pdf-download - Institut für soziale Dreigliederung
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Ich will gleich bemerken, wie dieses Analogiespiel aufhören muß. Die Betrachtung des <strong>soziale</strong>n<br />
Organismus - allerdings hat man es da mit einem Werdenden, mit einem eigentlich erst<br />
Entstehenden zu tun -, insoferne er gesund sein soll, führt ebenfalls zu drei Gliedern dieses <strong>soziale</strong>n<br />
Organismus; aber man erkennt beides selbständig <strong>für</strong> sich, wenn man objektiv die Dinge nehmen<br />
kann. Man erkennt auf der einen Seite die drei Glieder des menschlichen Organismus, auf der<br />
anderen Seite objektiv <strong>für</strong> sich die drei Glieder des <strong>soziale</strong>n Organismus. […][8]<br />
Anschauung statt Ideologie<br />
Das Ideal vieler Waldorflehrer ist die Liebe zur menschlichen Individualität. In ihren Augen darf<br />
die Erziehung eines heranwachsenden Menschen keinen anderen Zwecken dienen als denen, die<br />
durch die Individualität dieses Menschen bestimmt werden. Häufig beschreiben Waldorflehrer ihre<br />
Arbeit so: Sie räumen dem Kind Steine aus dem Weg. Von den Absichten der Staatsschulen nehmen<br />
die Waldorfschulen daher ganz bewusst Abstand: Die Schule soll gerade nicht Zwecken dienen, die<br />
außerhalb der Individualität des Kindes liegen. Das Kind soll nicht <strong>für</strong> Pläne herangezogen werden,<br />
die sich andere gerade aus wirtschaftspolitischen oder aus religiösen Gründen ausgedacht haben,<br />
sondern umgekehrt: es soll ermächtigt werden, selbst zu beurteilen, wie es sich am besten in das<br />
wirtschaftliche, politische oder religiöse Leben hineinstellen kann.<br />
Gerade da<strong>für</strong> ist aber auch ein Wirtschaftsunterricht notwendig. Es ist nicht im Sinn des hier<br />
geschriebenen, dass der Sozialkunde-Lehrer dem Staat Konkurrenz machen und den Kindern<br />
ebenfalls irgendeine Ideologie beibringen soll. Er soll vielmehr auch hier Steine aus dem Weg<br />
räumen. Er soll die Lügen aus dem Weg räumen, die die freie Sicht auf das <strong>soziale</strong> Leben verstellen<br />
und das Kind später daran hindern, gestaltend in dieses Leben einzugreifen. Dazu muss er zwar<br />
schon eine Vorstellung von den objektiven Vorgängen in dem <strong>soziale</strong>n Organismus haben. So wenig<br />
aber, wie ein Chemie-Lehrer die Vorgänge in den Stoffen vollständig durchdrungen haben muss, so<br />
wenig muss ein Sozialkunde-Lehrer den dreigegliederten <strong>soziale</strong>n Organismus bis ins Letzte<br />
verstanden haben. Denn auch hier kann die Anschauung zu Hilfe genommen werden.<br />
Wenn die gedankliche Arbeit am Kapital-, Waren- oder Arbeitsbegriff nur im Kopf stattfände, dann<br />
könnte sie tatsächlich ins Ideologische abgleiten. Das Denken sollte sich im Sozialkunde-Unterricht<br />
auf die eigene Erfahrung bei der Warenherstellung, Kapitalverwaltung, Arbeitszeitregelung usw.<br />
stützen können, sodass sich Irrtümer anhand der Erfahrung gegebenenfalls auch korrigieren lassen.<br />
Die Möglichkeiten werden in jeder Schule anders sein. Denkbar wäre z.B. die Gründung einer<br />
Schülerfirma. Denkbar wäre aber auch, sich mit einem Unternehmer zusammenzutun und die<br />
Schüler <strong>für</strong> diesen die Buchführung machen zu lassen. Oder man könnte die bereits vorhandene<br />
„Produktion“ wirtschaftlicher gestalten, indem man etwa den geflochtene Korb oder die<br />
geschmiedete Pfanne wirklich verkaufsfertig macht, und eine entsprechende Kalkulation erstellt.<br />
Rudolf Steiner wollte <strong>für</strong> den Wirtschaftsunterricht Menschen bekommen, die außerhalb ihrer<br />
Lehrertätigkeit als Unternehmer im Wirtschaftsleben stehen. Wenn aber jeder Lehrer in seinem<br />
Fach an dem Thema arbeitet, dann kann der Wirtschaftsunterricht vielleicht auch eines eigenen<br />
Faches entbehren. Ein solches Zusammenspiel wäre auch keine Mehrbelastung <strong>für</strong> die Lehrer, im<br />
Gegenteil: die Kinder lernen schneller und besser, wenn sich Mathematik-, Deutsch- , Physik- und<br />
Chemie-Unterricht, wie von Rudolf Steiner angeraten, auf die eigene Erfahrung beziehen. Unter<br />
www.dreigliederung.de/sozialkunde finden sich Anregungen, wie so etwas aussehen könnte,<br />
interessant ist z.B. das dort beschriebene Projekt von Ernst Rose.<br />
Durch die Arbeit in einer echten, gewinnorientierten Firma werden die Kinder keineswegs zu<br />
Kapitalisten erzogen. Lehrer und Eltern, die so etwas <strong>für</strong>chten, <strong>für</strong> die Worte wie „Verkauf“ oder<br />
„Buchhaltung“ irgendwie anrüchig klingen, die beweisen damit nur, dass ihnen selbst die richtigen