Hohn, wurde in ahnungslose friedliche Menschen geschossen in einem wahnsinnigen Todesreigen, dem fast 200 unschuldige Menschen zum Opfer fielen. Der Gipfel der Grausamkeit aber wurde erreicht, als in die blutige Ernte auf dem Stadtpflaster Kaadens noch immer hineingeschossen wurde, wenn sich ein Verwundeter retten wollte. Nach kaum einer Minute war dieses Trauerspiel zu Ende. Das es sich hier um eine maßlos aufgepeitschte Soldateska handelte, beweist auch der Umstand, das den in ihre Häuser flüchtenden Bewohnern in der Heiligengasse, in der unteren Wassergasse und hinter dem Postamt noch nachgeschossen wurde. Der Speisesaal im Hotel Sonne, wohin man eine größere Anzahl Schwerverwundeter und auch Tote gebracht hatte, glich einem Feldlazarett. Am Billard und auf allen Tischen lagen Verwundete und Sterbende. Dasselbe Bild boten die städtische Polizeiwachstube, die Dekanalkirche und andere Häuser am Ringplatz, die in Nächstenliebe sofort ihre Tore geöffnet hatten. 20 Tote wurden vom Platz getragen oder verschieden kurz nach der Katastrophe, denen um einiges später von den Schwerverwundeten noch 8 Menschen folgten. Schon am Mittwochnachmittag hielt die Gemeindevertretung unter Vorsitz von Bürgermeister Hergl eine Trauersitzung ab, auf welcher Stadtrat Görgner die Traueransprache hielt. Zur selben Zeit langte in Kaaden eine Kompanie Legionäre von Pilsen ein, die hier nun den Garnisionsdienst zu versehen hatten. Aber auch Oberst Koppstein, ein den Kaadnern gut bekannter Offizier, erschien zur Untersuchung dieser traurigen Vorfälle. Am 5. März hatte sich in Kaaden ein „Fürsorge-Ausschuss der 4. Märzopfer 1919“ gebildet, an dessen Spitze Josef Loos und Josef Jurmann standen. Wegen der bestehenden Sperre und der tschechischen Postzensur wurde Josef Jurmann vom Stadtrat beauftragt, den Protest und den Bericht über den Kaadner Bluttag an die deutschböhmische Landesregierung in Wien heimlich über die Grenze zu bringen und über ein reichsdeutsches Postamt befördern zu lassen. Das gemeinsame Grab der Kaadener Toten vom 4. März 1919 Am Samstag, den 8. März, um 10 Uhr, fand die Bestattung der Kaadner Märzgefallenen in einem Ehrengrabe der Stadt unter Beteiligung sämtlicher Vereine und einer großen Menge statt. Schon die ersten Frühzüge brachten Trauergäste aus Stadt und Land. Auch Vertreter sämtlicher Gemeinden des Duppauer Bezirkes sowie die Schüler der letzten beiden Klassen des Duppauer Obergymnasiums mit ihren Professoren nahmen an dieser Trauerfeier teil. Nach der Einsegnung durch die Geistlichkeit der beiden Konfessionen sprachen am offenen Grabe Worte des Trostes, aber auch der bitteren Anklage Bürgermeister Hergl, Hauptschriftleiter Czermak aus Teplitz, Stadttierarzt Sturm aus Kaaden, Abgeordneter Wüst und Richard Stumpe, sowie Frau Kammerrat Josefine Weber aus Klösterle, die selbst den Verlust einer 19-jährigen Nichte betrauerte. Mit dem Chor „Grabesruhe“, vorgetragen vom Kaadner Männergesangsverein, schloß die erhebende Trauerfeier. Erst jetzt wurde auch die nach Tausenden zählende, vor dem Friedhofseingang harrende Menge zu dem Grabe zugelassen, in welches Blume um Blume, Träne um Träne, aber auch Fluch um Fluch über die Mörder dieser schuldlosen Opfer fiel … Der Winter 2012/13 - oft ohne Schnee und Sonne ... Bildimpressionen von Stefan Herold aufgenommen am 31.1.2013 zwischen Krásná Lípa/Schönlind – Přebuz/Frühbuß und Rolava/Sauersack <strong>Grenzgänger</strong> Nr. <strong>25</strong> April 2013 Seite 26
... doch es gab auch wenige Ausnahmen! Aufnahmen vom 2. März 2013 aus Hřebečná/Herngstererben und Ryžovna/Seifen von U. Möckel <strong>Grenzgänger</strong> Nr. <strong>25</strong> April 2013 Seite 27