10.10.2013 Aufrufe

Diplom - Institut für Chemie und Biochemie an der FU Berlin - Freie ...

Diplom - Institut für Chemie und Biochemie an der FU Berlin - Freie ...

Diplom - Institut für Chemie und Biochemie an der FU Berlin - Freie ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bestimmung atomarer Segmente von<br />

Distickstofftetroxid - N2O4<br />

durch hochaufgelöste Röntgenbeugungsexperimente<br />

<strong>Diplom</strong>arbeit<br />

vorgelegt von<br />

Marc Messerschmidt<br />

<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Chemie</strong>/ Kristallographie<br />

<strong>Freie</strong> Universität <strong>Berlin</strong><br />

Takustr. 6<br />

14195 <strong>Berlin</strong><br />

Deutschl<strong>an</strong>d<br />

Angefertigt vom 3. September 2000 bis 23. Februar 2001


1. Gutachter: Prof. Dr. Peter Luger<br />

2. Gutachter: PD Dr. Dieter Lentz<br />

meinen Kin<strong>der</strong>n


INHALTSVERZEICHNIS 1<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung <strong>und</strong> Aufgabenstellung 5<br />

2 Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen 7<br />

2.1 Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

2.2 Deformationselektronendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

2.3 Qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

2.4 Topologie <strong>der</strong> Elektronendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

3 Experimenteller Teil 17<br />

3.1 Apperatur <strong>und</strong> Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

3.2 Tieftemperaturkristallisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

3.3 Meßstrategie <strong>und</strong> Datensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

3.4 Strukturlösung <strong>und</strong> Multipolverfeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

4 Ergebnisse 21<br />

4.1 Kristallstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

4.2 Theoretische Elektronendichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

4.3 Topologische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />

4.4 Bindungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

4.5 Atomare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

5 Zusammenfassung 33


2 TABELLENVERZEICHNIS<br />

Tabellenverzeichnis<br />

2.1 Wichtige Arten von kritischen Punkten <strong>der</strong> Elektronendichte . . . . . 15<br />

3.1 Meßstrategie zur Datensammlung bei N2O4 . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

3.2 Lokales Koordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

3.3 Koordinaten <strong>der</strong> Atome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

3.4 Multipolparameter bei <strong>der</strong> Verfeinerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

4.1 Allgemeine Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

4.2 Bindungslängen <strong>und</strong> -winkel von N2O4 bei 100 K . . . . . . . . . . . 22<br />

4.3 Vergleich <strong>der</strong> bindungskritischen Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4.4 Elektronendichte <strong>an</strong> den bindungskritischen Punkten . . . . . . . . . 29<br />

4.5 Atomare Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31


ABBILDUNGSVERZEICHNIS 3<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

1.1 Valenzstrichformel von N2O4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

2.1 Gradientenvektorfeld von SO2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

3.1 Korrekturfunktion <strong>und</strong> unkorrigierte Daten eines Reflexes . . . . . . . 19<br />

4.1 Geometrische Anordnung <strong>der</strong> nächsten Nachbarn des Sauerstoffs . . . 22<br />

4.2 Kristallpackung von N2O4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

4.3 Experimentelle Deformationselektronendichte . . . . . . . . . . . . . 25<br />

4.4 Theoretische Deformationselektronendichte . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

4.5 Experimentelle Laplacefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

4.6 Theoretische Laplacefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

4.7 (3,-3) kritische Punkte <strong>der</strong> Laplacefunktion . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />

4.8 N-O σ-bindendes Molekülorbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.9 N-O π-bindendes Molekülorbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.10 N-O π-bindendes Molekülorbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.11 N-N σ-bindendes Molekülorbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.12 N-N σ-bindendes Molekülorbital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

4.13 Bindungsordnung <strong>für</strong> Stickstoff-Stickstoff-Bindungen . . . . . . . . . 30<br />

4.14 Bindungsordnung <strong>für</strong> Stickstoff-Sauerstoff-Bindungen . . . . . . . . . 30<br />

4.15 Atomare Bereiche von N2O4 aus einer B3LYP-Rechnung . . . . . . . 31<br />

4.16 Theoretisches Gradientenvektorfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

4.17 Experimentelles Gradientenvektorfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32


Kapitel 1<br />

Einleitung <strong>und</strong> Aufgabenstellung<br />

Seit dem ersten Röntgenbeugungsexperiment <strong>an</strong> CuSO4 1912 durch von Laue hat<br />

sich die Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse zu einer <strong>der</strong> wichtigsten Untersuchungsmethoden<br />

von Kristallen entwickelt. Durch die Entwicklung von leistungsfähigen Computern<br />

war es möglich, die Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse zur Routineuntersuchung werden zu<br />

lassen. Der Zeitaufw<strong>an</strong>d <strong>für</strong> eine Messung liegt je nach Zellgröße <strong>und</strong> gewünschter<br />

Auflösung bei Verwendung von Punktzählern <strong>und</strong> konventioneller Röntgenstrahlung<br />

bei einer Woche bis hin zu mehreren Monaten. Durch Verwendung von CCD-<br />

Flächendetektoren läßt sich dieser Zeitbedarf auf einige St<strong>und</strong>en bis zu mehreren<br />

Tagen verkürzen. Dabei ist es leicht möglich, die experimentellen Bedingungen nahezu<br />

konst<strong>an</strong>t zu halten. Es ist möglich, größere Moleküle <strong>und</strong> schwach streuende<br />

Subst<strong>an</strong>zen zu untersuchen, sowie hochaufgelöste Datensätze von guten Kristallen<br />

st<strong>an</strong>dardmäßig zu messen.<br />

Abbildung 1.1: Valenzstrichformel von N2O4<br />

Diese <strong>Diplom</strong>arbeit beruht auf <strong>der</strong> Sammlung eines hochaufgelösten Datensatzes<br />

eines Distickstofftetroxid (N2O4)-Kristalls bei 100K. Es sind zwei Phasen dieser<br />

Subst<strong>an</strong>z bek<strong>an</strong>nt. Beide Phasen lassen sich gezielt erzeugen [1]. Dabei bildet sich<br />

die metastbile monokline Phase nur bei Vorh<strong>an</strong>densein von Unreinheiten, weshalb<br />

in dieser Arbeit nur die kubische Phase untersucht werden sollte. In beiden Phasen<br />

bleibt die Symmetrie des isolierten Moleküls (D2h) erhalten. Die Kristallstruktur <strong>der</strong><br />

kubischen Phase von N2O4 wurde bei 100 K mittels Neutronenbeugung von Kvick<br />

[2] genau bestimmt. Aus Röntgenbeugungsdaten sollen die genauen elektronischen<br />

Eigenschaften des Moleküls gewonnen werden. N2O4 setzt sich aus zwei Molekülen<br />

5


6 KAPITEL 1. EINLEITUNG UND AUFGABENSTELLUNG<br />

Stickstoffdioxid (NO2) zusammen. Da NO2 ein Radikal ist, kommt es bei <strong>der</strong> Bildung<br />

des Nichtradikals N2O4 zur Stabilisierung, wodurch sich in <strong>der</strong> kondensierten<br />

Phase kaum NO2 befindet. Interess<strong>an</strong>t ist das gebildete N2O4 durch die sehr l<strong>an</strong>ge<br />

Stickstoff-Stickstoff-Bindung <strong>und</strong> da eine einfache klassische Erklärung <strong>der</strong> Bindungen<br />

nicht zufriedenstellende Ergebnisse liefert. So k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die außergewöhnlich<br />

l<strong>an</strong>ge Stickstoff-Stickstoff-Bindung nicht einfach erklären. Wenn m<strong>an</strong> <strong>der</strong> Oktettregel<br />

folgt, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> das Molekül nur durch zwitterionische Grenzformeln wie in<br />

Abbildung 1.1 beschreiben. Es wäre auch eine Beschreibung durch ein Ionenpaar,<br />

bestehend aus NO + 2 <strong>und</strong> NO − 2 , möglich, was sich aber nicht mit <strong>der</strong> gef<strong>und</strong>enen<br />

Symmetrie vereinbaren läßt.<br />

Aus dieser Formulierung ergibt sich unmittelbar das Interesse, die Ladungen <strong>der</strong><br />

Atome zu bestimmen. Dies ist nach <strong>der</strong> ’Atom in Molecules’-Theorie von R. W. F.<br />

Ba<strong>der</strong> [3] möglich. Diese Theorie wurde ursprünglich <strong>für</strong> qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnungen<br />

entwickelt, läßt sich aber auch auf experimentelle Ladungsdichten <strong>an</strong>wenden.<br />

Durch die qu<strong>an</strong>tenchemische Berechnung <strong>der</strong> Elektronendichte ist ein direkter Vergleich<br />

zwischen experimenteller <strong>und</strong> theoretischer Elektronendichte möglich.<br />

Durch die topologische Analyse <strong>der</strong> experimentellen <strong>und</strong> theoretischen Elektronendichte<br />

lassen sich Aussagen zu den chemischen Eigenschaften eines Moleküls<br />

treffen. Durch Lokalisierung <strong>und</strong> Charakterisierung von Extremstellen in <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Bindungen eines Moleküls genau bestimmen. So sind<br />

Aussagen zur Bindungsstärke aus <strong>der</strong> Elektronendichte möglich. Durch die Entwicklung<br />

neuer Software <strong>für</strong> experimentell gewonnene Elektronendichten ist nun auch ein<br />

Vergleich aller atomaren Eigenschaften zwischen Experiment <strong>und</strong> Theorie möglich.<br />

So ist diese Arbeit eine <strong>der</strong> ersten in <strong>der</strong> eine experimentell gewonnene Ladungsdichte<br />

in atomare Segmente unterteilt wird. Erst durch Bestimmung <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

in diesen atomaren Bereichen sind alle atomaren Eigenschaften nach dem<br />

Ba<strong>der</strong>-Formalismus zugänglich. Dadurch ist eine Erweiterung <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong><br />

experimentellen Ladungsdichte möglich. Durch folgende Arbeiten <strong>an</strong> weiteren Molekülen<br />

könnten in Zukunft aus <strong>der</strong> Kenntnis dieser atomaren Eigenschaften neue<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Ladungsdichteinterpretation entstehen.


Kapitel 2<br />

Theoretische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

2.1 Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse<br />

Die im folgenden kurz beschriebene klassische Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse ist in zahlreichen<br />

Lehrbüchern, z.B. in dem von P. Luger [4], ausführlich beschrieben. Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> diese Methode ist ein periodisch aufgebauter Einkristall. Bei <strong>der</strong><br />

Röntgenstruktur<strong>an</strong>alyse macht m<strong>an</strong> sich die Beugung von Röntgenphotonen <strong>an</strong> den<br />

Elektronen <strong>der</strong> zu untersuchenden Subst<strong>an</strong>z zunutze.<br />

Um die Kristallstruktur einer Verbindung aufzuklären, müssen die Beugungsreflexe<br />

genau gemessen werden. Die Intensität <strong>der</strong> Reflexe ist gegeben durch:<br />

H steht dabei <strong>für</strong> den reziproken Gittervektor mit:<br />

I(H) ∼ F (H) ∗ F ∗ (H) (2.1)<br />

H = ha ∗ + kb ∗ + lc ∗<br />

7<br />

(2.2)<br />

Dabei sind h,k,l die Indices eines Reflexes <strong>und</strong> a ∗ , b ∗ , c ∗ die reziproken Gittervektoren.<br />

Um die Proportionalität aufzulösen, muß m<strong>an</strong> alle durch das Experiment<br />

nötigen Korrekturen berücksichtigen. Das Streuvermögen eines Atoms hängt von<br />

<strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Elektronen des Atoms ab, da <strong>an</strong> ihnen die Röntgenphotonen gebeugt<br />

werden. Die Steuwirkung ist somit <strong>für</strong> ein Atom spezifisch <strong>und</strong> von seiner Ladung<br />

sowie dem Beugungswinkel abhängig. Dieser atomare Steufaktor bzw. Atomformfaktor<br />

beschreibt allerdings nur die Streuwirkung eines ruhenden Teilchens. Da die<br />

Atome aber immer thermische Bewegungen durchführen, wird ein Temperaturfaktor<br />

benötigt, um die Streuung korrekt zu beschreiben. Der Atomformfaktor f wird nach<br />

<strong>der</strong> Theorie von Debey <strong>und</strong> Waller beschrieben durch die Gleichung:<br />

