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Zum Verlauf der EURO-Krise - Merkels Geisterfahrt an den Abgrund ...

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<strong>Zum</strong> <strong>Verlauf</strong> <strong>der</strong> <strong>EURO</strong>-<strong>Krise</strong> - <strong>Merkels</strong> <strong>Geisterfahrt</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> <strong>Abgrund</strong> Europas<br />

von Hilde Mattheis, MdB<br />

St<strong>an</strong>d: 12.04.2012 (Fortschreibung <strong>der</strong> Fassung vom 03.11.2011)<br />

Als die Fin<strong>an</strong>zkrise die Staatsschul<strong>den</strong> <strong>der</strong> Mitgliedstaaten in die Höhe schießen ließ und als<br />

<strong>der</strong> erste <strong>EURO</strong>-Staat, das kleine Griechenl<strong>an</strong>d, im Frühjahr 2009 um europäische<br />

Unterstützung bitten musste, hieß es von deutscher Seite: "Keinen Cent für Griechenl<strong>an</strong>d!"<br />

Bis zum Ausbruch <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zkrise wurde Europa weiterentwickelt, wenn sich im <strong>Verlauf</strong> <strong>der</strong><br />

europäischen Einigungsgeschichte neue Herausfor<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> akute Notwendigkeiten für<br />

institutionelle Verän<strong>der</strong>ungen einstellten. Deutschl<strong>an</strong>d hat bisher - entsprechend seiner<br />

Größe - seinen positiven Beitrag geleistet und für Deutschl<strong>an</strong>d hat es sich immer gelohnt.<br />

Anstatt diesen erfolgreichen Weg zur Bewältigung <strong>der</strong> tiefsten europäischen Nachkriegskrise<br />

weiter zu beschreiten, machte die deutsche Bundesregierung eine 180-Grad-Kehrtwendung<br />

und fährt seither als Geisterfahrer mit <strong>den</strong> europäischen Errungenschaften und Unmengen<br />

von Steuergel<strong>der</strong>n im Gepäck entgegen <strong>der</strong> Fahrtrichtung und öffnete <strong>den</strong> Fin<strong>an</strong>zmärkten<br />

die Tür zur Spaltung und Gefährdung <strong>der</strong> Einheit Europas.<br />

Statt durch <strong>den</strong> Ausbau <strong>der</strong> Macht und Kompetenz <strong>der</strong> Europäischen Zentralb<strong>an</strong>k (EZB) und<br />

möglicher gemeinsamer Instrumente (wie etwa „Eurobonds“ o<strong>der</strong> eine „B<strong>an</strong>k für öffentliche<br />

Anleihen“) Europa zu stärken, dr<strong>an</strong>g sie auf eine Lösung, die Griechenl<strong>an</strong>d nicht half,<br />

son<strong>der</strong>n zusätzlich belastete, die die Schwäche <strong>an</strong><strong>der</strong>er Mitgliedstaaten noch verstärkte und<br />

die <strong>den</strong> Zinsdruck auf staatliche Refin<strong>an</strong>zierungs<strong>an</strong>leihen noch mehr befeuerte.<br />

Statt die geballte Fin<strong>an</strong>zmacht Europas gegen die Wetten auf <strong>den</strong> Zerfall Europas zu nutzen,<br />

zau<strong>der</strong>te sie und behin<strong>der</strong>te gesamteuropäische Lösungen. Sie trieb damit die<br />

Rettungskosten in die Höhe - und bis heute ist das Ende dieser nie dagewesenen<br />

Subventionierung <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zmärkte nicht abzusehen.<br />

Die USA, Engl<strong>an</strong>d und Jap<strong>an</strong> haben höhere Schul<strong>den</strong> als die <strong>EURO</strong>-Zone. Sie sind aber<br />

dem Druck <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zmärkte in weit geringerem Maße ausgesetzt, weil sie eine Notenb<strong>an</strong>k<br />

haben, die als letzter Geldgeber bereitsteht und je<strong>der</strong>zeit Staats<strong>an</strong>leihen kaufen k<strong>an</strong>n. Aber<br />

genau diese Kompetenz will die Bundesregierung bis heute <strong>der</strong> EZB nicht übertragen.<br />

Und so muss das H<strong>an</strong>delsblatt zu Beginn des Jahres 2012 konstatieren:<br />

„Wir bauen Rettungsschirme und -fonds, geben Bürgschaften, ersinnen trickreiche<br />

Versicherungslösungen, lassen die Notenb<strong>an</strong>k Geld drucken, bitten die B<strong>an</strong>ken zur Kasse<br />

und zwingen ihnen gleichzeitig Kapital auf - die Hexenküche aus Goethes Faust war im<br />

Vergleich dazu eine tr<strong>an</strong>sparente und gut verständliche Ver<strong>an</strong>staltung. Niem<strong>an</strong>d k<strong>an</strong>n die<br />

Folgen realistisch abschätzen - w<strong>an</strong>n künftige Parlamente hohe Schecks abnicken müssen,<br />

platzende Blasen <strong>an</strong> <strong>den</strong> Märkten Vermögen vernichten o<strong>der</strong> sich im Hintergrund l<strong>an</strong>gsam,<br />

aber unaufhaltsam eine Inflationsdynamik aufbaut. Ein Thema bleibt in <strong>der</strong> verworrenen<br />

Diskussion tabu: direkte Zahlungen <strong>der</strong> starken <strong>an</strong> die schwachen Euro-Län<strong>der</strong>.“<br />

Sol<strong>an</strong>ge die EZB ihre Macht nicht nutzen darf, wird Frau Merkel die <strong>Geisterfahrt</strong> ungebremst<br />

fortsetzen. Zu Recht wurde schon vor dem <strong>EURO</strong>-Gipfel am 26.10.2011 diagnostiziert:<br />

„Nach jedem Rettungsgipfel steigen erst Aktien- und Euro-Kurse. D<strong>an</strong>n hört m<strong>an</strong> nichts. Und<br />

später kommt die nächste P<strong>an</strong>ikrunde samt Notgipfel mit laufen<strong>der</strong> Nummer XY. So war das<br />

nach dem <strong>Krise</strong>ntreffen vom 21. Juli. So ist das im Grunde seit zwei Jahren.“ (Thomas<br />

Fricke, Fin<strong>an</strong>cial Times Deutschl<strong>an</strong>d, 28. Oktober 2011).<br />

1


Nun im April 2012, erklärt Fin<strong>an</strong>zminister Schäuble: „Wir haben jetzt alles get<strong>an</strong>, was<br />

erfor<strong>der</strong>lich ist.“, und gleichzeitig wird das Zukunftsszenario immer bedrohlicher: "Eine<br />

Überdosis Sparen" (Nobelpreisträger Joseph Stiglitz) k<strong>an</strong>n zur "potenziell tödlichen" <strong>Krise</strong><br />

(«Meisterspekul<strong>an</strong>t» Georges Soros) und zur „Implosion des Euro-Raums“ (Gustav Horn,<br />

IMK-Direktor) führen:<br />

„Europäische Konjunkturforscher warnen eindringlich vor <strong>der</strong> Umsetzung des Fiskalpakts.<br />

«In diesem Jahr wird sich entschei<strong>den</strong>, ob die Währungsunion in ihrer jetzigen Form Best<strong>an</strong>d<br />

haben wird o<strong>der</strong> nicht´, sagte Gustav Horn, Direktor des IMK. Die Län<strong>der</strong>, die nun massive<br />

Konsolidierungsprogramme umsetzen müssen, wer<strong>den</strong> wirtschaftlich nicht auf die Beine<br />

kommen. Sie wer<strong>den</strong> vielmehr in Stagnation o<strong>der</strong> Rezession verharren. Alle harten<br />

Sparmaßnahmen seien umsonst, da die staatlichen Einsparungen auf <strong>der</strong> Ausgabenseite<br />

durch <strong>den</strong> Wegfall von Steuereinnahmen "aufgefressen" wer<strong>den</strong>. «Es ist durchaus möglich,<br />

dass es aufgrund des sozialen und politischen Drucks in einzelnen Euro-Län<strong>der</strong> zu einer<br />

Implosion des Euro-Raums kommt», sagte Horn.“ (Euractiv, 29. März 2012)<br />

„Wut und Unzufrie<strong>den</strong>heit wer<strong>den</strong> in <strong>den</strong> <strong>Krise</strong>nlän<strong>der</strong>n also weiter zunehmen. Erst recht<br />

wegen <strong>der</strong> Rezession. Denn durch <strong>den</strong> Abschwung sind die Steuereinnahmen geringer als<br />

erwartet und die Sozialausgaben höher. Immer wie<strong>der</strong> wer<strong>den</strong> die Sparziele verfehlt. Dieser<br />

Kurs muss scheitern. Es gibt weltweit nicht ein einziges Beispiel dafür, dass Kürzungen von<br />

Löhnen, Renten und Sozialleistungen ein kr<strong>an</strong>kes L<strong>an</strong>d genesen lassen. Die Ch<strong>an</strong>cen, dass<br />

weitere Einsparungen die Probleme lösen, liegen nahe null. Län<strong>der</strong> wie Griechenl<strong>an</strong>d und<br />

Portugal brauchen eine glaubwürdige Perspektive für neues Wachstum. Die Regierungen<br />

sollten in schlechten Zeiten die Staatsausgaben nicht senken, son<strong>der</strong>n erhöhen. Das<br />

Haushaltsdefizit muss nicht einmal größer wer<strong>den</strong>, wenn gleichzeitig die Steuern steigen.<br />

D<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n die Wirtschaft um ein Vielfaches des eingesetzten Geldes wachsen. Ich <strong>den</strong>ke<br />

etwa <strong>an</strong> die Einführung einer Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionsteuer, wie sie in Deutschl<strong>an</strong>d und <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n diskutiert wird.“ (Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, SZ 11.April 2012)<br />

