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<strong>B|BRAUN</strong><br />

4 Wasser und Elektrolythaushalt........................................................ 20<br />

4.1 Wasser (H2O) .............................................................................................................20<br />

4.2 Salze ............................................................................................................................22<br />

4.3 Osmose.......................................................................................................................23<br />

4.3.1. Der osmotische Druck...................................................................................23<br />

4.3.2. Der kolloid- osmotische oder onkotische Druck........................................24<br />

4.4 pH-Regulation (Regulation des Säure-Basen Haushaltes)................................24<br />

4.5 Hormonelle Regulation.............................................................................................26<br />

4.6 Der Wasserhaushalt des Gesunden.......................................................................26<br />

4.6.1 FlüssigkeitsAufnahme...................................................................................27<br />

4.6.2 Flüssigkeitsabgabe........................................................................................27<br />

4.6.3 Flüssigkeitsverschiebungen im Magen-Darm-Trakt.................................28<br />

4.7 Zusammenfassung ....................................................................................................29<br />

4.8 Kontrollfragen.............................................................................................................29<br />

19


<strong>B|BRAUN</strong><br />

4<br />

WASSER UND<br />

ELEKTROLYTHAUSHALT<br />

Eine zentrale Rolle für die Infusionstherapie spielt der Wasser- und Elektrolythaus-<br />

halt des Menschen. Zunächst werden die wichtigsten Räume des Organismus vor-<br />

gestellt, in denen sich Wasser befindet und anschließend die wichtigsten Salze, die<br />

im menschlichen Körper vorkommen. Dem folgt eine Erläuterung der grundlegenden<br />

Regulationsmechanismen, die dem Ausgleich von Verschiebungen im Wasser- und<br />

Elektrolythaushalt dienen. Das Kapitel schließt mit Ausführungen zum Wasserhaus-<br />

halt des Menschen, einschließlich dem Verlauf von Flüssigkeitsaufnahme und -<br />

abgabe.<br />

Lernziele<br />

4.1 WASSER (H2O)<br />

Benennung der Organismusräume, in denen Wasser<br />

vorhanden ist sowie deren prozentuale Anteile<br />

Aufzählung der wichtigsten Kationen und Anionen<br />

Beschreibung des Vorgangs der Osmose und<br />

Kenntnis derzugehörigen Fachbegriffe<br />

Kenntnis der Regulationsmechanismen des Säure-<br />

Basen-Haushalts<br />

Benennung der Mechanismen der Wasseraufnahme<br />

und -abgabe sowie deren Anteile<br />

Beschreibung des Vorgangs der<br />

Flüssigkeitsverschiebung im Magen-Darm-Trakt<br />

Der erwachsene menschliche Körper besteht zu etwa 60% seines Gewichtes aus<br />

Wasser. Durch den Zell- und Gewebeaufbau kann man den Organismus in<br />

verschiedene Räume aufteilen, in denen Wasser bzw. wässrige Lösungen vorhan-<br />

den sind. Hier wird unterschieden zwischen intrazellulärem und extrazellulärem<br />

Raum. Letzterer kann in einen interstitiellen und in einen intravasalen Anteil unterteilt<br />

20


<strong>B|BRAUN</strong><br />

werden. In der Tabelle 1 ist die prozentuale Verteilung der Körperflüssigkeiten über<br />

die unterschiedlichen Räume wiedergegeben.<br />

INTRAZELLULÄRER RAUM (ICR)<br />

Alle Stoffwechselvorgänge in den Körperzellen spielen sich im wässrigen Milieu<br />

ab.<br />

EXTRAZELLULÄRER RAUM (ECR)<br />

Außerhalb der Zellen dient Wasser als Transportmittel zu und von den Zellen<br />

und als Lösungsmittel für die Körperkolloide. Der extrazelluläre Raum teilt sich<br />

weiter auf in:<br />

interstitiellen Anteil (Interstitium)<br />

Alle Zellen sind durch feinste Spalträume voneinander getrennt. Diese extra-<br />

zellulären Spalträume werden Interstitium genannt. Sie gewährleisten, dass<br />

nahezu alle Zellen des Körpers von der gleichen Flüssigkeit umspült werden,<br />

in der die für die Versorgung der Zellen notwendigen Salze und Nährstoffe<br />

enthalten sind.<br />

intravasalen Anteil<br />

Der intravasale Anteil entspricht dem Plasmawasser.<br />

Tabelle 1: Verteilung der Körperflüssigkeit in % des Körpergewichtes von Männern,<br />

