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Kritische Erfolgsfaktoren innerbetrieblicher Informationsvermittlung ...

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<strong>Kritische</strong> <strong>Erfolgsfaktoren</strong> <strong>innerbetrieblicher</strong><br />

<strong>Informationsvermittlung</strong> – Umfeldanalyse unter Einbeziehung<br />

des Stakeholder-Ansatzes<br />

Stefan Zillich, Frankfurt am Main<br />

1 Einführung<br />

1.1 Problemstellung und Zielsetzung<br />

Im Umfeld unternehmensinterner <strong>Informationsvermittlung</strong>sstellen (IVS) gibt es Personen und<br />

Prozesse, die besonders deutlich in wirtschaftlich angespannten Phasen den Bestand der IVS<br />

fördern bzw. gefährden können. Das Stakeholder-Konzept, mit dessen Hilfe externe Einflussgrößen<br />

eines Unternehmens untersucht werden, bietet einen Ansatz, auch Einflussgrößen im<br />

Umfeld von Abteilungen zu untersuchen, die in Unternehmen angesiedelt sind.<br />

Ziel dieser Arbeit ist es, das Stakeholder-Konzept auf die besondere Situation unternehmensinterner<br />

IVS zu übertragen, um Einflussgrößen aus deren Umfeld systematisch zu identifizieren<br />

und zu untersuchen. Um auch sachliche bzw. technische Einflussgrößen zu<br />

berücksichtigen, wird der Stakeholder-Ansatz erweitert, indem neben den organisatorischsozialen<br />

Einflussgrößen (Stakeholder) auch sachlich-inhaltliche Einflussgrößen in die Untersuchung<br />

einbezogen werden. Es wird eine strukturierte Untersuchungsmethode vorgestellt, in<br />

der existierende Ansätze1 berücksichtigt werden. Folgende Zielsetzungen sollen damit unterstützt<br />

werden:<br />

- ganzheitliche Erfassung der Einflussfaktoren im Umfeld einer IVS<br />

- Früherkennung von Potenzialen und Gefährdungen<br />

- Feststellung von Abhängigkeiten<br />

- Beurteilung der Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft der IVS<br />

- Ableitung von Maßnahmen zur Optimierung der Situation der IVS<br />

1.2 Begriffsbestimmungen<br />

Zunächst werden für die Behandlung des Themas relevante Begriffe einführend erläutert und<br />

im Rahmen der Ausarbeitung eingeordnet.<br />

Innerbetriebliche <strong>Informationsvermittlung</strong>sstelle: Das Aufgabenspektrum einer innerbetrieblichen<br />

<strong>Informationsvermittlung</strong>sstelle besteht darin, Informationen für andere Organisationseinheiten<br />

im Unternehmen zu beschaffen, zu analysieren, zu speichern, bedarfsgerecht<br />

aufzubereiten und weiterzuvermitteln. Die IVS wird für diese Dienstleistung von der Unter-<br />

1. vgl. Bea/Haas; Freeman; Müller-Stewens; Welge<br />

171


nehmensleitung etabliert und exklusiv beauftragt. Mitarbeiter aus anderen Organisationseinheiten,<br />

die für eigene Zwecke recherchieren, sind demnach von dieser Definition<br />

ausgeschlossen.<br />

<strong>Kritische</strong> <strong>Erfolgsfaktoren</strong>: Für Unternehmen lassen sich Einflussfaktoren und Parameter<br />

identifizieren und überprüfen, die für die Aufgabenerfüllung des Unternehmens von entscheidender<br />

Bedeutung sind und die über Erfolg und Misserfolg des Unternehmens entscheiden2 .<br />

Im Rahmen dieser Arbeit wird festgestellt, dass auch für betriebsinterne IVS kritische <strong>Erfolgsfaktoren</strong><br />

identifiziert werden können, die Bestand und Entwicklung der IVS negativ beeinflussen<br />

und in Frage stellen können.<br />

Umfeld und Umfeldanalyse: Im Rahmen der Ausarbeitung wird argumentiert, dass entsprechend<br />

der Definition für das Umfeld von Unternehmen3 , auch eine innerbetriebliche IVS in ein<br />

