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Ausgabe 01 / 2011 - ForderungsPraktiker

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Herausgeber<br />

Thomas Abend, Bereichsleiter Marktfolge Kredit, Intensiv-/Sanierungsbetreuung,<br />

Kreditabwicklung und Qualitätsmanagement,<br />

Südwestbank AG, Stuttgart<br />

Gregor Breitenbach, Gruppenleiter Risikomanagement im Bereich Kredit,<br />

DZ BAnK AG, Frankfurt<br />

Dr. Friedrich Cranshaw, Rechtsanwalt und Banksyndikus<br />

Peter Friedmann, Kreditsekretariat, Bewertung und Verwertung von Mobilien,<br />

Kreissparkasse Ravensburg<br />

Dr. Andreas Fröhlich, Geschäftsführer perspektiv GmbH, München<br />

Karsten Geiersbach, Bereichsleiter Interne Revision, Kasseler Sparkasse<br />

Horst Harms-Lorscheidt, Piepenburg Gerling Rechtsanwälte<br />

Prof. Dr. Martin Hörmann, Rechtsanwalt, Insolvenzverwalter,<br />

Anchor Rechtsanwälte, Ulm<br />

Michael Jander, Zentralbereichsleiter Produkt- und Kreditmanagement,<br />

Kreissparkasse Böblingen<br />

Andrea Knauf, Rechtsanwältin, Leiterin Insolvenzabteilung CreditPlus Bank AG<br />

Christian Merz, Rechtsanwalt und Syndikus Rechtsabteilung,<br />

Deutsche Bank AG, Frankfurt am Main<br />

nicole Michel, Rechtsanwältin, Geschäftsbereichsleiterin Bank- und<br />

Insolvenzrecht, Schneider, Geiwitz & Partner, Augsburg<br />

Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Institutsleiter IQS Institut für Qualität und Standards<br />

in der Insolvenzabwicklung, Hochschule Emden-Leer<br />

Eva Ringelspacher, Commerzbank AG, Direktorin Zentraler Stab<br />

Global Intensive Care, Frankfurt am Main<br />

Dr. Thilo Schultze, Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter, Grub Brugger<br />

Rechtsanwälte, Stuttgart<br />

Stephanie Siepmann, Geschäftsführerin, Proceed Portfolio Services GmbH<br />

Rainer Staffa, Vorstand, Volksbank Mittelhessen eG<br />

Dr. Ulrich Theileis, Wirtschaftsprüfer/Partner, Financial Services Deutschland,<br />

Deloitte & Touche GmbH<br />

Wolfgang Wegener, Abteilungsdirektor Rechtsabteilung,<br />

Stadtsparkasse Mönchengladbach<br />

redaktion<br />

Thomas Welker, Chefredakteur<br />

Dr. Patrick Rösler, stellv. Chefredakteur<br />

Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />

Dr. Christian Göbes, Redakteur<br />

Frank Sator, Redakteur<br />

Marcus Michel, Redakteur<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

kommunikation ist alles – das wissen wir mittlerweile<br />

nur zu gut. Wie schwierig es im beruflichen alltag<br />

jedoch ist, die kommunikation und den Wissensaustausch<br />

trotz oder gerade wegen der modernen kom­ Corinna van der eerden<br />

munikationsmittel aufrecht zu erhalten wissen wir zumindest ebenso<br />

gut. seit März letzten Jahres bieten wir den Lesern des bankPraktiker,<br />

der schwesterzeitschrift ihres <strong>ForderungsPraktiker</strong>, deshalb die Möglichkeit,<br />

sich auf der kommunikationsplattform XING zu praxisrelevanten<br />

themen auszutauschen. Xing ist heute das größte berufsbezogene<br />

kommunikationsnetzwerk, welches sich durch eine weltweite<br />

Vernetzung von Menschen aus allen unternehmens bereichen<br />

und branchen zum Ziel gesetzt hat, eine interdisziplinäre kommunikationsplattform<br />

für unterschiedlichste themenbereiche zu schaffen.<br />

gerade Mitarbeiter aus banken und sparkassen sind in Xing in großer<br />

Zahl vertreten und kennen die vielfältigen Vorteile einer modernen<br />

fachthemenbezogenen kommunikation.<br />

die gruppe BankPraktiker schafft die Möglichkeit, institutsgruppenübergreifend<br />

mit autoren der beiträge aus dem bankPraktiker und kollegen<br />

zu diskutieren. das Forum ist von unserer Zielgruppe sehr gut<br />

angenommen worden, täglich dürfen wir neue Mitglieder begrüßen<br />

– mittlerweile tauschen sich über 500 Mitglieder in der gruppe bank­<br />

Praktiker aus. neben dem Wissenstransfer untereinander erhalten die<br />

Mitglieder monatlich einen newsletter mit interessanten neuigkeiten<br />

aus der branche, aktuellen Personalia und weiteren interessanten Fakten.<br />

Wir möchten sie gerne einladen, der gruppe bankPraktiker ebenfalls<br />

beizutreten. Für sie als <strong>ForderungsPraktiker</strong> bietet sich hier die<br />

Möglichkeit, ihr know­how auf der ganzen breite des bankgeschäfts<br />

weiterzuentwickeln. denn vernetztes denken – der blick über den<br />

tellerrand des eigenen Fachgebiets – kann in vielen situationen den<br />

entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellen. die basismitgliedschaft<br />

bei Xing ist kostenfrei und kann von jedem durch eine einfache<br />

registrierung erlangt werden (www.xing.de). ihren beitritt zur<br />

gruppe bankPraktiker können sie einfach unter dem folgenden Link<br />

beantragen: https://www.xing.com/net/bankpraktiker. der Hinweis<br />

„Leser <strong>ForderungsPraktiker</strong>“ genügt und sie werden von den Moderatoren<br />

freigeschaltet.<br />

Pünktlich zum Jahresbeginn 2<strong>01</strong>1 wurde ein weiteres interessantes<br />

online­Forum in betrieb genommen: das IQS ­ institut für Qualität<br />

und standards in der insolvenzabwicklung hat als Herausgeber des<br />

buchs MaInsO – Mindestanforderungen an die Insolvenzabwicklung<br />

zu diesem themenkomplex ein Forum ins Leben gerufen, um<br />

allen am insolvenzverfahren interessierten und beteiligten die Möglichkeit<br />

zu geben, auf den standard einfluss zu nehmen und über die<br />

dazu relevanten themen zu diskutieren. auch wenn sie diesem interessanten<br />

Forum beitreten möchten sind sie herzlich eingeladen, die<br />

anmeldung können sie über die Homepage des instituts vornehmen:<br />

www.iqs­institut.de.<br />

um aber nicht nur in der virtuellen Welt zu kommunizieren, sind wir<br />

den zahlreichen bitten aus der Leserschaft des <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

nachgekommen und haben parallel zum konzept der Zeitschrift eine<br />

<strong>ForderungsPraktiker</strong>-Tagung entwickelt. am 30./31.05.2<strong>01</strong>1 bieten<br />

wir ihnen die Möglichkeit, sich in angenehmem ambiente in Überlingen<br />

am bodensee (abendveranstaltung auf der insel Mainau) zu aktuellen<br />

themen vom risikomanagement bis zur abwicklung zu informieren.<br />

Weitere informationen zur Veranstaltung finden sie auf der rückseite<br />

dieses Heftes und unter www.FC­Heidelberg.de.<br />

Herzliche grüße<br />

ihre redaktion<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

editorial<br />

1


inhalt<br />

2<br />

AKTUELL<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

4–7<br />

4 Finanzamt darf in Wohlverhaltensphase<br />

aufrechnen<br />

2<strong>01</strong>0: Weniger Unternehmensinsolvenzen<br />

und mehr Verbraucherinsolvenzen<br />

Kreditmarktausblick<br />

5 Online­Mahnbescheide überfordern<br />

juristische Laien<br />

6 Zwölf Prozent weniger Kreditausfälle<br />

im dritten Quartal 2<strong>01</strong>0<br />

6,5 Mio. Deutsche überschuldet<br />

BEITRÄGE<br />

beitrÄge<br />

8 Insolvenzverwalterqualität:<br />

Mindestanforderungen an die<br />

Insolvenz abwicklung<br />

Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Hochschule Emden-Leer, IQS Institut<br />

für Qualität und Standards in der Insolvenzabwicklung<br />

w Vorrangiges Ziel bei der einleitung eines insolvenzverfahrens<br />

ist gem. § 1 inso die bestmögliche<br />

und gemeinschaftliche befriedigung aller gläubiger.<br />

auch die sanierung über einen insolvenz plan<br />

wird ausdrücklich angeregt. Jedoch werden beide<br />

Ziele in der Praxis selten erreicht. eine ursache<br />

dieser Probleme liegt in der häufig nicht optimalen<br />

insolvenzverwalterauswahl, so dass das Vertrauen<br />

der kreditinstitute zur begleitung einer<br />

sanierung in der insolvenz fehlt. die einhaltung<br />

von Mindestanforderungen bei der insolvenzabwicklung<br />

und die einführung von Zertifikaten<br />

können hier unterstützend wirken.<br />

14 Sicherheiten­Außenprüfung:<br />

Prüfung sicherungs übereigneter<br />

Warenbestände<br />

Peter Friedmann, Kreissparkasse Ravensburg<br />

w insbesondere in krisenzeiten bekommt die<br />

bewertung eines sicherungsweise übereigneten<br />

Warenlagers erhöhte bedeutung. die kenntnis des<br />

tatsächlichen Werts dieser kreditsicherheit, die<br />

v. a. in der Mittelstandsfi nanzierung eingesetzt<br />

wird, ist oft entscheidend für die weitere Vorgehensweise<br />

und die vielfach notwendige sanierung<br />

eines kreditengagements. nur wer den tatsächlichen<br />

Wert seiner sicherheit kennt, wird in<br />

die Lage versetzt, die für das engagement richtigen<br />

und den kunden weitreichenden entscheidungen<br />

in der krise zu treff en.<br />

19 Bauträgergeschäft: Ablauf­ und<br />

aufbauorganisatorische Rahmenbedingungen<br />

am Beispiel der<br />

Sparkasse Hanau<br />

Alexander Thiel, Sparkasse Hanau<br />

w die spezialitäten und risiken des kreditgeschäfts<br />

mit bauträgern erfordern besondere Maßnahmen<br />

in den kreditprozessen und bei der konzentration<br />

von know­how in der bank. in dem beitrag<br />

wird ein praxiserprobtes Modell der sparkasse<br />

Hanau vorgestellt.<br />

24 Bankentgelte: Massemehrung<br />

durch die Hintertüre?<br />

Dr. Christoph Bode, Treuhand Oldenburg GmbH<br />

w bei unzulässigen oder überhöhten bankentgelten<br />

kann dem insolvenzverwalter unter agbrechtlichen<br />

oder sittenwidrigkeitsgesichtspunkten<br />

ein entsprechender rückforderungsanspruch<br />

gegen die bank zustehen. dies eröffnet dem insolvenzverwalter<br />

die Möglichkeit zu einer – im einzelfall<br />

ganz erheblichen – Massemehrung.


