Leseprobe - Theiss-Verlag
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Die Arbeitswelt der Handwerker | 11<br />
Der römische Handwerker<br />
in seinem Umfeld<br />
Die Arbeitswelt der Handwerker<br />
Schon in der Antike galt der gerne zitierte Satz, dass<br />
noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Da es<br />
keine Gesellenprüfungen gab, unterschied man nur<br />
zwischen dem unqualifizierten Lehrling (ergátes) und<br />
dem erfahrenen Fachmann (technítes). Seinen Rat<br />
holte man im 3. Jh. bei Grundstücksvermessungen<br />
ebenso ein wie vor anstehenden Bauarbeiten. Sicher<br />
ist diese Praxis trotz fehlender Belege bereits früher<br />
üblich gewesen. Dass der 249/50 n.Chr. in Oxyrhynchos<br />
vor der Vergabe von Reparaturen an öffentlichen<br />
Gebäuden beauftragte Kostenvoranschlag von »gelernten«,<br />
also ausgebildeten und entsprechend erfahrenen<br />
(Bau-)Handwerkern erstellt worden ist, beweist<br />
den Qualitätsanspruch der Meister. Er führte die Gewerke<br />
von Malern, Tünchern, Maurern und Hilfsarbeitern<br />
getrennt auf. Leider bleibt unbekannt, ob ein<br />
Konkurrenzangebot vorlag.<br />
Da ein ungelernte Arbeiter, der in den großen Keramikmanufakturen<br />
sogar an Töpferkollegen weitervermietet<br />
werden konnte, für einfachere Tätigkeiten<br />
bis in die Spätantike rund ein Drittel weniger Lohn<br />
erhielt als ein ausgebildeter Handwerker, schätzte<br />
man eine abgeschlossene Lehre als Grundlage für das<br />
Erwerbsleben sehr hoch ein. Das belegt die Feststellung<br />
von Petronius, dass die Kunstfertigkeit nie sterben<br />
wird (artificium numquam moritur) ebenso wie<br />
eine phrygische Grabinschrift, nach der Eltern ihren<br />
Sohn den Beruf des Steinmetzen erlernen ließen, der<br />
junge Mann seine Lehre aber wohl nicht beenden<br />
konnte. Eine Abrechnung aus Ägypten beziffert sogar<br />
die unterschiedlich hohen Verdienste. Während<br />
die Facharbeiter, die Tünch- und Stuckarbeiten ausführten,<br />
mit einem Einkommen von 16 Drachmen<br />
rechnen konnten, erhielten die ihnen zuarbeitenden<br />
Handlanger für folgende, genau beschriebene Tätigkeiten<br />
als Entgelt:<br />
– Gips brennen, zerstoßen und sieben 2 Drachmen<br />
– Kalk zerkleinern 1 Drachme<br />
– Sand sieben und mit Kalk mischen 1 Drachme,<br />
1 Obole<br />
– Sand, Gips und Kalk mit Wasser anrühren<br />
1 Drachme, 3 Obolen<br />
Trotzdem kannten römische Handwerker grundsätzlich<br />
weder vorgeschriebene Lehrzeiten noch staatlich<br />
überwachte Ausbildungen, auch wenn Quellen mehrfach<br />
Lehrlinge erwähnen, die wohl zumeist in kleineren<br />
und mittleren Betrieben lernten. Sie sind bei so<br />
unterschiedlichen Berufen wie (Leinen-)Webern,<br />
Walkern, Stickern, Nagel- und Kupferschmieden, Flötenspielern,<br />
Bauhandwerkern, Korb- und Mattenflechtern,<br />
Wollkämmern/ Friseuren, Goldschmieden,<br />
Der Ausbildungsvertrag über<br />
die Lehre bei einem »Mumienverschönerer«<br />
legt die Pflichten<br />
der beiden Vertragsparteien<br />
exakt fest. Dazu gehören<br />
Vereinbarungen über Sachleistungen<br />
für den Auszubildenden,<br />
Bestimmungen für<br />
den Krankheitsfall sowie<br />
Regelung von Lohnzahlungen<br />
und Urlaub. © Institut für<br />
Papyrologie, Universität Heidelberg.<br />
Bäckern und Mosaizisten, aber auch bei den Leichenbestattern<br />
bezeugt. Im berühmten Lingonentestament<br />
bestimmte der Erblasser, dass der Garten bei<br />
seinem Grab von drei Gärtnern und deren drei Lehrjungen<br />
gepflegt werden solle. Obwohl erst die spätantike<br />
Gesetzgebung vorschrieb, dass Söhne den Beruf<br />
des Vaters zu erlernen hatten, führten bereits in<br />
der hohen Kaiserzeit Nachkommen oft eine bestehende<br />
Werkstatt weiter. Auch wenn dann viele Handgriffe<br />
von Kindheit an durch spielerisches Nachahmen<br />
erlernt worden sein könnten, setzten bestimmte<br />
Berufe wie der des Töpfers dennoch eine Ausbildung<br />
voraus, weil das Herstellen von Gefäßen auf der Töpferscheibe<br />
außer praktischen Kenntnissen viel Übung<br />
erforderte. So ließen nach zahlreichen Verträgen aus<br />
Ägypten Väter ihre Söhne sogar für das gleiche Gewerbe<br />
außerhalb der eigenen Werkstatt von fremden<br />
Meistern ausbilden, um sie dort anders organisierte<br />
Arbeitsabläufe und neue Verfahren erlernen zu lassen.<br />
Nur selten entstanden allerdings »Schulen« wie<br />
in Aventicum/ Avenches, wo Lehrlinge zu Meistern<br />
wurden und dann selbst wieder Jüngere ausbildeten.<br />
Die von Vepotalus um 15 v.Chr. gegründete Töpferei<br />
führte sein Schüler Villo weiter, bei dem Sabinus lernte.<br />
Als Meister nahm er Pindarus in die Lehre, der<br />
sein Wissen schließlich in vespasianischer Zeit an Iucundus<br />
weitergab.<br />
Ob ein Handwerker für die Ausbildung von Lehrlingen<br />
eine Qualifikation nachweisen musste, entzieht<br />
sich unserer Kenntnis. Auf eine gewisse Sorgfalt<br />
scheint aber geachtet worden zu sein, wenn sich ein<br />
Lehrherr verpflichtete, dem Lehrling »die gesamte<br />
Webkunst« so beizubringen, »wie er sie versteht«. Außerdem<br />
hatte ein Meister, der dies nicht gewissenhaft<br />
tat, mit einer Strafe zu rechnen. Wohl aus diesem<br />
Grund wird die Zusammenarbeit von Meister und<br />
Schüler 77 n.Chr. in Gornea (Armenien) bei einem<br />
Tempelbau ausdrücklich vermerkt, während sie für<br />
die Stuck- oder Mosaikarbeiten an der Villa Farnesina<br />
in Rom oder in Augst anhand unterschiedlicher<br />
Stile nur zu erschließen ist. Insgesamt aber dürfte die<br />
Ausbildung ohne ein festgeschriebenes Curriculum<br />
sehr unterschiedlich und eher unsystematisch geblieben<br />
sein, auch wenn der Flickschneider Euphras aus<br />
Nicomedia in der Grabinschrift für seinen Lehrherrn<br />
Vitalis ausdrücklich betonte, dass er bei diesem Meister<br />
die téchne (Kunst) erlernt habe, die heute die<br />
Grundlage seiner wirtschaftlichen Existenz bilde.<br />
Für die bis zu fünf Jahre dauernde Ausbildung traf<br />
der Lehrherr (magister) mit den Eltern, einem Bruder<br />
oder dem gesetzlichen Vormund des zu diesem<br />
Zeitpunkt noch nicht rechtsfähigen, meist etwa 14<br />
Jahre alten Auszubildenden (discens/discipulus) eine<br />
Vereinbarung, die rechtlich zu den locatio-conductio-<br />
Verträgen zählte und möglicherweise an eine Behörde<br />
gemeldet werden musste. Dabei stellte eine Partei<br />
die Arbeitskraft des Lehrlings zur Verfügung (locatio),<br />
die die andere in vertraglich geregelter Weise nutzte<br />
(conductio). Da für die Ausbildung kein Lehrgeld gezahlt<br />
wurde, konnte der Meister als Gegenleistung in<br />
dieser Zeit über die Arbeitskraft des Lehrlings verfügen.<br />
Deshalb waren Fehlzeiten nach beendeter Lehre<br />
nachzuarbeiten. Manche Meister nutzten dieses Recht<br />
über das zuträgliche Maß hinaus aus, so dass ein als<br />
Lehrbub verdingter Sklave während der Ausbildung<br />
sogar zurück zu seinem Herrn floh. Der Lehrling unterstand<br />
in dieser Zeit der hausväterlichen Gewalt<br />
(potestas) seines Lehrherrn, was das Recht der verbalen<br />
oder körperlichen Strafe einschloss. Aber nur selten<br />
wird es dabei zu einem solch schrecklichen Unfall<br />
gekommen sein wie dem, den der Jurist Ulpian überliefert:<br />
Ein Schuster versetzte seinem Lehrling mit<br />
dem Leisten einen so harten Schlag, dass der Junge<br />
stürzte und dabei ein Auge verlor.<br />
Verschiedene Verträge aus Oxyrhynchos überliefern<br />
weitere Details. Während der gesetzliche Vormund<br />
für Verpflegung und Kleidung des Lehrlings<br />
aufkam, übernahm der Lehrherr für seinen Schüler<br />
oft alle Abgaben, die Gewerbetreibende zahlen mussten.<br />