Geschäftsumfeld eingebettet ist, das durch eine Reihe von Einflusskräften charakterisiert wird.<br />

Stakeholder-Konzept: Das Stakeholder-Konzept ist seit 1963 am Stanford Research Institute<br />

begrifflich verankert und wurde als strategischer Managementansatz von Edward R. Freeman<br />

weiter entwickelt. Demnach existieren im Umfeld der Unternehmen Individuen oder Gruppen<br />

(die sogenannten Stakeholder), die an der Unternehmung einen materiellen oder immateriellen<br />

Anspruch haben (engl. stake = ein mit Risiko verbundener Einsatz), wobei Unternehmen und<br />

Stakeholder voneinander abhängen. Als Stakeholder werden also Personen und Gruppen bezeichnet,<br />

die unmittelbaren Einfluss auf Bestand und Entwicklung des Unternehmens haben<br />

und die von der Arbeit des Unternehmens direkt oder indirekt betroffen sind 4 . Im Rahmen dieser<br />

Darstellung wird das Stakeholder-Konzept für die Umfeldanalyse einer IVS als unternehmensinterne<br />

Dienstleistung angewendet. Demnach bezieht sich der Begriff Stakeholder auf<br />

Personen oder Gruppen innerhalb und außerhalb des Unternehmens, die die Erreichung der<br />

Ziele einer IVS beeinflussen können oder die selbst von der Zielerreichung der Abteilung betroffen<br />

sind.<br />

2 Umfeldanalyse der IVS – erweiterter Ansatz in vier Schritten<br />

Nachfolgend wird die Untersuchungsmethode vorgestellt, die in vier Schritte gegliedert ist:<br />

1 Identifikation der Einflussgrößen<br />

2 Gliederung der Einflussgrößen<br />

3 Analyse der Einflussgrößen<br />

4 Ableitung von Maßnahmen<br />

2. Picot, S. 107<br />

3. vgl. Müller-Stewens, S. 171<br />

4. Figge/Schaltegger; vgl. Freeman, S. 25; vgl. Bea/Haas S. 101<br />

172


2.1 Identifikation der Einflussgrößen<br />

Zunächst wird eine Liste möglicher Einflussgrößen der zu betrachtenden unternehmensinternen<br />

IVS erstellt. Bei der Identifikation der Einflussgrößen helfen folgende Fragen weiter:<br />

- Wer oder was übt unmittelbaren Einfluss auf den Bestand und die Entwicklung der IVS<br />

aus?<br />

- Wer oder was ist von der Arbeit der IVS direkt oder indirekt betroffen?<br />

Anhand von Fragestellungen aus der Spieltheorie lassen sich diese allgemeinen Fragen als<br />

Teilfragen konkretisieren5 :<br />

- Wer sind die Akteure (innerhalb der IVS und in deren Umfeld)?<br />

- Wer ist das Publikum (von dem die IVS ohne ihr eigenes Zutun beobachtet wird)?<br />

- Was kennzeichnet die Rahmenbedingungen (technisch, rechtlich, organisatorisch, ...)?<br />

- Wer sind die Schiedsrichter (z.B. Kunden, Unternehmensleitung, ...)?<br />

- Wie lauten die Spielregeln (Unternehmenskultur, Traditionen, Regeln ...)?<br />

- Was ist das Spielfeld (Region, Branche, Themen, ...)?<br />

Generell besteht die Gefahr, bei der Identifikation von Einflusskräften zu stark deskriptiv vorzugehen<br />

und mit großem Aufwand eine nicht mehr überschaubare Menge an Einflussgrößen<br />

zu ermitteln. Andererseits können durch eine reduktionistische Auswahl wichtige Einflussgrößen<br />

übersehen werden6 . Es können auch Einflussgrößen berücksichtigt werden, die mit der<br />

IVS in keinem direkten Verhältnis stehen, sondern nur über Dritte mit ihr zu tun haben (z.B.<br />

Mitarbeiter, die mit Rechercheergebnissen arbeiten, ohne diese selbst angefordert zu haben).<br />

