Der multimorbide Patient aus der Sicht des Geriaters ... - UK-Online
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<strong>Der</strong> <strong>multimorbide</strong> <strong>Patient</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong> <strong>Geriaters</strong><br />
Judith Junge, Gabriele Röhrig, Ralf-Joachim Schulz<br />
1. Herz-Keislauferkrankungen incl. Antikoagulation und pAVK<br />
2. Pulmonale Erkrankungen<br />
3. Stoffwechselerkrankungen<br />
4. Mangelsyndrome<br />
5. Nierenerkrankungen<br />
6. Neurologische Erkrankungen (Demenz, Zerebrale Durchblutungsstörungen, M. Parkinson,<br />
Depression)<br />
7. Ophthalmologische Erkrankungen<br />
8. Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen<br />
Einleitung<br />
Das folgende Kapitel soll dem interessierten Leser einen Einblick in die Geriatrie gewähren.<br />
Es zeigt den <strong>multimorbide</strong>n <strong>Patient</strong>en mit seinen häufigen Krankheitsbil<strong>der</strong>n <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Geriaters</strong>. Aufgrund <strong>der</strong> Kürze kann dieser Beitrag keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />
erheben, wir bitten dies, insbeson<strong>der</strong>e in Bezug auf die entsprechenden Diagnostiken und<br />
Therapien, zu berücksichtigen. Dennoch soll es dem geneigten Leser eine Idee über die<br />
Komplexität, Individualität und Fragilität dieses Fachgebietes vermitteln. Jede<br />
Gesundheitsstörung bringt den älteren Menschen an seine Leistungsreserven, denen es gilt,<br />
adäquat zu begegnen. Dabei nimmt <strong>der</strong> Geriater Abstand von übertriebenen, invasiven<br />
Interventionen, Polypragmasie und hektischen therapeutischen Maßnahmen, denn diese<br />
schaden oft mehr, als sie nutzen. Die Aufgabe <strong>des</strong> <strong>Geriaters</strong> besteht darin, auf <strong>der</strong> einen Seite<br />
bei gegebener Indikation alle notwendigen therapeutischen Ressourcen einzufor<strong>der</strong>n und<br />
bereitzuhalten, auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist es ebenso seine ärztliche Pflicht, Än<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong><br />
Therapieziels aufgrund fehlen<strong>der</strong> medizinischer Indikation o<strong>der</strong> dem <strong>Patient</strong>enwillen folgend<br />
zu akzeptieren. Dieser Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung gilt es, sich sowohl mit medizinischem Sachverstand<br />
als auch mit einem aufmerksamen Gespür für die ethische Verantwortung zu stellen [38].<br />
1. Kardiovaskuläre Erkrankungen<br />
A Herzinsuffizienz<br />
B Koronare Herzerkrankung (KHK)<br />
C Arterielle Hypertonie<br />
D Herzrhythmusstörungen<br />
E Herzklappenfehler<br />
F Periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK)<br />
G Antithrombotische Therapie in <strong>der</strong> Geriatrie<br />
Einleitung<br />
Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen in Deutschland die wichtigste To<strong>des</strong>ursache dar<br />
und geben in <strong>der</strong> Geriatrie den häufigsten Anlaß für eine stationäre Behandlung [22]. Mit<br />
zunehmendem Lebensalter entwickeln sich strukturelle und funktionelle Modifikationen<br />
<strong>des</strong> Herz-Kreislauf-Systems, welche sich beson<strong>der</strong>s auf die hämodynamische Antwort bei<br />
körperlicher o<strong>der</strong> psychischer Belastung, wie zum Beispiel bei Operationen, und die<br />
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Toleranz gegenüber speziellen kardiovaskulären Erkrankungen <strong>aus</strong>wirken können [2].<br />
Dabei sind drei Funktionsverän<strong>der</strong>ungen bedeutsam:<br />
1. die wachsende Belastung <strong>des</strong> linksventrikulären Auswurfs und die additiv wirksame<br />
vermin<strong>der</strong>te arterioläre Vasodilatationsfähigkeit infolge <strong>der</strong> zunehmenden Steifigkeit<br />
<strong>des</strong> zentralen arteriellen Systems<br />
2. die Abnahme <strong>der</strong> Reaktion auf sympathische Reize, einhergehend mit reduzierter<br />
Frequenzsteigerung und Kontraktilität <strong>des</strong> Myokards<br />
3. die vermin<strong>der</strong>te Kapazität zur Modifikation <strong>der</strong> Myokardstrukturen als Antwort auf<br />
Langzeitbelastungen [2]<br />
Fügt sich nun auf diese grundsätzlich beeinträchtigte Ausgangsbasis für<br />
Kompensationsmechanismen eine kardiale Erkrankung, so wird deutlich, dass betagte<br />
<strong>Patient</strong>en zu einem früheren Zeitpunkt klinisch symptomatisch werden, da die<br />
Kompensations- sowie Adaptationsfähigkeit <strong>des</strong> kardiovaskulären Systems eher erschöpft<br />
sein kann als bei einem jüngeren <strong>Patient</strong>en [2]. Die Betroffenen können so infolge <strong>der</strong><br />
Akuterkrankung unmittelbar einen Verlust <strong>der</strong> Alltagskompetenz erleiden.<br />
A Herzinsuffizienz<br />
Einleitung<br />
Die Herzinsuffizienz gilt als das führende kardiale Krankheitsbild mit wachsen<strong>der</strong><br />
epidemiologischer Bedeutung in höherem Lebensalter. Die Prävalenz steigt von 1% in <strong>der</strong><br />
5. Dekade über 3% in <strong>der</strong> 6. auf bis zu 13% in <strong>der</strong> 8. Lebensdekade [1]. Die<br />
Herzinsuffizienz ist ein klinisches Syndrom unterschiedlicher Ätiologie und keine<br />
eigenständige Erkrankung. Ursachen finden sich in allen Anteilen <strong>des</strong> Herz-Kreislauf-<br />
Systems o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en neuro-humoralen Regelsystemen. Man unterscheidet eine akute von<br />
einer chronischen Herzinsuffizienz und eine Links- von einer Rechts- bzw.<br />
Globalinsuffizienz. Die allgemeinhin bekannte Stadieneinteilung erfolgt anhand <strong>der</strong> in<br />
Tabelle 1 gezeigten Klassifikations-Empfehlungen <strong>der</strong> New York Heart Association,<br />
NYHA [23].<br />
Tabelle 1: Revidierte NYHA-Klassifikation bei Herzinsuffizienz [23]<br />
I<br />
II<br />
III<br />
Herzerkrankung ohne körperliche Limitation. Alltägliche körperliche Belastung<br />
verursacht keine inadäquate Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot o<strong>der</strong><br />
Angina pectoris.<br />
Herzerkrankung mit leichter Einschränkung <strong>der</strong> körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe und bei geringer Anstrengung.<br />
Stärkere körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen,<br />
Luftnot o<strong>der</strong> Angina pectoris, zum Beispiel Bergaufgehen o<strong>der</strong> Treppensteigen.<br />
Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung <strong>der</strong> körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit. Keine Beschwerden in Ruhe.<br />
Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen,<br />
Luftnot o<strong>der</strong> Angina pectoris, zum Beispiel gehen in <strong>der</strong> Ebene.<br />
IV Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in<br />
Ruhe, Bettlägerigkeit.<br />
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Zudem gilt bei genereller Empfindlichkeit geriatrischer <strong>Patient</strong>en gegenüber Substanzen<br />
jedwe<strong>der</strong> Art: start low and go slow.<br />
Fazit<br />
Senioren stellen einen wesentlichen Anteil <strong>der</strong> herzinsuffizienten <strong>Patient</strong>en dar, doch<br />
lei<strong>der</strong> wird diese Subgruppe in aktuellen Studien nicht <strong>aus</strong>reichend berücksichtigt. Die<br />
Erkennung <strong>der</strong> zugrunde liegenden Ursache <strong>der</strong> Herzinsuffizienz gestaltet sich aufgrund<br />
<strong>der</strong> Komorbidität oftmals schwierig. Die Therapie orientiert sich an den<br />
Begleiterkrankungen [1]. Es gilt, ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf die Therapiesicherung zu<br />
legen, denn Incompliance ist die häufigste Ursache für eine Dekompensation [13].<br />
B Koronare Herzerkrankung (KHK)<br />
Einleitung<br />
Unter einer koronaren Herzerkrankung versteht man stenosierende Verän<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong><br />
Herzkranzgefäßsystems infolge einer Arteriosklerose, die zu einem Missverhältnis<br />
zwischen Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot im abhängigen Herzmuskelareal führen<br />
können [1]. Nach <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> stenosierten Hauptgefäße spricht man von einer<br />
koronaren Ein-, Zwei- o<strong>der</strong> Dreigefäßerkrankung. Aus epidemiologischer <strong>Sicht</strong> handelt es<br />
sich um die häufigste To<strong>des</strong>ursache in den westlichen Industrienationen. Auch dies ist<br />
eine Erkrankung, die vornehmlich ältere Menschen betrifft, vier Fünftel aller<br />
Myokardinfarkte treten nach dem 65. Lebensjahr auf [1].<br />
Die Risikofaktoren umfassen unbeeinflussbare Charakteristika wie familiäre Disposition,<br />
Lebensalter und männliches Geschlecht sowie beeinflussbare Faktoren. Dabei erhöhen ein<br />
arterieller Hypertonus, Dyslipidämien, Nikotinabusus, Diabetes mellitus, körperliche<br />
Inaktivität und ein metabolisches Syndrom das Risiko, eine KHK zu entwickeln. Neben<br />
diesen klassischen Faktoren kennt man heute weitere Prädiktoren wie das Lipoprotein (a),<br />
Homocystein und den postmenop<strong>aus</strong>alen Östrogenmangel.<br />
Ätiologie und Pathogenese<br />
In den letzten Jahrzehnten wurden zur Arterioskleroseentstehung zwei zentrale<br />
Hypothesen entwickelt, die „Response to injury hypothesis“ und die „Lipoprotein-induced<br />
atherosclerosis hypothesis“. Erstere sieht die Initiierung <strong>des</strong> komplexen Geschehens in <strong>der</strong><br />
durch o.g. Noxen hervorgerufenen Koronarendothelschädigung. In <strong>der</strong> Folge kommt es<br />
mediatorvermittelt zum einen zu einer Migration und Proliferation von glatten<br />
Muskelzellen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Media in die Intima und zum an<strong>der</strong>en zur Bildung von<br />
Schaumzellen in Media und Intima. [38]. Die zweite Hypothese sieht den Beginn <strong>des</strong><br />
arteriosklerotischen Geschehens in einer oxidativen Modifizierung von LDL. Diese<br />
werden so alsbald von Makrophagen aufgenommen und zu Schaumzellen umgewandelt.<br />
Bei dieser Theorie wird die Endothelverletzung nur als Teilschritt in <strong>der</strong> Abfolge <strong>des</strong><br />
komplexen Vorganges betrachtet [38].<br />
In <strong>der</strong> Beschreibung <strong>des</strong> weiteren Verlaufs sind beide Hypothesen identisch. Die Bildung<br />
von Schaumzellen verursacht eine in die tieferen Wandschichten reichende<br />
Entzündungsreaktion. Folge ist ein allmählicher Gewebeumbau mit den<br />
arteriosklerotischen Plaques. An aufgebrochenen Plaques kommt es infolge von<br />
Gerinnungskaskaden zur weiteren Reduktion <strong>des</strong> Gefäßdurchmessers. Insgesamt wird das<br />
Gefäß fragil.<br />
Symptomatik<br />
Die Symptome einer KHK bei älteren <strong>Patient</strong>en sind häufig atypisch. Aufgrund <strong>der</strong><br />
eingeschränkten körperlichen Aktivität fehlt es zumeist an Belastungsangina. Vielmehr<br />
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Die Blutdrucksenkung muß bei den betagten <strong>Patient</strong>en behutsam erfolgen. Auf eine<br />
langsame Aufdosierung <strong>der</strong> Antihypertensiva ist zu achten, nur so können rasante<br />
Blutdrucksenkungen vermieden werden. Dem Körper muß <strong>aus</strong>reichend Zeit für die<br />
Adaptation <strong>der</strong> autoregulativen Mechanismen gegeben werden. Außerdem sollte die<br />
Indikation zur abendlichen Verabreichung <strong>der</strong> Medikation zurückhaltend gestellt werden,<br />
um nächtliche Hypotonien mit konsekutiver Sturz- und Frakturgefahr sowie ischämische<br />
Schlaganfälle zu umgehen. Auch ein abruptes Absetzen <strong>der</strong>lei Medikamente sollte zur<br />
Meidung eines Rebound-Effektes nicht vorkommen. Zur Erhöhung <strong>der</strong> Compliance tragen<br />
ambulante Selbstmessungen <strong>des</strong> Blutdruckes durch den <strong>Patient</strong>en bei, außerdem einfache<br />
Therapieschemata.<br />
Fazit<br />
Die arterielle Hypertonie wird nicht allein nach <strong>der</strong> Blutdruckhöhe definiert, son<strong>der</strong>n<br />
richtet sich auch nach hypertoniebedingten organischen Folgeschäden. Dabei hängen<br />
Prognose und Therapiebedürftigkeit wesentlich vom Ausmaß <strong>der</strong> Endorganschäden ab.<br />
Grundsätzlich wird die Indikation zur antihypertensiven Behandlung heute bis zum 85.<br />
Lebensjahr empfohlen, die Ordination geeigneter Antihypertensiva sollte in<br />
Zusammenschau <strong>der</strong> Begleiterkrankungen, die Aufdosierung mit Bedacht erfolgen.<br />
D Herzrhythmusstörungen<br />
Einleitung<br />
Als Herzrhythmusstörungen bezeichnet man die Abweichung <strong>der</strong> zeitlichen Abfolge <strong>des</strong><br />
Herzzyklus von den normalen, regelmäßigen Herzaktionen mit <strong>der</strong> Konsequenz einer<br />
unregelmäßigen o<strong>der</strong> regelmäßigen, zu langsamen o<strong>der</strong> zu schnellen Herzschlagabfolge<br />
[13]. Pathogenetisch sind hierfür Störungen <strong>der</strong> Reizbildung und <strong>der</strong> Reizleitung<br />
verantwortlich. Nach dem Ort <strong>der</strong> Entstehung unterscheidet man orthotope<br />
Reizbildungsstörungen mit <strong>der</strong> Reizbildung im Sinusknoten (Sinusarrhythmie,<br />
Sinustachykardie, Sinusbradykardie) von heterotopen Reizbildungsstörungen mit <strong>der</strong><br />
Reizbildung außerhalb <strong>des</strong> Sinusknotens (Extrasystolen, Ersatzrhythmen,<br />
Vorhoftachykardien, Vorhofflattern/-flimmern, Kammertachykardien, Kammerflattern/flimmern).<br />
Zudem kennt man Störungen im spezifischen Reizleitungssystem (SA-Block,<br />
AV-Block, Rechts- und Linksschenkelblock, Hemiblock, trifaszikulärer Block). Die<br />
Frequenz betrachtend werden tachykarde von bradykarden Herzrhythmusstörungen<br />
unterschieden. Die häufigste Rhythmusstörung im Alter ist das Vorhofflimmern, das<br />
nahezu 10% <strong>der</strong> über 80jährigen betrifft.<br />
Ätiologie<br />
Die Ursachen von Herzrhythmusstörungen sind mannigfaltig. Kardiale Auslöser sind<br />
KHK, Myokardinfarkt, linksventrikuläre Dysfunktion, Kardiomyopathien, Klappenvitien<br />
und viele mehr. Extrakardial fahnde man nach <strong>aus</strong>lösenden Medikamenten,<br />
Elektrolytstörungen, Hyperthyreose, Hypovolämie, Hypoxie und Fieber.<br />
