Magazin2021 Ausgabe 3 - Tutech Innovation Gmbh
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BIOKATALYSE2021 – Clustermagazin · <strong>Ausgabe</strong> Nr. 3<br />
12 14<br />
Magazin 2021<br />
Im Gespräch mit<br />
Edelgard Bulmahn<br />
Der Biotechnologie steht eine große Zukunft bevor<br />
Energie ist der Blutkreislauf einer hoch entwickelten<br />
Industriegesellschaft. Gerade das Rohöl<br />
spielt in vielen wirtschaftlich wichtigen Branchen<br />
immer noch eine entscheidende Rolle – doch<br />
das wird über kurz oder lang knapp werden. Biotechnologische<br />
Verfahren, die alternative Rohstoffe wie<br />
Biomasse zur Energiegewinnung nutzen können oder<br />
wertvolle Ressourcen durch effizientere und nachhaltige<br />
Prozesse einsparen, bieten die Möglichkeit, sich<br />
von Rohstofflieferanten unabhängiger<br />
zu machen. „Genau deshalb“, sagt die<br />
ehemalige Bundesministerin für Bildung<br />
und Forschung Edelgard Bulmahn,<br />
„steht der Biotechnologie eine<br />
große Zukunft bevor“. Sieben Jahre,<br />
zwischen 1998 und 2005, kümmerte sich Bulmahn<br />
qua Amt um Zukunft und Fortschritt und brachte<br />
mit gezielten Förderprogrammen die Biotechnologie<br />
in Deutschland auf einen erfolgreichen Weg. Auch<br />
nach ihrer Zeit als Bundesforschungsministerin blieb<br />
sie dem Thema „Technologie“ als Vorsitzende der AG<br />
Weltwirtschaft treu.<br />
BIOKATALYSE2021 blickt mit der Forschungspolitikerin<br />
auf die Entwicklung der Biotechnologie in<br />
Deutschland – und fragt nach, wie und wo die Branche<br />
künftig ihre Stärken zum Wohl der Gesellschaft<br />
ausspielen kann. In ihrem Büro im siebten Stock des<br />
Berliner Paul-Löbe-Hauses stand Edelgard Bulmahn<br />
uns Rede und Antwort. Obwohl die Biotechnologie<br />
in Deutschland bereits sehr gut aufgestellt sei, so Bulmahn,<br />
habe sie ihre stärkste Anwendungsphase noch<br />
vor sich. Davon ist die Politikerin überzeugt. Denn<br />
die Biotechnologie biete nach wie vor ein enormes<br />
Forschungs- und <strong>Innovation</strong>spotenzial. „Die Fähigkeit,<br />
Neues zu schaffen und Altes zu verbessern, macht<br />
die Biotechnologie zum kommenden Motor der Wirtschaft“,<br />
prophezeit Bulmahn. Sie wird einen wichtigen<br />
Teil dazu beitragen, unser Land weiter wettbewerbsfähig<br />
zu halten, Arbeitsplätze langfristig zu sichern und<br />
neue zu schaffen.<br />
Die Biotechnologie, so Bulmahn, ist in Deutschland<br />
inzwischen erwachsen geworden, aber doch noch eine<br />
junge Erwachsene. „In viele unterschiedliche Bereiche<br />
haben biotechnische Verfahren inzwischen erfolgreich<br />
Eingang gehalten“, wie etwa in der Medizin, der<br />
chemischen Industrie, der Umweltbranche, der Energiegewinnung<br />
aus Biomasse oder der Textilindustrie<br />
als auch in der Nahrungsmittelindustrie. „Es kommt<br />
jetzt entscheidend darauf an, dass in diesen Branchen<br />
die große Bedeutung der Biotechnologie richtig eingeschätzt<br />
wird und dass die <strong>Innovation</strong>smöglichkei-<br />
„Biotechnologie –<br />
kommender Motor<br />
der Wirtschaft“<br />
ten, die sich dadurch für die jeweilige Branche bieten,<br />
noch stärker genutzt werden“, so Bulmahn.<br />
Das Interesse der Wirtschaft an dem Thema sei seit<br />
den 1990er Jahren erfreulicherweise stark angestiegen.<br />
Damals war es nicht immer ganz einfach, Industriepartner<br />
für Forschungsprogramme zu gewinnen.<br />
„Aber mit Ausdauer im Dienst der Sache und mit der<br />
Überzeugung um die Wichtigkeit der Biotechnologie<br />
klappte das auch“, blickt Bulmahn zu-<br />
rück. Sie könne sich noch gut an die<br />
erste zögerliche Reaktion der Unternehmen<br />
auf das von ihr gestartete Forschungsprogramm<br />
„GenoMik - Genomforschung<br />
an Mikroorganismen“<br />
erinnern. Dass dann aber vier Kompetenznetze und<br />
über 42 Arbeitsgruppen aus dem Programm resultierten,<br />
bestätigte sie in ihrer Zielsetzung.<br />
Stand damals noch Forschung im Mittelpunkt<br />
und die Anwendung in den Kinderschuhen, sind die<br />
Vorteile „insbesondere auch aus unternehmerischer<br />