<br />

f = f0 exp −B sin2 ϑ<br />

λ2 <br />

(2.3)<br />

Meistens wird <strong>an</strong> Stelle des Faktors B ein Temperaturfaktor U (U = B/8Π 2 )<br />

definiert. Zu Beginn <strong>der</strong> Verfeinerung mittels least squares Verfahren wird dabei


8 KAPITEL 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

<strong>für</strong> alle Atome ein Temperaturfaktor definiert. Im nächten Schritt k<strong>an</strong>n d<strong>an</strong>n <strong>für</strong><br />

jedes Atom ein eigener isotroper Temperaturfaktor verfeinert werden, bis schließlich<br />

<strong>für</strong> Schweratome sechs richtungsabhängige Komponenten verwendet werden, die als<br />

<strong>an</strong>isotrope Temperaturkoeffizienten (Uij) bezeichnet werden.<br />

Durch den Lorentz <strong>und</strong> Polarisationsfaktor (LP-Faktor) wird die Schwächung <strong>der</strong><br />

Strahlung durch Polarisation während des Streuvorg<strong>an</strong>ges, sowie die Lorentzform des<br />

Reflexprofiles berücksichtigt. Für Bragg-Reflexe <strong>und</strong> Vier-Kreis-Geometrie ergibt<br />

sich:<br />

2LP = 1 + cos2 2ϑ<br />

sin2 (2.4)<br />

ϑ cos ϑ<br />

Da <strong>der</strong> Röntgenstrahl während <strong>der</strong> Beugung eine gewisse Kristallstrecke durchläuft,<br />

kommt es zu Absorption, was durch eine Absortionskorrektur (A) berücksichtigt<br />

wird. Ein weiterer Einfluß, <strong>der</strong> hauptsächlich bei sehr guten Kristallen auftritt,<br />

ist Extinktion, welche auch im Rahmen des least squares Algorithmus verfeinert<br />

werden k<strong>an</strong>n. Insgesamt ergibt sich somit <strong>für</strong> die gemessene Intensität:<br />

Ihkl = K 2 F 2 (H) · LP · A (2.5)<br />

Die Extinktionskorrektur sowie <strong>an</strong><strong>der</strong>e nicht explizit aufgeführte Parameter sind<br />

dabei im Faktor K zusammengefaßt. Im Strukturfaktor F 2 ist dabei schon <strong>der</strong> Temperaturfaktor<br />

eingeschlossen. Für eine Elementarzelle mit N-Atomen mit den Temperaturfaktoren<br />

BN gilt d<strong>an</strong>n:<br />

Fhkl = <br />

fN · exp(−BN sin 2 ϑ/λ 2 ) · exp[2Πi(hxN + kyN + lzN)] (2.6)<br />

N<br />

FO =<br />

Ihkl<br />

H · LP · A<br />

(2.7)<br />

Aus <strong>der</strong> letzten Gleichung k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nur den Betrag des Strukturfaktors (|Fhkl|)<br />

bestimmen. Durch Lösung des Phasenphroblems wird die Phase eines Reflexes bestimmt.<br />

Die Methode ist in vielen Lehrbüchern hinreichend beschrieben <strong>und</strong> soll hier<br />

nicht näher erläutert werden. Sie ist die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> eine Strukturbestimmung.<br />

Für die Streuung k<strong>an</strong>n die Elektronendichte im Kristall als eine räumlich periodisch<br />

verän<strong>der</strong>liche Größe beschrieben werden. Diese Beschreibung k<strong>an</strong>n durch Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Elektronendichte nach einer Fourierreihe erfolgen. Durch Anwendung <strong>der</strong><br />

Fouriersynthese läßt sich d<strong>an</strong>n die Struktur aus den gemessenen Intensitäten bestimmen.<br />

Die Elektronendichte ergibt sich zu:<br />

ρ(XY Z) = 1<br />

V<br />

<br />

Fhkl · exp[−2Πi(hX + kY + lZ)] (2.8)<br />

h<br />

k<br />

l<br />

Die Atome müssen sich <strong>an</strong> Orten von Ladungsdichtemaxima befinden. Die Größe<br />

<strong>der</strong> Elektronendichte eines Ortes hängt dabei mit dem Atomformfaktor des Atoms<br />

zusammen. Durch diese Informationen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Kristallstruktur bestimmen


2.2. DEFORMATIONSELEKTRONENDICHTE 9<br />

<strong>und</strong> mit Hilfe eines least squares Verfahrens alle Parameter verfeinern. Bei <strong>der</strong> konventionellen<br />

Verfeinerung wird eine sphärische Ladungsverteilung um die Atomorte<br />

<strong>an</strong>genommen. Die in <strong>der</strong> Elektronendichte vorh<strong>an</strong>denen Deformationen gehen bei<br />

diesem Verfahren zum Teil in die Temperaturfaktoren <strong>der</strong> Atome ein. Da m<strong>an</strong> mit<br />

dieser Methode eine Dichte mit einer gewissen Anzahl von Parametern modelliert,<br />

benötigt m<strong>an</strong> ein Mittel zur Abschätzung <strong>der</strong> Güte <strong>der</strong> Lösung. Ein Kriterium ist<br />

die mittlere Abweichung von berechneten <strong>und</strong> gemessenen Strukturfaktoren, gege-<br />

ben durch den sogen<strong>an</strong>nten R-Wert.<br />

R =<br />

<br />

H ||Fo(H)| − |Fc(H)||<br />

<br />

H |Fo(H)|<br />

(2.9)<br />

Bei Einführung von einem Gewichtungschemas erhält m<strong>an</strong> zusätzlich einen gewichteten<br />

R-Wert <strong>und</strong> den goodness of fit, die ebenso ein Maß <strong>für</strong> die Übereinstimmung<br />

von berechneten <strong>und</strong> gemessenen Strukturamplituden sind. Eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

Methode <strong>der</strong> Beurteilung liegt in <strong>der</strong> Differenzdichte δρ(r). Dabei zieht m<strong>an</strong> die<br />

berechnete Dichte von <strong>der</strong> gemessenen ab.<br />

δρ(r) = ρobs(r) − ρcalc(r) (2.10)<br />

Durch diese Methode erhält m<strong>an</strong> eine Bild des Unterschiedes zwischen Modell<br />

<strong>und</strong> Messung. Ausgehend von solchen Betrachtungen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nach besseren Modellen<br />

zur Beschreibung von Molekülstrukturen suchen.<br />

2.2 Deformationselektronendichte<br />

Die Deformationsdichte gibt den asphärischen Anteil <strong>der</strong> Elektronendichte <strong>an</strong>. Dabei<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Gesamtelektronendichte als Summe von Kerndichte, Valenzelektronendichte<br />

<strong>und</strong> Deformationsdichte beschreiben.<br />

ρatom(r) = ρcore(r) + Pvalenceρvalence(κr) + ρdeformation(κ ′ r) (2.11)<br />

Sie dient zur Ver<strong>an</strong>schaulichung des Unterschiedes <strong>der</strong> realen Elektronendichte<br />

<strong>und</strong> einer sphärischen Dichte. Die Deformationselektronendichte läßt sich durch<br />

verschiedene Methoden bestimmen.<br />

Bei <strong>der</strong> X-N Methode werden die Atompositionen durch die Kernorte aus <strong>der</strong><br />

Neutronenbeugung bestimmt. Die Deformationsdichte ergibt sich nun aus <strong>der</strong> Differenz<br />

vom einem sphärischen Atommodell aus <strong>der</strong> Neutronenstruktur mit den tabellierten<br />

Atomformfaktoren <strong>und</strong> <strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Röntgenbeugung ermittelten Elektronendichte.<br />

Eine weitere Möglichkeit ist die X-X Methode, bei <strong>der</strong> nur Röntgenbeugungsdaten<br />

verwendet werden. Die asphärischen Anteile <strong>der</strong> Elektronendichte können nur<br />

von den Valenzelektronen ausgehen. Der Beitrag dieser Elektronen zur Intensität <strong>der</strong><br />

gebeugten Strahlung nimmt aber mit dem Beugungswinkel stark ab. Durch Benutzung<br />

von Daten ausschließlich hoher Beugungswinkel <strong>für</strong> die Strukturbestimmung


10 KAPITEL 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

erhält m<strong>an</strong> eine Struktur mit wenig asphärischem Anteil. Bei Verwendung von Reflexen<br />

niedriger Beugungsordnung ist dagegen <strong>der</strong> asphärische Anteil enthalten. Durch<br />

Differenz dieser beiden Elektronendichten erhält m<strong>an</strong> ebenfalls die Deformationsdichte.<br />

Die Grenze zwischen den beiden Bereichen ist dabei frei wählbar, obwohl<br />

die resultierende Deformationsdichte von <strong>der</strong> Grenze abhängt. Limitierungen bei<br />

<strong>der</strong> Auswahl dieser Grenze sind durch die Auflösung des gemesenen Datensatzes<br />

gegeben. Normalerweise wählt m<strong>an</strong> die Grenze um 0.8 ˚A −1 .<br />

Ein weiterer Weg, <strong>der</strong> auch nur auf Röntgenbeugungsdaten beruht, ist <strong>der</strong> Multipolformalismus.<br />

Eine genaue Beschreibung findet sich z.B. in Literatur [5]. Anstelle<br />

von sphärischen Elektronendichten liegen diesem Modell Atome zugr<strong>und</strong>e, <strong>der</strong>en<br />

Elektronenverteilungen durch <strong>an</strong> den Atomorten zentrierte Multipolfunktionen beschrieben<br />

werden. Durch diese Verän<strong>der</strong>ung des Modells ergeben sich mehr Freiheiten<br />

bei <strong>der</strong> Verfeinerung <strong>der</strong> Struktur. Die daraus hervorgehende Erhöhung <strong>der</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> Parameter zieht aber auch die Notwendigkeit <strong>der</strong> Messung von mehr<br />

Reflexen nach sich, um ein gutes Reflex zu Parameter-Verhältnis zu erhalten. Als<br />

Multipolfunktionen verwendet m<strong>an</strong> Kugelflächenfunktionen <strong>der</strong> Form:<br />

Die Funktionen P m<br />

l<br />

ylm+(θ, φ) = NlmP m<br />

l (cos θ) cos mφ (2.12)<br />

ylm−(θ, φ) = NlmP m<br />

l (cos θ) sin mφ (2.13)<br />

sind dabei die dazugehöhrenden Legendre-Polynome. Nlm<br />

sind Normalisierungsfaktoren. Damit ergibt sich <strong>für</strong> die atomare Multipolelektronendichte<br />

ρat:<br />

ρat(r) = PCρcore(r) + Pvκ 3 lmax <br />

ρvalence(κr) +<br />

l=0<br />

κ ′3 Rl(κ ′ r)<br />

l<br />

Plm±dlm±(θ, φ) (2.14)<br />

Der aus dieser Formulierung resultierende Formfaktor wird über Fouriertr<strong>an</strong>sformation<br />

erhalten.<br />

<br />

fj(H) = ρj(r) exp(2ΠiH · r)dr (2.15)<br />

fj(H) = Pj,cfj,core(H) + Pj,vfj,valence(S/κ) +<br />

lmax <br />

l=0 m=0<br />

m=0<br />

l <br />

Plmpflmp(S/κ ′ ) (2.16)<br />

Aus diesem Formalismus ergibt sich <strong>für</strong> die Deformationselektronendichte δρ(r)<br />

folgende Formulierung<br />

δρ(r) = ρmul(r) − ρpro(r) (2.17)<br />

In dieser Gleichung steht ρpro(r) <strong>für</strong> die Elektronendichte eines Promoleküls,<br />

die sich aus sphärischen Atomdichten zusammensetzt. Die Multipoldichte ρmul entspricht<br />

<strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> atomaren Elektronendichten ρat aus Gleichung 2.14. Beide<br />

Modelle gehen von den gleichen Atomorten <strong>und</strong> -ladungen aus. Dieser Formalismus<br />

ist die Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> in dieser Arbeit dargestellten experimentellen Ladungsdichteverteilungen.<br />

p


2.3. QUANTENCHEMISCHE RECHNUNGEN 11<br />

2.3 Qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnungen<br />

Eine detailierte Diskussion über qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnungen findet sich in vielen<br />