Herzrhythmusstörungen können auch idiopathischer Natur sein.<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Eine gezielte Anamnese deckt die klinische Symptomatik als Folge <strong>der</strong> hämodynamischen<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> entsprechenden Herzrhythmusstörung auf. So kann <strong>der</strong> <strong>Patient</strong><br />
Palpitationen bei Extrasystolen, Herzrasen mit regelmäßigem Puls bei einer<br />
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Sinustachykardie, Herzrasen mit unregelmäßigem Puls bei Vorhofflimmern und Synkopen<br />
bei P<strong>aus</strong>en infolge AV-Blockierungen beschreiben. Schwindel wird häufig geklagt, dabei<br />
handelt es sich jedoch um ein unspezifisches Symptom.<br />
Die Klinik ist wegweisend für das Ausmaß <strong>der</strong> folgenden Diagnostik und Therapie.<br />
Arrhythmieverdächtige Beschwerden sollten durch ein Langzeit-EKG objektiviert<br />
werden. Zur obligaten Risikoabschätzung ist anzumerken, dass Herzrhythmusstörungen<br />
bei kardialen Erkrankungen mit <strong>der</strong> Gefahr ventrikulärer Arrythmien mit konsekutivem<br />
plötzlichen Herztod als vital bedrohlich einzuschätzen, hingegen bei Herzgesunden<br />
<strong>Patient</strong>en in <strong>der</strong> Regel als nicht vital gefährlich zu bewerten sind. Bei ungestörter<br />
Hämodynamik besteht keine Behandlungsindikation.<br />
Tachykarde supraventrikuläre Herzrhythmusstörungen<br />
Bei einer Sinusknotentachykardie handelt es sich um eine regelmäßige o<strong>der</strong><br />
unregelmäßige Herzschlagabfolge mit einer Frequenz von über 100/min. Auf jede P-<br />
Welle folgt ein normaler schmaler QRS-Komplex. Ursächlich liegen meist physiologische<br />
Auslöser ohne Krankheitswert zugrunde (Belastung), aber auch Fieber, Anämie,<br />
Volumenmangel, Hyperthyreose o<strong>der</strong> Medikamente können Anlaß sein. Therapeutisch<br />
wird k<strong>aus</strong>al behandelt, gegebenenfalls kann die Substitution von Metoprolol notwendig<br />
werden. Daneben kennt man supraventrikuläre Extrasystolen. Je nach Ursprung findet<br />
sich im EKG eine deformierte o<strong>der</strong> negative P-Welle, die PQ-Dauer ist verkürzt, das<br />
postextrasystolsiche Intervall ist verlängert und <strong>der</strong> QRS-Komplex in <strong>der</strong> Regel schmal.<br />
SVES sind meist ohne Krankheitswert und bedürfen demnach selten einer Therapie. Bei<br />
erheblicher Symptomatik kann Metoprolol substituiert werden.<br />
Sieht man ein plötzlich einsetzen<strong>des</strong> Herzrasen mit einer Frequenz von 150-220/min,<br />
handelt es sich um eine paroxysmale supraventrikuläre Tachkardie, dabei unterscheidet<br />
man fokale atriale Tachykardien, AV-Knoten-Reentrytachykardien und<br />
Präexzitationssyndrome. AV-Knoten-Reentrytachykardien werden durch VES o<strong>der</strong> SVES<br />
bei Vorhandensein funktionell getrennter Leitungsbahnen mit unterschiedlicher<br />
Leitungsgeschwindigkeit im AV-Knoten <strong>aus</strong>gelöst. Durch Blockierung meist <strong>der</strong><br />
schnelleren Leitungsbahn nimmt <strong>der</strong> Impuls antegrad die langsame Bahn, kehrt retrograd<br />
über die schnelle Bahn in den Vorhof zurück und induziert so eine Kreiserregung.<br />
Elektrokardiographisch ist die retrograde P-Welle im schmalen QRS-Komplex verborgen<br />
und häufig in V1 als R´ nachweisbar. Kurativ bietet sich eine Katheterablation an, im<br />
Anfall vagale Manöver, Adenosin, Metoprolol o<strong>der</strong> Verapamil. Bei<br />
Präexzitationssyndromen liegt eine akzessorische Leitungsbahn unter Umgehung <strong>des</strong> AV-<br />
Knotens vor, auch hier können sich Kreiserregungen entwickeln. Elektrokardiographische<br />
Hinweise bieten eine verkürzte PQ-Zeit und die Deltawelle. Im Anfall verfährt man wie<br />
o.a., eine Katheterablation kann auch hier kurativ sein. Fokale atriale Tachykardien sind<br />
selten, neigen zur Unaufhörlichkeit und können 1:1 o<strong>der</strong> 2:1 auf die Kammern<br />
übergeleitet werden. Dabei unterscheiden sich die P-Wellen in ihrer Morphologie von den<br />
während <strong>des</strong> Sinusrhythmus gebildeten. Therapeutisch stehen vagale Manöver,<br />
Metoprolol, Verapamil, o<strong>der</strong> Amiodaron zur Verfügung. Über eine Katheterablation ist im<br />
Verlauf zu entscheiden.<br />
Regelmäßige Vorhofferregungen mit einer Vorhoffrequenz von 200-350/min mit<br />
regelmäßigem o<strong>der</strong> unregelmäßigem Kammerrhythmus bei n:1-Überleitung werden als<br />
Vorhofflattern bezeichnet. Therapeutisch bedient man sich vagaler Manöver, elektrischer<br />
Überstimulation, Metoprolol, Verapamil, Amiodaron o<strong>der</strong> Flecainid. Eine<br />
Katheterablation kann auch hier von Nutzen sein. Bei Vorhofflimmern liegen ungeordnete<br />
Vorhoferregungen mit einer Vorhoffrequenz von 350-600/min mit unregelmäßiger<br />
Überleitung auf die Herzkammern vor. Elektrokardiographisch sieht man keine P-Welle,<br />
son<strong>der</strong>n eine unruhige isoelektrische Linie und unregelmäßige schmale QRS-Komplexe.<br />
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Ätiologisch tritt das Vorhofflimmern meist sekundär bei kardiovaskulären Erkrankungen<br />
auf, nur in 15% <strong>der</strong> Fälle handelt es sich um primäres Vorhofflimmern. Man unterscheidet<br />
paroxysmales von chronischem Vorhofflimmern, überdies eine akute Tachyarrhythmia<br />
absoluta. Therapeutisch gilt es, sowohl den Rhythmus zu kontrollieren als auch die<br />
Thromboembolieprophylaxe zu berücksichtigen. Zur Frequenzkontrolle stehen bei <strong>der</strong><br />
chronischen Verän<strong>der</strong>ung Metoprolol, Digitalis, Verapamil und Amiodaron zur<br />
Verfügung. Ein paroxysmales Vorhofflimmern kann medikamentös konvertiert werden, in<br />
<strong>der</strong> Akutsituation sollte eine elektrische Kardioversion erwogen werden. Dauert das<br />
Vorhofflimmern länger als 48 Stunden an, muß eine Thromboembolieprophylaxe<br />
vorgenommen werden. Bei erhöhtem kardiovaskulärem Risikoprofil ist eine orale<br />
Antikoagulation obligat, liegen Kontraindikationen vor, werden<br />
Thrombozytenaggregationshemmer ordiniert.<br />
Tachykarde ventrikuläre Herzrhythmusstörungen<br />
Ventrikuläre Extrasystolen treten mit schenkelblockartiger Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> QRS-<br />
Komplexes mit kompensatorischer P<strong>aus</strong>e einzeln, als Paare o<strong>der</strong> Triplets auf. Bei<br />
erheblicher Symptomatik steht die Therapieoption mit Metoprolol zur Verfügung. Bei<br />
ventrikulären Tachkardien handelt sich um monomorphe, deformierte und breite QRS-<br />
Komplexe mit einer Frequenz von 150-220/min ohne Bezug zur P-Welle. Es handelt sich<br />
um eine gefährliche Herzrhythmusstörung mit <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Entwicklung von<br />
Kammerflattern/-flimmern. Es bedarf <strong>der</strong> Medikations- und Elektrolytüberprüfung.<br />
Pathologische Verlängerungen <strong>des</strong> QT-Intervalls führen zu polymorphen ventrikulären<br />
Tachykardien vom Typ „Torsade de pointes“. Im EKG sieht man spindelförmige<br />
Rotationen <strong>der</strong> breiten QRS-Komplexe um die isoelektrische Linie. Dies erfor<strong>der</strong>t die<br />
kardiopulmonale Reanimation. Auch Kammerflattern entspricht funktionell einem<br />
Herzstillstand und bedarf Wie<strong>der</strong>belebungsmaßnahmen. Elektrokardiographisch zeigen<br />
sich schenkelblockartig deformierte, breite hochamplitudige Haarnadelkurven mit einer<br />
Frequenz von 250-350/min. Bei Kammerflimmern liegt eine ungeordnete Erregung <strong>des</strong><br />
Kammermyokards mit einer Frequenz über 400/min vor. Im EKG sind keine QRS-<br />
Komplexe erkennbar, nur hochfrequente Flimmerwellen. Eine kardiopulmonale<br />
Reanimation muß eingeleitet werden. Die beste Rezidivprophylaxe besteht, natürlich<br />
neben <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankung, in <strong>der</strong> Implantation eines Kardioverter-<br />
Defibrillators (ICD).<br />
Bradykarde Herzrhythmusstörungen<br />
Neben o.a. ätiologischen Faktoren für die Auslösung von Herzrhythmusstörungen muß bei<br />
betagten <strong>Patient</strong>en für die bradykarden Rhythmusstörungen ferner die Degeneration <strong>des</strong><br />
Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystems Erwähnung finden.<br />
Eine Sinusbradykardie ist eine meist asymptomatische, oftmals vagotoniebedingte o<strong>der</strong><br />
auch medikamentös induzierte Arrhythmie mit einer Frequenz unter 60/min. Ein<br />
intermittieren<strong>der</strong> Sinusstillstand mit abruptem Wechsel von brady- und tachykarden<br />
Rhythmen ist charakteristisch für das Sick-Sinus-Syndrom. Auch intraventrikuläre<br />
Leitungsblockierungen können zu Bradykardien führen. Bei einem sinuatrialen Block<br />
(SA-Block) besteht eine gestörte Überleitung vom Sinusknoten auf die Vorhofmuskulatur,<br />
man kennt 3 Schweregrade. Bei einer gestörten Überleitung vom Vorhof auf die<br />
Ventrikelmuskulatur spricht man von einem atrioventrikulären Block (AV-Block). Ein<br />
verlängertes PQ-Intervall findet sich bei Grad I, periodisch zunehmende Verlängerung <strong>der</strong><br />
AV-Überleitung bei Grad II, Typ Wenckebach und ein kompletter Leitungsblock im<br />
Wechsel mit verzögerter o<strong>der</strong> normaler AV-Überleitung bei Grad II, Typ Mobitz. Grad III<br />
entspricht einer kompletten AV-Blockierung mit o<strong>der</strong> ohne Ersatzrhythmus. Hier besteht<br />
die Gefahr <strong>der</strong> zerebralen Min<strong>der</strong>perfusion mit Synkope und Herz-Kreislaufstillstand.<br />
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Therapeutisch stehen in <strong>der</strong> Akutsituation Atropin o<strong>der</strong> Ipratropiumbromid sowie eine<br />
temporäre Ventrikelstimulation zur Verfügung. Prognostisch ist die Implantation eines<br />
permanenten Herzschrittmachers zu diskutieren, dabei stellen AV-Blockierungen im Alter<br />
die häufigste Indikation. Auf negativ chronotrop wirksame Medikamente muß natürlich<br />
verzichtet werden.<br />
Fazit<br />
Die verschiedenen Herzrhythmusstörungen können sowohl im fortgeschrittenen Alter als<br />
auch in jüngeren Jahren auftreten, wobei <strong>der</strong> ältere <strong>Patient</strong> jedoch über eine geringere<br />
hämodynamische Toleranz verfügt. Aufgrund von Degenerationsprozessen und<br />
häufigeren kardialen Begleiterkrankungen treten bradykarde Herzrhythmusstörungen und<br />
Vorhofflimmern im Alter vermehrt auf. In Bezug auf Sturzursachen stellen<br />
Rhythmusstörungen im Alter nur einen verschwindend geringen Anteil, dennoch gilt es,<br />
diese zu erkennen und entsprechend zu therapieren. Die zur Verfügung stehenden<br />
Behandlungsmethoden sind auch im fortgeschrittenen Alter jeweils unter kritischer<br />
individueller Evaluation sinnvoll.<br />
E Herzklappenfehler<br />
Bei Herzklappenfehlern handelt es sich um Fehlfunktionen, also Stenosen und/o<strong>der</strong><br />
Insuffizienzen <strong>der</strong> Herzklappen durch Verän<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> Klappengewebes o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
subvalvulären Strukturen. Im Alter sind diese Vitien fast <strong>aus</strong>schließlich erworbener Natur<br />
und Ursache für 7% <strong>der</strong> Herzinsuffizienzen [1].<br />
Für die Entwicklung <strong>der</strong> Klappenfehler sind sowohl degenerative Prozesse wie Sklerose<br />
und Kalzifizierung als auch entzündliche Ursachen und Myokardischämien<br />
verantwortlich. Man unterscheidet akute von chronischen Verläufen. Die<br />
Schweregradbeurteilung beruht, begleitet von <strong>der</strong> klinischen Beschwer<strong>des</strong>ymptomatik,<br />
vor allem auf hämodynamischen Parametern. Stenosen verursachen eine Druckbelastung<br />
und sind mit einer schlechteren Prognose als die Insuffizienzen, welche zu einer<br />
Volumenbelastung führen, vergesellschaftet. Aufgrund <strong>der</strong> überwiegenden mechanischen<br />
Beanspruchung <strong>des</strong> linken Herzen sind entsprechend die Aorten- und die Mitralklappe<br />
häufiger betroffen. Oftmals findet man kombinierte Vitien. Bei anamnestisch zu<br />
erhebenden Synkopen ist eine Aortenklappenstenose <strong>aus</strong>zuschließen.<br />
Die Behandlung erfor<strong>der</strong>t die Beachtung zahlreicher altersbedingter Faktoren. Die häufig<br />
vorhandene Komorbidität ist ebenso zu würdigen wie <strong>der</strong> physische, mentale und soziale<br />
Zustand <strong>des</strong> älteren <strong>Patient</strong>en. Therapeutische Möglichkeiten erstrecken sich von<br />
konservativen Allgemeinmaßnahmen über medikamentöse Therapien bis hin zur<br />
operativen Versorgung [1].<br />
F Periphere arterielle Verschlußkrankheit (pAVK)<br />
Die periphere arterielle Verschlußkrankheit ist eine typische Erkrankung <strong>des</strong> Alters, wobei<br />
20% <strong>der</strong> über 70jährigen betroffen sind [1]. Es handelt sich in über 95% <strong>der</strong> Fälle um eine<br />
obliterierende Arteriosklerose, selten sind Vaskulitiden, Embolien o<strong>der</strong> Aneurysmen<br />
ursächlich. Risikofaktoren für die Entstehung einer pAVK sind Nikotinabusus, Diabetes<br />
mellitus, arterielle Hypertonie und Hyperlipoproteinämie. Zumeist, d.h. in über 90% <strong>der</strong><br />
Fälle, ist die pAVK in den unteren Extremitäten lokalisiert. Klinisch bleibt <strong>der</strong> ältere<br />
<strong>Patient</strong> oftmals, auch aufgrund <strong>des</strong> eingeschränkten Aktionsradius, zunächst weitgehend<br />
asymptomatisch und die Erkrankung tritt durch lagerungsbedingte Druckschäden o<strong>der</strong><br />
nicht heilende Wunden nach kleinen Verletzungen zutage. Mobile <strong>Patient</strong>en wie<strong>der</strong>um<br />
beklagen typischerweise eine Claudicatio intermittens. Nach einer entsprechenden<br />
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Gehstrecke zwingt <strong>der</strong> Claudicatio-Schmerz den <strong>Patient</strong>en zum Stehenbleiben, dies<br />
erlaubt eine Stadieneinteilung <strong>der</strong> pAVK in sog. Fontaine-Stadien, welche in Tabelle 4<br />
gezeigt sind. Dabei ist die Schmerzsymptomatik abhängig von <strong>der</strong> Lokalisation <strong>der</strong><br />
Stenose. Zu beachten ist die mögliche Symptomarmut bei Polyneuropathie.<br />
Ischämiesymptomatik <strong>der</strong> herznahen Gefäße kann zu Schwindel, Synkopen, Sehstörungen<br />
o<strong>der</strong> Paresen <strong>der</strong> oberen Extremitäten führen.<br />
Tabelle 4: Stadien <strong>der</strong> arteriellen Verschlußkrankheit nach Fontaine-Ratschow [12]<br />