8–45<br />

28 Sanierungsgutachter: Zivilrechtliche<br />

Haftung der Hausbank bei<br />

der Empfehlung eines konkreten<br />

Beraters?<br />

Dr. Eckhard M. Theewen, FernUniversität in Hagen, DR. THEEWEN<br />

BANKRECHTSPRAXIS, Düsseldorf<br />

w in krisenszenarien stellt sich den banken und<br />

sparkassen immer wieder die Frage, wie sie sicherstellen<br />

können, dass der geeignete sanierungsgutachter<br />

mit der erstellung des gutachtens beauftragt<br />

wird. der beitrag erörtert die wesentlichen<br />

Qualifikationen bei der geeignetheitsprüfung und<br />

untersucht in anbetracht der gefahren bei der<br />

Wahl eines ungeeigneten beraters die risiken, die<br />

sich bei der bankseitigen bestimmung nur eines<br />

konkreten beraters auftun können. entgegen weit<br />

verbreiteter ansicht in der kreditwirtschaft begegnet<br />

diese Handhabung so lange keinen rechtlichen<br />

bedenken, wie darüber hinaus keinerlei<br />

steuernde Maßnahmen gegenüber dem kriseunternehmen<br />

ergriffen werden. anders sieht die<br />

sache bei rückvergütungen zwischen berater<br />

und bank aus.<br />

34 LBOs: Krisenursachen und<br />

Sanierung von strukturierten<br />

Finanzierungen<br />

Eva Ringelspacher, Commerzbank AG<br />

w Firmenakquisitionen im rahmen eines Lbo sind<br />

durch hohe anteile von Fremdkapital geprägt.<br />

die damit verbundene hohe Zins­ und tilgungslast<br />

sowie das Fehlen von Liquiditätsreserven bergen<br />

das risiko, dass die unternehmen in krisenzeiten<br />

die darlehen nicht mehr bedienen können.<br />

der beitrag zeigt die struktur von Lbos, krisenursachen<br />

und sanierungsansätze auf.<br />

38 Insolvenzplan: Welche Chancen<br />

bestehen auf Erfolg?<br />

Dr. Andreas Fröhlich, perspektiv GmbH<br />

w der anteil der angestrebten Planverfahren hat<br />

im Verhältnis zur gesamtzahl der insolvenzen<br />

stark zugenommen. der gesetzgeber plant eine<br />

stärkung dieses instruments in kombination mit<br />

der eigenverwaltung. die spanne der realisierten<br />

ergebnisse ist allerdings ebenso groß wie das<br />

risiko, dass initiierten Planvorhaben auf dem Weg<br />

„die Puste ausgeht“. der beitrag liefert für gläubiger<br />

praktische tipps, wie vorgelegte insolvenzpläne<br />

überpüft und die optimale Lösungsqualität<br />

sichergestellt werden kann.<br />

Service<br />

46 ForderungsPartner<br />

48 rezensionen<br />

IMPrESSUM<br />

<strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

• ZIELGEnAUE RISIKOAnALYSE •<br />

• FRÜHZEITIGE SAnIERUnG •<br />

• ERFOLGREICHE ABWICKLUnG •<br />

Redaktion<br />

Thomas Welker, Chefredakteur<br />

Dr. Patrick Rösler, stellv. Chefredakteur<br />

Corinna van der Eerden, stellv. Chefredakteurin<br />

Dr. Christian Göbes, Redakteur<br />

Frank Sator, Redakteur<br />

Marcus Michel, Redakteur<br />

E-Mail: <strong>ForderungsPraktiker</strong>@FC-Heidelberg.de<br />

Leiterin Korrektorat und Rezensionen<br />

Janin Stärker<br />

E-Mail: Janin.Staerker@FC-Heidelberg.de<br />

Sponsoring- /Anzeigenleitung<br />

Annabell Jörg<br />

E-Mail: Annabell.Joerg@FC-Heidelberg.de<br />

Produktionsleitung<br />

Christiane Kempe<br />

E-Mail: Christiane.Kempe@FC-Heidelberg.de<br />

Leiterin Aboservice<br />

Beate Knopf<br />

E-Mail: Beate.Knopf@FC-Heidelberg.de<br />

Satz<br />

Metalexis, niedernhausen<br />

Druck<br />

Druckerei Anders e. K., Prüm-niederprüm<br />

Versand<br />

letterei.de GmbH & Co. KG, nauheim<br />

46–48<br />

Dr. Andreas Schmidt: Privatinsolvenz<br />

– Leitfaden für den Weg zur restschuldbefreiung<br />

Berthold Schäfer: insolvenzanfechtung<br />

anhand von rechtsprechungsbeispielen<br />

Titelfoto<br />

photocase.de/lube<br />

Preise<br />

Der Preis für ein Jahresabonnement Inland beträgt<br />

€ 99.– inkl. USt. und zzgl. € 9.– Versandkosten.<br />

<strong>ForderungsPraktiker</strong> erscheint sechs Mal jährlich.<br />

Der Preis für ein Einzelheft beträgt € 21,45<br />

(€ 20 + € 1,45 Versand). Abonnementkündigungen<br />

sind nur mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende<br />

des berechneten Bezugszeitraums möglich.<br />

Firmenanschrift & inhaltliche Verantwortung<br />

Finanz Colloquium Heidelberg GmbH<br />

Plöck 32a<br />

D-69117 Heidelberg<br />

Tel.: 06221 – 99 898 0<br />

Fax: 06221 – 99 898 99<br />

info@fc-heidelberg.de<br />

www.fc-heidelberg.de<br />

Geschäftsführung<br />

Dr. Christian Göbes, Frank Sator, Dr. Patrick Rösler,<br />

Marcus Michel<br />

Sitz der Gesellschaft ist Heidelberg,<br />

Amtsgericht Mannheim HRB nr. 335598<br />

Umsatz-Identifi kationsnummer gemäß § 27 a<br />

Umsatzsteuergesetz: DE184391372<br />

ISSn 1869-6295<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

3


aktuell<br />

Forderungsbeitreibung<br />

Finanzamt darf in Wohlverhaltensphase<br />

aufrechnen<br />

w in der Wohlverhaltensphase eines insolvenzverfahrens<br />

ist die aufrechnung von<br />

alten Forderungen nur eingeschränkt<br />

möglich. dies gilt allerdings nicht für<br />

steuerforderungen. das entschied nun<br />

das Finanzgericht berlin­brandenburg. in<br />

den zugrunde liegenden Fällen hatte der<br />

kläger nach abschluss eines insolvenzverfahrens<br />

ein neues unternehmen gegründet;<br />

daraus hatte er verschiedene steuererstattungsansprüche<br />

erlangt, die in die<br />

Wohlverhaltensphase fielen. das Finanzamt<br />

zahlte die beträge nicht aus, sondern<br />

verrechnete sie mit alten steuerschulden.<br />

dagegen wandte sich der unternehmer<br />

mit seiner klage. das Finanz gericht folgte<br />

jedoch der argumentation nicht, wonach<br />

der sinn der Wohlverhaltensphase, also der<br />

aufbau einer neuen existenz, dem schuldner<br />

verwehrt werde (az. 12 k 2060/08 und<br />

12 k 12109/09). die insolvenzordnung<br />

spreche kein allgemeines aufrechnungsverbot<br />

aus. daher könne dem Finanzamt<br />

nicht verwehrt werden, alte steuerforderungen<br />

durch aufrechnung zu befrie­<br />

digen. beide entscheidungen sind rechtskräftig.<br />

£<br />

Vorstand, risikomanagement,<br />

Forderungsbeitreibung<br />

2<strong>01</strong>0: Weniger Unternehmensinsolvenzen<br />

und mehr Verbraucherinsolvenzen<br />

w durch den konjunkturaufschwung<br />

sinken die insolvenzrisiken. 2<strong>01</strong>0 verringerte<br />

sich die Zahl der unternehmensinsolvenzen<br />

laut Creditreform um 2,5% auf<br />

32.100 Fälle (2009: 32.930 Fälle). beruhigend<br />

auf das insolvenzgeschehen wirken<br />

neben dem kräftig anziehenden exportmotor<br />

auch das anspringen der binnennachfrage<br />

sowie die entspannung auf den<br />

Finanzmärkten, was die unternehmensfinanzierung<br />

zunehmend erleichtert.<br />

im gegensatz zur entwicklung bei den<br />

unternehmensinsolvenzen erhöhte sich<br />

4 <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

die Zahl der Verbraucherinsolvenzen deutlich.<br />

Mit 111.800 neuen Fällen wurde nicht<br />

nur der Vorjahreswert (100.790 Fälle) um<br />

10,9% übertroffen, auch stellt die aktuelle<br />

Zahl einen negativrekord dar. seit<br />

der Änderung des insolvenzrechts vor gut<br />

zehn Jahren, durch die auch Privatpersonen<br />

die Möglichkeit eröffnet wurde, sich<br />

zu entschulden, haben mehr als 700.000<br />

deutsche die restschuldbefreiung beantragt.<br />

Jeder siebte davon (14,6%) ist zwischen<br />

20 und 29 Jahre alt.<br />

Mit 35,4 Mrd. € bleibt die diesjährige insolvenzschadenssumme<br />

deutlich (um 55,1%)<br />

unter dem schadensvolumen des vergangenen<br />

Jahres zurück (2009: 78,9 Mrd. €).<br />

so verringerte sich die durchschnittliche<br />

schadenssumme pro insolvenz auf<br />

785.000 € (2009: 1,94 Mio. €). Private gläubiger<br />

werden voraussichtlich 25,2 Mrd. €<br />

(2009: 63,8 Mrd. €) abschreiben müssen,<br />

die öffentliche Hand 10,2 Mrd. € (2009:<br />

15,1 Mrd. €). im gesunkenen schadensbetrag<br />

spiegelt sich ein eher mittelständisch<br />

geprägtes insolvenzgeschehen wider.<br />

nur im dienstleistungssektor erhöhte sich<br />

die Zahl der insolvenzen noch einmal; und<br />

zwar um 3,6% auf 17.670 Fälle. dagegen<br />

ist im Verarbeitenden gewerbe ein merklicher<br />

rückgang um 15,8% auf 2.830 insolvenzen<br />

registriert worden. Zurückgegangen<br />

ist ebenfalls die Zahl der insolvenzen<br />

im Handel (­ 7,7% auf 6.630 Fälle) sowie im<br />

bausektor (­ 6,8% auf 4.970 Fälle). Überdurchschnittlich<br />

stark sind hierbei die<br />

rückgänge im osten der bundesrepublik.<br />

die stärksten rückgänge im Jahresverlauf<br />

gab es im Wirtschaftszweig Metallerzeugung<br />

und ­bearbeitung (­ 58,1%),<br />

im automobilbau (­ 41,7%) sowie in der<br />

gummi­ und kunststoffbranche (­ 25,9%).<br />

das insolvenzgeschehen ist in diesem<br />

Jahr weitaus kleinteiliger als 2009. in der<br />

Mehrzahl (79%) sind es kleinstbetriebe mit<br />

höchstens fünf beschäftigten, die insolvenz<br />

anmelden mussten (2009: 77,2%).<br />

großunternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern<br />

machen lediglich 0,6% (2009:<br />

1,1%) aller registrierten insolvenzfälle<br />

aus.<br />

die größte Pleite des Jahres betraf den<br />

kfz­Zulieferer „Honsel ag“ aus Meschede<br />

mit rd. 3.000 Mitarbeitern. Zu den zehn<br />

großinsolvenzen 2<strong>01</strong>0 zählen weitere<br />

vier automobilzulieferer („saargummi“,<br />

„Pampus automotive“, „reuM gruppe“<br />

und „angell­demmel europe“) sowie der<br />

Pflegeheimbetreiber „Hansa gruppe“, der<br />

non­Food­discounter „Mäc geiz“ und die<br />

Zeitarbeitsfirma „brinkhof Holding“.<br />

die Zahl der gewerbeanmeldungen ist<br />

2<strong>01</strong>0 auf den höchsten stand seit fünf<br />

Jahren gestiegen. deutschlandweit wurden<br />

895.000 anmeldungen in den registern<br />

vorgenommen. das sind 3,5% mehr als im<br />

vergangenen Jahr (2009: 864.500). gestiegen<br />

ist auch die Zahl der Handelsregisterneueintragungen<br />

– um 6,6% auf 105.430<br />

gründungen. die forcierten gründungsaktivitäten<br />

sind ausdruck günstigerer gründungsbedingungen,<br />

wie einem verbesserten<br />

konjunkturellen umfeld und einer<br />

weniger restriktiven unternehmens­ und<br />

gründungsfinanzierung.<br />

trotz des anstiegs der gesamtzahl der<br />

unternehmensgründungen gab es in einzelnen<br />

bereichen, wie z. b. im baugewerbe<br />

(­ 4,6%) und im Verkehrs­ und Logistiksektor<br />

(minus drei Prozent), rückgänge. die<br />

meisten Handelsregisterneueintragungen<br />

– bezogen auf den unternehmensbestand<br />

– gab es in berlin (1.310 neueintragungen<br />

pro 10.000 unternehmen),<br />

gefolgt von brandenburg (950) und Hamburg<br />

(940). in absoluten Zahlen führend<br />

sind die großen Flächenländer nordrhein­<br />

Westfalen mit 24.000 neueintragungen,<br />

bayern mit 18.720 und baden­Württemberg<br />

mit 10.820 unternehmensgründungen<br />

in diesem Jahr. £<br />

Vorstand, risikomanagement<br />

Kreditmarktausblick<br />

Dezember 2<strong>01</strong>0<br />

w die seit einigen Monaten zu verzeichnende<br />

erholung auf dem Markt für unternehmenskredite<br />

setzt sich weiter fort. Zwar<br />

ist das kreditneugeschäft der deutschen<br />

kreditinstitute mit inländischen unternehmen<br />

und selbstständigen im dritten Quartal


2<strong>01</strong>0 um knapp neun Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahresquartal rückläufig, die dynamik<br />

des rückgangs bleibt aber weit von den<br />

hohen zweistelligen schrumpfungsraten im<br />

Winterhalbjahr 2009/2<strong>01</strong>0 entfernt. auch<br />

in den nächsten beiden Quartalen wird das<br />

kreditneugeschäft unter seinem Vorjahresniveau<br />

liegen, das tempo des rückgangs<br />

wird sich allerdings weiter verlangsamen.<br />

der aktuell negative trend beim kreditneugeschäft<br />

sollte jedoch nicht als ausdruck<br />

von angebotsproblemen am kreditmarkt<br />

interpretiert werden. so ist die<br />

ifo­kredithürde im dezember – bereits<br />

den zwölften Monat in Folge – kontinuierlich<br />

gesunken und liegt mittlerweile<br />

wieder auf Vor krisen niveau. Zudem gehen<br />

die Finanzierungsexperten führender<br />

unternehmensverbände erstmals per<br />

saldo von einem verbesserten kreditzugang<br />

ihrer Mitgliedsunternehmen aus, wie<br />

die jüngste blitzbefragung der kfW zeigt.<br />

Während sich der kreditmarkt auf der<br />

angebotsseite spürbar entspannt, bleibt<br />

die kreditnachfrage trotz der aktuell hohen<br />

konjunkturellen dynamik weiter verhalten.<br />

ein grund hierfür ist, dass die kreditnachfrage<br />

ein klassischer nachlaufender konjunkturindikator<br />

ist, der i. d. r. erst in der<br />

spätphase eines booms voll zum tragen<br />

kommt. Hinzu kommt, dass bei den kleinen<br />

und mittleren unternehmen das eigenkapital<br />

und die eigenkapitalquoten im krisenjahr<br />

2009 entgegen vielfacher erwartungen<br />

im schnitt gestiegen und nicht<br />

gefallen sind. diese kapitalpolster stehen<br />

neben dem ansteigenden Cash­Flow aus<br />

der wieder anspringenden geschäftstätigkeit<br />

als innenfinanzierungsmöglichkeiten<br />

zur Verfügung und wirken sich noch<br />

dämpfend auf die kreditnachfrage aus.<br />

darüber hinaus nähert sich die kapazitätsauslastung<br />

in der industrie erst im laufenden<br />

Quartal wieder ihrem langjährigen<br />

durchschnitt an. Für den großteil<br />

der unternehmen standen erweiterungsinvestitionen<br />

damit bislang noch nicht im<br />

Vordergrund. das gesamtvolumen der<br />

unternehmensinvestitionen dürfte zwar<br />

in diesem Jahr mit sieben Prozent und im<br />

kommenden Jahr mit 6,5% kräftig stei­<br />

gen, das Vorkrisenniveau wird jedoch auch<br />

ende 2<strong>01</strong>1 noch nicht wieder erreicht sein.<br />

Mittelfristig sind die aussichten für den<br />

heimischen unternehmenskreditmarkt<br />

jedoch so günstig wie seit langer Zeit nicht<br />

mehr. die Wachstumsaussichten deutschlands<br />

haben sich stark aufgehellt. so ist<br />

nach einem rekordwachstum von 3,6% im<br />

auslaufenden Jahr für 2<strong>01</strong>1 mit einer Fortsetzung<br />

der dynamischen entwicklung bei<br />

einem realwachstum von 2,6% zu rechnen.<br />

neben den exporten dürfte sich dabei<br />

auch die binnennachfrage in deutschland<br />

spürbar erholen. nach den erfahrungen der<br />

vergangenen Jahre scheint zudem plausibel,<br />

dass deutsche banken bei vermeintlich<br />

attraktiveren investitionsmöglichkeiten<br />

im ausland künftig vorsichtiger agieren<br />

werden, was der inländischen kreditvergabe<br />

zusätzlich zugute kommen dürfte.<br />

die ausführliche analyse mit datentabelle<br />

und grafiken zum kfW­kreditmarktausblick<br />

ist unter www.kfw.de in der kategorie<br />

„research“ abrufbar. £<br />

Forderungsbeitreibung<br />

Online­Mahnbescheide überfordern<br />

juristische Laien<br />

w es ist das alltägliche geschäft eines<br />

inkassounternehmers: Forderungen wer­<br />

den überwiegend vorgerichtlich eingezogen,<br />

doch bleibt ein teil, bei dem ein<br />

gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet<br />

werden muss. nicht jeder gläubiger<br />

wendet sich an einen rechtsanwalt oder<br />

an ein fachkundiges inkassounternehmen,<br />

um seiner Forderung nachdruck zu verleihen.<br />

einschlägige internetseiten – wie<br />

z. b. www.online­mahnantrag.de, welche<br />

von den Justizverwaltungen der bundesländer<br />

betrieben wird – bieten betroffenen<br />

an, selbst einen gerichtlichen Mahnbescheid<br />

online zu beantragen. das hört<br />

sich einfach an, überfordert aber meist die<br />

antragsteller und birgt zudem erhebliche<br />

rechtsnachteile in sich.<br />

um Forderungen im Wege des gerichtlichen<br />

Mahn­ und Vollstreckungsverfahrens<br />

einzuziehen, benötigen gläubi­<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