Frauen und Kindern<br />

Männer Frauen Kinder<br />

Gesamtkörperflüssigkeit 60 % 50 % 75 %<br />

Intrazellurärraum (IZR) 40 % 30 % 48 %<br />

Extrazellulärraum (EZR) 20 % 20 % 27 %<br />

Interstitieller Anteil 15 % 16 % 22 %<br />

intravasaler Anteil 5 % 4 % 5 %<br />

Merke<br />

Die Flüssigkeitsräume sind funktionell und anatomisch vonein-<br />

ander getrennt.<br />

21


<strong>B|BRAUN</strong><br />

4.2 SALZE<br />

Die Körperflüssigkeiten des Menschen enthalten verschiedene Salze, die in den<br />

wässrigen Lösungen in eine gleich große Anzahl elektrisch geladener Teilchen<br />

(Ionen) zerfallen (dissoziieren). Die extrazelluläre Flüssigkeit enhält an Salzen im<br />

wesentlichen gelöstes Kochsalz, nämlich etwa 9 Gramm pro Liter. Man unterscheidet<br />

positiv geladene Ionen (Kationen) und negativ geladene Ionen (Anionen), die in der<br />

Tabelle 2 aufgeführt sind. Daneben gibt es noch nicht dissoziierende Substanzen,<br />

wie Glukose, Harnstoff, Kreatinin.<br />

Tabelle 2: Kationen und Anionen<br />

Positiv geladene Ionen<br />

Kationen ( + )<br />

Natrium, Na +<br />

Kalium, K +<br />

Calcium, Ca ++<br />

Magnesium, Mg ++<br />

Wasserstoff, H +<br />

Negativ geladene Ionen<br />

Anionen ( - )<br />

Bicarbonat, HCO3 -<br />

Chlorid, CL -<br />

Phosphat, HPO4 --<br />

Proteine<br />

Organ-Säuren<br />

In jedem Flüssigkeitsraum ist die Elektrolytzusammensetzung und Konzentration<br />

verschieden. Der Organismus ist ständig bemüht, seine Wasser- und Elektrolytver-<br />

teilung konstant zu halten. Zur Aufrechterhaltung der Homöostase (Gleichgewicht)<br />

stehen verschiedene Mechanismen zur Verfügung, die im folgenden erläutert wer-<br />

den.<br />

22


<strong>B|BRAUN</strong><br />

4.3 OSMOSE<br />

Unter Osmose versteht man den Durchgang eines der Bestandteile einer Phase<br />

durch eine Membran in eine andere Phase. Semipermeable Membranen sind nur für<br />

bestimmte Bestandteile durchlässig, während andere Bestandteile nicht durchgelas-<br />

sen werden.<br />

Die Zellwände sind semipermeable Membranen, d. h. sie lassen Wassermoleküle<br />

durch aber keine gelösten Teilchen. Steigt z. B. die extrazelluläre Elektrolytkonzen-<br />

tration an, so diffundiert Wasser aus der Zelle heraus, wodurch die Konzentration in<br />

der Zelle erhöht und die extrazelluläre Flüssigkeit verdünnt wird.<br />

In der Abbildung 4 wird der Vorgang der Osmose verdeutlicht: Wasser diffundiert frei<br />

durch die semipermeable Membran (M), wobei der Hauptstrom von der weniger kon-<br />

zentrierten Lösung (B) zur höher konzentrierten Lösung (A) (siehe Pfeil) gerichtet ist.<br />

