Information für den Religionsunterricht - München / Heft Nr. 56-2006
Information für den Religionsunterricht - München / Heft Nr. 56-2006
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<strong>Information</strong>en <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong><br />
IfR Erzbischöfliches<br />
Ordinariat <strong>München</strong><br />
Schulreferat Abteilung I<br />
Grund-, Haupt- und Förderschulen<br />
<strong>Nr</strong>. <strong>56</strong> / <strong>2006</strong><br />
Neue Herausforderungen <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>
Inhalt<br />
Vorwort<br />
Thema<br />
Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde aufeinander zugehen sollen.<br />
Religionspädagogische Perspektiverweiterung im Grundlagendokument der<br />
Deutschen Bischofskonferenz<br />
„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen“<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> inszenieren und reflektieren<br />
Ehrenfried Schulz 4<br />
Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s Hans Mendl 7<br />
Praxis Grundschule<br />
Stationenlernen zum Thema „Beten“ LP 2.1 Barbara Hofmann<br />
Unterrichtspraktische Bausteine und Überlegungen Angelika Stock<br />
zum Lernweg „Beten“ Diane Weber 13<br />
Praxis Hauptschule<br />
Heilung der gekrümmten Frau (Lk 13,10–13) LP 7.1.2 Sabine Wolf<br />
Markus Wolf<br />
18<br />
Wege im Vertrauen gehen – Die Erfahrungen von Jeremia LP 7. 5 Angelika Stock 20<br />
Praxis Förderschule<br />
Unser tägliches Brot gib uns heute Konstanze Graf-Schechert 24<br />
Zuspruchsfeier zur Erinnerung an die eigene Taufe Konstanze Graf-Schechert 26<br />
Atem holen<br />
Nur <strong>für</strong> heute Papst Johannes XXIII. 28<br />
Schulpastoral<br />
Brückenbauer gesucht Redaktion IfR 29<br />
Buchtipps<br />
Konstruktivistischer <strong>Religionsunterricht</strong>, H. Mendl (Hg.)<br />
Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />
Barbara Hofmann 30<br />
Katholische und Evangelische Religionslehre, Band 1 Josef Ilg 30<br />
Katholische Glaubensfibel – W. Fürst, J. Werbick (Hg.) Josef Ilg 31<br />
Wenn . . . dann Gott! – K. Bürgermeister / M. Stinglhammer Barbara Hofmann 32<br />
Kunst<br />
Engeldarstellungen von Paul Klee Josef Ilg / Harriet Gandlau 33<br />
Otto Dix malt die Auferstehung Christi Marie Luise Goecke-Seischab 35<br />
Verzeichnis der Autoren / Impressum 38<br />
Titelbild:<br />
Paul Klee · „Engel, noch tastend“, 1939, 1193,<br />
Kreide, Kleisterfarbe und Aquarell auf Papier auf<br />
Karton, 29,4 x 20,8 cm<br />
Zentrum Paul Klee, Leihgabe aus Privatbesitz<br />
© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />
Seite 39:<br />
Große Auferstehung Christi II, 1949,<br />
von Otto Dix<br />
© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />
Seite 40:<br />
Paul Klee · Hoher Wächter, 1940, 257<br />
Wachsfarbe auf Leinwand;<br />
originaler Rahmen, 70 x 50 cm<br />
Zentrum Paul Klee, Bern<br />
© VG Bild-Kunst, Bonn 2005<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/2005
Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen<br />
und Kollegen,<br />
Vorwort<br />
Engeldarstellungen von Paul Klee begleiten diese Ausgabe der <strong>Information</strong>en<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> „IfR“. Ein Hinweis nicht nur auf eine<br />
Renaissance der Engel als tief gehendes Bedürfnis von Menschen nach<br />
Boten zwischen Himmel und Erde, sondern auch darauf, dass es möglich<br />
ist, Boten Gottes zu begegnen, im <strong>Religionsunterricht</strong>, in der Schule, in der<br />
Pfarrgemeinde, in der Familie, im Hier und Jetzt.<br />
Im Suchen, wie beim „Engel, noch tastend“ und im Bewachen, wie beim<br />
„Hohen Wächter“ wer<strong>den</strong> Grunddimensionen des Menschseins angesprochen.<br />
Die Engeldarstellungen von Paul Klee verweisen auf die<br />
Sehnsucht, einen tragen<strong>den</strong> Sinn im Leben zu fin<strong>den</strong> und auf das Bedürfnis,<br />
diesen letzten Sinn des Lebens heilig zu halten, zu bewahren und zu bewachen.<br />
Religiöse Suchprozesse und das Bewahren und Heilighalten der<br />
Glaubenshoffnung sind zentrale Anliegen des <strong>Religionsunterricht</strong>s. Die<br />
Tradierung der Glaubensinhalte, so das Bischofswort „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
vor neuen Herausforderungen“ gelingt dann, wenn ihre Lebensbedeutung<br />
<strong>für</strong> die nachfolgende Generation aufgezeigt wer<strong>den</strong> kann. „Ein<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>, der Schülerinnen und Schülern einen verstehen<strong>den</strong><br />
Zugang zum Glauben eröffnen will, kann sich nicht mit der Vermittlung<br />
von Glaubenswissen begnügen. Er wird vielmehr die Schülerinnen und<br />
Schüler auch mit Formen gelebten Glaubens bekannt machen und ihnen<br />
eigene Erfahrungen mit Glaube und Kirche ermöglichen.“ (S. 24)<br />
Mit dieser Ausgabe von IfR wollen wir dazu beitragen, die Verbindung<br />
zwischen lebensrelevantem Glaubenswissen und gelebten Formen des<br />
Glaubens zu stärken. Professor Ehrenfried Schulz erläutert deshalb in<br />
seinem Beitrag „Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde aufeinander<br />
zugehen sollen“. Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
begründet Professor Hans Mendl in seinen Ausführungen „<strong>Religionsunterricht</strong><br />
inszenieren und reflektieren.“ Eine Nachlese zu seinem Referat<br />
im April 2005 am Tag der Berufsgruppe der Religionslehrer/innen i. K.<br />
im Kardinal-Wendel-Haus. Die unterrichtspraktischen Bausteine geben<br />
Impulse <strong>für</strong> eine Praxis des <strong>Religionsunterricht</strong>s, in dem sich affektivemotionale<br />
und kognitiv-reflexive Aneignungselemente wechselseitig durchdringen.<br />
Im Blick auf das Osterfest erschließt Margarete Goecke-Seischab ein<br />
Kunstwerk von Otto Dix „Die große Auferstehung II“. Ihrer besonderen<br />
Aufmerksamkeit empfehlen wir die Ausschreibung „Brückenbauer<br />
gesucht“.<br />
Die Redaktion und der Beirat IfR wünschen Freude beim Lesen und<br />
anregende Impulse und Ideen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterricht.<br />
Dr. Thomas Gandlau Diane Weber Josef Ilg<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 3
Thema<br />
Warum <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde<br />
aufeinander zugehen sollen<br />
Religionspädagogische Perspektiverweiterung im<br />
Grundlagendokument der Deutschen Bischofskonferenz<br />
„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen“<br />
Ehrenfried Schulz<br />
1. Überraschender „Akzeptanz-<br />
Zuwachs“ hinsichtlich des<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s bei Schülern<br />
und Gesellschaft<br />
Was wurde dem <strong>Religionsunterricht</strong><br />
nicht alles schon vorgeworfen: Er sei<br />
ein unzulässiges Missionieren in einer<br />
multikulturellen Gesellschaft, ein Relikt<br />
aus einem überholten Staat-Kirche-Verständnis,<br />
langweilig und lebensfremd,<br />
moralisierend und ideologisierend und<br />
vieles andere mehr. Auch seitens einzelner<br />
Kirchenleitungsorgane gab es mancherlei<br />
Kritik, wenngleich aus einer völlig<br />
anderen Richtung. Hier waren es vor<br />
allem überzogene Erwartungen, die an<br />
Religionslehrer und <strong>Religionsunterricht</strong><br />
gestellt wur<strong>den</strong>. 1 Es wäre jedoch nicht<br />
nur eine Ausblendung der gesamtgesellschaftlich-säkularisierten<br />
kirchlichen<br />
Großwetterlage, sondern auch eine heillose<br />
Überforderung, wenn der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
all jene religiösen Sozialisationsdefizite<br />
ausgleichen sollte, die von<br />
Familie, Kindertagesstätte und Gemeinde<br />
nicht geleistet wor<strong>den</strong> sind. Unbestritten<br />
ist, dass zunehmend mehr Kinder<br />
im <strong>Religionsunterricht</strong> sitzen, die<br />
weder das Kreuzzeichen noch das<br />
Vaterunser kennen oder gar um die Zugehörigkeit<br />
zu einer bestimmten Gemeinde<br />
wissen. Seit <strong>den</strong> siebziger<br />
Jahren des 20. Jahrhunderts sprechen<br />
darum kirchensoziologische Untersuchungen<br />
von einer fortschreiten<strong>den</strong><br />
„Verdunstung des Glaubens“. 2<br />
Da überrascht es umso mehr, dass die<br />
neueste und bislang umfangreichste<br />
Studie zur Lage des katholischen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
in Deutschland bei<br />
Schülern sämtlicher Schularten eine fast<br />
kopernikanisch zu nennende Wende<br />
ausmacht. Diese Umfrage wurde im Auftrag<br />
der Deutschen Bischofskonferenz<br />
vom Salzburger Religionspädagogischen<br />
Institut durchgeführt, präzise von<br />
Anton Bucher und seinen Mitarbeitern.<br />
Darum wird sie in der Literatur kurz als<br />
„Bucher-Studie“ zitiert. 3 Je<strong>den</strong>falls ergibt<br />
diese ein derart positives Bild, dass der<br />
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz,<br />
Karl Kardinal Lehmann, bei<br />
der Präsentation der Veröffentlichung resümieren<br />
konnte: „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
ist besser als sein Ruf.“<br />
1 Vgl. Sekretariat der DBK (Hg.), Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU (<strong>56</strong>) Bonn 1996, 14.<br />
2 Zuerst: Gerhard Schmidtchen (Hg.), Zwischen Kirche und Gesellschaft. Forschungsbericht über die Umfragen<br />
zur Gemeinsamen Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland, Freiburg 1973.<br />
3 Anton Bucher, RU zwischen Lernfach und Lebenshilfe. Eine empirische Untersuchung zum kath. RU in der<br />
Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 2001.<br />
4 Zum Wissenschaftsmarkt präsentiert die Universität Freiburg öffentlichkeitswirksam Forschungsergebnisse.<br />
Dabei stellte der Arbeitsbereich Pädagogik und Katechetik der Kath.-Theol. Fakultät die empirische<br />
Untersuchung zu Zielvorstellungen und Motivationen von über 4000 RL in Ba<strong>den</strong>-Württemberg vor. Bei<br />
dieser Präsentation wurde jene zusätzliche Befragung bei <strong>den</strong> Besuchern vorgenommen. Vgl. Andreas<br />
Feige/Werner Tzscheetzsch, Christlicher RU im religionsneutralen Staat, Ostfildern-Stuttgart 2005.<br />
5 Matthias Drobinski, Religion ist kein Randfach, in: Süddeutsche Zeitung v. 14.April 2005, 38.<br />
6 Sekretariat der DBK (Hg.), Der RU vor neuen Herausforderungen (<strong>Nr</strong>. 80), Bonn 2005.<br />
Auch in der gesellschaftlichen Diskussion<br />
scheint der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
heute unumstrittener zu sein als vor Jahren,<br />
ja bisweilen wird er sogar von ihr als<br />
wichtiger eingeschätzt als von Vertretern<br />
der Kirche. So haben bei einer Publikumsbefragung<br />
beim Freiburger Wissenschaftsmarkt<br />
am 17./18. Juni 2005<br />
von 253 zufällig Befragten 212 angegeben,<br />
dass sie <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong><br />
in der Schule <strong>für</strong> notwendig erachten. 4<br />
Und schließlich war in der nun wirklich<br />
nicht zur kirchlichen Hofberichterstattung<br />
neigen<strong>den</strong> „Süddeutschen Zeitung“<br />
am 14. April 2005 unter der Überschrift<br />
„Religion ist kein Randfach“ zu lesen:<br />
„Es wird immer deutlicher, wie wichtig<br />
ein Unterricht ist, der das Bekenntnis<br />
nicht schamhaft verschweigt,<br />
sondern zum Gegenstand des Diskurses<br />
macht . . . Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
schult das kulturelle Gedächtnis einer<br />
Gesellschaft, das keine Pisa-Studie erfasst,<br />
das aber so wichtig ist, wenn es<br />
um das Woher und Wohin geht, um<br />
Gerechtigkeit und Menschenrechte. Und<br />
das ist mindestens so viel wert wie ein<br />
guter Mathematik-Unterricht.“ 5<br />
Dagegen wird die Bedeutung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
von manchen Priestern<br />
und Pastoralassistenten/-referenten als<br />
weniger wichtig eingeschätzt und die<br />
Aufgabe des <strong>Religionsunterricht</strong>s oft<br />
als ästig angesehen: zum einen weil<br />
das Unterrichten ein „hartes Brot“ ist;<br />
zum anderen weil die Rekrutierung der<br />
Heranwachsen<strong>den</strong> zur pfarreigenen Jugend-<br />
und Gemeindearbeit selten gelingt.<br />
Angesichts dieser merkwürdig<br />
ambivalenten Einschätzung über <strong>den</strong><br />
Wert des schulischen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
bringt das jüngste Grundlagendokument<br />
der Deutschen Bischofskonferenz<br />
„Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor<br />
neuen Herausforderungen“ 6, datiert vom<br />
16. Februar 2005, eine ausgesprochene<br />
Perspektiverweiterung.<br />
4 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
2. Der <strong>Religionsunterricht</strong> als<br />
dialogisch – mystagogisches<br />
Handlungsfeld der Kirche<br />
Dem bischöflichen Dokument geht es<br />
weniger um eine bildungstheoretische<br />
Begründung des Faches. Das haben<br />
vorausliegende Veröffentlichungen zum<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> zum Ziel gehabt. 7<br />
Vielmehr möchten die deutschen Bischöfe<br />
vom ganzheitlichen Bildungsgedanken<br />
her neue Impulse geben <strong>für</strong><br />
eine kommunikative Gestaltung des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />
der die Schülerinnen<br />
und Schüler zur Freiheit des Denkens,<br />
Urteilens und Handelns anleitet und somit<br />
deren Selbsttätigkeit fördert. Deshalb<br />
sollen <strong>den</strong> zukünftigen <strong>Religionsunterricht</strong><br />
drei Schwerpunkte charakterisieren,<br />
nämlich:<br />
– die Vermittlung von strukturiertem<br />
und lebensbedeutsamen Grundwissen<br />
über <strong>den</strong> Glauben der Kirche<br />
– das Vertraut machen mit Formen<br />
gelebten Glaubens<br />
– die Förderung religiöser Dialog- und<br />
Urteilsfähigkeit.<br />
2.1 Der <strong>Religionsunterricht</strong> vermittelt<br />
strukturiertes und lebensbedeutsames<br />
Grundwissen über <strong>den</strong><br />
Glauben der Kirche<br />
Im Zentrum des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
steht selbstverständlich das Zeugnis von<br />
Jesus Christus. Allein von ihm her ergibt<br />
sich die Sicht auf das Ganze des entfalteten<br />
Glaubens. Das Grundwissen entfaltet<br />
die verschie<strong>den</strong>en Ausdrucksformen<br />
des Glaubens wie Symbole und<br />
Metaphern, biblische Erzählungen und<br />
Gebete, Bekenntnisse und Lehraussagen,<br />
aber auch theologische Argumentationen<br />
sowie die Fähigkeit, mit<br />
<strong>den</strong> unterschiedlichen Sprachformen<br />
sachgerecht umzugehen. Hinzu kommen<br />
Kerninhalte anderer Religionen, insbesondere<br />
die des Ju<strong>den</strong>tums und des<br />
Islam. 9<br />
Mit Hilfe des Grundwissens und der vertiefen<strong>den</strong><br />
unterrichtlichen Auseinandersetzung<br />
sollen die Schüler eine Vorstellung<br />
vom Ganzen des katholischen<br />
Glaubens, von seiner inneren Struktur<br />
und Logik bekommen; <strong>den</strong>n einzig in<br />
strukturierter Form wird das religiöse<br />
Grundwissen „anschlussfähig“ an das<br />
Wissen anderer Fächer und anderer<br />
Lebensbereiche. In pädagogischer Hinsicht<br />
muss ein ganzheitlich bil<strong>den</strong>der<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> erkennbar machen,<br />
dass die religiösen Inhalte die Persönlichkeitsentwicklung<br />
der Schüler fördern,<br />
weil ohne Aufweis der Lebensrelevanz<br />
ein <strong>Religionsunterricht</strong> zur Indoktrination<br />
verkommt. Zu be<strong>den</strong>ken ist schließlich<br />
auch der „Zeithorizont“ schulischer Bildung.<br />
Nicht alle Aspekte des Glaubens<br />
können die Schüler während ihrer Schuljahre<br />
begreifen. Da bedarf es der phasenspezifischen<br />
Erfahrungen im nachfolgen<strong>den</strong><br />
Leben. Immer aber bleibt ein<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> der biblischen Rede<br />
von Gott verpflichtet. Dabei soll gerade<br />
das Fremde und Geheimnisvolle dieses<br />
Gottes die Schüler neugierig halten und<br />
deren Offenheit <strong>für</strong> neue Erfahrungen<br />
fördern.<br />
2.2 Der <strong>Religionsunterricht</strong> macht mit<br />
Formen gelebten Glaubens vertraut<br />
und ermöglicht Erfahrungen mit<br />
Glaube und Kirche<br />
Früher erfolgte die Vermittlung von<br />
Glaubenswissen im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
in Korrespon<strong>den</strong>z mit Familie und Gemeinde.<br />
Damit kann der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
heute höchstens in Ausnahmefällen<br />
rechnen. Umso mehr muss er das<br />
zu vermittelnde Glaubenswissen in der<br />
Thema<br />
Perspektive der Schüler thematisieren.<br />
Einem <strong>Religionsunterricht</strong> in der Teilnehmerperspektive<br />
liegt die Einsicht zugrunde,<br />
dass mit dem Glaubenswissen<br />
auch Formen gelebten Glaubens <strong>den</strong><br />
Schülern erschlossen wer<strong>den</strong> müssen.<br />
Das gilt sowohl <strong>für</strong> <strong>den</strong> Primarbereich<br />
(Besuch des nahegelegenen Kirchengebäudes,<br />
Kennen lernen von Gemeindeaktivitäten<br />
vor Ort) als auch <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> Sekundarbereich (Bekannt machen<br />
mit Menschen und Gruppen in der<br />
Kirche, die durch ihren Einsatz <strong>für</strong><br />
Arme, Lei<strong>den</strong>de und Benachteiligte die<br />
biblisch-prophetische Tradition heute<br />
fortführen). 10<br />
Das Vertraut machen mit sozialer Praxis<br />
ist keineswegs eine Besonderheit des<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s. Auch der Musikund<br />
Kunst-, der Sprach- und Literaturunterricht<br />
führt die Schüler in die einschlägigen<br />
Praxisfelder ein. Doch zur<br />
christlichen Religion gehört substantiell<br />
eine rituelle Seite, bei der sich der Inhalt<br />
erst im Vollzug erschließt (Ministrantendienst).<br />
Um die gefächerte Glaubenspraxis<br />
der Kirche zu erkun<strong>den</strong>, wird sich<br />
darum der Religionslehrer mit seinen<br />
Schülern immer wieder auf Wege der<br />
Hospitation und Exkursion begeben, um<br />
überzeugende Orte gelebten Glaubens<br />
zu erschließen (Kloster, Caritas, Sozialprojekt<br />
„Compassion“). Wenngleich vom<br />
Profil her der <strong>Religionsunterricht</strong> und die<br />
Gemeindekatechese klare Eigenständigkeiten<br />
besitzen, so ist es überaus sinnvoll,<br />
bei der Erstkommunion- bzw. bei<br />
der Firmvorbereitung ergänzend aufeinander<br />
zu verweisen: Während der<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> die Anfragen der<br />
Schüler beantwortet, will die Gemeinde-<br />
17 Die wichtigsten Erklärungen der deutschen Bischöfe zum RU, vgl. hierzu: Sekretariat der DBK (Hg.),<br />
– Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU (<strong>56</strong>), Bonn 1996<br />
– „Zeit zur Aussaat“ (68), Bonn 2000<br />
– Katechese in veränderter Zeit (75), Bonn 2004<br />
– Kirchliche Anforderungen an die Studiengänge <strong>für</strong> das Lehramt in Katholischer Religion sowie an die<br />
Magister- und BA-/MA-Studiengänge mit Katholischer Religion als Haupt- und Nebenfach, Bonn 2003<br />
(2005).<br />
18 Vgl. Die Aufgaben des katholischen RU, in: Der RU vor neuen Herausforderungen aa0. 18-30, hier: 18.<br />
19 Vgl. - Hinweise <strong>für</strong> eine richtige Darstellung von Ju<strong>den</strong> und Ju<strong>den</strong>tum in der Predigt und Katechese der<br />
katholischen Kirche (44), Bonn 1985.<br />
– Christen und Muslime in Deutschland (172), Bonn 2003.<br />
10 Vgl. Die bil<strong>den</strong>de Kraft des RU, aa0. 19.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 5
Thema<br />
katechese zur Glaubenspraxis „anstiften“.<br />
2.3 Der <strong>Religionsunterricht</strong> fördert die<br />
religiöse Dialog- und Urteilsfähigkeit<br />
der Schülerinnen und Schüler<br />
Zum unstrittigen Bildungsauftrag der<br />
Schule gehört es, die Schüler zu verantwortbarem,<br />
das heißt zu begründetem<br />
Handeln zu befähigen. Dementsprechend<br />
ist der <strong>Religionsunterricht</strong> zu<br />
nichts anderem verpflichtet. Damit erfüllt<br />
er aber auch <strong>den</strong> biblischen Auftrag, „jedem<br />
Rede und Antwort zu stehen, der<br />
nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“<br />
(1 Petr 3,15). Dem <strong>Religionsunterricht</strong><br />
geht es – wie der kirchlichen Verkündigung<br />
insgesamt – um die argumentative<br />
Darlegung des Glaubens. Ohne jedwede<br />
Vereinnahmungsintention, sollen die heranwachsen<strong>den</strong><br />
Schüler zur rationalen<br />
Verantwortung ihrer Glaubensentscheidung<br />
geführt wer<strong>den</strong>. In seinem Rationalitätsanspruch<br />
distanziert sich der<br />
christliche Glaube sowohl von jeglichem<br />
Fundamentalismus als auch von jeglichem<br />
relativieren<strong>den</strong> Beliebigkeitspluralismus.<br />
Beide Extreme subjektivieren<br />
und verkürzen <strong>den</strong> Offenbarungsanspruch<br />
Gottes. Dieser Wahrheitsanspruch<br />
– und nicht seine Relativierung<br />
oder der Verzicht auf die Wahrheitsfrage<br />
– begründet <strong>den</strong> religiös-weltanschaulichen<br />
Dialog. In diesem Sinne versucht<br />
der <strong>Religionsunterricht</strong>, <strong>den</strong> Glauben im<br />
