. Deutsch 4.4.4 und 7. Jgst.<br />

Deutsch 7.2.1 u.a.)<br />

Der Engel in dir<br />

Der Engel in dir<br />

freut sich über dein<br />

Licht<br />

weint über deine Finsternis<br />

Aus seinen Flügeln rauschen<br />

Liebesworte<br />

Gedichte Liebkosungen<br />

Er bewacht deinen Weg<br />

Lenkt deinen Schritt<br />

engelwärts<br />

Rose Ausländer<br />

Einen Psalmvers zu einem Engel<br />

schreiben (vgl. Ps 91,11)<br />

Die Schüler/innen schreiben weiter:<br />

Seinen Engeln hat Gott befohlen,<br />

dich zu behüten auf all deinen Wegen.<br />

Seinen Engeln hat Gott befohlen,<br />

……………………………………….......<br />

Seinen Engeln ……………………...........<br />

………………………………………........<br />

Als Hörbeispiel empfehlen wir <strong>den</strong> Chorsatz<br />

(<strong>Nr</strong>. 9) Doppelquartett <strong>für</strong> achtstimmig<br />

gemischten Chor nach Ps 91, 11f<br />

„Denn er hat seinen Engel befohlen“<br />

aus: „Elias“, Oratorium nach Worten des<br />

Alten Testaments op. 70 von Felix Mendelssohn-Bartholdy<br />

(Dauer ca. 4 Min)<br />

Für die persönliche Aneignung des<br />

Bildsujets können von <strong>den</strong> Schüler/inne/n<br />

aus einer kopierten Vorlage<br />

Puzzleteile ausgeschnitten, neu zusammengesetzt<br />

und ggf. fehlende oder zu<br />

ergänzende Teile durch Zeichnen oder<br />

Malen ergänzt wer<strong>den</strong>. Zudem können<br />

die Engeldarstellungen von <strong>den</strong> Schüler/inne/n<br />

ausgeschnitten und in einen<br />

neuen Kontext gestellt wer<strong>den</strong>, der gezeichnet,<br />

gemalt oder mit einer Collage<br />

aus aktuellen Fotos oder Bildern aus<br />

Zeitschriften gestaltet wird.<br />

Zusätzlich sollen die Schüler/innen ein<br />

Psalmwort auf die Engeldarstellung von<br />

Paul Klee, aber auch auf ihre eigene Gestaltung<br />

beziehen, ein solches Psalmwort<br />

weiter schreiben oder selbst ein<br />

neues, eigenes Psalmwort formulieren.<br />

(vgl. Ps 22,20: Bitte bleib nicht fern, du<br />

kannst mich stärken.)<br />

Wie beim „Engel noch tastend“ die Linienführung<br />

der Bleistiftzeichnung nachempfun<strong>den</strong><br />

und graphisch umrissene<br />

Flächen übermalt, beschriftet oder mit<br />

Bildern beklebt wer<strong>den</strong> können, so<br />

bieten sich beim „hohen Wächter“ da<strong>für</strong><br />

die Farbflächen an, die u. a. auf <strong>den</strong><br />

Hell-Dunkel – Kontrast befragt wer<strong>den</strong><br />

können. „Wo in meinem Leben gibt es<br />

Dunkelheiten, wer ist mein Licht?“ Mit<br />

<strong>den</strong> Antworten können die Farbflächen<br />

beschriftet wer<strong>den</strong>.<br />

Harriet Gandlau / Josef Ilg<br />

Literatur:<br />

Ingrid Riedel,<br />

Engel der Wandlung.<br />

Die Engelbilder Paul Klees,<br />

Freiburg i.Br. 2000<br />

(Herder Spektrum Band 5452)<br />

Sigrid Berg,<br />

Mit Engeln durchs Jahr,<br />

<strong>München</strong>/Stuttgart (Kösel/Calwer Verlag) 1998<br />

34 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Wer traditionellere Auferstehungsbilder<br />