Lehrbüchern. Als Beispiel seien hier Literatur [6] <strong>und</strong> [7] gen<strong>an</strong>nt. Die Lösung <strong>der</strong><br />

zeitunabhängigen stationären Schrödingergleichung (2.18) liefert die Gesamtwellenfunktion<br />

eines Moleküls.<br />

HΨ = EΨ (2.18)<br />

Der Hamiltonoperator H des Systems setzt sich aus den Operatoren <strong>für</strong> kinetische<br />

<strong>und</strong> potenzielle Energie des Systems zusammen. Die Lösung dieser Eigenwertgleichung<br />

liefert die Eigenwerte E <strong>und</strong> Eigenfunktionen Ψ des Moleküls. Durch Ψ<br />

sind alle elektronischen Eigenschaften des Systems bestimmt, aber Ψ ist keine Observable<br />

im Gegensatz zur Elektronendichte ρ(r). Die Eigenfunktion k<strong>an</strong>n außerdem<br />

komplex sein. Eine Interpretation ist aber möglich, wenn m<strong>an</strong> das Betragsquadrat<br />

<strong>der</strong> Wellenfunktion |Ψ| 2 betrachtet. Diese reele Größe ist nach Born ein Maß <strong>für</strong> die<br />

Wahrscheinlichkeit, ein Elektron im Raum <strong>an</strong>zutreffen, was <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

ρ(r) entspricht.<br />

ρ(r) = |Ψ(r)| 2 = Ψ(r)Ψ(r) ∗<br />

(2.19)<br />

Da die exakte Lösung <strong>der</strong> Schrödingergleichung aber nur <strong>für</strong> Systeme mit einem<br />

Elektron im Rahmen <strong>der</strong> Born-Oppenheimer-Näherung möglich ist, muß eine Näherung<br />

<strong>der</strong> Wellenfunktion <strong>für</strong> alle größeren Systeme benutzt werden. Die Lösung <strong>der</strong><br />

Schrödingergleichung im Rahmen <strong>der</strong> Hartree-Fock-Näherung erfolgt dabei durch<br />

mehrere vereinfachende Annahmen.<br />

• Produkt<strong>an</strong>satz: Ψ k<strong>an</strong>n durch das Produkt von 2-Elektronen-Wellenfunktionen<br />

(Molekülorbitale χ) beschrieben werden. Daraus ergibt sich nach Hartree <strong>für</strong><br />

Gleichung 2.18:<br />

H = <br />

h(i) (2.20)<br />

Da die Wellenfunktion von Fermionen <strong>an</strong>tisymmetrisch sein muß, beschreibt<br />

m<strong>an</strong> die Gesamtwellenfunktion Ψ besser durch eine Slaterdetermin<strong>an</strong>te, durch<br />

die auch das Pauli-Verbot beachtet wird.<br />

<br />

<br />

<br />

χi(x1) χj(x1) · · · χk(x1) <br />

<br />

<br />

χi(x2) χj(x2) · · · χk(x2) <br />

<br />

Ψ(x1, x2, . . . , xN) = <br />

(2.21)<br />

<br />

<br />

. .<br />

. <br />

<br />

χi(xN)<br />

χj(xN) · · · χk(xN) <br />

In dieser Gleichung beschreibt xi die Koordinate eines Elektrones <strong>und</strong> χi ein<br />

Molekülorbital.<br />

• Hartree-Fock Näherung: Auf jedes Elektron wirkt ein effektives Potenzial VHF (i)<br />

aller <strong>an</strong><strong>der</strong>en Elektronen. Damit ergibt sich <strong>der</strong> Fock-Opperator eines Elek-<br />

trons zu:<br />

f(i) = − 1<br />

2 ∆i −<br />

i<br />

M<br />

ZA<br />

riA<br />

A=1<br />

+ VHF (i) (2.22)


12 KAPITEL 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

∆ steht dabei <strong>für</strong> die kinetische Energie des Elektrons, A <strong>für</strong> die Kerne <strong>und</strong><br />

VHF (i) <strong>für</strong> das effektive Potenzial, das auf das i-te Elektron wirkt. Daraus<br />

ergibt sich das Problem, daß m<strong>an</strong> vor <strong>der</strong> Lösung <strong>für</strong> ein Elektron, die Verteilung<br />

aller <strong>an</strong><strong>der</strong>en Elektronen kennen muß. Die Lösung dieses Problems erfolgt<br />

iterativ. Dabei ergibt sich eine vom Startwert unabhängige Lösung, die m<strong>an</strong><br />

als self-consistent-field (SCF) -Lösung bezeichnet, da die VHF (i) konvergieren<br />

müssen.<br />

• Die Molekülorbitale werden durch Linearkombination von Atomorbitalen beschrieben<br />

(LCAO-MO). Slaterfunktionen o<strong>der</strong> Kombinationen aus Gaussfunktionen<br />

setzt m<strong>an</strong> als Näherung <strong>für</strong> Atomorbitale <strong>an</strong>.<br />

Mit diesem Formalismus nähert m<strong>an</strong> die exakte Wellenfunktion <strong>an</strong>. Die erhaltene<br />

Energie k<strong>an</strong>n nach dem Variationsprinzip bei dieser Lösung nur gleich o<strong>der</strong> oberhalb<br />

<strong>der</strong> exakten Lösung sein. Damit hat m<strong>an</strong> die Möglichkeit, die Güte einzelner<br />

Rechnungen zu vergleichen, da m<strong>an</strong> mit einer niedrigeren Energie auch eine genauere<br />

Energie hat <strong>und</strong> somit eine genauere Wellenfunktion. Um die exakte Lösung<br />

zu erhalten, müßte m<strong>an</strong> unendlich viele Basisfunktionen zur Beschreibung <strong>der</strong> Molekülorbitale<br />

verwenden <strong>und</strong> das System mit mehreren Determin<strong>an</strong>ten beschreiben.<br />

Nur mit dem letzteren Fall k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Elektronenkorrelationsenergie exakt beschreiben.<br />

Durch eine ’full configuration interaction’- Berechnung (FCI), in <strong>der</strong> m<strong>an</strong><br />

alle möglichen Konfigurationen im beschränktem Basissatz durchführt, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong><br />

die exakte Lösung <strong>der</strong> Schrödingergleichung innerhalb des Basissatzes berechnen,<br />

was aber bei großen Basissätzen so zeitaufwendig ist, daß es mit den heutigen Computern<br />

nur <strong>für</strong> sehr kleine Moleküle möglich ist.<br />

Um die Korrelation aber dennoch beschreiben zu können, ohne den hohen Rechenaufw<strong>an</strong>d<br />

zu betreiben, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die erste ist eine<br />

Störungsrechnung, wobei in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g meistens Møller-Plesset Rechnungen<br />

(MP2-4) durchgeführt werden. Da das Variationsprinzip in diesem Fall nicht<br />

mehr gilt, ist eine Einschätzung <strong>der</strong> Korrektur schwer.<br />

Eine weitere Möglichkeit bietet die Dichtefunktionaltheorie, die sich von den<br />

Gr<strong>und</strong>ideen <strong>der</strong> Hartree-Fock-Theorie ableitet. Im Unterschied zu HF wird hierbei<br />

die Elektronendichte direkt modelliert <strong>und</strong> zur Beschreibung <strong>der</strong> Elektronenkorrelation<br />

wird ein Korrelationsfunktional verwendet. Hätte m<strong>an</strong> den korrekten Ausdruck<br />

<strong>für</strong> das Korrelationsfunktional, könnte m<strong>an</strong> auch auf diese Weise zu <strong>der</strong> exakten<br />

Lösung kommen. Die Lösung im Rahmen <strong>der</strong> Dichtefunktionaltheorie(DFT)<br />

erfolgt nach dem Hohenberg-Kohn Variations-Theorem [8] nach <strong>der</strong> Kohn-Sham<br />

Methode. Als Basisfunktionen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> weiterhin Atomorbitale aus Gaussfunktionen<br />

benutzen. Eine Verbesserung gegenüber Hartree-Fock-Rechnungen bei gleichem<br />

Zeitaufw<strong>an</strong>d wird durch die Verwendung verschiedenen Korrelationsfunktionale erreicht.<br />

Diese Funktionale sind dabei <strong>für</strong> Modellverbindungen so optimiert worden,<br />

daß experimentelle Bef<strong>und</strong>e möglichst gut reproduziert werden. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n auch mit<br />

CI-Rechnungen berechnete Korrelation <strong>für</strong> die Verbesserung <strong>der</strong> Funktionale verwenden.<br />

Ein wesentlicher Vorteil von DFT ist, daß die Elektronendichte gemessen<br />

werden k<strong>an</strong>n, weshalb eine Optimierung des Dichtefunktionals auf experimentelle


2.4. TOPOLOGIE DER ELEKTRONENDICHTE 13<br />

Meßergebnisse überhaupt erst direkt möglich ist. Durch verschiedene Ansätze die<br />

Korrelation <strong>und</strong> das Dichtefunktional zu beschreiben, ergeben sich unterschiedliche<br />

Methoden <strong>für</strong> DFT-Rechnungen. In dieser Arbeit findet ausschließlich die Methode<br />

B3LYP Anwendung. Diese Methode benutzt das Funktional von Becke <strong>und</strong> nicht<br />

lokale LYP Korrelation.<br />

2.4 Topologie <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

Nach <strong>der</strong> Theorie von Ba<strong>der</strong> lassen sich aus <strong>der</strong> Elektronendichteverteilung atomare<br />

Eigenschaften eines Moleküls gewinnen. Die Theorie ist <strong>für</strong> theoretisch berechnete<br />

Dichten entwickelt worden, läßt aber auch eine Interpretation von experimentell gewonnenen<br />

Dichten zu. Mit Hilfe dieser Theorie k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> somit direkt theoretische<br />

Rechnungen <strong>und</strong> experimentelle Bef<strong>und</strong>e vergleichen. Durch topologische Analyse<br />

<strong>der</strong> Elektronendichte erhält m<strong>an</strong> Aussagen zu kritischen Punkten. Unter kritischen<br />

Punkten faßt m<strong>an</strong> alle Punkte zusammen, <strong>an</strong> denen <strong>der</strong> Gradient <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

null ist. Folgt m<strong>an</strong> den Trajektorien des Gradienten, gel<strong>an</strong>gt m<strong>an</strong> zu einer<br />

Darstellung des Gradientenvektorfeldes, <strong>der</strong> Gesamtheit aller Gradientenvektoren.<br />

Durch die kritischen Punkte <strong>und</strong> durch den Verlauf <strong>der</strong> Trajektorien des Gradientenvektorfeldes<br />

<strong>der</strong> Elektronendichte k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> die Gesamtelektronendichte eines<br />

Moleküls interpretieren. Durch die Gestalt des Gradientenvektorfeldes wird die Gesamtelektronendichte<br />

in atomare Bereiche unterteilt, aus denen sich atomare Eigenschaften<br />

berechnen lassen. Durch das elektrostatische Potenzial lassen sich Aussagen<br />

zur Reaktivität eines Moleküls aus <strong>der</strong> Elektronendichte ableiten.<br />

Zum besseren Verständnis ist in Abbildung 2.1 exemplarisch das Gradientenvektorfeld<br />

von Schwefeldioxid(SO2) dargestellt. Die Elektronendichte stammt dabei aus<br />

einer Hartree-Fock Rechnung mit dem Programm Gaussi<strong>an</strong> 98 [10] mit dem Basissatz<br />

6−311G ∗ . In Abbildung 2.1 ist das Gradientenvectorfeld mit Isokonturlinien <strong>der</strong><br />

Elektronendichte, flußlosen Flächen (zero flux surfaces-ZFS), dem Molekülgraphen<br />

<strong>und</strong> den kritischen Punkten dargestellt. Die gesamte Darstellung inclusive dem Molekülgraphen<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> kritischen Punkte ergibt sich dabei aus <strong>der</strong> Elektronendichte.<br />

In einem kartesischen Koordinatensystem mit den Basisvektoren a, b <strong>und</strong> c ist<br />

<strong>der</strong> Gradientenvektor definiert als<br />

∇ρ(r) = a δρ(r)<br />

δx<br />

+ bδρ(r)<br />

δy<br />

+ cδρ(r)<br />

δz<br />

(2.23)<br />

Die Gesamtheit <strong>der</strong> Gradientenvektoren wird als Gradientenvektorfeld bezeichnet.<br />