Dialog mit <strong>den</strong> Erfahrungen und Überzeugungen<br />
der Schüler, mit dem Wissen<br />
und Erkenntnissen der anderen Fächer,<br />
mit <strong>den</strong> aktuellen Fragen der Lebensund<br />
Weltgestaltung und mit <strong>den</strong> Positionen<br />
der anderen Konfessionen,<br />
Religionen und Weltanschauungen zu<br />
erschließen. „Echte Dialogbereitschaft“,<br />
so betont das bischöfliche Grundlagendokument<br />
mit allem Nachdruck, „ist eine<br />
Kardinaltugend der pluralistischen Gesellschaft.“<br />
11<br />
11 Der RU vor neuen Herausforderungen, aa0. 30.<br />
12 Der RU vor neuen Herausforderungen, aa0. 31.<br />
3. Der <strong>Religionsunterricht</strong> und sein<br />
Verhältnis zur Schulpastoral<br />
Der Begriff „Schulpastoral“ ist trotz seiner<br />
Etablierung in der religionspädagogi-<br />
schen Literatur nach wie vor vieldeutig.<br />
In der diesem Artikel auferlegten umfänglichen<br />
Beschränkung kann jedoch<br />
nicht näher darauf eingegangen wer<strong>den</strong>.<br />
Am ehesten wird man dem Begriff<br />
„Schulpastoral“ dadurch gerecht, wenn<br />
man ihn als Oberbegriff <strong>für</strong> das ‚Engagement<br />
von Christen im Handlungsfeld<br />
Schule’ versteht. Er umgreift alle Beteiligten,<br />
das sind: Religionslehrer und<br />
Schüler, das Lehrerkollegium als wünschenswerter<br />
Idealfall, vor allem aber<br />
auch die Eltern sowie aufgeschlossene<br />
Gemeindeseelsorger. Ihr verbin<strong>den</strong>des<br />
Handlungsmotiv lautet: „Humanisierung<br />
der Schulverhältnisse aus dem Geiste<br />
Jesu“; <strong>den</strong>n die bewusste Gestaltung<br />
der Schulkultur ist <strong>für</strong> alle im Schulleben<br />
Stehen<strong>den</strong> von großer Bedeutung. Das<br />
gilt insbesondere dort, wo Ganztagsschulen<br />
oder schulische Angebote zur<br />
Ganztagsbetreuung eingerichtet wor<strong>den</strong><br />
sind.<br />
Neben der Familie gilt die Schule <strong>für</strong> die<br />
Schüler als wichtigster sozialer Lernort,<br />
an dem sie lebensprägend wertbil<strong>den</strong>de<br />
Erfahrungen machen. „Die Gestaltung<br />
des Schulgebäudes“, so formuliert es<br />
das neue bischöfliche Grundlagenpapier,<br />
„die geschriebenen und ungeschriebenen<br />
Regeln des täglichen Miteinanders<br />
und nicht zuletzt das Handeln der<br />
Lehrerinnen und Lehrer sind <strong>für</strong> die Werterziehung<br />
meist bedeutsamer als Lehrpläne<br />
und Unterrichtsthemen.“ 12 Zum<br />
pädagogischen Profil einer Schule gehören<br />
neben dem Fächerangebot <strong>für</strong> alle<br />
Schüler und gezielten Fördermaßnahmen<br />
<strong>für</strong> die schwächeren des Weiteren<br />
die Gestaltung des Schuljahres, der<br />
Schulwoche und des Schultages. Dazu<br />
kommen unterrichtsergänzende Aktivitäten<br />
wie Projektwochen, Betriebs- und<br />
Sozialpraktika, die Kooperation mit Einrichtungen<br />
und Gruppen außerhalb der<br />
Schule und nicht zuletzt weitere Vereinbarungen,<br />
die das Miteinander von<br />
Schülern, Lehrern und Eltern regeln. <strong>Religionsunterricht</strong><br />
und Schulpastoral verstehen<br />
sich als Teilsystem des Systems<br />
Schule. Sie wollen ihren bil<strong>den</strong><strong>den</strong> Beitrag<br />
aus dem Glauben in das Schulleben<br />
einbringen, in der das Für- und Miteinander<br />
in einem ‚Milieu versöhnter Verschie<strong>den</strong>heit’<br />
eingeübt wer<strong>den</strong> kann.<br />
Dabei geht es nicht darum, Erlebnisse<br />
zu produzieren, sondern einen Raum<br />
zu schaffen, in dem die Erlebnisse in<br />
einen christlichen Sinnhorizont gestellt<br />
und von diesem her gedeutet wer<strong>den</strong><br />
können.<br />
Gilt es abschließend ein Resümee zu<br />
ziehen, dann kann das Urteil aus religionspädagogischer<br />
Sicht nur lauten:<br />
Wenn Kirche und Schule, so wie es<br />
die deutschen Bischöfe in ihrem perspektiverweitern<strong>den</strong><br />
Dokument „Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
vor neuen Herausforderungen“<br />
empfehlen, so aufeinander zugehen,<br />
dann gewinnen beide Parteien<br />
ein Mehr: die Schule ein „Mehr an<br />
Kultur“ und der <strong>Religionsunterricht</strong> ein<br />
„Mehr an Ausstrahlungskraft“.<br />
6 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
1. Das Problem: Unterricht „über“<br />
oder „in“ Religion<br />
Sobald man im <strong>Religionsunterricht</strong> das<br />
Feld einer rein kognitiven Beschäftigung<br />
„über“ Religion verlässt und Handlungsfelder<br />
„in“ Religion gestaltet, drängt sich<br />
unweigerlich die Frage auf: Darf man<br />
das überhaupt? Bedeutet dies nicht eine<br />
Grenzüberschreitung oder gar einen<br />
Rückfall in alte katechetische Zeiten?<br />
Eine solche skrupulöse Skepsis wäre in<br />
anderen Fächern völlig absurd: Was<br />
würde man über einen Sportunterricht<br />
sagen, der nur aus Sporttheorie bestünde,<br />
ausschließlich im Klassenzimmer<br />
stattfin<strong>den</strong> würde, in dem sich die<br />
Kinder und Jugendlichen aber nicht bewegen?<br />
Wie würde man einen Musikunterricht<br />
qualifizieren, bei dem nicht<br />
gesungen wird? Was würde man von<br />
einem Kunstunterricht halten, bei dem<br />
auf ähnliche Weise auf jede praktische<br />
künstlerische Betätigung verzichtet und<br />
nur eine theoretische Auseinandersetzung<br />
mit dem Gegenstand „Kunst“<br />
stattfin<strong>den</strong> würde? Ähnliches gilt auch<br />
<strong>für</strong> <strong>den</strong> Physikunterricht: Ist er vorstellbar<br />
ohne Experimente? Oder <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Sprachunterricht, der bei modernen<br />
Sprachen immer auch ein Sprech- und<br />
Konversationsunterricht sein muss.<br />
Ein Unterrichtsgegenstand erfordert also<br />
eine je eigene Art der Inszenierung, will<br />
man ihm und <strong>den</strong> Zielbeschreibungen<br />
im Kontext schulischen Lernens gerecht<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Lässt sich diese Argumentationsstruktur<br />
auch auf <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> übertragen?<br />
Welcher Art von Inszenierung<br />
bedarf es in diesem Fach? Die Ausgangsthese<br />
dieses Beitrags lautet: Ein<br />
Unterricht, in dem nur „über“ Religion<br />
gesprochen wird, also mehr oder weni-<br />
ger Religionskunde, ist dem Gegenstand<br />
nicht angemessen. Das werde ich<br />
auf verschie<strong>den</strong>en Ebenen zu entfalten<br />
versuchen. Gleichzeitig wird einerseits<br />
darüber nachzu<strong>den</strong>ken sein, woher die<br />
eingangs beschriebenen Skrupel herrühren<br />
und wo andererseits auch Grenzen<br />
<strong>für</strong> eine Inszenierung von Religion liegen.<br />
2. Die Last der Geschichte<br />
Dass wir heute nicht blauäugig <strong>für</strong> eine<br />
Inszenierung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
plädieren können, hat viel mit der Geschichte<br />
des Faches zu tun. Autobiographische<br />
Zeugnisse belegen, dass die<br />
These, eine gewisse Art religiöser Erziehung<br />
habe auch zu einem „Religionsverlust“<br />
(Ringel / Kirchmayer 1986) oder<br />
zu einer „Gottesvergiftung“ (Moser 1976)<br />
geführt, durchaus berechtigt ist. Ein<br />
Beispiel möge genügen: Edgar Forster<br />
(Forster 2000, 8f) beschreibt in seiner<br />
Autobiographie die Kindheit und auch<br />
<strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> in Niederbayern<br />
so – es waren die 50er Jahre des letzten<br />
Jahrhunderts.<br />
„In der zweiten Klasse besuchte ich die<br />
Katholische Volksschule <strong>für</strong> Knaben<br />
Eggendobel, eine zwei(t)klassige Zwergschule.<br />
Unsere Lehrerin war die Pfrein<br />
Pfister, eine bigotte alte Jungfer mit<br />
Dutt im Gnack, Nickelbrille auf der Nase<br />
und angetan mit schwarz-grau-braunem<br />
Sack- und Asche-Gewand; am liebsten<br />
veranstaltete sie wahre Gebetsorgien im<br />
Unterricht. Sie besuchte je<strong>den</strong> Tag vor<br />
der Schule die Heilige Messe und empfing<br />
in der Eucharistiefeier täglich die Hl.<br />
Kommunion und bedauerte, dass sie es<br />
nicht öfters dürfe. Dem Pfarrer Fischer<br />
machte sie jede Woche zweimal Meldung<br />
einer Meß- und Gebetsstatistik,<br />
wie viele von uns ca. 45 Buben beim<br />
Aufstehen nicht gebetet hatten, wie viele<br />
vor und wie viele nach dem Frühstück<br />
das Beten versäumt hatten, wie viele<br />
<strong>den</strong> Engel des Herrn vergessen hatten,<br />
wie groß die Zahl der Nichtbeter vor und<br />
nach dem Mittagessen war usw. usw.“<br />
Diese drastische Situationsbeschreibung<br />
– die leider mit anderen ergänzbar wäre<br />
– weist auf ein Konzept religiöser Erziehung<br />
in der Schule hin, das letztlich<br />
zur massiven Krise des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
im Vorfeld der Würzburger Synode<br />
führte: Der <strong>Religionsunterricht</strong> wurde als<br />
verlängerter Arm einer kirchlichen Katechese<br />
verstan<strong>den</strong> und gelegentlich mit<br />
<strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong> Repressalien auch<br />
durchgeführt. Im <strong>Religionsunterricht</strong> fand,<br />
wie das Beispiel zeigt, eine doppelte<br />
Sozialkontrolle statt: Einerseits wird die<br />
Inszenierung von Religion im Unterricht<br />
selbst eingefordert („Gebetsorgien“) und<br />
andererseits wird die Autorität der Religionslehrkraft<br />
auch auf <strong>den</strong> außerschulischen<br />
Bereich geweitet, indem die<br />
häusliche Gebetspraxis einer Überprüfung<br />
unterzogen wurde. Dieses Eindringen<br />
in die Privatsphäre wurde im<br />
Prozess der Moderne zunehmend als<br />
eine unangemessene Grenzüberschreitung<br />
empfun<strong>den</strong>. Wenn wir deshalb<br />
heute über die Möglichkeiten eines<br />
stärker erfahrungsorientierten <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
nach<strong>den</strong>ken, müssen wir uns<br />
darüber im Klaren sein, dass diese Last<br />
der Geschichte eine Hypothek darstellt,<br />
mit der wir zu rechnen haben. Deshalb<br />
muss immer wieder betont wer<strong>den</strong>:<br />
Dorthin wollen wir nicht zurück!<br />
3. Würzburg und die Folgen<br />
Thema<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> inszenieren und reflektieren.<br />
Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
Hans Mendl<br />
Denn gegenüber dieser Ausgangslage<br />
eines gesellschaftlich und auch theologisch<br />
nicht mehr tragfähigen Konzepts<br />
des <strong>Religionsunterricht</strong>s stellt der Beschluss<br />
der Würzburger Synode aus<br />
dem Jahre 1974 das „Dokument einer<br />
Wende“ dar, wie es der Religions-<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 7
Thema<br />
pädagoge Wolfgang Nastainczyk bezeichnet<br />
hat. Dieses Dokument markiert<br />
<strong>den</strong> Befreiungsschlag gegen die konfessionalistische<br />
Engführung religiöser<br />
Erziehung und bedeutet <strong>den</strong> Übergang<br />
vom missionarischen zum diakonischen<br />
Konzept religiösen Lernens in der Schule:<br />
Das Handeln der Kirche in der Schule<br />
versteht sich nunmehr auf allen Feldern<br />
als selbstloser Beitrag <strong>für</strong> die I<strong>den</strong>titätsentwicklung<br />
junger Menschen und <strong>für</strong><br />
die Humanisierung des Schullebens.<br />
Damit verbun<strong>den</strong> war eine konsequente<br />
Trennung von Gemeindekatechese und<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> in Adressatenkreis,<br />
Inhalten und einer je eigenen Didaktik.<br />
Die Frucht dieser Bemühungen sieht<br />
man am aktuellen Stellenwert des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />
der besonders in der<br />
Grundschule breit anerkannt ist. Die<br />
grundlegende Zielbestimmung des <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
besteht nicht in der<br />
existentiellen Glaubenseinführung, nicht<br />
in der konfessionellen Sozialisation oder<br />
in der Hinführung zur Pfarrgemeinde;<br />
der <strong>Religionsunterricht</strong> nach der Würzburger<br />
Synode ist <strong>für</strong> eine disparate<br />
Schülerschaft (gläubige, suchende, ungläubige...<br />
Schüler) gedacht, er „soll zu<br />
verantwortlichem Denken und Verhalten<br />
im Hinblick auf Religion und Glaube<br />
befähigen“, er „weckt und reflektiert die<br />
Frage nach Gott“ (Der <strong>Religionsunterricht</strong><br />
in der Schule 1976, 2.5.1).<br />
Allerdings brachte die Angst, nicht ins<br />
alte missionarische Fahrwasser zu verfallen,<br />
Probleme mit sich, die wir heute<br />
aus der Distanz deutlicher erkennen.<br />
Besonders problematisch ist die Anlage<br />
des Faches nach dem Reflexionsmodell<br />
schulischen Lernens. Dieses stellt zunächst<br />
keine Besonderheit dar, sondern<br />
entspricht der Eigenart des Handlungsortes<br />
Schule. Im Biotop Schule als „Moratorium<br />
des Lebensernstes“ (Dressler<br />
2004, 263) wird auf reflektierte Art und<br />
Weise auf Wirklichkeit zugegriffen.<br />
Unterricht und damit auch <strong>Religionsunterricht</strong><br />
ist zunächst kein Ort unmittelbarer<br />
religiöser Erfahrung. Vielmehr baut<br />
unterrichtliches Lernen darauf auf, dass<br />
Erfahrungen mit Religion mitgebracht<br />
wer<strong>den</strong>; der <strong>Religionsunterricht</strong> ist dann<br />
der Ort des Reflektierens und des Deutens.<br />
Dieses Modell funktionierte bei<br />
einer halbwegs vorhan<strong>den</strong>en Einbettung<br />
der Schüler/innen ins konfessionelle Milieu,<br />
mutierte insgesamt aber zu einer<br />
„als-ob“-Didaktik (als ob alle irgendwie<br />
geartete religiöse Erfahrungen mitbrächten)<br />
oder führte zur Aporie.<br />
Ein zweites Problem stellt die Rezeption<br />
der Curriculumtheorie im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
dar – in der Didaktik ein Meilenstein<br />
zur Professionalisierung des Unterrichts<br />
und damit auch des <strong>Religionsunterricht</strong>s,<br />
freilich mit dem Nachteil, dass<br />
dies gelegentlich zu einem kognitiv fixierten<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> führte, weil innerhalb<br />
dieser Lerntheorie nur der Bereich<br />
der Kenntnisse und des Wissens einer<br />
Evaluation zugeführt wer<strong>den</strong> konnte.<br />
Emotionales und handlungsorientiertes<br />
Lernen kam innerhalb der systemischen<br />
Grenzen zu kurz. Wenn aber der<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> mehr ist als „nur“<br />
Religionskunde, dann reicht ein Unterricht<br />
„über“ Religion nicht aus, sondern<br />
es muss auch ein Unterricht „in“ Religion<br />
erfolgen. Das hat Folgen <strong>für</strong> die inhaltliche<br />
Gestaltung und das Rollenverständnis<br />
des Religionslehrers.<br />
Die Frage lautet: Wie verhalten sich „Erfahrung“<br />
und „Reflexion“ im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
zueinander? Wie viel an Erfahrung<br />
ist nötig / wünschenswert / möglich?<br />
Wie viel Religion darf oder muss<br />
sogar sein, damit der Gegenstand angemessen<br />
verhandelt wer<strong>den</strong> kann?<br />
4. Qualitätskriterien <strong>für</strong> guten<br />
<strong>Religionsunterricht</strong><br />
Die didaktischen Konzepte der Vergangenheit<br />
und Gegenwart pendeln zwischen<br />
zwei Hauptdeterminanten hin und<br />
her: <strong>den</strong> Adressaten oder lernen<strong>den</strong><br />
Subjekten und dem Gegenstand des<br />
Lernens. Diese bei<strong>den</strong> Größen müssen<br />
genauer betrachtet wer<strong>den</strong>, um über die<br />
geeignete Inszenierungsform entschei<strong>den</strong><br />
zu können.<br />
4.1 Lernendes Subjekt:<br />
Veränderte Erfahrung<br />
Der Prozess einer „Verschulung von<br />
Katechese“ ist in größeren historischen<br />
Zeitläufen einer Geschichte des Christentums<br />
betrachtet noch verhältnismäßig<br />
jung: Er beginnt mit breiterer<br />
Wirksamkeit erst im Zeitalter der Glaubensspaltung.<br />
Seither geht Religion in<br />
die Schule und ist mit <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong><br />
Vorstellungen dessen, was Schule<br />
und schulisches Lernen leisten soll und<br />
kann, verbun<strong>den</strong>. Wie bereits erwähnt:<br />
Das typische Reflexionsmodell schulischen<br />
Lernens funktionierte im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
so lange halbwegs, als<br />
eine breite stabile religiös-kirchliche Sozialisation<br />
bei <strong>den</strong> Schüler/innen gegeben<br />
war. In diesem gesellschaftlichen<br />
Kontext gelang auch ein Katechismus-<br />
Unterricht, der zwar zu allen Zeiten von<br />
<strong>den</strong> Lernen<strong>den</strong> als religiöses Trockenfutter<br />
empfun<strong>den</strong> wurde, aber immerhin<br />
darauf bauen konnte, dass die <strong>den</strong><br />
Schülern in diesem Rahmen begegnete<br />
religiöse Sprache, die Themen und<br />
Gebete nicht völlig fremd waren: Den<br />
Referenzrahmen <strong>für</strong> die kognitive Fundierung<br />
von Religion stellten die religiösen<br />
Erfahrungen dar, die die Schüler von<br />
daheim (Pfarrgemeinde, Familie) mitbrachten.<br />
Was aber geschieht, wenn<br />
Kinder keine Gottesdienstpraxis mitbringen,<br />
keine Gebete können, nicht wissen,<br />
was an Weihnachten und Ostern gefeiert<br />
wird? Die Defizite im Bereich expliziter<br />
religiös-konfessioneller Erfahrungen<br />
sind bei heutigen Schüler/innen evi<strong>den</strong>t.<br />
Das bedeutet zwar nicht, dass die<br />
Schüler/innen nicht originäre menschliche<br />
Erfahrungen, Sehnsüchte und<br />
individuelle religiöse Grunderfahrungen<br />
mitbrächten. Dennoch: konfessionelles<br />
Basiswissen (Gebete, biblische und<br />
liturgische Kenntnisse), die Fähigkeit zur<br />
Entschlüsselung religiöser Codes (CMB,<br />
INRI, Michelangelos „Erschaffung des<br />
Adam“) und eine religiöse Sensibilität<br />
(„hinter die Dinge schauen“) können<br />
nicht mehr vorausgesetzt wer<strong>den</strong>. Ein<br />
drastisches Beispiel, das kürzlich ein<br />
Religionslehrer aus Niederbayern mitteilte:<br />
Auf seinen Hinweis in einer<br />
8 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
7. Klasse, Jesus sei nur 30 Jahre alt gewor<strong>den</strong>,<br />
fragt ein Schüler allen Ernstes<br />
betroffen nach: „Was hat ihm <strong>den</strong>n gefehlt?“<br />
Der garstige Graben zwischen dem<br />
Erfahrungswissen und dem Glaubenswissen,<br />
dem Depositum fidei, hat sich<br />
im Laufe der letzten Jahrzehnte massiv<br />
verbreitert. Was aber geschieht, wenn<br />
der Lerngegenstand so weit von der<br />
Welt der Schüler entfernt ist, dass<br />
sie keine Fragehaltung mehr entwickeln?<br />
In einer postchristlichen Gesellschaft<br />
und angesichts des „garstigen Grabens“<br />
zwischen einem fehlen<strong>den</strong> expliziten<br />
religiösen Erfahrungswissen und der<br />
Glaubenstradition erscheint ein ausschließliches<br />
Reflexionsmodell religiösen<br />
Lernens nicht mehr als tragfähig, wenn<br />
es das Ziel ist, dass Kinder und Jugendliche<br />
religiös kompetent wer<strong>den</strong>. Der<br />
Pädagoge Dietrich Benner folgert: „Damit<br />
Welterfahrung und Menschenumgang<br />
unterrichtlich und schulisch erweitert<br />
wer<strong>den</strong> können, bedarf es<br />
zunächst einmal grundlegender Weltund<br />
Umgangserfahrungen. Wo diese<br />
Voraussetzung nicht durch vorschulische<br />
Erziehung und Sozialisation gesichert<br />
ist, muss sie zum Zwecke einer<br />
nachfolgen<strong>den</strong> unterrichtlichen Unterweisung<br />
zunächst einmal künstlich mit<br />
Hilfe schulischer Erkundungen, Hospitationen,<br />
Exkursionen und Übungen gestiftet<br />
und gesichert wer<strong>den</strong>“ (Benner<br />
2004, 30). In curricularen Zeiten wurde<br />
etwas in <strong>den</strong> Hintergrund gedrängt,<br />
dass seit Herbart die moderne öffentliche<br />
Schule eine doppelte Zweckbestimmung<br />
hat: nicht nur eine Weltdeutung,<br />
sondern auch die Fähigkeit zum Umgang<br />
mit der Welt. Insofern muss heute<br />
die Fähigkeit zur Deutung von Religion<br />
ergänzt wer<strong>den</strong> mit einer Partizipationskompetenz,<br />
weil nur auf diese Weise<br />
das Wissen durch Erfahrung erweitert<br />
und im Gegenzug ein tieferes Verständnis<br />
des eigenen und frem<strong>den</strong> Handelns<br />
möglich werde.<br />
Wenn also die Voraussetzungen der lernen<strong>den</strong><br />
Subjekte ernst genommen wer<strong>den</strong>,<br />
dann bedarf es anderer Präsenta-<br />
tionsmodi als nur reflexiver, um Religion<br />
verstehen zu können.<br />
4.2 Gegenstand: die performative<br />
Tiefendimension von Religion<br />
Auch Rudolf Englert meint: Die veränderte<br />
Situation nach dem Traditionsabbruch<br />
erfordere einen veränderten<br />
Präsentationsmodus religiöser Ausdrucksformen<br />
(Englert 2002, 33). Dies<br />
ist zunächst ein didaktisches Argument,<br />
welches theologisch untermauert wer<strong>den</strong><br />
muss:<br />
Genügt es, <strong>den</strong> Gegenstand „Religion“<br />
zu unterrichten, ohne in die Praxis von<br />
Religion einzuführen? Dass eine ausschließlich<br />
rationale religiöse Erziehung<br />
letztlich ortlos ist, zeigt bereits ein Blick<br />
in die Geschichte: Die theologische Reflexion<br />