aus der Kunstgeschichte im Gedächtnis<br />

oder vor Augen hat, etwa <strong>den</strong> Christus<br />

des Isenheimer Altars von Grünewald,<br />

der wie in einer riesigen Lichtgloriole<br />

zum Himmel fährt oder Rembrandts<br />

„Auferstehung“ in der Alten Pinakothek<br />

in <strong>München</strong>, auf der ein lichter Engel<br />

<strong>den</strong> schweren Deckel vom Grab hebt,<br />

der wird beim Betrachten dieser<br />

„Großen Auferstehung“ von Otto Dix<br />

zunächst eher befremdet sein oder vielleicht<br />

sogar vor dieser expressiv-realistischen<br />

Darstellung zurückschrecken.<br />

Kraftvoll bewegt,<br />

<strong>den</strong> Rahmen sprengend<br />

Kantig und derb, fast plakativ mit breitem<br />

Pinselstrich gemalt, steigt dieser<br />

Christus unmittelbar vor dem Betrachter<br />

aus dem Grab. Alles scheint in Bewegung.<br />

Selbst das braunschwarze Tuch<br />

umhüllt die Len<strong>den</strong> nur locker und droht<br />

je<strong>den</strong> Moment herabzugleiten. Beginnend<br />

mit dem Bein, das kraftvoll zum<br />

letzten aufsteigen<strong>den</strong> Schritt aus dem<br />

Sarkophag ansetzt, wird der Blick <strong>den</strong><br />

Körper entlang zum Kopf geführt. Die<br />

Arme sind angewinkelt und zum nachtblauen<br />

und wie es scheint, sternklaren<br />

Himmel erhoben. In dieser von links<br />

unten nach rechts oben führen<strong>den</strong> Bewegung<br />

wird der Körper zur Bild füllen<strong>den</strong><br />

und beherrschen<strong>den</strong> Diagonale.<br />

Fast sprengt er <strong>den</strong> Bildraum. An der<br />

knochigen, in hellen gelben und wie<br />

fluoreszierend grünlichen Farben gemalten<br />

Gestalt Jesu beeindrucken vor allem<br />

zwei Dinge: der anscheinend in unendliche<br />

Fernen gerichtete Blick und die unübersehbar<br />

deutlich hervorgehobenen<br />

Wundmale. Tief wie Einschnitte klaffen<br />

sie auseinander. Der Einstich an der<br />

Seite ist zugleich Bildmittelpunkt und<br />

wird auf diese Weise zum Symbol, zum<br />

Zentrum der gesamten Darstellung.<br />

Vom Dunkel zum Licht<br />

Die hellblauen Augen im leicht zum Himmel<br />

gehobenen Kopf sind weit geöffnet.<br />

Sie wirken unnatürlich hell, <strong>den</strong>n ihnen<br />

fehlen die dunklen Pupillen. Vielleicht<br />

macht das <strong>den</strong> Blick einerseits so seltsam<br />

leer und lässt ihn andererseits in<br />

eine weit außerhalb des Bildes liegende<br />

himmlische Ferne gerichtet erscheinen.<br />

Über bei<strong>den</strong> Augen bis zu <strong>den</strong> schwarzen<br />

Brauen hin wölbt sich ein gelber<br />

Glanz, ganz so als spiegelten sie einen<br />

Abglanz des geschauten göttlichen<br />

Lichts.<br />

Das Auferstehungsbild von Otto Dix<br />

wirkt allein durch die Farbgebung zweigeteilt,<br />

in einen unteren dunkelbraun bis<br />

schwarz gemalten irdischen Bildraum<br />

und in einen darüber liegen<strong>den</strong> lichten,<br />

himmlischen Bereich. Damit folgt der<br />

Maler dem traditionellen, in der christlichen<br />

Kunst und Architektur immer wieder<br />

dargestellten Gegensatz von Licht<br />

und Dunkel. So wird symbolisch der<br />

Weg zu Gott sichtbar oder umgekehrt<br />

sein göttliches Wirken im irdischen Bereich<br />

wahrnehmbar dargestellt.<br />

Von Engeln umgeben<br />

Was hinter der Figur Jesu zuerst wie<br />

eine reich mit ovalen Ringen und Strichmustern<br />

ornamentierte Hintergrunddekoration<br />

erscheint, erweist sich bei genauerem<br />

Hinsehen als Engel mit mächti-<br />

gen, gelb-hellblau aufleuchten<strong>den</strong> Flügelpaaren.<br />

Einer berührt mit leichter<br />

Hand <strong>den</strong> Körper des Auferstehen<strong>den</strong>.<br />

Wie mit einem Schutzschild umgeben<br />

diese Boten Gottes die Gestalt mit ihren<br />

Flügeln und geleiten sie sanft aus dem<br />

irdischen Dunkel zum göttlichen Licht.<br />

Konzentration auf einen Bildausschnitt<br />

Im direkten Vergleich mit traditionelleren<br />

Auferstehungsbildern fällt zweierlei auf:<br />

Dix übernimmt zwar eine Reihe überlieferter<br />

Bildelemente, lässt da<strong>für</strong> aber andere<br />

aus. So fehlen beispielsweise die<br />

das Grab bewachen<strong>den</strong> Soldaten und<br />

auch von einer Landschaft ist nichts<br />

mehr zu sehen. Der aus dem Grab steigende<br />

Christus blickt nicht auf <strong>den</strong> Betrachter<br />

und hat weder die Rechte zum<br />

Segensgestus erhoben noch trägt er die<br />

Siegesfahne mit dem Kreuz. Genau genommen<br />

wählte Dix nur einen kleinen<br />

Ausschnitt traditioneller Darstellungen<br />

und konzentrierte damit die Aussage auf<br />

das <strong>für</strong> ihn Wesentliche. Der Blick des<br />

Betrachters wird auf <strong>den</strong> entspannten<br />

Gesichtsausdruck und das hoffnungsvoll<br />

zum göttlichen Licht erhobenen Gesicht<br />

gelenkt.<br />

Der Totenschädel<br />

Kunst<br />

Otto Dix<br />

malt die Auferstehung Christi<br />

Kraftvoll setzt der auferstan<strong>den</strong>e Christus zum<br />

letzten Schritt aus dem Sarkophag an.<br />

Otto Dix übernimmt die traditionelle Bildmotivik und<br />

akzentuiert und steigert sie zugleich durch seine<br />

Komposition<br />

Margarete Luise Goecke-Seischab<br />

Als Gegenpol fällt der Totenschädel<br />

rechts unten im Bild ins Auge. Was soll<br />

er hier wohl bedeuten? Der Schädel als<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 35