In diesem Zusammenhang sind auch exotisch anmutende Einflussgrößen ins Kalkül zu ziehen,<br />

die ihre Interessen nicht offiziell anmelden und dennoch ein Sanktionspotenzial gegenüber der<br />

IVS ausüben können (z.B. „IVS-ähnliche“ Stellen im Unternehmen). Weiterhin stellt sich die<br />

Frage, ob Anspruchsgruppen als Ganzes in die Liste aufgenommen werden oder ob eine Segmentierung<br />

in Untergruppen sinnvoll erscheint. Dieser Punkt ist z.B. bei der Betrachtung der<br />

Kunden interessant, die sich gegebenenfalls in Stammkunden, regelmäßige Kunden, seltene<br />

Kunden und Nicht-Kunden unterteilen lassen. In größeren Unternehmen ist in jedem Fall die<br />

hierarchisch übergeordnete Firmenzentrale mit ihren besonderen Ansprüchen zu berücksichtigen.<br />

Daneben gibt es eine Vielzahl von Geschäftseinheiten, mit der sich eine IVS auseinandersetzen<br />

muss, weil Abhängigkeiten bezüglich interner Dienstleistungen bestehen und weil um<br />

knappe Ressourcen konkurriert wird.<br />

5. nach Müller-Stewens, S. 229<br />

6. Müller-Stewens, S. 176<br />

173


Das Ergebnis der Identifikationsphase kann eine Liste von Einflussgrößen sein, wie sie in der<br />

folgenden Übersicht gezeigt wird (Abbildung 1):<br />

Abbildung 1: Einflussgrößen im Umfeld einer unternehmensinternen<br />

<strong>Informationsvermittlung</strong>sstelle (IVS)<br />

2.2 Gliederung der Einflussgrößen<br />

Im Hinblick auf später zu entwickelnde Maßnahmen und Lösungsansätze sind menschliche<br />

Einflussgrößen anders zu untersuchen als sachliche Einflussgrößen. Deshalb erscheint es sinnvoll,<br />

die ermittelten Einflussgrößen zu differenzieren. Als Einteilungsschema bietet sich die<br />

Unterscheidung von organisatorisch-sozialen und sachlich-inhaltlichen Einflussgrößen an, wie<br />

sie bei der Umfeldanalyse von Projekten genutzt wird 7 .<br />

Ein organisatorisch-sozialer Einfluss wird durch Einzelpersonen, Gruppen oder durch Zusammenschlüsse<br />

aus Einzelpersonen oder Gruppen ausgeübt. Hier seien z.B. Unternehmensleitung,<br />

Kunden, Abteilungen genannt. In Anlehnung an die vorgestellte Definition handelt es<br />

sich hier um die zu identifizierenden Stakeholder.<br />

Die Kategorie „sachlich-inhaltliche Einflussgrößen“ dient dazu, den Stakeholder-Ansatz mit<br />

seinem eigentlichen Fokus auf direkt ansprechbare Personen und Gruppen um eine sachbezogene<br />

Komponente zu erweitern. Demnach werden in dieser Kategorie sachliche Einflussgrößen<br />

wie Technologie, Position im Organigramm usw. zugeordnet. Ausgehend von der<br />

vorgestellten Definition besitzen diese Faktoren nicht die Attribute von Stakeholdern (Individuen<br />

oder Gruppen, die einen Anspruch erheben können). Sie können aber durchaus als Ergebnis<br />

von menschlichen Handlungen und Interessenlagen interpretiert werden. Diese Faktoren<br />

verfügen über ein relevantes Einflusspotenzial gegenüber der IVS und werden in der Umfeldanalyse<br />

deshalb berücksichtigt.<br />

7. vgl. Walter/Patzak, S. 39<br />

174


In Fortführung der Auflistung in Bild 1 lassen sich die identifizierten Einflussgrößen somit<br />

wie in Bild 2 gruppieren:<br />

Abbildung 2: Gliederung der Einflussgrößen nach Stakeholdern und sachlich-inhaltlichen<br />