„Erstmals ist ein Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>brechen <strong>der</strong> Währungsunion ein realistisches Szenario. Davor<br />

warnt <strong>der</strong> US-Investor George Soros im Gespräch mit <strong>der</strong> Welt: «In <strong>der</strong> jetzigen Form treibt<br />

er die Euro-Zone in ein Deflationsspirale, die die <strong>Krise</strong> eskalieren lässt.» Am Ende könne <strong>der</strong><br />

eingeschlagene Kurs sogar die gesamte Europäische Union sprengen, sagte er. Sp<strong>an</strong>ien<br />

zum Beispiel habe in letzter Zeit alles richtig gemacht, gleichwohl seien die Risikozuschläge<br />

auf seine Staats<strong>an</strong>leihen wie<strong>der</strong> gestiegen.“ (Die Welt, 12. April 2012)<br />

Im Folgen<strong>den</strong> zunächst eine kurze Chronik zum ersten <strong>Krise</strong>njahr in Deutschl<strong>an</strong>d:<br />

15. September 2008 Die amerik<strong>an</strong>ische Investmentb<strong>an</strong>k Lehm<strong>an</strong> Brothers meldet Insolvenz<br />

<strong>an</strong> und löst damit die Fin<strong>an</strong>zkrise aus. Der Geldfluss kommt nahezu zum Erliegen. Die<br />

Kreditinstitute leihen sich kaum noch Geld.<br />

5. Oktober 2008 Die Bundesregierung gar<strong>an</strong>tiert allen Bürgerinnen und Bürgern, dass ihre<br />

Spareinlagen sicher sind. Die B<strong>an</strong>k Hypo Real Estate wird mit einer Bürgschaft von 50<br />

Milliar<strong>den</strong> Euro vor dem Konkurs bewahrt, die d<strong>an</strong>n mehrmals aufgestockt wer<strong>den</strong> musste.<br />

17. Oktober 2008 wird das Fin<strong>an</strong>zmarktstabilisierungsgesetz und damit <strong>der</strong><br />

B<strong>an</strong>kenrettungsfonds (SoFFin) beschlossen. Der „Rettungsschirm für die B<strong>an</strong>ken“ umfasst<br />

bis zu 500 Milliar<strong>den</strong> Euro, aufgeteilt in Gar<strong>an</strong>tien von 400 Mrd. Euro und 100 Mrd. Euro als<br />

Kapitalhilfe (wie die 18 Milliar<strong>den</strong>, die <strong>der</strong> Commerzb<strong>an</strong>k zur Verfügung gestellt wur<strong>den</strong>).<br />

5. Dezember 2008 Beschluß für einen „Schutzschirm für Arbeitsplätze“ (Konjunkturpaket I)<br />

und am 27. J<strong>an</strong>uar 2009 für das Konjunkturpaket II. Es ist das größte Konjunkturpaket in <strong>der</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> Bundesrepublik. Zusammen mit dem ersten Konjunkturpaket erhält<br />

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Deutschl<strong>an</strong>d damit einen Impuls mit einem Gesamtvolumen von 80 Mrd. Euro. Das Paket<br />

umfasst ein Bündel von kurz- und mittelfristigen Maßnahmen in <strong>den</strong> Zukunftsbereichen<br />

Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz, wie die Umweltprämie – auch bek<strong>an</strong>nt als<br />

Abwrackprämie – o<strong>der</strong> das Zukunftsinvestitionsgesetz für Kommunen.<br />

6. März 2009 Im Rahmen des Konjunkturpakets II wird <strong>der</strong> „Wirtschaftsfonds Deutschl<strong>an</strong>d“<br />

eingerichtet. Der Fonds soll Bürgschaften und Kredite <strong>an</strong> Unternehmen vergeben, die durch<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>z- und Wirtschaftskrise in eine fin<strong>an</strong>zielle Schieflage geraten sind.<br />

Insgesamt wer<strong>den</strong> für <strong>den</strong> Fonds 115 Milliar<strong>den</strong> Euro bereitgestellt.<br />

27. Mai 2009 Die <strong>Krise</strong> verschärft sich weiter, <strong>der</strong> Abschwung hat sich im ersten Vierteljahr<br />

sogar beschleunigt. Gerechnet wird damit, dass die Wirtschaftsleistung Deutschl<strong>an</strong>ds real<br />

um 6,0% sinkt – <strong>der</strong> stärkste Einbruch in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />

12. Juni 2009 Die „Schul<strong>den</strong>bremse“ wird beschlossen.<br />

24. Juni 2009 Die tiefste Rezession in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> Bundesrepublik führt im Haushalt<br />

2010 zu einer Rekordneuverschuldung von rund 86 Milliar<strong>den</strong> Euro, lediglich 6 Milliar<strong>den</strong><br />

Euro waren vor Ausbruch <strong>der</strong> <strong>Krise</strong> vorgesehen. Zu dieser Neuverschuldung kommen noch<br />

2010 die Kredite vom Investitions- und Tilgungsfonds sowie vom SoFFin hinzu.<br />

3. Juli 2009 Durch das Fin<strong>an</strong>zmarktstabilisierungsfortentwicklungsgesetz haben B<strong>an</strong>ken nun<br />

die Möglichkeit, Wertpapiere <strong>an</strong> „Bad B<strong>an</strong>ks“ auszulagern und ihre Bil<strong>an</strong>zen zu bereinigen.<br />

1. September 2009 Die Bundesregierung beschließt Hilfen von insgesamt 17,5 Mrd. EUR<br />

zur Vermeidung einer drohen<strong>den</strong> Kreditklemme. Zudem soll durch die Vergabe von Darlehen<br />

<strong>der</strong> KfW <strong>an</strong> die B<strong>an</strong>ken die Kreditversorgung <strong>der</strong> Unternehmen verbessert wer<strong>den</strong>. Hierfür ist<br />

aus dem „Wirtschaftsfonds Deutschl<strong>an</strong>d“ ein Volumen von bis zu 10 Mrd. EUR vorgesehen.<br />

Wie in Deutschl<strong>an</strong>d mussten auch in allen <strong>an</strong><strong>der</strong>en europäischen Mitgliedstaaten zur<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>z- und Wirtschaftskrise neue Schul<strong>den</strong> aufgenommen wer<strong>den</strong>.<br />

Die hohe Verschuldung <strong>der</strong> europäischen Mitgliedstaaten ist so vor allem eine Folge <strong>der</strong><br />

Fin<strong>an</strong>zmarktkrise. Diese verursachte mit <strong>den</strong> Folgekosten für die B<strong>an</strong>kenrettung, die<br />

Bekämpfung <strong>der</strong> realwirtschaftlichen <strong>Krise</strong> und dem Rückg<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Steuereinnahmen die<br />

große Neuverschuldung und die Refin<strong>an</strong>zierungskrise vieler EU-Staatshaushalte.<br />

Schon im J<strong>an</strong>uar 2009 war in <strong>der</strong> Presse die Warnung zu lesen: „Staatsschul<strong>den</strong> - Der<br />

Euro schwebt in höchster Gefahr“ und: “Spekul<strong>an</strong>ten haben die Währungsunion ins Visier<br />

genommen. Sie wetten auf einen Zerfall <strong>der</strong> Gemeinschaft und treiben die Zinsen <strong>der</strong> 16<br />

Staaten ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>. Um <strong>den</strong> Euro zu retten, will Brüssel die Län<strong>der</strong> zum Sparen zwingen.<br />

Denn Irl<strong>an</strong>d, Sp<strong>an</strong>ien und Griechenl<strong>an</strong>d verlieren offenbar die Kontrolle über ihre Schul<strong>den</strong>.“<br />

M<strong>an</strong> muss dar<strong>an</strong> erinnern: Schon vor fast 3 Jahren wurde über die Rettung des <strong>EURO</strong>s<br />

verh<strong>an</strong>delt. Damals schlug <strong>der</strong> luxemburgische Premierminister und Chef <strong>der</strong> Euro-Gruppe,<br />

Je<strong>an</strong>-Claude Juncker, eine „stärkere wirtschaftspolitische Koordination" und „Eurobonds“ vor.<br />

Die gemeinsamen europäischen Anleihen sollten es kleinen und gefährdeten Län<strong>der</strong>n<br />

ermöglichen, billiger <strong>an</strong> Geld zu kommen, um damit ihre Wirtschaft <strong>an</strong>zukurbeln. Allerdings<br />

müsse Hilfe d<strong>an</strong>n auch mit "Auflagen für die Solidaritätsempfänger" verbun<strong>den</strong> sein.<br />

Doch aus Deutschl<strong>an</strong>d kam umgehend ein Veto – nicht nur vom damaligen<br />

Bundesb<strong>an</strong>kpräsi<strong>den</strong>ten Axel Weber, son<strong>der</strong>n auch vom Fin<strong>an</strong>zminister Peer Steinbrück.<br />

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Eurobonds o<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e gemeinsam fin<strong>an</strong>zierte europäische Lösungen (wie etwa eine B<strong>an</strong>k<br />

für öffentliche Anleihen), um die Staatsfin<strong>an</strong>zierung von <strong>den</strong> Fin<strong>an</strong>zmärkten zumindest<br />

teilweise zu entkoppeln, wur<strong>den</strong> und wer<strong>den</strong> von Deutschl<strong>an</strong>d abgeblockt.<br />

So führte <strong>der</strong> Zw<strong>an</strong>g sich über die Kapitalmärkte refin<strong>an</strong>zieren zu müssen, zu einer<br />

wachsen<strong>den</strong> Überschuldung <strong>der</strong> schwächeren Mitgliedstaaten und damit zur Euro-<strong>Krise</strong>.<br />