Kunst<br />

Symbol <strong>für</strong> <strong>den</strong> Tod taucht schon früh<br />

auf Bildern christliche Kunst auf. Vor allem<br />

im Zeitalter des Barock warnt er als<br />

Vanitassymbol vor weltlicher Eitelkeit<br />

und erinnert an die Endlichkeit irdischen<br />

Lebens. Im Bildzusammenhang dieser<br />

Auferstehung verstärkt er als Kontrast<br />

<strong>den</strong> ins Jenseits gerichteten Blick des<br />

Auferstan<strong>den</strong>en hin zum göttlichen<br />

Licht.<br />

Eine weitere Deutung ist möglich: Auf<br />

vielen traditionellen Kreuzigungsszenen<br />

verweist der Schädel am Fuß des Kreuzes<br />

auf Adam, der, <strong>den</strong> Schriften des<br />

Origenes zufolge, auf Golgota (der<br />

Schädelstätte) begraben wurde – ein<br />

Hinweis darauf, dass Christus nicht nur<br />

die Schuld Adams auf sich nahm, sondern<br />

durch sein Sterben Tod und Sünde<br />

besiegte und überwand.<br />

Bewältigung traumatischer<br />

Kriegserfahrungen<br />

Vor dem biografischen Hintergrund des<br />

Malers gesehen, führt die Deutung dieses<br />

Auferstehungsbildes noch weiter.<br />

Wie so viele andere Künstler seiner Generation<br />

hat auch Dix in zwei Weltkriegen<br />

viel durchlitten und diese<br />

grauenvollen, traumatisieren<strong>den</strong> Bilder<br />

und Erlebnisse in Bildern zur Passion zu<br />

verarbeiten versucht. 1891 in Gera<br />

geboren, wurde Otto Dix 1914 – 1918<br />

Soldat. Nach einer Ausbildung zum<br />

Dekorationsmaler in Gera (1905 – 1909)<br />

und einem Stipendium <strong>für</strong> das Studium<br />

an der Kunstgewerbeschule Dres<strong>den</strong><br />

(1909 – 1914), erhielt er 1927 Professuren<br />

in Dres<strong>den</strong> und Berlin, wurde aber<br />

1933 wegen seiner „Antikriegsbilder“<br />

entlassen und bekam Ausstellungsverbot<br />

als „entarteter Künstler“. Nach der<br />

Entlassung aus der Gefangenschaft im<br />

Elsaß begann Dix 1946 Szenen aus der<br />

Passion zu malen, u. a. Ecce Homo,<br />

Kreuzigung und Auferstehung. 1960 und<br />

1965 entstan<strong>den</strong> 33 Lithografien zur<br />

Matthäuspassion. Er starb 1969 in<br />

Singen.<br />

Über seine Bilder zu biblischen Themen<br />

äußerte Otto Dix: „Das Christliche ist<br />

keine Atelier-Idee“. . . „Mein Leben war<br />

Anlass genug, die Passion am Bruder,<br />

ja am eigenen Leib zu durchleben...<br />

Christliche Thematik bezieht sich auf<br />

unsere Gegenwart ebenso wie auf<br />

unsere Vergangenheit und Zukunft, sie<br />

hat etwas, das bleibt“ (Otto Dix und die<br />

Bibel, 82).<br />

Ähnlich wie Erich Heckel, der seinen<br />

Kamera<strong>den</strong> und Freun<strong>den</strong> in der Weihnachtsnacht<br />

1914 mit einer an die Zeltplanen<br />

gemalten „Madonna von Ostende“<br />

(vgl. Goecke-Seischab, 1994,<br />

141–148) Trost spen<strong>den</strong> wollte, drückt<br />

Otto Dix mit diesem Werk die Hoffnung<br />

und Zuversicht auf Auferstehung <strong>für</strong> alle<br />

im Kriege Gefallenen und Getöteten aus.<br />

Das Bild im Unterricht<br />

Für die Bildbetrachtung mit jüngeren<br />

Kindern ist das Bild seiner Direktheit und<br />

realistischen Darstellung wegen weniger<br />

geeignet. Da<strong>für</strong> kann es älteren Schülern<br />

und Schülerinnen nicht nur des biografischen<br />

Hintergrundes wegen einen direkten<br />

Zugang zum Thema bieten, sondern<br />

auch weil die moderne Auffassung und<br />

die direkt zupackende Art der Darstellung<br />

junge Menschen vielleicht mehr<br />

anzusprechen vermag als manche Darstellung<br />

aus längst vergangenen Stilepochen.<br />

Vielleicht spielt auch die Tatsache<br />

eine Rolle, dass dieses Bild, direkt<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg entstan<strong>den</strong>,<br />