II<br />
I<br />
III<br />
IV<br />
a)<br />
b)<br />
Beschwerdefreiheit<br />
Belastungsschmerz mit schmerzfreier Gehstrecke > 200 m<br />
Belastungsschmerz mit schmerzfreier Gehstrecke < 200 m<br />
ischämischer Ruheschmerz<br />
zusätzlich Nekrosen, Gangrän, Ulkus<br />
Im Stadium IV können sich infolge <strong>der</strong> chronisch-kritischen Ischämie ulzeröse und<br />
gangränöse Verän<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> Nekrosen entwickeln. Häufig kommt es beson<strong>der</strong>s bei<br />
Diabetikern zu einer sich <strong>aus</strong>breitenden sekundären Infektion mit rascher Progredienz und<br />
vitaler Sepsisgefahr. Therapeutisch bedeutend ist die konsequente Behandlung <strong>der</strong><br />
Risikofaktoren und, so möglich, eine Bewegungstherapie im Sinne eines Gefäßtrainings.<br />
Medikamentös stehen Thrombozytenaggregationshemmer sowie durchblutungsför<strong>der</strong>nde<br />
Präparate und wenn erfor<strong>der</strong>lich Analgetika und Antibiotika zur Verfügung. Eine<br />
adäquate Wundversorgung ist obligat. In Zusammenschau <strong>der</strong> Befunde sind<br />
Revaskularisierungsmaßnahmen und als ultima ratio eine Amputation zu erwägen. Dabei<br />
ist bei dem geriatrischen <strong>Patient</strong>en zu beachten, dass das Ziel <strong>der</strong> folgenden rehabilitativen<br />
Bemühungen nach Amputation die Selbständigkeit bei den Verrichtungen <strong>des</strong> täglichen<br />
Lebens und die Rückkehr in die häusliche Umgebung darstellt, nicht unbedingt die<br />
prothetische Versorgung [3].<br />
Erwartungsgemäß existiert bei Vorliegen einer pAVK eine hohe Koinzidenz mit einer<br />
koronaren Herzerkrankung und an<strong>der</strong>en Organlokalisationen <strong>der</strong> generalisierten<br />
Arteriosklerose, so weisen im Stadium III und IV 90% <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en eine KHK und 50%<br />
arteriosklerotische Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> extrakraniellen Hirnarterien auf [12].<br />
Folgerichtig empfiehlt sich bei pAVK-<strong>Patient</strong>en eine weiterführende Gefäßdiagnostik zur<br />
Risikostratifizierung und entsprechenden Einleitung einer Sekundärprophylaxe. Eine<br />
bedeutende Funktion hat die Primärprävention <strong>der</strong> pAVK, welche sich im jüngeren Alter<br />
abspielt. Eine erfolgreiche <strong>der</strong>artige Prävention ist ein wichtiges Instrument zur<br />
„compression of morbidity“, also zur Verringerung <strong>des</strong> Anteils kranker Jahre an <strong>der</strong><br />
Lebenszeit. Dies ist durch Langzeitstudien belegt [American Heart Association 1997].<br />
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G Antithrombotische Therapie<br />
Die Indikationsstellung zur antithrombotischen Therapie, insbeson<strong>der</strong>e zur<br />
therapeutischen Antikoagulation o<strong>der</strong> Thrombolysebehandlung, bedarf stets einer<br />
sorgfältigen Berücksichtigung <strong>der</strong> individuellen Situation <strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en. Mannigfaltige<br />
Determinanten wie Begleiterkrankungen (Hypertonus), Organfunktionseinschränkungen<br />
(Pharmakokinetik), Multimedikation (Interaktionen), geriatrische Syndrome<br />
(rezidivierende Stürze) und Überwachungsmöglichkeiten sind bei dieser Entscheidung zu<br />
berücksichtigen. Allerdings lässt das hohe individuelle Risiko thromboembolischer<br />
Komplikationen im Vergleich zu jüngeren <strong>Patient</strong>en trotz vermehrter<br />
Blutungskomplikationen einen erhöhten Nutzen erwarten [13].<br />
Indikationen für die Therapie mit oralen Antikoagulanzien stellen Vorhofflimmern,<br />
Herzklappenersatz, Sekundärprophylaxe nach tiefer Beinvenenthrombose o<strong>der</strong><br />
Lungenembolie und Sekundärprophylaxe nach arterieller Gefäßrekonstruktion sowie nach<br />
Myokardinfarkt dar. Kontraindikationen für eine therapeutische Antikoagulation sind<br />
manifeste Blutungen, ein erhöhtes Blutungsrisiko wie floride gastrointestinale Ulzera,<br />
Malignome (mit Einschränkungen) und Operationen in den vorangegangenen zehn Tagen,<br />
ein maligner arterieller Hypertonus, ein frischer apoplektischer Insult, Epilepsien und<br />
hämorrhagische Diathesen. Als relative Kontraindikationen gelten rezidivierende Stürze<br />
und mangelnde Compliance.<br />
2. Pulmonale Erkrankungen<br />
Einleitung<br />
Pulmonale Erkrankungen sind eine häufige und wichtige Ursache von Immobilität im Alter.<br />
Dabei verursachen insbeson<strong>der</strong>e pulmonale Komplikationen im Rahmen an<strong>der</strong>er<br />
Grun<strong>der</strong>krankungen zahlreiche Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalte sowie protrahierte Verläufe und sind<br />
nicht selten entscheidend für den weiteren Gesamtverlauf [2].<br />
Das respiratorische System ist von physiologischen Altersverän<strong>der</strong>ungen betroffen, welche<br />
unter normalen Gegebenheiten nicht zu einer Einschränkung <strong>der</strong> Aktivitäten <strong>des</strong> täglichen<br />
Lebens führen. Gerät dieses fragile System nun infolge einer an<strong>der</strong>en Grun<strong>der</strong>krankung <strong>aus</strong><br />
dem Gleichgewicht, so fehlt es den Betagten an Kompensationsmechanismen und es kann zu<br />
pulmonalen Komplikationen mit fulminanteren Verläufen als bei jungen <strong>Patient</strong>en kommen.<br />
Die typischen Altersverän<strong>der</strong>ungen im respiratorischen System betreffen neben <strong>der</strong><br />
Atemregulation die Atempumpe, das Gas<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chsystem und die Schutzmechanismen. So<br />
nimmt die Muskelkraft <strong>der</strong> Atempumpe kontinuierlich ab, die statischen Lungenvolumina<br />
vergrößern sich, während die dynamischen abnehmen. Infolge einer zunehmenden<br />
Verteilungsstörung vermin<strong>der</strong>t sich die Oxygenierungsfähigkeit <strong>der</strong> Lunge. Ferner nimmt die<br />
Atemantwort auf eine Hypoxie o<strong>der</strong> Hyperkapnie um 40-50 % ab. Darüber hin<strong>aus</strong> neigen<br />
ältere Personen erheblich zu obstruktiven und zentralen nächtlichen Atemp<strong>aus</strong>en. Die<br />
physiologische Reduktion <strong>der</strong> pulmonalen Schutzmechanismen schließt die mukoziliäre<br />
Clearance, die Schutzreflexe und das schleimhautspezifische Immunsystem mit ein [2].<br />
Pneumonie<br />
Bei <strong>der</strong> Pneumonie handelt es sich um eine akute o<strong>der</strong> chronische Entzündung <strong>des</strong><br />
Lungengewebes. Man unterscheidet Pneumonien im Wesentlichen nach <strong>der</strong> Lokalisation und<br />
Ausdehnung, nach <strong>der</strong> Ätiologie und nach dem Entstehungsort, also ambulant (CAP,<br />
community acquired pneumonia) o<strong>der</strong> nosokomial erworben. Eine zuverlässige Aussage zur<br />
Genese einer Pneumonie kann aufgrund fehlen<strong>der</strong> typischer klinischer Verläufe ohne<br />
eindeutige laborchemische Parameter und sichere röntgenologische Hinweise nicht getroffen<br />
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Dabei gilt <strong>der</strong> steigende Nikotinkonsum als Hauptursache für das Zunehmen <strong>der</strong> COPD.<br />
Zudem gilt die COPD als Präkanzerose für das am häufigsten zum Tode führende Malignom,<br />
das Bronchialkarzinom. Wesentlich für das Management <strong>der</strong> COPD sind zunächst die exakte<br />
Diagnose als Grundlage einer effektiven und differenzierten Therapie, präventive<br />
Maßnahmen, insbeson<strong>der</strong>e die Ausschaltung von Risikofaktoren, die Langzeittherapie und die<br />
Behandlung akuter Exazerbationen. Wichtigste Maßnahme, um die Progression <strong>der</strong> COPD zu<br />
verhin<strong>der</strong>n, ist <strong>der</strong> Verzicht auf Tabakrauchen. Zur medikamentösen Therapie stehen<br />
Bronchodilatatoren (Beta-2-Sympathomimetika, Anticholinergika und Theophyllin) als<br />
Basismedikamente zur Verfügung. Eine Dauerbehandlung mit systemischen<br />
Glukokortikoiden sollte wegen <strong>der</strong> häufigen unerwünschten Effekte vermieden werden.<br />
Generell gilt, dass <strong>der</strong> Einsatz hoher Dosen systemisch verabreichter Glukokortikosteroide bei<br />
älteren <strong>Patient</strong>en so kurz wie möglich gehalten werden und eine orale Langzeittherapie mit<br />
<strong>der</strong> kleinstmöglichen Dosis, die zur optimalen Lebensqualität erfor<strong>der</strong>lich ist, erfolgen sollte.<br />
Außerdem profitieren COPD-<strong>Patient</strong>en von angemessenem körperlichen Training und<br />
Langzeitsauerstofftherapie. Akute Exazerbationen, <strong>der</strong>en Ursache zumeist Bronchialinfekte<br />
sind, bedürfen einer zusätzlichen medikamentösen Therapie. Medikamente <strong>der</strong> Wahl sind<br />
inhalative Bronchodilatatoren, systemisch applizierte Glukokortikoide sowie Theophyllin.<br />
Überdies können <strong>Patient</strong>en mit Exazerbationen und den klinischen Zeichen eines bakteriellen<br />
Atemwegsinfektes von einer Behandlung mit Antibiotika profitieren. Bei akuter<br />
respiratorischer Partialinsuffizienz ist die Sauerstoffgabe indiziert, bei respiratorischer<br />
Insuffizienz mit Hyperkapnie im Rahmen <strong>der</strong> akuten Exazerbation <strong>der</strong> Einsatz <strong>der</strong><br />
nichtinvasiven Beatmung zu überprüfen [23]. Allerdings lässt sich mit keiner <strong>der</strong><br />
vorhandenen medikamentösen Therapieansätze die Progression <strong>der</strong> Beeinträchtigung <strong>der</strong><br />
Lungenfunktion beeinflussen. Die Pharmakotherapie ermöglicht eine Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Beschwerden, eine Besserung <strong>der</strong> körperlichen Leistungsfähigkeit, <strong>der</strong> Lebensqualität<br />
und/o<strong>der</strong> eine Reduktion von Exazerbationen.<br />
Fazit<br />
Im Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> pulmonalen Erkrankungen <strong>der</strong> betagten <strong>Patient</strong>en stehen die Pneumonie<br />
und die COPD. Bei letzterer ist aufgrund <strong>des</strong> zunehmenden Nikotinkonsums mit einem<br />
weiteren Anstieg <strong>der</strong> Betroffenen zu rechnen. Die Therapie hat insbeson<strong>der</strong>e die<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en zum Gegenstand, eine k<strong>aus</strong>ale Behandlung<br />
dieser Krankheit mit Aufhalt <strong>der</strong> Progression ist nicht bekannt. Die Beherrschung <strong>der</strong><br />
Terminalstadien erfor<strong>der</strong>t großes Fingerspitzengefühl. Es müssen klare Entscheidungen über<br />
die Prognose <strong>der</strong> Erkrankung getroffen werden, obwohl sichere Prädiktoren eines Überlebens<br />
oft nicht existieren. Angesichts <strong>des</strong> schweren Leidens <strong>des</strong> Betroffenen entsteht häufig <strong>der</strong><br />
Wunsch <strong>der</strong> Angehörigen und <strong>des</strong> Teams, dieses nicht unnötig zu verlängern. Aus diesem<br />
Grund sollte eine invasive Beatmung mit zu erwartenden zahlreichen Komplikationen<br />
möglichst vermieden werden [2]. Das Ziel im Endstadium ist die adäquate palliative<br />
Begleitung <strong>des</strong> Betroffenen.<br />
Die Infektionen <strong>der</strong> unteren Atemwege zählen mit zu den häufigsten To<strong>des</strong>ursachen im Alter.<br />
Die Pneumonie, auch als „Freund <strong>der</strong> Betagten“ bezeichnet, bildet mit 60% mit Abstand die<br />
häufigste To<strong>des</strong>ursache von an Demenz erkrankten <strong>Patient</strong>en [13]. Dies ist zumeist auf<br />
zusätzliche schwere Störungen im <strong>multimorbide</strong>n Kontext zurückzuführen [2]. Für die<br />
Indikationsstellung einer k<strong>aus</strong>alen Therapie bleibt <strong>der</strong> mutmaßliche Wille <strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en<br />
entscheidend.<br />
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geriatrisches Assessment unabdingbar. Die Priorität liegt in <strong>der</strong> Vermeidung von<br />
Akutkomplikationen, insbeson<strong>der</strong>e Hypoglykämien, und <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />
Lebensqualität. Dazu gehört auch die langfristige Optimierung <strong>der</strong> Stoffwechsellage zur<br />
Vermeidung von Spätkomplikationen [1].<br />
Schilddrüsenfunktionsstörungen<br />
<strong>Der</strong> Alterungsprozeß <strong>der</strong> Schilddrüse ist durch morphologische und funktionelle<br />
Verän<strong>der</strong>ungen gekennzeichnet. So kommt es zur fibrotischen Atrophie von<br />
Schilddrüsengewebe bei gleichzeitiger Zunahme regressiv degenerativer Verän<strong>der</strong>ungen mit<br />
Kalkeinlagerung und nodöser Umwandlung. Darüber hin<strong>aus</strong> induziert ein potentiell lang<br />
bestehen<strong>der</strong> alimentärer Jodmangel eine Fehlanpassung mit Entwicklung von Knoten, die<br />
zum Teil autonom sind. Mit zunehmendem Alter besteht weiterhin die Tendenz zur<br />
Ausbildung von Autoimmunphänomenen und zur Produktion von organspezifischen<br />
Autoantikörpern [2]. Überdies kommt es infolge einer reduzierten Aktivität <strong>der</strong> 5´-Dejodase<br />
zu einer vermin<strong>der</strong>ten peripheren Konversion und damit zu einer Abnahme <strong>der</strong> fT3- sowie <strong>der</strong><br />
TSH-Konzentration im Blut während <strong>der</strong> fT4-Spiegel sich nicht än<strong>der</strong>t [30].<br />
Zudem beeinflussen zahlreiche Medikamente den Schilddrüsenhormonstoffwechsel und<br />
führen zu Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> funktionellen Schilddrüsenparameter. So entwickeln <strong>Patient</strong>en<br />
nach einer Langzeittherapie mit Lithium eine subklinische Hypothyreose, da Lithium und Jod<br />
den gleichen Stoffwechselweg nehmen. Fernerhin können jodhaltige Medikamente wie<br />
Amiodaron o<strong>der</strong> Röntgenkontrastmittel bei bestehen<strong>der</strong> Autonomie eine Hyperthyreose und<br />
bei normaler Schilddrüsenfunktion eine passagere Hypothyreose bewirken. Weiterhin<br />
hemmen Glukokortikoide die Ausschüttung von TSH sowie die Konversion [2].<br />
Störungen <strong>der</strong> Schilddrüsenfunktion nehmen mit zunehmendem Alter an Häufigkeit zu und<br />
stellen nach dem Diabetes mellitus die häufigste endokrinologische Krankheitsgruppe dar. So<br />
tritt eine manifeste Hypothyreose bei 3-6% <strong>der</strong> Bevölkerung jenseits <strong>des</strong> 80. Lebensjahres<br />
auf, während von einer subklinischen Hypothyreose 10% betroffen sind [13]. Häufigste<br />