Einflussgrößen<br />

2.3 Analyse der Einflussgrößen<br />

Nachfolgend werden ausgewählte Kriterien vorgestellt, unter denen die identifizierten und kategorisierten<br />

Einflussgrößen untersucht werden. Außerdem wird auf Interdependenzen zwischen<br />

den Einflussgrößen eingegangen, die ihrerseits eine Eigendynamik entwickeln und<br />

damit die IVS beeinflussen können.<br />

2.3.1 Betrachtung der Stakeholder unter Berücksichtung ausgewählter<br />

Kriterien<br />

Um das Einflusspotenzial der organisatorisch-sozialen Einflüsse (=Stakeholder) zu untersuchen,<br />

werden nachfolgend zwei Kriterien vorgestellt:<br />

- Kooperationspotenzial / Bedrohungspotenzial<br />

- Machtstruktur<br />

Zunächst werden die organisatorisch-sozialen Einflussgrößen dem Stakeholder-Konzept folgend<br />

nach ihrem relativen Kooperationspotenzial und nach ihrem relativen Bedrohungspotenzial<br />

in Bezug auf die IVS geordnet. Je nach hoher bzw. niedriger Ausprägung der Potenziale<br />

175


lassen sich vier Gruppen unterscheiden, für die später spezifische Maßnahmenpakete vorge-<br />

stellt werden: „Swing Stakeholder“, „Hold Stakeholder“, „Defensive Stakeholder“ und „Offensive<br />

Stakeholder“ 8 . In einer Matrix lassen sich die Stakeholder-Gruppen entsprechend der<br />

genannten Eigenschaften darstellen (Abbildung 3):<br />

Abbildung 3: Relevanzmatrix für Stakeholder nach den Kriterien Kooperationspotenzial und<br />

Bedrohungspotenzial (nach Freeman)<br />

Bezogen auf innerbetriebliche IVS lassen sich die Stakeholder-Gruppen wie folgt unterscheiden:<br />

- Swing Stakeholders (schwankend) charakterisieren sich durch ein hohes Kooperations- und<br />

ein hohes Bedrohungspotenzial; sie unterstützen die IVS aktiv in ihrem Bestand, können<br />

diese aber auch jederzeit durch Entzug ihrer Unterstützung gefährden.<br />

- Hold Stakeholders (verharrend) weisen gegenüber der IVS ein niedriges Kooperations- und<br />

ein niedriges Bedrohungspotenzial auf; sie nehmen gegenüber der IVS eine relativ neutrale<br />

Position ein, die sich zunächst weder unterstützend noch gefährdend auswirkt.<br />

- Defensive Stakeholders (Einflussgrößen, gegen die sich die IVS ggf. verteidigen muss)<br />

kennzeichnen sich durch ein niedriges Kooperationspotenzial und ein hohes Bedrohungspotenzial;<br />

sie tragen nicht zum Erfolg der IVS bei, können deren Bestand jedoch bedrohen.<br />

- Offensive Stakeholders (Einflussgrößen, mit der die IVS ihre eigenen Interessen durchsetzen<br />

kann) vermitteln ein hohes Kooperations- und ein niedriges Bedrohungspotenzial; sie<br />

tragen zum Erfolg der IVS bei und bedrohen deren Bestand nicht.<br />

8. vgl. Freeman, S. 141<br />

176


In Abhängigkeit zur realen Situation können Stakeholder in der vorgestellten Relevanzmatrix<br />

wie folgt eingeordnet werden (Abbildung 4):<br />

Abbildung 4: Einordnung von Stakeholdern in die Relevanzmatrix nach den Kriterien<br />

Kooperationspotenzial und Bedrohungspotenzial (nach Freeman)<br />

Neben der Analyse der Kooperations- und Bedrohungspotenziale lässt sich das Abhängigkeitsverhältnis<br />

zwischen IVS und Stakeholdern durch die Analyse von Machtstrukturen verdeutlichen.<br />

Dabei werden Ausmaß und Qualität ermittelt, mit denen einzelne Stakeholder Einfluss<br />

auf Entscheidungen der IVS ausüben können. Zur Verdeutlichung des Gedankens werden vier<br />