bis heute nichts an Aktualität<br />

verloren hat.<br />

In einer Zeit, in der von immer neuen<br />

Kriegsschauplätzen berichtet wird und<br />

überall auf der Welt nicht nur Soldaten,<br />

sondern auch unbeteiligte Kinder und<br />

Erwachsene einem unsinnigen Terror<br />

zum Opfer fallen, stellt sich auch<br />

Jugendlichen immer wieder die Frage<br />

nach dem Tod und einem Leben<br />

danach.<br />

Ein Bildvergleich<br />

Vor allem der direkte Vergleich mit traditionellen,<br />

älteren Auferstehungsdarstellungen<br />

etwa mit der aus Grünewalds<br />

Isenheimer Altar, zeigt die neue Sicht<br />

und Ausdruckssteigerung bei Dix. Da<br />

sind nicht nur der veränderte Bildbestand<br />

und die derbere, expressive Malweise<br />

festzustellen, sondern auch eine<br />

unerhört gesteigerte Dynamik in der Figur<br />

des Auferstehen<strong>den</strong> und ihre unerwartete<br />

Nähe zum Betrachter.<br />

Diese neue Bilderfindung bei Otto Dix<br />

wird besonders im Vergleich mit einer<br />

nur ein Jahr vorher zur gleichen Thematik<br />

entstan<strong>den</strong>en Lithografie deutlich.<br />

Der Vergleich zeigt, wie Dix <strong>den</strong> Ausdruck<br />

weiter steigerte, indem er Bildelemente<br />

veränderte. Beispielsweise damit,<br />

dass er das Grab nicht mehr einfach<br />

quer rechteckig darstellte, sondern<br />

aus dem Winkel genommen und am<br />

Horizont höher gezogen, dass er das im<br />

Ausstieg begriffene Bein auf <strong>den</strong> Grabrand<br />

stützte, die Arme stärker anwinkelte,<br />

die Hände höher über <strong>den</strong><br />

Kopf hob und nicht zuletzt die klaffen<strong>den</strong><br />

Wundmale unübersehbar hervorhob.<br />

An diesem Bildvergleich lässt sich zeigen,<br />

wie auch bedeutende Künstler oft<br />

jahrelang um ein Thema oder einen besonderen<br />

Ausdruck ringen, ehe sie <strong>für</strong><br />

das, was sie ausdrücken möchten und<br />

worauf es ihnen bei der Darstellung<br />

ankommt, die optimale Form gefun<strong>den</strong><br />

haben.<br />

Möglicherweise hinterfragen Schülerinnen<br />

und Schüler kritisch, ob wir in unseren<br />

Deutungen nicht allzu leicht „über-“<br />

interpretieren? Zu dieser Frage äußerte<br />

sich Dix selbst ganz eindeutig: „Was am<br />

Kunstwerk erklärbar ist, ist wenig; das<br />

Wesentliche an ihm ist nicht erklärbar,<br />

sondern allein anschaubar“ (Otto Dix<br />

und die Bibel, 64).<br />

36 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Vorschläge zur kreativen Umsetzung<br />