Ursache beim älteren Menschen ist die Autoimmunthyreoditis Hashimoto, seltener sind<br />
iatrogene Auslöser wie ein nicht substituierter Zustand nach Intervention, eine unkontrollierte<br />
Einnahme von Thyreostatika sowie unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen. Die<br />
Symptome sind im Alter eher oligosymptomatisch und atypisch. Müdigkeit,<br />
Antriebslosigkeit, kognitive Defizite, Kälteempfindlichkeit, Obstipation und Myopathie mit<br />
begleiten<strong>der</strong> Sturzsymptomatik werden vom <strong>Patient</strong>en und <strong>des</strong>sen Umgebung häufig dem<br />
Alterungsprozeß angelastet [31]. Daher gehört die Bestimmung <strong>des</strong> TSH in je<strong>des</strong><br />
Routinelabor in geriatrischen Institutionen. Eine manifeste Hypothyreose wird aufgrund <strong>der</strong><br />
potentiellen Gefahr von Herzrhythmusstörungen in niedrigerer Dosis sowie langsameren<br />
Aufdosierung als bei jüngeren <strong>Patient</strong>en oral substituiert.<br />
Die Prävalenz <strong>der</strong> Hyperthyreose beträgt bei geriatrischen <strong>Patient</strong>en 12-50% [13]. In den<br />
meisten Fällen sind die multinoduläre toxische Struma o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Morbus Basedow<br />
verantwortlich zu machen. Weniger häufig sind das toxische Schilddrüsenadenom o<strong>der</strong> eine<br />
hyperthyreote Dekompensation nach Aufnahme jodhaltigen Kontrastmittels o<strong>der</strong> Amiodaron.<br />
Ältere hyperthyreote Menschen haben in aller Regel auch bei diesem Krankheitsbild weniger<br />
typische Symptome als jüngere, so fehlen oftmals die Struma und die typische endokrine<br />
Orbitopathie. Schilddrüsenfehlfunktionen im Alter haben einen Chamäleoncharakter, da das<br />
klinische Bild interindividuell stark variiert [39]. Häufige Symptome umfassen<br />
Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Angina pectoris und Delir, doch können auch<br />
unspezifische Symptome wie N<strong>aus</strong>ea und Emesis vorliegen [40]. Gleichwohl kann auch ein<br />
Symptomkomplex <strong>aus</strong> Schwäche, Gewichtsverlust, Lethargie und Depression bei<br />
geriatrischen <strong>Patient</strong>en Ausdruck einer Hyperthyreose sein [13]. Diagnostisch bedient man<br />
sich Laboruntersuchungen und bildgeben<strong>der</strong> Verfahren. Die Therapie erfolgt zunächst mit<br />
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Erkrankung erwogen werden sollte. Ebenso muß in <strong>der</strong> Sekundärprävention, ähnlich wie bei<br />
jüngeren <strong>Patient</strong>en, eine entsprechende Therapie überdacht werden. Denn in Studien konnte<br />
gezeigt werden, dass die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität unter einer<br />
medikamentösen lipidsenkenden Therapie mit Statinen auch bei Betagten reduziert werden<br />
konnte. In die therapeutische Entscheidungsfindung sollten bestehende Komorbiditäten und<br />
Lebenserwartung mit einfließen und so ein individuelles Risiko ermittelt werden [34]. Neben<br />
<strong>der</strong> medikamentösen Therapie sind begleitend realisierbare Basismaßnahmen zu for<strong>der</strong>n.<br />
Fazit<br />
<strong>Der</strong> Diabetes mellitus geht bei Älteren mit <strong>der</strong> höchsten Rate an Morbidität und Mortalität<br />
einher. Bei unzureichen<strong>der</strong> Intervention führt dieser Umstand zum Auftreten kaum mehr<br />
beherrschbarer individueller Probleme, die nahezu zwangsläufig zu Pflegebedürftigkeit<br />
führen. Den <strong>der</strong>zeit sinnvollsten Ansatz zur Problembeherrschung stellen sowohl <strong>aus</strong><br />
individueller als auch <strong>aus</strong> gesellschaftlicher <strong>Sicht</strong> Maßnahmen zur Sekundärprävention dar.<br />
Eine möglichst frühzeitige Diagnosestellung sowie eine konsequente Ausschöpfung <strong>der</strong> zur<br />
Verfügung stehenden Therapiemaßnahmen führen dabei nachweislich zu einem Aufschub von<br />
Komplikationen und zu einer Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität. Ohne Frage müssen sich die<br />
Konzepte zur Umsetzung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Maßnahmen an den Möglichkeiten und<br />
Bedürfnissen <strong>der</strong> Betroffenen orientieren [3].<br />
Angesichts <strong>der</strong> hohen Prävalenz <strong>der</strong> Schilddrüsenerkrankungen im Alter sollte<br />
differentialdiagnostisch auch häufiger an diese Erkrankung gedacht werden. Dabei ist zu<br />
beachten, dass das klinische Erscheinungsbild <strong>der</strong> Dysfunktionen bei Betagten eher<br />
unspezifisch ist und sich häufig als Verstärkung präexistenter Beschwerdekomplexe<br />
manifestiert [2].<br />
Auch Fettstoffwechselstörungen kommen im Alter eine wesentliche Bedeutung im Sinne<br />
einer Erhöhung <strong>des</strong> kardiovaskulären Risikos <strong>der</strong> Betroffenen zu. Durch eine adäquate<br />
lipidsenkende Therapie kann auch bei Betagten eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse<br />
erzielt werden. Die Behandlungsindikation ist allerdings immer individuell unter<br />
Berücksichtigung <strong>des</strong> Globalrisikos <strong>des</strong> einzelnen <strong>Patient</strong>en zu stellen, wobei das biologische<br />
Alter entscheiden<strong>der</strong> ist als das chronologische [34].<br />
4. Malnutrition<br />
Einleitung<br />
Eine Unter- o<strong>der</strong> Mangelernährung, eine Malnutrition, ist definiert als unzureichende<br />
Versorgung <strong>des</strong> Organismus mit Energie und Nährstoffen bis hin zur Kachexie [2]. Dabei<br />
lässt eine Malnutrition, wie sie bei geriatrischen <strong>Patient</strong>en auftritt, eine Unterversorgung mit<br />
einem o<strong>der</strong> mehreren biochemisch messbaren Ernährungsparametern wie Kalorien, Proteinen,<br />
Fettsäuren, Mineralsalzen, Vitaminen, Spurenelementen o<strong>der</strong> Wasser erkennen. Bei fast<br />
jedem akutkranken Betagten lässt sich eine mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> <strong>aus</strong>geprägte, zumeist multiple<br />
Unterversorgung an ebenda aufgeführten Substraten <strong>aus</strong>machen. Die Malnutrition wird somit<br />
zur häufigsten Komorbidität im Senium [1] und bestimmt die Mortalität und Morbidität<br />
wesentlich mit [35].<br />
Ursachen<br />
<strong>Der</strong> physiologische Alterungsprozeß geht mit einem per se weniger stark <strong>aus</strong>geprägten<br />
Appetit, einer verringerten Geschmacks- und Geruchswahrnehmung und einem schnelleren<br />
Sättigungsgefühl einher, sodaß sich mit steigendem Lebensalter auch meist die<br />
aufgenommene Nahrungsmenge reduziert. Hierbei scheinen Endorphine und gastrointestinale<br />
Hormone eine bedeutende, jedoch noch nicht <strong>aus</strong>reichend untersuchte Rolle zu spielen. Dies<br />
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kann trotz <strong>des</strong> abnehmenden Kalorienbedarfs im Alter bei dem mit engen Kapazitätsreserven<br />
agierenden Organismus rasch physiologische Grenzen erreichen [3].<br />
Als pathologische Ursachen einer Malnutrition gelten etwa eine Malabsorption, ein erhöhter<br />
Grundumsatz, zum Beispiel infolge einer Hyperthyreose, ein <strong>aus</strong>zehren<strong>der</strong> Prozeß wie ein<br />
malignes Leiden o<strong>der</strong> das Unvermögen, Nahrung adäquat aufzunehmen. Letzteres bezeichnet<br />
man gemeinhin als Dysphagie, diese schließt alle Formen einer Kau-, Schling- o<strong>der</strong><br />
Schluckstörungen mit ein. So zählen Einschränkungen <strong>des</strong> Kauvermögens ebenso dazu wie<br />
eine tumorbedingte Ösophagusstenose o<strong>der</strong> eine Schluckapraxie <strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en mit<br />
fortgeschrittenem dementiellen Syndrom. Des Weiteren ist die mangelhafte Kaufunktion<br />
infolge fehlen<strong>der</strong> Zahnsanierung o<strong>der</strong> schlecht sitzen<strong>der</strong> Zahnprothesen nicht<br />
unterzubewerten [1]. Fernerhin muß Appetitlosigkeit bei betagten <strong>Patient</strong>en die Suche nach<br />
akuten o<strong>der</strong> chronischen Infektionskrankheiten, hämatologischen und psychiatrischen<br />
Erkrankungen aber auch Intoxikationen induzieren. Auch ein chronisches Schmerzsyndrom<br />
kann zu einer Malnutrition führen [3]. Iatrogene Einflüsse auf den Appetit hat überdies die<br />
Verordnung gewisser Pharmaka. So werden unerwünschte Arzneimittelwirkungen<br />
nichtsteroidaler Antiphlogistika bei betagten <strong>Patient</strong>en aufgrund <strong>der</strong> stark reduzierten<br />
viszeralen Schmerzempfindung kaum wahrgenommen. Vielmehr reagieren die Betroffenen<br />
auf Läsionen im Gastrointestinaltrakt mit Appetitmin<strong>der</strong>ung bis hin zur Appetitlosigkeit.<br />
Daneben zeichnen weitere Medikamente, und schließlich <strong>der</strong>en Multimedikation, wie<br />
Schleifendiuretika, Digitalis, Antibiotika, antineoplastische Medikamente, ferner<br />
Psychopharmaka für Appetitmin<strong>der</strong>ung verantwortlich [1]. In Zusammenschau <strong>der</strong> Befunde<br />
ist bei <strong>der</strong> Malnutrition geriatrischer <strong>Patient</strong>en vornehmlich von einer mulifaktoriellen Genese<br />
<strong>aus</strong>zugehen.<br />
Symptome<br />
Konstant und hochspezifisch für Malnutrition ist das Kardinalsymptom Appetitverlust. Dieses<br />
Frühsymptom führt schleichend innerhalb von Wochen zu resistenter Müdigkeit und<br />
Schwäche. Weitere Spätsymptome sind Verschlechterung <strong>des</strong> Allgemeinzustan<strong>des</strong>, kognitive<br />
Leistungsmin<strong>der</strong>ung, Schwäche <strong>der</strong> Beinmuskulatur und zu einem späteren Zeitpunkt eine<br />
merkliche Gewichtsabnahme [1], welche bei älteren Menschen zunächst die Extremitäten und<br />
das Gesicht, erst später die Bauchdecken betrifft [3]. Dies führt gemeinsam mit <strong>der</strong> sich im<br />
Alter per se entwickelnden Sarkopenie, einem Verlust an Skelettmuskelmasse und -größe<br />
[36], zu Immobilität, Stürzen und Frakturgefahr. Nicht zu unterschätzen ist weiterhin die mit<br />
Untergewicht oftmals einhergehende Abwehrschwäche infolge eines verschlechterten<br />
Immunstatus, was konsekutiv zu erhöhter Infektanfälligkeit, verzögerter Rekonvaleszenz und<br />
einer allgemein erhöhten Morbidität führt. Außerdem werden bei Betroffenen eine schlechtere<br />
Wundheilung sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Dekubitalulzera beobachtet<br />
[3].<br />
Diagnostik<br />
Die Malnutritionsdiagnostik ist im Alter ein fester Bestandteil <strong>des</strong> geriatrischen Assessments.<br />
Anhand <strong>der</strong> Anamnese, <strong>der</strong> klinischen Früh- und Spätsymptome und <strong>des</strong> Nutrogrammes kann<br />
die Diagnose Malnutrition eindeutig gestellt werden. Unter den zahlreichen Parametern <strong>des</strong><br />
Nutrogrammes sind Albumin, Cholesterin, Transferrin, Ferritin, Vitamin B12, Folsäure,<br />
Homocystein und das Blutbild als wichtigste Kenngrößen zu nennen. Dabei bleibt das<br />
Albumin bei richtiger Interpretation einer <strong>der</strong> <strong>aus</strong>sagekräftigsten Ernährungsparameter [1].<br />
Bei <strong>der</strong> Fahndung nach <strong>der</strong> Ätiologie <strong>der</strong> Mangelzustände sollte bei aufwendigen, den<br />
Betagten zumeist belastenden diagnostischen Methoden stets überlegt werden, ob sich für den<br />
<strong>Patient</strong>en therapeutische Konsequenzen ergeben. Eine umfassende Diagnostik allein aufgrund<br />
<strong>der</strong> Diagnosefindung ist bei älteren <strong>Patient</strong>en abzulehnen [3].<br />
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Interventionen<br />
Die Prinzipien <strong>der</strong> Ernährungstherapie bei Malnutrition beinhalten günstigerweise die<br />
Kenntnis <strong>der</strong> Ursachen und Entstehungsmechanismen <strong>der</strong> Mangelernährung. Folgerichtig<br />
sollte dann möglichst zusätzlich zu <strong>der</strong> symptomatischen eine k<strong>aus</strong>ale Therapie eingeleitet<br />
werden, so zum Beispiel die Behandlung eines Magenulkus. Die symptomatische Behandlung<br />
umfasst diätetische Maßnahmen unterschiedlicher Applikationsformen unter Beachtung<br />
individueller Mangelzustände in Kombination mit allgemeinen Behandlungsformen mit<br />
physiotherapeutischer Beübung im beson<strong>der</strong>en [1]. Dabei ist dem Mehrbedarf in kataboler<br />
Stoffwechsellage Beachtung zu schenken. So sind <strong>Patient</strong>en bei akuten Infektionen, etwaig<br />
mit Fieber, auf eine höhere Kaloriensubstitution angewiesen, auch bei Vorliegen großer<br />
Dekubitalulzera sowie perioperativ ist <strong>der</strong> Bedarf an Nährstoffen erhöht [13].<br />
Sind aufgrund von Erkrankungen und <strong>der</strong>en Folgen, beispielsweise Aspirationsgefahr bei<br />
fehlenden Schutzreflexen infolge eines Schlaganfalles, keine Ernährungsmöglichkeiten via<br />
naturalis möglich, so ist die Frage nach einer künstlichen Ernährung zu klären [3]. Hierfür<br />
bieten sich in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Prognose <strong>der</strong> Grun<strong>der</strong>krankungen sowohl enterale als<br />
auch parenterale Möglichkeiten an. Bei <strong>der</strong> Applikation von Ernährungssonden stehen für den<br />
langfristigen bzw. dauerhaften Einsatz unter Umgehung <strong>des</strong> zervikothorakalen<br />
Verdauungstraktes <strong>der</strong>zeit die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) o<strong>der</strong> die<br />
Jejunostomie (PEJ) zur Verfügung. Dabei kann die Ernährung mit dieser Methode sowohl<br />
supportiv als auch vollständig erfolgen [1]. Vor Einleitung einer künstlichen Ernährung ist<br />
stets in Zusammenschau <strong>der</strong> Befunde, <strong>der</strong> Prognose und <strong>des</strong> mutmaßlichen Willens <strong>des</strong><br />
Betroffenen kritisch die Indikation zu dieser invasiven Maßnahme zu überprüfen. Die<br />
Entscheidung bei <strong>Patient</strong>en mit dementiellem Syndrom im fortgeschrittenen Stadium mit<br />
gestörtem Eß- und Trinkverhalten stellt sich oftmals als problematisch dar, verbindliche<br />
Richtlinien hinsichtlich <strong>der</strong> Indikation zur Anlage einer Ernährungssonde existieren im<br />
deutschsprachigen Raum nicht. Für den Entscheidungsprozeß jedoch zu berücksichtigen ist,<br />
dass diese <strong>Patient</strong>en in Terminalphasen <strong>der</strong> Erkrankung bei entsprechenden pflegerischen<br />
Maßnahmen wie Mundpflege nicht unter quälendem Durstgefühl leiden [2] und die Exsikkose<br />
palliativ wirkt.<br />
Fazit<br />