Sie waren für Minderjährige reduziert und im<br />
frühen 2. Jh. vorübergehend offenbar vollkommen<br />
aufgehoben worden. In einigen Verträgen wurden außerdem<br />
ein nach dem Ausbildungsstand gestaffelter<br />
Monatslohn sowie 16 bis 36 bezahlte Urlaubstage vereinbart.<br />
Dabei genoss ein Lehrling nach juristischen<br />
Quellen durchaus rechtlichen Schutz, denn ihm stand<br />
aufgrund des durch den Lehrvertrag zustande -<br />
gekommenen Rechtsverhältnisses das Klagerecht<br />
gegen die andere Partei zu, das während seiner Minderjährigkeit<br />
allerdings von seinem Vormund wahrgenommen<br />
werden musste. Dazu zählten nicht nur<br />
der Lehrherr, sondern auch die mit Leitungsaufgaben<br />
in der Werkstatt beauftragten magistri und institores<br />
(Stellvertreter), die zumindest zeitweise die Lehrlinge<br />
anleiteten. Ebenso konnten aber auch der Werkstattbesitzer<br />
oder sein Stellvertreter eine Klage gegen den<br />
Lehrling anstrengen.<br />
Lehrlinge, die einige Erfahrung besaßen, konnten<br />
sogar schon mit der Leitung einer Werkstatt beauftragt<br />
werden. Falls sie dabei einen Schaden verursachten,<br />
indem sie z.B. in dem Geschäft eines Walkers<br />
Kleidung falsch aushändigten, wäre nach Ulpian<br />
ein vom Meister beauftragter Geschäftsführer (magister)<br />
dafür nicht haftbar gewesen, ein den Handwerker<br />
vertretender institor dagegen in vollem Umfang.<br />
Am Ende der Lehrzeit könnte nach einem Text aus<br />
dem römischen Ägypten eine Prüfung gestanden ha-
12 | Der römische Handwerker in seinem Umfeld<br />
Die Arbeitswelt der Handwerker |<br />
13<br />
Arbeitern im Weinberg bezeugte mündliche Absprache<br />
zur Beschäftigung ausreichte, wurde wohl lieber<br />
die Schriftform gewählt. Sofern ein Handwerker wie<br />
der in den dakischen Bergwerken tätige L. Ulpius Valerius<br />
Analphabet war, unterzeichnete in seiner Gegenwart<br />
der adiutor (Aufseher) stellvertretend den<br />
Vertrag.<br />
Weil der Arbeiter zumeist von dem Geld leben<br />
musste, das er tagsüber verdient hatte, ist im Alten<br />
Testament die tägliche Abrechung üblich. Dabei<br />
bleibt der bereits nach einer Arbeitsstunde am Tempel<br />
von Jerusalem ausgezahlte Betrag aber sicherlich<br />
die Ausnahme. Cato empfiehlt wegen des schwankenden<br />
Tageslohnes den Gutsbesitzern, für die Bewirtschaftung<br />
Lohnarbeiter anzustellen, die ein red -<br />
emptor (Unternehmer) vermittelte, und sie täglich<br />
nur für die tatsächlich geleistete Arbeit auszubezahlen.<br />
Bei längerfristiger Beschäftigung wird eine Teilzahlung<br />
des Lohnes an festgesetzten, regelmäßig wiederkehrenden<br />
Zeitpunkten (per temporas) vereinbart,<br />
die als allgemein bekannt gelten und daher in keinem<br />
erhaltenen Vertrag näher benannt sind. Vorauszahlungen<br />
auf den Lohn waren im privatwirtschaftlichen<br />
Bereich anders als bei offiziellen Aufträgen nicht üblich.<br />
Dass 201 n.Chr. zwei Handwerker in Oxyrhynchos<br />
18000 Drachmen als Abschlag für die Materialkosten<br />
erhielten, ist wohl mit der Höhe der Summe<br />
zu erklären. Sofern ein Beschäftigter die letzte Rate<br />
seines vertraglich vereinbarten Lohnes nicht pünktlich<br />
ausgezahlt bekam, standen ihm nach drei Tagen<br />
Zinsen von monatlich 1% des Betrages zu, während<br />
für den conductor eine zusätzliche Strafsumme von 5<br />
Sesterzen und 8 Assen anfiel. Nach dem Verstreichen<br />
dieser drei Tage war eine Konventionalstrafe von 25<br />
Denaren zu leisten.<br />
Die im dakischen Alburnus maior/ Roşia Montană<br />
Verespatak mit den Bergarbeitern zwischen dem<br />
6. Februar 131 und dem 29. Mai 167 n.Chr. abgeschlossenen,<br />
auf Wachstafeln (tabellae ceratae) niedergeschriebenen<br />
Arbeitsverträge waren sehr gleichartig<br />
abgefasst. Die beiden einheimischen Pächter<br />
Socratio Socratis und Titus Beusantio beuteten dort<br />
die vom Fiskus gepachteten Gruben mit freien Lohnarbeitern<br />
aus, die sie für eine bestimmte Zeit zu einem<br />
Festlohn und Naturalleistungen anstellten und beliebig<br />
einsetzen konnten. Obwohl gesetzliche Bestimmungen<br />
wie ausreichend Zeit zum Essen und zur<br />
Körperpflege zum Schutz der mercennarii bestanden<br />
und die kaiserliche Verwaltung sogar für die Schulbildung<br />
der Kinder sorgte, trug alleine der Arbeitneh -<br />
mer das Beschäftigungsrisiko. Für die Unternehmer<br />
war ihr Einsatz in den Minen daher weitaus rentabler<br />
als der von Sklaven, für deren gesamten Lebensunter -<br />
halt sie hätten aufkommen müssen. Der Arbeiter verben.<br />
Sie wurde offenbar von einer eigens dazu zusammengerufenen<br />
Kommission aus drei im gleichen<br />
Metier arbeitenden Meistern abgenommen, die einem<br />
Berufsverein angehören mussten. Wenn in Tebtynis<br />
der Vorstand des Webervereins in diesem Zusammenhang<br />
600 Drachmen – an eine offizielle<br />
Stelle? – zahlte, haben vielleicht sogar Vertreter staatlicher<br />
Behörden die Prüfung beaufsichtigt. Dass anschließend<br />
ein Abschlusszeugnis ausgehändigt wurde,<br />
wird oft vorausgesetzt, ist aber nicht belegt. Wie<br />
aber sollte ein Schmied aus Antiocheia in Pisidien,<br />
der auf seiner Grabinschrift ausdrücklich vermerken<br />
ließ, sein Handwerk in Alexandria erlernt zu haben,<br />
seine Behauptung ohne ein Zeugnis belegen?<br />
Nicht nur frei geborene Kinder, sondern auch Jungen<br />
und Mädchen aus dem Sklavenstand sind oft in<br />
mehrjährigen Lehren wohl bevorzugt zu Webern ausgebildet<br />
worden. Eine solche Investition konnte sich<br />
sogar für einen einfachen Gewerbetreibenden lohnen.<br />
Mit den dabei erworbenen handwerklichen Fähigkeiten<br />
ließen sich Sklaven nicht nur zum doppelten<br />
Preis verkaufen, sondern sie konnten auch im<br />
Betrieb ihrer Herren beschäftigt werden oder als institor<br />
(Stellvertreter) eine eigene Werkstatt führen. Sie<br />
gehörte vor einer manumissio (Freilassung) juristisch<br />
zum Vermögen des Herrn, der daher auch für eventuell<br />
entstehende Verbindlichkeiten dieses Geschäftes<br />
aufkommen musste. Sofern der Betrieb aber zum<br />
persönlichen Sondervermögen (peculium) des Sklaven<br />
zählte, hafteten beide gemeinsam.<br />
Viele Handwerker führten keine eigene taberna, sondern<br />
verdingten sich in saisonabhängigen Gewerben<br />
wie dem Bauhandwerk oder dem Schiffsbau als<br />
Lohnarbeiter (mercennarius), wo zeitweise eine größere<br />
Zahl von Arbeitskräften benötigt wurde. Daneben<br />
waren auch Akkord- oder Stückarbeit bekannt,<br />
während in zahlreichen anderen Sparten wie der Textilproduktion<br />
Spinn- und Webaufträge sowie Näharbeiten<br />
dem Bedarf entsprechend bevorzugt im <strong>Verlag</strong>swesen<br />
(s. Kapitel »Heimarbeit [<strong>Verlag</strong>swesen]«)<br />
vergeben worden sind. Vor allem für gefährliche Tätigkeiten<br />
wie dem Tauchen nach Purpurschnecken,<br />
die man zur Herstellung des roten Farbstoffes benötigte,<br />
mietete man Arbeiter häufig an. Noch das diocletianische<br />
Preisedikt kennt im Lohnwerk beschäftigte<br />
Bauarbeiter, Weber, Mosaizisten sowie Ton- und<br />
Gipsformer.<br />
Die Arbeitsverträge der Antike konnten auf unterschiedliche<br />
Weise abgeschlossen werden, besaßen<br />
nach heutigem Verständnis mit maximal fünf Jahren<br />
aber keine allzu lange Dauer. Auch wenn die im Neuen<br />
Testament in dem bekannten Gleichnis von den<br />
In der Terra-Sigillata-Töpferei<br />
von Chémery-Faulquemont<br />
dienten Gefäßrohlinge bevorzugt<br />
der Form Dragendorff<br />
35/36 als Schreibmaterial, um<br />
Urkunden wie einen Arbeitsvertrag<br />
zu fixieren. Festgelegt<br />
wurden in diesem Fall die Anzahl<br />
der Schüsseln und Trinkgefäße<br />