Abbildung 4: Darstellung einer Osmose. Die Konzentration der Flüssigkeiten ist<br />

durch die Anzahl schwarzer Punkte, die gelöste Teilchen darstellen sollen, wiedergegeben.<br />

4.3.1. DER OSMOTISCHE DRUCK<br />

Er wird bestimmt durch die Anzahl aller Ionen und molekularen Bestandteile, die in<br />

einer Lösung enthalten sind. Er wird gemessen in Milliosmol (mosm). Die osmotische<br />

Gesamtkonzentration des Plasmas (flüssiger Teil des Blutes) beträgt ca. 280 mosm/l.<br />

Lösungen, die die gleiche Osmolarität aufweisen wie Plasma, bezeichnet man als<br />

isoosmolar; Lösungen mit höherer Osmolarität sind hyperosmolar und solche mit<br />

niedrigerer Osmolalität hypoosmolar (s. Tab. 3).<br />

23


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Tabelle 3: Osmotischer Druck des Plasmas<br />

300 mosm/l = isoosmolar<br />

mehr als 300 mosm/l = hyperosmolar<br />

weniger als 300 mosm/l = hypoosmolar<br />

4.3.2. DER KOLLOID- OSMOTISCHE ODER ONKOTISCHE<br />

DRUCK<br />

Ein weiterer Mechanismus, welcher der Verteilung von Flüssigkeiten in den Räumen<br />

dient, ist der kolloid-osmotische (oder onkotische) Druck. Darunter versteht man die<br />

Wasserbindungsfähigkeit der gelösten Eiweißteilchen. Der Intravasalraum ist durch<br />

das in ihm enthaltene Blutplasma besonders reich an Proteinen, so dass Wasser<br />

dem Interstitum entzogen wird, welches durch den hydrostatischen Druck (Kapillar-<br />

druck, abhängig vom arteriellen Blutdruck) dort hinein gelangte. Verarmt das Blut-<br />

plasma an Proteinen, so kommt es zur Flüssigkeitsansammlung im Interstitum, den<br />

Ödemen.<br />

4.4 pH-REGULATION<br />

(REGULATION DES SÄURE-BASEN-HAUSHALTES)<br />

Definition: pH = Maßeinheit für die Konzentration von Wasserstoffionen in wässri-<br />

gen Lösungen, die den Säure- bzw. Basengehalt der Lösung bestimmen.<br />

Saure Lösungen besitzen einen pH-Wert unter 7,0 (bis max. 0) und haben<br />

Wasserstoffionen im Überschuß.<br />

Basische Lösungen dagegen besitzen einen pH-Wert über 7,0 (bis max. 14). Sie<br />

sind in der Lage, Wasserstoffionen aufzunehmen.<br />

Der Blut-pH-Wert entspricht der Wasserstoffkonzentration (H + - Ionenkonzentration)<br />

im Plasma und gibt Auskunft über dessen Säure-Basen-Gehalt. Wie in Abbildung 6<br />

ersichtlich, beträgt der normale pH-Wert des menschlichen arteriellen Blutes 7,40.<br />

Ersichtlich sind des weiteren die physiologischen Schwankungen (7,35-7,45), die<br />

Azidose und Alkalose (s. Glossar).<br />

24


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Abbildung 5: Säure-Basen-Haushalt.<br />

Normalerweise übernehmen die Nieren und die Lungen die Ausscheidung der im<br />

Körper anfallenden überschüssigen Säuren bzw. basischen Stoffe. Bei Störungen<br />

eines oder beider Organe, bei übermäßiger Belastung des Organismus mit sauren<br />

bzw. basischen Stoffen oder durch abnormen Verlust von Säuren und Basen, resul-<br />

tiert eine Abweichung von der Norm, es kommt zur pH-Verschiebung, die raschmög-<br />

lichst behoben werden muss: Der Körper aktiviert seine Puffersysteme.<br />

Diese Puffersysteme sind imstande, je nach Bedarf H + - Ionen abzugeben bzw. H + -<br />