Man kann Bilder mit Schülerinnen<br />

und Schülern betrachten und zu<br />

deuten versuchen. Man kann ihre<br />

Thematik aber auch in einer<br />

eigenen gestalterischen Umsetzung<br />

weiter verarbeiten, bzw. das Verständnis<br />

der zentralen Bildaussage<br />

in eigenen Bildern vertiefen und<br />

sich festigen lassen. Das kann sehr<br />

frei geschehen und auch ohne<br />

dass der Auferstehende figürlich<br />

dargestellt wer<strong>den</strong> muss. Dazu einige<br />

Anregungen:<br />

Papiercollage aus<br />

farbigen Sei<strong>den</strong>papieren<br />

Papiere verschie<strong>den</strong>er Farbtönung<br />

zu reißen, zu schnei<strong>den</strong>, zu einem<br />

Bild zu arrangieren und dann festzukleben<br />

ist eine erst in der klassischen<br />

Moderne vor allem von<br />

Picasso und Braque erprobte<br />

Gestaltungsweise. Der Weg vom<br />

Dunkel zum Licht, wie er auf der<br />

„Großen Auferstehung“ von Dix so<br />

eindrücklich gemalt ist, lässt sich<br />

gut mit dünnen Sei<strong>den</strong>papieren<br />

nachgestalten. Benötigt wer<strong>den</strong><br />

Sei<strong>den</strong>papiere in <strong>den</strong> Farben<br />

Schwarz, Braun, Grün <strong>für</strong> <strong>den</strong> dunkleren<br />

unteren Bildteil und sattes<br />

Postgelb, Zitronengelb und Weiß.<br />

Die Papiere wer<strong>den</strong> erst in die gewünschte<br />

Form gerissen oder geschnitten,<br />

dann vom dunklen<br />

Grund zum immer heller wer<strong>den</strong>-<br />

Literatur:<br />

Goecke-Seischab, Margarete Luise, Von Klee bis<br />

Chagall. Kreativ arbeiten mit zeitgenössischen<br />

Graphiken zur Bibel, <strong>München</strong> 1994.<br />

Goecke-Seischab, Margarete Luise/Frieder Harz,<br />

Christliche Bilder verstehen. Themen – Symbole<br />

– Traditionen. Eine Einführung, <strong>München</strong> 2004.<br />

<strong>den</strong> Himmel hin angeordnet und,<br />

wenn die Komposition gelungen<br />

scheint, auf einen Bogen Papier<br />

geklebt.<br />

Fensterbild aus transparenten<br />

farbigen Papieren<br />

Auf ganz ähnliche Weise können<br />

aus farbigem Pergaminpapier gerissene<br />

oder geschnittene Fensterbilder<br />

entstehen. Der Unterschied:<br />

Hier wer<strong>den</strong> nur die Ränder jeweils<br />

überlappend auf das nebenan liegende<br />

Stück Transparentpapier geklebt.<br />

Es wird also kein schwarzer<br />

Rahmen wie <strong>für</strong> die früher üblichen<br />

Durchscheinbilder benötigt. Vielmehr<br />

festigt diese lockere Klebeweise<br />

zugleich das Bild, lässt die<br />

Ränder zwar ein wenig dunkler erscheinen,<br />

aber das ganze Bild<br />

bleibt leuchtend und hell. Am besten<br />

bleibt der Rand sogar unbeschnitten.<br />

Es ist reizvoll, wenn<br />

e0 entsprechend der gerissenen<br />

Papierflecken bewegt und fließend<br />

verläuft.<br />

Ein Fensterbild<br />

in Weiß und Grau<br />

Es kann auch nur mit weißem,<br />

aber mehrfach übereinander geklebtem<br />

Transparentpapier gestaltet<br />

wer<strong>den</strong>. Je mehr Schichten<br />

übereinander liegen, desto dunkler<br />

Literatur:<br />

Otto Dix und die Bibel. Spurensuche. Kindheits-,<br />

Jugend- und Frühwerke. Begleittexte (Keimlinge<br />

der großen Kunst), hrsg. v. Museum Halle/Westfalen,<br />

Halle 1992.<br />