Aspekte vorgeschlagen, unter denen die Abhängigkeitsverhältnisse und Machtstrukturen zwischen<br />

IVS und Stakeholdern betrachtet werden können 9 :<br />

- Bindungsmacht: Beschränkung der Aktionsfreiheit der IVS, falls deren Handlungen an die<br />

Zustimmung des Stakeholders gebunden ist<br />

- Retaliationsmacht (retaliation: engl. Vergeltung): Fähigkeit des Stakeholders, bei Nichterfüllung<br />

seiner Ansprüche Sanktionen gegen die IVS vorzunehmen<br />

- Substitutionsmacht: Fähigkeit des Stakeholders, die Beziehung zur IVS bei nur geringem<br />

eigenem Schaden abzubrechen<br />

- Koalitionsmacht: Fähigkeit des Stakeholders, seine Interessen durch Koalition mit anderen<br />

Gruppen, die über Macht verfügen, durchzusetzen<br />

9. Welge, S. 54<br />

177


Die Analyse der Stakeholder unter Berücksichtigung der vorgestellten Kriterien Kooperations-<br />

/Bedrohungspotenzial und Machtstruktur liefert Hinweise, die die Grundlage für die Entwicklung<br />

von Lösungsansätzen (siehe Abschnitt 2.4) bilden.<br />

2.3.2 Betrachtung der sachlich-inhaltlichen Einflussgrößen<br />

Sachlich-inhaltliche Einflussgrößen besitzen nicht die Eigenschaften von Stakeholdern, d.h. es<br />

handelt sich nicht um Individuen oder Gruppen, die einen Anspruch gegenüber der IVS erheben<br />

können. In Bild 2 wurden sachlich-inhaltliche Einflussgrößen aufgelistet, für die sich im<br />

Hinblick auf ihre fördernden und gefährdenden Potenziale u.a. folgende weiterführende Fragestellungen<br />

skizzieren lassen:<br />

- Die Unternehmenskultur umfasst auch das Thema Informations- und Wissensmanagement,<br />

und somit den Umgang mit Information innerhalb des Unternehmens: Welche Regeln oder<br />

Traditionen existieren im Unternehmen und in der Abteilung für den Umgang mit Informationen<br />

und damit für die Produkte und Dienstleistungen der IVS? Findet ein unternehmensinterner<br />

Konkurrenzkampf zwischen Bereichen statt, der die interne Zurückhaltung von<br />

Information fördert? Werden die Besonderheiten von Information als Wirtschaftsgut wahrgenommen?<br />

- Die Einordnung im Organigramm entscheidet mit darüber, wie selbständig und sicher die<br />

IVS steht. Ist sie z.B. einem Unternehmensbereich untergeordnet, könnte ihr Bestand ohne<br />

ihr eigenes Zutun von dessen Erfolg bzw. Misserfolg abhängig gemacht werden. Kann die<br />

IVS durch alle Mitarbeiter des Unternehmens genutzt werden oder werden die Services<br />

vom direkt übergeordneten Bereich beansprucht? Neben den Aspekten zur Einordnung als<br />

Stabs- oder Linieneinheit des Unternehmens stellen sich hier auch Fragen zur Kostendekkung<br />

als untergeordnete Abteilung bzw. als selbständiges Profit Center.<br />

- Wurden für die IVS Strategien und damit verbundene Ziele formuliert? Stimmen diese mit<br />

den Planungen übergeordneter Einheiten bzw. des Unternehmens überein? Findet hierzu<br />

ein Austausch mit Unterstützern im Top-Management statt?<br />

- Informationstechnologie: Bietet das Unternehmen eine ausreichende Infrastruktur, moderne<br />

Hardware und IT-Support? Besitzen die IVS-Mitarbeiter ausreichend Kenntnisse im<br />

Umgang mit den Technologien und Produkten, die ständig weiter entwickelt werden?<br />

- IVS-Dienstleistungen und –produkte: Gibt es definierte Produkte? Sind die Produkte bekannt?<br />

