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Lebensspuren II

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nannte „Einmachsuppe“ und die „Kuttelfleck“.<br />

Zwei Schlosser waren ebenfalls ansässig, wovon ersterer hauptsächlich für Öfen und Herde so-<br />

wie für die Wasserversorgung der Gemeinde und Gehöfte, letzterer für die Gerätschaften zustän-<br />

dig war. Zwei Schmiedebetriebe hatten die Hände voll zu tun, um „Zug und Zeug“, oder besser ge-<br />

sagt „Pferd und Wagen“, in Schwung zu halten. Das Beschlagen der Pferde oder Ochsen war eine<br />

mühsame, schwere Arbeit. Auch das Beschlagen der Wirtschaftswagen erforderte viel Zeit und<br />

Geduld. Auch das Scharfmachen von Gabeln und Krampen war ein ständiger Arbeitsaufwand.<br />

Auch zwei Wagnerbetriebe waren notgedrungen in diesen Geschäftsbetriebsablauf eingebunden<br />

und mussten die Holzteile der Gerätschaften nicht nur herstellen, sondern auch instand halten<br />

Ein richtiger Stiel bei der Hacke oder Haue war Goldes wert, denn es ging nach dem Spruch „Wie<br />

der Herr, so auch’s Gscher“ (Geschirr). Drei Maschinenhändler versorgten die Betriebe mit den<br />

nötigen Geräten, Maschinen und Bestandteilen. Die beginnende Mechanisierung brachte für diesen<br />

Beruf einen gewaltigen Aufwind. Fast in jedes Haus kam ein Benzinmotor und so mussten<br />

auch sämtliche Gerätschaften dazu angeschafft werden. Hier war der Spruch angebracht: „Ein<br />

Keil treibt den anderen.“<br />

Auch ein Friseurmeister war damals schon in unsrer Gemeinde, der aber mehr mit den Herren<br />

zu tun hatte, weil die Damen noch teilweise stolz auf ihr langes Haar und auf die Zöpfe waren. Da<br />

sogar ein Uhrmachermeister hier ansässig war, wusste man immer, wie viel es geschlagen hat. Da<br />

es in der Branche zu dieser Zeit sehr viel Pfusch gegeben hat, dürfte es wenig ertragreich gewesen<br />

sein. Zwei Glasermeister sorgten für die ordentliche Sanierung, wenn etwas „in Scherben ging“.<br />

Ich weiß noch gut, dass die zwei nicht gut aufeinander zu sprechen waren. Da der eine mit dem<br />

Fahrrad fuhr, kam er immer schneller auf seinen Arbeitsplatz. Den Rauchfangkehrermeister will<br />

ich auch nicht vergessen, der damals zwei oder drei Gesellen beschäftigt hatte. Es ist mir noch<br />

gut in Erinnerung, wie schön die im Rauchfang gesungen haben. Dass auch die Binderei in Wiesmath<br />

ausgeübt wurde, dürfte der Grund sein, warum mir das „Binderlied“ noch immer in den<br />

Ohren klingt. Den größten Aufschwung hat wohl die Sodawassererzeugung genommen, die auch<br />

zu meiner Jugendzeit begonnen wurde. Das „spritzige Kracherl“ mit der Glaskugel werde ich nicht<br />

vergessen. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass sich auch ein Sägewerksbetrieb<br />

vorübergehend in unserer Gemeinde befunden hat. Nicht vergessen sollen auch die Viehschneider<br />

sein, die damals von Wiesmath aus die ganze Umgebung betreuten. Die eine Familie war aus<br />

dem Raum Neunkirchen, die andere aus Salzburg hierher gezogen. Die Verständigung mit den<br />

Tierbesitzern funktionierte allerdings ausgezeichnet. Obwohl jeder eine andere Methode anwendete,<br />

waren die Bauern sehr zufrieden.<br />

Da dem Gewerbe in Wiesmath damals eine Vorreiterrolle zukam, ist es nicht verwunderlich,<br />

dass auch der Handel blühte. War doch dieser mit dem Gewerbe und der Landwirtschaft eng verbunden.<br />

So ist es auch zu verstehen, dass die „Stadthändler“ die Waren vom Bauern mit einem<br />

Fuhrwerk oder zu Fuß abholten. Dies waren Butter und Eier, Hühner und Gänse sowie Kanin-<br />

24 - Arbeitswelten<br />

BuchRegionsbuch<strong>II</strong>.indb 24 31.08.2009 14:17:04 Uhr

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