Je<strong>der</strong> Gradientenvektor kommt aus dem Unendlichen <strong>und</strong> endet <strong>an</strong> einem<br />

Punkt, den m<strong>an</strong> als Attraktor bezeichnet. Attraktoren sind die Kernorte, bindungskritische<br />

Punkte <strong>und</strong> in seltenen Fällen sogen<strong>an</strong>nte non nuclear attractors (NNA’s).<br />

Die ZFS sind die Flächen, die nicht von einem Gradientenvektor geschnitten werden,<br />

wodurch die Gesamtelektronendichte in atomare Bereiche unterteilt wird, die<br />

eigenständig betrachtet werden können. Die bindungskritischen Punkte befinden sich


14 KAPITEL 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

Abbildung 2.1: Gradientenvektorfeld von SO2<br />

• - Atomorte, - bindungskritische Punkte<br />

dünn- Gradientenvektorfeld <strong>und</strong> Isoconturlinien <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

dick- ZFS <strong>und</strong> Bindungspfade<br />

auf den ZFS. In Abbildung 2.1 ist die Segmentierung <strong>der</strong> Gesamtdichte in atomare<br />

Bereiche durch die ZFS gut erkennbar. Die Lage <strong>der</strong> Atomorte sowie die Bindungspfade<br />

sind eindeutig zu erkennen <strong>und</strong> entsprechen den klassischen Erwartungen. Die<br />

bindungskritischen Punkte liegen auf dem Schnittpunkt <strong>der</strong> Bindungspfade mit einer<br />

ZFS. Durch Integration über die atomaren Bereiche gel<strong>an</strong>gt m<strong>an</strong> zu den atomaren<br />

Elektronendichten. Somit sind Ladung <strong>und</strong> Größe eines Atom durch die Kenntnis<br />

<strong>der</strong> ZFS aus <strong>der</strong> Gesamtelektronendichte berechenbar. Auf diese Weise liefert die<br />

Elektronendichte Aussagen zu atomaren Bereichen nach dem Ba<strong>der</strong>-Formalismus.<br />

Es gibt mehrere Wege, die ZFS zu bestimmen. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> benötigten Genauigkeit<br />

ist immer erheblicher Rechenaufw<strong>an</strong>d nötig. Ein Weg, die ZFS zu bestimmen,<br />

wird von Biegler-König beschrieben [9]. Auch die darauffolgende Integration über die<br />

so bestimmten Bereiche kostet einiges <strong>an</strong> Rechenzeit. So sind insgesamt 20-40 St<strong>und</strong>en<br />

Rechenzeit pro Atom auf einen Pentium III Prozessor mit 500MHz nötig, um<br />

aus einer experimentellen Multipolelektronendichte zu den atomaren Eigenschaften<br />

zu gel<strong>an</strong>gen.<br />

Je<strong>der</strong> Punkt <strong>der</strong> Elektronendichte, <strong>an</strong> dem <strong>der</strong> Gradient null ist, heißt kritischer<br />

Punkt. Um einen kritischen Punkt vollständig zu charakterisieren, gibt m<strong>an</strong> nicht<br />

nur den Wert <strong>der</strong> Elektronendichte <strong>an</strong> diesem Punkt <strong>an</strong>, son<strong>der</strong>n benötigt die zweiten<br />

Ableitungen <strong>der</strong> Elektronendichte. Diese Ableitungen lassen sich in Form <strong>der</strong> Hesse-


2.4. TOPOLOGIE DER ELEKTRONENDICHTE 15<br />

Matrix H(r) schreiben.<br />

⎛<br />

⎜<br />

H(r) = ⎝<br />

∂2ρ(r) ∂x2 ∂2ρ(r) ∂y∂x<br />

∂2ρ(r) ∂z∂x<br />

∂2ρ(r) ∂x∂y<br />

∂2ρ(r) ∂y2 ∂2ρ(r) ∂z∂y<br />

∂2ρ(r) ∂x∂z<br />

∂2ρ(r) ∂y∂z<br />

∂2ρ(r) ∂z2 ⎞<br />

⎟<br />

⎠ (2.24)<br />

Die drei Eigenwerte λi dieser Matrix, die z.B. mittels Diagonalosierung gewonnen<br />

werden können, benutzt m<strong>an</strong> zur Unterscheidung verschiedener Arten von kritischen<br />

Punkten. Diese unterscheiden sich durch die Anzahl ω <strong>der</strong> von null verschiedenen<br />

λi <strong>und</strong> <strong>der</strong> Summe <strong>der</strong> Vorzeichen <strong>der</strong> λi. Letzteres bezeichnet m<strong>an</strong> als Signatur σ.<br />

Diese Eigenwerte lassen sich mit bestimmten Eigenschaften korrelieren.<br />

Bezeichnung (ω, σ)<br />

käfigkritischer Punkt (3,+3) alle λi positiv<br />

ringkritischer Punkt (3,+1) ein λi negativ<br />

bindungskritischer Punkt (3,-1) ein λi positiv<br />

(non)nuklearer Attraktor (3,-3) alle λi negativ<br />

Tabelle 2.1: Wichtige Arten von kritischen Punkten <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

Die Laplacefunktion ∇ 2 ρ(r) ist definiert als die Spur <strong>der</strong> Hesse-Matrix.<br />

∇ 2 ρ(r) = ∂2ρ(r) ∂2x + ∂2ρ(r) ∂2y + ∂2ρ(r) ∂2z (2.25)<br />

Aus ihrer Topologie lassen sich genaue Aussagen zu chemischen Eigenschaften<br />

treffen. So sind (3,-3) kritische Punkte Orte von maximaler Valenzschalenladungsdichte<br />

(VSCC). Da die Laplacefunktion schon die zweite Ableitung <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

ist, benötigt m<strong>an</strong> erheblich numerischen Aufw<strong>an</strong>d, um kritische Punkte noch<br />

lokalisieren zu können. Aufgr<strong>und</strong> von experimentellen Fehlern, muß m<strong>an</strong> bei <strong>der</strong><br />

Interpretation <strong>der</strong> Laplacefunktion beson<strong>der</strong>s kritisch sein, da sie eine sehr sensitive<br />

Größe ist. Das Auffinden von VSCC ist bei guten Daten aber im Regelfall möglich.<br />

Durch eine genaue Kenntnis <strong>der</strong> Laplacefunktion <strong>und</strong> auch <strong>der</strong> (3,+1) <strong>und</strong> (3,-1)<br />

kritischen Punkte <strong>der</strong> Laplacefunktion sind Angaben zur Reaktivität möglich.<br />

Chemische Bindungen lassen sich durch das empfindliche Maß <strong>der</strong> Bindungselliptizität<br />

ɛ näher charakterisieren.<br />

ɛ = λi<br />

λj<br />

− 1 (2.26)<br />

In Gleichung 2.26 gehen die beiden negativen Eigenwerte <strong>der</strong> Hessematrix (mit<br />

λi > λj) am bindungskritischen Punkt ein. Da die beiden Eigenwerte senkrecht zur<br />

Bindung stehen, ist ɛ ein Maß <strong>für</strong> die Asphärizität einer Bindung. Damit k<strong>an</strong>n aus ɛ


16 KAPITEL 2. THEORETISCHE GRUNDLAGEN<br />

eine Aussage bezüglich des Π-Charakters einer Bindung folgen. Ba<strong>der</strong> gibt z.B. <strong>für</strong><br />

die Folge Eth<strong>an</strong>, Benzol, Ethen die Werte 0.0, 0.23 <strong>und</strong> 0.45 <strong>an</strong>. Da auch bei ɛ nur<br />

die zweiten Ableitungen <strong>der</strong> Elektronendichte eingehen, ist auch diese Größe sehr<br />

von guten Daten abhängig.


Kapitel 3<br />

Experimenteller Teil<br />

Im Folgenden wird die Kristallzüchtung, Messung <strong>und</strong> Strukturverfeinerung von<br />

Distickstofftetroxid (N2O4) beschrieben. Da die Subst<strong>an</strong>z um -15 ◦ C kristallisiert,<br />

war eine Tieftemperaturkristallisation direkt am Diffraktometer nötig. Die Proben<br />

wurden zuvor in Röntgenkapillaren einkondensiert. Dabei wurde ein fettfreier Metallrechen<br />

benutzt, da die Subst<strong>an</strong>z bei Anwesenheit von Verunreinigungen zur Kristallisation<br />

in einer metastabilen monoklinen Phase neigt, welche sich beim weiteren<br />

Abkühlen d<strong>an</strong>n in die stabile kubische Phase umw<strong>an</strong>delt, was aber nicht unter Erhalt<br />

des Einkristalls erfolgt, wenn m<strong>an</strong> die experimentellen Möglichkeiten <strong>der</strong> vorh<strong>an</strong>denen<br />

Kühlung berücksichtigt.<br />

3.1 Apperatur <strong>und</strong> Programme<br />

• Die Subst<strong>an</strong>z wurde von <strong>der</strong> Firma Sigma-Aldrich bezogen<br />

• Einkondensieren <strong>der</strong> Subst<strong>an</strong>z in Röntgenkapillaren erfolgte <strong>an</strong> einem fettfreien<br />

Metallrechen<br />

• Kristallzüchtung erfolgte direkt <strong>an</strong> einem Bruker-AXS Smart1000 Diffraktometer<br />

• Kühlung erfolgte durch einen Stickstoffkaltgasstrom<br />

• Datensammlung <strong>und</strong> Integration wurde mit den Programmen Smart bzw.<br />

Saint durchgeführt [11]<br />

• Nach einer Korrektur <strong>für</strong> die Kristallgestalt erfolgte Datenreduktion mit dem<br />

Programm SORTAV [12]<br />

• Strukturlösung <strong>und</strong> -verfeinerung wurde mit dem Programmen shelxs <strong>und</strong><br />

shelxl erreicht [13]<br />

• Multipolverfeinerung mit Hilfe des Programmes XD [14]<br />

• Integration über atomare Bereiche mit dem Programm TOPXD [15]<br />

17


18 KAPITEL 3. EXPERIMENTELLER TEIL<br />

3.2 Tieftemperaturkristallisation<br />

Die Kühlung erfolgte durch einen Stickstoffkaltgasstrom. Die Temperierung <strong>und</strong> Regulierung<br />

erfolgte über Heizung im Verdampfer <strong>und</strong> Heizung des Gasstromes. Durch<br />

diese Vorgehensweise wird eine gleichbleibende Temperatur am Kristallort möglich.<br />

Um aus <strong>der</strong> Schmelze einen Einkristall zu züchten, wird möglichst nah am Schmelzpunkt<br />

die Temperatur fein reguliert. Diese Regulierung k<strong>an</strong>n durch eine zusätzliche<br />

externe Heizung erfolgen. Die Kristallisationsversuche <strong>an</strong> einem Siemens 4-Kreis-<br />

Diffraktometer erfolgten mit einer Heizwendel unterhalb des Kristalls bei χ = 0 ◦ .<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Gegebenheiten am Bruker-AXS-3-Kreis-Diffraktometer ist diese Stellung<br />

nicht möglich, da dort χ = 54.81 ◦ vorgegeben ist. Dennoch war es auch dort<br />

möglich, Einkristalle aus <strong>der</strong> Schmelze zu züchten. Um den Temperaturgradienten zu<br />

erhöhen, war dabei die Anbringung einer Metallspitze nahe dem Kristall nötig. Auf<br />

eine Heizwendel konnte so verzichtet werden. In diesem Zust<strong>an</strong>d wurde die Probe<br />

gezielt mit einem möglichst kleinen Kristall gehalten <strong>und</strong> l<strong>an</strong>gsam rotiert. Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Stellung bei χ = 54.81 ◦ erfolgt auf diese Wiese eine ständige Umkristallisation,<br />

die schließlich zu einem Einkristall führte. Die Beurteilung des Kristalls erfolgte in<br />

diesem Stadium durch optische Kriterien. Nach l<strong>an</strong>gsamen Abkühlen um weitere 5<br />

- 10 K erstarrte die Probe vollständig. In diesem Zust<strong>an</strong>d konnte d<strong>an</strong>n mit Rotationsaufnahmen<br />

die Kristallgüte besser eingeschätzt werden. Durch Optimierung <strong>der</strong><br />

Kristallisationsbedingungen wurde so ein guter Einkristall gezüchtet, dessen Güte<br />

durch eine Testmessung innerhalb von 60 Minuten endgültig beurteilt wurde. Im<br />