war immer nachrangig gegenüber<br />
der christlichen Praxis. Zu allen Zeiten<br />
war man sich darüber im Klaren: Die<br />
christliche Religion kann nicht mitgeteilt,<br />
ohne immer zugleich auch dargestellt zu<br />
wer<strong>den</strong>. Bereits das Wort „Katechese“<br />
besticht durch seine eindeutige Uneindeutigkeit.<br />
„Katecheo“ heißt „mitteilen“<br />
und „unterweisen“. Es geht also um die<br />
Mitteilung einer Botschaft und einer<br />
Unterweisung in ihr; Form und Inhalt<br />
einer Einführung in <strong>den</strong> Glauben können<br />
voneinander nicht getrennt wer<strong>den</strong>. Derzeit<br />
wächst die Sensibilität da<strong>für</strong>, „dass<br />
die Vermittlung des gelehrten Glaubens<br />
nicht ohne Bezug zum gelebten Glauben<br />
gelingen kann“ (Sekretariat der<br />
Deutschen Bischofskonferenz 2005, 24).<br />
Wissenschaftstheoretisch wird die veränderte<br />
Profilierung religiösen Lernens<br />
meines Erachtens am angemessensten<br />
mit dem Konzept eines „performativen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s“ beschrieben, welches<br />
als theoretischer Rahmen die<br />
konkreten Erfahrungsfelder zu bündeln<br />
vermag und da<strong>für</strong> sorgt, dass Religion<br />
„in Form bleibt“. Um systematisch die<br />
Eigenart von „Religion“ in <strong>den</strong> Blick zu<br />
bekommen, helfen Ansätze aus der<br />
Sprachphilosophie weiter, die hier nur<br />
angedeutet wer<strong>den</strong> können: Die Sprechakttheorie<br />
gibt Auskunft über die<br />
Thema<br />
Gestalt und Funktion von Sprache: Es<br />
gibt eigentümliche sprachliche Handlungen,<br />
die nicht nur etwas aussagen, sondern<br />
zugleich eine Wirklichkeit setzen:<br />
„How to do things with Words“, lautet<br />
der Originaltitel eines Werks von John<br />
Austin (Austin 1972): „Ich verspreche<br />
dir“, „ich schwöre“, „ich wette“ wären<br />
beispielsweise solche „performative“ Äußerungen.<br />
Indem wir solche Sätze äußern,<br />
vollziehen wir zugleich eine Handlung,<br />
die auch Folgen hat. Die religiöse<br />
Sprache gehört auch zu <strong>den</strong> eigentümlichen<br />
performativen Sprachformen (de<br />
Pater 1978, Austin 1972): Mit <strong>den</strong><br />
sprachlichen Handlungen der Religion,<br />
einem Gebet, einem Segen, einem Lob-<br />
Psalm, einem Gelübde wird bereits eine<br />
Wirklichkeit gesetzt: Es wird gebetet,<br />
gesegnet, etwas gelobt und versprochen.<br />
Kann ich nun die Bedeutung eines<br />
Gebets, eines Segens, eines Lobpreises<br />
und eines Versprechens begreifen, ohne<br />
diese Akte selber vollzogen zu haben?<br />
Diese Grunddynamik eines Zusammenhangs<br />
von Aussage und Vollzug oder<br />
genauer der Erschließung der Bedeutung<br />
einer Aussage über ihren Vollzug<br />
lässt sich unschwer auch auf andere religiöse<br />
Phänomene übertragen: Kann ich<br />
die Ethik des Christentums ohne Bezug<br />
auf eine sozial-karitative Vollzugsform<br />
begreifen? Und lässt sich diese lediglich<br />
in papierener Form unterrichtlich adäquat<br />
erfassen? Die deutschen Bischöfe<br />
schreiben hierzu im aktuellen Dokument<br />
zum <strong>Religionsunterricht</strong>: „Denn ohne die<br />
Begegnung mit gelebtem Glauben kann<br />
die Lebensbedeutung des gelehrten<br />
Glaubens nicht erschlossen wer<strong>den</strong>“<br />
(Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz<br />
2005, 15).<br />
Theologisch kann man das mit einer<br />
weiteren Argumentationsstruktur untermauern:<br />
Georg Baudler meint, die Gefahr<br />
eines dominant diskursiven <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
bestünde darin, dass<br />
hier der Überschuss der Form von<br />
Religion verschenkt würde, der aber<br />
unlösbar zu ihrem Inhalt gehöre. Der<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> müsse deshalb<br />
neue Wahrnehmungs-, Gestaltungsund<br />
Handlungsaufgaben erhalten (vgl.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 9
Thema<br />
Baudler 2000, 366)! Das Ziel muss es<br />
also sein, nicht nur über Religion zu re<strong>den</strong>,<br />
sondern Religion zum Sprechen<br />
und in Bewegung zu bringen. Denn Religion<br />
kann nur verständlich wer<strong>den</strong>,<br />
wenn sie auch inszeniert wird; hier passt<br />
die schöne Formel: „vom Mehrwert der<br />
Religion, wenn sie in Form bleibt“. Denn<br />
die „Erschließung der Christentums-Praxis<br />
kann sich nicht nur in diskursiver<br />
Sprache vollziehen, sie verlangt vielmehr<br />
nach szenischer und gestischer, leiblicher<br />
und räumlicher Darstellung“ (Klie /<br />
Leonhard 2003, 149). Daraus folgt <strong>für</strong><br />
Bernhard Dressler: „Im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
selbst muss Religion als eine Kultur<br />
symbolischer Kommunikation Platz gewinnen“<br />
(Dressler 2002, 11), weil nur so<br />
Religion erfahren und begriffen wer<strong>den</strong><br />
kann! Nur durch die Ermöglichung von<br />
Religion kann die Dynamik religiöser und<br />
christlicher Welterfahrung in ihrer Tiefendimension<br />
verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> (vgl. Sekretariat<br />
der Deutschen Bischofskonferenz<br />
2005, 3.2). Insofern müssen nach<br />
Hans Schmid im <strong>Religionsunterricht</strong> dissoziative<br />
(re<strong>den</strong> über) mit assoziativen<br />
Elementen (re<strong>den</strong> mit) ergänzt wer<strong>den</strong><br />
(Schmid 2003). Innerhalb eines solchen<br />
Konzepts erhält auch die Tradition eine<br />
neue Rolle; sie kommt nicht nur diskursiv,<br />
sondern auch handlungsbezogen<br />
ins Spiel. Es ist eine religionspädagogische<br />
Wahrnehmungs-Aufgabe, zu<br />
schauen, wo Religion ihre Wirkung entfaltet.<br />
5. Inszenierungsfelder eines performativen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> heute muss in Auseinandersetzung<br />
mit Lerngegenstän<strong>den</strong><br />
subjekt-, erfahrungs- und prozessorientiert<br />
angelegt sein (vgl. Mendl 2004, 38-<br />
41). Das Fach muss „in Religion“ einführen<br />
und darf nicht auf einen Unterricht<br />
„über Religion“ beschränkt wer<strong>den</strong>. Einige<br />
der vielfältigen Felder, in <strong>den</strong>en ein<br />
diskursives „Re<strong>den</strong> über Religion“ durch<br />
„Erfahrungen in Religion“ nicht ersetzt,<br />
sondern ergänzt und vertieft wer<strong>den</strong><br />
können, sollen im Folgen<strong>den</strong> zumindest<br />
genannt wer<strong>den</strong> (ausführlicher: siehe<br />
Mendl 2005b).<br />
❍ nicht nur „über“ Religion sprechen, sondern das Fach so konzipieren, dass<br />
Kinder und Jugendliche mit ihren Fragen und Bedürfnissen im Mittelpunkt<br />
stehen<br />
❍ nicht nur „über“ Gemeinde und Gemeinschaft etc. sprechen, sondern<br />
Gemeinschaft auf jugendgemäße Weise inszenieren<br />
❍ nicht nur „über“ Moral diskutieren, sondern ethisches Verhalten einüben<br />
❍ nicht nur „über“ Kirchen nach<strong>den</strong>ken, sondern in Kirchen Haltungen, Lieder,<br />
Riten ausprobieren<br />
❍ nicht nur „über“ Meditation re<strong>den</strong>, sondern meditative Elemente erproben<br />
❍ nicht nur „über“ Gebet und Liturgie sprechen, sondern zum experimentellen<br />
Beten und liturgischen Handeln anleiten und diese Erfahrung auch reflektieren<br />
❍ nicht nur „über“ biblische Texte sprechen, sondern sich von <strong>den</strong> biblischen<br />
Erzählern in Geschichten verwickeln lassen, sie zu Spiegelungsfolien und<br />
Resonanzräumen <strong>für</strong> eigene Erfahrungen wer<strong>den</strong> lassen<br />
❍ nicht nur „über“ religiöse Kunstwerke re<strong>den</strong>, sondern selbst dem Glauben<br />
einen künstlerischen Ausdruck verleihen<br />
❍ nicht nur etwas „über“ andere Religionen kennen lernen, sondern Menschen<br />
einer anderen Religion begegnen<br />
❍ nicht nur „über“ Sakramente und ihre Symbole und Symbolhandlungen<br />
sprechen, sondern die heilsame Bedeutung ritueller Handlungen („to do<br />
things with words“) erspüren<br />
❍ sich nicht nur „über“ Mönche, andere exotische Christen oder local heroes<br />
wundern, sondern in der Begegnung Nähe und Distanz spüren<br />
❍ nicht nur „über“ vergangene Geschichte etwas nachlesen, sondern<br />
Erinnerungsorte aufsuchen<br />
6. Wie viel Religion darf sein?<br />
Die Palette der Handlungsmöglichkeiten<br />
mag <strong>den</strong> einen faszinieren, <strong>den</strong> andern<br />
aber abschrecken: Überfordert das nicht<br />
<strong>den</strong> normalen Unterricht? Führt das<br />
nicht dazu, dass Lehrer nur noch mit einem<br />
schlechten Gewissen umherlaufen<br />
angesichts dessen, was wünschenswert<br />
wäre? Deshalb muss deutlich gesagt<br />
wer<strong>den</strong>: Man sollte Realist bleiben und<br />
die kontextuellen Grenzen der Institution<br />
Schule anerkennen. Viele der angedeuteten<br />
Ideen könnten besser organisiert<br />
wer<strong>den</strong>, wenn wir „Schule neu <strong>den</strong>ken“<br />
(von Hentig 2004) wür<strong>den</strong>. Solange dies<br />
nicht der Fall ist, müssen im kontextuellen<br />
Rahmen Grenzen ausgelotet und<br />
Handlungsfelder aufgetan wer<strong>den</strong>. Der<br />
spannende Focus, mit dem im Folgen<strong>den</strong><br />
das Grundkonzept eines performativen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s vor dem Hintergrund<br />
der beschriebenen Praxisfelder<br />
nochmals kritisch reflektiert wer<strong>den</strong> soll,<br />
ist eher konzeptioneller Art: Wie viel Religion<br />
darf überhaupt sein? Und passt der<br />
Begriff der „Inszenierung“?<br />
6.1 Inszenierung –<br />
ein umstrittener Begriff<br />
Mehrmals in diesem Beitrag wurde der<br />
Begriff „Inszenierung von Religion“ verwendet.<br />
Er provoziert vielleicht. Kann<br />
man Religion oder gar Glaube inszenieren?<br />
Theologisch lautet die Antwort<br />
eindeutig „nein“. Die gläubige Antwort<br />
des Menschen auf das vorausgehende<br />
Heilsangebot Gottes lässt sich nicht<br />
produzieren, schon gar nicht außengesteuert<br />
und im Kontext eines verpflichten<strong>den</strong><br />
schulischen <strong>Religionsunterricht</strong>s.<br />
Aber Lehrende können durchaus Umgebungen<br />
schaffen, in <strong>den</strong>en die Sensibilität<br />
<strong>für</strong> und die Plausibilität und I<strong>den</strong>tität<br />
von Religion gefördert wer<strong>den</strong> kann. Der<br />
Begriff der „Inszenierung“ will aber auch<br />
einen weiteren Aspekt zum Ausdruck<br />
10 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
ingen: Jede Form von Erfahrungs-Ermöglichung<br />
im <strong>Religionsunterricht</strong> trägt<br />
<strong>den</strong> Charakter eines spielerischen Probehandelns.<br />
Das Spiel ist etwas sehr<br />
Ernstes und Regelhaftes, es ist emotional<br />
geprägt und kommunikativ ausgehandelt,<br />
hat andererseits aber seinen<br />
begrenzten Raum und seine begrenzte<br />
Zeit. Damit unterscheidet sich die<br />
„Inszenierung von Religion“ auch von<br />
Katechese: Der Respekt vor anderen<br />
existentiellen und lebensgeschichtlichen<br />
Entscheidungen verbietet es, über <strong>den</strong><br />
Unterricht hinausreichende Konsequenzen<br />
„in Sachen Religion“ verbindlich vorzuschreiben.<br />
Es handelt sich also bei<br />
allen Formen der Inszenierung von Religion<br />
um ernsthafte, aber unverbindliche<br />
Tastversuche, ein Kennen lernen der<br />
Konkretionen von Religion, die <strong>für</strong> viele<br />
Schüler/innen eine fremde Welt darstellen.<br />
Auf einla<strong>den</strong>de Weise soll <strong>Religionsunterricht</strong><br />
„Sinn und Geschmack <strong>für</strong>s<br />
Unendliche“ (Schleiermacher) wecken.<br />
6.2 Grenzüberschreitungen?<br />
Trotzdem nochmals die Rückfrage: Vielleicht<br />
beschleicht einem doch beim<br />
einen oder anderen konkreten Feld<br />
Unbehagen. Ist das nicht zu vereinnahmend?<br />
Nebenbei bemerkt: Kein Sportlehrer,<br />
Musiklehrer, keine Handarbeitsoder<br />
Englischlehrerin würde auf das<br />
eigene Fach bezogen diese Anfrage<br />
verstehen. Schule versteht sich als verpflichtende<br />
Veranstaltung <strong>für</strong> alle Kinder<br />
und Jugendliche, zumindest im schulpflichtigen<br />
Alter. In diesem gesellschaftlichen<br />
Zwangsaggregat wer<strong>den</strong> Schüler<br />
immer auch zu Erfahrungen motiviert /<br />
veranlasst / gezwungen, die sie möglicherweise<br />
freiwillig nicht angehen wür<strong>den</strong>.<br />
Schule nötigt Schülern Erfahrungen<br />
auf, die Erwachsene <strong>für</strong> sinnvoll erachten.<br />
Das sehen im Konkreten die betroffenen<br />
Schüler ganz anders. Von dieser<br />
Perspektive aus betrachtet bin ich zunehmend<br />
selbstkritisch, ob nicht im<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> häufig zu defensiv<br />
argumentiert wird, wenn es darum geht,<br />
Kindern und Jugendlichen fremde Erfahrungen<br />
zuzumuten.<br />
6.3 Grenzziehungen<br />
Dennoch halte ich es angesichts der<br />
historischen Altlasten <strong>für</strong> sinnvoll, nach<br />
Entlastungs-Argumenten Ausschau zu<br />
halten, um <strong>den</strong> Verdacht eines Rückfalls<br />
in überwun<strong>den</strong>e katechetisch enggeführte<br />
Zeiten im <strong>Religionsunterricht</strong> auszuräumen:<br />
– Es handelt sich bei performativen<br />
Lernformen um ein Probehandeln<br />
„auf Zeit“. Schüler/innen sollen etwas<br />
ausprobieren aus dem Angebot christlicher<br />
Tradition, sie sollen sich auf neue<br />
Erfahrungen einlassen, ohne dass daraus<br />
eine dauerhafte existentielle Haltung<br />
wer<strong>den</strong> muss. Auch dieser Ansatz<br />
unterscheidet sich nicht von<br />
anderen Fächern: Man mutet Kindern<br />
und Jugendlichen zu, dass sie im<br />
Sportunterricht turnen, im Musikunterricht<br />
singen, sich im Kunstunterricht<br />
künstlerisch betätigen, in Deutsch<br />
einen Aufsatz schreiben und in englischer<br />
Sprache Konversation betreiben,<br />
ohne dass sie Leistungssportler,<br />
Sänger, Künstler, Journalist oder Übersetzer<br />
wer<strong>den</strong> müssten.<br />
– Wenn im Unterricht dissoziative mit assoziativen<br />
Elementen ergänzt wer<strong>den</strong><br />
(Schmid 2003), dann geschieht dies<br />
also auf experimentelle Weise, gelegentlich<br />
sehr sprunghaft und zumeist<br />
punktuell. Außerdem sollte das Erfahrungsangebot<br />
breit genug sein, um<br />
individuelle Füllungen vorzunehmen.<br />
Man nennt das ein Arbeiten mit<br />
„offenen Strukturen“. Wenn Kinder<br />
beispielsweise nach der Tsunami-Katastrophe<br />
über die Theodizee-Frage<br />
nach<strong>den</strong>ken, wieso dies Gott zugelassen<br />
habe, und ihr Nach<strong>den</strong>ken in eine<br />
Gebetsform bringen sollen, dann können<br />
bei solchen Prozessen Bittgebete<br />
<strong>für</strong> die Verstorbenen oder ihre Angehörigen,<br />
Anfragen an Gott oder eigene<br />
Ratlosigkeit zum Ausdruck kommen.<br />
– Probeaufenthalte in religiösen Welten<br />
beinhalten immer auch Fremdheitserfahrungen<br />
(Klie / Leonhard 2003,<br />
149). Einige Schüler wer<strong>den</strong> sich nach<br />
Thema<br />
dem Ausprobieren eindeutig positionieren<br />
(„das ist nichts <strong>für</strong> mich“), andere<br />
fin<strong>den</strong> vielleicht daran Geschmack.<br />
In einer Mittelstufenklasse wurde nach<br />
dem ersten Hören eines Taize-Lieds<br />
beispielsweise spontan geäußert: „af a<br />
soa Musik warn ma eha ned aus“;<br />
nach der meditativen Erfahrung der<br />
Taize-Spiritualität über eine Unterrichtsstunde<br />
hinweg äußerten immerhin<br />
einige Schüler: „des woar goa ned<br />
so schlecht“ – in der niederbayerischen<br />
Sprachform ist das schon fast<br />
ein Superlativ!<br />
– Wenn wir davon sprechen, man müsse<br />
„Religion inszenieren und reflektieren“<br />
oder die Partizipationskompetenz<br />
müsse die Deutekompetenz ergänzen,<br />
so sind jeweils beide Pole als gleich<br />
wichtig zu erachten. <strong>Religionsunterricht</strong><br />
ist als or<strong>den</strong>tliches Unterrichtsfach<br />
immer auch Unterricht „über“<br />
Religion. Deshalb erscheint mir in der<br />
Auflistung von Handlungsmöglichkeiten<br />
die Doppelpoligkeit „nicht nur“ –<br />
„sondern auch“ so bedeutsam zu<br />
sein. Das Anliegen eines erfahrungsorientierten<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>s würde<br />
missverstan<strong>den</strong>, wenn man dabei völlig<br />
auf diskursive Akte verzichten würde.<br />
Auch um <strong>den</strong> Vorwurf der Grenzüberschreitung<br />
zu entkräften, scheint<br />
es mir wichtig zu sein, darauf zu verweisen,<br />
dass im <strong>Religionsunterricht</strong><br />
keine religiöse Erfahrung ermöglicht<br />
wer<strong>den</strong> darf, die nicht zugleich auch<br />
einer Reflexion unterzogen wird, weil<br />
damit eine Distanz zur Erfahrung möglich<br />
wird. „Was macht das mit mir?“,<br />
könnte eine Grundformel <strong>für</strong> alle sozialen,<br />
meditativen, liturgischen oder<br />
existentiellen Erfahrungen sein. Durch<br />
einer distanzierte Reflexion und <strong>den</strong><br />
Austausch in der Lerngruppe wer<strong>den</strong><br />
Schüler/innen entscheidungsfähig,<br />
handlungsmächtig und religiös dialogfähig<br />
(vgl. Sekretariat der Deutschen<br />
Bischofskonferenz 2005, 27), entdecken<br />
die Qualität eines probehaften<br />
Zugriffs auf fremde Religion, fin<strong>den</strong><br />
Geschmack oder entschei<strong>den</strong> sich gegen<br />
bestimmte Riten, Modelle, Praktiken.<br />
Wir la<strong>den</strong> zu einer Praxis ein,<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 11
Thema<br />
deren nachhaltige Praktizierung selbstverständlich<br />
nicht vorgeschrieben wer<strong>den</strong><br />
kann! Der Verdacht, ein solches<br />
Plädoyer <strong>für</strong> einen performativen <strong>Religionsunterricht</strong><br />
bedeute einen Rückfall<br />
in zu Recht kritisierte deduktionistische<br />
Phasen vereinnahmender missionarischer<br />
Katechese, kann auch mit einem<br />
Verweis auf die grundlegende<br />
Lerntheorie des Konstruktivismus ausgeräumt<br />
wer<strong>den</strong> (vgl. Mendl 2005b):<br />
Gerade der Respekt vor der Selbst-<br />
Konstruktion jeglicher Lernender, die<br />
aus einer postmodernen Palette von<br />
Sinndeutungen Leben und Glauben<br />
konstruieren, ermöglicht es, selbstbewusst<br />
und entschie<strong>den</strong> „<strong>den</strong> Glauben<br />
vorzuschlagen“ (Brief der französischen<br />
Bischöfe 1996) und zum Ausprobieren<br />
und Reflektieren der Schätze<br />
christlicher Tradition einzula<strong>den</strong>.<br />
7. Kompetenzen der Lehren<strong>den</strong><br />
Abschließend stellt sich die Frage, welche<br />
Kompetenzen die Lehren<strong>den</strong> benötigen,<br />
um einen solchen performativen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> zu gestalten. Der<br />
„professionstypische Habitus“ (vgl. Ziebertz<br />
/ Heil / Mendl / Simon 2005) von<br />
Religionslehrern umfasst selbstverständlich<br />
alle „normalen“ Lehrerkompetenzen<br />
sowie solche, die man <strong>für</strong> einen allgemeinen<br />
„guten“ <strong>Religionsunterricht</strong> benötigt<br />
(z. B. neben der Sach- und didaktischen<br />
Kompetenz vor allem die Wahrnehmungskompetenz).<br />
Für die spezielle<br />
Gestalt eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s<br />
brauchen Religionslehrer/<br />
innen in weit höherem Maße<br />
– eine klar erkennbare konfessionelle<br />
I<strong>den</strong>tität, weil Lehrende anders als<br />
in einer reinen Religionskunde und<br />
von einer „Beobachterperspektive“<br />
aus (vgl. Sekretariat der Deutschen<br />
Bischofskonferenz 2005, 34) als<br />
authentische Zeugen gelebten Christentums<br />
bei aller Individualität und<br />
Kritikfähigkeit, die bereits die Würzburger<br />
Synode Lehrern zugesteht,<br />
gleichsam als personale Medien veranschaulichen,<br />
inwiefern Form und<br />
Inhalt von Religion <strong>für</strong> sie selber zusammengehören;<br />
– eine deutlich ausgeprägte Spiritualität<br />
und liturgische Kompetenz,<br />
weil die Inszenierung von Religion gerade<br />
in diesen Feldern Lehrende er-<br />
fordert, die über Rollensicherheit und<br />
eine spirituelle Sensibilität verfügen;<br />
– eine ausgeprägte Beziehungsfähigkeit,<br />
weil die permanente Fragestellung<br />
„was macht Religion mit mir?“<br />
nur in offenen Kommunikationsformen<br />
adäquat bewältigt wer<strong>den</strong> kann;<br />
– besonders aber eine gelassene<br />
Ambiguitäts-Toleranz – die Fähigkeit,<br />
Widersprüche und Entscheidungen<br />
gegen Religion bzw. einzelne vorgestellte<br />
Erfahrungswelten respektvoll<br />
auszuhalten –, weil nur diese Haltung<br />
davor bewahrt, <strong>den</strong> beschriebenen<br />
Rahmen nicht zu überschreiten.<br />
Ein Wahlspruch, der die Notwendigkeit<br />
einer Inszenierung von Religion untermauert,<br />
könnte ein Satz aus dem Exerzitien-Büchlein<br />
von Ignatius von Loyola<br />
bedeuten: „Nicht das Vielwissen sättigt<br />
die Seele und gibt ihr Genüge, sondern<br />
das Fühlen und Kosten der Dinge von<br />
innen“ (Ignatius von Loyola 19<strong>56</strong>, 7). In<br />
diesem Sinne möchte ich zu einem Mut<br />
zur Inszenierung von Religion(sunterricht)<br />
ermuntern!<br />