Griechenl<strong>an</strong>d als schwächstes Glied <strong>der</strong> Eurozone war diesem Druck am wenigsten<br />

gewachsen und <strong>an</strong> Griechenl<strong>an</strong>d wurde das Bedrohungsszenario für <strong>den</strong> <strong>EURO</strong><br />

durchexerziert, obwohl Griechenl<strong>an</strong>d wirtschaftlich mit 2,5 Prozent vom BIP <strong>der</strong> Eurozone<br />

ein Winzling unter <strong>den</strong> Mitgliedstaaten ist.<br />

Als die griechische Regierung die Schätzung des Staatstdefizits für 2009 auf 12 Prozent<br />

korrigierte, führte das zu einem schlechteren Rating mit <strong>der</strong> Folge, immer tiefer in <strong>der</strong><br />

Schul<strong>den</strong>krise zu versinken. Die Investoren for<strong>der</strong>ten aus Misstrauen über die<br />

Zahlungsfähigkeit des L<strong>an</strong>des immer höhere Zinsen auf Staats<strong>an</strong>leihen. In <strong>der</strong> EU wuchs die<br />

Angst vor einem Staatsb<strong>an</strong>krott, <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> <strong>an</strong>stecken könnte.<br />

Als d<strong>an</strong>n Griechenl<strong>an</strong>d im Frühjahr 2010 vor <strong>der</strong> Pleite st<strong>an</strong>d, weigerte sich die<br />

Bundesregierung l<strong>an</strong>ge, <strong>den</strong> Griechen zu helfen. Es wür<strong>den</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> wie Portugal<br />

ebenfalls um Unterstützung bitten und irgendw<strong>an</strong>n auch ein großes L<strong>an</strong>d. Das würde die<br />

Währungsgemeinschaft überfor<strong>der</strong>n.<br />

So hatten die Euro-Län<strong>der</strong> rund zwei Monate um <strong>den</strong> umstrittenen Notfallpl<strong>an</strong> gerungen. Vor<br />

allem Deutschl<strong>an</strong>d hatte gezögert und schließlich strikte Bedingungen für Hilfen sowie die<br />

Beteiligung des IWF durchgesetzt. Ziel war es, mit dem Notfallpl<strong>an</strong> die Fin<strong>an</strong>zmärkte von <strong>der</strong><br />

Kreditwürdigkeit Griechenl<strong>an</strong>ds zu überzeugen und die Hilfen nicht zum Einsatz zu bringen.<br />

Bis schließlich Anf<strong>an</strong>g Mai 2010 die EU-Fin<strong>an</strong>zminister beschließen, Griechenl<strong>an</strong>d Kredite<br />

in Höhe von 110 Milliar<strong>den</strong> Euro zu gewähren: 80 Milliar<strong>den</strong> kommen von <strong>den</strong> Euro-Staaten,<br />

30 vom IWF. Deutsche B<strong>an</strong>ken verpflichten sich Griechenl<strong>an</strong>d-Anleihen zu kaufen. Im<br />

Gegenzug wird Griechenl<strong>an</strong>d verpflichtet, hart zu sparen, die Wirtschaft zu reformieren und<br />

staatliche Unternehmen zu privatisieren.<br />

Die Europäische Zentralb<strong>an</strong>k (EZB) beschließt, Staats<strong>an</strong>leihen kriseln<strong>der</strong> Staaten<br />

aufzukaufen. Sie will verhin<strong>der</strong>n, dass die Län<strong>der</strong> ihre Schul<strong>den</strong> nicht mehr bedienen<br />

können, weil die Zinsen immer weiter steigen. Ihre Statuten verbieten ihr, Anleihen direkt von<br />

<strong>den</strong> Emittenten zu erwerben; also wird sie am öffentlichen und privaten Anleihemarkt – dem<br />

sogen<strong>an</strong>nten Sekundärmarkt – tätig. Mit <strong>der</strong> Ankündigung bricht die EZB mit einem Tabu:<br />

Bisher hat sie <strong>der</strong>artige Mittel zur <strong>Krise</strong>nbekämpfung stets abgelehnt.<br />

7. Juni 2010 Die Euro-Fin<strong>an</strong>zminister grün<strong>den</strong> die Europäische Fin<strong>an</strong>zstabilisierungsfazilität<br />

(EFSF), <strong>den</strong> sogen<strong>an</strong>nten Euro-Rettungsschirm. Die Zweckgesellschaft soll im Notfall am<br />

Kapitalmarkt Kredite aufnehmen, um klamme Staaten fin<strong>an</strong>ziell zu stützen. Die Euro-Län<strong>der</strong><br />

sollen für die Kredite bürgen, Deutschl<strong>an</strong>d mit bis zu 148 Mrd. Euro. Der EFSF umfasst<br />

insgesamt 750 Mrd. Euro. Die tatsächliche Kreditvergabekapazität liegt niedriger, weil für ein<br />

AAA-Rating hohe Gar<strong>an</strong>tien erfor<strong>der</strong>lich sind.<br />

21. November 2010 Irl<strong>an</strong>d bekommt Hilfskredite in Höhe von 85 Milliar<strong>den</strong> Euro vom EFSF.<br />

28. November 2010 Die Fin<strong>an</strong>zminister <strong>der</strong> Euro-Län<strong>der</strong> einigen sich auf einen dauerhaften<br />

<strong>Krise</strong>nfonds, <strong>den</strong> Europäischen Stabilitätsmech<strong>an</strong>ismus (ESM). Er soll 2013 <strong>den</strong> EFSF<br />

ablösen. Der ESM umfasst 700 Mrd. Euro, von <strong>den</strong>en maximal 500 Mrd. <strong>an</strong> Not lei<strong>den</strong>de<br />

Staaten verliehen wer<strong>den</strong> können. Der Rest dient als Sicherheitseinlage. Sie soll die Rating-<br />

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Agenturen überzeugen, auch dem ESM Bestnoten zu verleihen. Im Gegensatz zum EFSF<br />

wird <strong>der</strong> neue Fonds mit einer Bareinlage in Höhe von 80 Mrd. Euro ausgestattet.<br />

Dezember 2010 Je<strong>an</strong>-Claude Juncker schlägt erneut Euro-Bonds vor. Deutschl<strong>an</strong>d stellt<br />

sich erneut quer: Es wird befürchtet, Euro-Bonds wür<strong>den</strong> <strong>den</strong> Anreiz senken, solide zu<br />

wirtschaften. Juncker wirft <strong>der</strong> Bundesregierung eine "uneuropäische Art" vor und findet:<br />

"Deutschl<strong>an</strong>d <strong>den</strong>kt da ein bisschen simpel."<br />

Ende 2010 sind Griechenl<strong>an</strong>ds Schul<strong>den</strong> von 105 Prozent vorm Ausbruch <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zkrise<br />

(2007) auf mehr als 140 Prozent und bis zum Oktober 2011 auf 166 Prozent <strong>der</strong><br />

Wirtschaftsleistung gestiegen.<br />

11. März 2011 Die Staats- und Regierungschefs beschließen, die Kreditvergabekapazität<br />

des EFSF auf 440 Milliar<strong>den</strong> aufzustocken. Außerdem einigen sich die Staaten auf <strong>den</strong> "Pakt<br />

für <strong>den</strong> Euro" – die Selbstverpflichtung, sich in <strong>der</strong> Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik<br />

enger abzustimmen – und verpflichten sich zum Sparen. Gleichzeitig wird <strong>der</strong> Stabilitäts- und<br />

Wachstumspakt verschärft.<br />

7. April 2011 Portugal bekommt 78 Milliar<strong>den</strong> Euro vom EU-Rettungsschirm.<br />

21. Juli 2011 Die Euro-Län<strong>der</strong> beschließen das zweite Rettungspaket für Griechenl<strong>an</strong>d. Es<br />

umfasst neue Kredite in Höhe von 109 Milliar<strong>den</strong> Euro und soll bis 2014 reichen. Erstmals<br />

beteiligen sich freiwillig private Gläubiger: B<strong>an</strong>ken sollen 37 Milliar<strong>den</strong> Euro beisteuern,<br />

indem sie griechische Staats<strong>an</strong>leihen in neue Bonds mit geringeren Zinsen umtauschen.<br />

8. August 2011 Die Europäische Zentralb<strong>an</strong>k kauft erstmals auch italienische und sp<strong>an</strong>ische<br />

Staats<strong>an</strong>leihen am Sekundärmarkt. Sie will damit verhin<strong>der</strong>n, dass die Zinsen für die<br />

<strong>Krise</strong>nstaaten weiter steigen. Mit Erfolg: Der Druck auf die bei<strong>den</strong> Län<strong>der</strong> nimmt in <strong>den</strong><br />

kommen<strong>den</strong> Wochen etwas ab.<br />

August 2011 Die Debatte über Euro-Bonds entflammt neu. Euro-Gruppen-Chef Juncker ist<br />

dafür, die <strong>Krise</strong>nstaaten im Sü<strong>den</strong> auch. In Deutschl<strong>an</strong>d drängen SPD und Grüne auf die<br />

gemeinsamen Anleihen; auch in <strong>der</strong> CDU bröckelt <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d. Die FDP ist weiterhin<br />

strikt gegen Euro-Bonds, auch Angela Merkel lehnt sie ab. Es gibt Gerüchte, Fr<strong>an</strong>kreich<br />

könnte sein AAA-Rating verlieren.<br />

31. August 2011 Das Bundeskabinett setzt die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 21. Juli<br />

um. Deutschl<strong>an</strong>d bürgt für weitere 211 Milliar<strong>den</strong> Euro. Künftig soll <strong>der</strong> Bundestag über alle<br />

neuen Hilfen abstimmen.<br />

August/September 2011 Die Angst vor einer neuen großen B<strong>an</strong>kenpleite wächst. Christine<br />

Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), for<strong>der</strong>t deshalb, die B<strong>an</strong>ken mit<br />

neuem Kapital auszustatten, das direkt vom EFSF kommen soll. Die Spekulationen über<br />

eine mögliche Insolvenz Griechenl<strong>an</strong>ds nehmen zu. Die griechische Wirtschaft schrumpft<br />

stärker als gedacht. Wirtschaftsminister Philipp Rösler schließt eine geordnete Insolvenz<br />

nicht mehr aus.<br />

29. September 2011 Der Bundestag billigt die von <strong>den</strong> Euro-Län<strong>der</strong>n gepl<strong>an</strong>te Aufstockung<br />

des EFSF auf 780 Milliar<strong>den</strong> Euro, von <strong>den</strong>en 440 Milliar<strong>den</strong> <strong>an</strong> überschuldete Euro-Staaten<br />

verliehen wer<strong>den</strong> können. Treten die gepl<strong>an</strong>ten Än<strong>der</strong>ungen in Kraft, steigen die deutschen<br />

Gar<strong>an</strong>tien um 88 Milliar<strong>den</strong> auf 211 Milliar<strong>den</strong> Euro.<br />

26. Oktober 2011 Der Bundestag gibt <strong>der</strong> Bundesk<strong>an</strong>zlerin ein M<strong>an</strong>dat, mit <strong>der</strong> sie über die<br />

Stärkung des EFSF verh<strong>an</strong>deln k<strong>an</strong>n. Durch einen fin<strong>an</strong>ztechnischen Hebel soll die<br />

5


Interventionssumme erhöht wer<strong>den</strong>. Außerdem for<strong>der</strong>t das Parlament mehr Eigenkapital für<br />

B<strong>an</strong>ken und eine Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer.<br />

In Brüssel beschließen die europäischen Regierungschefs die EFSF-Hebelung allerdings<br />

ohne dem EFSF eine B<strong>an</strong>klizenz zu erteilen, was Fr<strong>an</strong>kreich gefor<strong>der</strong>t, aber Deutschl<strong>an</strong>d<br />

verhin<strong>der</strong>t hat. Außerdem wurde ein Schul<strong>den</strong>schnitt für Griechenl<strong>an</strong>d und die Beteiligung<br />

<strong>der</strong> B<strong>an</strong>ken <strong>an</strong> <strong>den</strong> Verlusten beschlossen. Allerdings kam es in <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong><br />

Entscheidungen zu einer Spaltung <strong>der</strong> EU-Län<strong>der</strong> in eine große Runde und d<strong>an</strong>ach in eine<br />

kleine <strong>der</strong> 17 Euro-Län<strong>der</strong>.<br />

Anf<strong>an</strong>g bis Mitte November 2011: Nach dem Stopp <strong>der</strong> Hilfskredite <strong>der</strong> Euro-Staaten<br />

verzichtet Griechenl<strong>an</strong>ds Ministerpräsi<strong>den</strong>t Pap<strong>an</strong>dreou auf <strong>den</strong> verkündeten Pl<strong>an</strong> einer<br />

Volksabstimmung über die Euro-Hilfen. Italiens Regierungschef Berlusconi muss beim G20-<br />

Gipfel zusagen, die Fin<strong>an</strong>zen nicht nur von <strong>der</strong> EU, son<strong>der</strong>n auch vom IWF überwachen zu<br />

lassen. Italien muss <strong>den</strong>noch <strong>an</strong> <strong>den</strong> Kapitalmärkten immer höhere Zinsen zahlen. Der<br />

griechische Ministerpräsi<strong>den</strong>t Pap<strong>an</strong>dreou verkündet seinen Rücktritt.<br />

EU-Kommissionspräsi<strong>den</strong>t Jose M<strong>an</strong>uel Barroso warnt vor einer Spaltung <strong>der</strong> EU in die<br />

Eurozone und die zehn Nicht-Euro-Staaten. Die Ratingagentur S&P verschickte (irrtümlich)<br />

eine Mitteilung nach <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>kreich seine Top-Bonität verloren habe. Die griechische<br />

Überg<strong>an</strong>gsregierung übernimmt Ministerpräsi<strong>den</strong>t Papademos. Das italienische<br />

Abgeordnetenhaus billigt die von <strong>der</strong> EU gefor<strong>der</strong>ten Wirtschaftsreformen. Ministerpräsi<strong>den</strong>t<br />

Berlusconi wird von Mario Monti abgelöst.<br />

Erstmals steigen auch die Zinsen für Staats<strong>an</strong>leihen <strong>der</strong> AAA-Staaten <strong>der</strong> Eurozone. Die<br />

EU-Kommission schlägt Eurobonds vor, um die hohen Zinsen für einzelne Eurostaaten zu<br />

begrenzen.<br />

Mitte bis Ende November 2011: Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel lehnt Eurobonds ab und kritisiert<br />

die EU-Kommission für ihre Vorschläge. Sarkozy und Merkel kündigen einen Vorschlag zur<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EU-Verträge <strong>an</strong>, um künftig Defizitsün<strong>der</strong> wirksam zu bestrafen. Die<br />

Ratingagenturen stufen Belgien herunter und Portugal sowie Ungarn auf Ramschniveau<br />

herab. Auch die Kreditwürdigkeit zahlreicher B<strong>an</strong>ken in <strong>den</strong> USA und Europa wird<br />

herabgestuft. Die Bundesregierung dementiert Pläne für Elite-Bonds, gemeint sind<br />

gemeinsame Anleihen <strong>der</strong> sechs Euro-Staaten mit <strong>der</strong> besten Bonität (AAA).<br />

30. November 2011: Gemeinsam mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en großen Notenb<strong>an</strong>ken (USA, Jap<strong>an</strong>; China,<br />

u.a.) beschließt die EZB ein Stützungsprogramm, das vor allem die Versorgung europäischer<br />

B<strong>an</strong>ken mit Dollar-Liquidität sicherstellen soll. Kurz darauf senkt die Europäische<br />

Zentralb<strong>an</strong>k senkt <strong>den</strong> Leitzins um 0,25 Prozent. Beim erneuten Stresstest <strong>der</strong> Europäischen<br />

B<strong>an</strong>kenaufsicht (EBA) fallen sechs deutsche B<strong>an</strong>ken durch.<br />

Anf<strong>an</strong>g Dezember 2011: In <strong>der</strong> Eurozone wächst <strong>der</strong> Druck auf Deutschl<strong>an</strong>d, Eurobonds<br />

und <strong>der</strong> Freigabe des Aufkaufs neuer Staats<strong>an</strong>leihen durch die EZB zuzustimmen. In ihrer<br />

Regierungserklärung drängt Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel auf eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EU-Verträge<br />

hin zu einer Stabilitätsunion mit wirksamen S<strong>an</strong>ktionen gegen Defizitsün<strong>der</strong> – auch ohne<br />

Einigung mit allen Mitgliedsstaaten: <strong>den</strong> Vertrag könnten auch die 17 Euro-Staaten allein<br />

beschließen. Die Bundesregierung kündigt Neuauflage des B<strong>an</strong>kenrettungsfonds SoFFin <strong>an</strong>.<br />

9. Dezember 2011: Die Staats- und Regierungschefs haben sich in Brüssel auf einen "Euro-<br />

Plus"-Vertrag geeinigt, dem neben <strong>den</strong> Euro-Staaten auch alle EU-Staaten ohne<br />

Eurowährung bis auf Großbrit<strong>an</strong>nien beitreten sollen. In einem zwischenstaatlichen Vertrag<br />

soll ein sogen<strong>an</strong>nter Fiskalpakt mit strengeren Regeln vereinbart wer<strong>den</strong>. Dieser sieht<br />

Schul<strong>den</strong>bremsen und automatische Strafen gegen Defizitsün<strong>der</strong> vor.<br />

6


Der Rettungsschirm ESM (Kreditvolumen wie bisher vorgesehen 500 Milliar<strong>den</strong> Euro) wird<br />

um ein Jahr auf 2012 vorgezogen. Im März 2012 soll überprüft wer<strong>den</strong>, ob ein höheres<br />

Volumen für <strong>den</strong> ESM notwendig ist. Zug<strong>an</strong>g zu Krediten <strong>der</strong> Europäischen Zentralb<strong>an</strong>k<br />

(EZB) erhält <strong>der</strong> ESM nicht. Mit einer B<strong>an</strong>klizenz hätte sich <strong>der</strong> Fonds Geld bei <strong>der</strong><br />

Zentralb<strong>an</strong>k leihen können. Der vom EU-Ratspräsi<strong>den</strong>ten vorgelegte Entwurf <strong>der</strong> Erklärung<br />

sah zunächst einen Pl<strong>an</strong> zur Einführung von Euro-Bonds vor, <strong>der</strong> auf Druck Deutschl<strong>an</strong>ds<br />

gestrichen wurde. Für <strong>den</strong> Einsatz des ESM reicht nun eine qualifizierte Mehrheit von 85<br />

Prozent. Die großen Euro-Län<strong>der</strong> Deutschl<strong>an</strong>d, Fr<strong>an</strong>kreich und Italien behalten aber ihr<br />

Vetorecht, weil sie mehr als 15 Prozent <strong>der</strong> ESM-Anteile halten.<br />

Die Notenb<strong>an</strong>ken <strong>der</strong> EU-Län<strong>der</strong> stellen dem IWF bis zu 200 Milliar<strong>den</strong> Euro bereit. Damit<br />

soll <strong>der</strong> IWF Hilfen für Euro-<strong>Krise</strong>nlän<strong>der</strong> fin<strong>an</strong>zieren. Bundesb<strong>an</strong>k-Präsi<strong>den</strong>t<br />

Weidm<strong>an</strong>n for<strong>der</strong>t einen Beschluss des Bundestages und droht, die Euro-Rettungspläne zu<br />

blockieren. Einer IWF-Aufstockung mit einem deutschen Anteil von 45 Mrd. € will er nur<br />

zustimmen, wenn sich auch Län<strong>der</strong> außerhalb <strong>der</strong> Währungsgemeinschaft dar<strong>an</strong> beteiligen.<br />