aktuell<br />

ger laut der bremer inkasso gmbH gute<br />

kenntnisse über etwa rechtsformen der<br />

unternehmung und deren Vertretungsverhältnisse.<br />

betroffene müssen wissen,<br />

dass z. b. neben einer gmbH & Co. kg auch<br />

die gmbH gesamtschuldnerisch voll mithaftet<br />

und dass bei einer gbr, einer kg<br />

oder einer oHg neben der gesellschaft<br />

auch die gesellschafter persönlich in<br />

anspruch genommen werden können. nur<br />

die gesellschaft anzugehen, kann ein entscheidender<br />

Fehler sein, der letztlich dazu<br />

führen kann, dass der gläubiger am ende<br />

leer ausgeht. Weiter benötigen gläubiger<br />

mind. gute kenntnisse auf dem gebiet<br />

der Verjährung oder des Zahlungsverzugs.<br />

gerade die geltendmachung einer<br />

bereits verjährten Forderung kann – trotz<br />

berechtigtem anspruch – schnell erhebliche<br />

kosten nach sich ziehen.<br />

die durchführung des gerichtlichen<br />

Mahnverfahrens ist teil einer dreijährigen<br />

berufsausbildung zur rechtsanwaltsfachangestellten.<br />

diese verantwortet<br />

i. d. r. in einem rechtsanwaltsbüro die<br />

durchführung wesentlicher teile des<br />

gerichtlichen Mahnverfahrens. erklärungen<br />

und Hinweise in einem online­Formular<br />

können laut der bremer inkasso gmbH<br />

eine gute ausbildung und fundierte kenntnisse<br />

im gerichtlichen Mahnverfahren<br />

nicht ersetzen. diese notwendigen kenntnisse<br />

würden den meisten anwendern<br />

solcher online­Mahnbescheide fehlen.<br />

aufgrund mangelnder Fachkenntnisse<br />

machen gläubiger sodann häufiger in<br />

den online­Mahnbescheiden falsche<br />

oder mangelhafte angaben – es folgen<br />

beanstandungen der amtsgerichte, die<br />

den antragsteller meist restlos überfordern.<br />

Mögliche Fehlerquellen liegen hier<br />

etwa in der fehlerhaften angabe der Vertretungsverhältnisse.<br />

oft sind Haupt­ oder<br />

nebenforderungen nicht korrekt bezeichnet<br />

oder der Mahnbescheid kann nicht<br />

zugestellt werden, weil der antragsgegner<br />

verzogen ist. dem antragsteller fehlen<br />

dann die Möglichkeiten einer schnellen<br />

und zuverlässigen anschriftenermittlung.<br />

dies alles führt letztlich zu einer verzögerten<br />

Zwangsvollstreckung der Forderung.<br />

der scheinbar einfachere Weg über<br />

5


aktuell<br />

ein onlineformular entpuppt sich daher<br />

oft als sackgasse.<br />

auch im gerichtlichen Mahnverfahren<br />

ist jeder gläubiger berechtigt, entweder<br />

anwaltliche unterstützung oder im selben<br />

umfang die dienste eines inkassounternehmens<br />

in anspruch zu nehmen. die<br />

kosten, die hierdurch entstehen, hat der<br />

schuldner als Verzugsschaden zu ersetzen.<br />

es gibt daher auch aus kostengesichtspunkten<br />

keinen grund, im gerichtlichen<br />

Mahnverfahren auf die Hinzuziehung eines<br />

rechtsanwalts oder eines fachkundigen<br />

inkassounternehmens zu verzichten. £<br />

mehr dazu unter:<br />

www.bremer­inkasso.de<br />

Vorstand, Forderungsbeitreibung<br />

Zwölf Prozent weniger Kreditausfälle<br />

im dritten Quartal 2<strong>01</strong>0<br />

w im dritten Quartal 2<strong>01</strong>0 sind rd. zwölf<br />

Prozent weniger ratenkredite ausgefallen<br />

als im Vorjahresquartal und sieben Prozent<br />

weniger als im zweiten Quartal 2<strong>01</strong>0 – so<br />

wenige kredite wie zuletzt ende 2008.<br />

an den deutschen konsumentenkreditmärkten<br />

geht es weiter aufwärts. trotz der<br />

hohen Zunahme an krediten im letzten<br />

Jahr kam es zu einem erfreulichen rückgang<br />

an kreditausfällen. der grund für<br />

die zuverlässige ratenzahlung der kreditnehmer<br />

ist zum einen der robuste deutsche<br />

arbeitsmarkt. aber auch die sorgfältige<br />

und gewissenhafte Prüfung der<br />

kreditwünsche durch die banken spielt<br />

eine wichtige rolle.<br />

die deutschen haben gerade im krisenjahr<br />

2009 besonders viele konsumentenkredite<br />

aufgenommen (plus zehn Prozent). Finanziert<br />

wurden u. a. autos, elektronik­ und<br />

einrichtungsgüter, auch als Folge staatlicher<br />

konjunkturprogramme. Für die konjunktur<br />

war der private konsum im letzten<br />

Jahr eine wichtige stütze. bislang zeichnet<br />

sich dabei ein positiver trend bei der<br />

rückzahlung ab. 2009 sind weniger als drei<br />

von 100 konsumentenkrediten ausgefallen<br />

(2,4%) und in den ersten drei Quarta­<br />

6 <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

len 2<strong>01</strong>0 sind die kreditausfälle kontinuierlich<br />

gefallen.<br />

obwohl weniger kredite ausfallen, ist allerdings<br />

die anzahl der Verbraucherinsolvenzen<br />

gestiegen. nach angaben des statistischen<br />

bundesamts haben im ersten<br />

Halbjahr 2<strong>01</strong>0 53.864 Personen eine Verbraucherinsolvenz<br />

beantragt, das sind<br />

11,6% mehr als im Vorjahreszeitraum. £<br />

Vorstand, risikomanagement,<br />

Forderungsbeitreibung<br />

6,5 Mio. Deutsche überschuldet<br />

w 6,49 Mio. deutsche über 18 Jahre sind<br />

laut schuldneratlas 2<strong>01</strong>0 der Creditreform<br />

zum stichtag <strong>01</strong>.10.2<strong>01</strong>0 überschuldet und<br />

weisen nachhaltige Zahlungsstörungen<br />

auf (2009: 6,19 Mio. Personen). die Zahl der<br />

überschuldeten Personen hat sich 2<strong>01</strong>0<br />

gegenüber dem Vorjahr um rd. 300.000<br />

betroffene erhöht. Für die bundesrepublik<br />

deutschland ermittelt sich so eine schuldnerquote<br />

– also das Verhältnis von überschuldeten<br />

Personen zur bevölkerungszahl<br />

über 18 Jahre – von 9,5% (2009: 9,09%).<br />

Überschuldung liegt vor, wenn ein schuldner<br />

die summe seiner fälligen Zahlungsverpflichtungen<br />

auch in absehbarer Zeit<br />

nicht begleichen kann und ihm weder Vermögen<br />

noch andere kreditmöglichkeiten<br />

zur Verfügung stehen.<br />

trotz des historischen Wirtschaftseinbruchs<br />

im vergangenen Jahr ist die Zahl der überschuldeten<br />

Verbraucher nicht so stark<br />

gestiegen wie befürchtet. eine deut liche<br />

Verschlechterung der Überschuldungssituation<br />

in deutschland wurde auch dank<br />

kurzarbeitergeld und der damit weiterhin<br />

stabilen einkommen zunächst verhindert.<br />

allerdings ist die im Vergleich zum Vorjahr<br />

erhöhte schuldnerquote auch ausdruck der<br />

zeitweisen Verschlechterung am arbeitsmarkt<br />

infolge der rezession. immer noch<br />

gilt der Verlust des arbeitsplatzes als Hauptauslöser<br />

für Überschuldung. Zum Zweiten<br />

lassen die gestiegenen finanziellen belastungen<br />

der Verbraucher – etwa für gesundheit<br />

und altersvorsorge sowie für Miete<br />

und nebenkosten – weniger spielraum, um<br />

bestehende kreditverpflichtungen erfüllen<br />

zu können. die seit dem Frühjahr wieder<br />

vermehrten positiven konjunktursignale<br />

sowie die stabilen beschäftigungserwartungen<br />

führten schließlich zu einem wieder<br />

lockeren ausgabeverhalten der Verbraucher,<br />

die auch neue kreditverpflichtungen<br />

eingegangen sind. das gilt insbesondere<br />

für jüngere erwachsene.<br />

in allen bundesländern ist 2<strong>01</strong>0 eine<br />

Zunahme der privaten Überschuldung zu<br />

verzeichnen. Überdurchschnittlich stark fiel<br />

der anstieg in sachsen­anhalt aus (+ 0,53<br />

Prozentpunkte gegenüber 2009) sowie im<br />

saarland und in berlin (jeweils + 0,51 Prozentpunkte).<br />

um einen vergleichsweise<br />

geringen anteil ist die schuldnerquote in<br />

bremen gestiegen (+ 0,21 Prozentpunkte).<br />

die Hansestadt (14,13%) weist aber weiterhin<br />

die höchste Quote aller deutschen<br />

Länder auf, gefolgt von berlin (12,67%) und<br />

sachsen­anhalt (11,58%). am niedrigsten<br />

ist die schuldnerquote derzeit in bayern<br />

(7,06%), baden­Württemberg (7,46%) und<br />

sachsen (8,37%).<br />

die Verschuldungsproblematik verstärkt<br />

sich bei weiblichen schuldnern und in<br />

bestimmten altersgruppen überdurchschnittlich:<br />

Während der anteil der Männer<br />

an den überschuldeten Privatpersonen seit<br />

2004 von 68 auf 61,3% zurückging (­ 6,7 Prozentpunkte),<br />

stieg der anteil der Frauen um<br />

6,7 Prozentpunkte auf 38,7%. demnach sind<br />

3,98 Mio. aller überschuldeten Personen<br />

männlichen (­ 0,47 Mio. gegenüber 2004)<br />

und 2,51 Mio. weiblichen geschlechts (plus<br />

0,42 Mio. gegenüber 2004). im Vergleich<br />

zum Jahr 2009 erhöhte sich die Zahl der<br />

überschuldeten Frauen um 11,4%, während<br />

die Zahl der betroffenen Männer nahezu<br />

stagnierte (+ 0,9%).<br />

auch in bezug auf das alter des schuldners<br />

gibt es unterschiedliche trends: so<br />

liegt die schuldnerquote bei Personen<br />

in der altersgruppe 40 bis 49 Jahre mit<br />

13,29% zwar weiterhin am höchsten,<br />

allerdings sind relativ gesehen weniger<br />

Personen betroffen als im Jahr 2004<br />

(15,18%). anders dagegen die entwicklung<br />

bei jungen erwachsenen: Von den 20


is 29­jährigen einwohnern deutschlands<br />

gelten mittlerweile 10,75% als überschuldet.<br />

das sind fast 400.000 Personen oder<br />

3,2 Prozentpunkte mehr als 2004, als die<br />

schuldnerquote in diesem alterssegment<br />

noch bei unterdurchschnittlichen 7,55%<br />

lag. einen anstieg der schuldnerquote<br />

im Vergleich zu 2004 verzeichnen auch<br />

die altersgruppe der unter 20­Jährigen<br />

(+ 1,12 Prozentpunkte) sowie ältere Personen<br />

über 70 Jahre (+ 0,22 Prozentpunkte).<br />

der gegenüber dem Vorjahr festzustellende<br />

aktuelle anstieg der gesamtzahl<br />

der überschuldeten Personen in deutschland<br />

wird aber bis auf die über 60­Jährigen<br />

von allen altersgruppen verursacht.<br />

3,61 der 6,49 Mio. überschuldeten Personen<br />

weisen zahlreiche gerichtliche Über­<br />

schuldungsmerkmale wie eine eides ­<br />

statt liche Versicherung oder eine Privatinsolvenz<br />

auf. die Zahl der betroffenen<br />

hat sich gegenüber 2006 (3,40 Mio.) um<br />

mehr als sechs Prozent erhöht. Zurückgegangen<br />

ist hingegen die Zahl der<br />

Personen, deren Überschuldungssituation<br />

noch nicht aussichtslos ist, die aber<br />

bereits nachhaltige Zahlungsstörungen<br />

aufweisen. gegenüber 2006 sank die Zahl<br />

der betroffenen von 3,79 auf 2,88 Mio.<br />

(­ 24%).<br />

die Verbraucherüberschuldung ist in<br />

deutschland deutlich geringer als in<br />

den angelsächsischen Ländern. so sind<br />

in großbritannien 13,8% der privaten konsumenten<br />

überschuldet, in den usa sogar<br />

17,4%. ein grund hierfür: diese Volkswirt­<br />

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aktuell<br />

schaften waren und sind stärker von der<br />

Finanz­ und immobilienkrise betroffen,<br />

und die arbeitslosigkeit ist im Verlauf der<br />

rezession deutlich stärker und nachhaltiger<br />

gestiegen als in deutschland.<br />

in den kommenden zwei Jahren ist nicht<br />

mit einem rückgang der Verbraucherüberschuldung<br />

zu rechnen. Jeder zehnte<br />

deutsche (9,8%) fühlt sich bereits jetzt<br />

durch seine finanziellen Verbindlichkeiten<br />

überfordert, ein weiteres drittel (32%) hat<br />

wenigstens manchmal „schuldenstress“.<br />

die von der bundesregierung geplanten<br />

sparmaßnahmen sowie weitere Faktoren<br />

– wie zunehmende Wohnkosten und der<br />

anstieg prekär beschäftigter – drohen auslöser<br />

für eine neuerliche Überschuldungsentwicklung<br />

zu sein. £<br />

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8<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Insolvenzverwalterqualität<br />

gewährleisten<br />

Autor:<br />

Prof. Dr. Wolfgang Portisch,<br />

Leiter des Bereichs Bank­ und<br />

Finanzmanagement an der<br />

Hochschule Emden­Leer und<br />

wissenschaftlicher Leiter des<br />

IQS Institut für Qualität und Standards<br />

in der Insolvenzabwicklung.<br />

Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung (Mainso) und Zertifi zierung<br />

nach inso 90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0 als auswahlkriterien für insolvenzgerichte und gläubiger.<br />

» Eine Ursache der<br />

Probleme liegt in der<br />

häufig nicht optimalenInsolvenzverwalterauswahl,<br />

so<br />

dass das Vertrauen<br />

der Kreditinstitute<br />

zur Begleitung einer<br />

Sanierung in der<br />

Insolvenz fehlt. «<br />

1 Vgl. Portisch/Neumann, effi ziente insolvenzprozesse<br />

in banken und sparkassen, 2<strong>01</strong>0, s. 66 ff .<br />

2 Vgl. Kranzusch/Icks, die Quote der insolvenzgläubiger<br />

in regel­ und insolvenzplanverfahren,<br />

2009, s. 15. diese untersuchung zeigt, dass nur<br />

in einem bruchteil der Verfahren ein insolvenzplan<br />

umgesetzt wird, obwohl die Quoten im<br />

durchschnitt deutlich höher ausfallen, als im<br />

Fall der reinen Verwertung.<br />

I. Einleitung<br />

w Vorrangiges Ziel bei der einleitung eines<br />

insolvenzverfahrens ist gem. § 1 inso die bestmögliche<br />

und gemeinschaftliche befriedigung<br />

aller gläubiger. auch die sanierung über einen<br />

insolvenzplan wird ausdrücklich angeregt.<br />

Jedoch werden beide Ziele in der Praxis selten<br />

erreicht: die realisierung einer sanierung in der<br />

insolvenz erfolgt nur in ausnahmefällen und<br />

die kreditinstitute sind mit dem Verfahrensablauf<br />

häufi g unzufrieden 1 . eine ursache dieser<br />

Probleme liegt in der häufi g nicht optimalen<br />

insolvenzverwalterauswahl, so dass das Vertrauen<br />

der kreditinstitute zur begleitung einer<br />

sanierung in der insolvenz fehlt. auf die auswahlentscheidung<br />

kann derzeit von banken<br />

kaum wirksam einfl uss genommen werden.<br />

Häufi g werden daher sanierungsunerfahrene<br />

Verwalter ausgewählt. oft fi ndet dann nur noch<br />

eine Zerschlagung der Vermögenswerte von<br />

unternehmen statt, meist einhergehend mit<br />

einer Vernichtung von immateriellen Werten<br />

wie dem Firmennamen. um höhere Fallzahlen<br />

an sanierungen in der insolvenz zu erreichen,<br />

sind die Verwalter künftig sorgfältiger auszuwählen<br />

und die transparenz bei der Verfahrensabwicklung<br />

ist zu verbessern. die einhaltung<br />

von Mindestanforderungen bei der insolvenzabwicklung<br />

und die einführung von Zertifi katen<br />

können hier unterstützend wirken. auch die<br />

aktuelle insolvenzrechtsreform befasst sich mit<br />

diesen themenbereichen.<br />

II. Geplante Insolvenzrechtsreform<br />

zur Insolvenzverwalterauswahl<br />

im Fokus der aktuellen reform des insolvenzrechts<br />

steht u. a. die auswahl geeigneter insolvenzverwalter.<br />

es wird davon ausgegangen,<br />

dass ein insolvenzplanerfahrener und risikobereiter<br />

Verwalter, u. u. mit guten branchenkennt­<br />

nissen und ­kontakten den Versuch einer sanierung<br />

im insolvenzverfahren eher anstrengt, als<br />

ein unerfahrener sachwalter, der risiken zu vermeiden<br />

versucht. auch die büroausstattung mit<br />

dem Vorhalten eines auf sanierungen spezialisierten<br />

Mitarbeiterstabs kann bei der realisierung<br />

von sanierungsoptionen unterstützend<br />

wirken. gläubiger wie kreditinstitute kennen<br />

diese professionell arbeitenden insolvenzverwalter<br />

meist sehr gut. daher sollten die rechte<br />

dieser gläubiger bei der Verwalterauswahl<br />

künftig deutlich gestärkt werden 2 .<br />

die einfl ussnahme auf die auswahl eines geeigneten<br />

insolvenzverwalters durch die gläubigerbanken<br />

ist derzeit gering. so pochen die insolvenzgerichte<br />

häufi g auf ihre unabhängigkeit<br />

bei dieser entscheidung. daher kommt es vielfach<br />

zu besetzungspraktiken, die eine (möglichst<br />

gerechte) gleichverteilung auf den Personenkreis<br />

der Vorauswahlliste vorsehen. diese<br />

als gerecht empfundene Verteilung der Verfahren<br />

führt jedoch nicht immer zu einer optimalen<br />

allokation der knappen spezialistenressourcen.<br />

Zudem sind die insolvenzgerichte<br />

bei den vielen Verfahren meist nicht derart<br />

intensiv in den Verfahrensablauf einbezogen,<br />

so dass nicht bekannt wird welcher insolvenzverwalter<br />

eine sanierung vor der Zerschlagung<br />

befürwortet und zudem seine gläubiger optimal<br />

mit informationen versorgt. Hier befi nden<br />

sich gerade die experten in den kreditinstituten<br />

näher am operativen kern des insolvenzgeschehens.<br />

Zudem kennen sie die insolventen<br />

Firmen meist aus der vorgeschalteten sanierungsphase<br />

und können die Chancen einer<br />

gesundung im insolvenzverfahren mit dem<br />

„richtigen“ insolvenzverwalter gut einschätzen.<br />

bislang sind die Möglichkeiten der faktischen<br />

Mitbestimmung von banken bei der insolvenzverwalterauswahl<br />

gering. die gesetzliche regelung<br />

sieht lediglich vor, dass eine abwahl des


insolvenzverwalters im eröffneten Verfahren<br />

gem. § 57 inso durch die gläubigerversammlung<br />

erfolgen kann. diese Möglichkeit kommt<br />

jedoch eindeutig zu spät 3 . bereits im vorläufigen<br />

Verfahren werden bei Firmenpleiten die<br />

wichtigen stellschrauben in richtung einer<br />

sanierung oder Liquidierung gestellt. Wird<br />

das unternehmen in der insolvenz erst als aus<br />

dem geschäftsverkehr ausgeschieden betrachtet,<br />

besteht auch nach der insolvenzeröffnung<br />

i. d. r. nicht mehr die Möglichkeit einer Wiederbelebung<br />

der operativen tätigkeiten. eine<br />

nicht optimale besetzung des insolvenzverwalterpostens<br />

kann dann nicht mehr nachträglich<br />

korrigiert werden. dieses soll nun durch<br />

die aktuelle reform des insolvenzrechts geändert<br />

werden. die Vorschläge des bundesministeriums<br />

der Justiz (bMJ) sehen vor, den einfluss<br />

der gläubiger auf die insolvenzverwalterauswahl<br />

zu stärken. es ist geplant, dass gem. § 56<br />

abs. 2 inso­e bereits ein vorläufiger Gläubigerausschuss<br />

im eröffnungsverfahren durch die<br />

summenmehrheit einen geeigneten insolvenzverwalter<br />

vorschlägt. das gericht soll von dieser<br />

empfehlung nur dann abweichen können, wenn<br />

die betreffende Person nicht die allgemeinen<br />

anforderungen erfüllt (§ 56 abs. 3 inso­e) 4 .<br />

diese Vorgehensweise ist aus bankensicht sehr<br />

zu begrüßen, stärkt es doch die gläubigerautonomie<br />

bei der auswahl des insolvenzverwalters<br />

5 . darüber besteht die Möglichkeit, das<br />

insolvenzrecht wirkungsvoller auf eine sanierung<br />

bei unternehmen auszurichten, deren<br />

Fortführungswert über dem Zerschlagungswert<br />

liegt. auch die Verfahrenstransparenz lässt<br />

sich u. u. verbessern, wenn künftig auf dem<br />

„Markt für insolvenzverwalter“ stärker selektiert<br />

wird und nur die qualitativ besten verbleiben.<br />

im Folgenden wird untersucht, welche kriterien<br />

bei der auswahl guter Verwalter von insolvenzgerichten<br />

und kreditinstituten herangezogen<br />

werden können.<br />

III. Modelle und Kriterien zur<br />

bestmöglichen Insolvenzverwalterauswahl<br />

es existieren zahlreiche Vorschläge und kriterien,<br />

nach denen sich insolvenzverwalter<br />

potenziell selektieren lassen. diese Merkmale<br />

können auch dazu dienen, eine gute Vorauswahl<br />

von Verwaltern für die sog. Vorauswahl­<br />

liste der insolvenzgerichte zu generieren. dies<br />

sind u. a. die empfehlungen:<br />

der uhlenbruck­kommission 6 ,<br />

des bakinso und des diai 7 ,<br />

des Hannoveraner­Modells 8 ,<br />

der Vid berufsgrundsätze 9 .<br />

beurteilungsobjekte sind im Wesentlichen die<br />

Person des insolvenzverwalters, aber auch die<br />

büroorganisation der kanzlei. daneben bestehen<br />

Merkmale, die nicht überschneidungsfrei<br />

der Person oder der kanzlei zugeordnet werden<br />

können. die kriterienkataloge der o. g. Vorschläge<br />

beziehen sich zum einen auf Qualifikationsmerkmale,<br />

die unbedingt vorhanden<br />

sein müssen, wie der abschluss eines rechts­<br />

oder wirtschaftswissenschaftlichen studiums,<br />

der spezialisierung zum Fachanwalt für insolvenzrecht<br />

oder einer vorhandenen Zertifizierung.<br />

Zum anderen werden weiche qualitätsbezogene<br />

Attribute, wie die unabhängigkeit<br />

oder das bestehen geordneter wirtschaftlicher<br />

Verhältnisse, gefordert. diese eigenschaften<br />

sind eindeutig wichtig, aber schwerlich durch<br />

externe akteure zu verifizieren. Zudem fehlt es<br />

bei diesen soft Facts an der beurteilung von<br />

Verfahrensabläufen oder der einschätzung<br />

erforderlicher sanierungseigenschaften bzw.<br />

erzielter erfolge im insolvenzplanverfahren<br />

oder bei der übertragenden sanierung.<br />

eine weitere option bei der Qualitätsbeurteilung<br />

besteht in der erhebung von erfolgskennzahlen<br />

bei den abgeschlossenen Verfahren. so<br />

führt das insolvenzgericht Hannover mit dem<br />

„Hannoveraner Modell“ seit einigen Jahren<br />

erfolgsmessungen bei insolvenzverfahren<br />

durch. ermittelt werden die Verfahrensergebnisse<br />

anhand von kennzahlen wie der Quote<br />

der Massesteigerung, der ausschüttungsquote<br />

an ungesicherte gläubiger und der anteil der<br />

Verwaltungskosten an der Masse. diese kennzahlen<br />

gehen mit weiteren kriterien wie der<br />

sanierungsquote gewichtet in ein Punktbewertungsschema<br />

ein und geben auskunft über<br />

die Fachkompetenz, die sanierungskompetenz<br />

und die erzielten Verfahrensergebnisse 10 .<br />

dieses stark quantitativ geprägte Verfahren<br />

wurde in der Vergangenheit mit dem Hinweis<br />

auf die fehlende Vergleichbarkeit von insolvenzverfahren<br />

diskutiert. es ist eine hohe Fallzahl<br />

der insolvenzverfahren aus verschiedenen<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Bereits im vorläufigen<br />