Löffler, Fritz, Otto Dix. Leben und Werk, Wiesba<strong>den</strong><br />

1982.<br />

Löffler, Fritz, Otto Dix. Bilder zur Bibel, Stuttgart/<br />

Zürich 1987.<br />

Kunst<br />

der Eindruck. Im Falle des vorliegen<strong>den</strong><br />

Auferstehungsmotivs verdunkeln<br />

nach unten hin immer<br />

dickere Schichten das Bild, während<br />

im oberen Bildteil nur ein bis<br />

zwei Papiere übereinander geklebt<br />

sind. Mit gerissenen Kringeln und<br />

Tupfen kann das Flügelmotiv aufgenommen<br />

wer<strong>den</strong>.<br />

Vom Dunkel zum Licht –<br />

Das schraffierte Bild<br />

Ist wenig Zeit und sind keine Materialien<br />

außer Bleistift und Papier<br />

verfügbar, kann doch sehr eindrucksvoll<br />

die Bewegung vom Dunkel<br />

zum Licht nachempfun<strong>den</strong> und<br />

dargestellt wer<strong>den</strong>. Die klare, das<br />

Bild füllende Figur des Auferstehen<strong>den</strong><br />

wird nur ganz leicht und andeutungsweise<br />

mit Bleistift auf ein<br />

Blatt Papier übertragen. In einem<br />

zweiten Durchgang wird, oben beginnend,<br />

die Hell-Dunkel-Gestaltung<br />

mit immer dichter wer<strong>den</strong><strong>den</strong><br />

und schließlich übereinander gelegten<br />

Bleistiftschraffuren (am besten<br />

Bleistift des Stärkegrads 2B) nachempfun<strong>den</strong>.<br />

Die genau nach<br />

<strong>den</strong> beobachteten Helligkeitswerten<br />

des Bildes angelegten Schraffuren<br />

en<strong>den</strong> im unteren Bilddrittel<br />

in tiefer Schwärze bzw. lösen sich<br />

– entgegengesetzt betrachtet – immer<br />

mehr zum Licht hin auf.<br />

Literatur:<br />

Schubert, Dietrich, Otto Dix in Selbstzeugnissen<br />

und Bilddokumenten (rororo Monographien 287),<br />

Reinbek b. Hamburg 1980.<br />

Als Originalbeitrag erschienen in KatBl 129(2004)2,<br />

123 –127; Abdruck mit freundlicher Genehmigung<br />

des Kösel Verlag <strong>München</strong><br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 37


Impressum<br />

IfR-<strong>Information</strong>en <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> an Grund-,<br />

Haupt- und Förderschulen, herausgegeben vom Schulreferat<br />

Abt. I des Erzbischöflichen Ordinariats <strong>München</strong><br />

Redaktion: Dr. Thomas Gandlau, Barbara Hofmann,<br />

Josef Ilg, Petra Langholz, Angelika Stock, Diane Weber<br />

Beirat: Dr. Matthias Bahr, Tatjana Boleslawski, Wolfgang<br />

Dinkel, Angela Eitzenberger, Konstanze Graf-Schechert<br />

Redaktionsadresse: Postfach 33 03 60, 80063 <strong>München</strong><br />

Layout und Druck: Hofmann GmbH & Co. KG,<br />

Druck + Medien, 83301 Traunreut<br />

Für diese Ausgabe haben geschrieben:<br />

Dr. Harriet Gandlau, SRin i. K.<br />

Marie Luise Goecke-Seischab, Dozentin<br />

Konstanze Graf-Schechert, RLin i. K.<br />

Barbara Hofmann, RLin i. K.<br />

Josef Ilg, SchR i. K.<br />

Prof. Dr. Hans Mendl<br />

Prof. em. Dr. Ehrenfried Schulz<br />

Angelika Stock, RLin i. K.<br />

Diane Weber, RLin i. K.<br />

Markus Wolf, R i. K.<br />

Sabine Wolf, Lin<br />

38 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>


Otto Dix, Große Auferstehung Christi II, 200 x 150 cm,1949<br />

IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 39

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