Die Beteiligung <strong>an</strong> einem Schul<strong>den</strong>schnitt für <strong>an</strong>geschlagene Euro-Län<strong>der</strong> wie Griechenl<strong>an</strong>d<br />

von B<strong>an</strong>ken, Versicherungen und <strong>an</strong><strong>der</strong>en Anlegern soll es in Zukunft nicht mehr geben.<br />

Will m<strong>an</strong> am Ende des Jahres 2011 die <strong>Krise</strong>nlösungsmaßnahmen resümieren, so k<strong>an</strong>n<br />

m<strong>an</strong> nur konstatieren: Die Regierungen Europas haben – unter Anleitung <strong>der</strong> deutschen<br />

Bundesregierung - mit <strong>den</strong> bisherigen Rettungsmaßnahmen, die im wesentlichen nur die<br />

stufenweise Erhöhung von Kreditspielräumen waren und <strong>den</strong> Aufkäufern von Staats<strong>an</strong>leihen<br />

dienten, die <strong>Krise</strong> weniger bewältigt als befeuert.<br />

Eine Rettung Griechenl<strong>an</strong>ds wäre wesentlich früher und vor allem nicht zu diesem hohen<br />

Preis möglich gewesen. So wurde das L<strong>an</strong>d immer tiefer in die <strong>Krise</strong> getrieben. Hätte Europa<br />

nur sofort gemeinsam geh<strong>an</strong>delt und bei <strong>der</strong> Hilfe nicht sol<strong>an</strong>ge gezögert. Bis heute gibt es<br />

kein wirksames wirtschaftliches Hilfsprogramm, das das L<strong>an</strong>d auf die Beine bringen k<strong>an</strong>n.<br />

Lei<strong>der</strong> gilt auch nach dem jüngsten EU-Gipfel vom 9. Dezember 2011, was <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktionsvorsitzende Fr<strong>an</strong>k-Walter Steinmeier in seiner Rede am 26.Oktober 2011 im<br />

Bundestag so treffend das „Merkel’sche Gesetz“ n<strong>an</strong>nte: „Je bestimmter ich etwas<br />

ausschließe, desto sicherer kommt es am Ende doch.“ Zur Begründung sagte er:<br />

„Sie erinnern sich: Kein Cent für Griechenl<strong>an</strong>d. – Am Ende waren es 22,4 Milliar<strong>den</strong> Euro.<br />

Weiter hieß es: Griechenl<strong>an</strong>d ist ein Einzelfall. – D<strong>an</strong>n kam <strong>der</strong> Rettungsschirm. D<strong>an</strong>ach<br />

wurde gesagt: Der Rettungsschirm wird nicht in Anspruch genommen. – D<strong>an</strong>n kamen Irl<strong>an</strong>d<br />

und Portugal. Schließlich wurde gesagt: Der Rettungsschirm ist temporär. – D<strong>an</strong>n kam <strong>der</strong><br />

ESM, <strong>der</strong> Europäische Stabilitätsmech<strong>an</strong>ismus. Das setzt sich jetzt bei <strong>der</strong> Weiterung des<br />

Rettungsschirms fort.“<br />

SPD-Fraktionschef Steinmeier befürchtet: Der Gipfel vom 9. Dezember 2011 habe Europa<br />

vielmehr gespalten. Mit dem gepl<strong>an</strong>ten neuen Vertrag zwischen 25 o<strong>der</strong> 26 Mitgliedsstaaten<br />

begebe m<strong>an</strong> sich auf einen politisch und rechtlich völlig unkalkulierbaren Weg.<br />

„Die deutsche und europäische Politik braucht eine sofortige Kehrtwende. Wir for<strong>der</strong>n deshalb:<br />

Staats<strong>an</strong>leihen gar<strong>an</strong>tieren, Refin<strong>an</strong>zierung aller Euro-Län<strong>der</strong> sichern, Tr<strong>an</strong>sfers in die<br />

Fin<strong>an</strong>zmärkte stoppen, Wachstum und Beschäftigung för<strong>der</strong>n.“ Das for<strong>der</strong>n eine Reihe von<br />

Bundestagsabgeordneten in ihrem Aufruf (Dezember 2011):<br />

Rettet die Währungsunion – es ist fünf vor zwölf! (Siehe Text unter):<br />

http://spdnet.sozi.info/bawue/ulmkv/mattheis/dl/PositionspapierRettetdieWaehrungsunion.pdf<br />

7


Die Lage zu Beginn des Jahres 2012 und einige Eckdaten<br />

Seit 2008 sind Deutschl<strong>an</strong>ds Schul<strong>den</strong> durch B<strong>an</strong>kenrettungs- und Konjunkturpakete rapide<br />

gewachsen, um mehr als 400 Milliar<strong>den</strong> auf 2 Billionen Euro. Um 600 Milliar<strong>den</strong> Euro<br />

(Gesamtverschuldung 1,8 Billionen Euro) hat sich die Schul<strong>den</strong>last Fr<strong>an</strong>kreichs in <strong>den</strong><br />

verg<strong>an</strong>genen vier Jahren erhöht.<br />

Die erhoffte Hebelung <strong>der</strong> staatlichen Gar<strong>an</strong>tien von 440 Mrd. Euro auf bis zu 1,5 und mehr<br />

Billionen Euro Kreditvolumen des EFSF sind gescheitert. Mit dem Verlust <strong>der</strong> AAA-Bonität<br />

Fr<strong>an</strong>kreichs und Österreichs ist auch die TOP-Bonität des EFSF selbst <strong>an</strong>gekratzt.<br />

Mittlerweile for<strong>der</strong>t Italien die Verdoppelung des Volumen des ESM auf eine Billion Euro.<br />

Diese For<strong>der</strong>ung nach mehr Geld für <strong>den</strong> ESM wird von <strong>der</strong> IWF-Chefin Christine Lagarde<br />

unterstützt. Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel lehnt eine Aufstockung jedoch ab.<br />

Die Ende 2011 über die Belastungsgrenze gestiegenen Zinssätze zur Refin<strong>an</strong>zierung<br />

Sp<strong>an</strong>iens und Italiens bedrohten <strong>der</strong>en H<strong>an</strong>dlungsfähigkeit. So hat die EZB, um die<br />

Refin<strong>an</strong>zierung nicht g<strong>an</strong>z <strong>den</strong> Märkten zu überlassen und die Zinssätze <strong>der</strong> Staats<strong>an</strong>leihen<br />

niedrig zu halten, privaten B<strong>an</strong>ken vor Weihnachten fast 500 Mrd. Euro für drei Jahre zum<br />

jeweils gelten<strong>den</strong> Zentralb<strong>an</strong>kzins (<strong>der</strong>zeit zu einem Prozent) zur Verfügung gestellt.<br />

Auch <strong>der</strong> IWF will in <strong>der</strong> Lage sein, Län<strong>der</strong>n wie Italien o<strong>der</strong> Sp<strong>an</strong>ien beistehen zu können<br />

und will deshalb sein Kapital um insgesamt 600 Milliar<strong>den</strong> Dollar aufstocken. Allerdings ist<br />

die vorausgesetzte Erhöhung <strong>der</strong> Beiträge bisher nicht gesichert.<br />

Viele Euro-Län<strong>der</strong> wur<strong>den</strong> von <strong>den</strong> Ratingagenturen herabgestuft und müssen mittelfristig<br />

mit weiteren Herabstufungen ihrer Kreditwürdigkeit rechnen. Damit wird sich die<br />

Refin<strong>an</strong>zierung <strong>der</strong> <strong>Krise</strong>nlän<strong>der</strong> verteuern.<br />

Mittlerweile zweifelt nach <strong>der</strong> Herabstufung durch die Agentur S&P auch Moody's <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

Top-Kreditwürdigkeit Fr<strong>an</strong>kreichs. Sich Geld zu leihen wird damit für die vielen<br />

Staatskonzerne wie die Post, die Bahn sowie die Energiekonzerne EdF und Areva, die<br />

B<strong>an</strong>ken, aber auch Städte und Gemein<strong>den</strong> teurer und zieht die Wirtschaftskraft Fr<strong>an</strong>kreichs<br />

nach unten.<br />

Damit wird Fr<strong>an</strong>kreichs Verh<strong>an</strong>dlungsposition auch gegenüber Deutschl<strong>an</strong>d geschwächt.<br />

Und nicht nur Italien wird – wie <strong>der</strong> neue Regierungschef Mario Monti kürzlich - eine größere<br />

Unterstützung beim Schul<strong>den</strong>dienst durch Deutschl<strong>an</strong>d for<strong>der</strong>n, weil Deutschl<strong>an</strong>d schließlich<br />

enorm von <strong>der</strong> Gemeinschaftswährung und auf dem Anleihemarkt profitiert.<br />

Der Rettungspl<strong>an</strong> <strong>der</strong> Euro-Zone für Griechenl<strong>an</strong>d ist weiterhin gefährdet. Der grundsätzlich<br />

vereinbarte Schul<strong>den</strong>schnitt als eine Bedingung für das auf 130 Milliar<strong>den</strong> Euro<br />

ver<strong>an</strong>schlagte zweite Hilfspaket von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) ist immer<br />

noch nicht umgesetzt. Die <strong>an</strong>dauern<strong>den</strong> Verh<strong>an</strong>dlungen führen zu weiteren<br />

Verunsicherungen.<br />

Das erneut <strong>an</strong>gestiegene Mißtrauen am Interb<strong>an</strong>kenmarkt hat dazu geführt, dass die B<strong>an</strong>ken<br />

zum ersten Mal in <strong>der</strong> Geschichte mehr als 500 Mrd. Euro über Nacht lieber bei <strong>der</strong> EZB<br />

parkten, als sie unterein<strong>an</strong><strong>der</strong> zu verleihen.<br />

Die Weltb<strong>an</strong>k reduzierte für die Euro-Zone im Zuge <strong>der</strong> Schul<strong>den</strong>krise ihre Wachstums-<br />

