Magazin 197308
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Der Selbstschutz<br />
Die Nationale Front soll die<br />
Bevölkerung der DDR in den Wohngebieten<br />
erfassen und aktivieren. Zu<br />
ihren Aufgaben gehört auch, den<br />
Selbstschutz in den Wohnstätten zu<br />
organisieren. Die Wohnbezirksausschüsse<br />
der Nationalen Front<br />
bilden - ebenso wie die Wohnparteiorganisationen<br />
der SED - je ein<br />
Selbstschutzkomitee, in dem zwischen<br />
2000 und 5000 Menschen zusammengefaßt<br />
sind. Diese Komitees leiten<br />
ihrerseits die Selbstschutzgruppen in<br />
den Wohnblocks an.<br />
Betriebe und Produktionsgenossenschaften<br />
errichten Betriebskomitees<br />
mit zum Teil mehreren<br />
Se lbstschutzgruppen. Die Ausbildung<br />
besorgen die Bezirksschulen der<br />
Zivilverteidigung, die "Kreisausbildungsstützpunkte"<br />
und die<br />
,Höhere Zentralschule der Zivilverteidigung"<br />
.<br />
Aus dem , gesamtgesellschaftlichen<br />
und gesamtstaatlichen Charakter der<br />
Zivilverteidigung !! (Innenmi nister<br />
Dickei) ergibt sich eine enge<br />
Verflechtung mit den verschiedensten<br />
staatlichen und halbstaatlichen<br />
Institutionen. Die Volkspolizei z. B. ist<br />
für die Au fstellung der Stäbe der<br />
Zivilverteidigung und für die Einsatzstäbe<br />
der Katastrophenkommissionen<br />
zuständig. Das Deutsche Rote Kreuz<br />
der DDR, die Feuerwehren und<br />
Massenorganisationen wie der "Freie<br />
Deutsche Gewerkschaftsbund"<br />
(FDGB) oder die " Freie Deutsche<br />
Jugend " (FDJ) haben umfangreiche<br />
Aufgaben im Rahmen der zivilen<br />
Ve rteidigung zu erfüllen. Auch hier<br />
gilt freilich der Grundsatz der<br />
zentralen Leitung und Kontrolle durch<br />
Partei und Staat.<br />
Aufgaben der Zlvtlverteldl<br />
Die Aufgaben der Zivilverteidigung<br />
der DDR gliedern sich in :<br />
• Warn- und Alarmsystem<br />
• Schutzbau<br />
• Überörtliche Hilfskräfte<br />
• Selbstschutz<br />
• Gesundheitsdienst<br />
• Aufrechterhaltung des Staats- und<br />
Verwaltung sapparates<br />
• Versorgung und Aufrechterhaltung<br />
der Produktion<br />
• Bewahrung der psychologischen<br />
Stabilität<br />
• Unterstützung der Streitkräfte<br />
• Katastrophenschutz<br />
20<br />
Genauere Anweisungen und<br />
Durchführungsverordnungen hierzu<br />
werden streng geheimgehalten ; über<br />
die Ausrüstung und den Au sbildungsstand<br />
der Zivilschutz-Organisationen<br />
ist wenig bekannt, da die Behörden<br />
der DDR dazu keinerlei Angaben<br />
veröffentlichen. Doch lassen sich<br />
einige Feststellungen darüber machen,<br />
wie weit die Vorsorgemaßnahmen in<br />
den einzelnen Bereichen<br />
fortgeschritten sind.<br />
In der Zusammenfassung der<br />
genannten Broschüre ist dazu u. a.<br />
folgendes zu lesen :<br />
Das Warn- und Alarmsystem ist<br />
bereits weitgehend ausgebaut. Den<br />
militärischen Luftwarndienststellen<br />
sind zivile Warndlenstverbindungsstellen<br />
angeschlossen, die wiederum<br />
über Direktverbindungen zu den<br />
zivilen Warnämtern, zum M inisterium<br />
des Innern und zum zentralen Stab<br />
der Zivilverteidigung verfügen.<br />
Schutzräume fehlen<br />
Schutzräume fehlen in fast allen<br />
Wohnhäusern der DDR. Ähnlich ist es<br />
in den Schulen und den Krankenhäusern.<br />
Für die obers ten Behörden<br />
sind Bunker eingerichtet worden,<br />
