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Wecke niemals einen Schrat! - Buch.de

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um und warf Wegerich <strong>einen</strong> bitterbösen Blick zu. Erst dann wur<strong>de</strong><br />

ihm die drücken<strong>de</strong> Stille bewusst, die plötzlich über <strong>de</strong>r Lichtung<br />

lag. Je<strong>de</strong>r schien peinlich berührt. Motte hatte <strong>de</strong>n Blick gesenkt.<br />

Wachol<strong>de</strong>r sah zum Himmel hinauf, als könnte er seinem Ärger dort<br />

oben Luft verschaffen.<br />

»Jannis«, sagte Eibert streng. »Ich habe dir eine Frage gestellt.<br />

Möchtest du nicht vortreten und sie beantworten?«<br />

Eigentlich nicht. Eigentlich wollte Jannis vor Scham im Bo<strong>de</strong>n<br />

versinken. Er rutschte <strong>de</strong>nnoch vom Baumstamm. Er war sich nicht<br />

sicher, ob seine Beine ihn tragen wür<strong>de</strong>n. Der Weg bis zu Eibert,<br />

<strong>de</strong>m Baumstumpf und <strong>de</strong>m BUCH ÜBER ALLES kam ihm endlos<br />

vor. »Äh«, sagte er, weil ihm auch nach langem Überlegen nichts<br />

Besseres einfiel.<br />

Eiberts Frage.<br />

Was für eine Frage?<br />

Jannis warf <strong>einen</strong> unglücklichen Blick zurück. Aber Motte konnte<br />

ihm vom Baumstamm aus auch nicht helfen.<br />

»Soll ich die Frage noch einmal stellen, Jannis?« Eiberts Storchenstimme<br />

war so spitz wie sein Schnabel: lang und rot und fürchterlich.<br />

»Ja. Bitte.« Plötzlich war Jannis heiser. Er musste sich räuspern.<br />

Es fühlte sich an, als säße ihm eine dicke, fette Steineichel quer.<br />

»Dann hör gut zu«, sagte Eibert. »Wenigstens diesmal. Es han<strong>de</strong>lt<br />

sich um eines <strong>de</strong>r Rätsel, die sich in AMSEL SALAMANDERS<br />

BUCH ÜBER ALLES fin<strong>de</strong>n, und ich möchte, dass du dieses Rätsel<br />

löst. Also!« Eibert hob die Stimme:<br />

28<br />

Du triffst ihn selten, und wenn doch,<br />

Dann triffst du ihn in einem Loch.<br />

O weh dir, wenn es so weit ist!<br />

Denn gegen ihn hilft keine List.<br />

Er klebt an dir, machst du ihn wach,<br />

Und bringt dir nichts als böses Ach!<br />

Bringt allen Unglück, höchster Grad,<br />

Drum wecke <strong>niemals</strong> <strong>einen</strong> …<br />

Unvermittelt brach Eibert ab und nie war eine Stille fürchterlicher<br />

gewesen als die folgen<strong>de</strong>. Jannis spürte alle Blicke auf sich lasten.<br />

Je<strong>de</strong>r wartete darauf, dass er das eine, alle erlösen<strong>de</strong> Wort sagte: Ein<br />

Wort, das sich sehr wahrscheinlich auf »Grad« reimte. Lei<strong>de</strong>r hatte<br />

Jannis nicht die geringste Vorstellung, welches Wort das war.<br />

Bart?<br />

Draht?<br />

Rat?<br />

Die Stimme in seinem Kopf rief ihm lauter Wörter zu, die k<strong>einen</strong><br />

Sinn ergaben. Jannis überlegte verzweifelt, zu welchem Thema dieser<br />

Vers wohl gehören könnte. Raubvögel, Vierfüßer, Giftpflanzen,<br />

Wetter, Stürze? Nichts davon passte, weshalb Jannis jetzt vor Eibert<br />

stand wie Horn Pappel beim Vorsingen: ohne die geringste I<strong>de</strong>e.<br />

»Äh …«, sagte Jannis, als er das versammelte Schweigen nicht<br />

länger aushielt. »Ich … also … na ja, ich …«<br />

»Ja, Jannis?«<br />

»Es fällt mir gera<strong>de</strong> nicht ein«, sagte Jannis.<br />

»Dann helfe ich dir«, sagte Eibert tief enttäuscht. »Die vollständige<br />

zweite Strophe lautet:<br />

Er klebt an dir, machst du ihn wach,<br />

Und bringt dir nichts als böses Ach!<br />

Bringt allen Unglück, höchster Grad,<br />

Drum wecke <strong>niemals</strong> <strong>einen</strong> SCHRAT!

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