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Starke Frauen - Fokus Müttergesundheit - Bethlehem Mission ...

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inserie<br />

«Eine der wunderbarsten<br />

Aufgaben, die das Leben<br />

bereitstellt»<br />

Runa Patel erzählt vom anspruchsvollen Alltag der<br />

Hebammen in Sambia und Tansania: Sie kennt ihn<br />

aus eigener Erfahrung.<br />

Text: Runa Patel_Foto: bethlehem-mission.ch<br />

Zur Serie<br />

«<strong>Starke</strong> <strong>Frauen</strong> – <strong>Fokus</strong><br />

<strong>Müttergesundheit</strong>» ist<br />

ein Themenschwerpunkt<br />

der <strong>Bethlehem</strong><br />

<strong>Mission</strong> Immensee. Der<br />

WENDEKREIS widmet<br />

sich in einer Serie dem<br />

Thema, das nicht nur<br />

<strong>Frauen</strong> und Mütter betrifft,<br />

sondern auch<br />

Männer und Väter,<br />

Kinder und Jugendliche,<br />

im Norden wie<br />

im Süden.<br />

D<br />

ie Hebamme – die Person, die eine Frau wäh -<br />

rend der Schwangerschaft, Geburt und im Wochenbett<br />

unterstützt – hat wohl eine der wunderbarsten<br />

Aufgaben, die das Leben bereitstellt. Seit 2008<br />

bin ich selbst Hebamme; ich absolvierte die entsprechende<br />

Weiterbildung in Sambia, nachdem ich mich in<br />

Deutschland zur Krankenschwester hatte ausbilden lassen.<br />

Der Wunsch, Schwangere und Gebärende zu betreuen,<br />

war in mir während meines dreijährigen Einsatzes<br />

mit der <strong>Bethlehem</strong> <strong>Mission</strong> Immensee gereift,<br />

während dem ich in einem <strong>Mission</strong>sspital in Mpanshya,<br />

Sambia, arbeitete.<br />

In Afrika hat sich die Familienplanung vielerorts noch<br />

nicht etabliert. Kinderreichtum ist gewollt und angesehen,<br />

täglich ereignen sich viele Geburten. Die Hebamme<br />

hat, bis es so weit ist, wichtige Aufgaben inne. Während<br />

der Schwangerschaftsberatung, die sich in den letzten<br />

Jahren stark weiterentwickelt hat, berät sie etwa über<br />

Malaria-Prophylaxe und Anzeichen von Komplikationen;<br />

ausserdem geht es um Themen wie Hygiene, sauberes<br />

Trinkwasser, Ernährung während der Schwangerschaft,<br />

Verhütungsmethoden und HIV-Vorbeugung.<br />

Aber auch das Organisatorische rund um eine Geburt<br />

wird mit der Schwangeren besprochen: Wie kann sich<br />

die Frau organisieren, dass sie, wenn die Wehen einsetzen,<br />

das Spital oder die Klinik rechtzeitig erreicht?<br />

Allerdings sind die Anweisungen und Ratschläge, die<br />

ihnen gegeben werden, für viele <strong>Frauen</strong> eher unverständlichundimAlltagkaumumsetzbar.Dawirdüberdie<br />