Literatur:<br />
Austin, John L. (1972), Zur Theorie der Sprechakte (How to to things with Words), Stuttgart.<br />
Baudler, Georg (2000), Liturgie und Ritual. Kirchlicher Gottesdienst oder Inszenierung von Religion durch Jugendliche? Neue Wahrnehmungs-, Gestaltungsund<br />
Handlungsaufgaben <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>, in: Groß, Engelbert / König, Klaus (Hg.), Religiöses Lernen der Kirchen im globalen Dialog. Weltweit akute<br />
Herausforderungen und Praxis einer Weggemeinschaft <strong>für</strong> Eine-Welt-Religionspädagogik, Münster, 359-366.<br />
Benner, Dietrich (2004), Bildungsstandards und Qualitätssicherung im <strong>Religionsunterricht</strong>, in: Theo-web. Zeitschrift <strong>für</strong> Religionspädagogik 3 (2004), <strong>Heft</strong> 2, 22-36.<br />
Dressler, Bernhard (2002), Darstellung und Mitteilung. Religionsdidaktik nach dem Traditionsabbruch, in: rhs 45 (2002), 11-19.<br />
Dressler, Bernhard (2004), Bildung – Religion – Kompetenz, in: ZPT <strong>56</strong> (2004), 258-263.<br />
Englert, Rudolf (2002), „Performativer <strong>Religionsunterricht</strong>?“ Anmerkungen zu <strong>den</strong> Ansätzen von Schmid, Dressler und Schoberth, in: rhs 45 (2000), 32-36.<br />
Forster, Edgar (2000), Kathole oder Sozi? Ortsanschauungen des Edgar Forster, <strong>München</strong>.<br />
Hentig, Hartmut von (2004), Die Schule neu <strong>den</strong>ken. Eine Übung in praktischer Vernunft, Weinheim.<br />
Ignatius von Loyola (19<strong>56</strong>), Die Exerzitien. Übertragen von Hans Urs von Balthasar, Einsiedeln.<br />
Klie, Thomas / Leonhard, Silke (Hg.) (2003), Schauplatz Religion. Grundzüge einer Performativen Religionspädagogik, Leipzig.<br />
Mendl, Hans (2004), Im Mittelpunkt der Mensch. Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen eines schülerorientierten <strong>Religionsunterricht</strong>s, Winzer.<br />
Mendl, Hans (Hg.) (2005a), Konstruktivistische Religionspädagogik, Münster.<br />
Mendl, Hans (2005b), Mehr als Re<strong>den</strong> über Religion. Die Bedeutung eines performativen <strong>Religionsunterricht</strong>s, in: Prisma RU. Impulse <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong>,<br />
hg. von der Hauptabteilung Schulen und Hochschule der Diözese Passau, Passau, 2005, 4-16.<br />
Moser, Tilman (1976), Gottesvergiftung, Frankfurt a. M.<br />
de Pater, Wim A. (1978), Der Sprechakt, seinen Glauben zu bekennen. Gottes Gegenwart in der Erschließungssprache christlicher Religion, in: Heinrich Fries u.a.,<br />
Möglichkeiten des Re<strong>den</strong>s über Gott, Düsseldorf, 31-<strong>56</strong>.<br />
Der <strong>Religionsunterricht</strong> in der Schule (1976), in: Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland. Beschlüsse, Offizielle Gesamtausgabe I,<br />
Freiburg u.a. 4. A., 113-152.<br />
Ringel, Erwin / Kirchmayer, Alfred (1986), Religionsverlust durch religiöse Erziehung. Tiefenpsychologische Ursachen und Folgerungen, Wien u.a.<br />
Schmid, Hans (2003), Assoziation und Dissoziation als Grundmomente religiöser Bildung. Zur Frage nach dem ‚Wozu’ religiöser Bildung heute,<br />
in: Religionspädagogische Beiträge 50/2003, 49-57.<br />
Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.) (2005), Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen, Bonn.<br />
Ziebertz, Hans-Georg / Heil, Stefan / Mendl, Hans / Simon, Werner (2005), Religionslehrerbildung an der Universität. Profession – Religion – Habitus, Münster.<br />
12 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Themenbereich 2.1<br />
Auf vielfältige Weise beten<br />
Dieser Lernweg wird hier exemplarisch<br />
<strong>für</strong> die zweite Jahrgangsstufe vorgestellt.<br />
Er eignet sich aber auch <strong>für</strong> die<br />
Jahrgangsstufe drei und vier um Kinder<br />
<strong>für</strong> das Thema Beten zu sensibilisieren.<br />
Die sieben Lernstationen wur<strong>den</strong> aus<br />
der Praxis heraus entwickelt.<br />
Vorüberlegungen<br />
Unserer Erfahrung nach bringen viele<br />
Schüler/innen zunehmend weniger Gebetserfahrung<br />
von zu Hause mit. In diesem<br />
Lernweg sollen die Schüler/innen<br />
sensibilisiert wer<strong>den</strong>, in verschie<strong>den</strong>en<br />
Lebenslagen mit Gott in Beziehung zu<br />
treten. Von großer Bedeutung ist, dass<br />
Schüler/innen zur Ruhe kommen, mit<br />
Formen des Betens vertraut wer<strong>den</strong> und<br />
so Gebetspraxis gewinnen.<br />
„An erster Stelle steht hierbei das<br />
vertraut machen mit Sprach- und Ausdrucksformen<br />
des Glaubens. (. . .) Sodann<br />
die Sprache der Gebete und der<br />
liturgischen Feiern, Gebetsgesten wie<br />
das Kreuzzeichen, die geöffneten oder<br />
gefalteten Hände, die Kniebeuge und<br />
anderes mehr. (. . .) Wichtig ist, dass die<br />
Bedeutung der Sprach- und Ausdrucksformen<br />
des Glaubens sich nicht hauptsächlich<br />
in distanzierter Betrachtung,<br />
sondern in ihrem Vollzug, im Probieren<br />
erschließt. Sie müssen getan wer<strong>den</strong>,<br />
um verstan<strong>den</strong> zu wer<strong>den</strong>.“ 1<br />
Der/Die Lehrer/in sollte sich bereits im<br />
Vorfeld überlegen, ob die Ergebnisse der<br />
einzelnen Stationen in einem kleinen<br />
Gebetbuch festgehalten, oder ob sie im<br />
Religionsheft zusammengetragen wer<strong>den</strong>.<br />
In jedem Fall sollen die Schüler/innen<br />
die jeweilige Überschrift übertragen.<br />
Die einzelnen Stationen wer<strong>den</strong> im Klassenzimmer<br />
an verschie<strong>den</strong>en Orten ausgelegt.<br />
Der Ort muss ansprechend gestaltet<br />
wer<strong>den</strong>. Die Schüler/innen beginnen<br />
gleichzeitig an je verschie<strong>den</strong>en<br />
Stationen. Es soll dem/der Schüler/in<br />
auch ermöglicht wer<strong>den</strong>, sich hinzusetzen,<br />
um ruhig arbeiten zu können<br />
d. h. auch, dass evtl. die gegebene Sitzordnung<br />
aufgehoben wer<strong>den</strong> muss.<br />
Für das Gelingen einer Stationenarbeit<br />
ist es wichtig, dass die Schüler/innen<br />
schon in die Regeln des freien Lernens<br />
eingeführt wor<strong>den</strong> sind, <strong>den</strong>n es ist vielen<br />
Schüler/inne/n fremd sich in einem<br />
bestimmten Lernrahmen frei zu bewegen.<br />
Aus der Praxis heraus ist es nötig, die<br />
Arbeitsaufträge der einzelnen Stationen<br />
und der Arbeitsregeln klar und präzise<br />
zu formulieren, damit die Schüler/innen<br />
ihre Arbeiten selbstständig erledigen<br />
können.<br />
Folgende Formulierungen können <strong>den</strong><br />
Schüler/inne/n helfen sich während der<br />
Stationenarbeit zu orientieren. Diese<br />
können auch als Regeln sichtbar auf ein<br />
Plakat geschrieben wer<strong>den</strong>.<br />
Regeln<br />
➢ Ich arbeite an <strong>den</strong> Stationen allein.<br />
➢ Ich bewege mich möglichst leise und<br />
rücksichtsvoll.<br />
➢ Ich rede im Flüsterton.<br />
➢ Ich gehe immer zur nachfolgen<strong>den</strong><br />
Station.<br />
1 Die deutschen Bischöfe 80, Der <strong>Religionsunterricht</strong> vor neuen Herausforderungen 16. Februar 2005, 25.<br />
Praxis Grundschule<br />
Stationenlernen zum Thema Beten<br />
Unterrichtspraktische Bausteine<br />
und Überlegungen zum Lernweg „Beten“<br />
Barbara Hofmann / Angelika Stock / Diane Weber<br />
➢ Ich gehe sorgfältig mit dem Material<br />
um und lasse es an der Station liegen:<br />
Auch andere arbeiten gern mit<br />
schönem und vollständigem Material.<br />
➢ Ich erledige alle meine Arbeitsaufträge.<br />
➢ Frage dich am Ende:<br />
– Habe ich alles gemacht, was ich<br />
– machen wollte?<br />
– Habe ich meine Aufgabe richtig<br />
– bearbeitet?<br />
– Habe ich das Arbeitsblatt or<strong>den</strong>tlich<br />
– geschrieben?<br />
– Ist das Material noch vollständig?<br />
Grobziel:<br />
Die Schüler/innen sollen Motive und<br />
Inhalte, Sprach- und Ausdrucksformen<br />
christlicher Gebetstradition anfanghaft<br />
kennen lernen und sich da<strong>für</strong> öffnen,<br />
eigene Formen des Betens zu entwickeln.<br />
Feinziele:<br />
Station 1:<br />
Die Schüler/innen sollen sich bewusst<br />
wer<strong>den</strong>, was Menschen empfin<strong>den</strong><br />
und <strong>den</strong>ken, wenn sie das Kreuzzeichen<br />
machen.<br />
Station 2:<br />
Die Schüler/innen wer<strong>den</strong> sich bewusst,<br />
dass Menschen, wenn sie<br />
ruhig wer<strong>den</strong>, gut beten können.<br />
Station 3:<br />
Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />
dass Menschen im Gebet, das ausdrücken,<br />
was sie bewegt.<br />
Station 4:<br />
Die Schüler/innen sollen Gebete unterschiedlicher<br />
Gebetszeiten kennen<br />
lernen.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 13
Praxis Grundschule<br />
Station 5:<br />
Die Schüler/innen erfahren, dass man<br />
in Psalmworten auf vielfältige Weise<br />
mit Gott sprechen kann.<br />
Station 6:<br />
Die Schüler/innen öffnen sich <strong>für</strong> die<br />
Botschaft, dass Gott wie ein „Guter<br />
Hirte“ <strong>für</strong> sie sorgt.<br />
Station 7:<br />
Die Schüler/innen wer<strong>den</strong> aufmerksam,<br />
mit welchen Worten sie ihren<br />
Gedanken und Gefühlen vor Gott<br />
Ausdruck verleihen.<br />
Station 1a: Das Kreuzzeichen<br />
Material: Schachtel mit feinem Sand,<br />
Gefäß mit Wasser, Draht (z. B. Pfeifenputzer)<br />
und Perlen<br />
> Zeichne in <strong>den</strong> Sand ein Kreuzzeichen<br />
oder berühre mit Wasser deine Stirn,<br />
deinen Mund und deine Brust.<br />
Gestaltungsanleitung: Von oben senkrecht<br />
wer<strong>den</strong> drei Perlen aufgefädelt,<br />
anschließend biegst du das Drahtende<br />
um. Das Gleiche wiederholst du rechts<br />
und links. Unten fädelst du sechs Perlen<br />
auf.<br />
Sage dabei in Gedanken: „Im Namen<br />
des Vaters und des Sohnes und des<br />
Heiligen Geistes. Amen.“<br />
> Spüre nach, was du fühlst, wenn<br />
du dich mit dem Kreuzzeichen bezeichnest.<br />
> Nimm dir ein Kreuz aus Draht (z. B.<br />
einen Pfeifenputzer auf 25 cm und<br />
einen auf 17 cm) und 15 Perlen und<br />
gestalte dein eigenes Kreuz nach der<br />
Anleitung!<br />
> Du kannst das Kreuz mit nach Hause<br />
nehmen und es aufhängen!<br />
Station 1b: Das Kreuzzeichen<br />
Material: Kassettenrecorder, Hörkassette<br />
> Schalte <strong>den</strong> Kassettenrecorder an und<br />
höre aufmerksam zu.<br />
> Menschen, die das Kreuzzeichen<br />
machen, <strong>den</strong>ken sich etwas dabei.<br />
Schreibe in dein <strong>Heft</strong>.<br />
Station 2a: Ruhig wer<strong>den</strong>,<br />
sich sammeln und besinnen<br />
Material: Holzschale, Murmel<br />
> Nimm die Holzschale in die Hand,<br />
lege eine Murmel hinein. Rolle die<br />
Murmel in der Schale vorsichtig rundherum.<br />
Betrachte das Drehen der<br />
Murmel, höre <strong>den</strong> Klang und versuche<br />
ruhig zu wer<strong>den</strong>. Fühle in dich hinein!<br />
Wie geht es dir dabei?<br />
> Sicherlich kennst du einige Situationen,<br />
in <strong>den</strong>en du so zur Ruhe<br />
kommst. In der Ruhe kannst du gut<br />
deinen Gefühlen und Gedanken Raum<br />
geben.<br />
> Manche Gedanken und Gefühle<br />
kannst du Gott im Gebet anvertrauen.<br />
Menschen sagen, wenn ich ruhig<br />
gewor<strong>den</strong> bin, kann ich gut beten<br />
und...<br />
Schreibe auf<br />
> Wenn du möchtest, nimm die Holzschale<br />
noch einmal in die Hand.<br />
Station 2b:<br />
Beten bedeutet <strong>für</strong> mich . . .<br />
Material: <strong>Heft</strong><br />
> Überlege und vervollständige dann<br />
folgende Sätze in dein <strong>Heft</strong>:<br />
„Wenn ich bete,<br />
– <strong>den</strong>ke ich an...<br />
– fühle ich...<br />
– nehme ich mir vor. . .<br />
> Male dazu ein Bild!<br />
Station 3:<br />
Beten kann <strong>für</strong> mich sein . . .<br />
Material: AB mit einer Blume mit vier<br />
Blütenblättern<br />
Wusstest du auch, dass Beten sein<br />
kann:<br />
suchen – kommen – helfen – öffnen –<br />
da sein – sprechen – sehen – erkennen<br />
– jammern – schauen – nach<strong>den</strong>ken –<br />
horchen – singen – jauchzen – jubeln –<br />
schweigen – sich freuen - weinen – still<br />
wer<strong>den</strong> – hoffen – knien – stehen –<br />
sorgen – re<strong>den</strong> – loslassen – annehmen<br />
– vertrauen – lesen – tanzen – zuwen<strong>den</strong><br />
– ruhen – staunen – bemühen –<br />
warten – hören – schenken – fühlen –<br />
fin<strong>den</strong> – einsehen – geben – erfahren –<br />
bejahen – glauben – leben – lieben – anschauen<br />
– sich aussprechen können –<br />
Kraft schöpfen – Hände falten – . . .<br />
> Lies alle Wörter aufmerksam durch.<br />
> Suche Wörter aus, die dich ansprechen.<br />
> Nimm das Arbeitsblatt mit der Blume<br />
und schreibe in die Blume:<br />
„Beten bedeutet <strong>für</strong> mich..., weil...“<br />
Ergänze <strong>den</strong> Satz mit deinen eigenen<br />
Wörtern.<br />
> Du kannst die Blume bunt gestalten,<br />
schneide sie dann aus.<br />
Klebe die Blume in dein <strong>Heft</strong>!<br />
14 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Station 4:<br />
Morgen-, Tisch- und Abendgebete<br />
Material: Arbeitsblätter mit verschie<strong>den</strong>en<br />
Gebeten<br />
> Suche dir ein Morgengebet aus.<br />
> Beschrifte die nächste Seite deines<br />
<strong>Heft</strong>es mit der Überschrift MORGEN-<br />
GEBET.<br />
> Klebe dein Gebet or<strong>den</strong>tlich ein und<br />
verziere es.<br />
> Schreibe darunter die Überschrift<br />
TISCHGEBET!<br />
> Suche dir eines aus, klebe es ein und<br />
verziere es!<br />
> Mach es ebenso mit dem ABEND-<br />
GEBET!<br />
> Suche dir jetzt in deinem <strong>Heft</strong> ein Gebet<br />
aus, das dich anspricht und lerne<br />
dieses Gebet auswendig!<br />
Station 5: Psalmen<br />
Material: Arbeitsblatt mit Psalmworten<br />
> Lies die vier Psalmworte durch und ergänze<br />
jeweils <strong>den</strong> Satzanfang.<br />
> Überlege, wo<strong>für</strong> du Gott loben, danken,<br />
dich beklagen oder bitten kannst.<br />
Wähle dir ein Psalmwort aus, das<br />
deine Gedanken ausdrückt!<br />
> Du kannst auch selber ein Psalmwort<br />
schreiben. Überlege, wo<strong>für</strong> du Gott loben,<br />
danken, dich beklagen oder bitten<br />
möchtest.<br />
Station 6:<br />
Der Gute Hirt (nach Psalm 23)<br />
Material: Textblatt mit Psalm 23,1-4,<br />
Wasserfarben, Pinsel, Ölkrei<strong>den</strong>, Buntstifte,<br />
<strong>Heft</strong><br />
Seit langer Zeit beten Menschen diesen<br />
Psalm.<br />
> Bete auch du diesen Psalm in Stille.<br />
Praxis Grundschule<br />
Viele Sprachbilder kommen im Psalm<br />
vor.<br />
> Suche dir ein Bild aus, nimm Farben<br />
deiner Wahl und male ein Bild aus<br />
dem Psalm in dein <strong>Heft</strong>. Wenn du mit<br />
Wasserfarben malen möchtest, nimm<br />
ein weißes Blatt, male darauf und<br />
klebe es in dein <strong>Heft</strong>, wenn es trocken<br />
ist!<br />
> Suche zu deinem Bild eine eigene<br />
Überschrift.<br />
Station 7:<br />
Ein eigenes Gebet schreiben<br />
> Schreibe dein eigenes Gebet auf!<br />
Überlege dir, wie du Gott ansprichst.<br />
Du kannst ihn loben, ihm <strong>für</strong> etwas<br />
danken, ihn um etwas bitten oder ihm<br />
deinen Kummer anvertrauen.<br />
> Schreibe dein Gebet in das <strong>Heft</strong> und<br />
verziere es!<br />
zu Station 1b: Hörtext<br />
Wichtig: der Text soll von einem<br />
Kind aus einer anderen Klasse<br />
gesprochen wer<strong>den</strong>! (Cassettenaufnahme)<br />
Menschen bekreuzigen sich.<br />
Kennst du <strong>den</strong> Grund da<strong>für</strong>?<br />
Wenn wir die Stirn berühren,<br />
wen<strong>den</strong> wir uns Gott zu.<br />
Denn: All unsere Gedanken sind<br />
in unserem Kopf,<br />
wir <strong>den</strong>ken jetzt an Ihn.<br />
Wenn wir unsere Brust berühren,<br />
wissen wir, dass Gott uns liebt.<br />
Denn: Unsere Gefühle sind in<br />
unserem Herzen,<br />
wir dürfen ihm nahe sein.<br />
Wenn wir unsere Schultern berühren,<br />
<strong>den</strong>ken wir an die anderen<br />
Menschen um mich herum,<br />
die Gott genauso liebt wie mich.<br />
Ich spreche:<br />
Im Namen des Vaters<br />
und des Sohnes<br />
und des Heiligen Geistes.<br />
Amen.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 15
Praxis Grundschule<br />
16<br />
zu Station 4: Morgen-,<br />
Tisch- und Abendgebete<br />
Morgengebete<br />
Guter Gott, wir freuen uns auf diesen<br />
neuen Tag.<br />
Wir haben Zeit miteinander zu lernen<br />
und zu spielen.<br />
Wir wollen mehr erfahren über die Welt,<br />
die Menschen und über Dich.<br />
Amen.<br />
Ich danke dir, Du großer Gott,<br />
<strong>für</strong> diesen neuen Morgen.<br />
Du liebst die ganze, weite Welt,<br />
und bist bei uns an diesem Tag.<br />
Amen.<br />
Von Gott behütet steh ich auf,<br />
er leitet mich in meinem Lauf.<br />
Er bleibt bei mir auf allen Wegen<br />
mit seiner Kraft und seinem Segen.<br />
Amen.<br />
zu Station 5: Psalmen<br />
Alles, was atmet,<br />
lobe <strong>den</strong> Herrn.<br />
Ps 150,6<br />
Du lässt Gras wachsen<br />
<strong>für</strong> das Vieh,<br />
auch Pflanzen <strong>für</strong><br />
die Menschen.<br />
Ps 104,14<br />
Denk an mich, Herr,<br />
such mich auf und<br />
bring mir Hilfe.<br />
Ps 106,4<br />
Mein Gott,<br />
ich rufe bei Tag,<br />
doch du gibst keine Antwort,<br />
ich rufe bei Nacht<br />
und finde doch keine Ruhe.<br />
Ps 22,3<br />
Tischgebete<br />
Gott, wir freuen uns auf das<br />
gemeinsame Essen.<br />
Wir danken Dir <strong>für</strong> die Speisen und<br />
Getränke.<br />
Du öffnest <strong>für</strong> uns deine milde Hand,<br />
weil Du gut bist.<br />
Amen.<br />
Guter Gott,<br />
durch deine Güte leben wir<br />
und, was wir haben kommt von dir.<br />
Drum lass uns auch an andre <strong>den</strong>ken,<br />
von deinen Gaben weiterschenken.<br />
Amen.<br />
Herr, unser Gott, Schöpfer der Welt,<br />
wir danken dir <strong>für</strong> diese Speise,<br />
die Frucht der Erde<br />
und der menschlichen Arbeit.<br />
Wir bitten dich um deinen Segen.<br />
Amen.<br />
Alle guten Gaben,<br />
alles, was wir haben,<br />
kommt, o Gott, von Dir.<br />
Wir danken Dir da<strong>für</strong>.<br />
Amen.<br />
Menschen loben Gott, weil . . .<br />
Menschen danken Gott, weil . . .<br />
Menschen bitten Gott, weil . . .<br />
Menschen klagen zu Gott, weil . . .<br />
Abendgebete<br />
Die Nacht bricht an<br />
über Stadt und Feld.<br />
Gott, segne die Erde,<br />
behüte die Welt.<br />
Amen.<br />
Jesus, ich liege im Bett.<br />
Vor dem Einschlafen möchte ich dir<br />
sagen:<br />
Danke <strong>für</strong> <strong>den</strong> Tag,<br />
danke <strong>für</strong> die Sonne,<br />
danke <strong>für</strong> alles.<br />
Amen.<br />
Ich bitt dich, Herr, durch deine Macht,<br />
behüte mich in dieser Nacht,<br />
dass ich in Frie<strong>den</strong> schlafen mag,<br />
stärk mich zu einem neuen Tag.<br />
Amen.<br />
Literaturhinweise:<br />
Mitten unter uns. Gebete und Lieder <strong>für</strong> die<br />
Grundschule.<br />
Don Bosco/Diesterweg Verlag 2004<br />
Norbert Weidinger, Meine schönsten Gebete.<br />
Kinder sprechen mit Gott, Augsburg<br />
(Weltbild Verlag) 1998<br />
Zu Station 5: Psalmworte<br />
Loben:<br />
Loben sollen sie<br />
<strong>den</strong> Namen des Herrn;<br />
<strong>den</strong>n er gesprochen und<br />
sie waren erschaffen.<br />
nach Ps 148,5<br />
Fürchte dich nicht,<br />
ich bin bei dir.<br />
Weiche nicht,<br />
<strong>den</strong>n ich bin dein Gott.<br />
Ich stärke dich,<br />
ich helfe dir und halte dich.<br />
Jes 41,10
Danken:<br />
Der Herr ist meine Kraft<br />
und mein Schild,<br />
mein Herz vertraut ihm.<br />
Mir wurde geholfen.<br />
Da jubelte mein Herz;<br />
ich will ihm danken mit<br />
meinem Lied.<br />
Ps 28,7<br />
Loben sollen sie<br />
<strong>den</strong> Namen des Herrn;<br />
<strong>den</strong>n sein Name allein<br />
ist erhaben,<br />
seine Hoheit strahlt<br />
über Erde und Himmel.<br />
Ps 148,13<br />
Der Herr ist meine Kraft<br />
und mein Schild,<br />
mein Herz vertraut ihm.<br />
Mir wurde geholfen.<br />
Da jubelte mein Herz;<br />
ich will ihm danken mit<br />
meinem Lied.<br />
Ps 28,7<br />
Sie alle sollen dem Herrn<br />
danken<br />
<strong>für</strong> seine guten Taten,<br />
<strong>für</strong> sein<br />
wunderbares Tun an <strong>den</strong><br />
Menschen<br />
Ps 107,8<br />
Denn ich bin der Herr,<br />
dein Gott,<br />
der deine rechte Hand fasst<br />
und zu dir spricht:<br />
Fürchte dich nicht, ich helfe dir.<br />
Jes 41,13<br />
Bitten:<br />
Bist du bei mir,<br />
kann ich nicht fallen.<br />
Darum<br />
freut sich mein Herz!<br />
Ps 16,8<br />
Herr, ich suche Zuflucht<br />
bei dir.<br />
Lass mich doch<br />
niemals scheitern;<br />
rette mich!<br />
Ps 31,2<br />
Sei mir eine sichere Zuflucht,<br />
wohin ich allzeit kommen darf.<br />
Du hast mir versprochen<br />
zu helfen.<br />
Ps 71,3<br />
Wenn du<br />
die Menschen lieb hast,<br />
<strong>den</strong>k auch an mich.<br />
Ps 106,4<br />
Zeige mir <strong>den</strong> Weg,<br />
<strong>den</strong> ich gehen soll.<br />
Ich lege mein Leben in deine<br />
Hand.<br />
Ps 143,8<br />
Praxis Grundschule<br />
Klagen:<br />
Ich bin so einsam<br />
und mir ist<br />
so elend.<br />
Ps 25,16<br />
Auch wenn ich selber allen<br />
Mut verliere,<br />
du Herr weißt,<br />