Verfahren<br />

werden bei Firmenpleiten<br />

die wichtigen<br />

Stellschrauben<br />

in Richtung einer<br />

Sanierung oder Liquidierung<br />

gestellt. «<br />

3 Vgl. Portisch, sanierung und insolvenz aus<br />

bankensicht, 2<strong>01</strong>0, s. 278 ff.<br />

4 Vgl. art. 1 des diskussionsentwurfs für ein gesetz<br />

zur weiteren erleichterung der sanierung<br />

von unternehmen, bearbeitungsstand<br />

<strong>01</strong>.09.2<strong>01</strong>0.<br />

5 kreditinstitute sollten auch die gespräche<br />

mit den Vertretern der insolvenzgerichte aufnehmen,<br />

die diskussion suchen und ggf. sachlich<br />

begründen, worin die Vorzüge der Wahl<br />

eines bestimmten insolvenzverwalters in einem<br />

Verfahren liegen. bei vielen professionell arbeitenden<br />

insolvenzgerichten werden diese erläuterungen<br />

sicherlich gehör finden.<br />

6 Vgl. Uhlenbruck, Zinso 2007 s. 760­764 und<br />

Uhlenbruck, Hohe Qualitätsanforderungen an<br />

insolvenzverwalter, in: ksi 2007 s. 268­269.<br />

7 siehe informationen auf den seiten der Homepage<br />

des bakinso (www.bakinso.de), Fragebogen<br />

des insolvenzgerichts Hamburg und vgl.<br />

Frind, Zinso 2008 s. 655­662.<br />

8 Vgl. Neubert, Zinso 2<strong>01</strong>0 s. 73­78.<br />

9 siehe dazu die berufsgrundsätze der insolvenzverwalter<br />

des Vid.<br />

10 Vgl. Neubert, Zinso 2<strong>01</strong>0 s. 73­78. auch das insolvenzgericht<br />

Hamburg erhebt seit mehreren<br />

Jahren verschiedene abwicklungs­kennzahlen<br />

und weist mittlerweile eine umfassende datenbasis<br />

auf.<br />

9


10<br />

beitrag<br />

» Ermittelt werden<br />

die Verfahrensergebnisse<br />

anhand von<br />

Kennzahlen wie der<br />

Quote der Massesteigerung,<br />

der Ausschüttungsquote<br />

an ungesicherte<br />

Gläubiger<br />

und der Anteil der<br />

Verwaltungskosten<br />

an der Masse. «<br />

11 Jedoch ist auch zu beachten, dass sich die gläubiger<br />

angemessen in das Verfahren einbringen<br />

sollten, mit dem besuch der Präsenztermine, der<br />

aufnahme der gespräche mit dem insolvenzgericht<br />

und den insolvenzverwaltern.<br />

12 Vgl. iQs – institut für Qualität und standards in<br />

der insolvenzabwicklung, Mainso – Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung, 2<strong>01</strong>0.<br />

13 Vgl. Geiwitz/Schneider, Person des insolvenzverwalters:<br />

Qualifikation und organisation, 2<strong>01</strong>0,<br />

s. 5­81 und Riedel, idealtypische Verfahrenssteuerung<br />

durch gerichte in: Mainso – Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung, 2<strong>01</strong>0,<br />

s. 731­835.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

branchen und größenklassen verteilt auf viele<br />

insolvenzverwalter notwendig, um statistisch<br />

gesicherte und vergleichbare erkenntnisse<br />

über die Qualität der insolvenzbearbeitung<br />

über die Jahre zu erhalten. Lägen diese daten<br />

bundesweit vor, wären quantitative analysen<br />

zu erfolgsquoten u. u. vergleichend auswertbar.<br />

Jedoch sagen auch diese Modelle wenig<br />

über den durch die gläubiger wahrgenommenen<br />

Verfahrensablauf aus 11 . abb. 1 fasst die<br />

verschiedenen ansätze mit den wesentlichen<br />

beurteilungskriterien zusammen.<br />

im Hinblick auf die stärkung der gläubigerrechte<br />

bei der insolvenzverwalterauswahl sind<br />

deren interessen künftig intensiver zu berücksichtigen.<br />

um dieses zu gewährleisten wurden<br />

die Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung<br />

entwickelt 12 . diese befassen sich<br />

neben den bedingungen für einen auf eine<br />

sanierung ausgerichteten Verfahrenablauf auch<br />

mit den notwendigen Qualifikationen eines<br />

insolvenzverwalters und der erforderlichen<br />

büroorganisation, um einen transparenten und<br />

sicheren Verfahrensablauf zu gewährleisten.<br />

IV. Mindestanforderungen an die<br />

Insolvenzabwicklung (MaInsO)<br />

die publizierten Mindestanforderungen an<br />

die insolvenzabwicklung (Mainso) umfas­<br />

sen den gesamten insolvenzprozess. dieser<br />

beginnt bereits mit den anforderungen zur<br />

auswahl eines geeigneten insolvenzverwalters.<br />

es werden umfangreiche ansprüche an<br />

die Qualifikation, das Verhalten und die branchenspezifischen<br />

kenntnisse des insolvenzverwalters<br />

formuliert. Zudem werden die anforderungen<br />

an die Mitarbeiter in den kanzleien<br />

neben den erfordernissen an die aufbau­ und<br />

ablauforganisation detailliert spezifiziert. auch<br />

die implementierung eines Qualitätsmanagementsystems<br />

und die anforderungen an das<br />

Verfahrens­ und kanzleicontrolling werden<br />

erläutert 13 .<br />

des Weiteren wird in diesem Handbuch der<br />

abwicklungsempfehlungen ausführlich auf<br />

die bestmögliche Verwertung von sicherungsgütern<br />

und rechten eingegangen. anforderungen<br />

an die sanierung und unternehmensfortführung<br />

in der insolvenz werden ebenfalls<br />

formuliert. insgesamt liegen mit den Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung<br />

umfassende regelungen für eine effiziente<br />

und wirksame Verfahrensabwicklung vor. die<br />

einhaltung dieser empfehlungen ist für alle<br />

betroffenen stakeholder vorteilhaft. so bieten<br />

diese anforderungen praxisnahe kriterien für<br />

die optimale insolvenzverwalterauswahl und<br />

zudem kann die einhaltung dieser richtlinien<br />

für bessere Quoten im Verfahren und für eine<br />

Verstärkung der sanierungstätigkeit sorgen.<br />

Abbildung 1: Beurteilung von Insolvenzverwaltern und ihrer Kanzleien<br />

Merkmale<br />

Uhlenbruck-Kommission<br />

BAKinso und DIAI<br />

Hannoveraner Hannoveraner Modell<br />

VID<br />

Bezug<br />

Insolvenzverwalter und Kanzleiauswahl<br />

Person des<br />

Insolvenzverwalters<br />

Person<br />

Person/<br />

Kanzlei<br />

Juristischer oder wirtschaftswiss. Abschluss,<br />

Nachweis insolvenzrechtlicher und<br />

praktischer Kenntnisse, geordnete wirt.<br />

Verhältnisse, Insolvenzplanerfahrung<br />

Personenbezogene Zertizierung, Zertizierung, Rating,<br />

Leistungskennzahlen<br />

Fachkompetenz, Sanierungskompetenz<br />

Ergebnisse, Kommunikationsfähigkeit<br />

Berufsgrundsätze: Qualikation,<br />

Qualikation,<br />

Unabhängigkeit, Grundsätze ordnungsgemäßer<br />

Insolvenzverwaltung (GoI)<br />

Kanzlei des<br />

Insolvenzverwalters<br />

Kanzlei<br />

Insolvenzspezische Insolvenzspezische Büroausstattung,<br />

spezialisierter Mitarbeiterstab, Einrichtung<br />

Risikomanagement-, Qualitätssicherungssystem,<br />

Standardisierung Berichtswesen<br />

Rating, Verfahrenscontrolling, Infrastruktur<br />

Leistungskennzahlen<br />

Erfolgskriterien, erzielte Verfahrensergebnisse,<br />

Kennzahlenerhebung<br />

Leistungsfähige Büroorganisation, gerichtskompatible<br />

elektronische Datenverarbeitung,<br />

modernes Qualitätsmanagement


abb. 2 zeigt ausgewählte aspekte der Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung.<br />

neben den Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung<br />

können auch zertifizierte Qualitätsmanagementsysteme<br />

(QMs) bei insolvenzverwaltern<br />

ein indiz für eine hochwertige<br />

Verfahrensabwicklung von insolvenzen und<br />

damit ein Qualitätsindiz für insolvenzverwalter<br />

darstellen. neuere insolvenzspezifische Zertifikate<br />

wie die inso 90<strong>01</strong> beinhalten neben einer<br />

systemprüfung auch eine inhaltliche Verifizierung<br />

durch insolvenzfachleute.<br />

V. Zertifizierung nach InsO<br />

90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0 mit Konformitätsbescheinigung<br />

die einführung von Qualitätsmanagementsystemen<br />

(QMs) und deren Zertifizierung ist in<br />

vielen unternehmensbranchen längst üblich.<br />

auch für die insolvenzverwaltung wurden spezielle<br />

Zertifikate wie die inso 90<strong>01</strong> entwickelt.<br />

QMs beschäftigen sich in erster Linie mit der<br />

einführung von robusten und nachvollziehbaren<br />

geschäftsprozessen. dabei werden hohe<br />

anforderungen an die transparenz, die Vereinheitlichung<br />

und die Überwachung von abläufen<br />

gesetzt. dieses bietet gerade bei insolvenzverfahren<br />

eine grundlage für eine abwicklung<br />

auf hohem Qualitätsniveau.<br />

1. Qualitätsmanagementsysteme<br />

und Zertifikate in der Insolvenzabwicklung<br />

Mit der einführung eines QMs und der Zertifizierung<br />

des Verfahrens werden die abläufe<br />

in der insolvenzabwicklung transparent ausgestaltet<br />

und es wird Prozesssicherheit für<br />

interne sowie externe stakeholder geschaffen.<br />

damit lassen sich auch risiken im operativen<br />

tagesgeschäft von insolvenzverwaltern<br />

verringern. Wichtig ist das Zuschneiden<br />

eines QMs auf die jeweilige branche. Vorteil<br />

der insolvenzbezogenen inso 90<strong>01</strong><br />

ist daher, dass ein umfassender Prüf­ und<br />

gestaltungskatalog gegeben wird zur 14 :<br />

einhaltung der iso 90<strong>01</strong>,<br />

einführung eines Verfahrens­ und kanzleicontrollings<br />

und<br />

beachtung der grundsätze des Vid, der<br />

uhlenbruck­kommission und der entscheidung<br />

des bVerfg vom 23.05.2006 für die<br />

Vorauswahlliste 15 .<br />

Zur stetigen Weiterentwicklung und anpassung<br />

der Zertifizierung an aktuelle gegebenheiten<br />

wurde zusätzlich ein Fachrat mit spezialisten<br />

aus unterschiedlichen bereichen<br />

eingesetzt. Wichtige neuerungen finden so<br />

eingang in den Zertifizierungsprozess. neben<br />

der reinen Prozessüberprüfung und ggf. der<br />

neugestaltung der geschäftsabläufe lassen<br />

Abbildung 2: Mindestanforderungen an die Insolvenzabwicklung (MaInsO)<br />

MaInso – Mindestanforderungen an die Insolvenzabwicklung<br />

Anforderungen:<br />

-Verwalter<br />

-Organisation<br />

-Verhalten<br />

Anforderungen an die Person des Verwalters<br />

• Ausbildung und praktische Erfahrung<br />

• Fachwissen und ständige Weiterbildung<br />

• Persönliche Integrität und Unabhängigkeit<br />

• Eigenverantwortliches Handeln und Gewissenhaftigkeit<br />

• Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse<br />

• Branchenspezische Kenntnisse und Erfahrungen<br />

• Einhaltung der Empfehlungen der Uhlenbruck-Kommission<br />

und der Berufsgrundsätze des VID<br />

Anforderungen an die Mitarbeiter<br />

• Qualizierte und engagierte Mitarbeiter<br />

• Qualitative und quantitative Steuerung der Einsatzes<br />

• Laufende Fortbildung der Mitarbeiter<br />

Anforderungen:<br />

-Sanierung<br />

-Verwertung<br />

-Transparenz<br />

Anforderungen:<br />

-Abrechnung<br />

-Gläubiger<br />

-Gerichte<br />

Organisatorische Anforderungen an die Kanzlei<br />

• Einsatz aktueller Hardware und Software<br />

• Durchdachtes Ablage- und Archivierungssystem<br />

• Eziente/eektive Aufbau- und Ablauforganisation<br />

Sonstige Anforderungen<br />

• Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS)<br />

• Erarbeitung eines QMS-Handbuchs<br />

• Zertizierung des QMS<br />

• Aufbau eines Verfahrenscontrollings<br />

• Einführung eines Verfahrensberichtswesens<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die publizierten<br />