Allgemeinen muß dieses Verfahren schrittweise so oft wie<strong>der</strong>holt werden, bis m<strong>an</strong><br />

zu einem guten Einkristall kommt. Dabei dient die Testmessung normalerweise nur<br />

als Sicherheit, da mit einer guten Rotationaufnahme oft auch ein guter Einkristall<br />

erk<strong>an</strong>nt werden k<strong>an</strong>n.<br />

3.3 Meßstrategie <strong>und</strong> Datensammlung<br />

Symmetrie <strong>und</strong> Zellgröße bestimmen die Meßstrategie hauptsächlich. Mit Hilfe des<br />

Programmes Astro k<strong>an</strong>n die Meßstrategie am Computer <strong>für</strong> eine gegebene Orientierungsmatrix<br />

erarbeitet werden. Dabei muß <strong>für</strong> Ladungsdichtemessungen auf eine<br />

möglichst hohe Red<strong>und</strong><strong>an</strong>z <strong>und</strong> Auflösung geachtet werden. Zur Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Datensammlung wurden φ- <strong>und</strong> ω- sc<strong>an</strong>s bei verschiedenen 2θ-Werten simuliert. Die<br />

Meßzeiten <strong>für</strong> eine Aufnahme (frame) mußten <strong>für</strong> unterschiedliche Beugungswinkel<br />

<strong>an</strong> die Streukraft <strong>der</strong> Subst<strong>an</strong>z <strong>an</strong>gepaßt werden. Mit Hilfe von Testmessungen konnte<br />

somit <strong>der</strong> Zeitbedarf bzw. die zeitlich meßbare Auflösung bestimmt werden. In<br />

Tabelle 3.1 ist die daraus resultierende Strategie <strong>für</strong> die Messung des Datensatzes<br />

von N2O4 gezeigt. Dabei ist zu beachten, daß durch die kubische Raumgruppe in<br />

diesem Fall eine beson<strong>der</strong>s hohe Red<strong>und</strong><strong>an</strong>z erreicht werden konnte. Die Messung<br />

erfolgte <strong>an</strong> einem Bruker-AXS 3-Kreisdiffraktometer mit χ = 54 ◦ . Die Schrittweite<br />

war −0.3 ◦ .<br />

Mit dieser Strategie wurde eine Auflösung von 1.249 ˚A −1 (sin θ/λ) bei Verwen-


3.3. MESSSTRATEGIE UND DATENSAMMLUNG 19<br />

run 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11<br />

2θ -50 0 -90<br />

ω 310-130 180 0-180 180 270-90<br />

φ 0 70 140 0-180 90 170 240 0-180 50 200 300<br />

Tabelle 3.1: Meßstrategie zur Datensammlung bei N2O4<br />

Alle Winkel sind in ◦ <strong>an</strong>gegeben.<br />

dung von Mo-Kα Strahlung erreicht. Die so gemessenen 16918 Reflexe wurden nach<br />

<strong>der</strong> Integration korrigiert, um das unterschiedliche Kristallvolumen bei verschiedenen<br />

ω-Werten zu berücksichtigen. Die starke ω-Abhängigkeit liegt darin begründet,<br />

daß <strong>der</strong> Kristall deutlich länger war als <strong>der</strong> Durchmesser des Kollimatorrohres <strong>und</strong><br />

somit das Kristallvolumen im Röntgenstrahl von ω stark abhing. Da eine solche<br />

Abhängigkeit in keinem <strong>der</strong> gängigen Programme vorgesehen ist, mußte die Korrektur<br />

durch ein selbst geschriebenes Programm nach <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong> Daten erfolgen.<br />

Dabei war es durch die hohe Red<strong>und</strong><strong>an</strong>z möglich, den Verlauf <strong>der</strong> Intensität<br />

symmetrieverw<strong>an</strong>dter Reflexe bei vielen ω-Stellungen zu <strong>an</strong>alysieren. Die durchschnittliche<br />

Red<strong>und</strong><strong>an</strong>z ist 18, aber einige Reflexe wurden über 100 mal gemessen.<br />

Die Korrektur <strong>der</strong> Intensitäten erfolgte nach <strong>der</strong> Formel<br />

I<br />

1.3e+06<br />

1.2e+06<br />

1.1e+06<br />

1e+06<br />

900000<br />

800000<br />

700000<br />

600000<br />

500000<br />

I = I ∗ (1 − 0.35 ∗ (cos(ω + 90) 2 ) (3.1)<br />

Daten<br />

cos Funktion<br />

200 220 240 260 280 300 320 340<br />

Omega<br />

Abbildung 3.1: Korrekturfunktion <strong>und</strong> unkorrigierte Daten eines Reflexes<br />

In Abbildung 3.1 ist die gute Übereinstimmung <strong>der</strong> Korrekturfunktion mit den<br />

gemessenen Intensitäten eines Reflexes <strong>und</strong> aller seiner Symmetrieverw<strong>an</strong>dten zu<br />

sehen. Aus den so erhaltenen 16918 Reflexen wurde mit Hilfe des Programmes Sortav<br />

ein HKL-file mit 720 unabhängigen Reflexen gewonnen.


20 KAPITEL 3. EXPERIMENTELLER TEIL<br />

3.4 Strukturlösung <strong>und</strong> Multipolverfeinerung<br />

Die Strukturlösung <strong>und</strong> sphärische Verfeinerung erfolgte mit dem Programm shelx.<br />

Dabei konnte die Struktur bis zu einem R-Wert von 3.6 % verfeinert werden.<br />

Die Multipolverfeinerung führte zu einem R-Wert von 3.0 % <strong>und</strong> einem goodness<br />

of fit von 1.83. Auf eine Verfeinerung des Ausdehnungskoeffizienten (κ) wurde<br />

verzichtet. Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Symmetrie des Moleküls (D2h), die im Kristallgitter erhalten<br />

bleibt, können nur einige Multipolpopulationen verfeinert werden. Aus diesen<br />

Einschränkungen (Tabelle 3.4) ergibt sich ein Verhältnis von gemessenen Reflexen<br />

zu Parametern von 16.9.<br />

Atom Atom0 Achse Atom1 Atom2 Achse<br />

O N X O DUM0 Y<br />

N DUM1 Z N DUM0 Y<br />

Tabelle 3.2: Lokales Koordinatensystem<br />

O 0.141351 0.327516 0.000000<br />

N 0.000000 0.386778 0.000000<br />

DUM0 0.3000 0.386778 0.0000<br />

DUM1 0.000000 0.613196 0.000000<br />

Tabelle 3.3: Koordinaten <strong>der</strong> Atome<br />

Die Orientierung <strong>der</strong> Multipolfunktionen wird vom<br />

Programm XD vorgegeben. Durch die Bestimmung eines<br />

lokalen Kordinatensystems <strong>für</strong> jedes Atom (Tabelle<br />

3.2) mit Hilfe <strong>der</strong> Positionen im globalen Koordinatensystem<br />

(Tabelle 3.3) ist es möglich die Symmetrie des<br />

Kristallsystems bei <strong>der</strong> Verfeinerung <strong>der</strong> Multipole explizit<br />

vorzugeben (3.4).<br />

Die Deformationselektronendichte berechnet sich aus<br />

<strong>der</strong> Differenz dieses Multipolmodells <strong>und</strong> eines Promoleküls,<br />

welches auf einem sphärischen Modell basiert.<br />

Die Deformationselektronendichtekarten sowie<br />

die topologischen Eigenschaften wurden mit dem Programmteil<br />

xdprop berechnet. Durch das Programm<br />

TOPXD ist eine Analyse <strong>der</strong> atomaren Eigenschaften<br />

<strong>der</strong> experimentellen Elektronendichte aus den so gewonnenne<br />

Multipolpopulationen nach Ba<strong>der</strong> möglich.<br />

Parameter O N<br />

M1 + +<br />

M2 − −<br />

D1+ + −<br />

D1− + −<br />

D0 − +<br />

Q0 + +<br />

Q1+ − −<br />

Q1− − −<br />

Q2+ + +<br />

Q2− + −<br />

O0 − +<br />

O1+ + −<br />

O1− + −<br />

O2+ − +<br />

O2− − −<br />

O3+ + −<br />

O3− + −<br />

H0 + +<br />

H1+ − −<br />

H1− − −<br />

H2+ + +<br />

H2− + −<br />

H3+ − −<br />

H3− − −<br />

H4+ + +<br />

H4− + −<br />

Tabelle 3.4: Multipolparameter<br />

bei <strong>der</strong> Verfeinerung


Kapitel 4<br />

Ergebnisse<br />

4.1 Kristallstruktur<br />

Obwohl <strong>der</strong> experimentelle Aufbau beim Einkondensieren dies verhin<strong>der</strong>n sollte, bildete<br />

sich bei einer Probe aus <strong>der</strong> Schmelze ein monokliner Einkristall, <strong>der</strong> sich beim<br />

Abkühlen unterhalb −60 ◦ umw<strong>an</strong>delte, was zur Zerstörung des Einkristalls führte.<br />

Nur mit dem aus einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en Probe erhaltenen kubischen Einkristall konnte ein<br />

hochaufgelöster Datensatz bei 100 K gesammelt werden. Die Zellkonst<strong>an</strong>te dieser<br />

Phase war aus einer Neutronenbeugung bek<strong>an</strong>nt [2] <strong>und</strong> wurde bei <strong>der</strong> Zellverfeinerung<br />

gut reproduziert (Tabelle 4.1).<br />

Aus <strong>der</strong> Neutronenbeugung waren auch die Bindungswinkel <strong>und</strong> Bindungslängen<br />

bek<strong>an</strong>nt, die ebenfalls gut reproduziert wurden (Tabelle 4.2).<br />

Mit Hilfe des Programmes Schakal99 [21] wurden Abbildungen <strong>der</strong> Kristallstuktur<br />

erzeugt. Aus Abbildung 4.2 ist die Umgebung <strong>der</strong> Atome ersichtlich. Die intermolekularen<br />

Abstände sind dabei alle größer als die Summe <strong>der</strong> Valenzradien. Durch<br />

die hohe Symmetrie <strong>und</strong> spezielle Lage des Moleküls gibt es nur zwei symmetrieunabhängige<br />

Atome. Die intermolekularen Wechselwirkungen bestehen hauptsächlich<br />

aus <strong>der</strong> Abstoßung <strong>der</strong> Sauerstoffatome, da die Stickstoffatome schon intramolekular<br />

stark abgeschirmt sind. Die Abschirmung läßt sich beson<strong>der</strong>s gut in Abbildung<br />

4.15 erkennen. Bedingt durch die großen intermolekularen Abstände gibt es sonst<br />

keine starken intermolekularen Wechselwirkungen. Auch schwache elektrostatische<br />

Wechselwirkungen sollten die Elektronendichte des Moleküls nicht wesentlich deformieren,<br />

da durch die symmetrieverw<strong>an</strong>dten Positionen eine fast isotrope Umgebung<br />

entsteht.<br />

Unter den Nachbarn gibt es zusätzlich sehr ähnliche intermolekulare Sauerstoff-<br />

Sauerstoff-Abstände. So sind die vier nächsten Nachbar-Sauerstoffatome bei einem<br />

Abst<strong>an</strong>d von 3.096 ˚A<strong>und</strong> weitere 4 Sauerstoffatome bei einem Abst<strong>an</strong>d von 3.124 ˚A.<br />

In Abbildung 4.1 ist die geometrische Anordnung dieser acht Nachbarn dargestellt.<br />

21


22 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

Summenformael N2O4<br />

Molmasse [g/mol] 92.02<br />

Kristallsystem kubisch<br />

Raumgruppe Im3<br />

Moleküle pro Elementarzelle 6<br />

Temperatur [K] 100<br />

Gitterkonst<strong>an</strong>te 7.764 (7.755 1 )<br />

Zellvolumen [˚A 3 ] 468.01(9)<br />

Berechnete Dichte[g/ml] 1.9590<br />

F(000) 276.0<br />

Absorptionskoeffizient[cm −1 ] 2.2<br />

Kristallform Zylin<strong>der</strong><br />

Kristallgröße [mm] Durchmesser 0.5 Länge 2<br />

Strahlung Mo Kα<br />

Maximale Auflösung [˚A −1 ] 1.249 (sin θ/λ)<br />

R-Wert (spärisch) 3.6%<br />

R-Wert (Multipol) 3.0%<br />

Gof (Multipol) 1.83<br />

1 -Daten aus Neutronenbeugung<br />

Tabelle 4.1: Allgemeine Daten<br />

Röntgenbeugung Neutronebeugung<br />

Bindungslängen [˚A]<br />

N-N 1.758 1.756(2)<br />

N-O 1.191 1.185(1)<br />

Bindungswinkel [ ◦ ]<br />

O-N-O 134.5 134.5(1)<br />

Tabelle 4.2: Bindungslängen <strong>und</strong> -winkel von N2O4 bei 100 K<br />

