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Produktion von Biomasse durch Mikroorganismen ...

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<strong>Produktion</strong> <strong>von</strong> <strong>Biomasse</strong> <strong>durch</strong> <strong>Mikroorganismen</strong>:<br />

Optimierungsproblem<br />

Optimierung eines Fermentationsprozesses. Bei einem Fermentationsprozess werden<br />

Nährstoffe (Substrate) <strong>durch</strong> <strong>Mikroorganismen</strong> in <strong>Biomasse</strong> und ein oder mehrere Produkte<br />

umgewandelt. Die <strong>Mikroorganismen</strong> wachsen und vermehren sich und führen die<br />

gewünschte Produktbildung aus. Am Ende der Fermentation - dies ist der Fall wenn die<br />

<strong>Biomasse</strong> einen kritischen Wert erreicht - wird die <strong>Biomasse</strong> abgetrennt und das Produkt<br />

isoliert. Ziel der Fermentation ist die Produktivität - gebildete Produktmenge bezogen auf<br />

die Fermentationsdauer - zu maximieren. Dabei ist die Wachstumsrate der <strong>Biomasse</strong> keine<br />

konstante Größe sondern regelbar zwischen einem minimalen und einem maximalen Wert.<br />

1. Problemaufbereitung. Der Bioreaktor in welchem ein Überschuss aller notwendigen<br />

Nährstoffe vorliegt, wird mit einer Anfangs-<strong>Biomasse</strong>menge X0 beimpft. Zu einem beliebigen<br />

Zeitpunkt t bezeichne P = P (t) die Produktmenge und X = X(t) die <strong>Biomasse</strong>. In<br />

dem Fermenter laufen nun zwei Prozesse ab:<br />

Wachstum und Vermehrung der <strong>Biomasse</strong>. Die <strong>Mikroorganismen</strong> wachsen und<br />

vermehren sich. Für die Zunahme der <strong>Biomasse</strong> nehmen wir ein exponentielles Wachstum<br />

an, dh. je mehr an <strong>Biomasse</strong> X vorhanden ist, desto mehr kommt neu hinzu.<br />

Formelmäßig<br />

dX<br />

= µ · X . (1)<br />

dt<br />

Hat man zum Zeitpunkt ti die <strong>Biomasse</strong>menge Xi und ist die Wachstumsrate µ<br />

während der Zeitdauer dt konstant mit dem Wert µi, so berechnet sich aus (1) die<br />

Menge an <strong>Biomasse</strong> zum Zeitpunkt ti+1 zu<br />

Xi+1 = X(ti+1) = Xi · e µi·dt . (2)<br />

Produktbildung. Oft wird <strong>von</strong> einer Kultur nicht nur <strong>Biomasse</strong>, sondern als Folge<br />

des Stoffwechsels auch ein Produkt P gebildet und in das Medium ausgeschieden. Die<br />

Zunahme der Produktmenge kann dabei <strong>von</strong> der <strong>Biomasse</strong> X oder vom Wachstum<br />

der <strong>Biomasse</strong> dX/dt abhängen. Dies läßt sich allgemein so formulieren:<br />

dP<br />

dt = q1 · X + q2 · dX<br />

dt<br />

Setzt man hier für dX/dt den Ausdruck aus Formel (1) ein, so erhält man<br />

dP<br />

dt = q1 · X + q2 · µ · X = q · X , (3)<br />

mit q = q1 + q2 · µ. Hierbei ist q2 ein Proportionalitätsfaktor für die wachstumsabhängige<br />

und q1 für die wachstumsunabhängige Produktbildung.<br />

1


Ist q1 = 0, so ist q proportional zu µ, formelmäßig q = q2 · µ . Dieser Zusammenhang<br />

tritt z.B. auf, wenn das Produkt die <strong>Biomasse</strong> selbst ist. Ein proportionaler Zusammenhang<br />

zwischen Produktbildungsrate q und Wachstmsrate µ ist aber oftmals nicht über den<br />

gesamten Bereich der möglichen Wachstumsraten gültig. Eine gängige Formel - analog zur<br />