Sicht“ der heute reiferen Biotechnologie nicht mehr<br />
zu übersehen.<br />
Die Ex-Bundesministerin hat vier Hauptvorteile<br />
ausgemacht: Erstens bieten biotechnologische Verfahren<br />
den Vorteil, dass sie mit Rohstoffen arbeiten,<br />
die nicht endlich sind. „Vor dem Hintergrund der<br />
steigenden Rohstoffpreise und vor allem auch steigenden<br />
Rohölpreise und dem Wissen, dass viele unserer<br />
Rohstoffe, die wir heute einsetzen, endlich sind,<br />
bietet die Biotechnologie daher Zukunftssicherheit“,<br />
sagt Bulmahn. Das gelte vor allem für den Bereich<br />
der Kunststoffe, die heute in der Hauptsache aus Erdöl<br />
hergestellt werden: „Hier brauchen wir andere Verfahren,<br />
um diese Stoffe zu ersetzen.<br />
Inzwischen gibt es beispielsweise Biokunststoffe,<br />
die, langfristig gesehen,<br />
das Potenzial haben, Kunststoffe auf<br />
Rohölbasis zu ersetzen.“<br />
Der zweite große Vorteil sei der, dass biotechnologische<br />
Verfahren eine Erweiterung von konventionellen<br />
Verfahren darstellen – und so Schritt für Schritt<br />
zur Optimierung und Effizienzsteigerung beitragen.<br />
Bulmahn dazu: „Entscheidend ist hier aber, dass diese<br />
Verfahren zu einer wirklich nachhaltigen Produktion<br />
führen.“ Dieses wichtige Ziel sei ohne die Biotechnologie<br />
heute überhaupt nicht mehr denkbar. Die neuen<br />
„grüneren“ Produktionsprozesse gehen häufig mit weniger<br />
Energieverbrauch einher, dazu kommt, dass die<br />
Produkte ebenso häufig deutlich umweltfreundlicher<br />
„Biotechnologie<br />
bietet Zukunftssicherheit“<br />
sind. „Und dieses Potenzial zu nutzen, halte ich für<br />
eine Pflicht“, unterstreicht Bulmahn.<br />
Aus der Nachhaltigkeit erkläre sich auch sofort der<br />
dritte große Vorteil der Biotechnologie: Die Steigerung<br />
der Qualität, vor allem unter dem Gesichtspunkt der<br />
Abbaubarkeit und der Umweltverträglichkeit. Ebenfalls<br />
unter den Punkt Qualität falle auch das große<br />
<strong>Innovation</strong>spotenzial. Vierter Vorteil, und das sei ganz<br />
wichtig, so Bulmahn: „Die Tendenz bei Produkten<br />
aus biotechnologischer Produktion ist, dass man die<br />
Preise im Rahmen halten kann.“<br />
Diese Vorzüge bietet die Biotechnologie bereits<br />
heute. Um die Effekte noch zu verstärken und so den<br />
maximalen gesellschaftlichen Nutzen aus der Querschnittstechnologie<br />
zu ziehen, muss sie aber weiter<br />
gefördert werden, fordert Bulmahn.<br />
„Biotech<br />
sich<br />
mac<br />
„Die BMBF-Initiative „BioIndustrie<br />
2021“ ist hier die logische und erfolgreiche<br />
Fortsetzung von den Programmen<br />
zur Biotechnologie, die bereits<br />
gelaufen sind“, sagt die Politikerin.<br />
Die Gewinner-Cluster der Initiative, darunter auch<br />
BIOKATALYSE2021, zeigen durch die aktive Beteiligung<br />
der Wirtschaft deutlich, dass der Stellenwert der<br />
Biotechnologie und das Bewusstsein um deren Bedeutung<br />
deutlich gestiegen sind.<br />
„Wichtig wird aber auch weiterhin sein, dass wir die<br />
Forschungsanstrengungen im Feld der Biotechnologie<br />
generell hoch halten – nicht nur im Rahmen eines<br />
solchen Clusterprogramms, sondern auch in der Finanzierung<br />
von Grundlagenforschung“, so Bulmahn.<br />
Daneben werde es genauso wichtig sein, anwendungsnähere<br />
Einzelthemen zu stärken.<br />
„Generell muss man in einem breiten<br />
Bereich fördern, sonst bekommt man<br />
nicht die Stärke, die erforderlich ist, damit<br />
sich die Technologie durchsetzen<br />
kann“, sagt Bulmahn. Es gelte Strukturen<br />
zu schaffen, Netzwerke zwischen Wissenschaft<br />
und Wirtschaft zu bilden und die wichtigen Themen<br />
für die Wirtschaft aufzugreifen. In ihrer Amtszeit betrug<br />
das Volumen der Förderung für die Biotechnologie<br />
bereits grob eine Milliarde Euro. „Das ist natürlich<br />
eine Summe, die muss bei steigendem Bruttoinlandsprodukt<br />
immer weiter wachsen“, so die Politikerin.<br />
Nicht zu vernachlässigen seien weiterhin die Förderung<br />
des Nachwuchses sowie Existenzgründerprogramme.<br />
„Bildung ist immer wichtig – und einer der