vermutlich für Wein,<br />
die der Pächter zu liefern<br />
hatte.<br />
pflichtete sich nämlich ausdrücklich, seine Tätigkeit<br />
gesund und im Vollbesitz seiner körperlichen Kräfte<br />
aufzunehmen. Bei Krankheit, unverschuldeter Arbeits<br />
unfähigkeit oder einem Fernbleiben entfielen alle<br />
Zahlungen des Auftraggebers, während bei einer<br />
Arbeitsverweigerung, zu der bereits das Nichterfüllen<br />
der vom conductor festgesetzten Tagesleistung<br />
zählte, von den Beschäftigten sogar Strafsummen in<br />
Höhe von 5 Sesterzen und 8 Assen geleistet werden<br />
mussten. Solche Vorgaben wie das für pompejanische<br />
Weberinnen und Holzarbeiter festgesetzte Tagespensum<br />
sind bekannt. Sofern ein Mann das vereinbarte<br />
Soll vorzeitig beenden konnte, hatte der Arbeitgeber<br />
das Recht, ihm eine andere Tätigkeit zuzuweisen, die<br />
jedoch leichter sein musste oder gesondert berechnet<br />
wurde. Auch die freien Tage – vermutlich jeder achte<br />
– blieben unbezahlt, und wenn höhere Gewalt wie ein<br />
Wassereinbruch die Arbeit unmöglich machte, mussten<br />
nur die vereinbarten Naturalien gestellt werden.<br />
Bei einem vorzeitig gelösten Vertrag drohte beiden<br />
Parteien eine Konventionalstrafe von fünf Sesterzen<br />
pro Tag. Vor allem aber wurden die Arbeiter meistens<br />
nur für die Sommermonate und damit rund ein halbes<br />
Jahr eingestellt, während sie im Winter wie andere<br />
saisonabhängige Handwerker unbeschäftigt blieben.<br />
Nur ausnahmsweise verpflichtete Socratio Socratis einen<br />
Arbeiter vom 23. Oktober 163 n.Chr. für eine<br />
nicht genauer benannte Tätigkeit bis zum 13. Novem -<br />
ber des darauffolgenden Jahres. Trotzdem genossen<br />
gerade die mercennarii in den dakischen Bergwerken<br />
als aus Illyrien oder Kleinasien zugezogene Spezialisten<br />
recht günstige ökonomische Bedingungen, und<br />
mancher Beschäftigte konnte von dem Verdienst sogar<br />
ein kleines Haus erwerben.<br />
Generell dauerte die Arbeitszeit trotz regionaler<br />
Unterschiede von Sonnenaufgang bis zum Einbruch<br />
der Nacht und betrug durchschnittlich wohl zehn<br />
Stunden. Im Sommer war sie mit 14 Stunden deutlich<br />
länger als im Winter mit 9 ¾ Stunden. Nur in Palästina<br />
endete der Arbeitstag aus religiösen Gründen<br />
beim Sichtbarwerden der ersten Sterne. Arbeitgeber<br />
durften ihre Angestellten nicht über die lokal übliche<br />
Arbeitszeit hinaus beschäftigen und mussten erforder -<br />
liche Überstunden gesondert bezahlen, wobei auch<br />
zusätzliche Essensrationen anfielen. Andererseits war<br />
es dem Lohnarbeiter verboten, in den Nachtstunden<br />
noch einem weiteren Gewerbe nachzugehen oder<br />
selbst zu hungern, um seine Kinder besser zu ernähren.<br />
Oft genug hatten Frauen und Kinder daher mitzuarbeiten,<br />
um das Auskommen der aus rund sechs<br />
Mitgliedern bestehenden Familien zu sichern.<br />
Arbeitsschutz gab es zumindest bei einer gesundheitsgefährdenden<br />
Tätigkeit. So trugen die mit dem<br />
Reiben von minium (Zinnober) beschäftigen Arbeiter<br />
eine Tierblase vor dem Mund, um möglichst wenig<br />
Gift einzuatmen. Ob auch andere Handwerker wie<br />
die Bleiarbeiter (plumbarii) eine ähnliche Vorsichtsmaßnahme<br />
trafen, wird nicht überliefert.<br />
Die meisten Aufträge erhielten die Handwerker von<br />
privater Seite. Daneben spielte aber auch der Staat als<br />
Abnehmer von Waren und bei der Vergabe von Gewerken<br />
eine wichtige Rolle. So beschäftigte der Magistrat<br />
von Hermoupolis bei der Reparatur bzw. dem<br />
Wiederaufbau der Antinoitischen Straße und ihrer<br />
Anbauten 208 Mann und 832 Hilfsarbeiter, die täglich<br />
4 Drachmen Lohn erhielten. Im für seine Textilien<br />
bekann ten Ägypten konnten offizielle Stellen wie<br />
die römische Verwaltung auch die Weber von Philadelphia<br />
138 n.Chr. mit dem Herstellen einer bestimmten<br />
Zahl von genau beschriebenen Webwaren<br />
beauftragen, die auch an Truppenkontingente in anderen<br />
Provinzen geliefert wurden. Solche Großaufträge<br />
wie z.B. die 155 n.Chr. vom Staat bestellten 6700<br />
stolae für Gefangene boten den Handwerkern eine finanzielle<br />
Sicher heit, mit denen die Geschäfte mit Privatkunden<br />
wohl nicht konkurrieren konnten, auch<br />
wenn enge Zeitvorgaben eingehalten werden mussten.<br />
Üblich waren dabei Abschlagszahlungen, weil der<br />
Endpreis erst nach einer Qualitätsprüfung der Ware<br />
in Alexan dria von einem Fachgremium bestimmt<br />
und die Diffe renz anschließend beglichen wurde.<br />
Dennoch kann die Entlohnung nicht so schlecht gewesen<br />
sein, wie gemeinhin angenommen wird, denn<br />
Weber bitten einmal während einer solchen Tätigkeit<br />
mit dem Hin weis auf Folgeaufträge um Freistellung<br />
von anderen Pflichten. Außerdem hätte bei der vermutlich<br />
großen Zahl der vergebenen Gewerke eine<br />
ständi ge Unterbezahlung Unruhen unter der Provinzialbevölkerung<br />
ausgelöst.
14 | Der römische Handwerker in seinem Umfeld<br />
Die Arbeitswelt der Handwerker |<br />
15<br />
Der Markt bestimmte weitestgehend Löhne und Preise,<br />
die in Quellen aber nur dann auftauchen, wenn sie<br />
wie der Weizenpreis im September 45/46 n.Chr. in<br />
Tebtynis um 82% extrem stiegen oder in unerwartetem<br />
Maße fielen und damit außerhalb der gewohnten<br />
Normen lagen. Preiswerte Angebote wie günstiger<br />
Saatweizen wurden jedenfalls schon damals von den<br />
Verbrauchern gerne genutzt. Fehlkalkulationen gingen<br />
alleine zu Lasten des Verkäufers, der in Ägypten<br />
einmal für Gefäße wohl unter einem gewissen Marktdruck<br />
jeden Preis zu akzeptieren hatte, nachdem ihm<br />
nur wenige Stücke zu der geforderten Summe ab -<br />
genommen worden waren. Als es an geeigneten Arbeits<br />
kräften fehlte, versuchte ein conductor 116 n.Chr.,<br />
mit einer deutlich höheren Bezahlung in Ägypten die<br />
dringend benötigten Weber von anderen Stellen abzuwerben.<br />
Erst das Preisedikt von Diocletian fixierte<br />
301 n.Chr. Löhne für die verschiedensten Berufe und<br />
Tätigkeiten, auch wenn diese Bestimmungen reichsweit<br />
kaum strikt eingehalten wurden.<br />
Im Neuen Testament wird als Lohn für die Arbeit<br />
eines ganzen Tages ein Silbergroschen – also ein Denar<br />
– vereinbart, aber eine solche vereinzelte Angabe<br />
bleibt ohne Kenntnis der Kaufkraft wertlos. In den<br />
Werkverträgen des Grubenbezirks von Alburnus<br />
maior/ Roşia Montană schwankten die vereinbarten<br />
Zahlungen zwischen 70 Denaren für eine halbjährige<br />
Tätigkeit und 210 Denaren für die Dauer eines Jahres.<br />
Bei 46 unbezahlten Feiertagen hat der tägliche<br />
Verdienst also rund 4 ¼ Asse betragen. In diesem Fall<br />
lassen sich die Einkünfte sogar einmal bewerten, weil<br />
bekannt ist, dass Lämmer und Ferkel dort 14 bzw. 20<br />
Sesterze (HS) kosteten. In Pompeji benötigte man für<br />
den täglichen Lebensunterhalt rund 8 Asse. Durch<br />
den ausdrücklich vermerkten Zusatzverdienst von einem<br />
Denar (accepi denarium I) konnte der anhand<br />
einer Liste mit Preisangaben geplante Einkauf deutlich<br />
reichhaltiger ausfallen.<br />
Kostenvoranschläge weisen die eigene Arbeitsleistung<br />
mit und ohne gestelltes Arbeitsmaterial aus.<br />
316 n.Chr. veranschlagte Aurelius Artemidoros, der<br />
offenbar weder lesen noch schreiben konnte und das<br />
Angebot daher von einem amtlichen Schreiber aufsetzen<br />
lassen musste, für die umfassende Sanierung<br />
der Hadriansthermen von Oxyrhynchos für Farben<br />
und andere Materialien zehn Myriaden D…, beanspruchte<br />
aber nur eine Myriade als Lohn für sich. Dabei<br />
fällt das unabhängig von der Interpretation D als<br />