wie es mit mir weitergeht.<br />
Ps 63,9<br />
Die Angst<br />
meines Herzens<br />
ist groß<br />
Ps 27,10<br />
Ich rufe <strong>den</strong> ganzen Tag,<br />
doch du<br />
gibst keine Antwort.<br />
Ps 25,16<br />
zu Station 6: Der Gute Hirt –<br />
nach Psalm 23, 1–4<br />
Der Herr ist mein Hirte,<br />
nichts wird mir fehlen.<br />
Er lässt mich lagern auf grünen Wiesen<br />
und führt mich zum Ruheplatz am<br />
Wasser.<br />
Muss ich auch wandern in finsterer<br />
Schlucht,<br />
ich <strong>für</strong>chte mich nicht;<br />
<strong>den</strong>n du, Herr, bist bei mir.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 17
Praxis Hauptschule<br />
Heilung der gekrümmten Frau (Lk 13, 10-13)<br />
Sabine Wolf / Markus Wolf<br />
Themenbereich 7.1<br />
Das macht Mut – Jesu Botschaft<br />
vom Reich Gottes<br />
Siehe hier besonders 7. 1. 2 Jesus verheißt<br />
Leben – das Reich Gottes bricht<br />
an<br />
– in Jesu Umgang mit <strong>den</strong> Menschen<br />
wird Gottes Reich sichtbar und erlebbar.<br />
– Unsere Unterrichtsbausteine stellen<br />
einen Versuch dar, performative Elemente<br />
in einer Unterrichtsstunde darzustellen.<br />
Wir lassen uns von dem<br />
Grundsatz leiten: Von „außen“ nach<br />
„innen“, wobei die einzelnen Phasen<br />
fließend ineinander übergehen, d. h.<br />
auf die Person und deren Situation<br />
schauen („außen“) und immer mehr<br />
zu meiner eigenen Situation wer<strong>den</strong><br />
lassen („innen“). 1 Die Unterrichtsbausteine<br />
zeigen auf, wie ein allgemeines<br />
Beispiel (gekrümmte Person) mit<br />
einer I<strong>den</strong>tifikationsgeschichte (Anna)<br />
und der Bibelperikope wiederholt miteinander<br />
vernetzt wer<strong>den</strong>, d. h. dass<br />
Außen- und Innenansicht miteinander<br />
verknüpft wer<strong>den</strong>. Die Erfahrungen<br />
von Anna können <strong>den</strong> Schüler/innen<br />
Anlass bieten eigene Erfahrungen zu<br />
reflektieren, sich mit der Frage nach<br />
der eigenen Lebenssituation zu beschäftigen.<br />
Diese Reflexion soll sich<br />
im geschützten Raum ereignen; jeder/<br />
jede Schüler/in braucht nur so viel<br />
offen zu legen und zu verbalisieren,<br />
wie er/sie selbst es möchte.<br />
Hinführung:<br />
• Im Bild (visueller Impuls/siehe Tafelbild)<br />
eines gekrümmten Menschen eröffnet<br />
sich <strong>für</strong> uns ein Teil seiner Erfahrung:<br />
– er wurde schlecht behandelt<br />
– er erfuhr Leid<br />
– ihn bedrückt etwas<br />
(Schülerbeispiele)<br />
Erarbeitung:<br />
1 Konrad Bürgermeister, in: prisma 1/2005, Wege der I<strong>den</strong>tifikation, 25.<br />
• Lehrererzählung (M1) „Geschichte von<br />
Anna“<br />
• Schüler/innen benennen die Elternbotschaften,<br />
die weh tun und niederdrücken<br />
(Diese Negativbotschaften<br />
wer<strong>den</strong> wie ein Schatten um <strong>den</strong><br />
Rücken des gekrümmten Menschen<br />
herum geschrieben.)<br />
– Du Verräterin!<br />
– Du bist schuld!<br />
– Ich habe deine Mutter nur wegen<br />
dir heiraten müssen!<br />
• Schüler/innen assoziieren weitere Sätze<br />
verschie<strong>den</strong>er Menschen, die „fertig<br />
machen“. (Auch diese Botschaften ergänzen<br />
<strong>den</strong> Schatten)<br />
– Du Schulversagerin“<br />
– Wie du es machst wird es falsch!<br />
– Nur wegen dir!<br />
• Kennen lernen der Bibelperikope Lk<br />
13, 10 – 13<br />
• Schüler/innen vermuten, was die Frau<br />
niederschlägt.<br />
• Schüler/innen verfolgen <strong>den</strong> Heilungsweg<br />
in einzelnen Schritten nach (Wortoder<br />
Bildkarten). Diese Wort- oder<br />
Bildkarten wer<strong>den</strong> so an die Tafel angebracht,<br />
dass sie <strong>den</strong> Schatten aufbrechen.<br />
– Jesus sieht die Frau an.<br />
– Er spricht sie an.<br />
– Er berührt sie.<br />
– Er heilt sie.<br />
Transfer<br />
• Jesus ruft die gekrümmte Frau zu sich.<br />
Die Frau öffnet sich, glaubt. Sie erfährt,<br />
dass Zuwendung heilt.<br />
Wenn Anna sich öffnen könnte <strong>für</strong>. . .<br />
– ein gutes Wort, eine Aussprache<br />
– eine helfende Hand, konkrete Hilfe<br />
– <strong>den</strong> Blick in ihr Inneres<br />
– einen Neuanfang (in Schule,<br />
Freundeskreis, Familie?)<br />
Ausdruck und Gestaltung<br />
• Wenn Anna zu glauben beginnt, dass<br />
ihr Leben wertvoll ist, kann sie sich<br />
auf- machen, auf- richten. Schüler/<br />
innen schreiben <strong>für</strong> Anna „Erfolgsgeschichten“<br />
am Handlungsmuster der<br />
Wunderperikope.<br />
• Schüler/innen geben ihren Geschichten<br />
spielerischen Ausdruck (Rollenspiel).<br />
M 1: Lehrererzählung<br />
Geschichte von Anna<br />
Anna ist 15. Sie lebt seit der Scheidung<br />
ihrer Eltern in einem Mädchenwohnheim<br />
in Schwabing.<br />
Ständig gab es zuhause Streit ums<br />
Geld, seit der Vater arbeitslos wurde.<br />
Die Mutter zog mit dem kleinen Bruder<br />
aus. Konnte nicht mehr. Obwohl die<br />
Mutter sie anflehte mitzugehen, blieb<br />
Anna bei ihrem Vater. Die Mutter schrie<br />
18 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
sie an: “Du Verräterin, ich brauche dich!“<br />
Anna konnte nicht. Sie blieb, auch als<br />
der Vater anfing zu trinken und abends<br />
oft spät nach Hause kam. Es gab Tage,<br />
da kam er gar nicht heim. Einmal, als er<br />
sehr betrunken war, sagte er: „Ohne<br />
dich wäre das alles nicht so weit gekommen.<br />
Ich habe deine Mutter nur<br />
wegen dir heiraten müssen. War ich<br />
blöd!“ Anna versucht, das zu vergessen,<br />
sie kann es nicht. Sie weint oft,<br />
schwänzt die Schule und beginnt, sich<br />
selbst zu hassen. „Ich bin schuld an <strong>den</strong><br />
ganzen Problemen“, <strong>den</strong>kt sie. Sie zieht<br />
sich zurück, hat kaum mehr Freunde,<br />
streicht ihre Zimmerwände schwarz und<br />
verabscheut die Welt. Das Schlimmste:<br />
Die Sätze ihrer Eltern bedrücken sie<br />
schwer..., wie ein Schatten, der über ihr<br />
liegt.<br />
Heilung der gekrümmten Frau<br />
Praxis Hauptschule<br />
Jesus sieht<br />
sie an.<br />
Er spricht<br />
mit ihr.<br />
Zuwendung<br />
Jesu<br />
heilt<br />
Jesus berührt<br />
die Frau.<br />
Er richtet<br />
sie auf.<br />
Aufbruch<br />
Anna könnte<br />
sich aussprechen,<br />
z. B.<br />
mit ihrer<br />
Mutter . . .<br />
vielleicht<br />
nimmt sie die<br />
dann in <strong>den</strong><br />
Arm.<br />
Geplantes Tafelbild bzw. ausgefülltes Arbeitsblatt 1<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 19
Praxis Hauptschule<br />
Wege im Vertrauen gehen – Die Erfahrungen von Jeremia<br />
(Jer 1- 36; 38, 1 – 6)<br />
Angelika Stock<br />
7. 5 Wer bin ich, wie will ich<br />
wer<strong>den</strong> – Auf der Suche nach<br />
sich selbst<br />
Das Thema „Auf der Suche nach sich<br />
selbst“, greift das Leitmotiv der Jahrgangsstufe<br />
7 auf: Selbstwertgefühl, sich<br />
angenommen wissen und sich bejahen<br />
können.<br />
Ein Grund <strong>für</strong> die Wahl Jeremias finde<br />
ich in <strong>den</strong> Handreichungen zum Lehrplan:<br />
„Die Schüler/innen der 7. Jahrgangsstufe<br />
stehen nicht selten in inneren<br />
und äußeren Spannungssituationen.<br />
Die Suche nach sich selbst, nach dem,<br />
was die eigene Person positiv kennzeichnet,<br />
wird zuweilen von Unsicherheit,<br />
Unzufrie<strong>den</strong>heit und Minderwertigkeitsgefühlen<br />
begleitet. Leitbilder und<br />
Leitfiguren können junge Menschen herausfordern,<br />
ihre eigenen Lebensvorstellungen<br />
und Wünsche wahrzunehmen<br />
und sich etwas zuzutrauen.“ 1<br />
Jugendsoziologische und entwicklungspsychologische<br />
Untersuchungen betonen<br />
die verstärkte Bedeutung „vorbildhafter<br />
Gestalten“ <strong>für</strong> Jugendliche<br />
in der gegenwärtigen Gesellschaft und<br />
dies gerade dann, wenn es sich nicht<br />
um idealisierte Heiligengestalten handelt,<br />
sondern um vielschichtige, in ihrer<br />
Widersprüchlichkeit und Gebrochenheit<br />
subjektiv glaubwürdige Persönlichkeiten.<br />
Für eine solche Begegnung bietet sich<br />
Jeremia geradezu an, <strong>den</strong>n grundlegende<br />
Fragen des Menschseins wer<strong>den</strong><br />
thematisiert: An ihm wird sichtbar, dass<br />
Selbstbewusstsein und Glaubwürdigkeit<br />
in der Beziehung zu Gott ein tragfähiges<br />
Fundament fin<strong>den</strong>. Jeremia wird von<br />
Gott zu einer bestimmten Aufgabe berufen<br />
(Jer 1). Er lässt sich auf diese<br />
intensive Bindung mit Gott ein, die von<br />
tiefem Vertrauen geprägt ist, auch wenn<br />
Jeremia nicht weiß, wohin sein Weg mit<br />
Gott ihn führen wird.<br />
Die Schüler/innen sollen in Jeremia aber<br />
keinen „perfekten Menschen“ sehen,<br />
dem mit Gottes Hilfe alles gelingt. Die<br />
Zusage Gottes „Ich bin immer bei dir“,<br />
ist nicht gleichbedeutend mit „Ich räume<br />
dir alle Probleme aus dem Weg, dir wird<br />
es nur noch gut gehen“. Jeremias Weg<br />
mit Gott führt in Ablehnung und Verfolgung.<br />
Ein Weg mit Gott und so viel Leid<br />
und Misserfolg? Für die Schüler/innen<br />
sicher eine sehr provokante Stunde.<br />
Und doch erhält die Botschaft und der<br />
Weg Jeremias eine besondere Note<br />
durch seine persönlich geprägte Beziehung<br />
zu Gott. Selbst im tiefsten Leid<br />
spricht er Worte des Vertrauens und der<br />
Hingabe. Hier offenbart sich Jeremia als<br />
ein Mensch, der in Grenzsituationen<br />
bestehen kann, weil sein Vertrauen auf<br />
Gott grenzenlos ist. Er verlässt sich in<br />
gläubigem Vertrauen auf die Güte und<br />
Liebe Gottes.<br />
Diese Botschaft kann die Schüler ermutigen,<br />
Vertrauen zu wagen und auch in<br />
schwierigen Situationen an Gott festzuhalten.<br />
Im Lehrplan der Hauptschule <strong>für</strong> die<br />
achte Klasse kann der Prophet Jeremia<br />
unter anderen Gesichtspunkten behandelt<br />
wer<strong>den</strong>. Im Lernbereich 8.6.3<br />
Frauen und Männer der Bibel – Mut zu<br />
unangepasstem Leben; Propheten erfahren<br />
und bezeugen <strong>den</strong> „An-spruch“<br />
Gottes.<br />
1 Katholisches Schulkommissariat in Bayern: Handreichungen, Der Lehrplan, Katholische Religionslehre,<br />
Einführung und Grundlegung, Arbeitshilfen zum Lehrplan Katholische Religionslehre an der Hauptschule,<br />
<strong>München</strong> 1997, 68.<br />
Hinweis: Die folgende Stunde ist als<br />
Doppelstunde konzipiert.<br />
Stun<strong>den</strong>ziel: Die Schüler/innen sollen<br />
erkennen, dass sie auf ihren Lebenswegen<br />
immer wieder in Gott Halt fin<strong>den</strong><br />
können.<br />
Feinziele:<br />
• Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />
dass Menschen in ihrem Leben in<br />
Situationen kommen, in <strong>den</strong>en sie Halt<br />
und Vertrauen brauchen.<br />
• Die Schüler/innen lernen die Berufungsgeschichte<br />
des Jeremia kennen<br />
und wer<strong>den</strong> sich bewusst, dass Jeremia,<br />
im Vertrauen auf Gott, seine Worte<br />
mutig verkündet.<br />
• Die Schüler/innen sollen erkennen,<br />
dass Jeremia auch in Schwierigkeiten<br />
und im Scheitern Gott vertraut und<br />
an ihm festhält. Dabei können sie<br />
sich öffnen <strong>für</strong> die Hoffnungsworte des<br />
Jeremia.<br />
Einstieg / Motivation:<br />
Die Schüler/innen sollen das Lied „Dieser<br />
Weg“ von Xavier Naidoo (Text M1)<br />
bewusst anhören. (zwei Mal das Lied<br />
hören und Worte aufschreiben; <strong>den</strong> Text<br />
lesen).<br />
In Partnerarbeit sollen sie dann erarbeiten:<br />
Überlege:<br />
➢ Xavier Naidoo hat etwas gefun<strong>den</strong>,<br />
das ihm klar gewor<strong>den</strong> ist.<br />
➢ Notiert in einem Schreibgespräch<br />
(großes Plakat), was ihm klar gewor<strong>den</strong><br />
ist.<br />
20 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Erarbeitung I:<br />
Lehrererzählung 1<br />
Ausgewählte Zusammenfassung nach Einheitsübersetzung Jer 1,1-10<br />
Diese Vertrauenserfahrungen sind <strong>für</strong><br />
Menschen nicht neu. Schon vor 2600<br />
Jahren erzählt der Prophet Jeremia davon.<br />
Um einen „Perspektivenwechsel“<br />
vorzunehmen, schlüpft der Lehrer in ein<br />
Gewand (z. B. ein Mantel oder Umhang).<br />
Es ist das „Gewand des Erzählers. Die<br />
Schüler/innen lernen nun <strong>den</strong> Bibeltext<br />
durch die Lehrererzählung kennen (Mögliche<br />
Lehrererzählung siehe Kasten).<br />
Sicherung der Erzählung, auf individuelle<br />
Lehrerart.<br />
Vertiefung/Ausdruck:<br />
Die Schüler/innen sollen eine Rede<br />
schreiben, die die Worte des Jeremia<br />
wiedergibt:<br />
➢ Du bist Jeremia. Geh heute zu<br />
<strong>den</strong> Menschen und trau Dich, ihnen<br />
Gottes Worte zu sagen!<br />
Das Arbeitsblatt (M 3) hilft dir dabei.<br />
Die Schüler/inne/n sollen stimmige<br />
„Worte des Herrn, die an Jeremia ergingen“,<br />
fin<strong>den</strong> und erfin<strong>den</strong>. Deshalb<br />
wer<strong>den</strong> Worte vorgegeben, mit <strong>den</strong>en<br />
die Schüler/innen sinnvolle Sätze bil<strong>den</strong><br />
können (eventuell Wortkarten an der<br />
Tafel gruppieren):<br />
• Lauge; Seife; Schmutzfleck; waschen;<br />
(Jer 2,22)<br />
• Götter; Gott/Jahwe; fremd; verlassen;<br />
dienen; anbeten; (Jer 5,18)<br />
• Gewinn; Betrug; Rechenschaft;<br />
verlieren; verlangen; (Jer 6,13-15)<br />
• Stimme, Gott/Jahwe, Rücken,<br />
hartnäckig, abwen<strong>den</strong>; (Jer 7,24-27)<br />
• Götzenbilder; Gold; Silber; Holz;<br />
Handwerker; Gott/Jahwe; Wahrheit;<br />
herstellen, anbeten; (Jer 10,8-11)<br />
Praxis Hauptschule<br />
Jeremia wohnte mit seiner Familie, mit seinen Eltern, Brüdern und Schwestern, in Anatot, einem Ort in der Nähe von<br />
Jerusalem. Sein Vater war Priester und achtete genau auf die Einhaltung der Gebote.<br />
Jahwe hatte ganz besondere Pläne mit Jeremia. Eines Tages sagte er zu ihm: „Jeremia, lange bevor du geboren wurdest,<br />
habe ich dich auserwählt, mein Bote zu sein, der dem Volke von Israel und <strong>den</strong> Nachbarvölkern meine Worte verkündet.“<br />
„Bitte verlang das nicht von mir!“ antwortete Jeremia, „ich bin zu jung <strong>für</strong> so eine wichtige Aufgabe. Ich bin ja erst<br />
14 Jahre. Ich bin nicht einmal ein guter Redner.“ Jahwe erwiderte: „Hab keine Angst meine Worte zu verkün<strong>den</strong>. Ich bin<br />
immer bei dir und helfe Dir!“<br />
Hiermit lege ich meine Worte in deinen Mund. Geh hin und verkünde <strong>den</strong> Menschen, dem einfachen Volk, dem König,<br />
seinen Beamten und <strong>den</strong> Priestern meine Botschaft. Deine Aufgabe ist sie an meine Worte zu erinnern!“<br />
Erarbeitung II:<br />
Lehrererzählung 2<br />
• Tag; Gott, der Herr; Weisung/Gebot;<br />
heilig; missachten; (Jer 17,22)<br />
• Weg; Leben; Tod; gehen; bleiben;<br />
sterben; (Jer 21,8f)<br />
• Palast; Arbeiter; Lohn; Ungerechtigkeit;<br />
bauen; auszahlen; (Jer 22,13)<br />
• Weg; Taten; schlecht; böse;<br />
umkehren; aufhören; (Jer 25,5)<br />
Ausgewählte Zusammenfassung nach Einheitsübersetzung<br />
Jer 1,11-19; 2-29; 38,1-6<br />
Jetzt bin ich schon zwanzig Jahre unterwegs, um die Menschen zu ermahnen<br />
und Gottes Botschaften an die Menschen und an <strong>den</strong> König weiterzugeben.<br />
Aber niemand achtet auf mich.<br />
Meine Botschaft ist lästig. Keiner will das hören!<br />
Im Gegenteil ich werde immer unbeliebter. Meine Feinde arbeiten gegen mich<br />
beim König. Mit Erfolg! Sie fordern sogar vom König, dass sie mich in einen<br />
ausgetrockneten Brunnen werfen dürfen, damit ich endlich aus dem Weg geräumt<br />
bin.<br />
An Seilen ließen sie mich hinunter in ein tiefes, dunkles Loch, in dem kein<br />
Wasser mehr war.<br />
Als meine Füße <strong>den</strong> Grund berührten, sank ich tief in <strong>den</strong> Schlamm. Die Wände<br />
des Schachtes waren glitschig, es war dunkel, kalt und feucht.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 21
Praxis Hauptschule<br />
Lehrer/in erzählt <strong>den</strong> Fortgang der Geschichte.<br />
Zur Verdeutlichung des Rollenwechsels<br />
zieht er/sie ein anderes, dunkles<br />
Gewand an und nimmt so die Rolle<br />
von Jeremia ein.<br />
Lehrer setzt sich zur Anschauung in die<br />
„Zisternenhaltung“ Jeremias. Alternativ<br />
kann auch eine Bildbetrachtung durchgeführt<br />
wer<strong>den</strong>, z. B. „Jeremia in der<br />
Zisterne“ von Ernst Alt, 1973.<br />
Ausdruck / Emphatieübung:<br />
Die Schüler/innen kommen in <strong>den</strong> Sitzkreis<br />
und nehmen ebenfalls die „Zisternenhaltung“<br />
ein, sie schließen die Augen,<br />
<strong>den</strong>n es ist dunkel in der Zisterne.<br />
Sie spüren der Kälte nach und fühlen<br />
einen kalten Wassertropfen, der auf ihre<br />
Hand fällt. Im Hintergrund kann man<br />
leise, ruhige Musik laufen lassen. Dann<br />
versetzen sich die Schüler/innen in Jeremia<br />
und sprechen zu Jahwe.<br />
Mögliche Äußerungen:<br />
• „Wo bist du <strong>den</strong>n? Hilf mir doch!“<br />
• „Alles geht schief!“<br />
• „Ich mag nicht mehr!“<br />
Erarbeitung III:<br />
Lehrer/in verdeutlicht noch einmal die<br />
Situation und präsentiert auf Wortkarten<br />
die Aussagen Jeremias.<br />
Jeremia sitzt in der Zisterne und wider<br />
alle Vernunft verliert er die Hoffnung<br />
nicht. Er spricht zu Jahwe:<br />
• „Der Herr steht mir bei wie ein gewaltiger<br />
Held.“ (Jer 20,11)<br />
• „Dir habe ich meine Sache anvertraut.“<br />
(Jer 20, 12)<br />
• „Singt dem Herrn, rühmt <strong>den</strong> Herrn;<br />
<strong>den</strong>n er rettet mein Leben aus der<br />
Hand der Übeltäter.“ (nach Jer 20,13)<br />
Gestaltung:<br />
Jeremias Weg hat ihn in Leid und Verzweiflung<br />
geführt. Er sitzt in der Zisterne.<br />
Trotzdem hält er an seinem Vertrauen<br />
auf Gott fest und geht seinen Weg mit<br />
ihm weiter. Die Schüler/innen können<br />
nun zwischen fünf Gestaltungsmöglichkeiten<br />
wählen, um <strong>den</strong> Fortlauf der Geschichte<br />
und die Gefühlswelt Jeremias<br />
darzustellen.<br />
• Ein Klangbild gestalten: Dazu braucht<br />
man verschie<strong>den</strong>e Orff-Instrumente<br />
(je nach Möglichkeit auswählen). Die<br />
Schüler/innen gestalten gemeinsam<br />
verschie<strong>den</strong>e Töne/Klangabfolgen und<br />
Rhythmen. Diese wer<strong>den</strong> zu einem<br />
Klangbild zusammengesetzt.<br />
• Tapetenbilder erstellen: Die Schüler/innen<br />
drücken ihre Gedanken und Gefühle<br />
aus, indem sie unterschiedliche<br />
Farben und Formen aus <strong>den</strong> Tapetenbüchern<br />
ausschnei<strong>den</strong> und zu einem<br />
Bild zusammenstellen.<br />
• Ein Dia malen: Aus Architektenpapier/Folie<br />
Stücke im Diaformat<br />
(24x36mm) zuschnei<strong>den</strong>. Die<br />
Schüler/innen sollen <strong>für</strong> sich geeignete<br />
Symbole und Formen <strong>für</strong> <strong>den</strong> Fortgang<br />
der Geschichte fin<strong>den</strong>. Dann<br />
wird das Dia mit Fineliner bemalt, gerahmt<br />
und mittels Diaprojektor betrachtet.<br />
• Pantomimische Darstellung<br />
• Kreatives Schreiben: Die Lehrererzählung<br />
II kann auf die eigene Situation<br />
übertragen wer<strong>den</strong>.<br />
Oder<br />
• Die Schüler/innen sollen <strong>den</strong> Liedtext<br />
von Xavier Naidoo nun mit <strong>den</strong> Augen<br />
des Jeremia lesen. Etappen seines<br />
Lebens sollen im Text wieder entdeckt<br />
wer<strong>den</strong> und als Anregung zum kreativen<br />
Schreiben dienen.<br />
• Eine eigene Liedstrophe zu „Dieser<br />
Weg“ dichten.<br />
Abschluss:<br />
Die Schüler/innen sollen sich ein persönliches<br />
„Erinnerungswort“ aus <strong>den</strong> Hoffnungsworten<br />
des Jeremia auswählen,<br />
das ihnen helfen kann, wenn sie in „der<br />
Zisterne“ sitzen. (M 4)<br />
Die Worte wer<strong>den</strong> an einer geeigneten<br />
Stelle im Klassenzimmer als einzelne<br />
Wortkarten aufgelegt, so dass sich jeder<br />
sein Wort wählen und mitnehmen kann.<br />
Weiterführung:<br />
In nachfolgen<strong>den</strong> Stun<strong>den</strong> können die<br />
Schüler/innen die Lei<strong>den</strong> und die Hoffnung<br />
des Jeremia am Beispiel einiger<br />
„Konfessiones“ (Jer 11-20: zu Gott<br />
hingewandte Re<strong>den</strong>) genauer kennen<br />
lernen. Das Jeremia-Thema eignet sich<br />
auch sehr gut als Überleitung in <strong>den</strong><br />
LP-Bereich 7.2. „Nachgeben oder sich<br />
durchsetzen – Konflikte fair austragen.“<br />
Jeremia wirkt anstößig, aber er stößt<br />
auch an:<br />
• mit seinem engagierten Eintreten <strong>für</strong><br />
eine als richtig und wichtig erkannte<br />
Überzeugung;<br />
• mit <strong>den</strong> Konsequenzen solchen Glaubens<br />
und Handelns;<br />
• mit seiner Ansicht von Recht und Gerechtigkeit;<br />
• mit dem, was Gottes Wille heute <strong>für</strong><br />
uns/ mich bedeuten kann;<br />
M 1<br />
„Dieser Weg“ von Xavier Naidoo<br />
Also ging ich diese Strasse lang,<br />
und die Strasse, führte zu Mir.<br />
Das Lied, das Du am letzten Abend<br />
sangst, spielte nun in mir.<br />
Noch ein paar Schritte und dann<br />
war ich da mit dem Schlüssel,<br />
zu dieser Tür.<br />
Dieser Weg, wird kein leichter sein,<br />
dieser Weg, wird steinig und schwer.<br />
Nicht mit Vielen wirst du dir einig sein,<br />
doch dieses Leben bietet soviel mehr.<br />
22 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Es war nur ein kleiner Augenblick,<br />