Prognose von 1,8 Prozent auf minus 0,3 Prozent und prognostiziert damit eine Rezession.<br />

8


Fast 25 Millionen Menschen sind in <strong>der</strong> EU ohne Arbeit. In Griechenl<strong>an</strong>d und Sp<strong>an</strong>ien sind<br />

jede/r Zweite unter 25 Jahren arbeitslos. Die Arbeitslosenquote entspricht damit rund 10<br />

Prozent und ist die höchste seit 1997.<br />

17. J<strong>an</strong>uar 2012 Das Europäische Parlament for<strong>der</strong>t mit überwältigen<strong>der</strong> Mehrheit, <strong>den</strong><br />

Fiskalpakt um Maßnahmen wie einem Tilgungsfonds, projektspezifische Anleihen, eine<br />

Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer, Eurobonds zu ergänzen und hat in Teilen Zweifel <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

Vereinbarkeit mit dem EU-Recht geäußert. Aber im endgültigen Vertrag wur<strong>den</strong> all diese<br />

Einwände nicht berücksichtigt.<br />

Immerhin gab es einen verbalen Schritt nach vorne zu registrieren: Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel<br />

hat erklärt, sie sei "persönlich" dafür, die Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer notfalls auch nur in <strong>der</strong><br />

Euro-Zone vorzuschlagen, wenn es keine Lösung für alle 27 EU-Län<strong>der</strong> gäbe. Nachdem sie<br />

sich l<strong>an</strong>ge dagegen gesperrt haben, setzen nun die Regierungen von Deutschl<strong>an</strong>d und<br />

Fr<strong>an</strong>kreich die Einführung einer Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer als Verh<strong>an</strong>dlungspunkt auf die<br />

Tagesordnung des nächsten EU-Gipfels am 30. J<strong>an</strong>uar in Brüssel, von deutscher<br />

Regierungsseite auch ohne Zustimmung durch die mitregierende FDP. Allerdings ist nach<br />

dem Gipfel vom 30. J<strong>an</strong>uar 2012 in <strong>der</strong> abschließen<strong>den</strong> Erklärung des Europäischen Rates<br />

von einer Einführung einer Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer keine Rede mehr.<br />

30. J<strong>an</strong>uar 2012: Auf dem EU-Gipfel in Brüssel beschließen nur noch 25 Staaten (ohne<br />

Großbrit<strong>an</strong>nien und Tschechien) die Einführung des Fiskalpakts. Der Vertragstext soll auf<br />

dem nächsten Gipfel im März unterzeichnet wer<strong>den</strong>.<br />

Zwar wurde ein Programm für die Ankurbelung des Wirtschaftswachstums vereinbart. Dabei<br />

h<strong>an</strong>dele es sich jedoch nicht um ein neues Konjunkturprogramm, so Ratspräsi<strong>den</strong>t V<strong>an</strong><br />

Rompuy. Vielmehr soll in <strong>den</strong> EU-För<strong>der</strong>töpfen bereits vorh<strong>an</strong><strong>den</strong>es Geld besser eingesetzt<br />

wer<strong>den</strong>. Beson<strong>der</strong>s zur Senkung <strong>der</strong> hohen Jugendarbeitslosigkeit in <strong>der</strong> EU.<br />

29. Februar 2012: Die B<strong>an</strong>ken haben sich erneut eine riesige Summe billigen Geldes bei <strong>der</strong><br />

Europäischen Zentralb<strong>an</strong>k (EZB) geliehen. 800 Kreditinstitute holten sich zusammen 529,5<br />

Milliar<strong>den</strong> Euro für eine Laufzeit von drei Jahren, teilte die EZB mit. Der Zins orientiert sich<br />

am jeweiligen Leitzins <strong>der</strong> Zentralb<strong>an</strong>k, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent liegt.<br />

Die B<strong>an</strong>ken stehen vor einer gig<strong>an</strong>tischen Refin<strong>an</strong>zierungswelle und müssen in diesem Jahr<br />

Hun<strong>der</strong>te Milliar<strong>den</strong> <strong>an</strong> Schul<strong>den</strong> zurückzahlen. Die EZB fürchtet, dass die Geldhäuser<br />

deshalb weniger Darlehen <strong>an</strong> Unternehmen geben und damit die Wirtschaftskrise<br />

verschärfen. Aber die EZB hofft auch, dass die B<strong>an</strong>ken mit dem billigen Geld Staats<strong>an</strong>leihen<br />

von kriseln<strong>den</strong> Euro-Staaten kaufen.<br />

„Seit Dezember 2011 hat die Europäische Zentralb<strong>an</strong>k Kredite im Umf<strong>an</strong>g von einer Billion<br />

(1.000 Milliar<strong>den</strong>) Euro <strong>an</strong> B<strong>an</strong>ken ausgegeben - zu einem Zinssatz von 1 Prozent. Mit<br />

diesen Krediten sind keinerlei Auflagen für die B<strong>an</strong>ken verbun<strong>den</strong>, we<strong>der</strong> zur eigenen<br />

S<strong>an</strong>ierung noch zur Stützung von Staaten o<strong>der</strong> zu Investitionen in <strong>Krise</strong>nlän<strong>der</strong>n. Die<br />

B<strong>an</strong>ken verleihen das Geld zu Zinssätzen von 3 o<strong>der</strong> 4 Prozent weiter: Zusatzgewinne von<br />

90 Milliar<strong>den</strong> Euro sind ihnen sicher, ebenso wie hohe Bonus- und Renditeausschüttungen.<br />

Mit diesem Geld hätte stattdessen Griechenl<strong>an</strong>d direkt geholfen wer<strong>den</strong> können, so Harald<br />

Schum<strong>an</strong>n. Um diese unsoziale Politik zugunsten <strong>der</strong> B<strong>an</strong>ken und zu Lasten <strong>der</strong> Bürger zu<br />

been<strong>den</strong>, müsse die EZB einer demokratischen Kontrolle durch das EU-Parlament<br />

unterworfen wer<strong>den</strong>.“ (10.3.2012,http://www.kontext-tv.de/node/218)<br />

2. März 2012: Beim EU-Gipfel (in Brüssel) unterzeichnen 25 <strong>der</strong> 27 EU-Mitgliedsstaaten<br />

(ohne Tschechien und Großbrit<strong>an</strong>nien) <strong>den</strong> Fiskalpakt (Vertrag über Stabilität, Koordinierung<br />

und Steuerung in <strong>der</strong> Wirtschafts- und Währungsunion - SKSV-Vertrag). Außerdem wird <strong>der</strong><br />

Rettungsschirm ESM verabschiedet, <strong>der</strong> ab Juli in Kraft treten soll. Die Unterzeichnung des<br />

9


Fiskalpaktes ist strikte Voraussetzung für die Vergabe von Fin<strong>an</strong>zhilfen des ESM <strong>an</strong> die<br />

<strong>EURO</strong>-Staaten.<br />

Die notwendige Konsolidierung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte soll in Deutschl<strong>an</strong>d wie in allen<br />

Vertragsstaaten des Fiskalpakts ausschließlich mittels harter Sparprogramme durchgesetzt.<br />

Gespart wird vor allem zu Lasten <strong>der</strong> Beschäftigten und sozial Schwachen mit <strong>der</strong> Folge von<br />

noch mehr Arbeitslosigkeit und weniger Steuereinnahmen und damit nochmals höherem<br />

Konsolidierungsbedarf. Im Fiskalpakt wird die Einnahmeseite <strong>der</strong> europäischen Län<strong>der</strong> nicht<br />

<strong>an</strong>gesprochen - obwohl die Vermögensschere weiter ausein<strong>an</strong><strong>der</strong> geht. Alleine zwischen<br />

2010 und 2011 nahm das private Geldvermögen in Westeuropa um 2000 Milliar<strong>den</strong> von 25<br />

auf 27 Billionen Euro zu.<br />

Der Fiskalpakt umgeht die demokratische und politische Legitimation. Er basiert nicht, wie<br />

noch im Dezember <strong>an</strong>gekündigt, auf <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EU-Verträge, son<strong>der</strong>n wurde als ein<br />

zwischenstaatlicher Vertrag beschlossen. Er soll spätestens Anf<strong>an</strong>g 2013 in Kraft treten. Mit<br />

diesem Vertrag wurde <strong>der</strong> sich abzeichnende „politisch und rechtlich völlig unkalkulierbaren<br />

Weg“ (Fr<strong>an</strong>k-Walter Steinmeier) weitergeführt:<br />

Der Fiskalpakt vermeidet zwar je<strong>den</strong> offenen Wi<strong>der</strong>spruch zu <strong>den</strong> gelten<strong>den</strong> EU-Verträgen<br />

durch Hinweise auf <strong>den</strong> Vorr<strong>an</strong>g des Unionsrechts. Aber er ist ein Rechtskonstrukt, das<br />

parallel zu <strong>den</strong> Vorgaben des EU-Rechtes neue Regelungen festschreiben will. Er ist<br />

sozusagen eine selbstermächtigende Ausgründung von einer Mehrheit gegen eine<br />

Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Europäischen Union. Der Fiskalpakt gefährdet Recht,<br />

Demokratie, politischen Zusammenhalt und sozialen Frie<strong>den</strong> in <strong>der</strong> Europäischen Union und<br />

seinen Mitgliedstaaten. Die Prüfung, ob mit diesen vertraglichen Regelungen nicht gegen die<br />

Verfassung <strong>der</strong> Bundesrepublik und / o<strong>der</strong> geltendes EU-Recht verstoßen wird, steht noch<br />

aus.<br />

Der Fiskalpakt bedarf einer verfassungsän<strong>der</strong>n<strong>den</strong> Zustimmung des Bundestages und<br />

Bundesrates. U.a. wer<strong>den</strong> die bisher in Deutschl<strong>an</strong>d gültigen Schul<strong>den</strong>regeln verschärft.<br />