Denare oder Drachmen deutliche Missverhältnis zwischen<br />
Material- und Lohnkosten auf. Auch zwei<br />
Handwerker, die sich 263 n.Chr. in Antinoopolis Vergoldungsarbeiten<br />
an der Decke des Gymnasiums teilen<br />
wollten, veranschlagten Gesamtkosten von 106<br />
Drachmen. Da sie mit Putz, Leim, Goldputz, dem gesamten<br />
anderen Bedarf sowie Blattgold erster Qualität<br />
dann zum Ausgleich das Material selbst stellen wollten,<br />
kann ihnen nach den bekannten Materialpreisen<br />
ein Lohn von nur ungefähr 30 Obolen verblieben sein,<br />
auch wenn der Arbeitsumfang nicht zu erkennen ist.<br />
Den in klingender Münze ausgezahlten Lohn ergänzten<br />
Natural- und/ oder Sachleistungen. So forderten<br />
im 2. Jh. zwei Steinmetze in Oxyrhynchos für<br />
die Bearbeitung von bauseits gestelltem, aber nicht zu<br />
verzierendem Baumaterial folgende Summen:<br />
– 16 Kamelladungen Steine für Außenwände<br />
4 Drachmen<br />
– 30 Kamelladungen Steine für Innenwände<br />
4 Drachmen<br />
– 100 Kamelladungen Füllgestein 3 Drachmen<br />
– 16 Kamelladungen längliche Außenecksteine<br />
8 Drachmen<br />
– 30 Kamelladungen längliche Innenecksteine<br />
8 Drachmen<br />
– 50 Kamelladungen behauenes Füllgestein<br />
4 Drachmen<br />
– 50 Kamelladungen behauenes längliches Füllgestein<br />
8 Drachmen,<br />
– dazu pro Person täglich ein Brot und Zukost.<br />
Falls sie zu Maurerarbeiten eingesetzt werden sollten,<br />
würde ihr Lohn 4 Drachmen betragen. Da eine Abrechnung<br />
aus Pompeji explizit Brot und einen Denar<br />
aufführt, könnten differierende Lohnangaben eine<br />
Bezahlung mit oder ohne Verpflegung benennen. In<br />
ägyptischen Papyri werden Handwerker wie Bronzegießer<br />
vereinzelt sogar nur in Naturalien bezahlt.<br />
Aber auch im Nordwesten des Reiches erhielten die<br />
Gärtner nach den Bestimmungen des Lingonentestaments<br />
jährlich außer ihrem Lohn noch 60 Scheffel<br />
(modius) Weizen und 20 bis 30 Denare Kleidergeld.<br />
Kleidungsstücke stellten damals einen so beträchtlichen<br />
Wert dar, dass ihr Bestand oft in Ehe- oder<br />
Scheidungsverträgen sowie in Testamenten genauestens<br />
aufgeführt wurde.<br />
Neben den von allen Reichsbewohnern zu zahlenden<br />
Grund- und Kopfsteuern (solis/capitis) fielen für die<br />
professionell tätigen Handwerker und ihre Lehrlinge<br />
seit dem frühen 1. Jh. reichsweit direkte und indirekte<br />
kaiserliche und munizipale Abgaben an, deren Höhe<br />
offenbar nach den Berufen variierte. Über sie sind<br />
wir vor allem durch Quellen aus dem östlichen<br />
Reichsteil unterrichtet.<br />
Die cheironaxion oder chrysargyron genannte<br />
Steuer war als Lizenzgebühr für jede Tätigkeit auch<br />
von den Frauen und Sklaven zu entrichten, und die<br />
Markttage (nundinae) waren<br />
für die Handwerker im ganzen<br />
Imperium wichtig, weil sie als<br />
Produzentenhändler dort die<br />
von ihnen hergestellten Waren<br />
auch verkauften. Deshalb<br />
achteten die lokalen Behörden<br />
sorgfältig darauf, dass<br />
sich die Termine von Markt -<br />
tagen in der näheren Umgebung<br />
nicht überschnitten.<br />
Dieser in einer Werkstatt an<br />
die Wand gekritzelte Kalen -<br />
der informiert darüber, an<br />
welchem Tag im Umkreis von<br />
Pompeji in den verschiedenen<br />
Orten Märkte abgehalten<br />
wurden.<br />
103/ 107 n.Chr. beschlossene Steuerfreiheit für Lehrlinge<br />
blieb wohl nicht lange in Kraft. Der Betrag wurde<br />
später als collectio lustralis alle fünf Jahre eingezogen.<br />
Diese vom Staat festgesetzte Summe war nicht<br />
von den Einnahmen oder der Qualifikation des<br />
Handwerkers abhängig, wird aber die unterschiedliche<br />
Verdienstspanne der einzelnen Gewerbe berücksichtigt<br />
haben. 128 n.Chr. betrug sie für die Goldschmiede<br />
in Ägypten jährlich 264 Drachmen. Sie<br />
entfiel, wenn der Handwerker seinen Beruf vorübergehend<br />
wegen einer anderen Beschäftigung nicht ausübte<br />
oder seine Tätigkeit ganz beendete.<br />
Beim Verkauf der Erzeugnisse fiel für den Produzentenhändler<br />
grundsätzlich eine 1%-ige Verkaufssteuer<br />
an (centesima rerum venalium). Diese von Augustus<br />
eingeführte Abgabe reduzierte schon Tiberius<br />
auf 0,5% (ducentesima), bevor Caligula sie für Italien<br />
offenbar ganz aussetzen ließ. In Soknopaiu Nesos, wo<br />
viele der bekannten Mumienporträts angefertigt<br />
worden sein könnten, wurde um 200 n.Chr. eine<br />
télos, phóros oder telísmator genannte Steuer auf<br />
Malerprodukte erhoben, die wohl 25% des Kaufpreises<br />
eines Bildes betrug. Ein zusätzliches, relativ<br />
kleines Entgelt mussten Handwerker für die Bedürfnisse<br />
der Armee zahlen, da sie seit dem frühen Prinzipat<br />
keinen Mi litärdienst mehr zu leisten brauchten.<br />
Außerdem hatten die Gewerbetreibenden kostenlos<br />
für die Verwaltung bestimmte, von Augustus festgesetzte<br />
Dienstleistungen zu erbringen. Dazu zählte vor<br />
allem das Schätzen des in notariellen Verträgen wie<br />
Heiratsurkunden oder Testamenten genannten<br />
Schmuckes, der bei staatlichen Behörden hinterlegt<br />
wurde.<br />
Wochenmärkte mit saisonal unterschiedlichen<br />
Angeboten mussten grundsätzlich in Rom genehmigt<br />
werden. Sie fanden während der gesamten Kaiserzeit<br />
nicht nur in Städten, sondern regelmäßig auch in kleineren<br />
Weilern sowie den privaten Latifundien auf<br />
dem Land statt und wurden in den einzelnen Regionen<br />
von den Dekurionen so terminiert, dass Handwerker<br />
und Händler möglichst alle besuchen konnten.<br />
Die dafür von den Behörden mit kaiserlicher<br />
Erlaubnis erhobenen Steuern (vectigalia) oder indirekten<br />
Abgaben (portoria) wie warenspezifische Umsatzsteuern,<br />
Standgebühren und Händlerlizenzen<br />
flossen sicher in die öffentlichen Kassen, auch wenn<br />
sie sich aufgrund dürftiger Quellen kaum benennen<br />
lassen und sich von ihrer Höhe und der Art her lokal<br />
stark unterschieden haben dürften. Dass einfache<br />
Handwerker manchmal schon diese Beträge kaum<br />
aufzubringen vermochten, beweisen Schuldverschreibungen<br />
des L. Caecilius Iucundus, der in Pompeji<br />
einem Walker das Geld lieh, um die Pachtgebühren<br />
für seine fullonica zu zahlen, und in einem<br />
anderen Fall die bei dem Besuch lokaler Märkte erhobenen<br />
Gebühren vorstreckte. Die Laufzeit dieser<br />
Kleinkredite betrug bei einem Zinssatz von 12% zwischen<br />
16 Tagen und zehn bis elf Monaten.<br />
Ähnliche Gebühren fielen wohl auch auf den<br />
ganzjährig abgehaltenen städtischen Märkten an, deren<br />
Höhe offenbar ebenfalls für die unterschiedlichen<br />
Handwerker gestaffelt war. Monatlich von den Steuerpächtern<br />
(manceps mercaturus) eingeforderte Abgaben<br />
sind für Oxyrhynchos ebenso bezeugt wie<br />
143 n.Chr. bei den Webern in Magnesia. Das Serapeion<br />
in Soknopaiou Nesos rechnete diese Beträge<br />
aber nicht nur nach einzelnen Werkstätten, sondern<br />
oft auch gemeinsam für die Handwerker einer ganzen<br />
Berufsgruppe ab. In diesem Fall konnten die collegia<br />
(Handwerkervereine) kollektiv die Summen bezahlen<br />
und anteilig auf die Mitglieder umlegen, was<br />
vielleicht wirtschaftliche Vorteile bot.<br />
Bisweilen wurden diese allgemein wohl zu den<br />
wichtigsten öffentlichen Einnahmen zählenden Abgaben<br />
von einem großzügigen Mitbürger übernommen<br />
oder als besonderes Privileg für eine bestimmte<br />
Zeit erlassen. Das galt vor allem für die oft mehrere<br />
Tage dauernden Festmärkte, die sich nicht zuletzt aus<br />
diesem Grund einer besonderen Anziehungskraft erfreuten.<br />
Den alle vier Jahre im kleinasiatischen Oinoanda<br />
hoch im Taurus-Gebirge stattfindenden 23-<br />