einen Moment war ich nicht da.<br />
Danach ging ich einen kleinen Schritt<br />
und dann,<br />
wurde es mir klar.<br />
M3<br />
M4<br />
Ich gehe zu<br />
und sage:<br />
Lange bevor du geboren<br />
wurdest,<br />
habe ich dich auserwählt.<br />
Nach Jer 1,5<br />
Ich bin immer bei dir,<br />
um dir zu helfen!<br />
Nach Jer 1,8<br />
Ich lege meine Worte<br />
in deinen Mund.<br />
Nach Jer 1,9<br />
Manche treten dich,<br />
manche lieben dich,<br />
manche geben sich,<br />
<strong>für</strong> dich auf.<br />
Ich bin Jeremia!<br />
Singt dem Herrn, rühmt <strong>den</strong><br />
Herrn;<br />
<strong>den</strong>n er rettet mein Leben<br />
aus der Hand der Übeltäter.<br />
Jer 20,13<br />
Der Herr steht mir bei<br />
wie ein gewaltiger Held.<br />
Jer 20,11<br />
Dir habe ich<br />
meine Sache anvertraut.<br />
Jer 20,12<br />
Praxis Hauptschule<br />
Manche segnen dich,<br />
setz dein Segel nicht,<br />
wenn der Wind, das Meer aufbraust.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 23
Praxis Förderschule<br />
Unser tägliches Brot gib uns heute<br />
Konstanze Graf-Schechert<br />
Die Unterrichtssequenz und ihre weiterführen<strong>den</strong><br />
Unterrichtsbausteine müssen<br />
im <strong>Religionsunterricht</strong> einer Reflexion<br />
unterzogen wer<strong>den</strong>. Adressaten sind<br />
Schüler/innen zur Lernförderung und<br />
Schüler/innen der Schule mit dem Förderschwerpunkt<br />
geistige Entwicklung<br />
(Klassen 1–6).<br />
Im vorgestellten Beispiel sollen die<br />
Schüler/innen die heilsame Bedeutung<br />
ritueller Handlungen und Symbolhandlungen<br />
ansatzhaft erspüren.<br />
Vorangegangene<br />
Unterrichtsstun<strong>den</strong>:<br />
Folgende Sequenz geht der dargestellten<br />
Unterrichtsstunde voraus:<br />
• Erfahrungen der Schüler/innen mit<br />
Brot wer<strong>den</strong> thematisiert.<br />
• Auseinandersetzung mit dem Bild von<br />
Käthe Kollwitz „Hungernde Kinder“.<br />
Welche Grundbedürfnisse außer Brot<br />
haben die Kinder auf dem Bild noch?<br />
Vorüberlegung:<br />
Die Schüler/innen sollen sich bewusst<br />
machen, mit der Bitte um das tägliche<br />
Brot ist das Lebensnotwendige gemeint<br />
und dies kann man auch ansatzweise<br />
Menschen schenken.<br />
Motivation:<br />
Die Schüler/innen spüren in sich hinein,<br />
was sie selbst täglich zum Leben<br />
brauchen.<br />
Stilleübung: Sie schließen die Augen,<br />
Hände zu einer Schale geformt. Der/die<br />
Lehrer/in gibt Impulse: „Stell dir vor. . .“,<br />
„was brauchst du zum Leben...“<br />
Schüler/innen schreiben auf Wortkarten,<br />
was <strong>für</strong> ihr Leben wichtig ist.<br />
Erarbeitung:<br />
Die Schüler/innen erfahren, ihre lebensnotwendigen<br />
Bedürfnisse kann man als<br />
„tägliches Brot“ bezeichnen.<br />
Die Wortkarten wer<strong>den</strong> vorgestellt und<br />
an die Tafel geheftet. Nach 3 bis<br />
4 Schüleräußerungen wird eine Strophe<br />
des Liedes gesungen. „Was ist’s, was<br />
die Menschen brauchen?“ (RPP 1982/3,<br />
S. 37)<br />
Nachdem alle Schüler/innen ihre Karte<br />
vorgelesen und an die Tafel geheftet<br />
haben, malt der/die Lehrer/in um die<br />
Karten eine Brotform und schreibt die<br />
Überschrift: „Unser tägliches Brot“. Danach<br />
wird der Refrain des Liedes gesungen:<br />
„Unser tägliches Brot gib uns<br />
heute. AMEN.“<br />
Vertiefung / Ausdruck:<br />
Die Schüler/innen formulieren ein „gutes<br />
Wort“ <strong>für</strong> eine/n Mitschüler/in.<br />
Jede/r bekommt eine schön gestaltete<br />
Tonpapierkarte mit dem Namen eines/r<br />
Mitschülers/in. Gezogen wird nach dem<br />
Zufallsprinzip, der/die Lehrer/in kontrolliert,<br />
ob es nicht der eigene Namen ist.<br />
Dann schreiben die Schüler/innen, was<br />
sie an dem /der Mitschüler/in schön/<br />
gut fin<strong>den</strong>. Name und Satzanfang sind<br />
vorgeschrieben, z. B. „Anna, ich finde<br />
schön/ gut . . .“<br />
Die Schüler/innen erfahren ansatzhaft,<br />
die Bitte um das tägliche Brot bedeutet<br />
auch das Leben zu teilen und einander<br />
zu schenken.<br />
Die Schüler/innen kommen in <strong>den</strong> Stuhlkreis.<br />
In der Mitte liegt ein Bo<strong>den</strong>bild mit<br />
Tuch, Brotkorb, Brot, Kerze.<br />
Im Stuhlkreis wird jetzt das „gute Wort“<br />
der Reihe laut vorgelesen. Dabei bre-<br />
chen die Schüler/innen ein Stück Brot<br />
ab und schenken beides dem/der entsprechen<strong>den</strong><br />
Mitschüler/in. Nach jeder<br />
Schüleräußerung erfolgt der Liedruf:<br />
„Unser tägliches Brot gib uns heute.<br />
Amen.“ (RPP 1982/3, S.37).<br />
Der/die Lehrer/in formuliert ein zusammenfassendes<br />
Gebet.<br />
• „Wir können Brot <strong>für</strong> andere sein,<br />
durch ein gutes Wort, durch Beachtung<br />
des anderen...“<br />
• „Wir sind abhängig von anderen<br />
Menschen und bedürfen der Liebe<br />
Gottes . . .“<br />
Im Anschluss wird das Brot gemeinsam<br />
behutsam gegessen.<br />
Nachfolgende Unterrichtsbausteine:<br />
Die Bitte um das tägliche Brot wird in die<br />
Bitte des „Vater unser“ Gebet integriert.<br />
„Brot-Zeiten“:<br />
• Erntedank-Feier: vom Korn zum Brot.<br />
Brot backen, essen und danken.<br />
• Tischgebet: Die von Schüler/innen formulierten<br />
Tischgebete wer<strong>den</strong> gebetet<br />
und dazu wird Brot gegessen.<br />
• „Wir feiern heut´ ein Fest, weil Gott uns<br />
alle liebt.“ nach einem Themenbereich<br />
(z. B. LP 2.2 Jesus – Freund der Menschen)<br />
wird ein Fest gefeiert. Die erarbeiteten<br />
Perikopen wer<strong>den</strong> durch<br />
Bilder und Symbole in Erinnerung<br />
gerufen. Es wird gesungen, erzählt,<br />
Schüler/innen bringen ihre Anliegen<br />
vor Gott, Brot geteilt und gegessen,<br />
gebetet. (Lehrer/in strukturiert <strong>den</strong><br />
Rahmen der Feier.)<br />
• Versöhnungsritual: Nachdem ein Konflikt<br />
besprochen wurde und sich die<br />
Schüler/innen verzeihen, teilen sie Brot<br />
als Zeichen der Versöhnung. Wie geht<br />
24 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
das praktisch? Die Schüler/innen haben<br />
eine or<strong>den</strong>tliche Brotzeit dabei,<br />
die man teilen kann oder möchte. Lehrer/in<br />
hat Brot (Knäckebrot) auf Vorrat.<br />
Oder: Zur nächsten Unterrichtsstunde<br />
wird das Brot <strong>für</strong> das Versöhnungsritual<br />
mitgebracht.<br />
Arbeitshilfen:<br />
Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong> Förderschwerpunkt<br />
geistige Entwicklung. Katholische<br />
und Evangelische Religionslehre, Band 1,<br />
hrsg. vom Religionspädagogischen Zentrum<br />
Heilsbronn (evang.) und dem Religionspädagogischen<br />
Zentrum <strong>München</strong><br />
(kath.) im Auftrag der Evang.-Luth.<br />
Landeskirche in Bayern und des Kath.<br />
Schulkommissariats in Bayern, <strong>München</strong><br />
2005; zu beziehen von: Religionspädagogische<br />
Materialstelle, Schrammerstraße<br />
3, 80333 <strong>München</strong>. Tel. 089/<br />
2137-1411, Fax 089/2137-1575, E-Mail:<br />
relpaed-materialstelle@ordinariat-muenchen.de<br />
(siehe dazu 1.3.3 Urbild „Brot“ S.85–92)<br />
BrotZeiten. Werkbrief KLJB., Vertrieb:<br />
Landjugendverlag GmbH, Drachenfeldstraße<br />
23, 53604 Bad Honnef-Rhöndorf.<br />
Tel. 02224/94650, Fax 02224/946544,<br />
E-Mail: landjugendverlag@kljb.org.<br />
Praxis Förderschule<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 25
Praxis Förderschule<br />
Zuspruchsfeier zu Erinnerung an die eigene Taufe<br />
Konstanze Graf-Schechert<br />
Die Unterrichtssequenz und ihre weiterführen<strong>den</strong><br />
Unterrichtsbausteine müssen<br />
im <strong>Religionsunterricht</strong> einer Reflexion<br />
unterzogen wer<strong>den</strong>. Adressaten sind<br />
Schüler/innen zur Lernförderung und<br />
Schüler/innen der Schule mit dem<br />
Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />
(Klassen 1–6).<br />
Im vorgestellten Beispiel sollen die<br />
Schüler/innen die heilsame Bedeutung<br />
ritueller Handlungen und Symbolhandlungen<br />
ansatzhaft erspüren.<br />
Gegenseitige Berührung verbun<strong>den</strong> mit<br />
Salbe oder Öl kommt in der Bibel in <strong>den</strong><br />
unterschiedlichsten Lebenslagen vor.<br />
(Z. B. 2 Chr 28,15; 2 Sam 12,20; Mk<br />
16,1; 1 Joh 2,20.27; Offb 3,18;)<br />
In der Zeichenhandlung „Salbung", die<br />
nun u. a. vorgestellt wird, kommt in besonderer<br />
Dichte die liebevolle und begleitende<br />
Nähe Gottes zum Ausdruck.<br />
Unseren Förderschüler/inne/n kann dies<br />
eine Erfahrung des Angenommenseins<br />
vermitteln.<br />
Vorangegangene Themenbereiche:<br />
• Symbol „Wasser“<br />
• Symbol „Sonne/Licht“<br />
• „Wenn ein Kind geboren wird“<br />
• Ich bin einmalig<br />
(Namenskarte gestalten)<br />
• Die Taufe des Äthiopiers<br />
Vorüberlegungen:<br />
Die Zuspruchs-Feier orientiert sich an:<br />
„Ich bin getauft im Namen des Vaters,<br />
des Sohnes und des Heiligen Geistes“.<br />
(vgl. RPP 1988/1). Der größte Teil der<br />
Schüler/innen wurde als Säugling getauft.<br />
Durch die Erklärung der Zeichen<br />
der Taufe und die vollzogenen Zeichenhandlungen<br />
soll eine persönliche Tauferfahrung<br />
geweckt wer<strong>den</strong>, verbun<strong>den</strong><br />
mit einer Vergewisserung in christlichen<br />
Grundlagen.<br />
Motivation:<br />
Die Schüler/innen versammeln sich im<br />
Stuhlkreis um eine Mitte – einen Brunnen.<br />
Dieser wird mit Steinen, als Rand<br />
um ein blaues, rundes Tuch gelegt.<br />
• Wir entdecken uns als Brunnen: Schüler/innen<br />
spielen Brunnen, z. B. ganz<br />
dicht beieinander stehen.<br />
• Wir begegnen dem Wasser im Brunnen:<br />
Eine Glasschale mit Wasser wird<br />
in die Mitte gestellt. (Spielerischer Umgang<br />
mit dem Wasser).<br />
Erarbeitung:<br />
Wir hören von Jesus.<br />
Die Jesuskerze (= Klassenkerze) wird<br />
entzündet. Lehrer/in erzählt, wie Johannes<br />
Jesus tauft. Die Jesuskerze wird in<br />
die Glasschale gestellt. Danach wer<strong>den</strong><br />
exemplarisch drei heilsame Handlungen<br />
Jesu erzählt und jeweils ein braunes<br />
Tuch wie ein Weg vom Brunnen weggelegt.<br />
Das vierte Tuch beinhaltet <strong>den</strong><br />
Kreuzweg Jesu und sein Vermächtnis.<br />
Lehrer/in legt eine Satzkarte in das Bo<strong>den</strong>bild:<br />
„Darum geht zu allen Völkern,<br />
und macht alle Menschen zu meinen<br />
Jüngern; tauft sie auf <strong>den</strong> Namen des<br />
Vaters und des Sohnes und des Heiligen<br />
Geistes. . . “ (Mt 28,18 -20). Durch die<br />
vier (Tücher-) Wege ist ein Kreuz entstan<strong>den</strong>.<br />
Vertiefung:<br />
Das ersten Zeichen der Taufe:<br />
Das Wasser und der Name des<br />
dreieinen Gottes.<br />
Lehrer/in erläutert <strong>den</strong> Schüler/innen,<br />
dass auch wir mit Wasser getauft sind<br />
und von Jesus das Zeichen des Kreuzes<br />
empfangen haben. Die Schüler/innen<br />
tauchen ihre Finger in das Wasser und<br />
machen ein Kreuzzeichen.<br />
Das zweite Zeichen der Taufe:<br />
Das weiße Kleid.<br />
Schüler/innen erhalten ein weißes Tuch<br />
und der/die Lehrer/in erklärt die Bedeutung.<br />
• Ich schütze und kleide dich.<br />
• Sehnsucht nach Unversehrtheit.<br />
• Gottes väterliches Handeln<br />
Bei der Taufe erhalte ich einen Namen.<br />
Der /die Lehrer/in ruft die Schüler/innen<br />
beim Namen. „Anna, komm“. Anna: „Ich<br />
bin da!“. Schüler/innen legen dabei ihre<br />
Namenskarte in die Mitte.<br />
In einer darauf folgen<strong>den</strong> Stunde kann<br />
aus dem weißen Tuch ein Tauftuch gestaltet<br />
wer<strong>den</strong> mit Namen, Taufspruch,<br />
Taufdatum, Symbol.<br />
Das dritte Zeichen der Taufe:<br />
Das Licht.<br />
Schüler/innen entzün<strong>den</strong> Teelichter an<br />
der Jesuskerze, dabei kann Lehrer/in<br />
sagen:<br />
„Jesus sagt zu dir: „Ich bin dein Licht<br />
und will dein Leben hell machen. Du<br />
sollst froh sein, ich bin bei dir auf deinem<br />
Lebensweg.“ Jeder stellt sein Teelicht zu<br />
seiner Namenskarte.<br />
Das vierte Zeichen der Taufe:<br />
Die Salbung.<br />
Der/die Lehrer/in salbt die Schüler/innen<br />
mit Rosenöl. Dabei wird auf das Prinzip<br />
der Freiwilligkeit geachtet. Die Schüler/innen<br />
bekommen mit Öl ein Kreuz auf<br />
die Stirn mit einer Zusage, z. B. Anna,<br />
du bist Christus ganz wichtig. Der Herr<br />
sei mit dir.“<br />
Möglicher Ausklang:<br />
Ein Tauflied singen:<br />
• „Gott will an allen Tagen mir immer<br />
wieder sagen, wie er mich liebt . . .<br />
und dass es wichtig ist, ganz wichtig<br />
ist, dass es mich gibt, ich bin getauft.<br />
(1. Strophe); „Gott will an allen Tagen<br />
uns immer. . .“ (2. Strophe). Die Schüler/innen<br />
können sich beim Singen der<br />
zweiten Strophe an <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> fassen.<br />
(Lied von Rolf Krenzer, Lieder<br />
zum Misereor- Hungertuch „Hoffnung<br />
der Ausgegrenzten.“)<br />
• Zusammenfassendes Dankgebet.<br />
26 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Praxis Förderschule<br />
Weiterführende Unterrichtsbausteine<br />
zu Symbolhandlungen:<br />
Edelsteinmeditation:<br />
Meditation: zu Jes 43,4: „Weil du in meinen<br />
Augen teuer und wertvoll bist und<br />
weil ich dich liebe . . .“ Die Schüler/innen<br />
bekommen einen Edelstein zur Meditation<br />
geschenkt.<br />
Meditation zum Namen:<br />
Meditation zu Jes 43,1: „Ich habe dich<br />
bei deinem Namen gerufen, du bist<br />
mein.“ Die Schüler/innen gestalten nach<br />
der Meditation ihren Namen, z. B. Namensschild<br />
aus Ton; Kette aus Buchstaben<br />
(Würfelperlen); Namensschild aus<br />
Pappe <strong>für</strong> die Tür.<br />
Jesus segnet die Kinder:<br />
Nach der Erzählung der Perikope segnet<br />
der/die Lehrer/in die Schüler/innen und<br />
spricht zu jedem einen individuellen Se-<br />
genswunsch. (Z.B. Lebenskraft, die es<br />
momentan braucht).<br />
Platz in meinem Herzen:<br />
Schüler/innen verschenken „Herz“ an<br />
Mitschüler/in, die sie besonders mögen.<br />
Sternenlicht verschenken:<br />
Eingebettet in eine Unterrichtsstunde zur<br />
Weihnachtsgeschichte bekommt jede/r<br />
Schüler/in ein Sternenlicht (Stern und<br />
Teelicht) mit folgendem Liedruf: „Tragt zu<br />
Anna ein Licht, wir sagen, <strong>für</strong>chte dich<br />
nicht, Gott lässt dich niemals allein, sieh<br />
auf des Lichtes Schein.“ (Melodie: „Tragt<br />
in die Welt nun ein Licht“)<br />
Segenswunsch:<br />
Zum Schuljahresende oder zum Ende<br />
der Grundschulzeit gestalten Schüler/innen<br />
<strong>für</strong>einander Segenswünsche, z. B.<br />
Segensband <strong>für</strong> Arm/Handgelenk: auf<br />
ein Geschenkband wird mit Filz- oder<br />
Folienstift ein individueller Segenswunsch<br />
geschrieben und in einer Feier<br />
verschenkt.<br />
Frie<strong>den</strong> wünschen:<br />
Stuhlkreis am Beginn des Unterrichts.<br />
Lied: „Viele Kinder haben sich versammelt.“<br />
Wir sagen zum Nachbarn rechts<br />
und links nicht nur „Guten Morgen“ oder<br />
„Grüß Gott“, sondern auch „Anna, der<br />
Friede sei mit dir. Korbinian, der Friede<br />
sei mit dir.“<br />
Österlicher Kerzenwunsch:<br />
Eine Osterkerze wird im Kreis von<br />
Schüler/in zu Schüler/in mit einem<br />
Osterwunsch weitergegeben.<br />
• „Halleluja, Jesus lebt! Benedikt, ich<br />
wünsche dir <strong>den</strong> Mut . . .“<br />
• „Halleluja, Jesus lebt! Anna, habe<br />
keine Angst . . .“<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 27
Atem holen<br />
Nur <strong>für</strong> heute<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich mich bemühen, <strong>den</strong> Tag zu<br />
erleben, ohne das Problem meines Lebens auf einmal<br />
lösen zu wollen.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich die größte Sorge <strong>für</strong> mein<br />
Auftreten pflegen: vornehm in meinem Verhalten; ich werde<br />
niemand kritisieren, ja ich werde nicht danach streben,<br />
die anderen zu verbessern, nur mich selbst.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich in der Gewissheit glücklich sein,<br />
dass ich <strong>für</strong> das Glück geschaffen bin, nicht nur <strong>für</strong> die<br />
andere, sondern auch <strong>für</strong> diese Welt.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich mich an die Umstände anpassen,<br />
ohne zu verlangen, dass die Umstände sich an meine<br />
Wünsche anpassen.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich zehn Minuten meiner Zeit einer<br />
guten Lektüre widmen; wie die Nahrung <strong>für</strong> das Leben<br />
notwendig ist, so ist die gute Lektüre notwendig <strong>für</strong> das<br />
Leben der Seele.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich eine gute Tat vollbringen,<br />
und ich werde es niemand erzählen.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich etwas tun, das ich keine Lust<br />
habe zu tun; sollte ich mich in meinen Gedanken<br />
beleidigt fühlen, werde ich da<strong>für</strong> sorgen, dass niemand<br />
es bemerkt.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich ein genaues Programm aufstellen.<br />
Vielleicht halte ich mich nicht genau daran, aber ich<br />
werde es aufsetzen. Und ich werde mich vor zwei Übeln<br />
hüten: vor der Hetze und der Unentschlossenheit.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich fest glauben – selbst wenn die<br />
Umstände das Gegenteil zeigen sollten –, dass die gütige<br />
Vorsehung Gottes sich um mich kümmert, als gäbe es<br />
sonst niemand in der Welt.<br />
Nur <strong>für</strong> heute werde ich keine Angst haben. Ganz<br />
besonders werde ich keine Angst haben, mich an allem<br />
zu freuen, was schön ist, und an die Güte zu glauben.<br />
JOHANNES XXIII.<br />
28 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Brückenbauer gesucht<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />
Schulpastoral<br />
An vielen Orten gibt es bereits einen Brückenschlag zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, weil<br />
Religionslehrer/innen, Priester und Mitarbeiter/innen im Pastoralen Dienst spüren und wissen, dass es im<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> nicht nur um ein Bescheidwissen über Religion und Glaube gehen kann, sondern immer<br />
auch um die Ermöglichung von Religion und Glaube selbst. Denn ohne die Begegnung mit gelebtem<br />
Glauben kann die Bedeutung des gelehrten Glaubens nicht erschlossen wer<strong>den</strong>. Der Erwerb religiöser<br />
Sprach- und Handlungsfähigkeit ist auf religiöse Sprach- und Handlungspraxis angewiesen. Dies wird nur<br />
gelingen, wenn die verschie<strong>den</strong>en Lernorte des Glaubens zusammenarbeiten und sich vernetzen. Brückenbauer<br />
zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde zwischen Schulpastoral und Gemeindepastoral sind<br />
gesucht!<br />
Nicht selten erfährt man nur durch Zufall von gelungenen Projekten der Zusammenarbeit zwischen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde. Dabei könnten wir uns durch einen Erfahrungsaustausch gegenseitig<br />
anregen, unterstützen und bereichern. Dies gilt <strong>für</strong> die genuinen Bereiche der Zusammenarbeit von<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> und Gemeindekatechese bei der Vorbereitung auf <strong>den</strong> Empfang der Sakramente wie auch<br />
<strong>für</strong> soziale und caritative Kooperationsprojekte: „Bibeltage“, „Tage der Umkehr“ und „Versöhnungstage“,<br />
„compassion-Projekte“ in Altenheimen, Einrichtungen <strong>für</strong> Menschen mit Behinderungen etc.<br />
Die Redaktion von IfR lädt Sie ein, gelungene Projekte der Zusammenarbeit zwischen<br />
<strong>Religionsunterricht</strong>/Schulpastoral und Pfarrgemeinde/Gemeindepastoral in der Ausgabe von IfR 58 im<br />
Frühjahr 2007 vorzustellen.<br />
Unser Ziel ist es, die notwendige Zusammenarbeit von <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, Religionslehrer/inne/n,<br />
pastoralen Mitarbeiter/inne/n und ehrenamtlich in <strong>den</strong> Gemein<strong>den</strong> Tätigen zu fördern und<br />
gelingende Praxis beispielhaft als ermutigende, wertvolle und wichtige Impulse weiter zu vermitteln.<br />
Machen Sie mit und nehmen Sie daran teil, Ihre Arbeit zu präsentieren, Ideen auszutauschen, sich gegenseitig<br />
zu inspirieren und zu bereichern.<br />
Wir suchen „Brückenbauer“ zwischen <strong>Religionsunterricht</strong> und Pfarrgemeinde, Schule und Kirche und freuen<br />
uns auf Ihre Beiträge.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Dr. Thomas Gandlau Josef Ilg<br />
Schulamtsdirektor i. K. Schulrat i. K.<br />
Bitte sen<strong>den</strong> Sie uns Ihre Beiträge bis 1. Juli <strong>2006</strong> an:<br />
Schulreferat Abt. I, Redaktion IfR<br />
Postfach 33 03 60, 80063 <strong>München</strong><br />
oder per E-Mail als WORD-Dokument bzw. im WORD-Format an schulreferat-ghf@ordinariat-muenchen.de<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 29
Buchtipps<br />
Hans Mendl (Hg.)<br />
Konstruktivistischer<br />
<strong>Religionsunterricht</strong><br />
Ein Arbeitsbuch<br />
Lit Verlag<br />
Münster 2005<br />
253 S.<br />
Dies ist das erste Buch einer neuen<br />
Reihe „Religionsdidaktik konkret“.<br />
Es entstand aus der bayernweiten<br />
Zusammenarbeit der Referent/inn/en<br />
der religionspädagogischen Seminare<br />
(KoBayRep) in dem Bemühen schon<br />