Sind die Produkte relevant für die Leistungen des Unternehmens? Ist die IVS bereit<br />

und fähig, im Hinblick auf sich ändernde Nachfragesituationen Produkte weiterzuentwikkeln?<br />

2.3.3 Analyse von Interdependenzen<br />

Neben den Abhängigkeiten, die zwischen der unternehmensinternen IVS und ihrer Umgebung<br />

festzustellen sind, existieren auch Interdependenzen zwischen den Einflussgrößen. Hierbei<br />

handelt es sich um formelle und informelle Situationen zwischen Mitarbeitern, Gruppen, Ab-<br />

178


teilungen, Projekten, Bereichen usw., wie sie aus dem Geschäftsalltag bekannt sind. Mit diesem<br />

Untersuchungskriterium soll verdeutlicht werden, dass die IVS im Rahmen einer<br />

Umfeldanalyse nicht als alleinstehende Untersuchungsgröße betrachtet wird. Vielmehr befindet<br />

sie sich in einem Netz aus Beziehungen, das durch komplexe Kommunikationsstrukturen<br />

und Abhängigkeiten charakterisiert ist. Bild 5 vermittelt mögliche Abhängigkeiten zwischen<br />

den Einflussgrößen im Umfeld einer IVS, deren Folgen eine eigene Dynamik gegenüber der<br />

IVS entwickeln können.<br />

Abbildung 5: Mögliche Interdependenzen zwischen Einflussgrößen im Umfeld<br />

unternehmensinterner IVS<br />

Exemplarisch sollen spezifische Abhängigkeiten zwischen den Kunden der IVS und anderen<br />

Einflussgrößen umrissen werden:<br />

- Verantwortung für Erfolg gegenüber Unternehmensleitung<br />

- Ausführung von Anweisungen übergeordneter Mitarbeiter und Abteilungen<br />

- Formelle und informelle Kontakte zur Unternehmensleitung, z.B. Hinweise zur Qualität<br />

von IVS-Dienstleistungen, ggf. Wunsch nach Etablierung einer bereichsspezifischen Researchstelle<br />

- Formelle und informelle Kontakte zu anderen Kunden und Abteilungen, Austausch über<br />

Form und Qualität der IVS-Dienstleistungen<br />

- Professionals, die den Informationsmarkt nutzen und die sich an IVS-Konkurrenz innerhalb<br />

und außerhalb des Unternehmens wenden<br />

179


- Kunden erhalten direkte Nutzungsangebote durch die Anbieter für Online-Datenbanken<br />

- Konkurrenz um knappe Ressourcen innerhalb des Unternehmens<br />

Dabei wird deutlich, dass auch scheinbar weniger relevante Einflussgrößen, wie z.B. Lieferanten,<br />

eine erfolgskritische Dimension erreichen können: Sie können sich jederzeit mit anderen<br />

Stakeholdern austauschen und Interessengemeinschaften eingehen, die neue Gefahren oder<br />

Potenziale für die IVS eröffnen können. In Bezug auf die unternehmensinterne Dienstleistung<br />

<strong>Informationsvermittlung</strong> stellt die IVS also eine Schnittstelle unterschiedlichster Interessen der<br />

sie umgebenden Einflussgrößen dar. Diese Zusammenhänge beinhalten neben Gefährdungen<br />

allerdings auch Potenziale für die IVS, da über dieses Abhängigkeiten-Netz Kontakte und Beziehungen<br />

zu bislang vernachlässigten Einflussgrößen intensiviert werden können.<br />

2.4 Ableitung von Maßnahmen<br />

Im Verlauf der Schritte 1 bis 3 kristallisieren sich relevante Einflussgrößen zunehmend deutlicher<br />

heraus. Zu ihnen lassen sich nunmehr detaillierte Informationen und Zusammenhänge<br />

ermitteln. Daraus werden im vierten Schritt exemplarisch Maßnahmen entwickelt, die die Situation<br />

der IVS optimieren helfen.<br />

Die Aufteilung in vier Stakeholdergruppen innerhalb der Relevanzmatrix erlaubt es, Maßnahmenpakete<br />

zu entwickeln, in denen Informations- und Kommunikationsprozesse eine zentrale<br />