Abbildung 4.1: Geometrische Anordnung <strong>der</strong> nächsten Nachbarn des Sauerstoffs


4.1. KRISTALLSTRUKTUR 23<br />

Abbildung 4.2: Kristallpackung von N2O4


24 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

4.2 Theoretische Elektronendichte<br />

Die Berechnung <strong>der</strong> Elektronendichte von N2O4 erfolgte mit dem Programm Gaussi<strong>an</strong>98.<br />

Die Geometrie wurde <strong>für</strong> HF-Rechnungen nicht optimiert, da zum Reproduzieren<br />

<strong>der</strong> experimentellen Gegebenheiten CI-Methoden nötig wären <strong>und</strong> die zugänglichen<br />

Programme <strong>für</strong> die Analyse <strong>der</strong> Elektronendichte nicht mit CI Ergebnissen<br />

arbeiten. Die Elektronenkorrelation ist insbeson<strong>der</strong>e <strong>für</strong> die Bescheibung <strong>der</strong> sehr<br />

l<strong>an</strong>gen Stickstoff-Stickstoff Bindung wichtig [16] . Im Rahmen <strong>der</strong> DFT wird mit <strong>der</strong><br />

Methode B3LYP die experimentelle Geometrie am besten reproduziert [17]. Ausgehend<br />

von den dort vorgestellten Ergebnissen, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> sagen, daß mit B3LYP die<br />

Elektronenkorrelation im Fall des N2O4 sehr gut berechnet werden k<strong>an</strong>n.<br />

Aussagen zur theoretischen Elektronendichte bei experimenteller Geometrie lassen<br />

sich aber auch mit Hartree-Fock treffen, wenn m<strong>an</strong> die experimentelle Geometrie<br />

vorgibt. Dabei muß m<strong>an</strong> bei Hartree-Fock-Rechnungen aber immer von einem nicht<br />

zu vernachlässigenden Fehler ausgehen, da keine Elektronenkorrelation enthalten ist.<br />

Für die Auswertung wurden zum Teil die Koeffizienten <strong>der</strong> Wellenfunktionen<br />

als zusätzliche Ausgabe von Gaussi<strong>an</strong>98 in Form einer ’.wfn’-Datei benötigt. Unterschiede<br />

in den verwendeten Basissätzen liegen zum Teil <strong>an</strong> den Limitierungen <strong>der</strong><br />

verwendeten Programme <strong>und</strong> zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en <strong>an</strong> <strong>der</strong> vorh<strong>an</strong>denen Rechenkapazität.<br />

Die Eingabe des Moleküls erfolgte über eine Z-Matrix, um die korrekte Beh<strong>an</strong>dlung<br />

<strong>der</strong> Symmetrie (D2h) sicherzustellen.<br />

Die topologische Analyse erfolgte mit Hilfe des Progammes Morphy [18]. Für<br />

einige Darstellungen wurde das Programm Rasmol [19] benutzt. Der verwendete<br />

Basissatz war 6-311++G(3df) bei Verwendung des B3LYP-Funktionals <strong>und</strong> bei <strong>der</strong><br />

HF-Rechnung. Außer den Parametern <strong>für</strong> die bindungskritischen Punkte wurde auch<br />

das Gradientenvektorfeld untersucht. Nach <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> ZFS erfolgte eine<br />

vollständige Charakterisierung <strong>der</strong> atomaren Bereiche. Die atomaren Bereiche konnten<br />

zwei- <strong>und</strong> dreidimensional dargestellt werden. Im zweidimensionale Fall erfolgte<br />

die Darstellung mit dem Gradientenvektorfeld zusammen innerhalb <strong>der</strong> Molekülebene<br />

(Abb. 4.16). Durch Verwendung <strong>der</strong> verschiedenen theoretischen Ansätze ist eine<br />

Aussage über die Notwendigkeit <strong>der</strong> Beachtung <strong>der</strong> Elektronenkorrelation möglich.<br />

Die Deformationelektronedichtekarte wurde mit dem Programm Molden [20] erzeugt.<br />

Dabei wurde <strong>der</strong> Basissatz 6-31G* <strong>und</strong> Hartree-Fock Theorie verwendet. Eine<br />

Verwendung von einem höheren Basissatz o<strong>der</strong> von DFT ist in dem Programm<br />

Molden lei<strong>der</strong> nicht möglich. Da m<strong>an</strong> Deformationsdichten aber nur <strong>für</strong> qualitative<br />

Aussagen benutzt, sind auch die Ergebnisse dieser HF-Rechnung ausreichend genau,<br />

um den Vergleich von Theorie <strong>und</strong> Experiment durchzuführen.<br />

4.3 Topologische Eigenschaften<br />

In Abbildung 4.3 <strong>und</strong> 4.4 sind statische Deformationsdichten von N2O4 dargestellt.<br />

Es ist eine relativ gute Übereinstimmung zwischen Experiment <strong>und</strong> Rechnung zu sehen.<br />

Die Darstellung <strong>der</strong> experimentellen Deformationsdichte erfolgte mit dem Pro-


4.3. TOPOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN 25<br />

gramm xdgraph, die <strong>der</strong> theoretischen mit dem Programm Molden. Für die Berechnung<br />

<strong>der</strong> theoretischen Deformationselektronendichte wurde <strong>der</strong> Basissatz 6-31G*<br />

<strong>und</strong> HF-Theorie verwendet. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n in beiden Darstellungen deutlich Elektronendichte<br />

auf <strong>der</strong> Stickstoff-Sauerstoff- <strong>und</strong> <strong>der</strong> Stickstoff-Stickstoff-Bindung sehen.<br />

An den Sauerstoffatomen sieht m<strong>an</strong> zusätzlich Ladungsakkumulation senkrecht zur<br />

Stickstoff-Sauerstoff-Bindung. Die Übereinstimmung bestätigt, daß bei Vorgabe von<br />

experimenteller Geometrie auch mit HF-Rechnungen qualitativ richtige Ergebnisse<br />

erhalten werden können. Davon ausgehend, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> auch die aus einer HF-<br />

Rechnung erhaltenen Ergebnisse weiter interpretieren.<br />

O<br />

X3_O<br />

N X4_N<br />

X4_O<br />

X2_O<br />

Abbildung 4.3: Experimentelle Deformationselektronendichte<br />

1<br />

1<br />

O<br />

8<br />

8<br />

O<br />

8<br />

8<br />

8<br />

N<br />

8<br />

8<br />

1<br />

1 0.01480<br />

2 0.02960<br />

3 0.04440<br />

4 0.05920<br />

5 0.07400<br />

6 0.08880<br />

7 0.10360<br />

8 -0.01480<br />

9 -0.02960<br />

10 -0.04440<br />

11 -0.05920<br />

12 -0.07400<br />

13 -0.08880<br />

14 -0.10360<br />

CONTOUR VALUE<br />

8<br />

8<br />

N<br />

Edge = 7.83 Bonds Contour Euclid<br />

8<br />

defaults used<br />

O<br />

O<br />

8<br />

8<br />

8<br />

8<br />

1<br />

1<br />

MOLDEN<br />

Abbildung 4.4: Theoretische Deformationselektronendichte<br />

Die Darstellung <strong>der</strong> Laplacefunktion liefert genauere Aussagen als die Deformationselektronendichte.<br />

In den Abbildungen 4.5 <strong>und</strong> 4.6 sind die Positionen <strong>der</strong><br />

freien Elektronepaare deshalb genauer zu erkennen. Hierbei wurde <strong>für</strong> die theoretische<br />

Rechnung DFT (B3LYP) verwendet, was zu einer besseren Beschreibung <strong>der</strong><br />

Elektronendichte führt als bei HF-Theorie. Deshalb läßt sich in diesem Fall eine sehr<br />

gute Übereinstimmung zwischen Experiment <strong>und</strong> Theorie feststellen.<br />

Der große Winkel (177 ◦ ) zwischen den Positionen <strong>der</strong> ’freien Elektronenpaare’<br />

am Sauerstoff ist ungewöhlich <strong>und</strong> bedarf einer geson<strong>der</strong>ten Erklärung. Bei diesen<br />

Punkten h<strong>an</strong>delt es sich um (3,-3) kritische Punkte <strong>der</strong> Laplacefunktion, was einem<br />

lokalen Maximum <strong>der</strong> Elektronendichte entspricht. Im Allgemeinen bezeichnet<br />

m<strong>an</strong> einen solchen Punkt als ’valence shell charge concentration’ (VSCC). Sowohl<br />

experiementelle Fehler als auch Kristalleffekte sollten nicht <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> diesen<br />

Winkel sein, da m<strong>an</strong> den selben Effekt mit qu<strong>an</strong>tenchemischen Rechnungen erhält.<br />

Der Winkel ist zwar mit 155 ◦ deutlich kleiner, aber immer noch nicht in einem normalen<br />

Bereich <strong>für</strong> einen sp 2 hybridisierten Sauerstoff. In Abbildung 4.7 sieht m<strong>an</strong><br />

den geometrischen Vergleich dieser Punkte.<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> diesen Winkel k<strong>an</strong>n eine <strong>an</strong><strong>der</strong>e Hybridisierung des Sauerstoffs sein.


26 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

Abbildung 4.5: Experimentelle Laplacefunktion<br />

Abbildung 4.6: Theoretische Laplacefunktion<br />

Eine Möglichkeit, die Hybridisierung des Sauerstoff näher zu charakterisieren, bietet<br />

sich mit qu<strong>an</strong>tenchemischen Rechnungen. Wenn m<strong>an</strong> sich z.B. mit dem Programm<br />

Molden die besetzten Molekülorbitale <strong>an</strong>sieht, o<strong>der</strong> die Koeffizienten <strong>der</strong> beteiligten<br />

Atomorbitale direkt betrachtet, erkennt m<strong>an</strong>, daß in diesem Fall die Bindung<br />

zwischen Sauerstoff <strong>und</strong> Stickstoff durch σ- <strong>und</strong> senkrecht aufein<strong>an</strong><strong>der</strong> stehende π-<br />

Bindungen entsteht. Beispiele <strong>für</strong> solche Molekülorbitale sind in Abbildung 4.8 bis<br />

4.10 zu sehen. Damit ist zumindest <strong>für</strong> die qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnung gezeigt, daß<br />

es sich eher um einen sp hybridisierten Sauerstoff h<strong>an</strong>delt. In Abbildung 4.11 <strong>und</strong><br />

4.12 sieht m<strong>an</strong> die zwei Molekülorbitale, die die Stickstoff-Stickstoff-Bindung bilden.<br />

Anh<strong>an</strong>d dieser Orbitale sieht m<strong>an</strong> auch, daß es sich nur um eine sehr schwache<br />

Stickstoff-Stickstoff-Bindung h<strong>an</strong>deln k<strong>an</strong>n, da insgesamt nur wenig Elektronendichte<br />

auf <strong>der</strong> Bindung liegt.<br />

Da eine durchweg gute Übereinstimmung zwischen <strong>der</strong> berechneten <strong>und</strong> <strong>der</strong> experimentellen<br />

Elektrondichte gef<strong>und</strong>en wurde, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> auch die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Rechnungen auf das Experiment übertragen. So ist die sp-Hybridisierung <strong>für</strong> den<br />

Sauerstoff eine gute Begründung <strong>für</strong> den experimentell gef<strong>und</strong>enen Winkel zwischen<br />

den VSCC’s <strong>und</strong> im Molekülorbitalmodell k<strong>an</strong>n die schwache Stickstoff-Stickstoff-<br />

Bindung gut erklärt werden.