vorhan<strong>den</strong>e Praxiselemente in sich stimmig<br />
aus der Sicht des Konstruktivismus<br />
Ein altbekanntes Beispiel hier<strong>für</strong>:<br />
Handreichung <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
Förderschwerpunkt<br />
geistige Entwicklung.<br />
Katholische und Evangelische<br />
Religionslehre.<br />
Band 1<br />
Materialien <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> an<br />
Förderschulen hrsg. v. Religionspädagogischen<br />
Zentrum Heilsbronn (evang.)<br />
und dem Religionspädagogischen Zentrum<br />
<strong>München</strong> (kath.)<br />
im Auftrag der Evang.-Luth Landeskirche<br />
in Bayern und des Katholischen<br />
Schulkommissariats in Bayern, <strong>München</strong><br />
2005, 248 S.; Anhang mit13 Farbfolien<br />
Für <strong>den</strong> Lehrplan Förderschwerpunkt<br />
geistige Entwicklung (2003) haben die<br />
bei<strong>den</strong> Lehrplankommissionen eine gemeinsame<br />
Handreichung erstellt, deren<br />
Band 1 erschienen ist. Beide Kirchen<br />
eine gemeinsame Handreichung erstellt,<br />
wenn auch im Lehrplan die Inhalte <strong>für</strong><br />
<strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> teils gesondert<br />
als evangelischer und als katholischer<br />
Lernbereich ausgewiesen sind. Mit<br />
miteinander zu verbin<strong>den</strong>. Beschrieben<br />
wer<strong>den</strong> die Grundlagen, des Konstruktivismus,<br />
die daraus resultierende Unterrichtskultur,<br />
der Zusammenhang mit vorhan<strong>den</strong>er<br />
Tradition, sein Einwirken auf<br />
die Lehrerbildung und ein Ausblick in<br />
eine unterrichtlich mögliche Zukunft.<br />
Da jeder Mensch mit seinen Sinnen und<br />
infolge seiner Vorerfahrungen die Realität<br />
wahrnimmt, sich also sein Weltbild als<br />
Subjekt konstruiert, sind auch Lernprozesse<br />
unter dem Blickwinkel des Kon-<br />
einem elementarisierten Angebot wird<br />
dem Charakter des Förderschwerpunkts<br />
geistige Entwicklung entsprochen, zugleich<br />
fin<strong>den</strong> sich substantielle konfessionsspezifische<br />
Akzente bei <strong>den</strong> betreffen<strong>den</strong><br />
Inhalten.<br />
Es spricht <strong>für</strong> die aufmerksame und<br />
praxisnahe Erarbeitung der Handreichung,<br />
dass die Themen auf qualitative<br />
Merkmale hin unterschiedlich umfangreich<br />
ausgearbeitet sind. Dazu wer<strong>den</strong><br />
möglichst unterschiedliche und verschie<strong>den</strong>artige<br />
methodische Unterrichtsvorschläge<br />
angeboten, wobei sich das<br />
Autorenteam bewusst ist, dass diese<br />
„Angebote“ keinesfalls alle Schüler/innen<br />
erreichen können. „Zu variabel ist die<br />
Vielfalt der individuellen Kräfte und<br />
Fähigkeiten, der soziokulturellen Herkunft,<br />
der bisherigen Lernerfahrung,<br />
Interessen oder Fördermöglichkeiten.“(7)<br />
Mit <strong>den</strong> Hinweisen zur „Benutzung der<br />
Handreichung“ eröffnet sich dann in <strong>den</strong><br />
bei<strong>den</strong> Begegnungsfeldern (Band 1):<br />
„Geborgen sein – Gott erfahren“ und „<br />
Angenommen sein – Jesus, Freund und<br />
Begleiter“ ein überaus facettenreicher<br />
struktivismus (wenn auch ausdrücklich<br />
gemäßigt) neu zu bestimmen.<br />
Gesetzt <strong>den</strong> Fall, der Lehrer hat ausreichend<br />
Kompetenzen erworben, um<br />
oben genannte Unterschiede in ihrer<br />
Vielfalt wahrnehmen zu können, muss er<br />
die Schüler zu aktivem, individuellem<br />
Lernen innerhalb verschie<strong>den</strong>er Lernlandschaften<br />
ermutigen, deren Zuschnitt<br />
eine überaus vielgestaltige Unterrichtsvorbereitung<br />
ist. Das Inszenieren von<br />
<strong>Religionsunterricht</strong> ist gefragt, der nicht<br />
nur Schüleräußerungen, sondern auch<br />
Schülererfahrungen ermöglicht.<br />
Das Buch nennt eine Vielzahl an Perspektiven,<br />
und fordert <strong>den</strong> Leser durch<br />
Impulsfragen zu eigener Retrospektive,<br />
Reflexion und Vision bzgl. erlebten und<br />
möglichen Unterrichtens auf.<br />
Barbara Hofmann<br />
Fundus und eine breite Palette an Materialien<br />
und Metho<strong>den</strong>, Arbeitsblättern,<br />
graphischen Bildmotiven, Liedern, Texten,<br />
biblischen Erzählvorlagen, Übungen<br />
und Sozialformen.<br />
Wichtig und aufschlussreich sind die<br />
Hinweise auf weitere Lernbereiche des<br />
Lehrplans. Produktiv und unverzichtbar<br />
sind die „ergänzen<strong>den</strong> Anregungen“, die<br />
auf viele weitere Materialien und Medien<br />
und mit detaillierter Zitation auf weiterführende,<br />
komplementäre und vertiefende<br />
Literatur hinweisen. Die Handreichung<br />
will nicht selbstgenügsam<br />
Rezepte anbieten, sondern fordert reflektierte<br />
Auswahl und Konstruktion<br />
einer neuen Unterrichtspraxis. Exemplarisch<br />
da<strong>für</strong> steht das Thema „Engel begleiten<br />
uns“ (1.2.5), das theologisch wie<br />
religionspädagogisch kreativ ausgearbeitet<br />
ist. Die Themenbereiche „Jesus –<br />
als Freund der Menschen“ (2.2) und<br />
„Feste – Ausdruck der Freude über Jesus<br />
Christus“ ( 2.3) sind nicht nur in elementaren<br />
Aspekten und Inhalten einander<br />
zugeordnet, sondern bieten bewusst<br />
eine solche Fülle an Vorschlägen und<br />
30 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Materialien, dass dies <strong>für</strong> <strong>den</strong> Unterrichtsverlauf<br />
eines Schuljahres nicht<br />
auszuschöpfen ist, sondern stimmige<br />
Auswahl und Konzeption <strong>für</strong> differenziertes<br />
Wiederholen, bedeutungshaltiges<br />
Wiedererkennen und Erinnern und sinnenhaft<br />
lebendiges Vertiefen auch über<br />
<strong>den</strong> Zeitrahmen eines Schuljahres hinaus<br />
fordert.<br />
Das Autorenteam hat eine so weite<br />
Bandbreite an Vorschlägen und Anregungen<br />
eröffnet, dass wir diese Handreichung<br />
eigentlich als „Pflichtlektüre“ <strong>für</strong><br />
alle Religionslehrer im Förderschulbereich<br />
empfehlen. Aber auch <strong>für</strong> <strong>den</strong><br />
<strong>Religionsunterricht</strong> in <strong>den</strong> ersten Jahrgangsstufen<br />
der Grundschule fin<strong>den</strong><br />
sich viele wertvolle Hinweise, die u. a. <strong>für</strong><br />
eine „produktive Verlangsamung“ und<br />
eine reflektierte „Aneignungsdidaktik“<br />
förderlich sind.<br />
Dem Autorenteam wie <strong>den</strong> Herausgebern<br />
ist <strong>für</strong> dieses ökumenische<br />
„Gemeinschaftswerk“ der Handreichung<br />
Förderschwerpunkt geistige Entwicklung<br />
zu danken, weil „sie <strong>den</strong> weniger belastbaren<br />
Kindern und Jugendlichen mit<br />
entsprechen<strong>den</strong> Inhalten und Vorschlägen<br />
entgegenkommen, aber auch‚ nach<br />
„oben“ hin auf die Anschlussfähigkeit<br />
verschie<strong>den</strong>er Schüler(gruppen) im Blick<br />
auf differenziertere und integrative Beschulungsformen<br />
eingehen“.(7)<br />
Josef Ilg<br />
Walter Fürst / Jürgen Werbick (Hg.)<br />
Katholische Glaubensfibel<br />
Mit einem Geleitwort von Karl Kardinal<br />
Lehmann, CMZ – Verlag und Verlag<br />
Herder, Rheinbach / Freiburg i. Br, 2004,<br />
448 Seiten<br />
Mit der „Katholischen Glaubensfibel“ haben<br />
Walter Fürst, Pastoraltheologe, und<br />
Jürgen Werbick, Fundamentaltheologe,<br />
ein Buch herausgegeben, in dem angesehene<br />
und bedeutende Theologinnen<br />
und Theologen Grundbegriffe und<br />
Grundthemen des christlichen Glaubens<br />
beleuchten. In theologisch fundierter<br />
und gut zu verstehender Sprache wird<br />
ein Überblick über die geistige und<br />
geistliche Grundlegung unseres Glaubens<br />
gegeben.<br />
Die „Glaubensfibel“ will kein Katechismus<br />
sein, sondern Elementarinformationen<br />
über christliche Lehre und<br />
christliches Leben vermitteln. „Katholisch“<br />
bezeichnet <strong>den</strong> Grundcharakter<br />
christlicher Glaubensgemeinschaft in<br />
seinem universalen, ökumenischen Anspruch<br />
ebenso wie das Selbstverständnis<br />
der römisch – katholischen Kirche<br />
und Konfession.<br />
Dem entspricht der Aufbau des Buches:<br />
Der einleitende Teil erschließt wichtige<br />
Aspekte zum Thema „Christsein katholisch“.<br />
Darauf folgen zehn Teilkapitel, die in Aufbau<br />
und Gliederung der Trias „Glauben –<br />
Hoffen – Lieben“ folgen. Ein „Leitartikel“<br />
eröffnet die einzelnen Teilkapitel und<br />
skizziert die Perspektive des ganzen Kapitels.<br />
An die 90 Einzelbeiträge entfalten<br />
elementare „Merkmale“ des Glaubens<br />
und des Lebens aus dem Glauben.<br />
Jeder Beitrag informiert auf dem Stand<br />
gegenwärtiger theologischer Forschung.<br />
Dabei ist es <strong>den</strong> Verfasser/inne/n überzeugend<br />
gelungen, ihr Fachwissen<br />
knapp und „allgemein verständlich“ darzustellen,<br />
einfach, aber nicht banal, theologisch<br />
verantwortet, aber ohne theologischen<br />
Jargon und Fachchinesisch. Die<br />
Buchtipps<br />
„Essentials“ christlichen Glaubens und<br />
Lebens wer<strong>den</strong> dargestellt. Wer das<br />
entschei<strong>den</strong>d wie das unterschei<strong>den</strong>d<br />
Christliche kennen lernen und sich seines<br />
Christseins in katholischer Ausprägung<br />
vergewissern will, der findet in der<br />
„Katholischen Glaubensfibel“ elementare<br />
<strong>Information</strong>en, „aufs Wesentliche konzentriert<br />
und doch mit dem Anspruch,<br />
nicht einfach nur das Altbekannte im<br />
neuen Gewand vorzustellen, sondern es<br />
so zu sagen, wie es heute – im Hinhören<br />
auf alltägliche Fragen und auf wissenschaftliche<br />
wie gesellschaftliche Herausforderungen<br />
– gesagt wer<strong>den</strong> kann“.<br />
(Fürst/Werbick,16)<br />
Ohne das Buch systematisch durchzuarbeiten,<br />
kann man es zu Einzelfragen<br />
und auf umfassende Perspektiven hin<br />
„konsultieren“. Ein differenziertes Sach-,<br />
Namen- und Bibelstellenregister hilft dabei<br />
selbständig thematische Querverbindungen<br />
zwischen <strong>den</strong> Einzelaspekten<br />
herzustellen. Es ist nicht nur informativ,<br />
sondern interessant und produktiv z. B.<br />
vom (5.) Kapitel „Sakramente“ zum (9.)<br />
Kapitel „Alltag“ und je nach eigenem<br />
Interesse zu weiteren Kapiteln (…Gesellschaft<br />
. . . Kirche ...Glaubenszeugen...)<br />
mit ihren Einzelbeiträgen zu „surfen“. So<br />
wird der Leser zum kreativen Ko-Autor,<br />
„Konstrukteur“ (s)einer Konzeption und<br />
„Gesprächspartner“ der Autoren, bei<br />
deren Argumentation vor allem die biblische<br />
Verweise, humanwissenschaftliche<br />
Erkenntnisse und die theologische<br />
Grundlegung des Zweiten Vatikanischen<br />
Konzils eine gewichtige Rolle spielt.<br />
Deshalb wer<strong>den</strong> gerade auch umstrittene<br />
kirchliche Positionen nicht ausgespart,<br />
der christliche Glaube in seiner<br />
Bedeutung <strong>für</strong> das moderne Alltagsleben<br />
der Menschen dargestellt und<br />
aktuelle gesellschaftliche und politische<br />
Herausforderungen besprochen. Abgerundet<br />
wird die ebenso kreative wie<br />
kompetente und produktive Konzeption<br />
der „Katholischen Glaubensfibel“ durch<br />
Farbtafeln aus der europäischen Malerei,<br />
die eindrucksvoll kunsthistorisch und<br />
theologisch interpretiert wer<strong>den</strong> und wie<br />
Leitmotive <strong>den</strong> einzelnen Kapiteln voran<br />
gestellt sind.<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 31
Buchtipps<br />
Wir empfehlen die „Katholische Glaubensfibel“<br />
allen Religionslehrern, die in<br />
ihrem Unterricht <strong>den</strong> Aufbau von<br />
„Grundwissen und Kernkompetenzen“<br />
als „intelligentes und anwendungsfähiges“<br />
Glaubenswissen als ihre Aufgabe<br />
verstehen und „sinnstiftende <strong>Information</strong>en“<br />
realisieren. Eine Fachlektüre, die<br />
sich nicht nur in der Zweck – Mittel –<br />
Relation lohnt, sondern zur Reflexion<br />
des eigenen Glaubens führt und ihn<br />
stärkt. Denn, „seid stets bereit, jedem<br />
Rede und Antwort zu stehen, der nach<br />
der Hoffnung fragt, die euch erfüllt“<br />
(1 Petr 3,15). Mit diesen Worten beschreiben<br />
die deutschen Bischöfe eine<br />
Zielsetzung <strong>für</strong> <strong>den</strong> katholischen <strong>Religionsunterricht</strong><br />
in der Schule; in der<br />
„Katholischen Glaubensfibel“ fin<strong>den</strong> sich<br />
Antworten.<br />
Josef Ilg<br />
Konrad Bürgermeister /<br />
Manuel Stinglhammer<br />
Wenn . . ., dann Gott<br />
Verlag Josef Duschl<br />
1. Aufl. 04, Winzer<br />
Wenn... eine Buchbesprechung Freude<br />
macht, dann über so ein Buch!<br />
Hier können Kinder und jugendliche<br />
Schüler zwischen 10 und 17 Jahren<br />
Gebetsanfänge selber bearbeiten und<br />
ausgestalten.<br />
Vielfältige Lebenssituationen und Stimmungen<br />
ihres Tages wer<strong>den</strong> in der Ich-<br />
Form aufgegriffen („Wenn ich . . .“). Direkter<br />
Ansprechpartner ist Gott:<br />
• man kann ihm einen Brief schreiben<br />
– er versteht ihn, wie er gemeint ist,<br />
• Er sagt einem ein Psalmwort,<br />
• aus dem Hohen Lied und Schülerworten<br />
wird ein neues Liebeslied,<br />
• aus Freude, Wut und Trauer<br />
eines Tages wird ein Lob- und<br />
Klagebild . . .<br />
Kein Lehrer sollte sich einmischen,<br />
wenn hier Schüler/innen einen möglichen<br />
Eigenbezug zu Gott in Schrift und<br />
Bild entdecken.<br />
Hoffentlich gelingt es, die bei<strong>den</strong> auf<br />
diesem Weg über ein neues, vielgestaltiges<br />
Gebetbuch, zusammenzubringen:<br />
Gott und seine Schüler!<br />
Barbara Hofmann<br />
„Was tun,<br />
wenn der Notfall eintritt?“<br />
hrsg. von Evangelisch-Lutherische<br />
Kirche in Bayern, Katholisches Schulkommissariat<br />
in Bayern<br />
Immer wieder fragen Verantwortliche im<br />
System Schule nach griffiger Handlungsorientierung,<br />
wenn eine Schule von<br />
Tod, Unglück oder Verbrechen betroffen<br />
ist.<br />
Auf dem Hintergrund des kirchlichen<br />
Auftrags, Menschen in Krisen zu begleiten,<br />
legen Evangelische und Katholische<br />
Kirche in Bayern ein Handbuch vor, das<br />
Schulleitung und Lehrkräften helfen soll,<br />
<strong>den</strong> Umgang mit Krisen vorzubereiten<br />
und so im Ernstfall handlungsfähig zu<br />
sein.<br />
Das Handbuch unter der Redaktion von<br />
Thomas Barkowski, Gerborg Drescher<br />
und Gabriele Rüttiger erarbeitet ist als<br />
Ringbuch/Ordner konzipiert und lädt ein<br />
es vor Ort mit aktuellen und konkreten<br />
Angaben, Listen und <strong>Information</strong>en zu<br />
ergänzen. Der Erscheinungtermin ist Mai<br />
<strong>2006</strong>.<br />
Das Handbuch kann bestellt wer<strong>den</strong> bei:<br />
Religionspädagogische Materialstelle,<br />
Schrammerstr.3, 80333 <strong>München</strong>,<br />
Fax: 0 89 213715 75; E-Mail: relpaedmaterialstelle@ordinariat-muenchen.de<br />
Religionspädagogisches Zentrum<br />
Heilsbronn, Postfach 1143,<br />
915<strong>56</strong> Heilsbronn<br />
Fax: 0 98 72 / 509 177; E-Mail: materialstelle.rpz-heilsbronn@elkb.de<br />
32 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Der „Engel noch tastend“ reiht sich in<br />
Serie von Darstellungen voller Humor,<br />
leiser ironischer Heiterkeit und manchmal<br />
witziger Skurrilität. Das „Glück in ein<br />
paar Linien“ wandelt sich aber im Kontext<br />
der Werkgruppe der Engel in strengen<br />
Ernst, von dem der „hohe Wächter“<br />
kündet. Antworten wer<strong>den</strong> gesucht und<br />
gefun<strong>den</strong> <strong>für</strong> die Herausforderungen<br />
und Krisen, die Paul Klee in <strong>den</strong> politischen<br />
Zeitumstän<strong>den</strong> und im persönlichen<br />
Schicksal heimsuchen. Schon<br />
1933 ächten die Nationalsozialisten sein<br />
künstlerisches Lebenswerk als „entartet“<br />
und entziehen ihm seine Existenzgrundlage,<br />
die Kunst-Professur in Düsseldorf.<br />
Klee flieht in das Exil in die Schweiz,<br />
nach Bern, woher seine Mutter stammt<br />
und wo er aufgewachsen ist. Seine<br />
Einbürgerung erlebt er nicht mehr. 1940<br />
stirbt Paul Klee an der verhängnisvollen<br />
Krankheit Sklerodermie, die fortschreitend<br />
mit einer Verhärtung der Haut und<br />
der Lähmung des ganzen Körpers<br />
einhergeht und auch die Beweglichkeit<br />
seiner Hände einschränkte. In seinem<br />
59. Lebensjahr 1939 gestaltet Paul Klee<br />
zahlreiche Engel; es ist der Übergang<br />
zum 60. Lebensjahr und siebten Lebensjahrzehnt,<br />
der von vielen Menschen<br />
als „Krise“ erlebt wird.<br />
Die Engel-Darstellungen „dokumentieren“<br />
einen Verwandlungsprozess an und<br />
in Paul Klee. Die Veränderungen, die<br />
Klee an und in sich wahrnimmt, sind gestaltet<br />
durch seinen untrüglichen und<br />
unzerstörbaren Sinn <strong>für</strong> Humor, der ihn<br />
befähigt, seine leidvolle Entwicklung und<br />
die geschichtlich-politische Katastrophe<br />
aus einer kultivierten und reflektierten<br />
Distanz zu betrachten. So sind die<br />
Engel-Bilder Klees Stadien und Konfigurationen<br />
des eigenen Wandlungsprozesses.<br />
Das Engel-Bild des „hohen Wächters“<br />
(1940) ist von Klee nicht mehr mit feinen<br />
Engeldarstellungen von Paul Klee<br />
Die Engel-Darstellungen von Paul Klee,<br />
die IfR auf <strong>den</strong> Umschlagseiten einrahmen, stammen<br />
aus <strong>den</strong> letzten Lebensjahren des Künstlers<br />
Josef Ilg / Harriet Gandlau<br />
Linien, sondern mit schweren Balkenstrichen<br />
gezeichnet. Es wirkt wie ein farbiges<br />
Glasfenster alter Kathedralen. Das<br />
„Gesicht“ des hohen Wächters ist bis<br />
auf die Augen eigentümlich verborgen,<br />
wie verhüllt hinter einem Feld in lichtem,<br />
hellen Blau, das von links oben herabkommt.<br />
Von zwei blattförmigen Gebil<strong>den</strong> liegt<br />
das eine wie eine Kappe auf dem Kopf<br />
des Wächters, das größere bildet einen<br />
flügelartigen Arm. Beide Teile wirken wie<br />
Stücke einer Rüstung: Helm und Armschiene.<br />
Auf seiner Brust trägt der<br />
Wächter einen Stern aus drei sich kreuzen<strong>den</strong><br />
Linien, wobei das Kreuz diagonal<br />
durchgestrichen ist. Streng steht<br />
der Wächter da. Sein Gesicht mit dem<br />
kleinen Querstrich als Mund drückt<br />
gewappnete Entschlossenheit aus. Es<br />
wirkt als ob ihm das Ungeheuere, das<br />
von oben hereinbricht, <strong>den</strong> Mund noch<br />
oder schon verschließt. In hellem Blau<br />
nähert sich das Licht des Himmels dem<br />
Gesicht des hohen Wächters. Paul Klee<br />
hat diesen Engel mit schweren, schwarzen<br />
Farbstegen konturiert, in <strong>den</strong>en sich<br />
gedämpft farbiges Licht sammelt. Ein<br />
„hoher Wächter“ in Zeiten des Übergangs,<br />
der inneren und äußeren Krisen,<br />
in <strong>den</strong>en Menschen ein Wächter-Engel<br />
gut und Not tut. Seine hohe Gestalt ragt<br />
in <strong>den</strong> Himmel und bringt und kündet<br />
Heil und Heilung von Gott zu <strong>den</strong> Menschen<br />
auf der Erde. (vgl. Riedel, 173ff)<br />
In der Bibel sind Engel Boten Gottes.<br />
Sie zeigen Gottes helfende und heilende<br />
Nähe. Damit sind sie Botschafter einer<br />
anderen Wirklichkeit <strong>für</strong> die Menschen.<br />
Mit ihnen verbindet sich unsere Sehn-<br />
sucht nach einer anderen Welt und<br />
Wirklichkeit der Geborgenheit und<br />
Leichtigkeit, der Schönheit und Hoffnung.<br />
Zur tiefen Wahrheit der Engel gehört<br />
auch, dass sie uns zeigen, dass unser<br />
Leben auf anderes verweist. Sie<br />
drücken eine menschliche Sehnsucht<br />
aus nach Hilfe und Heilung, die nicht<br />
aus uns selber kommt.<br />
„Engel sind eine Quelle der Inspiration.“<br />
(A. Grün)<br />
Mit seinen weitgehend einfachen Bleistiftzeichnungen<br />
greift Klee eine Darstellungsweise<br />
auf, die aperspektivisch und<br />
expressiv von keinem Abbildungswillen<br />
beeinträchtigt ist.<br />
Kunst bildet nicht ab; Kunst macht<br />
sichtbar.<br />
Dieses Diktum von Paul Klee ist auch<br />
das Leitmotiv <strong>für</strong> die methodisch-didaktischen<br />
Impulse.<br />
Als inhaltliche Kontexte <strong>für</strong> die Engel-<br />
Bilder bieten sich die Lehrplanthemen<br />
an z. B.: LP GS KR 2.3.2; 2.4.3; 4.2.1;<br />
4.6.2; LP HS KR 6.4.2; 6.6.1<br />
Für kreatives Schreiben wird ein Textanfang<br />
vorgegeben und von <strong>den</strong> Schüler/innen<br />
weitergeführt:<br />
Das kann ein Engel sein:<br />
Einer, der zu dir kommt,<br />
wenn Du allein bist,<br />
Kunst<br />
einer, der dein Gesicht streichelt,<br />
wenn du ängstlich bist oder traurig,<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 33
Kunst<br />
einer, der zu dir hält,<br />
wenn andere dich auslachen . . .<br />
einer, der ………………………...............<br />
wenn ………………………….................<br />
Das Gedicht von Rose Ausländer lädt<br />
dazu ein, ein eigenes Bild zu gestalten,<br />
in dem der/die Schüler/in sich selbst<br />
malt und seine/ihre Erfahrungen mit<br />
einem Engel in unterschiedlicher Erscheinung.<br />
Als anspruchsvolle differenzierende<br />
Maßnahme kann auch ein eigenes<br />
Gedicht (siehe auch 2. Strophe) geschrieben<br />
wer<strong>den</strong>. Eine Überlegung zum<br />
letzten Vers kann sein: Wie können wir<br />
einander Engel wer<strong>den</strong>?<br />
