Bebel Gilberto Rebekka Bakken
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Curtis Stigers<br />
Lost In Dreams<br />
Concord<br />
CD 723 1527<br />
18 www.jazzecho.de<br />
Moderne Standards<br />
Text: Götz Bühler | Foto: Andy Lawless<br />
D ie Wege des Herrn sind unergründlich. So führte der<br />
musikalische Weg des Herrn Curtis Stigers Anfang<br />
der Neunziger direkt in die Charts. „I Wonder Why“ hieß der<br />
Hit, der den damals 25-jährigen Entertainer aus Boise in Idaho<br />
über Nacht und mit voller Emotionswucht in die Top Ten<br />
bugsierte. Der engelslockige Charmeur, nebenbei auch kein<br />
schlechter Saxophonist, genoss seinen Erfolg und lebte ihn<br />
auf den großen Bühnen dieser Welt aus – wer wollte ihm das<br />
verübeln? Doch während seine wundersame Schmachtballade<br />
noch immer in den einschlägigen Radiostationen zum Besten<br />
der Neunziger zählt, hat sich Curtis Stigers längst auf eine neue<br />
Karriereroute begeben. Seit mindestens drei Alben pflegt der<br />
inzwischen schneidig ergraute Crooner das Song-Erbe seiner<br />
geistigen Vorfahren. Im perfekt sitzenden Maßanzug und mit<br />
einer ebensolchen Band im Rücken beschwört er Jazzstandards,<br />
Bluesklassiker und dazu handverlesene Popsongs der letzten<br />
fünf Jahrzehnte, die er so klingen lässt, als hätte sie ein Bebop-<br />
Trio eben vom schwülen Broadway in die Coolness eines<br />
Jazzclubs gerettet. Mal wie „Dean Martin auf LSD“ (wie er<br />
selbst meint), dann wieder wie eine Promenadenmischung<br />
aus Johnny Hartman und Otis Redding, immer im höchsten<br />
Maße unterhaltsam, lebt und liebt dieser Mann offensichtlich<br />
seinen antizyklischen Werdegang vom Popstar zum „eleganten<br />
Pop-Jazz-Hipster“, als den ihn die „New York Times“ erkennt.<br />
Dass er obendrein in Jazzkreisen akzeptiert ist, zeigen seine<br />
Aufnahmen und Auftritte mit dem einstigen „Three Sounds“-<br />
Chef Gene Harris, dem Organisten Brother Jack McDuff oder<br />
der Sängerin Nancy Wilson.<br />
Curtis Stigers<br />
Auf seinem neuen Album „Lost In Dreams“ berührt und beglückt Curtis Stigers mit alten Songs in<br />
nagelneuen Versionen.<br />
„Lost In Dreams“ heißt der aktuelle Beweis des konsequenten<br />
und stetigen Jazz-Weges des Curtis Stigers. Neben neuen<br />
Eigenkompositionen gibt der Lieder-Leader darauf auch<br />
einige Dauerbrenner des „Great American Songbook“ zum<br />
Besten. Aber, ob man will oder nicht, so wie dieser vokale<br />
Verführer seine Reibeisenstimme in „My Funny Valentine“,<br />
„Bye Bye Blackbird“ oder sogar „In The Wee Small Hours<br />
Of The Morning“ einsetzt, wie gekonnt er die Vokale dehnt<br />
oder mit den Konsonanten leidet, erlebt man diese Standards<br />
völlig neu. Damit nicht genug, unterzieht der Interpret auch<br />
einige sehr unterschiedliche Popsongs der Stigers-Methode.<br />
Das Album beginnt gleich mit so einem mutierten Pophit, der<br />
dramatischen Ballade „Cold“, die die Eurythmics-Frontfrau<br />
Annie Lennox 1992 für ihr erstes Soloalbum aufnahm. Der<br />
Song bietet sich an; die Originalversion ist, abgesehen von<br />
wenigen Synthi-Schrecksekunden, im Arrangement gar nicht<br />
so weit von Stigers‘ entfernt. Doch ist diese Fassung nicht nur<br />
wärmer im Klang und organischer in der Instrumentierung, sie<br />
erwischt einen auch viel kälter und schwerer, etwa wenn Stigers<br />
mit leidgeprüfter Grabesstimme singt „Dying is easy, it’s living<br />
that scares me“. Ähnlich behandelt unser Held anschließend<br />
auch John Lennons „Jealous Guy“ und Ron Sexsmiths „Reason<br />
For Our Love“. Ob unergründlich oder nicht – letzten Endes<br />
kommt es nur darauf an, ob es der richtige Weg ist. Herr Stigers<br />
hat seinen gefunden. www.curtis-stigers.de