Ionen aufzunehmen oder zu binden. Diese Pufferkapazität ist aber nach einer gewis-<br />

sen Zeit erschöpft. Puffersubstanzen sind Proteine, Bicarbonat, Phosphat und<br />

Hämoglobin. Die wichtigste Puffersubstanz ist Bicarbonat HCO3 - , das bei der Atmung<br />

frei wird.<br />

Beide Mechanismen, Pufferung und Ausscheidung anfallender H + - Ionen ermögli-<br />

chen im Normalfall eine Konstanthaltung des pH-Wertes. Sind sie dazu nicht mehr in<br />

der Lage, kommt es zur Störung des Säure-Basen-Gleichgewichtes, zur pH-Ver-<br />

schiebung. Liegt die Ursache in einem pulmonalen (atmungsbedingten) Versagen,<br />

spricht man von einer respiratorischen, andernfalls von einer metabolischen (Stoff-<br />

wechselbedingten) Azidose bzw. Alkalose.<br />

25


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4.5 HORMONELLE REGULATION<br />

Unter der Voraussetzung ausreichender Zufuhr ist der Körper in der Lage, durch das<br />

Zusammenspiel verschiedener Hormone seinen Wasser- und Elektrolythaushalt<br />

ständig konstant zu halten. Wird die Kapazität der körpereigenen Regulationsme-<br />

chanismen überfordert, so kommt es zu Störungen in der Flüssigkeitsbilanz.<br />

4.6 DER WASSERHAUSHALT DES GESUNDEN<br />

Wie bereits erwähnt, besteht der menschliche Körper zu ca. 60% seines Gewichtes<br />

aus Wasser. Dieser Wassergehalt wird mit großer Genauigkeit konstant gehalten.<br />

Wasseraufnahme und -abgabe sind jeweils auf verschiedenen Wegen möglich. Ab-<br />

bildung 6 gibt einen Überblick über die durchschnittliche Wasseraufnahme und Ab-<br />

gabe beim Erwachsenen.<br />

Nahrung<br />

Trinken<br />

Oxidationswasser<br />

(aus Gewebs- und<br />

Nahrungsabbau)<br />

Aufnahme Abgabe<br />

700 ml<br />

1000<br />

bis<br />

1500<br />

ml<br />

300 ml<br />

100 ml<br />

1000<br />

bis<br />

1500<br />

ml<br />

400 ml<br />

500 ml<br />

Gesamt 2000 - 2500 ml 2000 - 2500 ml<br />

Stuhl<br />

Urin<br />

Lungen<br />

+<br />

Haut<br />

Unmerkliche<br />

Wasserabgabe<br />

(perspiratio<br />

insensibilis)<br />

Abbildung 6: Durchschnittliche Wasseraufnahme und Abgabe beim Erwachsenen<br />

(70kg)<br />

26


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4.6.1 FLÜSSIGKEITSAUFNAHME<br />

Normalerweise beträgt der Flüssigkeitsumsatz bei einem gesunden Erwachsenen 2<br />

bis 3 l täglich. Zur Einfuhr rechnen nicht nur Getränke, sondern auch Wasser, das in<br />

festen Speisen enthalten ist (präformiertes Wasser) und das durch Verbrennung ent-<br />

stehende Wasser (Oxidationswasser). Den größten Teil der Einfuhr macht jedoch die<br />

tägliche Trinkmenge von ca. 1 ½ l aus. Die Aufnahme setzt sich aus den drei Volu-<br />

mina zusammen (s. Tab. 4). Das in fester Nahrung enthaltene Wasser beeinflußt den<br />

Bedarf des Körpers an notwendiger Trinkmenge erheblich.<br />

Tabelle 4 : Trinkmenge, präformiertes Wasser u. Oxidationswasser im Verhältnis<br />

Trinkmenge präformiertes Wasser Oxidationswasser<br />

4 2 1<br />

Trinkwasser wird rasch in das Plasmakompartiment resorbiert. Ohne gleichzeitige<br />

Zufuhr fester Speisen ist für diesen Vorgang weniger als eine Stunde erforderlich. Als<br />

direkte Folge kommt es zu einer Erhöhung des Blutdruckes, was zu einer Eröffnung<br />

