Leseprobe

textile crafts and experimental archaeology textilhandwer k und exper imentelle archäologie
Bestandteile des Flachsstengels können verschiedene Wege beschritten
werden, die teilweise an den Textilfasern ablesbar sind.
Anhand von Oberflächenstrukturen können bereits zu diesem
Zeitpunkt bestimmte Arbeitsabläufe ausgeschlossen werden, die
aus der Volkskunde bekannt sind. Den Begriff „Experimentelle
Archäologie“ forschungsgeschichtlich aufzurollen, wäre ein mühseliges
Unterfangen, weil deren ursprüngliche Intention, empirische
Erfahrung zu erlangen, bei der das Handeln von einer wissenschaftliche
Frage und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen
geleitet ist, zeitweise komplett von anderen Kriterien überrollt
wurde. Nicht der detaillierte Wissenszuwachs steht bisweilen im
Mittelpunkt, sondern die anschauliche Präsentation urtümlicher
Techniken, die als Attraktion Museumsbesucher anlockt. Das
Spielfeld zwischen beiden Polen ist weit und wird von unterschiedlichen
Gruppen wie der Archäotechnik oder der Reenactment-
Szene bespielt. Die EXAR, eine europäische Vereinigung zur
Förderung der Experimentellen Archäologie, deren Arbeiten vor
allem Besuchern der Freilichtmuseen zugutekommen, steht
oft genug vor der Schwierigkeit, es den wissenschaftlichen Ansprüchen
und den Museumsbesuchern gleichermaßen recht zu
machen. Die Experimentelle Archäologie, die der Wissenschaft
scope. Different methods can be used to crush those parts of the
flax stalk that contain bast, and to some degree, these techniques
can be deduced from looking at the textile fibres themselves.
An examination of the surface structures can therefore allow the
archaeologist to exclude certain manufacturing methods, at
least if we happen to possess information about them from ethnological
studies. It would be a laborious undertaking to retrace
the history of experimental archaeology, as its original intention of
gaining knowledge and empirical data based on a scientific thesis
and scientific results, is often temporarily or completely modified
by new criteria or intentions. Occasionally, the focus of experimental
archaeology is not the acquisition of detailed knowledge,
but the presentation of ancient techniques, which attract museum
visitors. Here, we find a broad spectrum of different groups
operating under labels like “Archäotechnik” or “re-enactment.”
EXAR, the European Association for the advancement of archaeology
by experiment, whose work is mostly presented to visitors
of open-air museums, is often faced with the difficulty of meeting
both scientific standards and the expectations of museum visitors.
Experimental archaeology based on scientific standards needs
verpflichtet ist, benötigt Ausgangsfragen, die mit den Archäologen
abgesprochen sind. Aufgabe der Experimentellen Archäologie
ist es, über Versuche der archäologischen Wirklichkeit näher zu
kommen. Die Fragestellung kann sich dabei auf die Rekonstruktion
einer einzelnen Technik, der Gewinnung von Rohstoffen
oder auf das Verständnis eines einzelnen Konstruktionselementes
beziehen. Die Versuche müssen auf Ergebnissen der archäologischen
Forschung basieren. Nur die enge Zusammenarbeit zwischen
Archäologie und Experimenteller Archäologie gewährleistet eine
gegenseitige Befruchtung, worunter zu verstehen ist, dass dem
Archäologen in seiner Interpretation bestimmte Grenzen und
Möglichkeiten aufgezeigt werden und die Experimentelle Archäologie
wiederum den kulturellen Wert von Quellen durch die
Konzentration auf diese erschließt. Eine Verfremdung bzw. Verflachung
tritt dann ein, wenn die Ausgangsdaten bezüglich
der Fragestellung ungenau erforscht sind oder wenn durch das
Gesamtbild bei Darstellungen die historischen Quellen nicht
mehr zum Tragen kommen und so nicht mehr erkennbar ist, wo
uns historische Zeugnisse vorliegen und wo nicht. Laien bzw.
Fachfremden wird das Dargestellte als historische Wahrheit präsentiert.
Es darf aber nicht primär die Aufgabe des Lesers oder
questions formulated by archaeologists. It is the task of experimental
archaeology to approach archaeological reality via experimentation,
be it in the form of the reconstruction of a single
technique, the provision of raw materials or the understanding of
a single constructive element. The experiments themselves must
be based on the results of archaeological research. Only the close
cooperation between archaeology and experimental archaeology
guarantees cross-fertilisation, meaning that the archaeologist
learns about the limits and potential feasibility of her or his interpretation,
while experimental archaeology is ideally able to unlock
the cultural significance of archaeological sources, but only by
focusing on the sources, and only the sources. If the data motivating
a question have not been thoroughly investigated or a
generalised representation obscures the actual source material,
with the result that we can no longer distinguish between what
is historical evidence and what is not, alienation or superficial
treatment of the subject matter might be the result. People who
are not familiar with it will perceive its presentation as historical
truth. We cannot expect a reader or an audience to question
the historical accuracy of such a representation, at least not above
Betrachters sein, zu hinterfragen, welche Teile des Dargestellten
historisch belegbar sind. Der Herausgeber bzw. Darsteller muss
klar machen, inwieweit seine Publikation bzw. Präsentation
wissenschaftlichen Methoden und Ergebnissen verpflichtet ist,
oder ob sie in erster Linie das aktuelle Konsumbedürfnis der
Besucher befriedigt, das heißt ob sie der Anschaulichkeit dient
und eher als reine Attraktion zu verstehen ist.
all else. The publication or archaeologist must clarify to what extent
his/her publication or presentation is based on scientific methods
and results, and to what extent it is his/her goal to satisfy the
visitors’ desire for a consumable presentation, i.e., to offer entertainment.
If the alleged experimental archaeology is motivated by the
wish to provide an entertaining presentation, it is no longer experimental
archaeology, but an endeavour that is rooted in popular
Wenn die Triebfeder vermeintlicher „Experimenteller Archäologie“
allein die Anschaulichkeit ist, handelt es sich eben nicht
mehr um Experimentelle Archäologie, sondern um ein populärwissenschaftliches
Unterfangen mit historischen Berührungspunkten,
ähnlich den zahlreichen Kinderbüchern, die sich mit
Burgen, Rittern oder Römern beschäftigen. Solange eine klare
Trennung zwischen populärwissenschaftlichen und wissenschaftlichen
Publikationen besteht, ist dies kein Problem und kann
als Bereicherung für die jeweilige Zielgruppe angesehen werden.
science laced with historical aspects, similar to the vast number of
children’s books about castles, knights or Romans. As long as a
dividing line between popular science publications and scientific
publications exists, there will be no conflict, and both are beneficial
for their respective target audience.
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