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Christusandacht mit Frauentexten - Frauenseelsorge Bayern

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<strong>Christusandacht</strong> <strong>mit</strong> <strong>Frauentexten</strong><br />

Wir lesen Mt 26, 6 – 13<br />

Erklärung:<br />

Ich sehe die Frau, die Jesus salbt, als erste Frau in einer langen Tradition des<br />

Christentums. Durch die ganze Kirchengeschichte hindurch gab es Frauen, die<br />

Christus in die Mitte ihres Glaubens stellten. Jesus lobt die namenlos gemachte oder<br />

gebliebene Frau für ihre Hingabe an ihn, wenn er sagt: „Sie hat ein gutes Werk an mir<br />

getan!“<br />

Christus ist und war für viele christliche Frauen die Mitte ihres Glaubens. Für mich ist<br />

es sehr schmerzlich, dass das davon wenig im Bewusstsein der Christen ist. Gerade<br />

auch wir Frauen erinnern uns kaum daran. Wenn Luise Schottroff zu dieser Stelle sagt:<br />

„So ist ihre Namenlosigkeit heute zum Symbol für die Unsichtbarkeit und<br />

Verdrängung der Frau in patriarchalen Gesellschaften geworden“ 1, so sagt sie etwas<br />

Richtiges und doch nicht alles. Denn nicht nur unsere Namen werden vergessen,<br />

sondern auch unsere Texte. Wie viele Gebete haben Frauen gesprochen, um Jesus<br />

Christus ihre Liebe auszudrücken?! In der Stille und vor anderen. Viele Gebete von<br />

Frauen, auch aus früheren Jahrhunderten, sind uns erhalten geblieben – doch wer kennt<br />

sie?<br />

1 Schottroff. Luise, Was sie tun konnte, hat sie getan. Die Salbung in Betanien, in: Hannas Aufbruch: aus der<br />

Arbeit feministischer Befreiungstheologie; Bibelarbeiten, Meditationen, Gebete. Luise Schottroff; Dorothee<br />

Solle. Gütersloh 1990, 143.<br />

1


Bei der Salbung protestieren die Jünger gegen die Handlung der Frau. Es geht ihnen<br />

um das Verhältnis zwischen dem Dienst für Christus, den Gesalbten, wie Christus<br />

wörtlich übersetzt heißt, und dem Dienst für die Armen. Wie wir es schon öfter gehört<br />

haben, fehlt den männlichen Nachfolgern Jesu zur damaligen Zeit das richtige<br />

Verständnis für Jesu Botschaft und Jesus nimmt wieder einmal Partei für die/eine<br />

Frau. Denn sie hat erkannt, was nötig ist und entsprechend gehandelt. Ihre Salbung ist<br />

nach Elisabeth Schüssler Fiorenza eine prophetische Zeichenhandlung. Deshalb nennt<br />

Schüssler Fiorenza eines ihrer Hauptwerke: Zu ihrem Gedächtnis. 2<br />

Die Frau selbst erklärt nicht, warum sie so verschwenderisch handelt, denn der<br />

Jahreslohn eines damaligen Arbeiters duftete nun von Jesu Kopf – und Frauen<br />

verdienten auch damals weniger als Männer. Jesus war ihr wichtiger als alles andere,<br />

sie ist das Paradebeispiel für die Hingabe eines Menschen an einen anderen.<br />

Wer war wohl Jesus für sie, was war ihr „Christusbild“ in dieser Situation der<br />

Salbung? Wir wollen uns Zeit nehmen, darüber nachzudenken und <strong>mit</strong> unserer<br />

Nachbarin darüber reden.<br />

Lassen wir Frauen aus der Kirchengeschichte über ihre Beziehung zu Jesus sprechen:<br />

Lesen Sie in Stille die folgenden Texte durch. Es sind vier Orte gestaltet, an denen<br />

jeweils einer der Texte liegt. Gehen sie zu dem Text, der sie besonders anspricht und<br />

sprechen sie in einer Gruppe von 4 – 5 Frauen über den von Ihnen ausgewählten Text:<br />

1. Die heilige Clara schreibt an Agnes von Prag in ihrem zweiten Brief:<br />

Sieh den der sich für dich zu einem gemacht hat, der verachtet ist und folge ihm …<br />

Wenn du <strong>mit</strong> ihm <strong>mit</strong>leidest, wirst du auch <strong>mit</strong> ihm <strong>mit</strong>herrschen.<br />

Wenn du <strong>mit</strong> ihm den Schmerz empfindest<br />

wirst du auch <strong>mit</strong> ihm die Freude erleben.<br />

Wenn du <strong>mit</strong> ihm am Kreuz der Verwirrung stirbst<br />

wirst du auch die himmlischen Wohnungen besitzen. 3<br />

Denn sie glaubt: „Er ist auferstanden, aber <strong>mit</strong> Wunden. Mit Wunden, aber <strong>mit</strong><br />

verklärten.“ 4<br />

2. Christus fragt Gertrud von Helfta:<br />

Warum hast du denn Misstrauen, als wenn du nicht in der Liebe wärest, in welcher derjenige<br />

gewiss ist, der an so vielen Gütern Überfluss hat? Und warum redest du so verzweifelt deiner<br />

Sünden wegen? Nach dem Zeugnisse der Schrift ‚bedeckt die Liebe die Menge der Sünden‘. 5<br />

