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pdf-download - Institut für soziale Dreigliederung

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Begriffe fehlen, und wie dringend also etwas getan werden muss. Denn das Gegenteil ist der Fall.<br />

Der Kapitalismus (in der gewohnten Wortbedeutung) liegt nicht im Wesen der Wirtschaft selbst,<br />

sondern wird vom Staat als Ideologie in diese hineingetragen. Dem Wesen des Wirtschaftens<br />

kommen die Kinder aber näher, wenn sie ein Verständnis <strong>für</strong> die Bedürfnisse ihrer Kunden<br />

entwickeln, wenn sie verstehen, wo eine Ware herkommt, und wo sie hingeht, und was sich hinter<br />

ihrem Preis verbirgt. Damit setzen sie der Ideologie des Kapitalismus eine Wahrheit entgegen. Das<br />

bemerken die Kinder selbst. Und dass sie das bemerken können, dass sie ihre Erfahrungen mit den<br />

Vorgängen in der Wirtschaft vergleichen und die richtigen Schlüsse ziehen können, dabei helfen<br />

ihnen dann in der Tat die Erkenntniskräfte, die die Waldorfschule durch ihr ganzheitliches<br />

Erziehungskonzept wecken konnte.<br />

Die Schülerfirmen „Steinbrücke“ und „Nyendo“<br />

Den Impuls <strong>für</strong> die „Steinbrücke“ hatte der Lehrer Michael Benner gegeben, der einen Weg suchte,<br />

die Möglichkeit <strong>für</strong> praktische Erfahrungen im Wirtschaftsleben dauerhaft in die Schule zu<br />

integrieren. Das ist ihm gelungen. Die Schülerfirma „Steinbrücke“ an der Waldorfschule<br />

Märkisches Viertel Berlin betreibt mittlerweile einen florierenden Handel mit Edelsteinen aus der<br />

ganzen Welt. In Deutschland beliefern die Schüler 13 Fachhändler mit ihren Produkten, verkauft<br />

aber auch selbst auf Bazaren und Messen. Vom Einkauf über die regelmäßigen Geschäftssitzungen<br />

bis zur Vermarktung bleibt der Betrieb dabei vollständig in den Händen der Schüler. Seit der<br />

Firmengründung haben Schüler der Berliner Waldorfschule insgesamt über 67.000 Euro an<br />

Hilfsprojekte aus der dritten Welt gespendet. Denn das ist eine Besonderheit der Steinbrücke GbR:<br />

Die Gewinne gehen komplett zurück in die Länder, in denen die Steine gefördert werden.<br />

Ich hatte Gelegenheit, einer Pressekonferenz der Schülerfirma Steinbrücke beizuwohnen, bei der<br />

die Schüler ihre Firma präsentierten und Schecks im Gesamtwert von mehreren Tausend Euro an<br />

die Vertreter verschiedener Hilfsprojekte aus Ländern der dritten Welt überreichten. Von dem<br />

selbstbewussten Auftreten der 9., 10. und 11. Klässler war ich überrascht. Im Anschluss an die<br />

Pressekonferenz habe ich dann zwei junge Mitarbeiter der Firma interviewt[9]. Nach dem Interview<br />

hatte ich keinen Zweifel mehr daran, dass die Arbeit in der eigenen Firma den Schülern einen<br />

geistigen Vorsprung vor anderen Waldorfschülern verschafft, und zudem alles andere als eine<br />

kapitalistische Gesinnung gefördert hatte. Wer aufgrund irgendeiner 68' Romantik um den Anstand<br />

seines Kindes <strong>für</strong>chtet, weil dieses einen „kapitalistischen“ Betrieb verstehen lernen soll, den kann<br />

dieses Interview vielleicht beruhigen.<br />

Irmgard Wutte, die Gründerin der Schülerfirma „Nyendo“ an der Rudolf Steiner Schule Ismaning,<br />

beschreibt den pädagogischen Wert eines praktischen Wirtschaftsunterrichts so: „Schüler zwischen<br />

14 und 18 Jahren bekommen heute viele Informationen über lokale und weltweite<br />

Ungerechtigkeiten, Not und Bedrohungen. Je mehr Informationen sie haben und je weniger sie<br />

daraus handelnd gestalten, desto größer wird das Gefühl der Ohnmacht und eigenen Nutzlosigkeit.<br />

Sie brauchen Vorbilder und Begleitung bei dem Entdecken und Entfalten der eigenen Phantasie –<br />

und Tatkraft, die bestehenden Verhältnisse zu ändern und Verantwortung zu übernehmen. Die<br />

Schülerfirma Nyendo bietet einen idealen Rahmen, dies schrittweise zu üben.“<br />

Nyendo kauft Kunsthandwerk zu fairen Handelsbedingungen in Kenia ein, verkauft und vertreibt<br />

die Waren in Deutschland und spendet den Erlös an zwei Schulen in Kenia. Im Rahmen des<br />

Sozialpraktikums haben die Schüler sogar Gelegenheit, die Menschen in Kenia zu besuchen. Mehr<br />

noch als Steinbrücke ist es Nyendo außerdem gelungen, das Praktische mit dem Theoretischen zu<br />

verbinden und die Schülerfirma in die Schule zu integrieren. So wird beispielsweise in der 7. Klasse<br />

die Buchführung anhand der Kostenrechnung von Nyendo erlernt.<br />

Mikrokosmos und Makrokosmos im Sozialen

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