Bereits ab 2014 und nicht erst 2016 (für <strong>den</strong> Bund) bzw. 2020 (für die Län<strong>der</strong>) wür<strong>den</strong> sie<br />

rechtsgültig, wenn <strong>der</strong> Fiskalpakt zeitlich wie vorgegeben umgesetzt würde und die<br />

Verschuldungsgrenze des Fiskalpaktes umfasst alle öffentlichen Schul<strong>den</strong> auch die <strong>der</strong><br />

Kommunen und <strong>der</strong> Sozialversicherungssysteme.<br />

„Sparen, sparen, sparen ist das M<strong>an</strong>tra mit dem Angela Merkel von EU-Gipfel zu EU-Gipfel<br />

reist. Im eigenen L<strong>an</strong>d nimmt die K<strong>an</strong>zlerin es damit aber offenbar nicht so genau: So hat die<br />

Regierung … ihre Sparziele für <strong>den</strong> eigenen Bundeshaushalt im verg<strong>an</strong>genen Jahr nicht<br />

einmal zur Hälfte erreicht. Nur 42 Prozent <strong>der</strong> Summe, die Union und FDP im<br />

Bundeshaushalt 2011 einsparen wollten, wur<strong>den</strong> tatsächlich nicht ausgegeben. (…)<br />

Auch für dieses Jahr liegt die Regierung hinter ihrem Pl<strong>an</strong> zurück: Von <strong>den</strong> ursprünglich<br />

vorgesehenen Einsparungen in Höhe von 19,1 Milliar<strong>den</strong> Euro ist nicht einmal die Hälfte<br />

umgesetzt. Für das kommende Jahr decken die konkreten Maßnahmen, die bisher<br />

beschlossen wur<strong>den</strong>, sogar nur ein Drittel des avisierten Sparvolumens ab.“ (Spiegelonline.de,<br />

11.3.2012)<br />

Mittlerweile belasten (laut Kieler IfW-Institut) die Euro-Rettungsmaßnahmen <strong>den</strong> deutschen<br />

Haushalt bis 2013 mit 85 Milliar<strong>den</strong> Euro. Insgesamt dürften die Staatsschul<strong>den</strong> dieses Jahr<br />

um 57 Milliar<strong>den</strong> auf 2,137 Billionen und die Schul<strong>den</strong>quote von 80,9 auf 81,6 Prozent<br />

steigen.<br />

„Die Bundesrepublik hat Schul<strong>den</strong> in Höhe von rund 82 Prozent des BIP – also 22<br />

Prozentpunkte zu viel. Davon muss laut Fiskalpakt jedes Jahr 5 Prozent abgebaut wer<strong>den</strong>.<br />

10


Der Pakt verpflichtet Deutschl<strong>an</strong>d also zu jährlichen Extra-Einsparungen von mehr als einem<br />

Prozent des BIP. Das sind 25 bis 30 Mrd. Euro und damit 2,5 Prozent <strong>der</strong> Staatsausgaben –<br />

mehr, als <strong>der</strong> Bund im Jahr für Hartz IV ausgibt.. (…) Italien muss im Jahr nach Einführung<br />

<strong>der</strong> neuen Regel 48 Milliar<strong>den</strong> Euro, also fast 7 Prozent <strong>der</strong> gesamten Staatsausgaben<br />

einsparen, Griechenl<strong>an</strong>d sogar fast 12 Prozent.“(DGB)<br />

In Italien, Sp<strong>an</strong>ien und Portugal drohen stärkere Wachstumseinbrüche als 2011. Die<br />

Sparpolitik wird zu weiteren Rückgängen von mehr als zwei Prozent des<br />

Bruttoinl<strong>an</strong>dsprodukts führen und in Griechenl<strong>an</strong>d dürfte die Rezession noch dramatischer<br />

ausfallen, was u.a. auch die Nachfrage nach deutschen Waren weiter min<strong>der</strong>n wird.<br />

Sp<strong>an</strong>ien kalkuliert für dieses Jahr - <strong>an</strong>statt <strong>der</strong> ursprünglich mit <strong>der</strong> EU vereinbarten 4,4<br />

Prozent - mit einem Defizit von 5,8 Prozent. Nun soll es künftig nach <strong>den</strong> Regeln des<br />

Fiskalpakts zusätzliche Sparleistungen von jährlich 5 Prozent aufbringen.<br />

12. März 2012: Nach Zustimmung <strong>der</strong> privaten Gläubiger zu einem Schul<strong>den</strong>schnitt für<br />

Griechenl<strong>an</strong>d haben die Euro-Fin<strong>an</strong>zminister einen Teil des zweiten Hilfspakets (35,5<br />

Milliar<strong>den</strong> Euro) freigegeben. Der Schul<strong>den</strong>schnitt führt u.a. bei <strong>der</strong> Bad B<strong>an</strong>k <strong>der</strong><br />

verstaatlichten Hypo Real Estate (HRE) zu einem Verlust von fast 9 Milliar<strong>den</strong> Euro, die nun<br />

<strong>der</strong> Steuerzahler zu tragen hat, und es wurde bei dieser Gelegenheit bek<strong>an</strong>nt, dass weitere<br />

Verlust-Risiken in zweistelliger Milliar<strong>den</strong>höhe in dieser Bad B<strong>an</strong>k schlummern. Mit dem<br />

Schul<strong>den</strong>schnitt wer<strong>den</strong> Kreditausfallversicherungen für griechische Staats<strong>an</strong>leihen fällig.<br />

„Griechenl<strong>an</strong>d liegt heute wirtschaftlich am Bo<strong>den</strong>. Für 2012 wird das vierte Jahr in Folge<br />

ein subst<strong>an</strong>tieller Rückg<strong>an</strong>g des Bruttoinl<strong>an</strong>dsprodukts prognostiziert. Ein Ende <strong>der</strong><br />

Abwärtsspirale ist noch nicht absehbar. Und die Troika aus Europäischer Kommission,<br />

Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralb<strong>an</strong>k for<strong>der</strong>t weitere<br />

Einsparungen, um das Staatsdefizit zurückzufahren. (Griechenl<strong>an</strong>d braucht einen<br />

Marshallpl<strong>an</strong>, Alex<strong>an</strong><strong>der</strong> Kritikos, faz-net, 12.3.2012)<br />

„Kr<strong>an</strong>kenhäuser und Schulen schließen, immer mehr Menschen sind auf Lebensmittelhilfen<br />

<strong>an</strong>gewiesen. Erstmals seit 1945 kehrt <strong>der</strong> Hunger ins L<strong>an</strong>d zurück. Spätestens jetzt sei klar,<br />

so Harald Schum<strong>an</strong>n, dass es unmöglich ist, sich aus einer solchen <strong>Krise</strong> herauszusparen.<br />

Die Griechenl<strong>an</strong>dpolitik, wie sie die Regierung Merkel betreibt, sei daher unver<strong>an</strong>twortlich.<br />

Einseitige Schuldzuschreibungen <strong>an</strong> Griechenl<strong>an</strong>d seien zudem un<strong>an</strong>gebracht. Deutsche<br />

Unternehmen hätten jahrel<strong>an</strong>g <strong>an</strong> Griechenl<strong>an</strong>d massiv verdient, sowohl durch fragwürdige<br />

Waffenlieferungen in Milliar<strong>den</strong>höhe als auch durch Korruption, wie <strong>der</strong> Fall Siemens zeigt.“<br />

(Harald Schum<strong>an</strong>n, 10.3.2012, http://www.kontext-tv.de/node/216)<br />

13. März 2012: Die EU-Fin<strong>an</strong>zminister vertagen eine Entscheidung über die von <strong>der</strong> EU-<br />

Kommission vorgelegten Pläne zur Einführung einer Fin<strong>an</strong>ztr<strong>an</strong>saktionssteuer mit<br />

geschätzten jährlichen Einnahmen von 57 Milliar<strong>den</strong> Euro. Bis Juni soll eine<br />

Kompromisslösung vorgelegt wer<strong>den</strong>.<br />

14. März 2012: Die Bundesregierung hat einen Entwurf für <strong>den</strong> ESM-Vertrag gebilligt. Im Juli<br />

soll <strong>der</strong> dauerhafte Rettungsschirm für Euro-Län<strong>der</strong> starten und <strong>den</strong> Hilfsfonds EFSF<br />

ablösen. Zustimmen müssen allerdings Bundestag und Bundesrat. Der Europäische<br />

Stabilitätsmech<strong>an</strong>ismus soll nach bisherigen Plänen Notkredite von maximal 500 Milliar<strong>den</strong><br />

Euro vergeben können. Noch im März wollen die Euro-Län<strong>der</strong> aber über eine mögliche<br />

Aufstockung entschei<strong>den</strong>. Offiziell lehnt die Bundesregierung dies ab - obwohl <strong>der</strong><br />

internationale Druck auf Berlin wächst.<br />

Deutschl<strong>an</strong>d übernimmt eine Gesamthaftung von 190 Milliar<strong>den</strong> Euro. An<strong>der</strong>s als <strong>der</strong><br />

bisherige Rettungsschirm EFSF wird <strong>der</strong> neue Schirm mit einem Kapitalstock von 80<br />

11


Milliar<strong>den</strong> Euro ausgestattet, in <strong>den</strong> Deutschl<strong>an</strong>d 21,7 Milliar<strong>den</strong> Euro einzahlt, davon 8,7<br />

Milliar<strong>den</strong> schon in diesem Jahr. Offen bleiben in dem Gesetzentwurf noch die<br />

parlamentarischen Beteiligungsrechte. Der ESM soll im Bundestag parallel zum Fiskalpakt<br />

beschlossen wer<strong>den</strong>.<br />

21. März 2012 Bundesfin<strong>an</strong>zminister Wolfg<strong>an</strong>g Schäuble kündigt in seiner Haushaltspl<strong>an</strong>ung<br />