4.3. TOPOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN 27<br />

Bindung Länge[˚A] ρ[e/˚A 3 ] ∇(ρ)[e/˚A 5 ] ɛ<br />

NN(1) 1.76 1.174 1.126 0.16<br />

NN(2) 1.58 1.704 -10.467 0.12<br />

NN(3) 1.78 1.000 1.825 0.13<br />

NO(1) 1.19 3.632 -8.345 0.13<br />

NO(2) 1.16 3.916 -35.740 0.11<br />

NO(3) 1.20 3.545 -26.604 0.07<br />

1- experimentelle Werte<br />

2- HF Werte<br />

3- B3LYP Werte<br />

Tabelle 4.3: Vergleich <strong>der</strong> bindungskritischen Punkte<br />

Abbildung 4.7: (3,-3) kritische Punkte <strong>der</strong> Laplacefunktion<br />

rosa- Theorie, grau- Experiment


28 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

Abbildung 4.8: N-O σbindendesMolekülorbital<br />

Edge = 7.83 Space = 0.1000 Psi = 10<br />

defaults used<br />

MOLDEN<br />

Abbildung 4.11: N-N σ-bindendes<br />

Molekülorbital<br />

Edge = 7.83 Space = 0.1000 Psi = 11<br />

Abbildung 4.9: N-O πbindendesMolekülorbital<br />

defaults used<br />

MOLDEN<br />

Edge = 7.83 Space = 0.1000 Psi = 14<br />

defaults used<br />

MOLDEN<br />

Abbildung 4.10: N-O πbindendesMolekülorbital<br />

Edge = 7.83 Space = 0.1000 Psi = 23<br />

Edge = 7.83 Space = 0.1000 Psi = 18<br />

defaults used<br />

defaults used<br />

MOLDEN<br />

Abbildung 4.12: N-N σ-bindendes<br />

Molekülorbital<br />

MOLDEN


4.4. BINDUNGSORDNUNG 29<br />

4.4 Bindungsordnung<br />

Da die Bindungsverhältnisse im N2O4 klassisch nicht gut zu erklären sind, ist die<br />

Bindungsordnung als Maß <strong>für</strong> die Bindungstärke interess<strong>an</strong>t.<br />

Zur Bestimmung <strong>der</strong> Bindungsordnung im N2O4 wurden die Werte <strong>der</strong> bindungskritischen<br />

Punkte von Modellsubst<strong>an</strong>zen mit festgelegter Bindungordnung benötigt.<br />

Da experimentelle topologische Parameter von Stickstoff-Stickstoff bzw. Stickstoff-<br />

Sauerstoff Bindungen nicht zugänglich waren, wurde auf theoretische Rechnungen<br />

zurückgegriffen. Alle Rechnungen wurden mit dem Basissatz 6-31G* sowohl nach<br />

HF-Theorie als auch mit DFT (B3LYP) durchgeführt. Die bindungskritischen Punkte<br />

wurden mit Hilfe des Programmes Morphy charakterisiert.<br />

Der Zusammenh<strong>an</strong>g zwischen <strong>der</strong> Elektronendichte ρb am kritischen Punkt <strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Bindungsordnung n ist am einfachsten durch die Gleichung 4.1 zu beschreiben<br />

[22].<br />

n = exp A(ρb − B) (4.1)<br />

Die Parameter A <strong>und</strong> B werden durch einen fit <strong>an</strong> die vorgegebenen Dichten berechnet.<br />

Zur Bestimmung <strong>der</strong> Parameter wurden kleine Moleküle berechnet, um<br />

Rechenzeit zu sparen <strong>und</strong> möglichst klare Bindungsverhältnisse vorzugeben. Die berechneten<br />

Elektronendichten <strong>für</strong> geometrieoptimierte Strukturen sind in Tabelle 4.4<br />

dargestellt.<br />

Subst<strong>an</strong>z n HF/6-31G* B3LYP Experiment<br />

N-N-Bindung<br />

N2H4 1 2.197584 2.039539<br />

N2 3 4.796692 4.480871<br />

N2H2 2 3.477332 3.205915<br />

N2O4 ? 1.704351 1.000031 1.174002<br />

N-O-Bindung<br />

H3NO 1 2.157297 1.913345<br />

HNO3 1 2.723479 2.192590<br />

HNO3 2 3.891677 3.532465<br />

HNO3 2 3.756306 3.413830<br />

HNO 2 3.772975 3.466062<br />

N2O2 2 3.984331 3.808403<br />

HNO2 1 2.553962 2.053778<br />

HNO2 2 4.061397 3.770410<br />

N2O4 ? 3.915769 3.545287 3.631530<br />

Alle Elektronedichtewerte sind in e/˚A 3 <strong>an</strong>gegeben<br />

Tabelle 4.4: Elektronendichte <strong>an</strong> den bindungskritischen Punkten


30 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

Da im Vergleich die Werte <strong>für</strong> HF Rechnungen sehr stark von experimentellen<br />

Werten abweichen wurden <strong>für</strong> die weitere Interpretation nur DFT-Werte benutzt.<br />

Aus dem fit <strong>der</strong> Elektronendichtewerte <strong>der</strong> Modellsubst<strong>an</strong>zen (Tabelle 4.4) ergeben<br />

sich die Parameter A <strong>und</strong> B <strong>für</strong> Gleichung (4.1). Die resultierenden Funktionen sind<br />

in Abbildung 4.13 <strong>und</strong> 4.14 dargestellt.<br />

4<br />

3.5<br />

3<br />

2.5<br />

2<br />

1.5<br />

1<br />

n(rho)=(A(rho_b)-B)<br />

0.5<br />

1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5 5<br />

Abbildung 4.13: Bindungsordnung <strong>für</strong><br />

Stickstoff-Stickstoff-Bindungen<br />

2.2<br />

2<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.2<br />

1<br />

n(rho)=(A(rho_b)-B)<br />

0.8<br />

1.8 2 2.2 2.4 2.6 2.8 3 3.2 3.4 3.6 3.8 4<br />

Abbildung 4.14: Bindungsordnung <strong>für</strong><br />

Stickstoff-Sauerstoff-Bindungen<br />

In den Abbildungen ist jeweils die Bindungsordnung nach Lewis als Funktion <strong>der</strong><br />

Elektronedichte in e/˚A 3 dargestellt.<br />

Daraus ergeben sich die Bindungsordnungen von N2O4 zu zwei <strong>für</strong> die N-O Bindung<br />

<strong>und</strong> deutlich unter eins <strong>für</strong> die N-N Bindung. Diese Bindungsordnungen stehen<br />

im Einkl<strong>an</strong>g mit den Bindungslängen des Moleküls <strong>und</strong> den besetzten Molekülorbitalen.<br />

Damit ist gezeigt, daß es sich bei <strong>der</strong> N-O Bindung um eine Doppelbindung<br />

h<strong>an</strong>delt <strong>und</strong> daß die sehr l<strong>an</strong>ge N-N Bindung eine äußerst schwache Bindung ist. Die<br />

Bindungsordnung von zwei steht dabei nicht im Wi<strong>der</strong>spruch zur sp-Hybridisierung<br />

des Sauerstoffes, da zum Teil die p-Orbitale des Sauerstoffs <strong>an</strong> Molekülorbitalen<br />

beteiligt sind, die nicht zur Stickstoff-Sauerstoff-Bindung beitragen.<br />

4.5 Atomare Eigenschaften<br />

Um die atomaren Eigenschaften eines Moleküls bestimmen zu können, muß m<strong>an</strong><br />

die ZFS bestimmen. In Abbildung 4.15 ist das Ergebnis dieser Bestimmung aus einer<br />

theoretischen Rechnung dargestellt. Die außere Begrenzung <strong>der</strong> Atome ist durch<br />

einen Kugelausschnitt dargestellt, <strong>der</strong> alle Bereiche mit einer Elektronendichte über<br />

dem festgelegten Abbruchwert enthält (offenen Schalen). Die Grenzen zwischen den<br />

Atomen entsprechen den geschlossenen Flächen. Es ist gut zu erkennen, daß die<br />

Stickstoffatome fast völlig von den Sauerstoffatomen eingeschlossen sind. Die Sauerstoffkerne<br />

befinden sich im Zentrum <strong>der</strong> Kugelschalen. Die Stickstoffkernpositionen<br />

sind in dieser Darstellung nicht zu erkennen.<br />

Aus <strong>der</strong> Darstellung des Gradientenvektorfeldes (Abbildung 4.16 <strong>und</strong> 4.17) k<strong>an</strong>n<br />

m<strong>an</strong> die Begrenzung <strong>der</strong> Atome durch die ZFS in <strong>der</strong> Molekülebene erkennen. Auch


4.5. ATOMARE EIGENSCHAFTEN 31<br />

hier ist eine sehr gute Übereinstimmung zwischen Theorie <strong>und</strong> Experiment festzustellen.<br />

Abbildung 4.15: Atomare Bereiche von N2O4 aus einer B3LYP-Rechnung<br />

Durch Integration über diese Bereiche erhält m<strong>an</strong> die atomaren Eigenschaften.<br />

Mit Hilfe dieser Eigenschaften k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> Experiment <strong>und</strong> Theorie direkt mitein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

vergleichen. In Tabelle 4.5 sind die atomaren Ladungen <strong>und</strong> Volumina dargestellt.<br />

Dabei muß m<strong>an</strong> <strong>für</strong> einen Vergleich <strong>der</strong> Volumina einen Abbruchwert <strong>der</strong> Elektronendichte<br />

festlegen, weil sonst einige Volumina in <strong>der</strong> Theorie unendlich werden<br />

würden. Das liegt <strong>an</strong> <strong>der</strong> Berchnung von einem isolierten Molekül <strong>und</strong> k<strong>an</strong>n nur<br />

durch periodische HF-Rechnungen umg<strong>an</strong>gen werden.<br />

Atom Ba<strong>der</strong>-Ladung Mulliken Volumina [˚A 3 ]<br />

Experiment B3LYP Experiment B3LYP<br />

O -0.25 -0.38 -0.17 15.7 17.2<br />

N 0.49 0.76 0.33 7.71 7.26<br />

Tabelle 4.5: Atomare Eigenschaften<br />

Die Volumina beziehen sich auf einen Abbruchwert von 0.001 e/˚A 3<br />

Alle Ladungen sind in e <strong>an</strong>gegeben.


AIL, IAS <strong>an</strong>d GP in N2O4<br />

32 KAPITEL 4. ERGEBNISSE<br />

Abbildung 4.16: Theoretisches Gradientenvektorfeld<br />

Abbildung 4.17: Experimentelles Gradientenvektorfeld<br />

Die so berechneten Volumina stimmen gut überein. Daraus ergibt sich, daß <strong>der</strong><br />

Kristall in diesem Fall keinen großen Einfluß auf die Atomvolumina hat. Bei den Ladungen<br />

ist die Übereinstimmung nicht so gut. Die Basissatzabhängigkeit <strong>der</strong> Ba<strong>der</strong>-<br />

Ladungen ist im Vergleich zu den Mulliken-Ladungen aber deutlich geringer. Als Test<br />

dieses Sachverhaltes wurden <strong>für</strong> eine HF-Rechnung mit dem Basissatz 6-31G* die<br />

Ba<strong>der</strong>-Ladungen bestimmt. Dabei än<strong>der</strong>te sich die Ba<strong>der</strong>-Ladung wesentlich weniger<br />

als die Mulliken-Ladung. Insgesamt schw<strong>an</strong>kte die Mulikenladung bei drei verschiedenen<br />

Rechnungen <strong>für</strong> das Stickstoffatom um 0.38 e, während die Ba<strong>der</strong>-Ladung <strong>für</strong><br />

die gleichen Rechnungen nur um 0.1 e schw<strong>an</strong>kte. Außerdem hat m<strong>an</strong> nur mit den<br />

Ba<strong>der</strong>-Ladungen wirklich vergleichbare Größen.