deren Lage allerdings streng geheimgehalten<br />
wird.<br />
Die Selbstschutzkomitees sind in<br />
vielen Orten nicht einsatzbereit. Auch<br />
fehlt es an Selbstschutzgeräten. Der<br />
Betriebsselbstschutz stützt sich vor<br />
allem auf die Betriebsfeuerwehren,<br />
den Werkschutz der Volkspolizei und<br />
die Gesundheitseinrichtungen des<br />
DRK.<br />
Die wichtigsten Stützen der<br />
allgemeinen Gefahrenabwehr und des<br />
überörtlichen Bevölkerungsschutzes<br />
sind die beiden II Sonderformationen"<br />
der Zivilverteidigung : Feue rwehr und<br />
Deutsches Rotes Kreuz. Es fehlt an<br />
technischen Einheiten, die dem<br />
Technischen Hilfswerk in der Bundesrepublik<br />
vergleichbar wären.<br />
Das Schwe rgewicht der Maßnahmen<br />
für die zivile Verteidigung in der DDR<br />
liegt in der Sicherung des staatlichen<br />
Systems. Hierfür sind Polizei- und<br />
Sicherungskräfte in genügender Zahl<br />
vorhanden.<br />
Ähnliche Stichworte<br />
Der Aufgabenkatalog der Zivilverteidigung<br />
in der DDR unterscheidet<br />
sich nicht wesentlich von demjenigen<br />
anderer Länder. Die Stichworte zum<br />
Thema Zivilverteidigung lauten auch<br />
im Westen ähnlich und decken sich<br />
sogar zum Teil mit den in der Bundesrepublik<br />
gebräuchlichen Bezeichnungen.<br />
Aber trotz der von der Sache her<br />
gegebenen Ähnlichkeiten und<br />
Gemeinsamkeiten sind grundsätzliche<br />
Unterschiede im Aufbau und in der<br />
Zielsetzung der zivilen Verteidigung<br />
nicht zu übersehen. H ierfür einige<br />
Beispiele :<br />
In der Bundesrepublik gilt die zivile<br />
Verteidigung zwar als Teil der<br />
Gesamtverteidigung - aber sie<br />
betrifft ausschließlich die zivile<br />
Vorsorge gegen die Bedrohung im<br />
Verteidigungsfall.<br />
In der DDR beeinflußt militärisches<br />
Denken alle Zweige der Zivilverteidigung.<br />
Sie bildet einen<br />
Bestandteil der militärischen Landesverteidigung.<br />
Ihr Aufbau erfolgt nach<br />
streng militärischen Gesichtspunkten.<br />
Häufig veranstalten die Hilfskräfte<br />
des Zivilschutzes gemeinsame<br />
Übungen mit den bewaffneten Streitkräften.<br />
Allgemeine Dien Icht<br />
Die Gesetzgebung für den Zivil- und<br />
Katastrophenschutz geht in der<br />
Bundesrepublik vom Prinzip der<br />
Freiwilligkeit aus . Schon das<br />
Verteidigungsgesetz der DDR von<br />
1961 sah u. a. eine allgemeine<br />
Luftschutz-Dienstpflicht vor. Nach § 5,<br />
Absatz 2 des Gesetzes über die<br />
Zivilverteidigung in der DDR von 1970<br />
können alle Männer vom 16. bis zum<br />
65. Lebensjahr und alle Frauen vom<br />
16. bis zum 60. Lebensjahr zur Zivilverteidigung<br />
dienstverpflichtet<br />
werden. .<br />
In der Bundesrepublik ist eine<br />
vielfache Aufgliederung der<br />
Zuständigkeiten im Zivil- und<br />
Katastrophenschutz zu beobachten.<br />
Zudem spielt die Mitwirkung<br />
freiwilliger Hilfsorganisationen eine<br />
große Rolle. Dem steht in der DDR<br />
eine streng zentralistisch aufgebaute<br />
Organisation gegenüber. Alle<br />
Bereiche der Zivilverteidigung werden<br />
straff von der Spitze her geführt und<br />
überwacht. Hinzu kommen die<br />
allgegenwärtige Kontrolle durch die<br />
Staatspartei SED und die ideologische<br />
Au srichtung der Verteidigungsmaßnahmen<br />
: Politische Schulung wird<br />
bei der Ausbi ldung groß geschrieben.