(Dieses Gedicht eignet sich <strong>für</strong> Klassen,<br />
die im Deutschunterricht bereits Zugang<br />
zu literarischen (poetischen, lyrischen)<br />
Texten gefun<strong>den</strong> haben; vgl. dazu<br />
4. Jgst. Deutsch 4.4.4 und 7. Jgst.<br />
Deutsch 7.2.1 u.a.)<br />
Der Engel in dir<br />
Der Engel in dir<br />
freut sich über dein<br />
Licht<br />
weint über deine Finsternis<br />
Aus seinen Flügeln rauschen<br />
Liebesworte<br />
Gedichte Liebkosungen<br />
Er bewacht deinen Weg<br />
Lenkt deinen Schritt<br />
engelwärts<br />
Rose Ausländer<br />
Einen Psalmvers zu einem Engel<br />
schreiben (vgl. Ps 91,11)<br />
Die Schüler/innen schreiben weiter:<br />
Seinen Engeln hat Gott befohlen,<br />
dich zu behüten auf all deinen Wegen.<br />
Seinen Engeln hat Gott befohlen,<br />
……………………………………….......<br />
Seinen Engeln ……………………...........<br />
………………………………………........<br />
Als Hörbeispiel empfehlen wir <strong>den</strong> Chorsatz<br />
(<strong>Nr</strong>. 9) Doppelquartett <strong>für</strong> achtstimmig<br />
gemischten Chor nach Ps 91, 11f<br />
„Denn er hat seinen Engel befohlen“<br />
aus: „Elias“, Oratorium nach Worten des<br />
Alten Testaments op. 70 von Felix Mendelssohn-Bartholdy<br />
(Dauer ca. 4 Min)<br />
Für die persönliche Aneignung des<br />
Bildsujets können von <strong>den</strong> Schüler/inne/n<br />
aus einer kopierten Vorlage<br />
Puzzleteile ausgeschnitten, neu zusammengesetzt<br />
und ggf. fehlende oder zu<br />
ergänzende Teile durch Zeichnen oder<br />
Malen ergänzt wer<strong>den</strong>. Zudem können<br />
die Engeldarstellungen von <strong>den</strong> Schüler/inne/n<br />
ausgeschnitten und in einen<br />
neuen Kontext gestellt wer<strong>den</strong>, der gezeichnet,<br />
gemalt oder mit einer Collage<br />
aus aktuellen Fotos oder Bildern aus<br />
Zeitschriften gestaltet wird.<br />
Zusätzlich sollen die Schüler/innen ein<br />
Psalmwort auf die Engeldarstellung von<br />
Paul Klee, aber auch auf ihre eigene Gestaltung<br />
beziehen, ein solches Psalmwort<br />
weiter schreiben oder selbst ein<br />
neues, eigenes Psalmwort formulieren.<br />
(vgl. Ps 22,20: Bitte bleib nicht fern, du<br />
kannst mich stärken.)<br />
Wie beim „Engel noch tastend“ die Linienführung<br />
der Bleistiftzeichnung nachempfun<strong>den</strong><br />
und graphisch umrissene<br />
Flächen übermalt, beschriftet oder mit<br />
Bildern beklebt wer<strong>den</strong> können, so<br />
bieten sich beim „hohen Wächter“ da<strong>für</strong><br />
die Farbflächen an, die u. a. auf <strong>den</strong><br />
Hell-Dunkel – Kontrast befragt wer<strong>den</strong><br />
können. „Wo in meinem Leben gibt es<br />
Dunkelheiten, wer ist mein Licht?“ Mit<br />
<strong>den</strong> Antworten können die Farbflächen<br />
beschriftet wer<strong>den</strong>.<br />
Harriet Gandlau / Josef Ilg<br />
Literatur:<br />
Ingrid Riedel,<br />
Engel der Wandlung.<br />
Die Engelbilder Paul Klees,<br />
Freiburg i.Br. 2000<br />
(Herder Spektrum Band 5452)<br />
Sigrid Berg,<br />
Mit Engeln durchs Jahr,<br />
<strong>München</strong>/Stuttgart (Kösel/Calwer Verlag) 1998<br />
34 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Wer traditionellere Auferstehungsbilder<br />
aus der Kunstgeschichte im Gedächtnis<br />
oder vor Augen hat, etwa <strong>den</strong> Christus<br />
des Isenheimer Altars von Grünewald,<br />
der wie in einer riesigen Lichtgloriole<br />
zum Himmel fährt oder Rembrandts<br />
„Auferstehung“ in der Alten Pinakothek<br />
in <strong>München</strong>, auf der ein lichter Engel<br />
<strong>den</strong> schweren Deckel vom Grab hebt,<br />
der wird beim Betrachten dieser<br />
„Großen Auferstehung“ von Otto Dix<br />
zunächst eher befremdet sein oder vielleicht<br />
sogar vor dieser expressiv-realistischen<br />
Darstellung zurückschrecken.<br />
Kraftvoll bewegt,<br />
<strong>den</strong> Rahmen sprengend<br />
Kantig und derb, fast plakativ mit breitem<br />
Pinselstrich gemalt, steigt dieser<br />
Christus unmittelbar vor dem Betrachter<br />
aus dem Grab. Alles scheint in Bewegung.<br />
Selbst das braunschwarze Tuch<br />
umhüllt die Len<strong>den</strong> nur locker und droht<br />
je<strong>den</strong> Moment herabzugleiten. Beginnend<br />
mit dem Bein, das kraftvoll zum<br />
letzten aufsteigen<strong>den</strong> Schritt aus dem<br />
Sarkophag ansetzt, wird der Blick <strong>den</strong><br />
Körper entlang zum Kopf geführt. Die<br />
Arme sind angewinkelt und zum nachtblauen<br />
und wie es scheint, sternklaren<br />
Himmel erhoben. In dieser von links<br />
unten nach rechts oben führen<strong>den</strong> Bewegung<br />
wird der Körper zur Bild füllen<strong>den</strong><br />
und beherrschen<strong>den</strong> Diagonale.<br />
Fast sprengt er <strong>den</strong> Bildraum. An der<br />
knochigen, in hellen gelben und wie<br />
fluoreszierend grünlichen Farben gemalten<br />
Gestalt Jesu beeindrucken vor allem<br />
zwei Dinge: der anscheinend in unendliche<br />
Fernen gerichtete Blick und die unübersehbar<br />
deutlich hervorgehobenen<br />
Wundmale. Tief wie Einschnitte klaffen<br />
sie auseinander. Der Einstich an der<br />
Seite ist zugleich Bildmittelpunkt und<br />
wird auf diese Weise zum Symbol, zum<br />
Zentrum der gesamten Darstellung.<br />
Vom Dunkel zum Licht<br />
Die hellblauen Augen im leicht zum Himmel<br />
gehobenen Kopf sind weit geöffnet.<br />
Sie wirken unnatürlich hell, <strong>den</strong>n ihnen<br />
fehlen die dunklen Pupillen. Vielleicht<br />
macht das <strong>den</strong> Blick einerseits so seltsam<br />
leer und lässt ihn andererseits in<br />
eine weit außerhalb des Bildes liegende<br />
himmlische Ferne gerichtet erscheinen.<br />
Über bei<strong>den</strong> Augen bis zu <strong>den</strong> schwarzen<br />
Brauen hin wölbt sich ein gelber<br />
Glanz, ganz so als spiegelten sie einen<br />
Abglanz des geschauten göttlichen<br />
Lichts.<br />
Das Auferstehungsbild von Otto Dix<br />
wirkt allein durch die Farbgebung zweigeteilt,<br />
in einen unteren dunkelbraun bis<br />
schwarz gemalten irdischen Bildraum<br />
und in einen darüber liegen<strong>den</strong> lichten,<br />
himmlischen Bereich. Damit folgt der<br />
Maler dem traditionellen, in der christlichen<br />
Kunst und Architektur immer wieder<br />
dargestellten Gegensatz von Licht<br />
und Dunkel. So wird symbolisch der<br />
Weg zu Gott sichtbar oder umgekehrt<br />
sein göttliches Wirken im irdischen Bereich<br />
wahrnehmbar dargestellt.<br />
Von Engeln umgeben<br />
Was hinter der Figur Jesu zuerst wie<br />
eine reich mit ovalen Ringen und Strichmustern<br />
ornamentierte Hintergrunddekoration<br />
erscheint, erweist sich bei genauerem<br />
Hinsehen als Engel mit mächti-<br />
gen, gelb-hellblau aufleuchten<strong>den</strong> Flügelpaaren.<br />
Einer berührt mit leichter<br />
Hand <strong>den</strong> Körper des Auferstehen<strong>den</strong>.<br />
Wie mit einem Schutzschild umgeben<br />
diese Boten Gottes die Gestalt mit ihren<br />
Flügeln und geleiten sie sanft aus dem<br />
irdischen Dunkel zum göttlichen Licht.<br />
Konzentration auf einen Bildausschnitt<br />
Im direkten Vergleich mit traditionelleren<br />
Auferstehungsbildern fällt zweierlei auf:<br />
Dix übernimmt zwar eine Reihe überlieferter<br />
Bildelemente, lässt da<strong>für</strong> aber andere<br />
aus. So fehlen beispielsweise die<br />
das Grab bewachen<strong>den</strong> Soldaten und<br />
auch von einer Landschaft ist nichts<br />
mehr zu sehen. Der aus dem Grab steigende<br />
Christus blickt nicht auf <strong>den</strong> Betrachter<br />
und hat weder die Rechte zum<br />
Segensgestus erhoben noch trägt er die<br />
Siegesfahne mit dem Kreuz. Genau genommen<br />
wählte Dix nur einen kleinen<br />
Ausschnitt traditioneller Darstellungen<br />
und konzentrierte damit die Aussage auf<br />
das <strong>für</strong> ihn Wesentliche. Der Blick des<br />
Betrachters wird auf <strong>den</strong> entspannten<br />
Gesichtsausdruck und das hoffnungsvoll<br />
zum göttlichen Licht erhobenen Gesicht<br />
gelenkt.<br />
Der Totenschädel<br />
Kunst<br />
Otto Dix<br />
malt die Auferstehung Christi<br />
Kraftvoll setzt der auferstan<strong>den</strong>e Christus zum<br />
letzten Schritt aus dem Sarkophag an.<br />
Otto Dix übernimmt die traditionelle Bildmotivik und<br />
akzentuiert und steigert sie zugleich durch seine<br />
Komposition<br />
Margarete Luise Goecke-Seischab<br />
Als Gegenpol fällt der Totenschädel<br />
rechts unten im Bild ins Auge. Was soll<br />
er hier wohl bedeuten? Der Schädel als<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 35
Kunst<br />
Symbol <strong>für</strong> <strong>den</strong> Tod taucht schon früh<br />
auf Bildern christliche Kunst auf. Vor allem<br />
im Zeitalter des Barock warnt er als<br />
Vanitassymbol vor weltlicher Eitelkeit<br />
und erinnert an die Endlichkeit irdischen<br />
Lebens. Im Bildzusammenhang dieser<br />
Auferstehung verstärkt er als Kontrast<br />
<strong>den</strong> ins Jenseits gerichteten Blick des<br />
Auferstan<strong>den</strong>en hin zum göttlichen<br />
Licht.<br />
Eine weitere Deutung ist möglich: Auf<br />
vielen traditionellen Kreuzigungsszenen<br />
verweist der Schädel am Fuß des Kreuzes<br />
auf Adam, der, <strong>den</strong> Schriften des<br />
Origenes zufolge, auf Golgota (der<br />
Schädelstätte) begraben wurde – ein<br />
Hinweis darauf, dass Christus nicht nur<br />
die Schuld Adams auf sich nahm, sondern<br />
durch sein Sterben Tod und Sünde<br />
besiegte und überwand.<br />
Bewältigung traumatischer<br />
Kriegserfahrungen<br />
Vor dem biografischen Hintergrund des<br />
Malers gesehen, führt die Deutung dieses<br />
Auferstehungsbildes noch weiter.<br />
Wie so viele andere Künstler seiner Generation<br />
hat auch Dix in zwei Weltkriegen<br />
viel durchlitten und diese<br />
grauenvollen, traumatisieren<strong>den</strong> Bilder<br />
und Erlebnisse in Bildern zur Passion zu<br />
verarbeiten versucht. 1891 in Gera<br />
geboren, wurde Otto Dix 1914 – 1918<br />
Soldat. Nach einer Ausbildung zum<br />
Dekorationsmaler in Gera (1905 – 1909)<br />
und einem Stipendium <strong>für</strong> das Studium<br />
an der Kunstgewerbeschule Dres<strong>den</strong><br />
(1909 – 1914), erhielt er 1927 Professuren<br />
in Dres<strong>den</strong> und Berlin, wurde aber<br />
1933 wegen seiner „Antikriegsbilder“<br />
entlassen und bekam Ausstellungsverbot<br />
als „entarteter Künstler“. Nach der<br />
Entlassung aus der Gefangenschaft im<br />
Elsaß begann Dix 1946 Szenen aus der<br />
Passion zu malen, u. a. Ecce Homo,<br />
Kreuzigung und Auferstehung. 1960 und<br />
1965 entstan<strong>den</strong> 33 Lithografien zur<br />
Matthäuspassion. Er starb 1969 in<br />
Singen.<br />
Über seine Bilder zu biblischen Themen<br />
äußerte Otto Dix: „Das Christliche ist<br />
keine Atelier-Idee“. . . „Mein Leben war<br />
Anlass genug, die Passion am Bruder,<br />
ja am eigenen Leib zu durchleben...<br />
Christliche Thematik bezieht sich auf<br />
unsere Gegenwart ebenso wie auf<br />
unsere Vergangenheit und Zukunft, sie<br />
hat etwas, das bleibt“ (Otto Dix und die<br />
Bibel, 82).<br />
Ähnlich wie Erich Heckel, der seinen<br />
Kamera<strong>den</strong> und Freun<strong>den</strong> in der Weihnachtsnacht<br />
1914 mit einer an die Zeltplanen<br />
gemalten „Madonna von Ostende“<br />
(vgl. Goecke-Seischab, 1994,<br />
141–148) Trost spen<strong>den</strong> wollte, drückt<br />
Otto Dix mit diesem Werk die Hoffnung<br />
und Zuversicht auf Auferstehung <strong>für</strong> alle<br />
im Kriege Gefallenen und Getöteten aus.<br />
Das Bild im Unterricht<br />
Für die Bildbetrachtung mit jüngeren<br />
Kindern ist das Bild seiner Direktheit und<br />
realistischen Darstellung wegen weniger<br />
geeignet. Da<strong>für</strong> kann es älteren Schülern<br />
und Schülerinnen nicht nur des biografischen<br />
Hintergrundes wegen einen direkten<br />
Zugang zum Thema bieten, sondern<br />
auch weil die moderne Auffassung und<br />
die direkt zupackende Art der Darstellung<br />
junge Menschen vielleicht mehr<br />
anzusprechen vermag als manche Darstellung<br />
aus längst vergangenen Stilepochen.<br />
Vielleicht spielt auch die Tatsache<br />
eine Rolle, dass dieses Bild, direkt<br />
nach dem Zweiten Weltkrieg entstan<strong>den</strong>,<br />
bis heute nichts an Aktualität<br />
verloren hat.<br />
In einer Zeit, in der von immer neuen<br />
Kriegsschauplätzen berichtet wird und<br />
überall auf der Welt nicht nur Soldaten,<br />
sondern auch unbeteiligte Kinder und<br />
Erwachsene einem unsinnigen Terror<br />
zum Opfer fallen, stellt sich auch<br />
Jugendlichen immer wieder die Frage<br />
nach dem Tod und einem Leben<br />
danach.<br />
Ein Bildvergleich<br />
Vor allem der direkte Vergleich mit traditionellen,<br />
älteren Auferstehungsdarstellungen<br />
etwa mit der aus Grünewalds<br />
Isenheimer Altar, zeigt die neue Sicht<br />
und Ausdruckssteigerung bei Dix. Da<br />
sind nicht nur der veränderte Bildbestand<br />
und die derbere, expressive Malweise<br />
festzustellen, sondern auch eine<br />
unerhört gesteigerte Dynamik in der Figur<br />
des Auferstehen<strong>den</strong> und ihre unerwartete<br />
Nähe zum Betrachter.<br />
Diese neue Bilderfindung bei Otto Dix<br />
wird besonders im Vergleich mit einer<br />
nur ein Jahr vorher zur gleichen Thematik<br />
entstan<strong>den</strong>en Lithografie deutlich.<br />
Der Vergleich zeigt, wie Dix <strong>den</strong> Ausdruck<br />
weiter steigerte, indem er Bildelemente<br />
veränderte. Beispielsweise damit,<br />
dass er das Grab nicht mehr einfach<br />
quer rechteckig darstellte, sondern<br />
aus dem Winkel genommen und am<br />
Horizont höher gezogen, dass er das im<br />
Ausstieg begriffene Bein auf <strong>den</strong> Grabrand<br />
stützte, die Arme stärker anwinkelte,<br />
die Hände höher über <strong>den</strong><br />
Kopf hob und nicht zuletzt die klaffen<strong>den</strong><br />
Wundmale unübersehbar hervorhob.<br />
An diesem Bildvergleich lässt sich zeigen,<br />
wie auch bedeutende Künstler oft<br />
jahrelang um ein Thema oder einen besonderen<br />
Ausdruck ringen, ehe sie <strong>für</strong><br />
das, was sie ausdrücken möchten und<br />
worauf es ihnen bei der Darstellung<br />
ankommt, die optimale Form gefun<strong>den</strong><br />
haben.<br />
Möglicherweise hinterfragen Schülerinnen<br />
und Schüler kritisch, ob wir in unseren<br />
Deutungen nicht allzu leicht „über-“<br />
interpretieren? Zu dieser Frage äußerte<br />
sich Dix selbst ganz eindeutig: „Was am<br />
Kunstwerk erklärbar ist, ist wenig; das<br />
Wesentliche an ihm ist nicht erklärbar,<br />
sondern allein anschaubar“ (Otto Dix<br />
und die Bibel, 64).<br />
36 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Vorschläge zur kreativen Umsetzung<br />
Man kann Bilder mit Schülerinnen<br />
und Schülern betrachten und zu<br />
deuten versuchen. Man kann ihre<br />
Thematik aber auch in einer<br />
eigenen gestalterischen Umsetzung<br />
weiter verarbeiten, bzw. das Verständnis<br />
der zentralen Bildaussage<br />
in eigenen Bildern vertiefen und<br />
sich festigen lassen. Das kann sehr<br />
frei geschehen und auch ohne<br />
dass der Auferstehende figürlich<br />
dargestellt wer<strong>den</strong> muss. Dazu einige<br />
Anregungen:<br />
Papiercollage aus<br />
farbigen Sei<strong>den</strong>papieren<br />
Papiere verschie<strong>den</strong>er Farbtönung<br />
zu reißen, zu schnei<strong>den</strong>, zu einem<br />
Bild zu arrangieren und dann festzukleben<br />
ist eine erst in der klassischen<br />
Moderne vor allem von<br />
Picasso und Braque erprobte<br />
Gestaltungsweise. Der Weg vom<br />
Dunkel zum Licht, wie er auf der<br />
„Großen Auferstehung“ von Dix so<br />
eindrücklich gemalt ist, lässt sich<br />
gut mit dünnen Sei<strong>den</strong>papieren<br />
nachgestalten. Benötigt wer<strong>den</strong><br />
Sei<strong>den</strong>papiere in <strong>den</strong> Farben<br />
Schwarz, Braun, Grün <strong>für</strong> <strong>den</strong> dunkleren<br />
unteren Bildteil und sattes<br />
Postgelb, Zitronengelb und Weiß.<br />
Die Papiere wer<strong>den</strong> erst in die gewünschte<br />
Form gerissen oder geschnitten,<br />
dann vom dunklen<br />
Grund zum immer heller wer<strong>den</strong>-<br />
Literatur:<br />
Goecke-Seischab, Margarete Luise, Von Klee bis<br />
Chagall. Kreativ arbeiten mit zeitgenössischen<br />
Graphiken zur Bibel, <strong>München</strong> 1994.<br />
Goecke-Seischab, Margarete Luise/Frieder Harz,<br />
Christliche Bilder verstehen. Themen – Symbole<br />
– Traditionen. Eine Einführung, <strong>München</strong> 2004.<br />
<strong>den</strong> Himmel hin angeordnet und,<br />
wenn die Komposition gelungen<br />
scheint, auf einen Bogen Papier<br />
geklebt.<br />
Fensterbild aus transparenten<br />
farbigen Papieren<br />
Auf ganz ähnliche Weise können<br />
aus farbigem Pergaminpapier gerissene<br />
oder geschnittene Fensterbilder<br />
entstehen. Der Unterschied:<br />
Hier wer<strong>den</strong> nur die Ränder jeweils<br />
überlappend auf das nebenan liegende<br />
Stück Transparentpapier geklebt.<br />
Es wird also kein schwarzer<br />
Rahmen wie <strong>für</strong> die früher üblichen<br />
Durchscheinbilder benötigt. Vielmehr<br />
festigt diese lockere Klebeweise<br />
zugleich das Bild, lässt die<br />
Ränder zwar ein wenig dunkler erscheinen,<br />
aber das ganze Bild<br />
bleibt leuchtend und hell. Am besten<br />
bleibt der Rand sogar unbeschnitten.<br />
Es ist reizvoll, wenn<br />
e0 entsprechend der gerissenen<br />
Papierflecken bewegt und fließend<br />
verläuft.<br />
Ein Fensterbild<br />
in Weiß und Grau<br />
Es kann auch nur mit weißem,<br />
aber mehrfach übereinander geklebtem<br />
Transparentpapier gestaltet<br />
wer<strong>den</strong>. Je mehr Schichten<br />
übereinander liegen, desto dunkler<br />
Literatur:<br />
Otto Dix und die Bibel. Spurensuche. Kindheits-,<br />
Jugend- und Frühwerke. Begleittexte (Keimlinge<br />
der großen Kunst), hrsg. v. Museum Halle/Westfalen,<br />
Halle 1992.<br />
Löffler, Fritz, Otto Dix. Leben und Werk, Wiesba<strong>den</strong><br />
1982.<br />
Löffler, Fritz, Otto Dix. Bilder zur Bibel, Stuttgart/<br />
Zürich 1987.<br />
Kunst<br />
der Eindruck. Im Falle des vorliegen<strong>den</strong><br />
Auferstehungsmotivs verdunkeln<br />
nach unten hin immer<br />
dickere Schichten das Bild, während<br />
im oberen Bildteil nur ein bis<br />
zwei Papiere übereinander geklebt<br />
sind. Mit gerissenen Kringeln und<br />
Tupfen kann das Flügelmotiv aufgenommen<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Vom Dunkel zum Licht –<br />
Das schraffierte Bild<br />
Ist wenig Zeit und sind keine Materialien<br />
außer Bleistift und Papier<br />
verfügbar, kann doch sehr eindrucksvoll<br />
die Bewegung vom Dunkel<br />
zum Licht nachempfun<strong>den</strong> und<br />
dargestellt wer<strong>den</strong>. Die klare, das<br />
Bild füllende Figur des Auferstehen<strong>den</strong><br />
wird nur ganz leicht und andeutungsweise<br />
mit Bleistift auf ein<br />
Blatt Papier übertragen. In einem<br />
zweiten Durchgang wird, oben beginnend,<br />
die Hell-Dunkel-Gestaltung<br />
mit immer dichter wer<strong>den</strong><strong>den</strong><br />
und schließlich übereinander gelegten<br />
Bleistiftschraffuren (am besten<br />
Bleistift des Stärkegrads 2B) nachempfun<strong>den</strong>.<br />
Die genau nach<br />
<strong>den</strong> beobachteten Helligkeitswerten<br />
des Bildes angelegten Schraffuren<br />
en<strong>den</strong> im unteren Bilddrittel<br />
in tiefer Schwärze bzw. lösen sich<br />
– entgegengesetzt betrachtet – immer<br />
mehr zum Licht hin auf.<br />
Literatur:<br />
Schubert, Dietrich, Otto Dix in Selbstzeugnissen<br />
und Bilddokumenten (rororo Monographien 287),<br />
Reinbek b. Hamburg 1980.<br />
Als Originalbeitrag erschienen in KatBl 129(2004)2,<br />
123 –127; Abdruck mit freundlicher Genehmigung<br />
des Kösel Verlag <strong>München</strong><br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 37
Impressum<br />
IfR-<strong>Information</strong>en <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>Religionsunterricht</strong> an Grund-,<br />
Haupt- und Förderschulen, herausgegeben vom Schulreferat<br />
Abt. I des Erzbischöflichen Ordinariats <strong>München</strong><br />
Redaktion: Dr. Thomas Gandlau, Barbara Hofmann,<br />
Josef Ilg, Petra Langholz, Angelika Stock, Diane Weber<br />
Beirat: Dr. Matthias Bahr, Tatjana Boleslawski, Wolfgang<br />
Dinkel, Angela Eitzenberger, Konstanze Graf-Schechert<br />
Redaktionsadresse: Postfach 33 03 60, 80063 <strong>München</strong><br />
Layout und Druck: Hofmann GmbH & Co. KG,<br />
Druck + Medien, 83301 Traunreut<br />
Für diese Ausgabe haben geschrieben:<br />
Dr. Harriet Gandlau, SRin i. K.<br />
Marie Luise Goecke-Seischab, Dozentin<br />
Konstanze Graf-Schechert, RLin i. K.<br />
Barbara Hofmann, RLin i. K.<br />
Josef Ilg, SchR i. K.<br />
Prof. Dr. Hans Mendl<br />
Prof. em. Dr. Ehrenfried Schulz<br />
Angelika Stock, RLin i. K.<br />
Diane Weber, RLin i. K.<br />
Markus Wolf, R i. K.<br />
Sabine Wolf, Lin<br />
38 IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong>
Otto Dix, Große Auferstehung Christi II, 200 x 150 cm,1949<br />
IfR <strong>Nr</strong>. <strong>56</strong>/<strong>2006</strong> 39