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Begleitmaterial Franziska Jägerstätter erzählt - Dschungel Wien

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Franz: Ja, das seh' ich jeden Tag hinter unserem Hof ... und in vielen österreichischen<br />

und deutschen Städten! Zum Essen haben wirklich wieder viele etwas. Außerdem wird<br />

den Leuten so viel versprochen, dass sie keine Angst mehr vor der Zukunft haben<br />

müssen. "Endlich sind wir wieder wer!" kann man von vielen Seiten her hören und:<br />

"Deutschland ist wieder groß und stark!" Den Menschen wird aber auch Angst gemacht,<br />

dass dieses Große und Starke verhindert werden kann!<br />

<strong>Franziska</strong> (wütend): Ich halt's kaum aus, was mit Menschen gemacht wird, die gegen<br />

Hitler sind und als Verräter hingestellt werden. Unseren Pfarrer haben sie verhaftet<br />

und viele Priester, die wir gut kennen, sind ebenfalls eingesperrt; - was die alles<br />

mitmachen müssen! Auch Leute aus anderen Parteien oder die einfach nur anders<br />

denken als die Nazis, werden ins Gefängnis oder in ein Lager gesteckt.<br />

Franz: Ganz schlimm finde ich auch, was mit Behinderten gemacht wird. Die passen<br />

nämlich auch nicht in das Bild vom starken Deutschen. Ein Bauer hat mir verraten, dass<br />

viele von denen einfach umgebracht werden!<br />

<strong>Franziska</strong>: ... und was man so über das Schicksal von Juden hört – das möchte ich jetzt<br />

gar nicht weiter ausmalen. Ob das die Stimme in deinem Traum gemeint hat, als sie die<br />

Hölle erwähnt hat?<br />

Franz (überlegt kurz): Ja, ganz bestimmt.<br />

<strong>Franziska</strong>: Der Pfarrer hat doch erst vor kurzem etwas über die Hölle gepredigt. Kannst<br />

du dich daran noch erinnern – und passt das zu deinem Traum?<br />

Franz: Ja, da bin ich mir ganz sicher! Hölle – das ist nicht nur der Ort des Bösen,<br />

sondern vielmehr – wie hat das der Pfarrer gesagt – ein Zustand, also wie Leute<br />

miteinander umgehen. Wir bereiten uns sozusagen selbst die Hölle, wenn wir den<br />

anderen Ungerechtes und Böses antun. Hitler verspricht den Himmel – und in<br />

Wirklichkeit bringt er die Hölle!<br />

<strong>Franziska</strong>: Jetzt kann ich verstehen, dass du erschrocken bist! (Nach einer kurzen Pause)<br />

Du, Franz, ich hab' da einen Verdacht: in deinem Traum hast du auch ganz wenige<br />

gesehen, die nicht auf den Zug aufgesprungen sind – und einer von denen bist doch du?!<br />

Franz (nachdenklich): Wenn mir Gott die Einsicht und die Kraft dazu gibt und wenn du<br />

mich unterstützt – dann will ich es versuchen!<br />

Im Jahr 1943 – <strong>Jägerstätter</strong> war inzwischen 36 Jahre alt und Vater von drei kleinen<br />

Mädchen – konnte und wollte er nicht mehr als Soldat dienen. Nachdem er mit seiner<br />

Frau darüber gesprochen hatte, nahm er all seinen Mut und Glauben zusammen und<br />

sagte dies seinen Vorgesetzten, obwohl er wusste, was er zu erwarten hatte. Franz kam<br />

ins Gefängnis, wo er viel leiden musste und schließlich enthauptet wurde.<br />

(aus: Thomas Schlager-Weidinger/ Erna Putz (Hrsg.): Liebe <strong>Franziska</strong>! Lieber Franz! Junge Briefe<br />

an die <strong>Jägerstätter</strong>s, Wagner Verlag, Linz 2008)<br />

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