<strong>an</strong>, die Vorgaben <strong>der</strong> Schul<strong>den</strong>bremse schon 2014, also zwei Jahre früher als<br />

vorgeschrieben, erfüllen zu wollen. Dabei soll auch weiterhin die Arbeitsmarkt- und<br />

Sozialpolitik – wie schon beim Sparpaket 2010 - die Hauptlasten tragen. Dazu sollen <strong>der</strong><br />

Bundesagentur für Arbeit erneut Milliar<strong>den</strong> gestrichen wer<strong>den</strong>, ebenso wie die Zuschüsse für<br />

<strong>den</strong> Gesundheitsfonds <strong>der</strong> Kr<strong>an</strong>kenkassen und zur Rentenversicherung.<br />

Allerdings führen die Unterstützungszahlungen zur Rettung <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zwirtschaft - wie 2011,<br />

als nur 42 Prozent <strong>der</strong> <strong>an</strong>gestrebten Summe eingespart wur<strong>den</strong>, auch im Jahr 2012 - zu<br />

einer deutlich höheren Verschuldung, als bisher gepl<strong>an</strong>t - trotz <strong>der</strong> Streichungen im<br />

Sozialbereich und steigen<strong>der</strong> Steuereinnahmen.<br />

26. März 2012: Bundesk<strong>an</strong>zlerin Merkel gibt in <strong>den</strong> Verh<strong>an</strong>dlungen über eine Aufstockung<br />

des Euro-Rettungsfonds nach. ESM und EFSF sollen bis Mitte 2013 parallel laufen. D<strong>an</strong>n<br />

stün<strong>den</strong> 700 statt 500 Milliar<strong>den</strong> Euro bereit. Allerdings sind dies <strong>Merkels</strong> schön gerechnete<br />

Zahlen, nach <strong>den</strong>en das Risiko Deutschl<strong>an</strong>ds auf 280 Mrd. Euro beläuft.<br />

Die EU-Kommission rechnet <strong>an</strong><strong>der</strong>s: „Die EFSF wird bis 2013 weiterlaufen mit einem<br />

Volumen von 440 Mrd. Euro. Der ESM kommt hinzu. (…), <strong>den</strong> Bl<strong>an</strong>koscheck hierfür<br />

unterschreiben sie (die Mitgliedsstaaten, auch wenn das Starkapital nur 200 Mrd. ausmacht)<br />

schon mit <strong>der</strong> Gründung. Somit stün<strong>den</strong> sofort bis zu 500 Mrd. Euro zur Verfügung. Macht<br />

zusammen 940 Mrd. Euro. Deutschl<strong>an</strong>d haftet mit 211 Mrd. Euro für die EFSF und 190 Mrd.<br />

Euro für <strong>den</strong> ESM, also gut 400 Mrd. Euro.“ (Timo Pache, Fin<strong>an</strong>cial Times Deutschl<strong>an</strong>d,<br />

28.3.21012)<br />

Einkalkuliert sind in diese Rechnung jedoch nicht die Folgen, sollten z.B. Sp<strong>an</strong>ien o<strong>der</strong><br />

Italien die ESM-Unterstützung benötigen und aus dem ESM ausschei<strong>den</strong> müssen.<br />

29. März 2012: Fr<strong>an</strong>kreich for<strong>der</strong>t, <strong>den</strong> ESM auf eine Billion Euro aufzustocken.<br />

30. März 2012: Trotz monatel<strong>an</strong>ger Ablehnung durch die Bundesregierung wird <strong>der</strong> Euro-<br />

Rettungsschirm deutlich ausgeweitet. Die Fin<strong>an</strong>zminister <strong>der</strong> Eurogruppe haben sich in<br />

Kopenhagen darauf verständigt, die Gesamtkapazität des ESM auf mehr als 800 Milliar<strong>den</strong><br />

Euro zu erhöhen. Die Summe ergibt sich aus <strong>der</strong> gepl<strong>an</strong>ten Kreditsumme des ESM sowie<br />

aus allen schon zugesagten Mitteln <strong>an</strong> Griechenl<strong>an</strong>d, Portugal und Irl<strong>an</strong>d. Darüber hinaus<br />

sollen die noch verfügbaren 240 Milliar<strong>den</strong> Euro aus dem EFSF als Puffer beibehalten<br />

wer<strong>den</strong>, bis <strong>der</strong> ESM mit einer ausreichen<strong>den</strong> Kreditsumme ausgestattet ist.<br />

4. April 2012 „Erneut müssen die Fin<strong>an</strong>zexperten ihre Vorhersagen für ein <strong>Krise</strong>nl<strong>an</strong>d nach<br />

unten korrigieren: Die sogen<strong>an</strong>nte Troika von EU-Kommission, Europäischer Zentralb<strong>an</strong>k<br />

und Internationalem Währungsfonds geht nach ihrem jüngsten Kontrollbesuch in Portugal<br />

von einem geringeren Wachstum und einer höheren Arbeitslosenquote aus, als vor nur<br />

einem Vierteljahr prognostiziert.<br />

Statt um genau drei Prozent wird die portugiesische Wirtschaft in diesem Jahr demnach um<br />

3,3 Prozent schrumpfen. Die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt wird mit 14,4 statt<br />

bisher 13,8 Prozent ver<strong>an</strong>schlagt. Außerdem heißt es in dem neuen Bericht, dass „das<br />

Vertrauen <strong>der</strong> Verbraucher und <strong>der</strong> Unternehmen Rekord-Tiefstände erreicht hat“.<br />

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Peter Weiß, Missionschef <strong>der</strong> EU-Kommission in Portugal, musste in Brüssel einräumen,<br />

dass er und seine Kollegen vom starken Anstieg <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit „ein wenig überrascht“<br />

seien. Dabei sind die jüngsten Zahlen – am Montag hatte die Statistikbehörde Eurostat<br />

bereits eine portugiesische Quote von 15 Prozent vermeldet – noch nicht in die<br />

Berechnungen eingeg<strong>an</strong>gen, die auf dem St<strong>an</strong>d von Ende Februar basieren.<br />

„Wir haben Interpretationsschwierigkeiten“, sagte Weiß und verwies darauf, dass die<br />

Regierung in Lissabon 110 von 120 vorgeschriebenen Anpassungsmaßnahmen zur vollen<br />

Zufrie<strong>den</strong>heit <strong>der</strong> Geldgeber umgesetzt habe.“ (Das L<strong>an</strong>d erfüllt die EU-Vorgaben, doch das<br />

würgt das Wachstum ab. Christopher Ziedler, Der Tagesspiegel 4.4.2012)<br />

9. April 2012 „Euro-<strong>Krise</strong>: Schäuble schließt weitere Zahlungen aus. Bundesfin<strong>an</strong>zminister<br />

Wolfg<strong>an</strong>g Schäuble (CDU) hat weitere Zahlungen zur Eindämmung <strong>der</strong> Staatsschul<strong>den</strong>krise<br />

in Europa ausgeschlossen. «Wir haben jetzt alles get<strong>an</strong>, was erfor<strong>der</strong>lich ist», sagte er <strong>der</strong><br />

«Neuen Osnabrücker Zeitung». Die Staaten setzten die notwendigen Reformen um, m<strong>an</strong> sei<br />

auf dem Weg zu einer Fiskalunion, und es gebe einen starken Rettungsschirm als<br />

Rückfalloption. «Wichtig ist jetzt, dass alle ihre Hausaufgaben machen und alle aufhören,<br />

durch immer neue For<strong>der</strong>ungen, Gerüchte und Fragen das gerade aufkeimende Pflänzchen<br />

Vertrauen zu ersticken.»“ (dpa)<br />

12. April 2012 Ex-Justizministerin Däubler-Gmelin kündigt Verfassungsklage gegen <strong>den</strong><br />

gepl<strong>an</strong>ten Euro-Rettungsschirm ESM und <strong>den</strong> Euro-Fiskalpakt <strong>an</strong>: „Mit bei<strong>den</strong> Maßnahmen<br />

wür<strong>den</strong> das Haushalts- und Kontrollrecht des Bundestags beschnitten. Das<br />

Bundesverfassungsgericht habe in seinem Urteil zur Griechenl<strong>an</strong>d-Hilfe aber festgelegt,<br />

dass <strong>der</strong> Bundestag sein Budgetrecht in <strong>der</strong> Subst<strong>an</strong>z we<strong>der</strong> g<strong>an</strong>z noch teilweise aufgeben<br />

dürfe. «Beim Fiskalpakt gibt es zwei springende Punkte», sagte Däubler-Gmelin. «Der eine<br />

ist, dass er nicht gekündigt wer<strong>den</strong> k<strong>an</strong>n. Der <strong>an</strong><strong>der</strong>e ist, dass EU-Kommission und -Ministerrat<br />

weitgehende Kontrollbefugnisse über die nationalen Haushalte erl<strong>an</strong>gen, ohne dass<br />

das Europäische Parlament o<strong>der</strong> die nationalen Parlamente dar<strong>an</strong> mitwirken.»<br />

Der Euro-Rettungsschirm soll ab Juli mit 700 Milliar<strong>den</strong> Euro ausgestattet wer<strong>den</strong>, um<br />

<strong>an</strong>geschlagene Euro-Län<strong>der</strong> mit Krediten versorgen zu können. Nach Angaben von Däubler-<br />

Gmelin sind zusätzliche Beiträge für <strong>den</strong> Fonds in dem Vertrag zwar nicht ausdrücklich<br />

vorgesehen. Wenn die Fin<strong>an</strong>zkrise aber solche Ausmaße <strong>an</strong>nehme, dass die<br />

Deckungssumme nicht mehr reiche, werde es ohne Nachschusspflicht nicht gehen. Dies<br />

verletze die Haushaltsrechte des Bundestags, <strong>der</strong> nicht abschätzen könne, welche<br />

Haftungssummen er eigentlich bewillige.“ (Berliner Zeitung, 12.04.2012)<br />

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