Album - Institut für Germanistik - Universität Wien
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Das Gedankenexperiment geht von zwei antagonistischen Grundformen des Buches<br />
aus, von der in die Vergangenheit weisenden Zeitstruktur des Romans (Buch)<br />
und von dem präsentischen Gewebe blitzhafter »Gedächtnisflashs« in einem <strong>Album</strong>.<br />
Wer schreibt, muss sich demzufolge stets fragen, welche Form <strong>für</strong> das in Angriff<br />
genommene Werk begehrt wird: Das <strong>Album</strong> als Sammlung zufälliger Inspirationen<br />
oder das durchgeschriebene Buch als beherrschbare Summe der Kenntnisse.<br />
Das disparate Sammelsurium in einem <strong>Album</strong> kann aus einer Masse von Notizen<br />
und einzelnen unzusammenhängenden Gedanken gebildet werden, oder es kann<br />
eine Durchgangsstation im Hinblick auf ein kommendes Buch sein. Dann wäre die<br />
Zukunft des <strong>Album</strong>s ein Buch. Andererseits aber besteht das Schicksal eines jeden<br />
fertigen Buches unausweichlich darin, wieder zum <strong>Album</strong> zu werden. Wie die<br />
Ruine die Zukunft eines jeden Bauwerks ist, überlebt auch bei Büchern nichts Ganzes,<br />
es entkommt dem <strong>Album</strong> nicht. Buch und <strong>Album</strong> bleiben aufeinander verwiesen:<br />
jedes Buch überlebt in einem <strong>Album</strong> migrierender Zitate, bis diese wieder<br />
zum Keim eines möglichen Buches werden:<br />
»Was vom BUCH bleibt, ist das Zitat (im sehr allgemeinen Sinne): das FRAGMENT,<br />
das Relief, das woandershin transportiert wurde […] ist als RUINE lebendig […].<br />
Was in uns vom BUCH lebt, ist das ALBUM: Das ALBUM ist der Keim; das BUCH,<br />
wie großartig es auch sei, ist nur das Soma.« 87<br />
87 Ebd., 297.<br />
Annegret Pelz<br />
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