Mindestanforderungen<br />

an die Insolvenzabwicklung<br />

(MaInso) umfassen<br />

den gesamten Insolvenzprozess.<br />

«<br />

14 Vgl. Lützenrath/Portisch/Schuppener, anforderungen<br />

an die sanierung und unternehmensfortführung<br />

in der insolvenz, in: Mainso<br />

– Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung,<br />

2<strong>01</strong>0, s. 277 ff.<br />

15 Vgl. beschluss des bVerfg vom 23.05.2006, 1 bvr<br />

2530/04.<br />

11


12<br />

beitrag<br />

» Durch das überprüfte<br />

Zertifikat InsO<br />

90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0 dokumentiert<br />

eine Kanzlei<br />

sowohl den Insolvenzgerichten<br />

als auch den<br />

Gläubigern, dass sie<br />

sich erfolgreich einer<br />

Fach-Auditierung<br />

des insolvenzspezifischenQualitätsmanagementsystems<br />

unterzogen hat. «<br />

16 Vgl. Portisch, Prozessoptimierung bei der insolvenzabwicklung,<br />

in: Mainso – Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung, 2<strong>01</strong>0,<br />

s. 604 ff.<br />

17 Vgl. Portisch/Neumann, effiziente insolvenzprozesse<br />

in banken und sparkassen, 2<strong>01</strong>0, s. 52 ff.<br />

18 Vgl. Lützenrath/Portisch/Schuppener, anforderungen<br />

an die sanierung und unternehmensfortführung<br />

in der insolvenz, in: Mainso<br />

– Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung,<br />

2<strong>01</strong>0, s. 285.<br />

19 Vgl. Riedel, idealtypische Verfahrenssteuerung<br />

durch die gerichte, in: Mainso – Mindestanforderungen<br />

an die insolvenzabwicklung, 2<strong>01</strong>0,<br />

s. 743 ff.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

sich zudem oft Effizienzvorteile im operativen<br />

geschäft erzielen. des Weiteren kann ein<br />

Zertifikat wie die inso 90<strong>01</strong> als Qualitätsindiz<br />

auch insolvenzgerichten einen Hinweis auf<br />

eine hohe Prozessqualität bei der insolvenzverwaltung<br />

liefern und die auswahl geeigneter<br />

kandidaten erleichtern. etablierte Zertifikate<br />

sollten daher nicht nur eingang in jeden<br />

gerichts fragebogen finden, sondern auch ein<br />

echtes auswahlkriterium darstellen. denn es<br />

zeigt, dass sich ein insolvenzverwalter mit der<br />

einführung eines geprüften QMs einem strukturierten<br />

Verfahrensablauf und damit strengen<br />

Qualitätsanforderungen zur Prozesssicherheit<br />

sowie der internen und externen transparenz<br />

im Verfahrensablauf unterzieht. dies ist auch<br />

im sinne der verfahrensbeteiligten gläubiger 16 .<br />

2. Aufwertung der InsO 90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0<br />

durch die Konformitätsbescheinigung<br />

Problematisch war bislang noch die vom bVerfg<br />

geforderte Verifikation der geforderten kriterien<br />

auf der Vorauswahlliste. dieses gilt auch<br />

für die realisierung des QMs in der kanzlei. die<br />

inhaltliche Überprüfung der kanzleien und der<br />

insolvenzverwalter vor ort durch Vertreter der<br />

gerichte ist aufgrund der hohen anzahl an Verfahren<br />

und der Vielzahl der aufgaben der insolvenzgerichte<br />

sowie der einhaltung einer gebotenen<br />

neutralität in der Praxis kaum möglich. aus<br />

diesem grund wurde bei der inso 90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0<br />

eine konformitätsprüfung eingeführt, die eine<br />

inhaltliche Überprüfung des QMs durch Fachleute<br />

wie ehemalige insolvenzrichter und<br />

rechtspfleger in den kanzleien vorsieht.<br />

dadurch wird die bislang in erster Linie systemische<br />

Funktionsfähigkeit eines Qualitätsmanagementsystems<br />

neuerdings materiell<br />

überprüft und über ein siegel bestätigt. die<br />

konformitätsbescheinigung vervollständigt<br />

die systemische Prüfung des Qualitätsmanagementsystems<br />

inso 90<strong>01</strong> um inhaltliche<br />

elemente. eine konformitätsstelle begutachtet<br />

dazu im rahmen eines Präsenztermins die<br />

inhaltlichen aspekte der anforderungen nach<br />

inso 90<strong>01</strong> und erstellt im anschluss einen empfehlungsbericht.<br />

kernpunkte der untersuchung<br />

gelten u. a. der beurteilung des risikomanagements<br />

und des Verfahrenscontrollings. durch<br />

das überprüfte Zertifikat inso 90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0 dokumentiert<br />

eine kanzlei sowohl den insolvenzge­<br />

richten als auch den gläubigern, dass sie sich<br />

erfolgreich einer Fach­auditierung des insolvenzspezifischenQualitätsmanagementsystems<br />

unterzogen hat. dieses kann auch zu einer<br />

erhöhten anzahl an sanierungen in der insolvenz<br />

beitragen. denn ein QMs fordert auch den<br />

einsatz betriebswirtschaftlicher tools zum Verfahrens­<br />

und kanzleicontrolling.<br />

3. Verfahrens­ und Kanzleicontrolling,<br />

Transparenz und Reporting­Tools<br />

Häufig werden von gläubigern wie banken<br />

Mängel in den betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten<br />

und der externen kommunikation bei<br />

insolvenzverwaltern konstatiert 17 . gerade<br />

betriebswirtschaftliche standards sollten daher<br />

nicht nur für die bearbeitung einer einzelnen<br />

im Zweifel großen und bekannten unternehmensinsolvenz,<br />

sondern auch für die gesamtheit<br />

aller durch einen insolvenzverwalter<br />

begleiteten Verfahren gelten. dies kann nur<br />

funktionieren, wenn robuste geschäftsprozesse<br />

als grundlage der steuerung eingeführt<br />

werden.<br />

klar definierte büro­ und Verfahrensabläufe<br />

in insolvenzkanzleien tragen zur erfüllung<br />

von Qualitätsanforderungen im rahmen von<br />

insolvenzverfahren bei 18 . dazu gehört auch<br />

ein umfassendes Verfahrenscontrolling mit<br />

der vollständigen beschreibung und umsetzung<br />

aller insolvenzspezifischen Prozesse wie<br />

z. b. der systematik der anfechtung, dem debitorenmanagement,<br />

der beschaffung externer<br />

dienstleistungen, der ermittlung von Verfahrenskennzahlen,<br />

der Frühindikatorenanalyse<br />

zur Vermeidung der Massearmut und der<br />

Finanzplanerstellung. auch das kanzleicontrolling<br />

mit dem erstellen von Vergütungsprognosen,<br />

einer kanzlei­bWa und einem gelebten<br />

risikomanagement führt zur Verbesserung der<br />

Qualität bei der insolvenzabwicklung und einer<br />

erhöhung der Verfahrenstransparenz. die einhaltung<br />

einer Zertifizierungsnorm liefert einen<br />

beitrag zur steigerung der Qualität bei der<br />

insolvenzabwicklung, vergleichbar mit einem<br />

geprüften Produktsiegel (tÜV­geprüft) 19 .<br />

dieses kann auch zur inhaltlichen umschreibung<br />

des kriteriums der „geeignetheit“ eines<br />

insolvenzverwalters i. s. d. § 56 inso beitragen.<br />

nicht nur die insolvenzverfahren sind mit<br />

betriebwirtschaftlichen rechnungslegungs­


instrumenten wie einer einheitlichen und aussagekräftigen<br />

schlussrechnung zu begleiten.<br />

auch die steuerung des insolventen unternehmens<br />

im Verfahren muss durch den insolvenzverwalter<br />

mit kennzahlen und integrierten<br />

Planungssystemen erfolgen. ohne eine<br />

betriebswirtschaftliche und controllingbezogene<br />

steuerung lässt sich keine sanierung im<br />

insolvenzverfahren begleiten. dazu sind eine<br />

Planungssoftware und qualifizierte Mitarbeiter<br />

zu deren bedienung vorzuhalten. Zur Verbesserung<br />

der transparenz für gläubiger dienen die<br />

elektronische Forderungsanmeldung und die<br />

offene insolvenzakte, über die mit einem Passwort<br />

geschützt jederzeit einblick in den Verfahrensablauf<br />

genommen werden kann. dadurch<br />

wird die akzeptanz der kreditinstitute auch bei<br />

der begleitung von sanierungen in der insolvenz<br />

erhöht werden. dies ist dringend notwendig,<br />

denn es wird noch viel zu häufig zerschlagen<br />

als saniert.<br />

VI. Nutzen von Mindestanforderungen<br />

und Zertifikaten bei<br />

der Insolvenzabwicklung<br />

die einhaltung von Mindestanforderungen<br />

sowie die einführung von QMs und insolvenzspezifischen<br />

Zertifikaten wie die inso 90<strong>01</strong>:2<strong>01</strong>0<br />

ist eindeutig ein indiz für gelebte Qualität bei<br />

der insolvenzabwicklung. sie erleichtern den<br />

gerichten zudem die arbeit, wenn u. a. einheitliche<br />

und gut strukturierte dokumente und Verzeichnisse<br />

eingereicht werden. daher sollten<br />

diese Qualitätskriterien auch in die auswahlentscheidung<br />

der insolvenzgerichte eingehen.<br />

im rahmen der geplanten Zentralisierung von<br />

insolvenzgerichten sind auch bundeseinheitliche<br />

Qualitätsstandards für eine einheitliche<br />

strukturierte Vorauswahlliste und eine optimale<br />

PrAXISTIPPS<br />

Vergabepraxis denkbar. Viele insolvenzgerichte<br />

leisten derzeit bereits professionelle arbeit in<br />

der insolvenzbegleitung, aber eben nicht alle.<br />

auch insolvenzgerichte könnten mit der einführung<br />

eines QMs ihre eigenen Prozesse vereinheitlichen<br />

und transparent gestalten.<br />

bei der insolvenzverwalterauswahl geht es<br />

um die sache – die rettung von insolventen<br />

unternehmen, bei denen der Fortführungswert<br />

über dem Liquidationswert liegt. eine<br />

merkliche erhöhung der anzahl von sanierungen<br />

wird nur dann erreichbar sein, wenn<br />

die besten Verwalter ausgewählt werden und<br />

sich dieser volkswirtschaftlich wichtigen Materie<br />

der sanierung und restrukturierung in der<br />

insolvenz annehmen. Werden qualitativ hochwertige<br />

Verwalter mit einem optimalen branchen­<br />

und größen­Fit ausgewählt, lassen sich<br />

auch bessere erfolge bei der insolvenzabwicklung<br />

erzielen. u. u. führt ein erhöhtes Vertrauen<br />

in die strukturierte insolvenzabwicklung auch<br />

zu einer früheren insolvenzantragstellung<br />

der schuldner und einer gesteigerten bereitschaft<br />

von kreditinstituten, eine sanierung in<br />

der insolvenz auch mit zusätzlichem geld zu<br />

begleiten. auch banken und sparkassen sollten<br />

in Zukunft auf diese Qualitätskriterien bei<br />

insolvenzverwaltern achten, denn diese erhöhen<br />

die transparenz und im Zweifel auch den<br />

erfolg beim Verfahrensablauf.<br />

sichtbare kriterien für die Qualität bei der insolvenzverwaltung<br />

sind freiwillig eingeführte<br />

standards und erfolgreich durchgeführte Zertifizierungen,<br />

die auch den insolvenzgerichten<br />

ein signal für eine gute Qualität liefern und im<br />

ergebnis zu besseren erfolgen bei der insolvenzabwicklung<br />

führen. dieses bietet allen an<br />

einem insolvenzverfahren beteiligten stakeholdern<br />

erhebliche Vorteile. £<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Eine merkliche<br />

Erhöhung der Anzahl<br />

von Sanierungen wird<br />

nur dann erreichbar<br />

sein, wenn die<br />

besten Verwalter ausgewählt<br />

werden. «<br />

Zertifikate wie die inso 90<strong>01</strong> bieten insolvenzgerichten und gläubigern ein verlässliches signal für nachvollziehbare und<br />

transparente geschäftsprozessen der Verfahrensabwicklung in den kanzleien.<br />

eine konformitätsbescheinigung bietet die Möglichkeit einer Verifizierung der inso 90<strong>01</strong> durch Fachleute vor ort und bietet<br />

den insolvenzgerichten ein weiteres wichtiges auswahlkriterium im Hinblick auf die güte eines insolvenzverwalters.<br />

die Mindestanforderungen an die insolvenzabwicklung (Mainso) bieten allen betroffenen stakeholdern im insolvenzverfahren<br />

verlässliche standards für eine Verfahrensabwicklung und sanierung in der insolvenz auf hohem niveau.<br />

13


14<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Sicherheiten­Außenprüfung<br />

Warenlager<br />

Vorbereitung und durchführung der Prüfung sicherungsübereigneter Warenbestände.<br />

Autor:<br />

Peter Friedmann,<br />

Kreditsekretariat, Bewertung und<br />

Verwertung von Mobilien,<br />

Kreissparkasse Ravensburg.<br />

» Bei allem Informationsbedürfnis<br />

der Bank oder Sparkasse<br />

dürfen die<br />

Kundeninteressen<br />

nicht aus dem Auge<br />

verloren werden. «<br />

I. Einleitung<br />

w die raumsicherungsübereignung von<br />

Warenlagern ist eine v. a. in der Mittelstandsfi<br />

nanzierung eingesetzte und seit langem<br />

anerkannte kreditsicherheit. Mittels einer<br />

raumsicherungsübereignung übereignet der<br />

sicherungsgeber seine sämtlichen gegenwärtigen<br />

und künftig eingebrachten Waren innerhalb<br />

eines bestimmten raums (sicherungsraum)<br />

zur sicherung seiner Verbindlichkeiten<br />

an den sicherungsnehmer.<br />

da sich die übereigneten Waren nicht wie<br />

bei einer Verpfändung im besitz des sicherungsnehmers<br />

befi nden und einem häufi gen<br />

Wechsel unterliegen, ist zur konkreten bestimmung<br />

des Werts einer solchen sicherheit die<br />

regelmäßige Prüfung unerlässlich und wird<br />

auch in den Marisk entsprechend gefordert.<br />

II. Aufbau einer Warenlagerprüfung<br />

die nachfolgende abb. gibt einen kurzen Überblick<br />

über den aufbau und die notwendigen<br />

Abbildung 1: Aufbau einer Warenlagerprüfung<br />

Warenlagerprüfung<br />

bestandteile einer Warenlagerprüfung, die<br />

immer in einem Prüfungsbericht mündet.<br />

die Prüfung vor Ort und damit die inaugenscheinnahme<br />

der sicherheiten ist der Prüfung<br />

an Hand von eingereichten Warenbestandslisten<br />

vorzuziehen, da nur dadurch ein reeller<br />

und praxisnaher eindruck, auch für eine später<br />

mögliche Verwertung der sicherheit, gewonnen<br />

werden kann.<br />

ein weiterer Vorteil der außenprüfung gegenüber<br />

den eingereichten bestandslisten besteht<br />

in der körperlichen Besichtigung der Waren<br />

und der gewissheit, dass die gemeldeten<br />

Waren vorhanden sind.<br />

in den formularmäßigen sicherungsverträgen<br />

sind die Prüfungsrechte des Sicherungsnehmers<br />

geregelt. der sicherungsgeber verpfl ichtet<br />

sich darin, dem sicherungsnehmer oder einem<br />

von ihm beauftragten dritten alle notwen digen<br />

unterlagen und informationen zur Verfügung zu<br />

stellen und Zutritt zum sicherungsgut zu verschaff<br />

en. die Prüfung beim sicherungsgeber<br />

sollte nie unter Zeitdruck stattfi nden, da im<br />

gespräch mit den Verantwortlichen, bewusst<br />

Interne Prüfung Externe Prüfung<br />

Sicherheitenverträge Ergebnisse früherer<br />

Prüfungen<br />

Marktinfos und<br />

Jahresabschluss<br />

Unterlagen vom<br />

Sicherungsgeber<br />

Terminvereinbarung<br />

Einleitung Örtliche<br />

Gegebenheiten<br />

Stichproben Roh/-Hilfs-<br />

/Betriebsstoffe<br />

Unfertige Erzeugnisse Fertigerzeugnisse<br />

Werthaltigkeit


oder unbewusst, wichtige informationen über<br />

den geschäftsverlauf und die sonstigen rahmen­<br />

bedingungen erlangt werden.<br />

die jährliche Überprüfung der Sicherheit ist<br />

empfehlenswert. die Prüfungsintervalle sind<br />

von der einschätzung des kreditrisikos beim<br />

jeweiligen kreditnehmer, aber auch von regulatorischen<br />

Vorgaben (Marisk) abhängig.<br />

bei allem informationsbedürfnis der bank oder<br />

sparkasse dürfen die kundeninteressen nicht<br />

aus dem auge verloren werden. Zu häufige<br />

oder zu unpassenden terminen (oster­ oder<br />

Weihnachtsgeschäft, betriebsferien) durchgeführte<br />

Prüfungen führen unweigerlich zu<br />

einer belastung der kundenbeziehung. Hier<br />

ist Finger spitzengefühl gefragt.<br />

III. Interne Prüfung<br />

die interne Prüfung erfolgt größtenteils ohne<br />

Mithilfe des sicherungsgebers, da im Wesentlichen<br />

die üblichen, beim engagement sowieso<br />

vorliegenden unterlagen geprüft werden.<br />

1. Sicherheitenverträge<br />

Hierzu zählen als erstes die bestehenden<br />

sicherheitenverträge, die hinsichtlich der aktualität<br />

sowie der rechtlichen Haltbarkeit eingehend<br />

begutachtet werden müssen. Weiterhin<br />

sind folgende Punkte zu überprüfen:<br />

sind die Verträge rechtswirksam unterzeichnet?<br />

ist die bestimmtheit der sicherungsgüter<br />

bzw. des sicherungsraums gegeben?<br />

Werden die vereinbarten Meldetermine zur<br />

bestandshöhe und einreichung der Warenbestandslisten<br />

eingehalten?<br />

Liegt eine Verzichtserklärung auf das Vermieterpfandrecht<br />

vor?<br />

sind sicherungsschein oder sicherungsbestätigung<br />

in ausreichender Höhe vorhanden?<br />

2. Frühere Prüfungen<br />

auch die ergebnisse früherer Prüfungen sollten<br />

in die aktuelle Prüfung einbezogen werden.<br />

Vorhandene Mängel einer vorherigen Prüfung<br />

müssen erneut geprüft werden bzw. es sollte<br />

festgestellt werden, ob diese Mängel beseitigt<br />

wurden oder weiterhin bestehen.<br />

bisherige Prüfungsschwerpunkte sind hinsichtlich<br />

der aktualität zu bewerten und ggf.<br />

durch neue schwerpunkte zu ersetzen. bestand<br />

oder besteht ein besonderer anlass für die<br />

durchzuführende Prüfung, vielleicht auf grund<br />

von Veränderungen in der Zusammensetzung<br />

des sicherungsguts oder auf grund von Hinweisen<br />

des betreuenden Firmenkundenberaters?<br />

3. Marktinformationen und Jahresabschlüsse<br />

allgemeine informationen aus der kundenbeziehung<br />

wie z. b. unregelmäßigkeiten in der<br />

kontoführung, Lastschriften­ oder scheckrückgaben<br />

und dauernde kontoüberziehungen sind<br />

hier ebenso von bedeutung wie das Vorliegen<br />

eines testats für die bilanz (es fand bereits im<br />

rahmen der Jahresabschlussprüfung eine stichprobenartige<br />

kontrolle durch den WP statt).<br />

informationen zur entwicklung in der relevanten<br />

branche, konjunkturelle besonderheiten<br />

oder gesetzlichen Änderungen sowie zu einer<br />

veränderten Finanzierungsstruktur (z. b. erhöhte<br />

inanspruchnahme von Lieferantenkrediten) des<br />

zu prüfenden unternehmens runden das bild ab.<br />

4. Terminvereinbarung zur Prüfung<br />

im Fall einer erstprüfung bei einem kunden<br />

empfiehlt es sich, die kontaktaufnahme und<br />

terminvereinbarung durch den jeweiligen<br />

kundenberater vornehmen zu lassen. dieser<br />

ist dem kunden bekannt, eventuelle Fragen<br />

nach dem Wieso und Weshalb sind schnell<br />

zu beantworten. Wurde bereits eine Prüfung<br />

durchgeführt, so ist die Vereinbarung weiterer<br />

Prüfungstermine durch den Prüfer selbst kein<br />

Problem. der Prüfer und das Procedere sind<br />

dem kunden in der Zukunft bekannt.<br />

im Fall von auffälligkeiten oder negativmerkmalen<br />

in der kundenbeziehung ist eine terminvereinbarung<br />

nicht notwendig. Hier ist eine<br />

unangekündigte Prüfung angebracht und zur<br />

Vermeidung von Manipulationen auch ratsam.<br />

5. Unterlagen vom Sicherungsgeber<br />

um überhaupt eine – stichprobenartige – Prüfung<br />

durchführen zu können, werden unterla­<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Im Fall von Auffälligkeiten<br />

