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Grenzgänger 25 - Erzgebirgsverein Zinnwald-Georgenfeld

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Hohn, wurde in ahnungslose friedliche Menschen<br />

geschossen in einem wahnsinnigen Todesreigen, dem<br />

fast 200 unschuldige Menschen zum Opfer fielen. Der<br />

Gipfel der Grausamkeit aber wurde erreicht, als in die<br />

blutige Ernte auf dem Stadtpflaster Kaadens noch<br />

immer hineingeschossen wurde, wenn sich ein<br />

Verwundeter retten wollte. Nach kaum einer Minute<br />

war dieses Trauerspiel zu Ende. Das es sich hier um<br />

eine maßlos aufgepeitschte Soldateska handelte,<br />

beweist auch der Umstand, das den in ihre Häuser<br />

flüchtenden Bewohnern in der Heiligengasse, in der<br />

unteren Wassergasse und hinter dem Postamt noch<br />

nachgeschossen wurde. Der Speisesaal im Hotel<br />

Sonne, wohin man eine größere Anzahl<br />

Schwerverwundeter und auch Tote gebracht hatte,<br />

glich einem Feldlazarett. Am Billard und auf allen<br />

Tischen lagen Verwundete und Sterbende. Dasselbe<br />

Bild boten die städtische Polizeiwachstube, die<br />

Dekanalkirche und andere Häuser am Ringplatz, die in<br />

Nächstenliebe sofort ihre Tore geöffnet hatten. 20 Tote<br />

wurden vom Platz getragen oder verschieden kurz<br />

nach der Katastrophe, denen um einiges später von<br />

den Schwerverwundeten noch 8 Menschen folgten.<br />

Schon am Mittwochnachmittag hielt die<br />

Gemeindevertretung unter Vorsitz von Bürgermeister<br />

Hergl eine Trauersitzung ab, auf welcher Stadtrat<br />

Görgner die Traueransprache hielt. Zur selben Zeit<br />

langte in Kaaden eine Kompanie Legionäre von Pilsen<br />

ein, die hier nun den Garnisionsdienst zu versehen<br />

hatten. Aber auch Oberst Koppstein, ein den Kaadnern<br />

gut bekannter Offizier, erschien zur Untersuchung<br />

dieser traurigen Vorfälle. Am 5. März hatte sich in<br />

Kaaden ein „Fürsorge-Ausschuss der 4. Märzopfer<br />

1919“ gebildet, an dessen Spitze Josef Loos und Josef<br />

Jurmann standen. Wegen der bestehenden Sperre<br />

und der tschechischen Postzensur wurde Josef<br />

Jurmann vom Stadtrat beauftragt, den Protest und den<br />

Bericht über den Kaadner Bluttag an die deutschböhmische<br />

Landesregierung in Wien heimlich über die<br />

Grenze zu bringen und über ein reichsdeutsches<br />

Postamt befördern zu lassen.<br />

Das gemeinsame Grab der Kaadener Toten<br />

vom 4. März 1919<br />

Am Samstag, den 8. März, um 10 Uhr, fand die<br />

Bestattung der Kaadner Märzgefallenen in einem<br />

Ehrengrabe der Stadt unter Beteiligung sämtlicher<br />

Vereine und einer großen Menge statt. Schon die<br />

ersten Frühzüge brachten Trauergäste aus Stadt und<br />

Land. Auch Vertreter sämtlicher Gemeinden des<br />

Duppauer Bezirkes sowie die Schüler der letzten<br />

beiden Klassen des Duppauer Obergymnasiums mit<br />

ihren Professoren nahmen an dieser Trauerfeier teil.<br />

Nach der Einsegnung durch die Geistlichkeit der<br />

beiden Konfessionen sprachen am offenen Grabe<br />

Worte des Trostes, aber auch der bitteren Anklage<br />

Bürgermeister Hergl, Hauptschriftleiter Czermak aus<br />

Teplitz, Stadttierarzt Sturm aus Kaaden, Abgeordneter<br />

Wüst und Richard Stumpe, sowie Frau Kammerrat<br />

Josefine Weber aus Klösterle, die selbst den Verlust<br />

einer 19-jährigen Nichte betrauerte.<br />

Mit dem Chor „Grabesruhe“, vorgetragen vom Kaadner<br />

Männergesangsverein, schloß die erhebende<br />

Trauerfeier. Erst jetzt wurde auch die nach Tausenden<br />

zählende, vor dem Friedhofseingang harrende Menge<br />

zu dem Grabe zugelassen, in welches Blume um<br />

Blume, Träne um Träne, aber auch Fluch um Fluch<br />

über die Mörder dieser schuldlosen Opfer fiel …<br />

Der Winter 2012/13 - oft ohne Schnee und Sonne ...<br />

Bildimpressionen von Stefan Herold aufgenommen am 31.1.2013 zwischen Krásná Lípa/Schönlind –<br />

Přebuz/Frühbuß und Rolava/Sauersack<br />

<strong>Grenzgänger</strong> Nr. <strong>25</strong> April 2013 Seite 26

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