”inaktiver” Kapillargebiete und venöser Gefäße in Leber und Milz führt. Anschließend<br />

kommt es zum Übertritt von Wasser in das Interstitium und letztlich, da eine Zu-<br />

nahme von Wasser im Interstitium den osmotischen Druck dieses Kompartiments<br />

vermindert, auch zu einer Verschiebung von Wasser in die Zelle.<br />

Das Verhalten der Niere während dieser Anpassungsperiode hängt vom Flüssig-<br />

keitsstatus vor der Flüssigkeitszufuhr ab. Hat zuvor eine Hämokonzentration (Eindik-<br />

kung des Blutes) durch Flüssigkeitsmangel bestanden, so beginnt die Niere erst<br />

dann mit der Flüssigkeitsausscheidung, wenn alle drei Kompartimente ihr Normalvo-<br />

lumen wieder aufgefüllt haben. Ein Überangebot an Flüssigkeit wird dagegen selbst-<br />

verständlich umgehend durch die Niere ausgeschieden.<br />

4.6.2 FLÜSSIGKEITSABGABE<br />

Die Abgabe wird vor allem von der Niere reguliert. Die anderen Ausscheidungswege<br />

sind nicht so augenscheinlich, aber deshalb nicht weniger lebensnotwendig. Wäh-<br />

rend Wasser mit Stuhl und Urin in flüssiger Form ausgeschieden wird, geht dem<br />

Körper über die Lunge Wasser in Form von Wasserdampf verloren. Auch über die<br />

Haut wird Wasser in der Regel in Dampfform abgegeben. Der Wasserverlust über die<br />

Haut kann bei Überhitzung des Körpers in einen sichtbaren<br />

27


<strong>B|BRAUN</strong><br />

Flüssigkeitsverlust in Form von Schweiß umschlagen. Für den unbemerkt<br />

stattfindenden Flüssigkeitsverlust über Haut und Lunge wird der Ausdruck<br />

”perspiratio insensibilis” verwendet. Er beträgt ca. 1 Liter pro Tag. Dieser Wert steigt<br />

pro Grad Fieber um weitere 500 ml.<br />

4.6.3 FLÜSSIGKEITSVERSCHIEBUNGEN IM MAGEN-DARM-<br />

TRAKT<br />

Eine spezielle Situation von ”Flüssigkeitsgleichgewichten” besteht zwischen dem<br />

Blut-Plasma und den Sekreten des Verdauungstraktes, die ihrerseits aus Plasma<br />

gebildet werden. Die Gesamtmenge der im Verdauungstrakt abgesonderten Flüssig-<br />

keiten kann innerhalb von 24 h bis zu 8.200 ml betragen. Die Abbildung 8 gibt wie-<br />

der, welche Flüssigkeitsarten in welcher Menge verloren gehen können.<br />

Diese erhebliche Flüssigkeitsmenge wird bis auf einen mit dem Stuhl ausgeschiede-<br />

nen Rest von 150 ml durch die Dünn- und Dickdarmschleimhaut in die Blutbahn rück-<br />

resorbiert. So ist es erklärlich, dass anhaltendes Erbrechen und Durchfälle – ohne<br />

Ersatz des Elektrolyt- und Flüssigkeitsverlustes – innerhalb von Stunden tödlich en-<br />

den können. Dies kann durch massive Infusionsgabe verhindert werden.<br />

Galle (500 ml)<br />

Pankreassekret (700 ml)<br />

Speichel (1500 ml)<br />

Magensaft (2500 ml)<br />

Dünndarmsekret (3000 ml)<br />

Abbildung 7 : Flüssigkeitsarten (mit Mengenangaben), die durch anhaltendes<br />

Erbrechen und Durchfälle verloren gehen können<br />

28


<strong>B|BRAUN</strong><br />

4.7 ZUSAMMENFASSUNG<br />

Der Wasser- und Elektrolythaushalt des Menschen nimmt eine zentrale Rolle für die<br />