tägigen Wettkampf besuchten auch Gäste, die<br />
außerhalb der Provinz Lykien lebten. Dass sich sogar<br />
bekannte Heiligtümer wie das Artemision von Ephesos<br />
oder der Aphrodite-Tempel von Aphrodisias solche<br />
im frühen 1. Jh. durch ein senatus consultum erhaltene<br />
Privilegien bis in das 3. Jh. hinein nach einem
16 | Der römische Handwerker in seinem Umfeld<br />
Die Arbeitswelt der Handwerker |<br />
17<br />
Herrscherwechsel wieder neu bestätigen lassen mussten,<br />
erklärt sich wohl durch die Höhe der Einnahmen,<br />
auf die römische Beamte nur ungern verzichteten.<br />
Bei Handwerkern, die auf Importe angewiesen waren,<br />
verteuerten Zölle die Produkte zusätzlich. In Soknopaiuo<br />
Nesos waren am Beginn der Wüstenroute<br />
nach Alexandria in römischer Zeit an einem Zolltor<br />
drei verschiedene Zölle zu bezahlen. Andererseits<br />
wurde von staatlicher Seite darauf geachtet, Doppelbesteuerungen<br />
zu vermeiden. So blieben in Megara<br />
und Kaunos innerhalb von 20 bis 30 Tagen nicht abgesetzte<br />
Waren bei der Ausfuhr steuerfrei, und der<br />
berühmte Zolltarif von Zraïa führt für Vieh und Zugtiere<br />
keine Gebühren auf.<br />
Auch andere Nebenkosten legten städtische Behörden<br />
auf die Handwerker um. Für den Erdaushub eines<br />
2,5 km langen Wasserkanals, der die Walkereien und<br />
Färbereien von Antiocheia mit Wasser versorgen sollte,<br />
zog die städtische Verwaltung die Bewohner aller<br />
insulae heran und berechnete den Betrieben anschließend<br />
den Wasserverbrauch, was sich bei dem hohen<br />
Bedarf für die Handwerker als bedeutender Kostenfaktor<br />
erwiesen haben muss. Die ebenfalls viel Wasser<br />
benötigenden metallverarbeitenden Werkstätten in<br />
Ptolemais Euergetis hatten 13 Obolen pro Tag für die<br />
Entnahme zu bezahlen. In Rom verteidigten die fullones<br />
(Walker), die seit Augustus abgabenfrei Wasser aus<br />
einer Quelle oder einem Aquädukt entnehmen durften,<br />
ihr Recht erfolgreich in einem von 226 bis<br />
244 n.Chr. durch drei Instanzen geführten Prozess.<br />
Die in den verschiedensten Quellen überlieferten,<br />
sehr unterschiedlichen Berufsbezeichnungen galten<br />
lange als Beleg für eine große Zahl hochspezialisierter<br />
Tätigkeiten, auch wenn die Antike grundsätzlich<br />
keine Facharbeiter mit besonders qualifizierender<br />
Ausbildung im neuzeitlichen Sinne kannte. Trotzdem<br />
muss der Künstler aus Alexandria, den der Magistrat<br />
von Hermopolis 140 n.Chr. mit dem Guss einer<br />
Bronzestatue beauftragte, als weit über die Grenzen<br />
der Metropole hinaus berühmter und entsprechend<br />
befähigter Meister seines Fachs gegolten haben. Auch<br />
Steinmetze wie die Brüder Limnaios und Diomedes<br />
aus Dokimeion wollten sich mit der offenbar überall<br />
verstandenen Berufsangabe »Dokimeionschneider« als<br />
besonders qualifizierte Meister ausweisen, weil sie zumindest<br />
zeitweise in dem weit über Kleinasien hinaus<br />
bekannten Steinbruch gearbeitet haben müssen. In den<br />
Marmorbrüchen von Aphrodisias etablierte sich die<br />
sogenannte Bildhauerschule von Aphrodisias, die später<br />
erfolgreich außerhalb der Provinz Syria Coele arbeitete<br />
und nicht nur in Rom, sondern auch in Olympia,<br />
Korinth, Syrakus oder Leptis Magna nachzuweisen<br />
ist. Vor allem die Arbeiten des Bildhauers Polyneikes<br />
finden sich in Rom, Priene und Aphrodisias.<br />
Bei den rund 160 aus den östlichen Provinzen sowie<br />
den 225 aus dem Westen bekannten Berufsangaben<br />
handelt es sich nach einer neuen Untersuchung<br />
aber oft nur um veränderte und dem allgemeinen<br />
Sprachgebrauch angepasste Benennungen, die keinesfalls<br />
spezielle Tätigkeiten belegen. Vermutlich<br />
musste bei einem nur geringen Verdienst und einem<br />
sicher engen Markt mit großem Konkurrenzdruck<br />
sogar jeder Auftrag angenommen werden. Ein Maler<br />
aus Oxyrhynchos reparierte zunächst Gebäude und<br />
fertigte ein Jahr später im offiziellen Auftrag des römischen<br />
Präfekten Porträts des römischen Kaisers<br />
Pompeji, Wandmalerei aus<br />
der fullonica des Verecundus.<br />
Bevor die am rechten Bildrand<br />
angebotene Tunika<br />
fertiggestellt war, mussten<br />
verschiedene Handwerker<br />
mit Spezialkenntnissen wie<br />
Wollkämmer, Weber und Filzer<br />
tätig werden. Sie stellten<br />
den Stoff her und verdichteten<br />
ihn anschließend, bevor<br />
die Ware gebleicht oder ggf.<br />
auch eingefärbt wurde.<br />
BU #####<br />
und seiner Familie an, über deren Qualität die Quellen<br />
allerdings schweigen.<br />
Trotzdem zeichnet sich beim römischen Handwerk<br />
eine klare Aufgliederung in unterschiedliche Gewerbe<br />
und darüber hinaus innerhalb der einzelnen Sparten<br />
ab. Neben der sogenannten horizontalen Spezialisierung,<br />
die sich nach den je eigenen Erfordernissen der<br />
verarbeiteten Materialien wie Ton, Wolle, Pflanzenfasern<br />
oder Leder richtet, lässt sich auch die »vertikale<br />
Spezialisierung« innerhalb der einzelnen Gewerke fassen.<br />
Gerade bei der Textilproduktion erscheint die Arbeitsaufteilung<br />
unter verschiedenen Handwerkern<br />
sinnvoll, weil die anfallenden Tätigkeiten wie das Waschen<br />
der Wolle, das Spinnen, Weben, Färben und Nähen<br />
oft besondere Werkstatteinrichtungen erforderten.<br />
Außerdem konnten bei einzelnen Arbeiten verschiedene<br />
Materialien verwendet werden, und nicht alle<br />
Färber nutzten den teuren Purpur, sondern setzten<br />
preiswertere pflanzliche oder mineralische Farbstoffe<br />
ein. Schon Aurelius Augustinus beobachtete, dass aus<br />
arbeitsökonomischen Gründen in einem Betrieb mehrere<br />
Arbeiter mit dem Anfertigen eines Silbergefäßes<br />
beschäftigt wurden, um sie ohne vorausgehende, vielleicht<br />
längerfristige Ausbildung etwas Geld verdienen<br />
zu lassen: »In einer Silberwerkstätte geht ein kleines<br />
Gefäß, um fertig zu werden, durch die Hände vieler<br />
Arbeiter, obwohl es von einem, der seine Kunst vollkommen<br />
versteht, hergestellt werden könnte. Aber<br />
man glaubt, der Menge der Arbeiter sei am besten damit<br />
gedient, wenn jeder einzelne einen besonderen Teil<br />
der Fabrikation schnell und leicht erlerne, damit nicht<br />
alle genötigt würden, sich in langer Zeit und mit vieler<br />
Mühe im ganzen Gebiet des betreffenden Handwerks<br />
vollkommen ausbilden zu lassen«, notiert er.<br />
Wenn auf dem Magdalensberg zur gleichen Zeit<br />
zahlreiche Eisenhändler arbeiteten oder in Rom viele<br />
Handwerker Damenpantoffeln zum Verkauf anboten,<br />
muss bei der fehlenden sozialen Absicherung<br />
und den oft nur kurzfristigen Arbeitsverträgen ein<br />
hoher Druck geherrscht haben, mit einem besonderen<br />
Angebot Aufmerksamkeit zu erregen, um den<br />
Absatz der eigenen Produkte zumindest zu sichern,<br />
wenn nicht sogar zu steigern. Der Druck kann von<br />
den Berufsvereinigungen kaum abgefedert worden<br />
sein. Zumindest in größeren Städten dürfte die Nachfrage<br />
der Kunden nach bestimmten Waren daher zum<br />
Angebot sehr spezieller Produkte geführt haben, die<br />
nicht nur von einzelnen Handwerkern, sondern auch<br />
in arbeitsteilig organisierten Großbetrieben hergestellt<br />
wurden. Hochrechnungen für die frühe Neuzeit,<br />
nach denen ein Schmied, der unter anderem Nägel<br />
fertigte, täglich rund 800 Stück fertigstellen, ein nur<br />
darauf spezialisierter Handwerker aber in der gleichen<br />
Zeit 2200 Stücke produzieren konnte, dürften<br />
auch für die antiken Handwerker zutreffen. Sowohl<br />
der Fries auf dem bekannten Grabmal des Bäckers<br />
Eurysaces von 30/20 v.Chr. als auch eine rund 200<br />
