Dokument 1.pdf - eDoc
Dokument 1.pdf - eDoc
Dokument 1.pdf - eDoc
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Einleitung<br />
Das Konzept der Inneren Führung, das seit ihrem Aufbau in den fünfziger Jahren das<br />
Innere Gefüge der Bundeswehr konstituiert und bestimmt, zielt auf eine Integration der<br />
Armee in den demokratischen Rechtsstaat. Der Soldat versteht sich nach diesem Konzept<br />
als ein Staatsbürger, der in der Gesellschaft lebt, nicht abgeschottet von ihr oder im<br />
Gegenüber zu ihr. Durch die Einbindung der Streitkräfte in eine demokratische, rechtsstaatliche<br />
Grundordnung sollte die von den Vorgängerinnen der Bundeswehr bekannte<br />
Gefahr ausgeschlossen werden, daß sich die Armee zu einem Staat-im-Staate und damit<br />
zu einer Gefährdung der Demokratie im Inneren entwickeln könnte. So ist beispielsweise<br />
die soldatische Pflicht zum unbedingten Gehorsam dem Prinzip des verantworteten<br />
Gehorsams gewichen. Der einzelne Soldat ist gefordert, sich ein eigenes Urteil über die<br />
Befehle, die er gibt und ausführt, zu bilden und entsprechend Verantwortung für sie zu<br />
tragen. Angewendet auf die tägliche Führungspraxis will das Konzept der Inneren Führung<br />
die Beziehungen zu Vorgesetzten, Untergebenen und Kameraden in einem Geist<br />
der Achtung und Würde regeln und prägen.<br />
Lebhaft und kontrovers diskutiert wird zur Zeit allerdings, ob zur Verwirklichung der<br />
Inneren Führung die Bundeswehr als Wehrpflichtarmee notwendige Bedingung ist. Gewiß<br />
hat der hohe Anteil Wehrpflichtiger wesentlich zur Integration der Bundeswehr in<br />
die Gesellschaft beigetragen. Fraglich bleibt allerdings die implizite Behauptung, die<br />
Wehrpflicht sei konstitutiver Bestandteil der Inneren Führung und wer die Wehrpflicht<br />
— aus welchen Gründen auch immer — zur Diskussion stelle, bringe leichtfertig auch die<br />
Innere Führung in Gefahr. Die zu diskutierenden Fragen lauten: Ist das Konzept der<br />
Inneren Führung so untrennbar mit der Idee der allgemeinen Wehrpflicht verbunden,<br />
daß mit einer Abschaffung der Wehrpflicht als Folge die Innere Führung nicht mehr zu<br />
gewährleisten ist? Oder lassen sich die entscheidenden Errungenschaften der Inneren<br />
Führung auch auf eine Bundeswehr übertragen, wenn die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt<br />
oder abgeschafft ist? Mit welcher Wehrform und Wehrstruktur lassen sich heutige<br />
und künftige Aufgaben der Bundeswehr, auch im Rahmen der Vereinten Nationen, adäquat<br />
bewältigen?<br />
Eine gemeinsame Tagung des Instituts für Theologie und Frieden, des Bundes der Katholischen<br />
Jugend (BdKJ) und der Gemeinschaft katholischer Soldaten (GKS) beschäftigte<br />
sich mit diesem Fragekomplex, um mögliche Perspektiven aufzuzeigen, Schwerpunkte<br />
zu setzten und zu begründeten Ergebnissen zu gelangen. Der vorliegende Band<br />
besteht aus Beiträgen dieser Tagung sowie weiterführenden Texten und will als Beitrag<br />
zu der notwendigen Debatte um die Zukunft der Bundeswehr verstanden werden.<br />
Der Marburger Politikwissenschaftler Wilfried von Bredow steckt mit einer Bestim-<br />
mung der sicherheitspolitischen Gesamtlage in Europa den Rahmen für eine Diskussion<br />
über mögliche Änderungen der Wehrstruktur ab. Nach dem Ende des Ost-West-Konflik-<br />
5