Infusionstherapie ein. Der Organismus ist in verschiedene Räume aufgeteilt, in de-<br />

nen Wasser bzw. wässrige Lösungen vorhanden sind. Man unterscheidet zwischen<br />

intrazellulärem und extrazellulärem Raum, wobei letzterer sich unterteilt in einen<br />

interstitiellen und einen intravasalen Anteil.<br />

Die Flüssigkeitsräume sind funktionell und anatomisch voneinander getrennt. In je-<br />

dem Flüssigkeitsraum ist die Elektrolytzusammensetzung und Konzentration ver-<br />

schieden. Der Organismus ist ständig bemüht, seine Wasser- und Elektrolytvertei-<br />

lung konstant zu halten. Zur Aufrechterhaltung der Homöostase (Gleichgewicht) ste-<br />

hen verschiedene Mechanismen zur Verfügung: Die Osmose (Durchgang von Was-<br />

ser durch wasserdurchlässige Membranen, die gelöste Stoffe nicht passieren las-<br />

sen), Mechanismen der pH-Regulation (Ausscheidung und Aktivierung der Puffer-<br />

systeme) und hormonelle Regulation.<br />

Der Anteil von Wasser am menschlichen Gewicht ist sehr hoch (60%). Die Wasser-<br />

aufnahme wird durch die Einfuhr von Trinken, präformiertem Wasser und Oxida-<br />

tionswasser geleistet. Die Flüssigkeitsabgabe vollzieht sich über Urin, Stuhl und die<br />

unmerkliche Wasserabgabe durch Lungen und Haut (”perspiratio insensibilis”). Der<br />

Wassergehalt wird mit großer Genauigkeit konstant gehalten. Eine spezielle Situation<br />

von Flüssigkeitsgleichgewichten besteht zwischen dem Blut-Plasma und den Sek-<br />

treten des Verdauungstraktes. Aus dieser Situation können anhaltendes Erbrechen<br />

und Durchfälle tödlich enden, was jedoch durch massive Infusionsgabe verhindert<br />

werden kann.<br />

4.8 KONTROLLFRAGEN<br />

Nennen Sie die verschiedene Räume des Köpers, in denen Wasser bzw.<br />

wässrige Lösungen vorhanden sind!<br />

Wie verteilen sich die Köperflüssigkeiten über die verschiedenen Räume (in %)?<br />

Nennen Sie die wichtigsten Kationen und Anionen in den Körperflüssigkeiten des<br />

Menschen!<br />

Beschreiben Sie kurz die wichtigsten Mechanismen, die zur Aufrechtererhaltung<br />