Die Malnutrition zählt zu den häufigsten geriatrischen Symptomen mit weitreichen<strong>der</strong><br />
Bedeutung für Lebensqualität, Krankheitsverlauf und Lebenserwartung <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en [2]. Die<br />
Ursachen sind mannigfaltig und zumeist multifaktoriell, die Symptome unspezifisch. Ziel<br />
einer Intervention muß eine Lin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Beschwerden sowie in Abhängigkeit <strong>der</strong><br />
Grun<strong>der</strong>krankungen und <strong>der</strong> Prognose sinnvolle Therapie sein [1]. Vor Einleitung eines<br />
invasiven Ernährungsregimes ist die Indikation achtsam zu hinterfragen. Die Sicherung von<br />
lebensverlängernden Maßnahmen wie Infusionen o<strong>der</strong> Sonden durch freiheitsentziehende<br />
Maßnahmen bei einem dementiellen Syndrom im fortgeschrittenen Stadium, auch bei vitaler<br />
Gefährdung <strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en, verstößt gegen die Menschenwürde und ist <strong>des</strong>halb kaum zu<br />
rechtfertigen [13].<br />
5. Nierenerkrankungen<br />
Einleitung<br />
Infolge altersbedingter Nierenverän<strong>der</strong>ungen sind Menschen im fortgeschrittenen Alter<br />
beson<strong>der</strong>s empfindlich hinsichtlich Störungen <strong>des</strong> Wasserh<strong>aus</strong>haltes und <strong>der</strong> Nierenfunktion.<br />
So sind im höheren Alter regelmäßig Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Nierenstruktur und <strong>der</strong> renalen<br />
Funktion nachweisbar. Die Nieren verlieren an Gewicht, dies ist im Beson<strong>der</strong>en auf<br />
Gewebsverän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Nierenrinde zurückzuführen. Die Zahl <strong>der</strong> Glomerula und <strong>der</strong><br />
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proximalen Tubuli nimmt stetig ab, histologisch lässt sich eine Sklerosierung <strong>der</strong> Glomerula<br />
nachweisen, sodaß <strong>der</strong> Anteil funktionsloser Glomerula mit zunehmendem Alter steigt. Die<br />
morphologischen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Niere gehen mit einer altersabhängigen Abnahme <strong>des</strong><br />
renalen Blutflusses einher. Die Clearance nimmt pro Dekade um 10% ab. Auch die<br />
glomeruläre Filtrationsrate sinkt mit zunehmendem Lebensalter im Durchschnitt um 0,75<br />
ml/min pro Jahr parallel zu einer Abnahme <strong>der</strong> Muskelmasse und somit <strong>der</strong><br />
Kreatininproduktion. Aufgrund <strong>des</strong>sen lässt sich bei älteren Menschen zunächst kein Anstieg<br />
<strong>der</strong> Serumkreatininkonzentration nachweisen. Zur genaueren Einschätzung <strong>der</strong> glomerulären<br />
Filtrationsrate ist daher die Bestimmung <strong>der</strong> Kreatininclearance empfehlenswert [1]. Eine<br />
Proteinurie wie<strong>der</strong>um wird als wichtigster Prädiktor einer schlechten renalen<br />
Funktionsprognose beschrieben [2]. Trotz <strong>der</strong> genannten Funktionseinschränkungen ist die<br />
Niere <strong>des</strong> älteren Menschen unter normalen Bedingungen in <strong>der</strong> Lage, den Wasser- und<br />
Elektrolyth<strong>aus</strong>halt zu regulieren. Im Vergleich zu jüngeren Menschen ist jedoch die<br />
Harnkonzentrations- und Verdünnungsfähigkeit sowie die Ausscheidung von Säuren und<br />
Kalium, ferner die Natriumrückresorptionskapazität im distalen Tubulus vermin<strong>der</strong>t [1].<br />
Zusammen mit einer reduzierten Ansprechbarkeit auf ADH, einem abgeschwächten<br />
Durstgefühl und unerwünschten Arzneimittelnebenwirkungen führt dies in <strong>der</strong> Folge oftmals<br />
zu Volumenmangel und Hypernatriämie. Weiterhin sieht man häufig Hyponatriämien, <strong>der</strong>en<br />
Ursache zumeist in unerwünschten Arzneimittelwirkungen zu suchen ist. Die genannten<br />
Störungen <strong>des</strong> Elektrolyth<strong>aus</strong>haltes sind bei geriatrischen <strong>Patient</strong>en nicht selten für<br />
neurologische o<strong>der</strong> psychiatrische Symptome verantwortlich [1].<br />
Chronische Niereninsuffizienz und akutes Nierenversagen<br />
Die chronisch terminale Niereninsuffizienz wird zunehmend eine Erkrankung <strong>des</strong> alten<br />
Menschen. Dabei unterscheidet sich das Spektrum <strong>der</strong> zu einer Nierenersatztherapie<br />
führenden Erkrankungen bei betagten von dem bei jungen <strong>Patient</strong>en. Die mit Abstand<br />
wichtigste Ursache stellt die diabetische Nephropathie dar [29]. Weitere Ursachen sind die<br />
ischämische Nephropathie mit arteriosklerotischer Nierenarterienstenose und<br />
Cholesterinembolie, Vaskulitiden und Myelome [2]. Insgesamt sollte die<br />
Behandlungsstrategie eines betagten niereninsuffizienten <strong>Patient</strong>en eine optimale<br />
Blutdruckeinstellung, eine Dosisanpassung renal eliminierter Pharmaka und eine <strong>aus</strong>reichende<br />
Flüssigkeitszufuhr angesichts <strong>der</strong> gestörten Konzentrationsfähigkeit <strong>der</strong> Niere umfassen.<br />
Ferner sind Menschen im höheren Lebensalter aufgrund <strong>der</strong> altersbedingten<br />
Nierenverän<strong>der</strong>ungen beson<strong>der</strong>s empfindlich, ein akutes Nierenversagen zu entwickeln. Eine<br />
wichtige Rolle nehmen in diesem Zusammenhang die Dehydratation, <strong>der</strong> Nichtgebrauch von<br />
Medikamenten in Nierendosis, <strong>der</strong> Einsatz von Röntgenkontrastmitteln sowie die Häufung<br />
von Herzinsuffizienz, Diabetes mellitus und Hypertonie ein. Pathophysiologisch stellt die<br />
renale Ischämie die Hauptursache <strong>des</strong> akuten Nierenversagens im Alter dar. So kann eine<br />
Hypovolämie Folge von Fieber, Diuretika- o<strong>der</strong> Laxantiengebrauch sowie einer<br />
ungenügenden Flüssigkeitsaufnahme sein. Weiterhin reduziert <strong>der</strong> Einsatz von<br />
nichtsteroidalen Antiphlogistika, ACE-Hemmern, AT1-Rezeptorantagonisten und<br />
Schleifendiuretika infolge <strong>der</strong> Inhibition vasoldilatatorisch wirksamer Prostaglandine den<br />
meist ohnehin infolge Arteriosklerose o<strong>der</strong> chronischer Niereninsuffizienz vermin<strong>der</strong>ten<br />
renalen Blutfluß. Häufig führen auch <strong>der</strong> Gebrauch von Aminoglykosiden und größere<br />
operative Eingriffe bei älteren <strong>Patient</strong>en zu einem akuten Nierenversagen. Das postrenale<br />
Nierenversagen infolge einer Obstruktion <strong>der</strong> Harnwege, zum Beispiel bedingt durch eine<br />
Prostatavergrößerung, ist ebenfalls nicht selten für die Auslösung eines akuten<br />
Nierenversagens verantwortlich. Daher gilt es, bei jedem älteren <strong>Patient</strong>en mit Oligurie o<strong>der</strong><br />
Anurie mittels einer Sonographie eine Harnwegsobstruktion <strong>aus</strong>zuschließen [1].<br />
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Glomeruläre Erkrankungen<br />
Es wird geschätzt, dass 20% <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en mit einer Glomerulonephritis über 60 Jahre alt<br />
sind. Dabei unterscheidet sich <strong>der</strong> klinische Verlauf glomerulärer Erkrankungen bei älteren<br />
<strong>Patient</strong>en prinzipiell nicht von dem jüngerer <strong>Patient</strong>en. Die häufigste Indikation zur<br />
Nierenbiopsie stellt im Alter das nephrotische Syndrom, welches im Alter nicht selten mit<br />
einer Neoplasie vergesellschaftet ist. Bei <strong>Patient</strong>en mit nephrotischem Syndrom besteht die<br />
Gefahr, ein akutes Nierenversagen zu entwickeln, insbeson<strong>der</strong>e nach Verabreichung<br />
nichtsteroidaler Antiphlogistika o<strong>der</strong> nach Volumendepletion infolge rigoroser<br />
Diuretikatherapie [1].<br />
Fazit<br />
Im Alter besteht eine beson<strong>der</strong>e Neigung, einen Volumenmangel und<br />
Elektrolytverschiebungen zu entwickeln. Die Dehydratation, <strong>der</strong> Gebrauch von<br />
nichtsteroidalen Antiphlogistika, ACE-Hemmern, AT1-Rezeptorantagonisten o<strong>der</strong><br />
Schleifendiuretika sind beson<strong>der</strong>s häufig für die Entwicklung eines Nierenversagens<br />
mitverantwortlich. <strong>Der</strong> klinische Verlauf glomerulärer Erkrankungen bei betagten <strong>Patient</strong>en<br />
unterscheidet sich prinzipiell nicht von dem jüngerer <strong>Patient</strong>en [1]. Bezüglich nephrologischer<br />
Erkrankungen in <strong>der</strong> Geriatrie ist die Datenlage als defizitär einzustufen. Es steht zu hoffen,<br />
daß durch zusätzliche Untersuchungen ein weitreichen<strong>der</strong> Erkenntnisgewinn erzielt werden<br />
kann.<br />
6. neurologische Erkrankungen<br />
A Zerebrale Durchblutungsstörungen<br />
B Demenz<br />
C Depression<br />
D Morbus Parkinson<br />
A Zerebrale Durchblutungsstörungen<br />
Einleitung<br />
Die zerebrovaskulären Erkrankungen sind im Alter die Hauptursache von milden bis hin zu<br />
schwersten Funktionseinschränkungen [24]. Jährlich werden etwa 200 000 neue Schlaganfälle<br />
in Deutschland beobachtet, dabei findet sich ein exponentieller Anstieg mit zunehmendem<br />
Lebensalter [1]. Als Schlaganfall bezeichnet man eine akut auftretende neurologische<br />
Fokalsymptomatik, die in etwa 80% <strong>der</strong> Fälle auf einer Durchblutungsstörung umschriebener<br />
Gehirnareale (ischämischer Schlaganfall) und in 20% auf einer Gehirnblutung beruht. Die<br />
klassische Differenzierung <strong>des</strong> ischämischen Schlaganfalles anhand <strong>der</strong><br />
Rückbildungsgeschwindigkeit <strong>der</strong> neurologischen Ausfälle von transitorisch ischämischer<br />
Attacke (TIA) über prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit (PRIND)<br />
bis hin zum manifesten ischämischen Schlaganfall gilt als überholt. Die Eingruppierung von<br />
Schlaganfällen nach <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong> Symptome wird zunehmend durch eine<br />
pathophysiologische Einteilung ersetzt, nachdem gezeigt werden konnte, daß auch bei vielen<br />
<strong>Patient</strong>en mit flüchtiger Symptomatik morphologische Hirnschäden nachweisbar sind und<br />
sich die Rezidivrate von <strong>Patient</strong>en mit persistieren<strong>der</strong> Symptomatik nicht unterscheidet [23].<br />
Ätiologie und Pathogenese<br />
Die Ursachen ischämischer Schlaganfälle schließen mikroangiopathische, hämodynamische<br />
und thromboembolische Mechanismen ein. Bei letzteren entstammen die Embolie zumeist<br />
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dem Herzen bei Vorliegen von Vorhofflimmern, aber auch eine arterioarteriell embolische<br />
Genese bei rupturierten arteriosklerotischen Plaques <strong>aus</strong> <strong>der</strong> extrakraniellen A. carotis ist<br />
häufig. Intrazerebrale Blutungen wie<strong>der</strong>um sind meist Folge einer arteriellen Hypertonie,<br />
an<strong>der</strong>e Ursachen können Arteriopathien, Tumoreinblutungen o<strong>der</strong> Gefäßanomalien sein.<br />
Oftmals bleibt die Genese auch unklar. Pathoanatomisch unterscheidet man<br />
Grenzzoneninfarkte, bei denen die ischämische Nekrose im Grenzgebiet <strong>des</strong><br />
Versorgungsgebietes zwischen zwei o<strong>der</strong> drei großen pialen Arterien liegt, von<br />
Territorialinfarkten, hier betrifft die Ischämie das Versorgungsgebiet <strong>der</strong> betroffenen<br />
Pialarterie. Außerdem kennt man lakunäre Hirninfarkte als Folge eines Verschlusses einer<br />
kleinen penetrierenden Arterie sowie Endstrominfarkte in distalen Versorgungsgebieten einer<br />
nicht kollateralisierten Endarterie [24].<br />
Als unbeeinflußbare Risikofaktoren für die Entwicklung eines Schlaganfalls gelten das Alter,<br />
das männliche Geschlecht und die genetische Disposition. Die beeinflußbaren Risikofaktoren<br />
sind zahlreich, als bedeutendster wird <strong>der</strong> arterielle Hypertonus beschrieben [13]. Es folgen<br />
die bekannten kardiovaskulären Risikiofaktoren Diabetes mellitus, Hyperlipoproteinämie und<br />
Nikotinabusus. Das Risiko steigt weiterhin bei Komorbiditäten wie Vorhofflimmern,<br />
koronarer Herzerkrankung und Karotisstenosen.<br />
Symptomatik<br />
Die Fokalsymptomatik besteht in <strong>der</strong> Regel <strong>aus</strong> charakteristischen, individuell sehr variablen<br />
Lähmungserscheinungen wie motorischen und/o<strong>der</strong> sensiblen Paresen, Aphasie, Dysarthrie,<br />
Dysphagie, verschiedenen Sehstörungen und neuropsychologischen Defiziten [1]. Dabei<br />
bewirken unterschiedliche pathophysiologische Geschehen das gleiche klinische Bild. Es<br />
steht außer Frage, differentialdiagnostisch an<strong>der</strong>e Ursachen für diese klinischen<br />
Erscheinungsbil<strong>der</strong> wie raumfor<strong>der</strong>nde Hirnprozesse, Meningoenzephalitiden o<strong>der</strong><br />
Intoxikationen zu würdigen. Ein Großhirninfarkt lässt sich dem Karotisstromgebiet zuordnen.<br />
Dabei ist für einen Defekt im Versorgungsbereich <strong>der</strong> A. cerebri anterior eine beinbetonte<br />
senomotorische Hemiparese, ggf. gemeinsam mit einer zentralen Blasenstörung,<br />
richtungsweisend. Dem Mediastromgebiet entspricht die brachiofazial betonte Hemiparese<br />
vom Typ Wernicke-Mann, findet sich die Hemisymptomatik rechts, dann oftmals in<br />
Kombination mit einer Aphasie, links mit einem Hemineglect. Ein Posteriorinsult äußert sich<br />
klinisch durch eine Hemihypästhesie und eine Hemianopsie. Hirnstamminfarkte ihrerseits<br />
imponieren häufig mit Vigilanzstörungen, Tetraplegie und Blickparesen, Thalamusinfarkte<br />
mit einer schwer lokalisierbaren Schmerzhaftigkeit <strong>der</strong> kontralateralen Körperhälfte [24].<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Neue, sich deutlich verstärkende, mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> schlagartig auftretende Symptome wie<br />
Lähmungen, Seh- o<strong>der</strong> Sprachstörungen, Sensibilitäts- o<strong>der</strong> Bewusstseinsstörungen müssen<br />
zunächst als bedrohliche Zeichen anerkannt werden. Entscheidend ist, diese Signale richtig zu<br />
werten und vorerst als lebensbedrohlichen Notfall einzustufen. Außerhalb einer klinischen<br />
Einrichtung gilt es, sofort einen Notarzt zu verständigen und keine Zeit zu verlieren, denn<br />
„time is brain“. Initial steht die Kontrolle <strong>der</strong> Vitalparameter im Vor<strong>der</strong>grund, als definitive<br />
Diagnostik ist unmittelbar ein EKG anzufertigen und eine kraniale Computertomographie<br />
(cCT) durchzuführen. Diese initiale bildgebende Diagnostik entscheidet über den<br />
