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Martha Busch - Durchblick Siegen

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Erstes „Ganztagsgymnasium“ dank<br />

„Flenders Jettchen“<br />

Ein einstmals markantes Gebäudes des alten Weidenauer<br />

Stadtteils Schneppenkauten ist Ende April<br />

den Abrissbaggern zum Opfer gefallen und dem Erdboden<br />

gleichgemacht worden. Es wurde auch Zeit, hatten<br />

sich sicher die meisten Bürgerinnen und Bürger gedacht,<br />

die die Neubaumaßnahme eines großen Funktionstrakts<br />

des Kreisklinikums <strong>Siegen</strong> Haus Hüttental über die Monate<br />

hinweg beobachteten. Denn aus dem einstmals stolzen<br />

viergeschossigen Prachtbau aus dem Jahre 1912 war<br />

in den letzten Jahren ein reichlich vergammeltes Wohnhaus<br />

geworden, das lange Zeit durchaus einem wenig schmeichelhaften<br />

„Alleinstellungmerkmal“ auf dem großzügigen<br />

Krankenhausgelände gleichkam.<br />

Vor allem den ehemaligen Schülern und Schülerinnen<br />

des benachbarten Fürst-Johann-Moritz-Gymnasiums und<br />

dessen „Lehrkörper“ war das mit Jugendstil-Ornamenten<br />

verzierte Gründerzeitgebäude in den Nachkriegsjahren ein<br />

Begriff und rief bei ihnen immer wieder allerlei Erinnerungen<br />

wach. Denn hier befand sich die Buchhandlung<br />

<strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong>, neben „Timpe Friedchen“ an der Haardter<br />

Brücke das einzige Geschäft, wo die Weidenauer Kinder<br />

ihre Schulbücher kaufen konnten. Lediglich in Geisweid<br />

machte damals die Buchhandlung der Familie Brechtel den<br />

beiden alteingesessenen Weidenauer „Ladenhüterinnen“<br />

Konkurrenz. <strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong> pflegte einen intensiven Kontakt<br />

zu ihrer gymnasialen Kundschaft. So hielt sie eigens<br />

die mit dem Aufdruck „Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium“<br />

Personen<br />

<strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong><br />

Hoflieferantin für Schulbücher beim „Fürst“<br />

Abriss im April: In diesem Haus an der Weidenauer Straße war vor 60 Jahren<br />

die Buchhandlung <strong>Busch</strong> untergebracht. Hier kauften Weidenaus Pennäler in den<br />

Nachkriegsjahren ihre „Böcher“.<br />

versehenen schwarzen Schreib-<br />

und Rechenhefte mit beigem<br />

Rücken bereit, die ausschließlich<br />

für Klassenarbeiten Verwendung<br />

fanden.<br />

Der jeweilige Klassensprecher<br />

sammelte sie zu Schuljahrsbeginn<br />

ein und übermittelte sie<br />

dem zuständigen Fachlehrer.<br />

Klassenarbeiten wurden damals<br />

immer ohne Vorankündigung geschrieben.<br />

Die Schüler fürchteten<br />

immer den Augenblick, wenn der<br />

Fachlehrer vor Beginn der Unterrichtsstunde<br />

plötzlich mit den<br />

„<strong>Busch</strong>-Heften“ unter dem Arm<br />

im Treppenhaus gesichtet wurde.<br />

„Hä hädd de Häfde!“, rief dann<br />

der diensthabende Türsteher in<br />

das Klassenzimmer und kündigte<br />

damit als Erster die bevorstehende<br />

Klassenarbeit an. <strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong><br />

wusste aber auch arbeitswillige<br />

Schüler in ihr Verkaufsprogramm einzubinden. So erinnern<br />

sich Zeitzeugen an einen fleißigen Quartaner, der zu Beginn<br />

der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in Kooperation<br />

mit <strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong> die gesamte Schulbuchbestellung<br />