Rolle spielen:<br />

Für Swing Stakeholder sollte die IVS nach genauer Analyse von Regeln und Traditionen spezielle<br />

Grundsätze und Strategien entwickeln, indem z.B. permanente Kommunikationskanäle<br />

eingerichtet oder direkte Ansprechpartner benannt werden10 .<br />

Hold Stakeholders erlauben die Fortsetzung bisheriger Vorgehensweisen oder möglicherweise<br />

sogar deren Reduzierung auf ein Mindestmaß 11. Regelmäßige Kontakte und Informationsaustausch<br />

sollten dennoch nicht vernachlässigt werden, da auch von Hold Stakeholders durchaus<br />

entscheidende Hinweise auf Veränderungen in Branche und Markt kommen können.<br />

Defensive Stakeholders sind im Rahmen von Maßnahmen schwer fassbar. Vorgeschlagen wird<br />

eine Vertiefung von Kontakten, um Interessenlagen frühzeitig zu erfahren. Außerdem kann<br />

durch intensives Marketing und hochwertige Services ein überzeugendes Eigenimage vermittelt<br />

werden, das eine Positionierung gegenüber Defensive Stakeholders unterstützt.<br />

Offensive Stakeholders können für die Ziele der IVS regelrecht eingesetzt werden, da sie die<br />

Interessen der IVS vertreten, ohne sie zu bedrohen12 .<br />

10. vgl. Müller-Stewens, S. 179<br />

11. vgl. Müller-Stewens, S. 179, vgl. Freeman<br />

12. vgl. Müller-Stewens, S. 179, vgl. Freeman<br />

180


Für die Entwicklung weiterer Schritte im Hinblick auf sachlich-inhaltliche Einflussgrößen seien<br />

folgende Aspekte angedeutet:<br />

- Unternehmenskultur: Unterstützer im Top-Management ansprechen und verbindliche Kontakte<br />

etablieren. Maßnahmen, die das Image der IVS als Informationsdienstleister im Rahmen<br />

des Wissensmanagements fördern.<br />

- Einordnung im Organigramm: Maßnahmen zur Förderung der Gleichberechtigung gegenüber<br />

Geschäftsbereichen bzw. internen Verwaltungseinheiten des Unternehmens. Die IVS<br />

als einzige, zentrale Anlaufstelle für Research. Eindeutige Aufstellung als Cost Center oder<br />

als Profit Center.<br />

- Strategien: Formulierung von real erreichbaren Zielen, deren Erfüllung bzw. Verfehlen<br />

wichtige Messgrößen für die Kommunikation mit Stakeholdern bieten. Bei komplexeren<br />

Zielen ist die Formulierung von Teilzielen sinnvoll, um Zwischenerfolge vorweisen zu<br />

können. – Welchen Beitrag leistet die IVS im unternehmensweiten Gesamtprozess, innerhalb<br />

eines Funktionsbereichs oder in einem Geschäftsprozess? Wird dieser Beitrag zum<br />

Unternehmenserfolg gewürdigt? 133<br />

- Informationstechnologie: Intensive Zusammenarbeit mit dem unternehmensinternen IT-<br />

Support, um die neuesten Angebote der Datenbankanbieter als Bestandteil der IVS-Services<br />

nutzen zu können. Regelmäßige Schulungen für die IVS-Mitarbeiter vertiefen die<br />

Quellenkompetenz.<br />

- IVS-Dienstleistungen und -produkte: Klar definierte und einheitlich gestaltete Informationsprodukte,<br />

die aber ausreichend Möglichkeiten für eine Anpassung an Kundenvorgaben<br />

bieten sollten. Unterstützung der Leistungserstellung des Unternehmens durch inhaltliche<br />

Spezialisierung in der IVS. Rechercheerfahrung und Evaluierungsmaßnahmen helfen, die<br />

