Prof. Dr. P. Karl Wallner OCist - Der Fels
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Mit der Idee, die Angst vor dem Tod<br />
zu überwinden, indem man sich selbst<br />
tötet, hat Kirilloff, der diese Idee konsequent<br />
realisiert, seinen irrsinnigen<br />
Ansatz auf die Spitze getrieben, um<br />
sie abzubrechen. Im Hintergrund steht<br />
die These von der absoluten Freiheit.<br />
Doch muss darauf hingewiesen werden,<br />
dass solche Gedanken irgendwie,<br />
wenn auch nicht in dieser „dämonischen“<br />
Konsequenz, im breiten Volk<br />
Fuß fassen konnten: Man denke nur<br />
an die häufige Bereitschaft, das Leiden<br />
über den Weg der Euthanasie abzuschaffen,<br />
an die Tatsache, dass in<br />
Frankreich und Deutschland die Zahl<br />
der Suizidtoten die der Verkehrsopfer<br />
übertraf 17 und die Zahl der Teeniesuicide<br />
enorm angestiegen ist, und an die<br />
zunehmende Gefährdung alter Menschen.<br />
Mit diesem wachsenden Nihilismus<br />
geht eine existenzielle Hoffnungslosigkeit<br />
einher. E. Bloch 18 verkündet<br />
zwar einen Humanismus der<br />
Hoffnung. Gott ist ihm zufolge nicht<br />
über uns, sondern vor uns. Transzendenz<br />
besagt ständiges Transzendieren<br />
des Menschen ohne ontische Transzendenz.<br />
Bloch will das im Menschen<br />
und in den Religionen schlummernde<br />
Hoffnungspotential wecken.<br />
Deshalb erweckt er Bilder gegen den<br />
Tod, wenn er die weltimmanente Zukunft<br />
mit Aussagen umschreibt wie:<br />
„Glück, Freiheit, Nicht-Entfremdung,<br />
Goldenes Zeitalter, Land, wo Milch<br />
und Honig fließen, das Ewig-Weibliche,<br />
Trompetensignal im Fidelio“. Ei-<br />
<strong>Der</strong> hl. Kirchenlehrer Augustinus<br />
(354-43O): Gott lenkt die Geschichte<br />
– der Christ darf „ mit unerschütterlichem<br />
Glauben daran festhalten,<br />
dass Gott niemals die im Stich<br />
lassen kann, die ihm so dienen, die<br />
ihn so anrufen“.<br />
Die sel. Edith Stein (1891-1942) erkannte<br />
früh: „Die Unfähigkeit, dem<br />
Zusammenbruch der äußeren Existenz<br />
ruhig ins Auge zu sehen, hängt<br />
mit dem mangelnden Ausblick auf<br />
das ewige Leben zusammen.<br />
ne solche Hoffnungsphilosophie ohne<br />
transzendenten Gott flüchtet sich, so<br />
L. Scheffczyk 19 , in „bloße Wortkunst<br />
… Es sind Aussagen derer, die keine<br />
Hoffnung haben, aber sie wenigstens<br />
sprachlich suggerieren möchten.“ Bei<br />
allem Wortzauber und schönen Hoffnungsbildern<br />
kommt E. Bloch doch 20<br />
zu der ernüchternden Feststellung:<br />
„Die Kiefer des Todes zermalmen alles,<br />
und der Schlund der Verwesung<br />
frisst jede Teleologie, der Tod ist der<br />
größte Spediteur der organischen<br />
Welt, aber zu ihrer Katastrophe.“<br />
Alle individuellen Hoffnungen,<br />
die nicht über den Tod hinausreichen,<br />
erweisen sich letztlich als trügerisch.<br />
Das gilt aber auch für die bis zum Ende<br />
der Welt und der Geschichte ausgeweitete<br />
universale Hoffnung. Im<br />
Hinblick auf sie stellt B. Russell in<br />
seinem Buch Warum ich kein Christ<br />
bin 21 fest: „<strong>Der</strong> Mond führt uns vor<br />
Augen, worauf die Welt zusteuert:<br />
Auf etwas Totes, Kaltes, Lebloses.<br />
Eine solche Aussicht sei deprimierend,<br />
sagt man uns, und manche behaupten,<br />
sie könnten nicht weiterleben.<br />
In Wahrheit macht sich niemand<br />
viel Gedanken darüber, was in Millionen<br />
Jahren sein wird.“ Die Frage<br />
nach dem Los des Einzelnen stellt<br />
sich Russell gar nicht; der gesamte<br />
Kosmos stirbt den Kältetod. Hier<br />
wird bis zur materiellen Wirklichkeit<br />
hinab das Wort des Bischofs Zeno<br />
von Verona († 371) wahr: „Beseitige<br />
die Hoffnung, und alles Menschliche<br />
erstarrt.“ 22<br />
Die Auferstehung Christi ist die<br />
Initialzündung für die Neuschöpfung<br />
nicht nur der geistigen, sondern auch<br />
der leiblichen Dimension des Menschen<br />
und darüber hinaus der gesamten<br />
Wirklichkeit, nämlich des neuen<br />
Himmels und der neuen Erde, sie ist<br />
universales Hoffnungszeichen.<br />
DER FELS 12/2009 343<br />
5.<br />
Die Grundfrage nach dem<br />
Gottesbild<br />
Im ersten Petrusbrief wird denjenigen<br />
Christengemeinden, die in „der<br />
Zerstreuung“ (1,1) in der „Fremde“<br />
(1,17) leben, die unter „mancherlei<br />
Prüfungen leiden müssen“, gesagt,<br />
dass sich dadurch ihr Glaube bewähren<br />
müsse, der „wertvoller ist<br />
als Gold, das im Feuer geprüft wird“<br />
(1,6f). Sie erwarten ihr ewiges Heil<br />
und jubeln schon jetzt „in unsagbarer,<br />
von himmlischer Herrlichkeit<br />
verklärter Freude, da sie das Ziel<br />
ihres Glaubens erreichen werden“.<br />
Sie sind aus der „sinnlosen Lebensweise“<br />
losgekauft worden durch das<br />
„Blut Christi“, „den Gott von den Toten<br />
auferweckt hat“. Sie sollen „bereit<br />
sein, jedem Rede und Antwort zu<br />
stehen, der nach der Hoffnung fragt,<br />
die euch erfüllt“ (3,15). Diese Hoffnung<br />
gründet, wie gezeigt, im „Gott<br />
der Hoffnung“ (Röm 15,13).<br />
In der Sicht Gottes unterscheiden<br />
sich die jeweils geschilderten Grundhaltungen.<br />
Seine Existenz und die<br />
Möglichkeit eines Lebens bei ihm<br />
wird entweder grundsätzlich geleug-