Jahre später in Side gesetzte Inschrift zeigen Backstuben,<br />
in denen die Mitarbeiter jeweils nur bestimmte<br />
Tätigkeiten übernahmen. Bildliche Darstellungen bezeugen<br />
auch für das Bauhandwerk um einer höheren<br />
Rentabilität willen teilweise sehr aufgegliederte Gewerke.<br />
In den größeren Keramikmanufakturen ist die<br />
Übernahme bestimmter Aufgaben durch einzelne<br />
Arbeiter ebenfalls vorauszusetzen, weil die Werkstätten<br />
sonst uneffektiv gearbeitet hätten. Zusätzlich förderte<br />
die Betriebsorganisation eine Spezialisierung,<br />
denn ein Eigentümer konnte seine Anlage verpachten,<br />
um ausschließlich Teller, Weingefäße oder Trinkbecher<br />
produzieren zu lassen.<br />
Unerwartet groß ist der Anteil der als Handwerkerinnen<br />
tätigen Frauen, die sich aber nie in Berufsvereinen<br />
zusammenschlossen. Entsprechend zahlreich<br />
sind nicht nur im Osten, sondern auch im Westen die<br />
weiblichen Berufsbezeichnungen. Welches Ausmaß<br />
diese Arbeit tatsächlich umfasste, lassen unsere Quellen<br />
jedoch kaum erkennen. Sofern nicht drückende<br />
finanzielle Verhältnisse bei den kleinen Produzentenhändlern<br />
die Mitarbeit der Frauen erforderte,<br />
dürften vor allem sozial abhängige Sklavinnen oder<br />
Freigelassene beruflich tätig gewesen sein. Bevorzugt<br />
sind sie bei der Produktion und dem Vertrieb von Lebensmitteln,<br />
Textilien und dem örtlichen Kleinhandel<br />
nachzuweisen. Aber schon damals arbeiteten Frauen<br />
nicht nur in typisch »weiblichen« Berufen als Weberinnen,<br />
(Flick-)Schneiderinnen oder Goldwirkerin-
66 | Das römische Handwerk<br />
Grundstoff Ton und Stein |<br />
67<br />
ten. Während die offizielle Kunst in den nordwest -<br />
lichen Provinzen einen deutlichen römischen Einfluss<br />
erkennen lässt, bleiben die regional beauftragten<br />
Werke eher von indigenen Traditionen geprägt, die<br />
erst verhältnismäßig spät seit dem ausgehenden 2./<br />
frühen 3. Jh. die offiziellen Arbeiten beeinflussten.<br />
Namentlich sind uns die Künstler aber nur dann bekannt,<br />
wenn Meister wie Samus und Severus, die<br />
Mitte des 1. Jh. in Mogontiacum/ Mainz arbeiteten,<br />
ein Werk wie die Mainzer Iupitersäule signierten. Andere<br />
Ateliers werden nach stilistischen Kriterien erschlossen.<br />
Das gilt für die zeitgleich tätige Annaius-<br />
Werkstatt, der die Forschung aufgrund ähnlicher<br />
Bearbeitung mehrere Werke zuweist. Sie hat ihren<br />
Namen nach dem in Bingen aufgefundenen Grabstein<br />
des Soldaten Annaius Daverzus erhalten. Hier<br />
hat die Anwesenheit des Militärs sicher den Arbeitsmarkt<br />
positiv beeinflusst, weil die Soldaten schon<br />
früh indigene Handwerker mit zahlreichen Arbeiten<br />
beauftragten. Das gilt wohl auch für die in einem kleinen<br />
vicus wie Nassenfels tätigen Betriebe, die vor Ort<br />
verblieben, als die Truppen später verlegt wurden. In<br />
Nîmes arbeiteten bereits in augusteischer Zeit Steinmetze,<br />
die aus Rom zugewandert sein dürften. Anhand<br />
von mehreren Skulpturen eines Denkmals lassen<br />
sich dort zwei wohl im gleichen Atelier tätige<br />
Meister unterscheiden.<br />
In der Côte d’Or konnten in einer eng begrenzten<br />
Region außer der in Dijon tätigen Werkstatt zwei weitere<br />
Betriebe bei Nuits-St.-Georges und Beire-le-<br />
Châtel/ Mâlain lokalisiert werden. Sie lassen trotz eigener<br />
Stile so große Ähnlichkeiten erkennen, dass die<br />
Steinmetzmeister wohl oft von Atelier zu Atelier weiterzogen.<br />
Da allen Arbeiten aber eindeutig römische<br />
Einflüsse fehlen, gründet sich die von lebhaftem Handel<br />
und florierender Wirtschaft geförderte Tätigkeit<br />
der Handwerker hier im Wesentlichen auf die einheimische<br />
keltische Tradition.<br />
An den Werkstücken haben die Arbeitstechniken<br />
der Bildhauer oft Spuren hinterlassen, die sich in verschiedenen<br />
Gegenden oder sogar von Werkstatt zu<br />
Werkstatt unterscheiden können. puntelli – kleine<br />
Markierungspunkte auf ansonsten glatt abgearbeiteten<br />
Oberflächen – deuten auf den Einsatz eines dem<br />
Storchschnabel ähnlichen Gerätes, mit denen in kleinerem<br />
Maßstab gefertigte Modelle wunschgemäß zu<br />
vergrößern waren. Solange der Handwerker mit<br />
Werkzeugen wie dem Flachmeißel die groben Strukturen<br />
z.B. am Kopf herausarbeitete, ließ er wegen der<br />
benötigten Festigkeit den Hals zunächst unbearbeitet<br />
stehen. Feinheiten wie Gewandfalten, Haarlocken,<br />
Pupillen und Mundwinkel wurden seit dem späten<br />
2. Jh. zunehmend gebohrt. Mit dieser in Kleinasien<br />
entwickelten Technik soll ein kräftigerer Schatten-<br />
schlag erreicht worden sein, der sich durch die Bemalung<br />
der Skulpturen aber nicht sehr stark ausgewirkt<br />
haben kann. Die mit einem Meißel geglättete<br />
Oberfläche wurde poliert, zumindest bei Marmor mit<br />
Wachs behandelt und zum Schluss farbig gefasst. Dadurch<br />
waren nicht nur die Stoßfugen verdeckt, die<br />
sich beim Andübeln der oft separat gefertigten Köpfe<br />
und Arme nicht vermeiden ließen, sondern es konnten<br />
auch Details aufgemalt werden, die der Steinmetz<br />
nicht ausgearbeitet hatte.<br />
Die vor allem aus Nordafrika bekannten großflächigen<br />
Mosaikböden, die detailreich und farbenprächtig<br />
Szenen aus dem Alltag wiedergeben, faszinieren<br />
jeden Betrachter. Allgemein geht die Entwicklung von<br />
Ungewohnt erscheinen heute<br />
Skulpturen, bei denen die in<br />
der Antike farbige Fassung rekonstruiert<br />
worden ist wie<br />
hier an der bekannten Augustus-Statue<br />
von Primaporta.<br />
Das überdeckte zugleich die<br />
manchmal an Reliefs nur grob<br />
ausgearbeiteten Konturen der<br />
Darstellung.<br />
Utica (Tunesien): Aus verschie<br />
denfarbigem Gestein<br />
zusammengesetzter Marmorboden.<br />
Antiker Handwerkerpfusch in<br />
Augst (Schweiz): Bei der Reparatur<br />
dieses Mosaikbodens<br />
haben die Mosaizisten einfach<br />
den linken Henkel des Kraters<br />
kopiert, ohne ihn für die richtige<br />
Optik zu spiegeln. Vielleicht<br />
war aber auch technisches<br />
Unvermögen bei der Reparatur<br />
der Grund für diese<br />
Nachlässigkeit.<br />
schwarz-weißen Ornamenten zu polychromen Techniken,<br />
wobei die frühen Arbeiten aus Augst einen<br />
stark italischen Einfluss zeigen, der später gegenüber<br />
solchen aus dem Rhônetal und Trier bzw. den rheinischen<br />
Werkstätten zurücktritt. Insgesamt bewahren<br />
sich die Künstler trotz stilistischer Ähnlichkeiten bis<br />
in das 3. Jh. hinein eine große Kompositionsfreiheit.<br />
Die aus vielen, teils sehr kleinen Steinchen zusam -<br />
mengesetzten Beläge erforderten sorgfältige Vorarbei<br />
ten. Vitruv empfahl als Unterlage den von Straßen<br />
her bekannten dreischichtigen Aufbau aus Tragschicht<br />
(statumen), einer feineren, ca. 22 cm dicken<br />
Mittelschicht (ruderus) und der obersten Bettung von<br />
11 cm (nucleus). Diese Stärken werden aber nur selten<br />
erreicht. Da fast immer eine Fuge die beiden oberen<br />
Schichten trennt, erfolgte der Auftrag des nucleus auf<br />
einen vollständig trockenen ruderus.<br />
Vorlagenbücher, aus denen der Auftraggeber das<br />
gewünschte Motiv wählte, sind bei Mosaikböden sicher<br />
vorauszusetzen, obwohl die Meister bei den Darstellungen<br />
natürlich auch eigene Entwürfe umsetzten.<br />
Gewisse stilistische Eigenheiten, die sich regional<br />
häufiger wiederholen, lassen »Werkstattkreise« mit<br />
besonderen Traditionen vermuten. In Britannien<br />
scheinen vier solcher Zentren in Dorchester, Cirencester,<br />
Water Newton und Brough on Humber bestanden<br />
zu haben.<br />
Über den entweder mit roter Farbe auf den Boden<br />