Monod-Gleichung zwischen Wachstumsrate und limitierender Substratkonzentration oder<br />

zur Michaelis Menten Gleichung der Enzymkinetik - wird <strong>durch</strong><br />

gegeben.<br />

Produktbildungsrate [q]<br />

µ<br />

q = qmax<br />

k + µ<br />

Wachstumsrate [mu]<br />

q als Funktion <strong>von</strong> µ.<br />

Wir sehen, daß die Produktbildungsrate q mit steigender Wachstumsrate wächst. Die<br />

Produktbildungsrate ist daher am größten wenn die Wachstumsrate µ ihren größten Wert<br />

annimmt. Man könnte daher glauben, daß die größtmögliche Produktivität da<strong>durch</strong> erzielt<br />

wird, daß das Wachstum der <strong>Mikroorganismen</strong> über den gesamten Fermentationsprozess<br />

mit maximaler Wachstumsrate erfolgt. Dies ist aber nicht der Fall wie wir an einem<br />

konkreten Beispiel im nächsten Abschnitt sehen werden.<br />

2. Konkretes Beispiel: Eingabe und Lösung in Excel. Wir können nun mit Hilfe der<br />

Formeln (1)-(4) und dem Solver <strong>von</strong> Microsoft Excel konkrete Probleme lösen. Konkret<br />

wollen wir die optimale Prozeßsteuerung (Wachstumssteuerung) für die untenstehenden<br />

Werte der Modellparameter finden:<br />

Anfangswerte für Modellparameter Einheit Wert<br />

X0 Anfangsbiomassekonzentration [g/L] 10<br />

P0 Anfangsproduktkonzentration [g/L] 0<br />

qmax maximale Produktbildungsrate [1/h] 0,02<br />

k Sättigungskonstante [1/h] 0,01<br />

Xmax maximale <strong>Biomasse</strong>konzentration [g/L] 150<br />

mumin minimale Wachstumsrate [1/h] 0,01<br />

mumax maximale Wachstumsrate [1/h] 0,05<br />

2<br />

(4)


Dazu legen wir in Excel eine Wertetabelle nach folgendem Muster an:<br />

A B C D E F G H<br />

1 Zeit Wachstumsrate <strong>Biomasse</strong> zum Produkt- Produktmenge Änderung der Produktivität Zeitdauer<br />

2 Zeitpunkt t bildungsrate zum Zeitpkt t Produktmenge<br />

3 t X(t) q P(t) P'(t) dt<br />

In die Zellen A1:H3 kommt, wie abgebildet, erklärender Text. Die Zelle H4 erhält den<br />

Namen dt und als Wert 1. Zum Beginn der Fermentation (Zeitpunkt t = 0) ist X0 = 10<br />

g/L an <strong>Biomasse</strong> und kein Produkt vorhanden. Wir tragen daher in die Zelle A4 den<br />

Wert 0, in die Zelle C4 den Wert 10 und in die Zelle E4 den Wert 0 ein. In die Zelle<br />

B4 tragen wir die Formel =0,05 ein. Den Wert der Zelle D4 berechnen wir mit Hilfe der<br />

Formel (4) mit qmax = 0, 02 und k = 0, 01, dh. wir schreiben in die Zelle D4 die Formel<br />

=0,02*B4/(0,01+B4). Die Änderung der Produktmenge P ′ (t) in der Zelle F4 berechnet<br />

sich gemäß Formel (3) zu =D4*C4.<br />

Als nächstes kommt in die Zelle A5 die Formel =A4+dt. Während der Zeitdauer A5-A4<br />

wächst die <strong>Biomasse</strong> mit dem µ-Wert aus der Zelle B4. Die <strong>Biomasse</strong> zum Zeitpunkt A5<br />

berechnet sich somit nach Formel (2) zu =C4*Exp(B4*dt). Anschließend kopieren wir die<br />

Formeln aus den Zellen B4, D4 und F4 in die darunterliegenden Zellen B5, D5 und F5. In<br />

die Zelle E5 kommt gemäß der Formel <strong>von</strong> Euler - in der Form Pneu = Palt + P ′ · dt - die<br />

Formel =E4+F4*dt. Anschließend berechnen wir in der Zelle G5 die Produktivität <strong>durch</strong><br />

die Formel =E5/A5. Abschließend markieren wir die Zellen A5:G5 und kopieren den Inhalt<br />

in die darunterliegenden Zellen, bis Zeile 100.<br />

Die Fermentation wird beendet wenn die <strong>Biomasse</strong> den vorgegebenen Wert Xmax =<br />