Auch fügte der Herr noch hinzu: “Das eine Auge meiner Auserwählten, wo<strong>mit</strong> sie mein Herz<br />

verwundet, ist ein zuversichtliches Vertrauen. Sie muss glauben, dass ich wahrhaft die Macht,<br />

die Weisheit und den Willen habe, ihr in allem treu zur Seite zu stehen. Dies Vertrauen tut<br />

meiner Liebe eine solche Gewalt an, dass ich mich ihr niemals entziehen kann.“ Hierauf sagte<br />

2<br />

Schüssler Fiorenza, Elisabeth, Zu ihrem Gedächtnis. Eine feministisch-theologische Rekonstruktion der<br />

christlichen Ursprünge. München: Kaiser; Mainz: Grünewald 1988. Sie entnimmt den Bibeltext Mk 14,9.<br />

3<br />

Anton Rotzeder, Klara von Assisi – die erste franziskanische Frau. Freiburg u. a. O., 3. Auflage 1993, 257.<br />

4<br />

a. a. O., 183.<br />

5<br />

Der heiligen Gertrud Gesandter der göttlichen Liebe. Nach der Ausgabe der Benediktiner von Solesmes<br />

übersetzt von Johannes Weissbrodt, Herder: Freiburg 1972, 136.<br />

2


jene: „Wenn das Vertrauen, mein Herr, ein so sicheres Gut ist, dass niemand es, ohne dass du<br />

es ihm schenkst, besitzen kann, was vermag der denn zu verdienen, der es entbehrt?“<br />

Der Herr antwortet: „Jeder kann doch seinen Kleinmut einigermaßen besiegen. Und wenn<br />

auch nicht von ganzem Herzen, so kann er doch <strong>mit</strong> dem Munde zu mir sprechen, was Hiob<br />

sagt: Wenn ich auch in die Tiefe der Hölle versenkt werde, so wirst du mich doch von dort<br />

befreien; und ebenso: Auch wenn du mich tötest, so werde ich dennoch auf dich hoffen und<br />

ähnliches.“ 6<br />

3. Mechthild von Magdeburg betet:<br />

Herr, du bist mein Geliebter,<br />

meine Sehnsucht,<br />

mein fließender Brunnen,<br />

meine Sonne,<br />

und ich bin dein Spiegel. 7<br />

Die Seele ist<br />

grundlos im Verlangen,<br />

brennend in der Liebe,<br />

freundlich in der Anwesenheit,<br />

ein Spiegel der Welt,<br />

bescheiden in der Größe,<br />

getreu in der Hilfe,<br />

gesammelt in Gott. 8<br />

4. Engelbirn, die Augsburger Begine schreibt in ihrem Lied „Von der Seele Würdigkeit“:<br />

Viel werte Seele, halt dich wert, erkenne wohl dein Edelkeit:<br />

Der Beste dein zum Besten gehrt, das Heil dir hohes Heil verleiht.<br />

Der falschen Demut tu dich frei, steig auf in die Hoffärtigkeit,<br />

Die Höchste bei dem Höchsten sei, dir misseziemt all irdisch Kleid.<br />

Du bist die Form, die Gott hat gebildet nach dem Bilde sein,<br />

die Gnade hat dir Zierde bracht aus der Dreifaltigkeite Schein.<br />

Du bist vermählt zu einer Braut Gotte in dem Glauben dein,<br />

Warst ihm so zart und also traut, er gab für Dich das Leben sein. 9<br />

6<br />

a. a. O., 139, Hiob 13,15.<br />

7<br />

Mechthild von Magdeburg, Das fließende Licht der Gottheit. Zweite, neu bearbeitete Übersetzung <strong>mit</strong><br />

Einführung und Kommentar von Margot Schmidt, Stuttgart 1995 (MYGG I/11). V, 14.<br />

8<br />

a. a. O., Fließendes Licht der Gottheit V, 52.<br />

9<br />

Diese Handschrift wird in der Staatsbibliothek in München aufbewahrt und ist veröffentlicht in: Gedichte<br />

berühmter Frauen. Von Hildegard von Bingen bis Ingeborg Bachmann, hrsg. v. Elisabeth Borchers, Frankfurt a.<br />

M. 1996, 38 – 41, hier 38.<br />

3


Ich segne euch <strong>mit</strong> dem Mut der namenlosen Frau, die Jesus gesalbt hat.<br />

Geht und seid mutig wie sie. Hört auf eure innere Stimme, sie wird euch sagen, was<br />

euch gut tut. Traut euch zu die richtigen Worte zu finden, um <strong>mit</strong> Christus zu<br />

sprechen. Er ist Mensch geworden wie wir und will uns Gesprächspartner sein in guten<br />

und schlechten Zeiten. Wagt Euch auch dann <strong>mit</strong> ihm zu reden, wenn ihr meint euch<br />

nicht gut genug ausdrücken zu können. Habt Vertrauen. Gott kennt euer Herz. Geht<br />

hin <strong>mit</strong> dem Segen des Mutes der namenlosen Frau.<br />

Irene Löffler<br />

Gestaltung der Andacht: Irene Löffler<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>Frauenseelsorge</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Geschäftsstelle Erzbischöfliches Ordinariat, Rochusstraße 5 – 7, 80333 München<br />

Tel. 089/2137-2213, Fax 089/2137-2215, e-mail: agfsb@ordinariat-muenchen.de<br />

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