seiner Klasse (immerhin 47 Schüler, keine Schülerinnnen!)<br />

im wahrsten Sinne des Wortes im „Alleingang“ abwickelte.<br />

Der 14-Jährige schleppte nämlich alle Bücher eigenhändig<br />

von der Buchhandlung <strong>Busch</strong> in der Weidenauer Straße,<br />

die damals noch Untere Friedrichstraße hieß, in das 200 m<br />

entfernte Schulgebäude. Dort kam es in „Stoßzeiten“ des<br />

Bücherverkaufs zu Schuljahresbeginn vor, dass der Schüler<br />

des Morgens statt Schul- mit Geldtasche in der Klasse<br />

erschien, um den Schulbuchverkauf zügig abzuwickeln. Die<br />

Herren Studienräte hatten nichts dagegen, waren sie doch<br />

6 durchblick 2/2009<br />

Foto: Dr. Horst Bach<br />

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froh, wenn alle Schüler möglichs schnell „ihre Böcher“ öffnen<br />

konnten.<br />

<strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong> entlohnte das clevere Bürschchen mit 10 %<br />

des Gesamtumsatzes, womit dieser sein wöchentliches<br />

Taschengeld von schlappen 5 DM nicht unerheblich aufbesserte.<br />

Dem Vernehmen nach soll den Pennäler die eingegangene<br />

Verbindung von Penne und Penunzen so geprägt<br />

haben, dass er später Lehrer wurde und mit einer artverwandten<br />

und genehmigten Nebentätigkeit sein mehr oder<br />

weniger schmales Beamtensalär garnierte. Bedürftigere<br />

Pennäler verzichteten allerdings auf den Neukauf von<br />

Schulbüchern. Stattdessen sahen sie sich zu Schuljahrsbeginn<br />

bei den klassehöheren Kumpels um und kauften denen<br />

für „kleines Geld“ ihre alten Schinken ab. Die „älteren<br />

Semester“ wiederum nutzten die „Abwrackprämie“, die sie<br />

für ihre oft recht vergammelten und nicht mehr benötigten<br />

Von unserem Urlaubsdomizil Greetsiel geht’s<br />

Richtung Neßmersiel, um von dort auf die Insel<br />

Baltrum überzusetzen. Es soll ein schöner Ausflug<br />

werden mit neuen Eindrücken von einer uns bislang<br />

unbekannten Insel.<br />

Um 10.15 Uhr fährt unser Schiff los, und um 14 Uhr<br />

soll es mit dem letzten Schiff zurück ans Festland gehen.<br />

Also, los geht’s! Nach einem längeren Rundgang durch<br />

den Ort zieht es uns an den Strand, ein wunderschöner<br />

breiter Sandstrand, heftiger Wind und eisige Temperaturen!<br />

Wir sind zum Glück warm eingepackt und genießen<br />

die frische Luft. Mittags geht es zurück Richtung Hafen!<br />

Aber vorher wollen wir uns noch stärken,<br />

bei Kaffee und Kuchen.<br />

Leichter gesagt als getan! Wir landen<br />

in einem Eiscafé, dessen Ambiente wahrlich<br />

nicht einladend ist, aber wir haben<br />

keine Alternative. Ein Ehepaar am Nachbartisch<br />

fragt, ob unsere Cappuccinotorte<br />

in Ordnung wäre, war sie am Tag vorher<br />

wohl nicht!<br />

So langsam müssen wir aufbrechen,<br />

aber vorher gehe ich noch zur Toilette. Die<br />

ist auch wirklich nicht einladend! Als ich die Tür wieder<br />

öffnen will, dreht das Schloss durch, es packt nicht. Die<br />

Tür geht nicht auf! Ich drehe nach links, ich drehe nach<br />

rechts, wieder nach links, nach rechts, drücke, ziehe –<br />

nichts tut sich! Langsam werde ich unruhig – das Schiff<br />

fährt um 14 Uhr, das letzte Schiff! Und wir müssen noch<br />

zum Hafen laufen! Aber in erster Linie will ich da raus!<br />