150 erreicht. Wir sehen daher in der Spalte B nach, wann X = 150. Dies ist etwa nach 54<br />

Stunden in der Zeile 58 mit einer Produktkonzentration 45, 11 g/L und einer Produktivität<br />

<strong>von</strong> 0, 8355 erfüllt.<br />

In der bisherigen Wachstumsstrategie wächst die <strong>Biomasse</strong> mit konstantem und maximal<br />

möglichem µ = µmax. Ändert man die Wachstumsstrategie indem man alle Werte für<br />

µ auf 0, 01 ändert so läuft die Fermentation ca. 271 Stunden. Man erhält eine Produktkonzentration<br />

<strong>von</strong> 139, 59 g/L aber nur eine Produktivität <strong>von</strong> 0, 515. Im ersten Fall<br />

µ = µmax ist die Fermentationsdauer zwar kurz, aber die Produktkonzentration gering. In<br />

zweiten Fall µ = µmin ist die Produktkonzentration zwar hoch aber die Fermentationsdauer<br />

untragbar lange. Beide Fälle führen somit nicht zur maximalen Produktivität.<br />

Die optimale Wachstumsstrategie erhalten wir nun folgendermaßen: Wir starten aus<br />

dem Menü Extras den Solver mit folgenden Einstellungen: Die Zelle G100 soll maximal<br />

werden. Die veränderlichen Zellen sind die Wachstumsraten µ, welche in den Zellen B4:B99<br />

stehen und die Zeitdauer dt in Zelle H4! Als Nebenbedingungen müssen die Wachstumsraten<br />

zwischen µmin und µmax liegen und die Zelle C100 den Wert 150 annehmen. Drücken<br />

des Lösen-Buttons liefert folgendes Ergebnis: Nach einer Zeitdauer <strong>von</strong> ca. 74, 5 Stunden<br />

ist die <strong>Biomasse</strong> auf 150 g/L angewachsen. Die Produktmenge hat den Wert 71, 4 g/L und<br />

die Produktivität einen Wert <strong>von</strong> 0, 958. Das Zeitintervall dt = 0, 77. Um die Güte dieser<br />

Steuerung zu beurteilen starten wir den Solver neu mit folgenden Einstellungen: Die Zelle<br />

G150 soll maximal werden. Die veränderlichen Zellen sind die Wachstumsraten µ, welche<br />

in den Zellen B4:B149 stehen und die Zeitdauer dt in Zelle H4! Als Nebenbedingungen<br />

3


müssen die Wachstumsraten zwischen µmin und µmax liegen und die Zelle C150 den Wert<br />

150 annehmen.<br />

Drücken des Lösen-Buttons liefert jetzt das folgende Ergebnis: Nach einer Zeitdauer <strong>von</strong><br />

ca. 74, 4 Stunden ist die <strong>Biomasse</strong> auf 150 g/L angewachsen. Die Produktmenge hat den<br />

Wert 71, 6 g/L und die Produktivität einen Wert <strong>von</strong> 0, 96. Das Zeitintervall dt = 0, 5.<br />

(Halbstündige Steuerung.) Wir sehen, daß sich weder an der Produktmenge noch an der<br />

Fermentationsdauer (und somit an der Produktivität) etwas ändert.<br />

Zum Schluß zeichnen wir den zeitlichen Verlauf der Wachstumsrate und den zeitlichen<br />

Verlauf der <strong>Biomasse</strong> und der Produktmenge. Wir stellen fest, daß die optimale Wachstumsstrategie<br />

zu Beginn sehr viel <strong>Biomasse</strong> produziert (µ = µmax bzw. exponentielle<br />

Zunahme der <strong>Biomasse</strong>) während dem Ende zu die Wachstumsrate µ exponentiell abnimmt<br />

bzw. die <strong>Biomasse</strong> nur mehr linear ansteigt.<br />

Wachstumsrate [mu]<br />

0,06<br />

0,05<br />

0,04<br />

0,03<br />

0,02<br />

0,01<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

Zeit [h]<br />

zeitlicher Verlauf der Wachstumsraten<br />

4<br />

<strong>Biomasse</strong>/ Produktmenge [g/l]<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

Zeit [h]<br />

<strong>Biomasse</strong> X Produktmenge P<br />

zeitlicher Verlauf der <strong>Biomasse</strong>

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