Therapieplan. Ergibt sich die Diagnose einer intrakraniellen Blutung, so erfolgt das weitere<br />
Proze<strong>der</strong>e unter Hinzuziehung eines Neurochirurgen. Ein ischämischer Infarkt zeigt sich in<br />
<strong>der</strong> cCT in <strong>der</strong> Regel erst später. Bei gegebener Möglichkeit muß eine Lyse o<strong>der</strong><br />
Katheterdilatation unter Beachtung <strong>der</strong> Kontraindikationen diskutiert werden, diese einzige<br />
spezifische Therapie wird jedoch insgesamt relativ selten und kaum bei älteren Betroffenen<br />
durchgeführt [24].<br />
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Für die weitere Prognose ist die Behandlung von Komplikationen zweifellos mitentscheidend,<br />
diesen muß einerseits so gut wie möglich vorgebeugt werden, an<strong>der</strong>erseits müssen<br />
entsprechende Warnzeichen erkannt werden. Beispielhaft seien an dieser Stelle Aspiration,<br />
epileptische Symptomatik und Pneumonie in <strong>der</strong> Frühphase, Venenthrombose und<br />
Lungenarterienembolie im weiteren Verlauf und Stürze nach <strong>der</strong> Mobilisation genannt. Eine<br />
zusätzliche sehr häufige Komplikation ist die Depression [24].<br />
Die Phase <strong>der</strong> Immobilisierung muß so kurz wie möglich sein, die Integration rehabilitativer<br />
Elemente in die Therapie zeitnah erfolgen. Schädigung und Fähigkeitsstörung sind die<br />
primären Schwerpunkte <strong>des</strong> folgenden interdisziplinären therapeutischen Eingriffs [24]. <strong>Der</strong><br />
schnellstmögliche Beginn mit <strong>der</strong> Rehabilitationsbehandlung nach <strong>der</strong> akuten,<br />
schwerstkranken Phase bringt einen entscheidenden positiven Effekt. Bei geriatrischen<br />
<strong>Patient</strong>en bietet sich hierbei eine Klinik mit geriatrischer frührehabilitativer Komplextherapie<br />
an. Die medizinisch geriatrische Kompetenz und das geriatrische multiprofessionelle Team<br />
bieten mit <strong>der</strong> einschlägigen Erfahrung und dem ganzheitlichen, umfassenden<br />
Versorgungskonzept das optimale Angebot zur weiteren Behandlung [24]. Dabei ist natürlich<br />
ein Augenmerk auf die Sekundärprävention zu richten, wobei die Antikoagualtion bzw.<br />
Thrombozytenaggregationshemmung unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung im<br />
Vor<strong>der</strong>grund steht. Auch die zerebrovaskulären Risikofaktoren werden mitbehandelt, wobei<br />
die Behandlung <strong>des</strong> Blutdruckes einen beson<strong>der</strong>en Stellenwert einnimmt. Die Indikation zu<br />
einer Karotis-Thrombendarterieektomie (TEA) ist von einem interdiziplinären Team zu<br />
stellen.<br />
Fazit<br />
Ein Schlaganfall muß als medizinischer Notfall betrachtet werden. Es gilt, diesen prompt zu<br />
erkennen, sofort an einem spezialisierten Zentrum (Stroke Unit) zu behandeln und<br />
anschließend Sekundärpräventionen einzuleiten [1]. Eine frühzeitige Rehabilitation spielt eine<br />
wesentliche Rolle. Eine Lanze für die mo<strong>der</strong>ne Arbeitsorganisation bricht die geriatrische<br />
Rehabilitation mit ihrer insitutionalisierten Zusammenarbeit verschiedenster Berufsgruppen.<br />
Dies ermöglicht einen ständigen Informations<strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>ch, stete Diskussion <strong>des</strong> Erreichten und<br />
<strong>des</strong> weiter zu Erreichenden. Denn jede Kleinigkeit an funktionellem Zugewinn für den<br />
<strong>Patient</strong>en ergibt einen gewaltigen Sprung im Sinne seiner Selbständigkeit, Autonomie und<br />
Freiheit [24].<br />
B Demenz<br />
Einleitung<br />
<strong>Der</strong> Begriff Demenz bezeichnet ein klinisches Syndrom und wird anhand internationaler<br />
Klassifikationssysteme (ICD-10, DSM-IV) diagnostiziert. Dabei sind Störungen <strong>des</strong><br />
Gedächtnisses, sowohl <strong>des</strong> Kurz- als auch <strong>des</strong> Langzeitgedächtnisses, gefor<strong>der</strong>t und entwe<strong>der</strong><br />
Störungen im abstrakten Denken, eingeschränkte Urteilsfähigkeit, Orientierungsstörungen,<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Persönlichkeit o<strong>der</strong> Störungen höherer kognitiver Funktionen. Diese<br />
Merkmale wie<strong>der</strong>um haben alltagsrelevante Konsequenzen. Die Störung muß seit min<strong>des</strong>tens<br />
sechs Monaten und nicht nur im Rahmen eines Delirs bestehen, abzugrenzen ist weiterhin<br />
eine Min<strong>der</strong>begabung. An<strong>der</strong>e relevante zerebrale, extrazerebrale, substanzinduzierte und<br />
psychiatrische Erkrankungen müssen gewiß <strong>aus</strong>geschlossen werden. Fakultativ sind<br />
assoziierte psychiatrische Symptome wie Verhaltensstörungen, Depression, Delir und<br />
psychotische Symptome. Es werden drei Schweregrade <strong>der</strong> Demenz unterschieden, von leicht<br />
über mittelschwer bis hin zur schweren Form. Alle epidemiologischen Studien zeigen einen<br />
exponentiellen Anstieg <strong>der</strong> Demenzerkrankung im Alter. Die Prävalenz betrachtend sind etwa<br />
1,5% <strong>der</strong> 65- bis 69jährigen und über 20% <strong>der</strong> 85- bis 90jährigen betroffen [3]. Mit steigen<strong>der</strong><br />
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Variante mit erheblicher Ausprägung multipler lakunärer Marklager- und<br />
Stammganglieninfarkte bezeichnet man als subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie<br />
(SAE, Morbus Binswanger). Die Betroffenen bieten neben kognitiven Defiziten Störungen<br />
<strong>des</strong> Antriebs, <strong>des</strong> Affektes und <strong>der</strong> Motorik. Die Multiinfarktdemenz wie<strong>der</strong>um ist ein<br />
Beispiel für eine Makroangiopathie, hier sind multiple, häufig kortikale Territorialinfarkte<br />
führend. Anamnestisch sind nicht selten vorangegangene teilkompensierte neurologische<br />
Ausfälle zu eruieren. <strong>Patient</strong>en mit einer vaskulären Demenzform bieten oftmals einen<br />
arteriellen Hypertonus. Bei <strong>der</strong> frontotemporalen Demenz (Morbus Pick) handelt es sich um<br />
eine progressiv-degenerative Erkrankung <strong>des</strong> Präseniums, die in 50% <strong>der</strong> Fälle familiär<br />
gehäuft auftritt. Es findet sich eine überwiegend frontale und temporal betonte Atrophie mit<br />
entsprechenden neuropsychologischen Ausfällen bei initial recht gut erhaltener<br />
Gedächtnisleistung. Das zentrale kognitive Problem stellen, je nach Prävalenz <strong>der</strong> Atrophie,<br />
entwe<strong>der</strong> die sprachlich-semantischen Defizite o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong> Fähigkeit, sich in Dritte<br />
hineinzuversetzen und soziale Konsequenzen <strong>des</strong> eigenen Handelns zu bedenken dar. Dies<br />
führt in <strong>der</strong> Folge zu Persönlichkeitsverän<strong>der</strong>ungen und Störungen <strong>der</strong> sozialen Beziehungen<br />
[23]. Die Lewy-Körper-Demenz ist eine Demenzform, die neuropathologisch zusätzlich zu<br />
Plaques und Tangles durch das Vorhandensein neokortikaler Einschlußkörper, sog.<br />
Lewykörper, charakterisiert ist. Das neuropsychologische Ausfallmuster ist frontobasal betont<br />
mit initial wenig <strong>aus</strong>geprägter Gedächtnis- und Raum-Sinn-Störung. Eine Lewy-Körper-<br />
Demenz ist wahrscheinlich, wenn eine fluktuierende Hirnleistung von einem Parkinson-<br />
Syndrom o<strong>der</strong> visuellen Halluzinationen begleitet wird und eine Sturzanamnese zu erheben<br />
ist.<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Eine sichere Artdiagnose einer Demenz ist intra vitam oft nicht möglich. Doch sollte nach <strong>der</strong><br />
Diagnosestellung „Demenz“ auch die Ätiologie klassifiziert werden, mit standardisierten<br />
Instrumenten ist dies weithin möglich. Eine eingehende persönliche wie auch Fremdanamnese<br />
ist unerlässlich. Dabei ist auf eine gezielte Untersuchung <strong>der</strong> kognitiven Funktionen Wert zu<br />
legen, hierbei sind standardisierte neuropsychologische Testverfahren zur Quantifizierung <strong>der</strong><br />
kognitiven Einschränkungen hilfreich. Weiterhin ist eine <strong>aus</strong>führliche körperliche<br />
Untersuchung unter Einbeziehung eines neurologischen Status obligat. Es folgen<br />
Laboruntersuchungen, denn so kann nach reversiblen Elektrolytstörungen, Vitamin-B12 – o<strong>der</strong><br />
Folsäuremangel, Nieren- o<strong>der</strong> Leberschäden und Infekten gefahndet werden. Die<br />
Medikamente müssen überprüft werden, so können sedierende und anticholinerg wirksame<br />
Präparate sowie Analgetika bereits in niedrigen Dosierungen zu kognitiven<br />
Beeinträchtigungen führen. Eine zerebrale Bildgebung gehört ebenfalls zu einer<br />
Demenzdiagnostik. Entscheidend ist die Differentialdiagnose Demenz versus Delir. Bei einem<br />
Delir handelt es sich um ein akutes, Stunden bis Tage dauern<strong>des</strong> psychiatrisches Syndrom mit<br />
Desorientiertheit, Wahrnehmungstäuschungen und Unruhe o<strong>der</strong> Sedation [13], also um einen<br />
potentiell reversiblen Zustand. Persistieren nun delir<strong>aus</strong>lösende Faktoren, ergibt sich das Bild<br />
einer Demenz. Dieses Bild ist reversibel, solange es nicht zu Hirnzellnekrosen gekommen ist.<br />
Bei richtiger Behandlung kann demnach bei diesen <strong>Patient</strong>en eine weitreichende<br />
Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Leistungsfähigkeit erzielt werden, daher kommt <strong>der</strong> Erkennung jener<br />
Subgruppe eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu.<br />
Zur Pharmakotherapie <strong>der</strong> Demenz sei zunächst anzumerken, dass es sich stets um einen<br />
symptomatischen Ansatz handelt, eine k<strong>aus</strong>ale Therapie ist zum heutigen Zeitpunkt nicht<br />
bekannt. Ziele <strong>der</strong> Behandlung schließen einen Stillstand bzw. eine Verlangsamung <strong>der</strong><br />
Progression ein, unter beson<strong>der</strong>er Beachtung <strong>der</strong> funktionalen Ebene, gefor<strong>der</strong>t wird ein<br />
möglichst langer Erhalt <strong>der</strong> Aktivitäten <strong>des</strong> täglichen Lebens (ADL). Ein weiterer Vorsatz ist<br />
<strong>der</strong> längstmögliche Verbleib in <strong>der</strong> vertrauten Umgebung. Gemäß den Leitlinien <strong>der</strong><br />
Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften ist eine<br />
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dauerhafte medikamentöse Behandlung mit Acetylcholinesterase-Hemmstoffen (Donepezil,<br />
Galantamin, Rivastigmin) evidenzbasierte Therapie <strong>der</strong> ersten Wahl bei <strong>Patient</strong>en mit leichter<br />
bis mittelschwerer Alzheimer-Erkrankung, <strong>der</strong> NMDA-Rezeptoranatgonist Memantine<br />
hingegen ist evidenzbasierte Therapie <strong>der</strong> mittelschweren bis schweren Demenz vom<br />
Alzheimer-Typ. Nootropika sind in <strong>der</strong> Basistherapie <strong>der</strong> Alzheimer-Erkrankung obsolet.<br />
Auch bei <strong>der</strong> Lewy-Körper-Demenz sind Acetylcholinesterase-Hemmstoffe durch<strong>aus</strong><br />
erfolgreich. Bei <strong>der</strong> frontotemporalen Demenz sind nur symptomatische Therapien in Form<br />
von Neuroleptika und Antidepressiva verfügbar. Rivastigmin wird evidenzbasiert bei <strong>der</strong><br />
Demenz infolge einer Parkinson-Erkrankung ordiniert. Die Therapie <strong>der</strong> vaskulären<br />
Demenzen orientiert sich primär an <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> vaskulären Grundkrankheit und <strong>der</strong><br />
vaskulären Risikofaktoren. Aufgrund <strong>der</strong> aktuellen Studien kann die Therapie mit Memantine,<br />
Donepezil, Galantamin o<strong>der</strong> Rivastigmin bei leichten bis mittelschweren Formen<br />
gleichermaßen empfohlen werden, es handelt sich hierbei jedoch um eine off-label-<br />
Behandlung [23]. Darüber hin<strong>aus</strong> müssen selbstverständlich internistische und psychiatrische<br />
Erkrankungen begleitend therapiert werden. Überdies spielen auch nicht-pharmakologische<br />
Ansätze eine bedeutende Rolle.<br />
Fazit<br />
<strong>Der</strong> Verlust <strong>der</strong> geistigen Leistungsfähigkeit stellt für den denkenden Menschen eine immense<br />
Bedrohung dar. Infolge <strong>der</strong> demographischen Entwicklung ist die Zahl <strong>der</strong> Demenzerkrankten<br />
enorm angestiegen, mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung ist weiterhin zu rechnen [25].<br />
Da k<strong>aus</strong>ale Therapiemöglichkeiten den meisten Demenzformen bis zum heutigen Tag fehlen,<br />
kommt <strong>der</strong> Prävention eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. Es ist belegt, dass sowohl körperliche<br />
als auch geistige Aktivitäten bei Personen ohne kognitive Einschränkungen das Risiko <strong>des</strong><br />
Auftretens eines dementiellen Syndroms signifikant senken können. Außerdem sollten kardio-<br />
bzw. zerebrovaskuläre Risikofaktoren, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> arterielle Hypertonus, konsequent<br />
vermieden bzw. behandelt werden [23]. Medikamentöse Therapien <strong>der</strong> Demenz erfolgen<br />
unter kritischer individueller Evaluation <strong>des</strong> Krankheitsverlaufes und werden von nichtmedikamentösen<br />
Behandlungsformen ergänzt.<br />
C Depression<br />
Einleitung<br />
Depressionserkrankungen und depressive Syndrome gehören nach den dementiellen zu den<br />
häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im Alter. Nach den internationalen<br />
Klassifikationssystemen (ICD-10, DSM-IV) werden die Depressionserkrankungen<br />
hinsichtlich ihrer Verlaufscharakteristika (episodisch o<strong>der</strong> chronisch), ihrer Schweregrad-<br />
(leicht, mittel, schwer) und Merkmalscharakteristika (mit o<strong>der</strong> ohne psychotische und<br />
somatische Symptome, unipolar o<strong>der</strong> bipolar) sowie ihrer Auslösebedingungen eingeteilt.<br />
Diese Klassifikationssysteme vermeiden alle ätiologischen Gesichtspunkte, so ist <strong>der</strong> Begriff<br />
endogene Depression obsolet. Vielmehr werden Majordepressionen, Dysthymie,<br />
Anpassungstörungen, organisch-affektive Syndrome und seltene Formen unterschieden [2].<br />
Für eine filigranere Differenzierung wird auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen.<br />
Im Sprachgebrauch ist auf eine korrekte Nomenklatur zu achten, so unterscheidet man<br />