der Homöostase zur Verfügung stehen!<br />

29


<strong>B|BRAUN</strong><br />

Wie hoch ist der osmotische Druck des Blutplasmas? Wie bezeichnet man die<br />

Druckabweichungen nach oben und unten?<br />

Wie hoch ist der normale pH-Wert des menschlichen arteriellen Blutes? Wann<br />

spricht man von Azidose bzw. Alkalose?<br />

Was wird bei pH-Verschiebungen durch die Puffersysteme geleistet?<br />

Nennen Sie die wichtigsten Puffersubstanzen bei pH-Verschiebungen!<br />

Beschreiben Sie die durchschnittliche Wasseraufnahme und -abgabe eines<br />

Erwachsenen!<br />

Welche Verhältnisse bestehen durchschnittlich zwischen Trinkmenge,<br />

präformiertem Wasser und Oxidationswasser?<br />

Beschreiben Sie mögliche Konsequenzen aus dem “Flüssigkeitsgleichgewicht”<br />

zwischen Blut-Plasma und den Sekreten des Verdauungstraktes!<br />

30


<strong>B|BRAUN</strong><br />

GLOSSAR: ERKLÄRUNG VON FACHAUSDRÜCKEN<br />

Albumin<br />

Eiweißstoff im Blut, der das Wasser im Gewebesystem<br />

bindet<br />

Alkalose Krankhafter Basenüberschuß im Blut, z. B. bei Verlust<br />

saurer Sekrete (Erbrechen)<br />

Alkalität Basenüberschuß einer Lösung<br />

Aminosäuren Eiweißbausteine<br />

Anitkörpertiter Gehalt einer Lösung an Antikörpern (Substanz, die im<br />

Blut gebildet wird und den Körper gegen bestimmte<br />

Krankheiten schützt)<br />

Atom Elementarbaustein<br />

Azidität Säuregehalt einer Lösung<br />

Azidose Krankhafte Übersäuerung des Blutes durch Stoff-<br />

wechselprodukte<br />

Bicarbonat Saures Salz der Kohlensäure. Im Blut vorkommender<br />

Stoff, der Wasserstoffionen (H+) bindet und dadurch eine<br />

Übersäuerung (Azidose)verhindert. Wird bei Störungen<br />

durch Infusion künstlich zugeführt (Puffersubstanz)<br />

Bltuplasma Blut ohne Zellbestandteile<br />

Dextran Aus Glukosemolekülen aufgebauter hochmolekularer<br />

Zucker, der in Lösungen als Volumenersatzmittel Ver-<br />

wendung findet.<br />

Diffusion Allmähliche selbsttätige Vermischung von gasförmigen ,<br />

flüssigen oder festen Stoffen, die untereinander in<br />

Berührung stehen, bis zur völligen Einheitlichkeit.<br />

Elektrolyt Stoff, der in einer Lösung den elektrischen Strom leitet,<br />

z. B. Säuren, Laugen, Salze. Gegensatz: Nichtelektro-<br />

lyte, z. B. Zucker<br />

31


<strong>B|BRAUN</strong><br />

Enteral durch den Magen-Darm-Trakt<br />

Ester Verbindung aus Alkoholen u. Säuren<br />

Extrazellulär Außerhalb der Zelle<br />

Glykogen Speicherungsform der Zucker im Körper (Leber, Muskel)<br />

Glyzerin dreiwertiger, sirupartiger Alkohol<br />

Homöostase Durch den Regulationsmechanismus aufrechterhaltene<br />

Stabilität gewisser Körperfunktionen wie Stoffwechsel,<br />

Temperatur, Blutdruck u. a. gegenüber vielfältigen Ein-<br />

flüssen.<br />

Hyper erhöht<br />

Hypo erniedrigt<br />

Insuffizienz ungenügende Leistung<br />

Interstitum Zwischenzellgewebe<br />

Intrazellulär innerhalb der Zelle<br />

Inkompatibel unverträglich<br />

Ionen Atome oder Atomgruppen mit positiver (+ Kation) oder<br />

negativer (- Anion) elektrischer Ladung<br />

Isoton Lösung mit der gleichen Anzahl osmotisch wirksamer<br />

Teilchen wie eine Vergleichslösung, z. B. Blut (Blut-<br />

isoton)<br />

Kalorie Die Wärmemenge, die 1 l Wasser von 14,5 auf 15,5° C<br />

erwärmt.<br />

Katabolismus Abbaustoffwechsel<br />

Kohlendioxid (CO2) Gas, das beim Stoffwechsel der Zellen entsteht und über<br />

die Lungen ausgeatmet wird. Führt bei Lungenversagen<br />

durch Anhäufung im Blut zur sogenannten Azidose.<br />

32


<strong>B|BRAUN</strong><br />

Kolloide Stoffe, die sich in feinster, mikroskopisch nicht mehr er-<br />