Produkte am tatsächlichen Bedarf auszurichten.<br />

Die Analyse der Machtstrukturen erlaubt es, wichtige von weniger relevanten Einflussgrößen<br />

zu unterscheiden. Als mögliches Ergebnis sei hier die Identifikation von Einflussgrößen genannt,<br />

von denen eine akute Bedrohung ausgeht. Für dringliche Maßnahmen zur Optimierung<br />

der Situation können so die erforderlichen Vorbereitungen getroffen und die knapp bemessenen<br />

Ressourcen der IVS sinnvoll eingeteilt werden.<br />

Im Hinblick auf Interdependenzen zwischen den Einflussgrößen wird deutlich, dass nicht nur<br />

die Beziehungen zwischen IVS und Einflussgrößen zahlreiche Chancen- und Gefahrenpotenziale<br />

aufweisen, sondern auch die Prozesse zwischen den Einflussgrößen. Die optimierenden<br />

Maßnahmen können daher nicht isoliert zur jeweiligen Einflussgröße gesehen werden, sondern<br />

sollten im Kontext zu deren Abhängigkeiten entwickelt werden. Die Kenntnis über Abhängigkeiten<br />

zwischen Einflussgrößen kann dabei auch für die IVS durchaus vorteilhafte Zusammenhänge<br />

aufdecken, die bislang möglicherweise noch nicht berücksichtigt wurden.<br />

13. vgl. Porter, S. 76<br />

181


3 Fazit und Ausblick<br />

Die im Rahmen dieser Arbeit entwickelte Untersuchungsmethode leistet einen unterstützenden<br />

Beitrag zur strukturierten Identifikation und Darstellung von Einflussgrößen aus dem Umfeld<br />

betriebsinterner IVS. Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus der Untersuchung ermöglichen eine<br />

Einschätzung der Abhängigkeiten zu Stakeholdern und anderen Einflussgrößen. Die Beteiligten<br />

werden dadurch für die Faktoren sensibilisiert, die ihren Erfolg bzw. Misserfolg beeinflussen<br />

können. Damit lassen sich Potenziale und Gefährdungen frühzeitig erkennen und<br />

Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft leichter beurteilen. Das Ergebnis der Umfeldanalyse<br />

liefert eine Momentaufnahme; dabei sollte berücksichtigt werden, dass im Umfeld ständig<br />

Entwicklungen stattfinden, die nur durch einen kontinuierlichen Blick auf das Umfeld wahrgenommen<br />

werden können. Unternehmensinternen IVS wird mit der Umfeldanalyse ein Mittel<br />

an die Hand gegeben, um auf Einflüsse nicht nur zu reagieren, sondern anhand nachvollziehbarer<br />

Erkenntnisse ihre Beziehungen zu Stakeholdern in Eigeninitiative zu gestalten. Dies<br />

kann als Grundlage für die Entwicklung von Maßnahmen dienen, die die IVS in den Geschäftsprozess<br />

des Unternehmens stärker einbinden und ihre Position absichern helfen.<br />

Literatur<br />

Bea, F. X.; Haas, J.: Strategisches Management. Stuttgart: Lucius und Lucius, 2. Auflage 1999<br />

Figge, F.; Schaltegger, S.: Shareholder Value dank Stakeholder-Beziehungen. Neue Zürcher Zeitung,<br />

Nr. 252 vom 28.10.2000<br />

Freeman, R. Edward: Stategic Management. A Stakeholder Approach. Boston u.a. 1984<br />

Müller-Stewens, G.; Lechner, C.: Strategisches Management. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, 2.<br />

Auflage 2003<br />

Picot, A.; Reichwald, R.; Wigand, R.T.: Die grenzenlose Unternehmung. Wiesbaden: Gabler Verlag, 3.<br />

Auflage 1998<br />

Porter, Michael E.: Wettbewerbsvorteile (Competitive Advantage) – Spitzenleistungen erreichen und<br />

behaupten. Frankfurt am Main: Campus<br />

Walter, E.-F.; Patzak, G.: Qualitätsmanagement und Projektmanagement. Braunschweig, Wiesbaden:<br />

Vieweg Verlag, 1997<br />

Welge, M.K.; Al-Laham, A.: Planung. Wiesbaden: Gabler Verlag, 1992<br />

182

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