oder<br />

Negativmerkmalen<br />

in der Kundenbeziehung<br />

ist eine Terminvereinbarung<br />

nicht<br />

notwendig. Hier ist<br />

eine unangekündigte<br />

Prüfung angebracht<br />

und zur Vermeidung<br />

von Manipulationen<br />

auch ratsam. «<br />

15


eitrag<br />

» Auch durch regelmäßige<br />

und intensive<br />

Prüfungen ist<br />

man vor Betrug durch<br />

den Sicherungsgeber<br />

nicht geschützt. Der<br />

Betrug wird lediglich<br />

erschwert! «<br />

16<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

gen vom sicherungsgeber benötigt, die vorab<br />

beim kunden angefordert werden sollten, um<br />

Verzögerungen am Prüfungstag zu vermeiden.<br />

die wichtigsten unterlagen sind nachfolgend<br />

aufgeführt:<br />

inventurliste möglichst detailliert mit angaben<br />

zu Menge, artikelbezeichnung, Verpackungseinheit,<br />

standort, ek­Preis je stück<br />

und gesamtwert des Warenlagers<br />

Liste gegliedert nach der altersstruktur des<br />

Warenbestands<br />

Warenbestandsliste nach umsatz je Produkt<br />

bzw. Produktgruppe („renner­Penner­Liste“)<br />

kreditoren­/oPos­Liste (gesamtliste, da hieraus<br />

auch eventuelle Miet­ oder Versicherungsrückstände<br />

erkennbar sind)<br />

Lieferungs­/geschäftsbedingungen der<br />

Hauptlieferanten und einkaufsverbände<br />

IV. Externe Prüfung vor Ort<br />

sind alle Punkte der internen Prüfung abgeschlossen<br />

und ist gemeinsam mit dem kunden<br />

ein termin für die Prüfung gefunden, folgt die<br />

arbeit im „außendienst“.<br />

1. Einleitung<br />

auch bei einer Prüfung wie bei jedem anderen<br />

kundentermin sollte man nicht mit der tür<br />

ins Haus gefallen werden. Der Smalltalk mit<br />

den Verantwortlichen gehört dazu. die permanente<br />

anwesenheit des geschäftsführers/<br />

inhabers ist nicht unbedingt erforderlich. eine<br />

entlastung der Verantwortlichen durch das<br />

einbinden weiterer, zuständiger Mitarbeiter<br />

(Lagerverwalter, buchhalter, Controller) entspannt<br />

die ungewohnte situation.<br />

oftmals können über die täglich mit der Lagerverwaltung<br />

oder buchhaltung befasste Person<br />

spezielle informationen erlangt werden. Hierzu<br />

zählt insbesondere die erläuterung der jeweiligen<br />

Warenbestandsliste, die abhängig vom<br />

genutzten Programm immer anders aussieht<br />

und der darin verwendeten abkürzungen, kennzeichnungen<br />

bzw. bedeutung der einzelnen<br />

spalten sowie der enthaltenen Zusatzangaben.<br />

Fragen nach dem Warenlager und den Produkten,<br />

auch ob alle Lager (vielleicht wurde<br />

zwischenzeitlich ein weiteres Lager gemietet/<br />

gekauft) von der Übereignung erfasst sind,<br />

gehören ebenfalls zur einleitenden Phase<br />

wie die geplante, zukünftige entwicklung des<br />

unternehmens oder aufgetretener, besonderer<br />

einflüsse (neue konkurrenz im geschäftsgebiet,<br />

geänderte gesetzliche rahmenbedingungen<br />

etc.). Wie bereits gesagt, kein Zeitdruck<br />

bei einer Prüfung!<br />

2. Örtliche Gegebenheiten<br />

der der sicherungsübereignung angeheftete<br />

Lageplan muss mit den tatsächlichen gegebenheiten<br />

vor ort abgeglichen werden. dazu<br />

ist die besichtigung des gesamten Firmengeländes<br />

notwendig. Hierbei wird gleich ein allgemeiner<br />

eindruck vom Zustand des geländes<br />

und der gebäude gewonnen. auch der erste<br />

eindruck vom Warenlager zählt dazu. sind die<br />

Lagerflächen überfüllt, teile der Waren verstaubt<br />

oder gar beschädigungen an den Verpackungen<br />

vorhanden, kann eine ausweitung<br />

des eigentlich vorgesehenen Prüfungsumfangs<br />

erwogen werden.<br />

3. Stichproben<br />

es ist nicht Sinn und Zweck einer Warenlagerprüfung,<br />

dem Kunden die jährliche<br />

Inventur seines Warenlagers abzunehmen,<br />

sondern die angaben des kunden zu überprüfen.<br />

eine Prüfung kann daher nicht vollständig<br />

sein, sondern wird sich im rahmen von hinreichenden<br />

stichproben (20 – 50%) bewegen,<br />

die dem Prüfer als ausreichend zur Verifizierung<br />

der kundenangaben erscheinen. auch durch<br />

regelmäßige und intensive Prüfungen ist man<br />

vor betrug durch den sicherungsgeber nicht<br />

geschützt. der betrug wird lediglich erschwert!<br />

Zur stichprobenartigen Prüfung zählen insbesondere<br />

die Abstimmung von Soll- und Istbestand<br />

in ausgewählten Positionen sowie<br />

die klärung möglicher differenzen (Lieferschein<br />

noch nicht verbucht, rechnung wurde gerade<br />

geschrieben etc.). auch die anbringung von<br />

geforderten kennzeichnungen (sicherungsübereignung<br />

mit kennzeichnungspflicht) bzw.<br />

der genannten Verpackungseinheiten auf einzelentnahmen<br />

sollten geprüft werden. ein<br />

blick auf die einkaufsrechnungen und der Vergleich<br />

der dort angegebenen Preise mit den<br />

in der Warenbestandsliste verbuchten Preise


sowie die Überprüfung der meist vorhandenen<br />

eigentumsvorbehaltsrechte an Hand der<br />

Lieferbedingungen rundet die stichprobenartige<br />

Prüfung ab.<br />

4. Roh­/ Hilfs­/ Betriebsstoffe<br />

Hier ist zu klären, ob die vorgefundenen<br />

bestände auftragsbezogen sind oder ob eventuell<br />

nach gutdünken eingekauft wird. bei<br />

losen stoffen, z. b. Flüssigkeiten oder siloware,<br />

ist die art der inventarisierung zu prüfen. insbesondere<br />

bei rohstoffen, die starken Preisschwankungen<br />

unterliegen, sollte geklärt<br />

werden, wie diese Preisschwankungen in der<br />

bewertung berücksichtigt werden. in seltenen<br />

Fällen befinden sich im Lager auch Kommissions-<br />

oder gar Konsignationswaren, die gar<br />

nicht in der Warenbestandsliste auftauchen<br />

dürfen, aber trotzdem enthalten sind. bei der<br />

Prüfung sollte immer zu diesen in Fremdeigentum<br />

stehenden Waren nachgefragt werden.<br />

5. Unfertige Erzeugnisse<br />

gerade die unfertigen erzeugnisse bieten einen<br />

erheblichen bewertungsspielraum. Hier stellt<br />

sich die Frage, ob auftragsbezogen oder für<br />

einen geplanten, noch nicht konkretisierten<br />

Verkauf produziert wird und ob die halbfertigen<br />

arbeiten dem aktuellen auftragsbestand<br />

oder dem normalen umsatz des unternehmens<br />

entsprechen.<br />

Werden teile des Warenlagers bei dritten bearbeitet<br />

bzw. veredelt, sog. schwimmende Ware,<br />

sind diese Waren zumindest zeitweise nicht im<br />

sicherungsraum. der anteil dieser Waren ist<br />

festzustellen und bei der bewertung zu berücksichtigen.<br />

kritisch zu hinterfragen ist, ob die<br />

unfertigen erzeugnisse im Fall einer Verwertungsmaßnahme<br />

überhaupt verkäuflich sind.<br />

6. Fertige Erzeugnisse/Handelswaren<br />

die Position, mit der im Verwertungsfall der<br />

größte erlös erzielt werden kann, bedarf einer<br />

genaueren betrachtung, die sich auf die Zusammensetzung<br />

der artikel bezieht:<br />

Lagern bei saisonwaren auch güter aus<br />

den Vorjahren?<br />

erfolgt eine vollständige Farb­ und größensortierung,<br />

z. b. bei textilien, schuhen etc.?<br />

Werden Waren für kunden mit eigenem<br />

Label gelagert (Verkaufshemmnis)?<br />

ist bei verderblichen Waren das Mindesthaltbarkeitsdatum<br />

überschritten, droht<br />

oder besteht schädlingsbefall und werden<br />

die Lagerbestimmungen, wie temperatur<br />

etc., eingehalten?<br />

Liegen bei Problemwaren (Chemikalien,<br />

Waffen, Munition, Pharmaprodukte) die<br />

erforderlichen genehmigungen für Lagerung<br />

und Verkauf vor und sind sicherheitsbestimmungen<br />

hinsichtlich der Lagerung<br />

eingehalten?<br />

befinden sich, v. a. bei schlecht erreichbarer<br />

Ware (lange kartonreihen, hohe Lagerregale),<br />

auch blindkartons? nicht der erste<br />

karton sondern der letzte ist interessant.<br />

sind Musterartikel, restpartien, reparaturstücke,<br />

Zweite­Wahl­artikel, retouren oder<br />

„Liebhaberstücke“ vorhanden?<br />

7. Werthaltigkeit der übereigneten<br />

Waren<br />

unmittelbar vor ort beim kunden muss eine<br />

grobe einschätzung der Werthaltigkeit des<br />

sicherungsguts getroffen werden. Handelt<br />

es sich um konsumgüter, die von jedermann<br />

gebraucht werden, ist die Werthaltigkeit deutlich<br />

höher einzuschätzen als bei speziellen artikeln,<br />

die nur von wenigen oder gar einzelnen<br />

nutzern benötigt werden. unfertige erzeugnisse<br />

sind meist unverkäuflich, gleiches gilt<br />

für artikel mit geringer stückzahl oder gar<br />

„lagertreue“ Waren. auch bei Waren mit Label<br />

eines Dritten ist die Werthaltigkeit fraglich,<br />

da zu einem Verkauf die Zustimmung<br />

dieses dritten benötigt wird bzw. der dritte<br />

als einziger abnehmer den Preis diktieren<br />

kann.<br />

V. Prüfungsbericht<br />

den abschluss einer jeden Warenlagerprüfung<br />

bildet der Prüfungsbericht, in dem alle erkenntnisse<br />

der beiden teilbereiche einer Prüfung<br />

abschließend schriftlich festgehalten werden.<br />

ein Prüfungsbericht sollte folgende angaben<br />

enthalten:<br />

datum der aktuellen und der letzten Prüfung.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Kritisch zu hinterfragen<br />

ist, ob die<br />

unfertigen Erzeugnisse<br />

im Fall einer<br />

Verwertungsmaßnahme<br />

überhaupt<br />

verkäuflich sind. «<br />

17


18<br />

beitrag<br />

» Bilder, die während<br />

der Prüfung<br />

beim Kunden mit<br />

dessen Einverständnis<br />

gemacht wurden,<br />

geben dem Adressat<br />

des Berichts einen<br />

Einblick in die vom<br />

Prüfer vorgefundenen<br />

Verhältnisse<br />

beim Kunden und<br />

dienen gleichzeitig<br />

Beweiszwecken. «<br />

PrAXISTIPPS<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

name und anschrift des kunden, name des<br />

Prüfers sowie der bei der Prüfung anwesenden<br />

Personen.<br />

auflistung der vom kunden erhaltenen<br />

unterlagen.<br />

datum, art, besondere Vereinbarungen des<br />

sicherungsvertrags sowie eine aussage zu<br />

dessen durchsetzbarkeit.<br />

Jahresabschluss (testierte bilanz, sicherungsübereignung<br />

aus bilanz ersichtlich<br />

etc.).<br />

Örtlichkeiten (Lageplan stimmt überein,<br />

eigentum oder gemietet, Vermieterpfandrecht,<br />

Mietrückstände, Zustand allgemein).<br />

Vergleichszahlen zur Höhe des Warenbestands<br />

zumindest der letzten drei Jahre.<br />

art und umfang der Versicherung, nachweis<br />

für die bezahlung der beiträge, Vorliegen<br />

des sicherungsscheins und aus reichende<br />

Höhe der Versicherungssumme.<br />

art und Zusammensetzung der übereigneten<br />

Waren (Preise, alter, Verwertbarkeit<br />

usw.)<br />

allgemeine und besondere beobachtungen<br />

und anmerkungen sowie Handlungsnotwendigkeiten.<br />

kein Zeitdruck bei einer Prüfung – jedes thema kann zielführend sein.<br />

erstellen sie vorher einen Fragenkatalog und arbeiten sie diesen gezielt ab.<br />

Fertigen sie einen Musterprüfungsvordruck an.<br />

eindeutige bewertungsaussage mit ausweis<br />

der getätigten abschläge.<br />

bilder, die während der Prüfung beim kunden<br />

mit dessen einverständnis gemacht wurden,<br />

geben dem adressat des berichts einen einblick<br />

in die vom Prüfer vorgefundenen Verhältnisse<br />

beim kunden und dienen gleichzeitig beweiszwecken.<br />

sinnvoll ist sicherlich die erstellung<br />

eines Musterprüfungsberichts, der durchgängig<br />

von allen mit der Prüfung betrauten Personen<br />

verwendet wird, um klare strukturen und<br />

eine kontinuität in der darstellung zu erreichen.<br />

diese Vorgehensweise erleichtert den Marktmitarbeitern<br />

die Auswertung der Prüfungsberichte<br />

für ihre bedürfnisse und den Prüfern die<br />

eigentliche Prüfung, da sie sich nicht jedes Mal<br />

neu auf einen bericht einstellen müssen.<br />

eine Warenlagerprüfung dient der internen<br />

Wertermittlung. die offenlegung des Prüfungsergebnisses<br />

ist nicht notwendig und in<br />

den wenigsten Fällen ratsam. darin enthaltene<br />

angaben, insbesondere zu den ergebnissen der<br />

internen Prüfung, sind nicht für den kunden<br />

bestimmt. £<br />

Legen sie hausinterne Vorgaben fest, wann und in welchen Zeitabständen eine Warenlagerprüfung zwingend durchzuführen<br />

ist.


Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

I. Einleitung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Organisation des Bauträgerkreditgeschäfts<br />

ablauf­ und aufbauorganisatorische rahmenbedingungen für das bauträgerkreditgeschäft<br />

am beispiel der sparkasse Hanau.<br />

w die Finanzierung von bauträgerprojekten<br />

wird aufgrund des gewerblichen Charakters<br />

der kundenbeziehung dem Firmenkundenkreditgeschäft<br />

zugerechnet. aus dieser klassischen<br />

Zuordnung heraus erfolgte die kundenbetreuung<br />

in der sparkasse Hanau durch die<br />

Firmenkundenbetreuer des s­ FirmenCenter.<br />

gleichzeitig wurde die bonitätsanalyse und<br />

die kreditsachbearbeitung für das bauträgergeschäft<br />

durch die abteilung Firmen­, gewerbe­<br />

und kommunalkunden innerhalb der Zentralen<br />

kreditabteilung durchgeführt. aber auch<br />

andere risikorelevante immobilienfi nanzierungen,<br />

z. b. das kreditgeschäft mit baugenossenschaften,<br />

wurde auf Marktfolgeseite durch die<br />

abteilung Firmen­, gewerbe­ und kommunalkunden<br />

bewertet und bearbeitet.<br />

die kundenbetreuung erfolgte, je nach kundenprofi<br />

l, durch den einzelnen kundenberater<br />

im s­FirmenCenter, dem s­Vermögensmangagement<br />

oder dem s­immobilienCenter. Mit der<br />

entscheidung der sparkasse im Jahr 2007, das<br />

kreditgeschäft mit professionellen immobilienkunden<br />

zu forcieren und weiter auszubauen,<br />

wurden verschiedene aufbauorganisatorische<br />

Veränderungen umgesetzt.<br />

Motivation war – neben dem Ausbau von<br />

Ertragspotenzialen, die das gewerbliche immobilienkreditgeschäft<br />

bietet – auch die frühzeitige<br />

anpassung an die anforderungen, die die städtebauliche<br />

entwicklung in der stadt Hanau erfordert.<br />

so ist u. a. im Juni 2008 das Vergabeverfahren<br />

„Wettbewerblicher dialog innenstadt Hanau“<br />

offi ziell im amtsblatt der europäischen union<br />

veröff entlicht worden. im rahmen des wettbewerblichen<br />

dialoges wird die stadt Hanau mit<br />

privatwirtschaftlichen Partnern die entwicklung<br />

des zentralen innerstädtischen bereichs entlang<br />

einer achse aus innerstädtischen Plätzen in der<br />

nächsten dekade städtebaulich entwickeln. aber<br />

auch andere positive standortfaktoren des oberzentrums<br />

Hanau, große freigewordene konversionsfl<br />

ächen der ehemaligen us­armee die einer<br />

städtebaulichen nutzung zugeführt werden<br />

sollen und die nähe zum rhein­Main­gebiet,<br />

lassen dynamische Veränderungen, einhergehend<br />

mit einer positiven entwicklung am lokalen<br />

immobilienmarkt, erwarten.<br />

um dieser entwicklung, aber auch den höheren<br />

ausfallpotenzialen von gewerblichen immobilienfi<br />

nanzierungen und bauträgern adäquat<br />

rechnung zu tragen, wurden neben den<br />

Firmen­ und gewerbekundenbetreuern des<br />

s­FirmenCenters spezialisierte kundenbetreuer<br />

mit der Pfl ege und dem ausbau der kundenbeziehungen<br />

mit den bestehenden immobilienkunden<br />

betraut. Weiterhin ist beabsichtigt,<br />

durch die ausrichtung auf das segment professionelle<br />

immobilienkunden neukundenbeziehungen<br />

aufzubauen.<br />

einhergehend mit der ausrichtung der Vertriebseinheit<br />

wurden Modifi kationen innerhalb<br />

der Zentralen kreditabteilung vorgenommen.<br />

neben der abteilung Firmen­ gewerbe­ und<br />

kommunalkunden wurde die abteilung<br />

gewerbliche immobilienfi nanzierungen, mit<br />

auf das immobiliengeschäft spezialisierten kreditanalysten<br />

und ­sachbearbeitern, aufgebaut.<br />

diese aufbauorganisatorischen anpassungen<br />

an die kreditprozesse wurden auch durch die<br />

empfehlungen des Modell k – Modellorganisation<br />

effi ziente und risikoorientierte kreditbearbeitung<br />

des deutschen sparkassen­ und giroverbands<br />

(dsgV) untermauert.<br />

II. Kundenbetreuung erfolgt<br />

durch spezialisierte Firmenkundenberater<br />

unter dem Geschäftsfeld „Gewerbliche<br />

Immobilienfi nanzierungen“ werden im<br />

Autor:<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

Alexander Thiel,<br />

Gruppenleiter Gewerbliche<br />

Immobilienfinanzierung,<br />

Sparkasse Hanau.<br />

» Modifikationen<br />

der standardisierten<br />

Kredit- und Sicherheitenverträgewerden<br />

nur in begründeten<br />

Ausnahmefällen<br />

und in enger Abstimmung<br />

mit der Rechtsabteilungvorgenommen.<br />

«<br />

19


eitrag<br />

» Um den Risiken<br />

aus dem Bauträgerkreditgeschäft<br />

adäquat zu begegnen,<br />

ist eine effiziente<br />

Aufbau- und Ablauforganisation<br />

sowie<br />

ein konsequentes<br />

Risikomanagement<br />

unerlässlich. «<br />

20<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

schwerpunkt komplexe immobilienkunden<br />

mit einem kreditvolumen von mind. 750.000 €<br />

zusammengefasst. als immobilienkunden<br />

werden private wie auch gewerbliche kreditnehmer<br />

klassifiziert, deren geschäftstätigkeit<br />

bzw. investitionsentscheidung im immobilienbereich<br />

liegt oder die relevanten Cash­flows zur<br />

bedienung des kapitaldiensts aus immobilieninvestitionen<br />

erwirtschaftet werden. Hierunter<br />

werden neben den klassischen privaten immobilieninvestoren,<br />

die als bestandshalter von<br />

Wohnimmobilien bzw. kleineren Portfolios auftreten,<br />

auch gewerblich tätige immobilieninvestoren<br />

wie z. b. grundstückshändler, bauträgerunternehmen,<br />

Projektentwickler sowie die<br />

regional tätigen baugenossenschaften zusammengefasst.<br />

als regionale sparkasse im rhein­<br />

Main­gebiet liegt der Fokus bei bauträgermaßnahmen<br />

bis zu einem Volumen von zehn Mio. €.<br />

insbesondere bei spezialimmobilien und je<br />

nach Fallkonstellation wird mit anderen sparkassen<br />

oder der Landesbank Hessen­thüringen<br />

im konsortialkreditgeschäft zusammengearbeitet.<br />

die kundenbetreuung der immobilienkunden<br />

erfolgt über das s­FirmenCenter mit<br />

separaten ansprechpartnern aus der Firmenkundenabteilung.<br />

durch die Zusammenführung<br />

der immobilienlastigen bestandskunden<br />

betreuen diese Firmenkundenberater ausschließlich<br />

großvolumige immobilienkunden.<br />

aufgrund der Spezialisierung im aufgabengebiet<br />

und der kenntnis über das von der sparkasse<br />

gewünschte risikoprofil, erfolgt auf der<br />

Vertriebsseite bereits eine erste, zügige Vorselektion<br />

von Finanzierungsanträgen. neben<br />

der betreuung des immobilienkunden in allen<br />

bankbetrieblichen Fragestellungen erstellt die<br />

kundenbetreuung eine schriftliche bonitätsbeurteilung<br />

Markt. die bonitätsbeurteilung Markt<br />

wird als anlage an die kreditvorlage den gremien<br />

der sparkasse vorgelegt. als grundlage<br />

für die kreditentscheidung wird die einschätzung<br />

des Projekterfolgs des bauvorhabens (z. b.<br />

über zu realisierende Verkaufs­ und/oder Mieterlöse)<br />

und die unternehmerbeurteilung vorgenommen.<br />

insbesondere im bauträgergeschäft<br />

ist die einschätzung der beruflichen erfahrung,<br />

der bauexpertise, der kaufmännischen Fähigkeiten<br />

und die integrität des bauunternehmers,<br />

aber auch eine gute Markt­ und ortskenntnis<br />

über den regionalen immobilienmarkt und das<br />

nachfrageverhalten der endkunden durch den<br />

Firmenkundenberater entscheidend.<br />

die kreditanträge werden mit den relevanten<br />

unterlagen zum bauvorhaben und zur bonität<br />

des kreditantragstellers an den spezialisierten<br />

bereich innerhalb der Zentralen kreditabteilung<br />

zur weiteren bearbeitung gegeben. die<br />

sparkasse Hanau hat für die bearbeitung von<br />

allen kreditanträgen Vorgaben für die durchlaufzeiten<br />

(service­Level­agreement) in der<br />

Marktfolge vereinbart. auch für die bearbeitung<br />

von komplexen immobilienfinanzierungen<br />

wurden service­Levels vereinbart, so dass<br />

auch in diesem geschäftsfeld die Firmenkundenberatung<br />

eine orientierungsgröße für die<br />

bearbeitungszeit – unter berücksichtigung<br />

der bearbeitungsfähigkeit des kreditantrags –<br />

mit dem kreditantragsteller besprechen kann.<br />

aufgrund der vereinbarten service­Level und<br />

der engen abstimmung zwischen Markt und<br />

Marktfolge ist es möglich, den kreditantragstellern<br />

– insbesondere im neukundengeschäft –<br />

ein schnelles Feedback zu ihrem Finanzierungsantrag<br />

zu geben.<br />

III. Spezialisierung setzt sich in<br />

der Markfolge fort<br />

die Aufgabenstellung der Marktfolge ist es,<br />

die eingereichen bonitäts­ und bauunterlagen<br />

nach den hausinternen standards für komplexe<br />

immobilienfinanzierungen auszuwerten. im<br />

Fall von bauträgerfinanzierungen wird ebenfalls<br />

eine standortbewertung und eine beurteilung<br />

des Vertriebskonzepts vorgenommen.<br />

die kreditentscheidung zur Finanzierung von<br />

großvolumigen immobilienprojekten oder bauvorhaben<br />

wird anhand immobilienspezifischer<br />

Parameter (z. b. dem Loan­to­Value oder der zu<br />

erzielenden nachhaltigen Jahresnettomiete)<br />

beeinflusst. im gegensatz zum klassischen<br />

Firmen kundenkredit sind somit grundsätzlich<br />

andere kennzahlen und entscheidungs größen<br />

relevant. um diesen anforderungen an das<br />

kredit geschäft gerecht zu werden, ist es für die<br />

Firmenkundenberater und die kreditanalysten<br />

wichtig, neben einer langjährigen erfahrung im<br />

gewerblichen kreditgeschäft auch über gute<br />

kenntnisse der kreditentscheidungsparameter<br />

für immobilieninvestitionen zu verfügen.<br />

die ermittelten ergebnisse und informationen<br />

werden anschließend durch den kreditanalysten<br />

im rahmen einer kreditentscheidungsvorlage<br />

für die jeweilige kompetenzebene


zusammengefasst und mit einer Handlungsempfehlung<br />

versehen. die kreditvorlage wird<br />

dann einer entscheidung durch die gremien<br />

der sparkasse zugeführt. da es sich bei diesen<br />

kreditentscheidungen regelmäßig um risikorelevantes<br />

kreditgeschäft handelt, sind stets die<br />

zustimmenden Voten von Markt und Marktfolge<br />

einzuholen.<br />

neben der bonitäts­ und bauvorhabensbeurteilung<br />

wird auch die Kreditsachbearbeitung<br />

durch das spezialistenteam in der Marktfolge<br />

vorgenommen. im kreditgeschäft mit bauträgern<br />

sind diverse besonderheiten bei der Vertragsgestaltung<br />

und der operativen abwicklung<br />

des kreditengagements zu beachten.<br />

insbesondere die Vorgaben der Makler­ und<br />

bauträgerverordnung (MabV) sind zu beachten,<br />

aber auch weitere gesetzliche regelungen<br />

wie das Forderungssicherungsgesetz<br />

oder das gesetz zur eindämmung von illegaler<br />

betätigung im baugewerbe (auch bekannt<br />

unter dem stichwort „bauabzugssteuer“) und<br />

interne, aus risikogesichtspunkten, einzuhaltende<br />

sachbearbeitungsstandards (z. b. das<br />

Zwei­konten­Modell).<br />

Hieraus resultieren besondere anforderungen<br />

an das Vertragswerk und die abwicklung<br />

der grundstücks­ und aufbaufinanzierung<br />

zwischen dem bauträger und der sparkasse.<br />

gemeinsam mit der rechtsabteilung und den<br />

empfehlungen des sparkassen­ und giroverbands<br />

wurde eine standardisierte kreditzusage<br />

formuliert. ebenfalls werden die Verlagsvordrucke<br />

des sparkassenverlags für die erstellung der<br />

kreditsicherheitenverträge genutzt. Modifikationen<br />

der standardisierten kredit­ und sicherheitenverträge<br />

werden nur in begründeten<br />

ausnahmefällen und in enger abstimmung<br />

mit der rechtsabteilung vorgenommen.<br />

IV. Organisatorische Zuständig ­<br />

keiten und Rahmenbedingungen<br />

sind klar zu regeln<br />

um den risiken aus dem bauträgerkreditgeschäft<br />

adäquat zu begegnen, ist eine effiziente<br />

aufbau­ und ablauforganisation sowie<br />

ein konsequentes risikomanagement unerlässlich.<br />

Aufbauorganisatorisch muss die Zuständigkeit<br />

der spezialistenteams im Markt und der<br />

Marktfolge klar geregelt werden. insbesondere<br />

im bauträgergeschäft wurden die Zuständigkeiten<br />

zwischen anderen Vertriebsbereichen<br />

mit bezug auf immobilienkredite (z. b. das<br />

s­immobilien­Center oder die gewerbekundenabteilung)<br />

klar abgegrenzt. unwägbarkeiten<br />

sind hier insbesondere bei sog. „verdeckten<br />

bauträgerfinanzierungen“ von kleinen bauunternehmen<br />

oder nicht hauptgewerblichen<br />

bauträgern zu sehen. als mögliche ausnahme<br />

werden mittelgroße immobilienfinanzierungen<br />

(z. b. die Finanzierung des kaufpreises für ein<br />

großes Mehrfamilienhaus zur kapitalanlage)<br />

vertriebsseitig in den Fachmärkten (s­immobilienCenter<br />

oder s­Vermögensmanagement)<br />

abgewickelt. die abwicklung der kreditsachbearbeitung<br />

und die bonitätsanalyse dieser<br />

kreditanträge erfolgt in abhängigkeit von der<br />

komplexität und des gesamtobligos in der<br />

Marktfolge durch die Mitarbeiter der abteilung<br />

Firmen­, gewerbe­ und kommunalkunden oder<br />

der gewerblichen immobilienfinanzierung.<br />

neben der bewertung des bauvorhabens aus<br />

Vertriebsperspektive unter den Prämissen<br />

Marktgängigkeit, endkundennachfrage, standort<br />

usw. wird ebenfalls eine beleihungswertermittlung<br />

des bauvorhabens im rahmen der<br />

kreditbesicherung vorgenommen. die bewertung<br />

des bauvorhabens wird anhand der internen<br />

regelungen unter berücksichtigung der<br />

Hessischen beleihungsgrundsätze (Hessbelgrd)<br />

vorgenommen. die beleihungs­ und Verkehrswertermittlung<br />

erfolgt durch vereidigte grundstücksschätzer<br />

der sparkasse. bei besonderen<br />

immobilien wird die Zentrale schätzstelle<br />

der sparkasse mit der bewertung beauftragt.<br />

da die Zentrale schätzstelle mit zertifizierten<br />

immobiliengutachtern besetzt ist, werden die<br />

anforderungen der belWertV 1 umgesetzt, so<br />

dass die erstellten beleihungswertermittlungen<br />

auch als grundlage für das Pfandbriefgeschäft<br />

eingesetzt werden können.<br />

Ablauforganisatorisch wurde speziell für das<br />

bauträgerkreditgeschäft eine separate arbeitsanweisung<br />

erstellt. Hier wurden die operative<br />

abwicklung der kreditengagements in der kreditsachbearbeitung,<br />

die Vertragsgestaltung der<br />

kredit­ und sicherheitenverträge und die Mindestinhalte<br />

der bauvorhabensbewertung und<br />

bonitätsbeurteilung festgelegt. abweichungen<br />

von der arbeitsanweisung sind in der kreditvorlage<br />

explizit zu nennen und separat durch den<br />

kompetenzträger zu bewilligen.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die wesentlichen<br />