Kapitel 5<br />

Zusammenfassung<br />

Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung <strong>der</strong> experimentellen Ladungsdichte des Moleküls<br />

N2O4. Die Ladungsdichte sollte in die atomaren Bereiche aufgeteilt werden,<br />

um Zug<strong>an</strong>g zu den atomaren Eigenschaften zu erhalten. Dabei wurde <strong>der</strong> Ba<strong>der</strong>-<br />

Formalismus zur Bestimmung von flußlosen Flächen in <strong>der</strong> Elektronendichte benutzt.<br />

Diese Arbeit ist dabei eine <strong>der</strong> ersten, in <strong>der</strong> dieser Formalismus auch auf experimentelle<br />

Ladungsdichten <strong>an</strong>gewendet wird. Dies war erst durch das neu entwickelte<br />

Programm TOPXD möglich.<br />

• Der Kristall wurde direkt am Diffraktometer mittels <strong>der</strong> vorh<strong>an</strong>denen Stickstoff-<br />

Kühlung unter Tieftemperaturbedingungen gezüchtet.<br />

• Es wurde ein hochaufgelöster Datensatz bei 100K bei Verwendung von Mo −<br />

Kα-Strahlung <strong>und</strong> CCD-Flächendetektion gesammelt. Der Datensatz wurde<br />

bis zu einer Auflösung von 1.249 ˚A −1 innerhalb von fünf Tagen gemessen.<br />

• Durch konventionelle Verfeinerung mit dem Programm shelxl wurde die Struktur<br />

bis zu einem R-Wert von 3.6% verfeinert.<br />

• Durch Multipolverfeinerung mit dem Programm XD wurde ein R-Wert von<br />

3.0% erreicht.<br />

• Die Topologie <strong>der</strong> Elektronendichte wurde mit dem Programmteil xdprop untersucht.<br />

• Die Segmentierung <strong>der</strong> Elektronendichte <strong>und</strong> Charakterisierung <strong>der</strong> atomaren<br />

Bereiche erfolgte mit dem Programm TOPXD.<br />

• Durch qu<strong>an</strong>tenchemische Rechnungen mit Hartree-Fock- <strong>und</strong> Dichtefunktionaltherie<br />

wurden theoretische Ladungsdichten gewonnen.<br />

• Es wurde eine vollständige topologische Untersuchung <strong>der</strong> theoretischen Ladungsdichten<br />

mit dem Programm Morphy98 durchgefüht.<br />

33


34 KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG<br />

• Die atomaren Bereiche aus den theoretischen Rechnungen wurden ebenfalls<br />

mit dem Programm Morphy98 charakterisiert.<br />

Es konnten alle bindungskritischen Punkte <strong>und</strong> VSCC’s lokalisiert <strong>und</strong> charakterisiert<br />

werden. Zusätzlich wurden die flußlosen Flächen <strong>der</strong> Elektronendichte bestimmt<br />

<strong>und</strong> durch Integration über die so entst<strong>an</strong>denen atomaren Bereiche waren die atomaren<br />

Eigenschaften zugänglich. Durch die Bestimmung dieser Eigenschaften war<br />

ein direkter Vergleich zwischen Experiment <strong>und</strong> Theorie möglich. Dabei konnte eine<br />

sehr gute Übereinstimmung zwischen einer B3LYP-Rechnung bei dem Basissatz<br />

6-311++G(3df) berechneten <strong>und</strong> <strong>der</strong> experimentellen Elektronendichte festgestellt<br />

werden. Aufgr<strong>und</strong> dieser guten Übereinstimmnung wurden die theoretischen Rechnungen<br />

mit zur Erklärung <strong>der</strong> Bindungsverhältnisse im N2O4 her<strong>an</strong>gezogen. Dabei<br />

sind die Ergebnissse gut mit dem Modell eines sp-hybridisierten Sauerstoffes zu begründen.<br />

Auf diese Weise lieferte die Analyse <strong>der</strong> Elektronendichte auch Aussagen<br />

über die sehr l<strong>an</strong>ge Stickstoff-Stickstoff-Bindung, die als äußerst schwach <strong>an</strong>gesehen<br />

werden muß. Insgesamt war somit durch Anwendung des Ba<strong>der</strong>-Formalismus<br />

eine gute Erklärung <strong>der</strong> Bindungsparameter nach <strong>der</strong> Ba<strong>der</strong>-Theorie möglich. Die<br />

atomaren Eigenschaften konnten bestimmt werden.<br />

Durch Anwendung des Ba<strong>der</strong>-Formalismus auf weitere Moleküle können in Zukunft<br />

verschiedenen Subst<strong>an</strong>zen <strong>und</strong> Modelle besser verglichen werden. Dabei ist <strong>der</strong><br />

rechnerische Aufw<strong>an</strong>d moment<strong>an</strong> noch ein Problem bei <strong>der</strong> Anwendung auf größere<br />

Moleküle. Eine Möglichkeit <strong>der</strong> Reduzierung des Rechenaufw<strong>an</strong>des bietet sich in Zukunft<br />

eventuell durch neue Algorithmen zur Bestimmung von atomaren Ladungen<br />

[23] .


D<strong>an</strong>ksagung<br />

Ich möchte mich bei Herrn Prof. Peter Luger <strong>für</strong> die Aufnahme in seine Arbeitsgruppe<br />

sowie die Betreuung während <strong>der</strong> Anfertigung dieser Arbeit bed<strong>an</strong>ken.<br />

Meinen Kollegen Armin Wagner, Dr. Ralf Flaig, Birger Dittrich <strong>und</strong> Dr. Dieter<br />

Zobel, sowie Thomas Richter d<strong>an</strong>ke ich <strong>für</strong> ihre ständige Hilfsbereitschaft.<br />

Desweiteren d<strong>an</strong>ke ich Dr. Dieter Lentz <strong>für</strong> die Bereitstellung seiner Labore <strong>und</strong><br />

die Hilfe bei experimentellen Problemen.<br />

Bei den restlichen Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Arbeitsgruppe von Prof. Peter Luger bed<strong>an</strong>ke<br />

ich mich <strong>für</strong> die gute Atmosphäre.<br />

D<strong>an</strong>k gilt auch Anatoliy Volkov vom Department of Chemistry <strong>der</strong> State University<br />

of New York at Buffalo <strong>für</strong> schnelle Hilfe bei Problemen mit dem neu entwickelten<br />

Programm TOPXD. In diesem Zusammenh<strong>an</strong>g d<strong>an</strong>ke ich auch Carlo Gatti<br />

vom Centro CNR per lo Studio delle Relazioni tra Struttura e Reattivita’ Chimica<br />

in Mil<strong>an</strong>o/Italien <strong>für</strong> wertvolle Hinweise zur Erstellung von Graphiken mit dem<br />

Programm TOPXD.<br />

35


36 LITERATURVERZEICHNIS<br />

Literaturverzeichnis<br />

[1] A. Obermeyer, H. Borrm<strong>an</strong>n, A. Simon, Die Phasenzusammenhänge zwischen<br />

kubischem <strong>und</strong> monoklinen N2O4,Zeitschrift <strong>für</strong> Kristallographie, 129, 1991<br />

(196)<br />

[2] ˚A. Kvick, R. K. McMull<strong>an</strong>, M. D. Newton, The structure of dinitrogen tetroxid<br />

N2O4: Neutron diffraction stydy at 100, 60, <strong>an</strong>d 20 K <strong>an</strong> ab initio theoretical<br />

calculations, J. Chem. Phys., 3754, 1982, 76(7)<br />

[3] R. F. W. Ba<strong>der</strong>, Atoms in Molecules, Clarendon Press, Oxford 1994<br />

[4] P. Luger, Mo<strong>der</strong>n X–Ray Analysis on Single Crystals, de Gruyter; <strong>Berlin</strong>, New<br />

York 1980<br />

[5] P. Coppens: X-ray Charge Densities <strong>an</strong>d Chemical Bonding; Oxford science<br />

publications, 1997<br />

[6] A. Szabo, N. S. Ostl<strong>und</strong>, Mo<strong>der</strong>n Qunatum Chemistry, Dover Publications,<br />

Inc., Mineola, New York, 1996<br />

[7] I. N. Levine, Qu<strong>an</strong>tum Chemistry, Prentice Hall, Upper Saddle River, New<br />

Jersey, 2000<br />

[8] P. Hohenberg, W. Kohn, Phys. Rev. B136, 864, 1964.<br />

[9] F. W. Biegler-König, R. F. W. Ba<strong>der</strong>, T.-H. T<strong>an</strong>g, Calculation of the Average<br />

Properties of Atoms in Molecules. II, Journal of Comput<strong>an</strong>ional chemistry, 317,<br />

1982<br />

[10] M. J. Frisch, G. W. Trucks, H. B. Schlegel, G. E. Scuseria, M. A. Robb, J. R.<br />

Cheesem<strong>an</strong>, V. G. Zakrzewski, J. A. Montgomery, Jr., R. E. Stratm<strong>an</strong>n, J. C.<br />

Bur<strong>an</strong>t, S. Dapprich, J. M. Millam, A. D. D<strong>an</strong>iels, K. N. Kudin, M. C. Strain,<br />

O. Farkas, J. Tomasi, V. Barone, M. Cossi, R. Cammi, B. Mennucci, C. Pomelli,<br />

C. Adamo, S. Clifford, J. Ochterski, G. A. Petersson, P. Y. Ayala, Q. Cui, K.<br />

Morokuma, D. K. Malick, A. D. Rabuck, K. Raghavachari, J. B. Foresm<strong>an</strong>, J.<br />

Cioslowski, J. V. Ortiz, A. G. Baboul, B. B. Stef<strong>an</strong>ov, G. Liu, A. Liashenko,<br />

P. Piskorz, I. Komaromi, R. Gomperts, R. L. Martin, D. J. Fox, T. Keith, M.<br />

A. Al-Laham, C. Y. Peng, A. N<strong>an</strong>ayakkara, C. Gonzalez, M. Challacombe, P.


LITERATURVERZEICHNIS 37<br />

M. W. Gill, B. Johnson, W. Chen, M. W. Wong, J. L. Andres, C. Gonzalez,<br />

M. Head-Gordon, E. S. Replogle, <strong>an</strong>d J. A. Pople, , Gaussi<strong>an</strong> 98, Revision A.7,<br />

Gaussi<strong>an</strong> Inc., Pittsburgh PA, 1998.<br />

[11] Programme SMART, ASTRO, SAINT von <strong>der</strong> Firma Bruker AXS, Madison<br />

USA 1995-2000.<br />

[12] R.H. Blessing, Cryst. Rev. 1,3-57, 1987<br />

[13] George M. Sheldrick, SHELXL-97 - CRYSTAL STRUCTURE REFINEMENT,<br />

1993-7, Release 97-2<br />

[14] T. Koritsánszky, S. Howard, R. P. Mallinson, Z. Su, T. Richter, N. K. H<strong>an</strong>sen:<br />

(1995) XD, A Computer Program Package for Multipole Refinement <strong>an</strong>d<br />

Analysis of Charge Densities from X-ray Diffraction Data.<br />

[15] A. Volkov, C. Gatti, Yu. Abramov, P. Coppens, Acta Cryst. A, 252, 2000(56)<br />

[16] Jacek Koput, An ab initio study on the equilibrium structure <strong>an</strong>d torsional potential<br />

energy function of dinitrogen tetroxid, Chem. Phys. Lett., 553, 1995(240)<br />

[17] Br<strong>an</strong>ko S. Jursic, A Study of Nitrogen Oxidesd by using Density Functional<br />

Theory <strong>an</strong>d Their Comparison with Ab Initio <strong>an</strong> Experimental Data, International<br />

Journal of Qu<strong>an</strong>tum Chemistry, 41-46, 1996<br />

[18] MORPHY98, a program written by P. L. A. Popolier with a contribution from<br />

R. G. A. Bone, UMIST, M<strong>an</strong>chester, Engl<strong>an</strong>d, EU, 1998<br />

[19] RasMol Molecular Ren<strong>der</strong>er, Roger Sayle, 1995<br />

[20] Programm Molden, Gijs Schaftenaar, 1991<br />

[21] E. Keller: SCHAKAL, Ein Fortr<strong>an</strong>-Programm <strong>für</strong> die graphische Darstellung<br />

von Molekülmodellen, Albert Ludwigs Universität Freiburg, 1988<br />

[22] R. F. W. Ba<strong>der</strong> <strong>an</strong>d T. S. Slee <strong>an</strong>d D. Cremer <strong>an</strong>d E. Kraka, Description of<br />

Conjugation <strong>an</strong>d Hyperconjugation in Terms of Electron Distributions, J. Am.<br />

Chem. Soc.,5061, 1983, (105)<br />

[23] P. L. A. Popelier, A fast algorithm to compute atomic charges based on the<br />

topology of the electron density, Theor. Chem. Acc., 2001, published online:<br />

DOI 10.1007/s002140000224

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!