Depressionssymptome von Depressionssyndromen und <strong>der</strong> Depressionserkrankung. Dabei<br />
sind die Symptome wie Traurigkeit und Schlafstörung Teil <strong>des</strong> Syndroms wie beispielsweise<br />
<strong>der</strong> reaktiven Depression. Die Erkrankung wie die Dysthymie ist wie<strong>der</strong>um international<br />
klassifiziert [26]. Die Häufigkeitsverteilung bei <strong>der</strong> Bevölkerungsgruppe <strong>der</strong> über 65jährigen<br />
zeigt 15% <strong>der</strong> in eigenen H<strong>aus</strong>halten lebenden und 40-55% <strong>der</strong> institutionalisierten Personen<br />
mässig depressiv, schwere Depressionserkrankungen finden sich bei 2-3% <strong>der</strong> im<br />
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Nebenwirkungen und <strong>der</strong> drohenden orthostatischen Hypotonie mit konsekutiver Sturz- und<br />
Frakturgefahr verzichtet werden.<br />
Fazit<br />
Aufgrund <strong>der</strong> steigenden Lebenserwartung nehmen auch Symptome und Syndrome <strong>der</strong><br />
Psychopathologie <strong>des</strong> Alterns zu. Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die Vielschichtigkeit und<br />
Intensität <strong>des</strong> Krankheitsbil<strong>des</strong> Depression [3]. Im Senium besteht die Gefahr, daß diese<br />
Erkrankungen wegen ihrer scheinbaren „Flachheit“ in ihrem eigentlichen Schweregrad<br />
verkannt werden und statt<strong>des</strong>sen als körperliche Erkrankung bzw. Multimorbidität<br />
fehlinterpretiert werden [1]. So kommt es zu einer bedauerlichen deutlichen Untertherapie <strong>der</strong><br />
Depression im Alter. In <strong>der</strong> Berliner Altersstudie erhielten lediglich 6-8% <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en mit<br />
einer Depression eine entsprechende medikamentöse Therapie [27]. Es gilt, den<br />
therapeutischen Nihilismus <strong>der</strong> im allgemeinen medikamentös gut zugänglichen Erkrankung<br />
zu vermeiden, auch wenn die Behandlung eines mulimorbiden älteren depressiven <strong>Patient</strong>en<br />
ein hohes Maß an Geduld und Kompetenz erfor<strong>der</strong>t [2].<br />
D Morbus Parkinson<br />
Einleitung<br />
<strong>Der</strong> Begriff „Parkinson-Syndrom“ beschreibt ein Syndrom unterschiedlicher Erkrankungen<br />
mit ähnlichem klinischem Erscheinungsbild. Dabei gehört das folgend erläuterte idiopathische<br />
Parkinson-Syndrom (Morbus Parkinson) zu den degenerativen Erkrankungen <strong>des</strong><br />
extrapyramidalmotorischen Systems und ist in 80-90% <strong>der</strong> Fälle die häufigste Ursache für ein<br />
Parkinson-Syndrom. Es handelt sich um ein chronisch-progredientes hypokinetischhypertones<br />
Syndrom mit den Symptomen Tremor, Rigor, Akinese sowie posturaler<br />
Instabilität und wird von vegetativen Störungen begleitet. Je nach Ausprägung <strong>der</strong><br />
Kardinalsymptome unterscheidet man einen akinetisch-rigiden Typ, bei dem <strong>der</strong> Tremor nur<br />
gering <strong>aus</strong>geprägt ist o<strong>der</strong> gar fehlt, von einem Tremordominanztyp, bei dem <strong>der</strong> Tremor im<br />
Vor<strong>der</strong>grund <strong>der</strong> Klinik steht. Fernerhin kennt man einen Äquivalenztyp mit gleichmäßigem<br />
Ausprägungsgrad <strong>der</strong> Kardinalsymptome [26]. Das idiopathische Parkinson-Syndrom ist mit<br />
einer Prävalenz von etwa einem Prozent <strong>der</strong> über 65jährigen die häufigste neurologische<br />
Erkrankung <strong>des</strong> fortgeschrittenen Lebensalters [13]. Mit Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Altersstruktur ist<br />
auch bei dieser Erkrankung zukünftig mit steigenden Zahlen zu rechnen [23].<br />
Ätiologie und Symptome<br />
Das idiopathische Parkinson-Syndrom geht mit einer Reduktion <strong>des</strong> dopaminergen Inputs von<br />
<strong>der</strong> Substantia nigra in das Striatum infolge einer Reduktion <strong>der</strong> melaninhaltigen Neurone <strong>der</strong><br />
Substantia nigra einher. Die Ursache für diese spezifische Neurodegeneration bleibt bislang<br />
unklar. Eine zytotoxische Wirkung von Radikalen <strong>aus</strong> dem Dopaminstoffwechsel mit Störung<br />
<strong>des</strong> mitochondrialen Energiestoffwechsels wird als Ursache postuliert [13]. In <strong>der</strong> Folge führt<br />
<strong>der</strong> Dopaminmangel aufgrund eines Transmitterungleichgewichtes mit Überwiegen<br />
cholinerger und GABAerger Aktivität zu einer gestörten neuronalen Übermittlung <strong>der</strong><br />
Basalganglien-thalamokortikalen Verbindungen mit Inhibition <strong>der</strong> Willkürmotorik. Die<br />
klinische Manifestation besteht erst dann, wenn mehr als die Hälfte <strong>der</strong> dopaminergen<br />
nigralen Neurone untergegangen sind [1]. Weitere neuropathologische Verän<strong>der</strong>ungen sind<br />
Zellverluste in den noradrenergen und serotonergen Neuronen. Histopathologisch lassen sich<br />
post mortem Lewy-Körper, eosinophile Einschlußkörper, als Zeichen <strong>der</strong> Degeneration in den<br />
Neuronen nachweisen. Bei einem Teil <strong>der</strong> Betroffenen ist eine erbliche Komponente gesichert<br />
[23].<br />
Klinisch ist <strong>der</strong> Parkinsonpatient durch die Kardinalsymptome Akinese, Tremor, Rigor und<br />
posturale Instabilität gezeichnet. Die Bewegungsabläufe wirken insgesamt auffällig<br />
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gebunden. Die <strong>Patient</strong>en bieten häufig ein kleinschrittiges, schlurfen<strong>des</strong> Gangbild mit<br />
Startschwierigkeiten, Vielschrittigkeit beim Drehen und Haltungsstörungen mit Flexion in<br />
Hüfte und Knie mit Propulsions- und Retropulsionstendenz. Dadurch ergibt sich eine<br />
deutliche Sturzgefahr. Vegetative Begleitsymptome wie orthostatische Hypotonie,<br />
Hypersalivation, gastrointestinale Beschwerden infolge <strong>der</strong> verzögerten Magen- und<br />
Darmpassage, Atemstörungen, Seborrhoe und Temperaturdysregulationen sind übliche<br />
Nebenbefunde. Nicht selten sind die <strong>Patient</strong>en von Schluck- und K<strong>aus</strong>törungen sowie<br />
Sprachstörungen betroffen. Ferner sind Schlafstörungen und Schmerzen beim idiopathischen<br />
Parkinsonsyndrom sehr häufig. Min<strong>des</strong>tens 40% <strong>der</strong> Parkinsonpatienten leiden zumin<strong>des</strong>t<br />
phasenweise im Verlauf ihrer Erkrankung unter Depressionen und Ängsten. Dementielle<br />
Syndrome wie<strong>der</strong>um werden bei etwa einem Viertel <strong>der</strong> betroffenen <strong>Patient</strong>en beobachtet [1].<br />
Dabei ist zu beachten, dass <strong>der</strong> Morbus Parkinson koinzidentiell o<strong>der</strong> durch Fortschreiten <strong>der</strong><br />
parkinsonspezifischen Neurodegeneration mit einem dementiellen Syndrom einhergehen<br />
kann. Nicht wenige Betroffene entwickeln im Verlauf <strong>der</strong> Erkrankung produktiv psychotische<br />
Symptome, welche in <strong>der</strong> Regel Begleiterscheinungen <strong>der</strong> Langzeitmedikation mit L-Dopa<br />
und Dopaminagonisten sind [1].<br />
Diagnostik und Therapie<br />
Die Diagnose <strong>der</strong> Parkinson-Krankheit wird klinisch gestellt, we<strong>der</strong> laborchemische noch<br />
üblich zugängige bildgebende Verfahren können die Diagnose eines Morbus Parkinson<br />
beweisen. Hinweise können funktionelle nuklearmedizinische Verfahren wie PET und<br />
SPECT liefern. Die Diagnostik umfasst die <strong>aus</strong>führliche Eigen- und Fremdanamnese und die<br />
körperliche Untersuchung unter beson<strong>der</strong>er Beachtung <strong>des</strong> neurologischen Status. Min<strong>des</strong>tens<br />
einmal sollte eine zerebrale Bildgebung (CT o<strong>der</strong> MRT) im Rahmen <strong>der</strong> Basisdiagnostik<br />
erfolgen [23], hier können strukturelle Ursachen für ein Parkinson-Syndrom erkannt werden.<br />
Ein Parkinson-Syndrom wird diagnostiziert, wenn eine Akinese vorliegt und von entwe<strong>der</strong><br />
einem muskulären Rigor, einem Ruhetremor von 4-6 Hz o<strong>der</strong> einer posturalen Instabilität<br />
begeleitet wird [23]. Ausszuschließen sind weitere Ursachen für das Vorliegen eines<br />
Parkinson-Syndroms, so ist nach weiteren neurodegenerativen Erkrankungen, die das Bild<br />
eines Morbus Parkinson vortäuschen, zu fahnden, weiterhin gilt es, symptomatische<br />
Parkinson-Syndrome zu erkennen. Hier sei auf unerwünschte Nebenwirkungen von<br />
Neuroleptika, Antiemetika und Kalziumantagonisten hingewiesen, aber auch metabolische<br />
Ursachen aufgrund von Stoffwechselerkrankungen (Morbus Wilson) sind als Ursache<br />
beschrieben. Neurodegenerative Erkrankungen wie die Chorea Huntington, die<br />
Multisystematrophie, die Lewy-Körper-Demenz und die Demenz vom Alzheimer-Typ können<br />
wie ein Parkinson-Syndrom imponieren. Auch die subkortikale arteriosklerotische<br />
Enzephalopathie (Morbus Binswanger) und <strong>der</strong> Normaldruckhydrozephalus können ein<br />
Parkinson-Syndrom imitieren. Ein einseitiger Beginn und/o<strong>der</strong> eine persistierende<br />
Asymmetrie im Krankheitsverlauf sowie ein eindeutig positives Ansprechen auf L-Dopa<br />
bekräftigen die Diagnose <strong>des</strong> Morbus Parkinson. Eine klinische Stadieneinteilung erfolgt<br />
mithilfe internationaler Klassifikationssysteme.<br />
Eine medikamentöse Therapie ist dann zu beginnen, wenn <strong>der</strong> <strong>Patient</strong> in seinen täglichen<br />
Aktivitäten subjektiv o<strong>der</strong> objektiv beeinträchtigt ist [3]. Evidenzbasiert erfolgt die<br />
medikamentöse Therapie bei Parkinsonpatienten unter 70 Jahren ohne wesentliche<br />
Komorbidität mit einem Dopamin-Agonisten. Bei unzureichen<strong>der</strong> Wirkung einer<br />
Monotherapie wird zur weitergeführten Agonistentherapie eine Kombinationstherapie mit L-<br />
Dopa eingeleitet. <strong>Patient</strong>en über 70 Jahre o<strong>der</strong> <strong>multimorbide</strong> <strong>Patient</strong>en werden solange als<br />
möglich mit L-Dopa monotherapiert [23]. Die Medikation mit L-Dopa erfolgt natürlich<br />
immer in Kombination mit einem peripheren Decarboxylasehemmer. Zur medikamentösen<br />
Beherrschung von Wirkungseinschränkungen, Wirkungsfluktuationen, Komplikationen und<br />
Begleiterkrankungen verweisen wir auf die entsprechende Fachliteratur. Die Progression <strong>der</strong><br />
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Erkrankung kann durch die medikamentöse Therapie wohl nicht aufgehalten werden, eine gut<br />
gelungene Medikamenteneinstellung bewirkt jedoch über Jahre eine erhebliche Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Lebensqualität [1]. Die pharmakologische Therapie sollte von physio- und<br />
ergotherapeutischen sowie neuropsychologischen Maßnahmen wie auch psychosozialer<br />
Unterstützung begleitet werden.<br />
Fazit<br />
Die sukzessiv abnehmende Selbständigkeit <strong>des</strong> Parkinsonpatienten stellt eine große<br />
interdisziplinäre Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung dar. Für die individuelle Behandlungsstrategie ist nicht nur<br />
eines <strong>der</strong> Symptome entscheidend, son<strong>der</strong>n ihre Summe, die die Lebensqualität <strong>des</strong><br />
betroffenen <strong>Patient</strong>en und seines Umfel<strong>des</strong> bestimmt [26]. Dabei ist zu beachten, dass bei<br />
älteren Parkinsonpatienten insgesamt mit einem schlechteren Ansprechen auf die Medikation<br />
zu rechnen ist, außerdem sind <strong>der</strong> Therapie Grenzen gesetzt, da bei den Betagten ein hohes<br />
Risiko besteht, unter <strong>der</strong> Antiparkinson-Medikation psychotische Begleitsymptome zu<br />
entwickeln. Aus diesem Grund erfor<strong>der</strong>t die Therapie <strong>der</strong> an Morbus Parkinson erkrankten<br />
geriatrischen <strong>Patient</strong>en ein hohes Maß an Kompetenz.<br />
7. Ophthalmologische Erkrankungen<br />
Einleitung<br />
Das menschliche Auge gilt als Indikator <strong>des</strong> körperlichen Alterns und <strong>des</strong><br />
Gesundheitszustan<strong>des</strong> eines Individuums. Kein an<strong>der</strong>es Organ <strong>des</strong> Körpers vereint eine <strong>der</strong>art<br />
vergleichbare Vielfalt unterschiedlich differenzierten Gewebes auf engstem Raum. Dabei<br />
eröffnet das Auge leicht zugängliche Betrachtungs- und Untersuchungsmöglichkeiten von<br />
repräsentativen Geweben <strong>des</strong> menschlichen Körpers [1].<br />
Physiologische Alterungsprozesse<br />
Unabhängig von Erkrankungen beeinträchtigt allein <strong>der</strong> physiologische Alterungsprozeß das<br />
Sehen per se. Hierbei sei das Nachlassen <strong>der</strong> Akkomodation infolge <strong>des</strong> Verlustes <strong>der</strong><br />
Eigenelastizität <strong>der</strong> Augenlinse, also die Entwicklung einer Presbyopie, erwähnt. Dieser<br />
Prozeß beginnt bereits mit 45 Jahren und ist mit 55 bis 60 Jahren abgeschlossen. Parallel dazu<br />
steigt die Blendungsempfindlichkeit, während die Dämmerungssehschärfe abnimmt. Die<br />
Ursachen sind in Trübungen <strong>der</strong> brechenden Medien, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Linse, zu suchen.<br />
Bezüglich <strong>der</strong> Tränenfilmmenge ist von einer Reduktion, bezüglich <strong>der</strong> Zusammensetzung <strong>der</strong><br />
Tränenflüssigkeit von einer Abnahme <strong>der</strong> antimikrobiellen Bestandteile zu berichten [4,5],<br />
was ist als Folge von Alterungsprozessen <strong>des</strong> Drüsenparenchyms zu erklären ist [6]. Infolge<br />
von Strukturverdichtungen <strong>des</strong> Glaskörpers werden sich synchron zur Blickexkursion<br />
bewegende Verdichtungen, sog. „Mouches volantes“ (fliegende Mücken) wahrgenommen [1].<br />
Überdies entwickelt sich infolge einer Dehiszenz o<strong>der</strong> Desinsertion <strong>der</strong> Aponeurose und <strong>des</strong><br />
Lidhebers die Altersptosis, das Hängen <strong>des</strong> Oberli<strong>des</strong>, welches zu<br />
Gesichtsfeldeinschränkungen führen kann.<br />
Spezifische Erkrankungen<br />
Zu den wichtigsten Erkrankungen, die im Alter zu einer Sehmin<strong>der</strong>ung bis hin zur Erblindung<br />
führen, gehören: die Katarakt, das Glaukom, Gefäßerkrankungen <strong>der</strong> Netzhaut und <strong>des</strong><br />
Sehnerven sowie die altersbedingte Makuladegeneration. Letztere gilt als Hauptursache für<br />
den schweren zentralen Sehverlust jenseits <strong>des</strong> 50. Lebensjahres, dabei ist die Ätiologie<br />