Lieber Gott, gib mir Geduld, aber bitte sofort! Ich fange<br />

an zu klopfen, an die Tür zu hämmern, zu treten – lauter<br />

und immer lauter! Nichts tut sich! Ich rufe Hallo, Hilfe,<br />

ich schlage mit der Faust so heftig gegen die Tür, dass<br />

Personen<br />

Ich bin dann mal weg!<br />

von Ulrike Bätzel<br />

Schulbücher erhalten hatten, allerdings nicht immer zum<br />

Kauf der für sie in diesem Schuljahr aktuellen Lehrbücher<br />

(seien es neue oder gebrauchte), sondern legten die Summe<br />

rein wirtschaftlich an.<br />

Nicht bei <strong>Martha</strong> <strong>Busch</strong>, sondern bei Flenders Jettchen.<br />

Das war nämlich die Wirtin von „Werk II“, dem unmittelbar<br />

an das „fürstliche“ Schulgrundstück angrenzenden Hotel<br />

„Zum Prinzen Karl“ mit seiner einladenden Bierstube und<br />

einer stark frequentierten Kegelbahn. Beide Einrichtungen<br />

wurden natürlich auch gerne von dem „Lehrkörper“ des<br />

Gymnasiums zur Zerstreuung und Betreuung genutzt. Insofern<br />

war das Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium mit seiner<br />

von Jettchen Flender geleiteten (Ab-)Zweigstelle bereits<br />

in den Nachkriegsjahren für viele Lehrer und Schüler ein<br />

echter Ganztagsbetrieb.<br />

Dr. Horst Bach<br />

es schmerzt. Mein Mann unterhält sich derweil mit dem<br />

Ehepaar am Nachbartisch (außer uns die einzigen Gäste)<br />

und denkt sich – wie ich später erfahre – dass dieser Lärm,<br />

das Knallen an Türen und die lauten Rufe noch das i-Tüpfelchen<br />

auf diesem sowieso wenig erfreulichen Lokal sind<br />

und dass man die Handwerker, die wohl diesen störenden<br />

Lärm verursachen, auch zu einem anderen Termin hätte<br />

bestellen können.<br />

Er denkt sich aber nichts weiter dabei, schon gar nicht,<br />

dass es meine Verzweiflungsrufe sein könnten. Die vielen<br />

Ehejahre haben ja gezeigt, dass ich es bisher aus eigener<br />

Kraft geschafft habe zur Toilette zu gehen und auch von<br />

dort wieder zurückzukommen. Bisher!!!<br />

Bei mir wird aus anfänglicher Unruhe<br />

leichte bis mittelschwere Panik in diesem<br />

engen Raum mit dem winzigen zugefrorenen<br />

Fenster. Ich sehe das Schiff schon ohne uns<br />

davonfahren und nach einer Bleibe für die<br />

Nacht suchen.<br />

Ich klopfe, knalle, hämmere gegen die Tür<br />

und rufe immer lauter und lauter. Mein Blutdruck<br />

steigt mit meiner Lautstärke. Irgend-<br />

jemand muss mich doch hören! Da plötzlich<br />

wird die Tür von außen geöffnet - vor mir stehen der Chef<br />

(?) des Ladens mit einem Vierkantschlüssel in der Hand,<br />

verlegen lächelnd, aber keineswegs sehr erstaunt, und mein<br />

Mann mit recht fassungsloser Miene. (Er hatte mittlerweile<br />

erkannt, dass der Lärm und die verzweifelten Hilferufe von<br />

mir kamen und sich auf die Suche nach mir begeben.) Gerettet!<br />

Schnell bezahlt! Schiff noch erreicht! Nur weg!<br />

Später sind wir uns darüber einig, dass ich nicht der erste<br />

Gast war, der mit diesem Schloss zu kämpfen hatte. Denn<br />

der rettende Vierkantschlüssel war doch sehr, sehr schnell<br />

zur Hand. Er lag wahrscheinlich immer griffbereit!!<br />

durchblick 2/2009 7

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