Wichtigkeit einer eisenreichen Diät gesprochen, aber viele<br />

können sich die speziellen Nahrungsmittel, wie etwa<br />

roteBeteoderHühnerleber,nichtleisten.DasMoskitonetz<br />

zum Schutz gegen Malaria wird als Netz zum Fischen<br />

missbraucht und das eventuell erhaltene eiweissreiche<br />

Sojapulver muss für die gesamte Familie herhalten.<br />

Problemfaktor Abgelegenheit_Eine Schwangere<br />

sollte viermal in die Klinik zur Beratung kommen, nicht<br />

40 wendekreis 3_2013<br />

nur zur Beratung, sondern auch, um Medikamente gegen<br />

Würmer, zur Vorbeugung von Malaria, Blutarmut<br />

und Wundstarrkrampf-Impfung zu bekommen. Des<br />

Weiteren werden sie von den Hebammen untersucht<br />

und das Wohlsein des ungeborenen Kindes wird überprüft.<br />

Bei Abweichungen von normalen Bedingungen<br />

werden die <strong>Frauen</strong> dann in das Spital überwiesen, zum<br />

Schutz ihrer Gesundheit und des ungeborenen Kindes.<br />

Leider schaffen es nur wenige <strong>Frauen</strong> regelmässig zur<br />

Beratung. Vor allem in ländlichen Regionen sind die Kliniken<br />

nur mit einem langen Fussmarsch, oft bei Regen<br />

oder extremer Hitze, zu erreichen. Wenn die <strong>Frauen</strong><br />

nicht regelmässig in aufeinanderfolgenden Monaten zur<br />

Beratung kommen, wirkt sich das auf ihre Gesundheit<br />

und Schwangerschaft aus: Bestimmte Medikamente können<br />

nur in zeitlich vorgegebenen Intervallen gegeben<br />

werden und werden so verpasst.<br />

Einige Komplikationen müssen früh entdeckt werden,<br />

damit rechtzeitig gehandelt werden kann. Wenn die<br />

<strong>Frauen</strong> dann mit Geburtsschmerzen ins Spital eintreten,<br />

wird fleissig notiert, wie oft die Frau zur Beratung<br />

kam. Die Hebamme fragt dann nach, warum die Frau<br />

nur ein- oder zweimal zur Schwangerschaftsberatung<br />

gekommen ist. Konsequenzen haben die Antworten<br />

nicht, denn auch die Hebamme ist gegen Erklärungen<br />

»<br />

Da wird über die Wichtigkeit einer<br />

eisenreichen Diät gesprochen,<br />

aber viele können sich die speziellen<br />

Nahrungsmittel nicht leisten.<br />

wie «Ich musste unsere Felder bewirtschaften» / «die Kinder<br />

versorgen» / «meinen kranken Onkel pflegen» oder<br />

«Der sintflutartige Regen hatte uns von der Klinik abgetrennt»<br />

machtlos.<br />

Problemfaktor Kosten_Noch immer sind es in den<br />

Dörfern die traditionellen Geburtshelferinnen, die ihr<br />

Wissen von der Mutter Natur und aus Erfahrungen erworben<br />

haben. Sie besuchen die Schwangeren und helfen<br />

bei der Geburt. Heutzutage sollen allerdings alle<br />

Schwangeren zur Entbindung in medizinische Einrichtungen<br />

gehen. Aber oft ist die Klinik zu weit weg, die<br />

Brücke über den Fluss weggespült, Kinder wären alleine<br />

zuhause und die Tante, die zu Besuch kam, kann nicht<br />

allein gelassen werden und dann wird das Kind zuhause<br />

im Dorf geboren.<br />

Ein anderer Grund für tansanische <strong>Frauen</strong>, das Spital<br />

nicht aufzusuchen, ist auch, dass sie es sich nicht leisten<br />

können. In Tansania muss jeder medizinische Service


Runa Patel untersucht die 26-jährige Shija Saamame an der «Reproductive Child Health Klinik» in Lugala, Tansania.<br />

mit Geld bezahlt werden. In den ländlichen Gebieten leben<br />

die meisten Menschen von der Landwirtschaft.<br />

Wenn es eine gute Ernte gab, kann sich die Frau im Spital<br />

behandeln lassen oder dort gebären. Fiel die Ernte<br />

schlecht aus, kann sie sich die Kosten für eine medizinische<br />

Behandlung nicht leisten.<br />

Problemfaktor Abwanderung_Dabei sind vor allem<br />

auch die Hebammen sehr gut ausgebildet. Einige von ihnen,<br />

die in Kliniken arbeiten, sind sogar qualifiziert einen<br />

Kaiserschnitt, um das Leben der Frau und des Kindes<br />

zu retten, durchzuführen. Allerdings gehen auch<br />

viele ausgebildete Hebammen ins Ausland, um dort zu<br />

arbeiten; in Sambia wie in Tansania gibt es nicht genügend<br />

von ihnen.<br />

Ich selbst arbeitete fast zehn Jahre in Sambia und bin<br />

jetzt als Krankenschwester, Hebamme und Praxisanleiterin<br />

für Krankenpflegeschüler/innen in Tansania tätig.<br />

Dort arbeite ich als Kliniklehrerin an der Lugala School<br />

of Nursing, die an das Lugala Lutheran Hospital angeschlossen<br />

ist. Ich bin zuständig für die praktische Ausbildung<br />

der Krankenpflegeschüler/innen, die einen Teil<br />

ihrer klinischen Praktika in der Schwangerschaftsberatung<br />

und im Gebärsaal absolvieren.<br />

Ich bin Hebamme mit Leib und Seele. So will ich meinen<br />

Schülerinnen und Schülern nebst theoretischem<br />

Wissen vor allem ein Gefühl für die Hingabe an ihren<br />

Beruf vermitteln, ein Bewusstsein für Verantwortung<br />

und eine Sensibilisierung dafür, dass jede Patientin ein<br />

Individuum ist und ihre eigenen Bedürfnisse in der Betreuung<br />

hat. Das weiss ich aus eigener Erfahrung: Meine<br />

eigenen beiden Kinder habe ich in einer Privatklinik<br />

in Sambia zur Welt gebracht. Auch hier gab es einmal<br />

Probleme – meine Betreuerin liess mich so lange allein,<br />

dass sie meine Geburt beinahe als Hebamme im<br />

Dienst verpasst hätte – aber letztlich ist alles gut gegangen.<br />

wendekreis 3_2013<br />

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