multifaktoriell, man kennt eine exsudative sowie eine nicht-exsudative Form in verschiedenen<br />
Stadien. Auch die Gefäßerkrankungen <strong>der</strong> Netzhaut und <strong>des</strong> Sehnervs gehören zu den<br />
typischen Alterserkrankungen <strong>des</strong> Auges, es werden sowohl arterielle als auch venöse<br />
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Verschlüsse beschrieben. Arteriosklerotische Gefäßverän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Netzhautgefäße, wie<br />
<strong>der</strong> sog. Fundus hypertonicus, liefern Hinweise auf <strong>der</strong>artige Modifikationen in an<strong>der</strong>en<br />
Organen. Als Komplikation eines Diabetes mellitus entwickeln <strong>Patient</strong>en eine diabetische<br />
Retinopathie, dabei kommt es infolge <strong>des</strong> Insulinmangels zu einer Mikroangiopathie mit<br />
konsekutiver Ausbildung von Mikroaneurysmen und umschriebenen Ischämien. Die<br />
dritthäufigste Erblindungsursache in <strong>der</strong> westlichen Welt stellt das Glaukom dar. Hier führt<br />
ein Zusammenspiel <strong>aus</strong> Augeninnendruck, Sehnervendurchblutung und Blutdruck zu einer<br />
Atrophie von Sehnervenfasern mit resultieren<strong>der</strong> Gesichtsfeldeinschränkung. Verschiedene<br />
Glaukomformen sind beschrieben. Die Katarakt, eine im Alter zunehmende Linsentrübung,<br />
wird zusätzlich begünstigt durch Risikofaktoren wir Stoffwechselerkrankungen,<br />
Entzündungen o<strong>der</strong> Traumen. Bei merklicher Einschränkung <strong>der</strong> Lebensqualität besteht die<br />
Indikation zur Implantation einer Intraokularlinse, die sog. Katarakt-Operation. Dabei handelt<br />
es sich um den häufigsten in den wohlhabenden Län<strong>der</strong>n vorgenommenen chirurgischen<br />
Eingriff [3]. Weitere mit dem Alter auftretende Pathologien betreffen auch den Glaskörper.<br />
So nimmt das Volumen <strong>des</strong> gelartigen Anteils im Laufe <strong>des</strong> Lebens ab. Konsekutiv<br />
versursacht dieser Volumenverlust eine hintere Glaskörperabhebung, die zu einer<br />
Netzhautablösung führen kann. Weiterhin kann es zu unphysiologischen Glaskörpertrübungen<br />
infolge Einlagerung von Kalkseifen, oftmals assoziiert mit Diabetes mellitus o<strong>der</strong><br />
Hypercholesterinämie, o<strong>der</strong> Glaskörpereinblutungen unterschiedlicher Genese kommen.<br />
Häufig sieht man bei älteren <strong>Patient</strong>en spontan o<strong>der</strong> nach minimalen Gewebsbelastungen<br />
flächige subkonjunktivale Blutungen, ein sog. Hyposphagma, welches sich spontan resorbiert.<br />
Dies tritt oftmals bei oral antikoagulierten <strong>Patient</strong>en auf, dennoch sollte ein arterieller<br />
Hypertonus <strong>aus</strong>geschlossen werden. <strong>Der</strong> Arcus lipoi<strong>des</strong>, eine durch Lipideinlagerungen in <strong>der</strong><br />
Peripherie <strong>des</strong> Hornhautstromas scharf begrenzte Zone, ist eine <strong>der</strong> häufigsten<br />
Altersverän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Hornhaut und kann bei Manifestation im mittleren Lebensalter ein<br />
Hinweis auf Lipidstoffwechselstörungen sein. Im Rahmen eines inkompletten, mitunter<br />
fehlenden Lidschlages, beispielsweise infolge einer Fazialisparese nach apoplektischem<br />
Insult, kann es durch den fehlenden protektiven Mechanismus zu Hornhautulzera mit<br />
konsekutiv schweren, bis zur Perforation <strong>des</strong> Auges führenden Komplikationen kommen [1].<br />
Auch neuroophthalmologische Bil<strong>der</strong> spielen in <strong>der</strong> Geriatrie eine bedeutende Rolle, hier<br />
seien die Amaurosis fugax, eine kurzfristige hochgradige Sehherabsetzung als Folge einer<br />
Perfusionsstörung von Sehnerv o<strong>der</strong> Netzhaut, die akute Hemianopsie aufgrund eines<br />
Infarktes <strong>der</strong> hinteren Zerebralarterien o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Basiliararterie sowie akute Doppelbil<strong>der</strong><br />
infolge zerebraler Ischämien, Schwellungen, Blutungen o<strong>der</strong> Neuropathien <strong>der</strong> Hirnnerven<br />
genannt [3].<br />
Fazit<br />
Viele <strong>der</strong> genannten Erkrankungen bedürfen einer frühzeitigen Erfassung sowie Prävention<br />
weiterer Schädigung. Wirksame Behandlungsverfahren zur Vermeidung einer Erblindung<br />
sind für die einzelnen Krankheitsbil<strong>der</strong> bekannt. Sollte es dennoch zu nicht mehr<br />
beeinflussbaren, bleibenden Seheinschränkungen kommen, stehen eine Vielzahl von<br />
Hilfsmitteln zur Verfügung. Diese umfassen vergrößernde Sehhilfen, Lupen,<br />
Bildschirmsysteme und akustisch unterstützende Maßnahmen. Solange es <strong>der</strong> kognitive Status<br />
<strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en erlaubt, müssen diese Möglichkeiten <strong>aus</strong>geschöpft werden. Zielsetzungen dabei<br />
sind die Minimierung <strong>der</strong> Sturzgefahr sowie die längstmögliche Unabhängigkeit in den<br />
Aktivitäten <strong>des</strong> täglichen Lebens. Die ganzheitliche <strong>Sicht</strong> und Behandlung in <strong>der</strong> Geriatrie<br />
erfor<strong>der</strong>t somit auch die Einbindung ophthalmologischer Gesichtspunkte, denn <strong>der</strong> Erhalt <strong>des</strong><br />
Sehvermögens ist entscheidend für die Kommunikationsfähigkeit <strong>des</strong> Menschen [2].<br />
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8. Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen<br />
Einleitung<br />
Bei <strong>der</strong> Betreuung älterer Menschen muß auch den Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen<br />
grundlegende Beachtung altersspezifischer Beson<strong>der</strong>heiten gegeben werden. Dabei spielen<br />
neben Tumoren und Infektionen beson<strong>der</strong>s Erkrankungen <strong>des</strong> Hör- und<br />
Gleichgewichtsorganes mit weitreichenden Folgen eine bedeutende Rolle [1]. Diese<br />
Krankheiten können wie<strong>der</strong>um partiell an <strong>der</strong> Entstehung geriatrischer Syndrome wie<br />
Immobilität und Instabilitiät mit konsekutiver Sturzgefahr beteiligt sein.<br />
Schwindel und Gleichgewichtsstörungen<br />
Von wichtiger Bedeutung ist die nachlassende Funktion <strong>des</strong> Gleichgewichtssinnes im Alter.<br />
Durch degenerative Verän<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> peripheren und zentralen vestibulären Systems und<br />
<strong>der</strong> propriozeptiven und visuellen Regelkreise kommt es zu Schwindel mit konsekutiver<br />
Unsicherheit und Fallneigung. Außerdem werden Dekonditionierungsprozesse aufgrund<br />
zunehmen<strong>der</strong> Immobilität einhergehend mit einer Abnahme <strong>der</strong> Muskelmasse mit für die<br />
Entwicklung von Schwindel verantwortlich gemacht.<br />
Schwindel ist das am häufigsten beklagte Symptom bei über 75jährigen Personen. Neben <strong>der</strong><br />
physiologisch nachlassenden Funktion <strong>des</strong> Gleichgewichtssinnes gibt es mannigfaltige<br />
Ursachen für Schwindel. Einer <strong>der</strong> häufigsten Auslöser ist <strong>der</strong> benigne paroxysmale<br />
Lagerungsschwindel [7]. Die Schwindelepisode dauert bis zu 30 Sekunden und tritt bei<br />
Lageverän<strong>der</strong>ungen auf [8]. Ursächlich dafür scheint abgelöstes Otolithenmaterial im<br />
Bogengangslumen zu sein, welches bei Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Körperposition eine überproportionale<br />
Endolymphströmung bewirkt. Unterstützend bei dieser sich auch meist nach einigen Wochen<br />
selbstlimitierenden Symptomatik wirken sog. Befreiungsmanöver. Zerebrovaskuläre<br />
Ursachen für Schwindel sind vielfältig, dabei seien stellvertretend die TIA, die Karotisstenose<br />
sowie zerebrale Ischämien genannt. Weiterhin sind <strong>der</strong> akute einseitige Vestibularis<strong>aus</strong>fall,<br />
meist als Folge eines entzündlichen Geschehens sowie <strong>der</strong> Morbus Menière mit<br />
Endolymphhydrops aufgrund gestörter Elektrolytzusammensetzung schwindel<strong>aus</strong>lösend,<br />
außerdem kennt man neurologische Ursachen wie den apoplektischen Insult und den Morbus<br />
Parkinson, metabolische Gründe wie Hypo- und Hyperglykämien sowie Hyperventilation,<br />
kardiale Auslöser wie Herzrhythmusstörungen und zervikal bedingten Schwindel.<br />
Psychiatrische Erkrankungen wie somatisierte Depressionen und Angstneurosen sind zudem<br />
bekannt. Insbeson<strong>der</strong>e muß auf unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten<br />
hingewiesen werden, hier seien Tranquilizer, Antihypertensiva, Antikonvulsiva und<br />
Aminoglykosid-Antibiotika stellvertretend genannt.<br />
Findet sich trotz gründlicher Abklärung keine klare Ursache für die Schwindelsymptomatik,<br />
spricht man von Presbyvertigo, Altersschwindel. Dabei handelt es sich um einen<br />
multifaktoriell bedingten Schwindel, <strong>der</strong> durch Verschlechterung <strong>des</strong> Visus, vermin<strong>der</strong>te<br />
Tiefensensibilität und Verän<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> Vestibularorgans bedingt ist [3].<br />
Synkopen<br />
Als Synkope bezeichnet man einen plötzlichen, Sekunden bis Minuten dauernden und spontan<br />
reversiblen Bewusstseins- und Tonusverlust infolge einer zerebralen Min<strong>der</strong>perfusion, <strong>der</strong><br />
nicht traumatisch o<strong>der</strong> durch Anfälle verursacht ist [3]. Synkopen kommen im Vergleich zum<br />
Symptom Schwindel seltener vor. Bei über 65jährigen treten Synkopen mit einer jährlichen<br />
Häufigkeit von 6% auf [3]. Erstmalig aufgetretene Synkopen bei Älteren sind stets ernst zu<br />
nehmende Ereignisse und bedürfen interdisziplinärer Diagnostik. Differentialdiagnostisch<br />
kommen autonom-nerval vermittelte Synkopen wie z.B. vasovagale Synkopen o<strong>der</strong> viszerale<br />
Reflexsynkopen bei Husten und Defäkation sowie Synkopen infolge orthostatischer<br />
Hypotonie bei Volumenmangel o<strong>der</strong> autonomer Neuropathie in Betracht. Überdies werden<br />
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zerebrovaskuläre Synkopen bei einem Schlaganfall beobachtet. Seltener bei Senioren sieht<br />
man kardiogen verursachte Synkopen infolge von Herzrhythmusstörungen o<strong>der</strong> mechanischer<br />
Obstruktion bei Klappenvitien. Auch hier muß bei <strong>der</strong> Diagnostik ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk<br />
auf möglicherweise <strong>aus</strong>lösende Medikamente gelegt werden, Diuretika, Antihypertensiva und<br />
Antiarrhythmika bzw. auch <strong>der</strong>en Kombination sind zu beachten [3]. Krampfanfälle müssen<br />
von Synkopen abgegrenzt werden.<br />
Schwerhörigkeit<br />
Die Schwerhörigkeit <strong>des</strong> Alters, die sog. Presbyakusis, ist die altersentsprechende Min<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> auditorischen Leistung, ursächlich hierfür wirken wahrscheinlich verschiedene Faktoren<br />
zusammen: Mangeldurchblutung <strong>des</strong> Innenohres, gelegentliche Lärmbelastung, ototoxische<br />
Medikamente und Stoffwechselerkrankungen. Mit fortschreitendem Lebensalter ist auch die<br />
Sprachverständlichkeit zunehmend erschwert. Epidemiologische Studien schätzen, dass<br />
zwischen 25% und 40% <strong>der</strong> über 65jährigen eine Hörstörung aufweist. Bei über 90jährigen<br />
liegt <strong>der</strong> Anteil bei etwa 90% [9]. Aufgrund <strong>der</strong> zunehmenden Lärmbelastung muß von einer<br />
Zunahme <strong>der</strong> altersbegleitenden Schwerhörigkeit beson<strong>der</strong>s im Hochtonbereich bei immer<br />
jüngeren Menschen <strong>aus</strong>gegangen werden, ein Problem, dem auch <strong>aus</strong> gesundheitspolitischer<br />
<strong>Sicht</strong> eine nicht unerhebliche Bedeutung zukommt.<br />
Durch den Verlust <strong>der</strong> Hörwahrnehmung ist <strong>der</strong> Mensch in <strong>der</strong> Kommunikation mit seiner<br />
Umwelt beeinträchtigt, hier seien Warngeräusche erwähnt, welche Wahrnehmungen<br />
außerhalb <strong>des</strong> optischen Fel<strong>des</strong> vermitteln. Unversorgte Schwerhörigkeit kann zudem zu<br />
vermehrter Desorientierung und Unaufmerksamkeit führen. In <strong>der</strong> Folge <strong>des</strong> sich<br />
entwickelnden eingeschränkten Dialogs mit <strong>der</strong> Umwelt kommt es oftmals zum Rückzug <strong>des</strong><br />
Betroffenen <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft. Hörgeräte können bei vielen <strong>Patient</strong>en die Hörfähigkeit<br />
verbessern, werden jedoch zumeist verspätet eingesetzt und sind für geriatrische <strong>Patient</strong>en in<br />
<strong>der</strong> Handhabung häufig schwierig. Daher sollte sich die Versorgung in erster Linie an den<br />
Bedürfnissen und Fähigkeiten <strong>des</strong> <strong>Patient</strong>en orientieren [1].<br />
Fazit<br />
Auch bei <strong>der</strong> Reflexion <strong>der</strong> Hals-Nasen-Ohren-Erkrankungen <strong>des</strong> alternden Menschen<br />
spiegelt sich die allumfassende Betrachtung mit <strong>der</strong> multiprofessionellen Herangehensweise<br />
in <strong>der</strong> Geriatrie wi<strong>der</strong>.<br />
Schwindel ist ein differentialdiagnostisches Chamäleon. Bei den betroffenen <strong>Patient</strong>en kann<br />
es zur Verschlechterung <strong>der</strong> Mobilität mit zunehmenden Einbußen in den Aktivitäten <strong>des</strong><br />
täglichen Lebens und Zunahme <strong>der</strong> Sturzgefahr führen. Dabei kann <strong>der</strong> Schwindel sowohl<br />
Ursache als auch Folge <strong>des</strong> Mobilitätsverlustes sein. Rehabilitative Maßnahmen wie<br />
Bewegungs- und Lagerungstherapie nehmen neben entsprechen<strong>der</strong> Hilfsmittelverordnung zur<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Gangsicherheit und Reduktion <strong>der</strong> Sturzgefahr einen sehr wichtigen Platz<br />
ein.<br />
Synkopen bedürfen aufgrund ihrer potentiell vital bedrohlichen Komplikationen einer<br />
umgehenden Abklärung. Bei über 50% <strong>der</strong> <strong>Patient</strong>en führen Anamnese, körperliche<br />
Untersuchung und Ruhe-EKG als Basisdiagnostik zur Klärung <strong>der</strong> Genese. Die Therapie<br />
richtet sich jeweils nach <strong>der</strong> zugrundeliegenden Ursache.<br />
Ältere Menschen mit Presbyakusis erfahren einen deutlichen Verlust <strong>der</strong> Lebensqualität. Hier<br />
gilt es, individuelle Bewältigungsstrategien zu finden.<br />
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