kennbarer Verteilung in einem Lösungsmittel befinden,<br />

aber nicht echt gelöst sind (Eiweiß, Dextran).<br />

Kolloidale Lösung Medizinisch: Lösung von Kolloiden mit starkem Wasser-<br />

Kolloidosmotischer<br />

(onkotischer) Druck<br />

Kompatibilität Verträglichkeit<br />

bindungsvermögen zum Blutvolumenersatz.<br />

Von in einer Lösung befindlichen Kolloiden mit starkem<br />

Wasserbindungsvermögen auf eine Membran (die sie<br />

nicht durchdringen können) ausgeübter Druck.<br />

Lactat Salz der Milchsäure, Stoffwechselprodukt der Zellen, das<br />

sich bei Kreislaufversagen im Blut anhäuft und zur soge-<br />

nannten Lactatazidose führt.<br />

Mannit Höherwertiger Zuckeralkohol<br />

Membran Zarte Haut, medizinisch: poröse Scheidewand, Grenz-<br />

fläche zwischen Zelle und Umgebung.<br />

Molekül Die kleinste Einheit einer chemischen Verbindung. Sie<br />

besteht aus Atomen, gleicher oder verschiedener Art.<br />

Molekulargewicht Gewicht eines Moleküls. Läßt auf seine Größe schließen,<br />

die beim Durchtritt durch Membranen eine Rolle spielt.<br />

Ödem Ansammlung wäßriger Flüssigkeit im Zwischenzell-<br />

gewebe.<br />

Osmose Konzentrationsausgleich durch eine poröse Scheide-<br />

wand (Membran) zwischen unterschiedlich konzentrier-<br />

ten Lösungen.<br />

Osmotischer Druck Bei Verwendung halbdurchlässiger (semipermeabler)<br />

Membranen entsteht osmotischer Druck, da solche<br />

Membranen nur für das Lösungsmittel, nicht aber für den<br />

gelösten Stoff durchlässig sind, so dass dieser auf die<br />

Membranen drückt.<br />

33


<strong>B|BRAUN</strong><br />

Osmolarität (Kurzbildung aus Osmose und Molekül) Konzentration<br />

Osmotherapie und<br />

Osmodiurese<br />

aller in einer Lösung osmotisch wirksamen Moleküle,<br />

ausgedrückt in Volumeneinheiten.<br />

Durch Infusion einer hochkonzentrierten Zuckerlösung<br />

(um den osmotischen Druck des Blutes zu erhöhen) wird<br />

der Einstrom von Gewebswasser in das Blut erzwungen<br />

(Beseitigung von Ödemen) und dadurch auch die<br />

Harnausscheidung vermehrt.<br />

Parenteral Unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes<br />

Phagozytose<br />

Aufnahme und Auflösung von Fremdköprern<br />

pH-Wert Maß für den Gehalt einer Lösung an Wasserstoffionen<br />

(H + ) (Maßzahl 1 – 14). Von diesem hängt ab, ob eine<br />

Lösung sauer (hoher Gehalt an H + -Ionen, Maßzahl 1 – 7)<br />

oder basisch (niedriger Gehalt an H + -Ionen, Maßzahl 7 –<br />

14) reagiert.<br />

Plasmaexpander Blutvolumen-Ersatzlösung, die über das zugeführte<br />

Volumen hinaus noch Flüssigkeit aus dem Zwischenzell-<br />

gewebe in die Blutbahn zieht.<br />

Proteine Zusammengesetzte Eiweißkörper<br />

Puffersubstanz Stoff, der sowohl WasserstoffIonen aufnehmen wie auch<br />

abgeben kann und dadurch Störungen im Säuren-<br />

Basen-Gleichgewicht ausgleicht.<br />

Reststickstoff (Rest-N) Gesamtgehalt an Nichteiweißstickstoff im Blut-<br />

serum, der nach völligen Ausfällen des Eiweißes aus<br />

dem Serum zurückbleibt. Der Rest-N besteht im wesent-<br />

lichen aus harnpflichtigen Schlackenstoffen aus dem<br />

Stoffwechsel.<br />

semipermeabel halbdurchlässig, z. B. bei Membranen, d. h. sie sind<br />

durchlässig für das Lösungsmittel, aber nicht für die<br />

gelöste Substanz.<br />

Serum Blutpasma nach Entzug des Fibrins<br />

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<strong>B|BRAUN</strong><br />

Sorbit höherwertiger Zuckeralkohol<br />

Substitution Ersatz<br />

Thrombophlebitis Entzündung der Gefäßwände<br />

Viskosität Zähigkeit, Dickflüssigkeit<br />

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