gemalten oder in der obersten Bodenschicht ange -<br />
rissenen Entwurf wurden die Mosaiksteine in den<br />
partienweise aufgetragenen, noch feuchten Mörtel<br />
gedrückt, bevor vielleicht ein Mitarbeiter oder Lehrling<br />
die Zwischenräume nach dem Trocknen ausfugte.<br />
Viele der Mittelmotive hatten die Handwerker –<br />
vielleicht schon seriell? – in einer Werkstatt vorgefertigt,<br />
die dann beim Verlegen mit Kürzungen oder
70 | Das römische Handwerk<br />
Organische Materialien: Textil- und Lederwaren, Holzobjekte und Knochenschnitzerein |<br />
71<br />
ren aufweisen, drehte der Steinmetz das Werkstück<br />
weiter, sobald er 1 ⁄3 bis 1 ⁄4 der Mahlfläche fertig bearbei -<br />
tet hatte. Auf der Oberseite der Läufer begrenzte eine<br />
sauber gearbeitete Radialrille den 4 bis 5 cm breiten,<br />
markant abgesetzten Rand, hinter dem die trichterför -<br />
mige Fläche ebenfalls vier Arbeitsfelder mit um 90°<br />
gegeneinander versetzten Arbeitsspuren zeigt. Zuletzt<br />
wurden Halterungen für das erst nach dem Transport<br />
eingesetzte Mühleisen bzw. die Griffe gebohrt, die wie<br />
in Saint-Boil (Frankreich) und Châbles-Les Saux bei<br />
Chavannes-les-Chêne (Schweiz) auch in Mayen<br />
Schmiedewerkstätten vor Ort fertigten.<br />
Die Mahlsteine können vor Ort an Händler verkauft,<br />
aber auch in großen Mengen an die Armee<br />
abgegeben worden sein. Der errechnete Bedarf des Militärs<br />
– eine Truppe von 75000 Mann benötigte rund<br />
9475 Mühlsteine – ließ sich bei der veranschlag ten Jahresproduktion<br />
von durchschnittlich 30000 Mühlsteinen<br />
von den Mayener Betrieben leicht decken. Erst als<br />
die Einheiten dauerhaft in den Limeskastellen stationiert<br />
wurden, ging der Bedarf am Ende des 2. Jh. zu-<br />
rück, weil dort große Getriebemühlen arbeiteten. Die<br />
nicht mehr benötigten Handmahlsteine gelangten als<br />
Handelsgut in großer Zahl in die Germania Magna.<br />
Die Rohformen der schwereren Sanduhrmühlen<br />
vom pompejanischen Typ, die Menschen oder Tiere<br />
antrieben, verbrachte man vom Mayener Steinbruch<br />
aus vermutlich auf Schlitten direkt nach Andernach,<br />
wo sie vor dem Verladen im Hafen fertiggestellt wurden.<br />
Dabei waren vielleicht sogar Soldaten beschäftigt,<br />
denn die Mechanik dieser Mühlen verlangte<br />
beim Fertigen von Zentrierung, Pfannenlager, Hängewerk<br />
und der Einstellmechanik zum Regulieren des<br />
Mahlspaltes eine besonders exakte Arbeit und technisches<br />
Know-how. Eine Großmühle aus Basaltlava<br />
ließ in Bliesbruck eine fast schon industrielle Mehlproduktion<br />
zu. Ihre Bauweise unterscheidet sich von<br />
allen anderen Stücken, weil hier ein Räderwerk die<br />
Rotation übertrug.<br />
Zu dem nur regional in Chiavenna am Comer See<br />
sowie im Wallis nachweisbaren Handwerk zählt das<br />
Verarbeiten des weichen Specksteins, der sich nach<br />
Saalburg-Museum, Bad<br />
Homburg v.d.H. Die zum<br />
Fixieren des Steines erfor -<br />
derliche Mühlachse wurde<br />
vermutlich von Zulieferern<br />
vor Ort produziert.<br />
Saalburg-Museum, Bad<br />
Homburg v.d.H. Eingear -<br />
beitete Öse für den Griff<br />
am Läuferstein einer Handmühle.<br />
Lavez-Geschirr aus Zermatt<br />
und Ossingen (Schweiz). Aus<br />
dem nach dem Brechen weichen<br />
Speckstein ließen sich<br />
Becher und Teller drehen, die<br />
zunehmend unter Lufteinwirkung<br />
aushärteten. Diese Ware<br />
konnte aufgrund des Materialvorkommens<br />
aber nur lokal<br />
vor allem in der heutigen<br />
Schweiz hergestellt werden.<br />
Links ein Drehkern als typischer<br />
Fabrikationsabfall, daneben<br />
ein während der Bearbeitung<br />
gesprungenes Gefäß.<br />
Trier, Bronzestatue eines Mannes,<br />
der offenbar mit einem<br />
einheimischen Kapuzenmantel<br />
bekleidet ist. Solche Gewänder<br />
sind im 2. und 3. Jh.<br />
auch in Rom geschätzt worden.<br />
Vor allem die bardocuculli,<br />
eine von den Sequanern<br />
übernommene Mantelform,<br />
erfreute sich dort während<br />
der Kaiserzeit großer Beliebtheit.<br />
Möglicherweise zeigt<br />
diese Statuette das Kleidungsstück.<br />
dem Brechen in frischem Zustand auf der Drehscheibe<br />
wie Holz verarbeiten lässt und erst unter dem<br />
Einwirken von Luft aushärtet. Daraus wurden vorwiegend<br />
konische Gefäße wie Becher, aber auch Teller<br />
hergestellt, die eingetiefte Riefen zierten. Aus einem<br />
zylinderförmigen Stein konnte ein geübter<br />
Steinmetz eine größere Anzahl immer kleiner werdender<br />
Gefäße der gleichen Form drehen.<br />
Organische Materialien: Textil- und Lederwaren,<br />
Holzobjekte und Knochenschnitzereien<br />
Obwohl in der Antike ein Markt für Textilien gefehlt<br />
haben soll, weil man die benötigten Stoffe zu Hause<br />
anfertigte, bezeugen zahlreiche Quellen die umfangreiche<br />
Produktion und den Vertrieb von Kleidung.<br />
Einem Papyrustext nach wurden in Oxyrhynchos<br />
jährlich 100000 einfache Gewänder produziert, was<br />
zur Notiz von Herodot passt, der die Weberei als typischstes<br />
Gewerbe von Ägypten bezeichnet und es<br />
daher das Land der Weber schlechthin nennt. Auch<br />
Hierapolis genoss für seine Textilerzeugnisse einen<br />
guten Ruf. Gallische Namen für Mäntel wie die von<br />
den Sequanern getragenen bardocuculli, die sich in<br />
Rom größter Beliebtheit erfreuten, weisen auf eine<br />
lokale Tracht, die später überregional bekannt und in<br />
Kleinasien sogar imitiert wurde. Der geschäftstüchtige<br />
libertus Q. Remmius Palaemon verdiente nicht<br />
nur an einer Grammatikschule und Weinbergen,<br />
sondern auch an den in seinen Manufakturen für den<br />
Verkauf produzierten Gewändern. Da viele Handwerker<br />
oft mit besonderen Fachkenntnissen nötig<br />
waren, um aus dem Rohmaterial tragbare Kleidung<br />
herzustellen, hat das Textilhandwerk neben der Lebensmittelproduktion<br />
als einer der aufwendigsten<br />
Arbeitsprozesse des antiken Gewerbes überhaupt zu<br />
gelten. Zudem setzte das Anfertigen einzelner Gewänder<br />
wie der Toga, die ihren Träger als Angehörigen<br />
eines bestimmten Standes auswies, einige Erfahrung<br />
voraus.<br />
Schon damals kannte man verschiedene, zum Teil<br />
sehr teure Stoffqualitäten. Leinen aus Tarsos und Alexandria<br />
sowie Seide aus Berytos, Tyros oder sogar China<br />
genossen eine allgemein hohe Wertschätzung, waren<br />
als Luxuswaren genau wie das feine Byssus aber<br />
sicher nur für einen kleinen elitären Abnehmerkreis<br />
erschwinglich. Diesen goldschimmernden, nicht<br />
färbbaren Stoff webte man aus dem reißfesten, bis zu<br />
20 cm langen Faserbart der Edlen Steckmuscheln, mit<br />
denen sich die Tiere im sandigen Boden verankerten.<br />
Da pro Muschel nur 1 bis 2 g Rohbyssus gewonnen<br />
werden konnten, waren bis zu 4000 Tiere für 1 kg<br />
Byssus erforderlich. Die in augusteischer Zeit noch<br />
hochgeschätzte Seide aus Kos (lubrica Coa?) wurde<br />
später durch die – auch in Palmyra verarbeiteten? –<br />
chinesischen Importe verdrängt. Aus Kilikien stammten<br />
Gewebe aus Ziegenhaaren (cilicia).<br />
In den nordwestlichen Provinzen sind ausschließlich<br />
tierische und pflanzliche Rohstoffe wie Wolle und<br />
Leinen bzw. Hanf für Textilien genutzt worden. Hier<br />
organisierten Unternehmer außer der Produktion offenbar<br />
auch den Warenvertrieb. Ihre Tätigkeit geht<br />
damit über die der einfachen Handwerker hinaus, die<br />
das Rohmaterial für Privatkunden oder im <strong>Verlag</strong>swesen<br />
verarbeiteten. Die Bedeutung des Textilgewerbes<br />
in den Villen, wo Kleider bevorzugt während der<br />
Wintermonate angefertigt worden sein dürften, ist bis<br />
jetzt nicht sicher zu bestimmen.
72 | Das römische Handwerk<br />
Organische Materialien: Textil- und Lederwaren, Holzobjekte und Knochenschnitzerein |<br />
73<br />
Die bei der Schafschur im Frühsommer benutzten<br />
Metallscheren ähneln den noch heute gängigen Formen,<br />
obwohl das Vlies manchmal auch von Hand<br />
ausgerissen wurde. Das anfangs bräunliche Haar der<br />
kleinen ziegenähnlichen Tiere war im Laufe der Zeit<br />
zu einer qualitätvollen Faser von hellem Ton veredelt<br />
worden. In Italien schützte man besonders feine,<br />
wertvolle Wolle vor Verunreinigungen, indem man<br />
den Schafen lederne Überzüge anlegte. Da das heute<br />
als Krempeln bezeichnete Auflockern der Faserbündel<br />
unbekannt war, kämmten professionelle lanarii<br />
pectinarii mit grobzinkigen Eisenkämmen (pectares)<br />
vor allem bei langhaarigem Vlies Unreinheiten aus.<br />
Dabei parallelisierten sie zugleich auch die Fasern,<br />
nachdem ein Bad in heißem, mit Seifenkraut versetztem<br />
Wasser das Wollfett reduziert, aber nicht vollständig<br />
entfernt hatte. Gute Qualitäten wie die lana<br />
Gallicana aus Gallien konnten entweder vor Ort weiterverarbeitet<br />
oder an die in Städten wie Rom tätigen<br />
lanarii geliefert werden. Sogar in der Baetica reagierte<br />
man auf die sich ändernde Nachfrage und führte<br />
seit dem frühen 1. Jh. statt fertiger Textilien zunehmend<br />
Rohwolle aus.<br />
Flachs, mit 50 bis 90 cm langen Fasern der wichtigste<br />
pflanzliche Rohstofflieferant, wurde vor allem<br />
im Osten des Römischen Reiches angebaut. Aber<br />
auch die keltischen Stämme der Morini und Caleti<br />
produzierten im Nordwesten Galliens schon vor den<br />
später weltweit bekannten flämischen Handwerkern<br />
qualitativ hochwertiges Leinen, mit dem sie vor allem<br />
die in Gesoriacum/ Boulogne-sur-Mer stationierte<br />
britannische Flotte belieferten. Man raufte Flachs bereits<br />
bei der sogenannten Gelbreife vorsichtig von<br />
Hand aus, um die langen Fasern nicht zu brechen,<br />
und trocknete die zu Garben gebundenen, kopfüber<br />
aufgestellten Stängel einige Tage. Anschließend wurden<br />
sie bei einem Röste/ Rotte genannten Vorgang gewässert<br />
oder gedörrt, damit die in die aufgebrochene<br />
Epidermis eindringenden Mikroorganismen die Fasern<br />
vom umgebenden Gewebe lösen konnten. Bevor<br />
das Material gänzlich verdarb, musste der Flachs wieder<br />
getrocknet und anschließend einzeln mit Holzhauen<br />
aufgeschlagen werden. Erst dann ließen sich<br />
die kleinteiligen Rindenreste von den Fasern trennen,<br />
die beim Hecheln parallelisiert und zugleich von den<br />
letzten noch anhaftenden Unreinheiten befreit wurden.<br />
Dabei fiel auch das kurzfaserige, z.B. für Dochte<br />
verwendete Werg an. Der ähnlich aufbereitete Hanf<br />
diente vor allem für den nautischen Bedarf wie das<br />
Kalfatern.<br />
Das Verspinnen aller textilen Rohfasern war eine<br />
arbeitsintensive, von den Frauen eines Haushaltes<br />
ganzjährig betriebene Tätigkeit, auch wenn die Notiz,<br />
dass am 4. August mit der Arbeit an 28 Pfund Wolle<br />
begonnen wurde, eher auf die Winterzeit weist. Nach<br />
den altrömischen mos maiorum galt das Spinnen sogar<br />
für die matronae der höheren Schichten als standesgemäße<br />
Beschäftigung. Daher tragen Frauen auf<br />
den Grabsteinen als Zeichen ihrer Würde die meist<br />
als Schmuckring fehlinterpretierte Fingerkunkel, einen<br />
mit 25 cm Länge meist recht kurzen Handrocken,<br />
dessen ringförmiges Ende am Ringfinger steckt. Die<br />
gläsernen Kunkeln aus sepulkralem Kontext dienten<br />
wohl tatsächlich nur als Schmuck und nicht der prakti<br />
schen Tätigkeit.<br />
Außer einiger Übung verlangte das Spinnen viel<br />
Fingerspitzengefühl, denn von der Festigkeit und der<br />
Stärke des Garnes hingen letztlich Stoff- und Fadenqualität<br />
ab. Den 20 bis 30 cm langen Spinnrocken aus<br />
Holz oder Bein, auf dem das Vliesknäuel befestigt<br />
war, hielt die Spinnerin in der Linken. Davon zupfte<br />
sie mit den Fingern der rechten Hand einige Fasern<br />
ab und verzwirbelte sie gleichzeitig zu einem Faden<br />
der gewünschten Stärke, den die durch das Gewicht<br />
des Spinnwirtels tanzende Spindel – ein ebenfalls bis<br />
zu 30 cm langer, an einem Ende abgerundeter Stab –<br />
zu einem möglichst gleichmäßigen Garn verdrehte.<br />
Nach den unterschiedlichen lokalen Traditionen bevorzugte<br />
man im Westen die z-förmig im Uhrzeigersinn<br />
laufende, im Osten dagegen die gegenläufige<br />
oder s-förmige Drehung. Geringe Unebenheiten des<br />
Die von den antiken Schäfern<br />
bei der Schafschur benutzten<br />
Scheren sind nicht nur in großer<br />
Zahl erhalten geblieben,<br />
sondern ähneln von ihrer<br />
Form her auch den noch heute<br />
gebräuchlichen Werkzeugen,<br />
wie die Anzeige aus dem<br />
Katalog von manufactum im<br />
Vergleich zu einem römischen<br />
Exemplar zeigt.<br />
Palmyra, Syrien, Hypogäum<br />
des Artaban. Loculusplatte<br />
einer Dame mit Spinnrocken,<br />
2. Jh. n.Chr.<br />
Tabarka (Tunesien), Raum<br />
mit drei Apsiden. Dargestellt<br />
ist bei den Szenen aus dem<br />
ländlichen Leben auch die<br />
Schäferin, die in der Nähe<br />
eines Stalles ihre Schafe<br />
hütet und zugleich das Vlies<br />
zu Wolle verspinnt.<br />
Fadenstrangs konnte das anschließende Verzwirnen<br />
ausgleichen. Während sich hölzerne Spindeln nur selten<br />
erhalten haben, finden sich in Siedlungen oder<br />
Villen häufig tönerne, scheibenförmige Spinnwirtel<br />
bzw. solche aus Bein. Besonders kostbare Spindeln<br />
waren mit Gewichten aus Bernstein, Gagat oder sogar<br />
so ausgefallenen Materialien wie Elfenbein und Eisen<br />
beschwert.<br />
Auch Weben gehörte zu den Tätigkeiten des häuslichen<br />
Fleißes, das den Webgewichten nach auf zahlreichen<br />
Gutshöfen betrieben wurde. Ihrem gehäuften<br />
Auftreten nach dürften Ateliers in den Villen Biberist/<br />
Spitalhof und Orbe-Bosceaz Tuchwaren sogar<br />
über den Eigenbedarf hinaus für den Verkauf produziert<br />
haben, was Columella, der beispielsweise Wollkämmer<br />
zur familia einer Farm rechnet, für wirt-<br />
schaft lich sinnvoll hielt. Vereinzelt bestanden auch<br />
Werkstätten wie das textrinum in Pompeji, wo eine<br />
Wandkritzelei den Arbeitsbeginn an einem Webauftrag<br />
vermerkte. Dass gewerbliche Webereien ebenso<br />
wie Weber insgesamt seltener bezeugt sind, erklärt<br />
sich wohl durch eine häufig im <strong>Verlag</strong>swesen vergebe -<br />
ne Tätigkeit, die z.B. für die in Vindolanda gekaufte<br />
Wolle vorausgesetzt werden darf. Die im 1. Jh. üblichen<br />
vertikalen Webstühle blieben zwar nicht erhalten,<br />
waren aber den pyramidalen Webgewichten aus<br />
Ton nach reichsweit in Siedlungen und Villen in<br />
Gebrauch. Ihr Rückgang im 2. und 3. Jh. hängt ausschließlich<br />
mit dem neu entwickelten horizontalen<br />
Webstuhl zusammen, bei dem die Kette nicht mehr<br />
mit Gewichten, sondern mit dem Kettbaum straff gespannt<br />
wurde, was eine rationellere Arbeit zuließ. Erhaltene<br />
Textilien zeigen verschiedene Bindungstechniken<br />
wie die mehrfach variierte Leinwand- und<br />
Köperbindung.<br />
Die Brettchenweberei ist durch Funde der dafür<br />
benötigten Brettchen aus Bein belegt. Mit dieser<br />
Technik stellte man bevorzugt bunte Borten her, die<br />
auf Gewänder aufgenäht wurden.<br />
Die locker gewebten Wollwaren verdichtete erst<br />
der Walker zu einem festeren Stoff mit glatter Oberflächenstruktur<br />
oder zu Filz. Sie konnten bei dem<br />
hohen Bedarf an Textilien sicher mit einem guten<br />
Einkommen rechnen, zumal sie die Kleider auch reinig<br />
ten. Während in jedem Haus gewebt werden<br />
konnte, erforderte das Walken eine ausreichende<br />
Wasserversorgung. An vielen wasserdicht ausgekleideten<br />
Wannen oder Fässern, die in den Boden einge-