Fehlentwicklungen<br />

sind im Vertriebsrisiko<br />

und dem<br />

Bau kostenrisiko<br />

zu sehen. «<br />

1 Verordnung über die ermittlung der beleihungswerte<br />

von grundstücken.<br />

21


22<br />

beitrag<br />

» Ein weiteres<br />

wichtiges Element<br />

ist das laufende<br />

Bau-Controlling. «<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Von der sparkassen rating und risikosysteme<br />

gmbH wurde das immobiliengeschäfts­rating<br />

als risikoklassifizierungsverfahren für immo ­<br />

bilienkunden entwickelt. in der sparkasse<br />

Hanau wird dieses ratingsystem für alle immobilienkunden<br />

eingesetzt. das risikoklassifizierungsverfahren<br />

kann aufgrund des modularen<br />

aufbaus für bauträger und für bestandshalter<br />

eingesetzt werden. die ratingnote wird als<br />

risikokennziffer zur klassifizierung des kreditengagements<br />

für die kreditrisikostrategie und<br />

das risikoreporting nach Marisk genutzt.<br />

V. Operatives Risikomanagement<br />

während der Bauphase<br />

das wesentliche ausfallrisiko einer bauträgermaßnahme<br />

liegt in der Fehlentwicklung innerhalb<br />

des bauvorhabens, da die rückzahlung<br />

des bauträgerkredits i. d. r. auf die zu erwartenden<br />

Verkaufserlöse aus dem bauvorhaben<br />

abgestellt wird. die wesentlichen Fehlentwicklungen<br />

sind im Vertriebsrisiko und dem baukostenrisiko<br />

zu sehen.<br />

das Vertriebsrisiko beinhaltet einen nicht ausreichenden<br />

oder nur zögerlichen abverkauf<br />

der zu erstellenden einheiten. Hierzu werden<br />

im Vorfeld individuelle Vorverkaufsstände von<br />

dem bauträger verlangt, ggf. modifiziert an die<br />

bereitstellung der grundstücksfinanzierung<br />

und die aufbaufinanzierung. um einen erfolgreichen<br />

und zügigen abverkauf sicherzustellen,<br />

ist das Vertriebskonzept eingehend zu prüfen<br />

und der bisherige track record zu beurteilen.<br />

Während der aufbauphase werden regelmäßig<br />

die Vertriebsstände abgefragt und mit dem Vertriebskonzept<br />

abgeglichen.<br />

um den risiken des Baukostenrisikos zu<br />

begegnen, werden bauzwischenfinanzierungen<br />

grundsätzlich nur im Zwei­konten­Modell<br />

und gegen strenge Mittelverwendungskontrolle<br />

zur Verfügung gestellt. ein weiteres wichtiges<br />

element ist das laufende bau­Controlling.<br />

Hierunter ist insbesondere die regelmäßige<br />

Überwachung anhand von bautenstandsberichten<br />

und der baukosten­soll­ist­abgleichen<br />

des bauleitenden architekten zu verstehen.<br />

ebenfalls wird die baustelle regelmäßig durch<br />

den Firmenkundenberater und in besonderen<br />

Fällen auch durch den kreditanalysten oder<br />

einen Mitarbeiter der Zentralen schätzstelle<br />

besichtigt, der den gemeldeten mit dem aktuellen<br />

bautenstand abgleicht.<br />

um die vorgenannten risiken komprimiert und<br />

standardisiert aufzubereiten wird in der kreditsachbearbeitung<br />

ein dv­gestütztes Bauträger-<br />

Tool gepflegt. in diesem bauträger­tool werden<br />

die protokollierten kaufverträge und von den<br />

endkunden gezahlten kaufpreisraten sowie<br />

die vom bauträger kommunizierten baukosten<br />

inkl. eines soll­ist­abgleichs gepflegt. so<br />

ist es dem kreditanalysten jederzeit möglich,<br />

sich ein aktuelles bild über den abverkauf der<br />

erzielten einheiten, die entwicklung der baukosten<br />

und das restrisiko bezogen auf noch zu<br />

verkaufende einheiten zu ermitteln.<br />

ein wichtiges element des risikomanagements<br />

für bauträgerfinanzierungen ist das<br />

regelmäßige reporting an den risikomanager<br />

und den gesamtvorstand der sparkasse.<br />

Hierzu werden in einem regelmäßigen turnus<br />

alle laufenden bauträgerfinanzierungen,<br />

gegliedert nach wohnwirtschaftlichen bauvorhaben,<br />

gewerblichen Projektentwicklungen<br />

und grundstücksentwicklungen durch<br />

die Marktfolge aufbereitet und in einer Watch-<br />

List zusammengefasst. neben der kurzdarstellung<br />

des Projekts, dem reporting der Verkaufsstände<br />

und der baukostenentwicklung sind<br />

redaktionelle kommentierungen der Marktfolge<br />

möglich. diese Watch­List wird durch<br />

den risikomanager gesichtet und in den kreditsitzungen<br />

des gesamtvorstands eingehend<br />

besprochen.<br />

gem. den Mindestanforderungen an das risikomanagement<br />

(Marisk) spiegelt sich das<br />

geschäftsfeld „gewerbliche immobilienfinanzierungen“<br />

in den Vorgaben der Kreditrisikostrategie<br />

wider. Über die Festlegung<br />

von max. einzelkreditgrößen unter berücksichtigung<br />

des adäquaten risikoklassifizierungsverfahrens<br />

wurden kreditrisikostrategiekonforme<br />

engagementobergrenzen festgelegt. Werden<br />

diese obergrenzen überschritten, wird der kreditnehmer<br />

im vierteljährlichen kreditrisikobericht<br />

separat an den gesamtvorstand und den<br />

kreditausschuss reportet. Weiterhin wurden<br />

immobilienspezifische Finanzierungskennzahlen<br />

(u. a. Loan­to­Value) sowie vertretbare<br />

bandbreiten im gewerblichen immobilienkreditgeschäft<br />

in die kreditrisikostrategie aufgenommen.<br />

£


Abbildung 1: reporting Bauträger/Spezialimmobilien<br />

Bauträger<br />

Mustermann Bauträger<br />

GmbH & Co. KG<br />

Beispiel Baubetreuung<br />

GmbH<br />

ABC Projektentwickler<br />

e. K.<br />

Erstellt:<br />

Geprüft:<br />

Projektkonto-Nr.<br />

PrAXISTIPPS<br />

Veränderungen gegenüber dem letzten Report<br />

Stand: 20. 11.2<strong>01</strong>0<br />

Projektart<br />

Bauvorhaben<br />

12345 wohnwirt. MFH<br />

Beispielstraße<br />

63450 Hanau<br />

7891<strong>01</strong>1 GuB Umlegung,Erschließ-<br />

-ung,Baugrundstücke<br />

Max Maus Str., 63450<br />

Hanau<br />

60708090 gewerbl. Fachmarktzentrum<br />

Einkaufsplatz, 63450<br />

Hanau<br />

Datum/ Unterschrift<br />

Datum/ Unterschrift<br />

Stand:06.12.2<strong>01</strong>0 /14:32<br />

Kreditlinie<br />

T€<br />

Inanspruchnahme<br />

T€<br />

Einheiten<br />

verkaufte<br />

Einheiten<br />

Vorverkaufsauflage<br />

Geplanter m²-<br />

Preis €<br />

Reporting Bauträger/ Spezialimmobilien<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

kreditinstitute sollten eine klare entscheidung für oder gegen das bauträgerkreditgeschäft treffen. die notwendigen<br />

operativen wie strategischen anpassungen in den geschäftsprozessen sollten dann zügig umgesetzt werden.<br />

nur in immobilienmärkten und in größenklassen kredite vergeben, die durch die Mitarbeiter des kreditinstituts gut eingeschätzt<br />

und operativ abgewickelt werden können.<br />

komplexe gewerbliche immobilienfinanzierungen und insbesondere das bauträgerkreditgeschäft sollten ausschließlich<br />

durch die spezialisierten expertenteams im Markt und der Marktfolge bearbeitet werden.<br />

erzielter m²-Preis<br />

€<br />

Baukostensteigerung<br />

Bautenstand<br />

Beschluss per<br />

(Befristung bis)<br />

2.976 2.780 6 5 2 WE 3.370 3.389 nein 65% 30.10.2007 Die Objekte sind vor der Fertigstellung. Momentan werden die<br />

(30.12.2<strong>01</strong>0) Außenanlagen hergerichtet. Bei der noch zu verkaufenden Wohnung<br />

handelt es sich um die EG-Wohnung B2.<br />

684 684* 2.867<br />

m²<br />

979<br />

m²<br />

900 425 1 1 entfällt 1.300<br />

TEUR<br />

Kenntnisnahme:<br />

Sonstiges<br />

entfällt 394 466 entfällt entfällt 27.06.2007 * davon TEUR 95 als Bürgschaft für Grundstückskaufvertrag<br />

(30.06.2<strong>01</strong>1)<br />

1.300 nein 60% 29.06.2<strong>01</strong>0<br />

TEUR<br />

(30.09.2<strong>01</strong>1)<br />

Gesamtvorstand<br />

23


24<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Bankentgelte: Massemehrung<br />

durch die Hintertüre?<br />

risiko für banken durch rückforderung von unzulässigen und/oder überhöhten<br />

bankentgelten durch den insolvenzverwalter.<br />

Autoren:<br />

Dr. Christoph Bode,<br />

Rechtsanwalt, Bankrecht sowie<br />

Sanierungs­ und Insolvenzberatung,<br />

Treuhand Oldenburg GmbH.<br />

» Unzulässig ist es,<br />

wenn die Banken<br />

Entgelte für Tätigkeiten<br />

berechnen,<br />

welche keine Dienstleistung<br />

für den<br />

Kunden sind oder<br />

in Erfüllung vertraglich<br />

geschuldeter<br />

Nebenleistungen<br />

oder gesetzlicher<br />

Verpflichtungen<br />

erbracht werden. «<br />

1 bgH, Xi Zr 236/07 und iX Zr 37/09; dargestellt in<br />

beck­online Fd­insr 2<strong>01</strong>0, 306119.<br />

2 Vgl. dazu Sämisch/Adam, Zinso 2<strong>01</strong>0 s. 934­939.<br />

3 Vgl. Nobbe, WM 2008 s. 185­194.<br />

4 Vgl. Nobbe, WM 2008 s. 186.<br />

5 Vgl. Nobbe, WM 2008 s. 187.<br />

6 Vgl. bgH, urt. v. 18.05.1999 – Xi Zr 219/98 – in:<br />

ZiP 1999 s. 1.090­1.093; zu recht kritisiert von<br />

Bitter, ZiP 2008 s. 2.155, 2.156.<br />

7 siehe dazu Krüger, nZi 2<strong>01</strong>0 s. 1, 2.<br />

I. Einleitung<br />

w nachdem der bgH mit seinen entscheidungen<br />

vom 20.07.2<strong>01</strong>0 1 die Möglichkeiten<br />

der insolvenzverwalter, eine Massemehrung<br />

durch den Widerruf von Lastschriftbelastungsbuchungen<br />

zu erreichen, deutlich eingeschränkt<br />

hat, ist zu erwarten, dass sich die insolvenzverwalter<br />

verstärkt anderen ansatzpunkten<br />

für eine anreicherung der insolvenzmasse<br />

zuwenden. dabei stehen banken als regelmäßig<br />

an insolvenzverfahren beteiligte und als<br />

zahlungskräftige anspruchsgegner naturgemäß<br />

im Mittelpunkt der betrachtung – zumal<br />

der Massemehrungsbeitrag der Finanzverwaltung<br />

in absehbarer Zeit durch die Wiedereinführung<br />

des Fiskusprivilegs entfallen könnte 2 .<br />

II. AGB­rechtliche Zulässigkeit<br />

oder Unzulässigkeit von Bankentgelten<br />

Zur Zulässigkeit oder unzulässigkeit von bankentgelten<br />

liegt inzwischen eine Vielzahl von<br />

– auch höchstrichterlichen – entscheidungen<br />

vor 3 . diese entscheidungen befassen sich<br />

– soweit ersichtlich – ausschließlich mit bankentgelten,<br />

denen als Allgemeine Geschäftsbedingungen<br />

eingestufte regelungen<br />

zugrunde lagen und deren Zulässigkeit oder<br />

unzulässigkeit dementsprechend unter agbrechtlichen<br />

gesichtspunkten bewertet wurde.<br />

dabei hat sich folgendes Prüfungsschema<br />

herausgebildet: Zunächst wird untersucht, ob<br />

die jeweilige Entgeltregelung überhaupt der<br />

AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegt.<br />

dies ist nach dem Wortlaut des gesetzes (§ 307<br />

abs. 3 s. 1 bgb) nur dann der Fall, sofern es um<br />

bestimmungen geht, „durch die von rechtsvorschriften<br />

abweichende oder diese ergänzende<br />

regelungen vereinbart werden“. der<br />

bgH weitet den anwendungsbereich der agbrechtlichen<br />

inhaltskontrolle allerdings dadurch<br />

erheblich aus, dass er unter rechtsvorschriften<br />

i. s. d. § 307 abs. 3 s. 1 bgb auch ungeschriebene,<br />

allgemein anerkannte rechtsgrundsätze,<br />

richterrecht und bei gesetzlich nicht geregelten<br />

Verträgen rechte und Pfl ichten, die sich<br />

durch ergänzende auslegung aus der natur<br />

des schuldverhältnisses ergeben, versteht 4 .<br />

ist die jeweilige regelung danach der agbrechtlichen<br />

inhaltskontrolle unterworfen, so<br />

hebt der bundesgerichtshof u. a. hervor, dass<br />

es unzulässig ist, wenn die banken Entgelte<br />

für Tätigkeiten berechnen, welche keine<br />

Dienstleistung für den Kunden sind oder<br />

in erfüllung vertraglich geschuldeter nebenleistungen<br />

oder gesetzlicher Verpfl ichtungen<br />

erbracht werden 5 . insbesondere in anwendung<br />

der zuletzt genannten Fallgruppe (erfüllung<br />

einer gesetzlichen Verpfl ichtung) hat der bgH<br />

entscheidungen zu Lasten der banken getroffen,<br />

welche schwer nachvollziehbar sind, da sie<br />

den einzelnen kunden der Verantwortlichkeit<br />

für ausschließlich in seine sphäre fallende und<br />

von ihm verursachte ereignisse entheben und<br />

die dadurch entstehenden kosten der gemeinschaft<br />

der bankkunden auferlegen. als beispiel<br />

ist hier zu nennen das vom bgH ausgesprochene<br />

Verbot, die kosten für die bearbeitung<br />

und Überwachung einer kontopfändung dem<br />

kontoinhaber zu belasten 6 .<br />

ungeachtet der Voraussetzungen des § 307<br />

abs. 3 s. 1 bgb ist eine transparenzkontrolle<br />

gem. § 307 abs. 1 s. 2 bgb und eine billigkeitsprüfung<br />

des § 315 abs. 3 bgb möglich. diese<br />

Vorschriften haben in der Praxis bislang jedoch<br />

keine nennenswerte bedeutung erlangt 7 .<br />

III. Sittenwidrigkeit von<br />

Bankentgelten<br />

soweit die abg­rechtliche inhaltskontrolle von<br />

regelungen zur erhebung von bankentgelten<br />

greift, kommt einer Sittenwidrigkeit der rege­


lung gem. § 138 bgb keine bedeutung zu, da<br />

der AGB-rechtliche Prüfungsmaßstab des<br />

§ 307 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 2 BGB strenger<br />

ist 8 . eine entgeltregelung außerhalb dieses<br />

kontrollbereichs muss sich hingegen an der sittenwidrigkeitsgrenze<br />

des § 138 bgb messen<br />

lassen.<br />

sittenwidrig und damit nichtig ist eine der<br />

berechnung von bankentgelten zugrunde liegende<br />

regelung dann, wenn zwischen Leistung<br />

der bank und gegenleistung (Höhe des<br />

entgelts) objektiv ein auffälliges Missverhältnis<br />

besteht und ein weiteres Moment hinzutritt,<br />

welches die regelung als sittenwidrig<br />

erscheinen lässt 9 . dies kann eine verwerfliche<br />

gesinnung oder das bewusste ausnutzen<br />

einer schwächeren Lage des Vertragspartners<br />

(kunden) sein 10 . insoweit reicht es aus, dass<br />

sich der sittenwidrig Handelnde leichtfertig<br />

der erkenntnis verschließt, dass der Vertragspartner<br />

sich nur wegen seiner schwächeren<br />

Lage auf die für ihn ungünstige Vereinbarung<br />

einlässt 11 .<br />

ein insolvenzverwalter, welcher eine Massemehrung<br />

durch die rückforderung eines vom<br />

(späteren) insolvenzschuldner gezahlten bankentgelts<br />

anstrebt, muss demnach folgende<br />

Überlegungen anstellen: Zunächst gilt es, das<br />

berechnete bankentgelt im Verhältnis zu der<br />

dafür von der bank erbrachten Leistung zu<br />

bewerten. sofern das von der bank berechnete<br />

entgelt nicht in einem angemessenen Verhältnis<br />

zur Leistung der bank steht, ist zu prüfen,<br />

ob der insolvenzverwalter weitere umstände<br />

darlegen kann, die auf eine sittenwidrige Vereinbarung<br />

schließen lassen. diesbezüglich<br />

dürfte der insolvenzverwalter im regelfall auf<br />

die – auch für die handelnden bankmitarbeiter<br />

erkennbare – schwächere Verhandlungsposition<br />

des (späteren) Insolvenzschuldners<br />

abstellen. denn regelmäßig befindet<br />

sich der (spätere) insolvenzschuldner schon<br />

eine geraume Zeit vor der insolvenzantragstellung<br />

in einer wirtschaftlich schwierigen<br />

Lage und ist auf das Wohlwollen seiner finanzierenden<br />

banken angewiesen. in dieser situation<br />

ist es ihm insbesondere unmöglich, den<br />

Forderungen der bank dadurch entgegenzutreten,<br />

dass er ein anderes kreditinstitut einbindet<br />

oder sich gegen ein überhöhtes bankentgelt<br />

rechtlich zur Wehr setzt. Für eine rechtliche<br />

auseinandersetzung mit der bank fehlen dem<br />

kunden in einer solchen Lage häufig die erforderlichen<br />

finanziellen Mittel. und der kunde<br />

muss damit rechnen, dass die bank im Fall eines<br />

rechtsstreits eine Möglichkeit suchen wird, ihr<br />

kredit engagement zu beenden. dabei hat der<br />

kunde zu berücksichtigen, dass die bank einen<br />

bis auf weiteres eingeräumten kontokorrentkredit<br />

jederzeit (mit angemessener Frist) ohne<br />

einen besonderen kündigungsgrund kündigen<br />

kann 12 .<br />

solchen darlegungen des insolvenzverwalters<br />

wird sich ein über den rückforderungsanspruch<br />

des insolvenzverwalters entscheidendes<br />

gericht insbesondere dann nicht<br />

verschließen können, wenn sich der (spätere)<br />

insolvenzschuldner im Zeitpunkt der berechnung<br />

des überhöhten bankentgelts bereits<br />

in der Betreuung durch die Sanierungsabteilung<br />

der bank befand. denn dies ist ein<br />

untrügliches Zeichen dafür, dass zum einen der<br />

kunde sich in einer wirtschaftlich schwierigen<br />

Lage und damit in einer gegenüber der bank<br />

schwachen Position befand und zum anderen<br />

die handelnden bankmitarbeiter dies wussten<br />

bzw. erkennen konnten. Zudem wird der Insolvenzschuldner<br />

nach einleitung des insolvenzverfahrens<br />

häufig gewillt sein, vor gericht als<br />

Zeuge seine abhängigkeit vom Wohlwollen<br />

der kreditinstitute zu bestätigen.<br />

als Zwischenergebnis festzuhalten ist somit,<br />

dass bei einem objektiv auffälligen Missverhältnis<br />

zwischen der Höhe des bankentgelts und<br />

der von der bank im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens<br />

erbrachten Leistung regelmäßig<br />

von einem sittenwidrigen Verhalten der bank<br />

auszugehen ist.<br />

IV. Einzelfälle<br />

sofern das bankentgelt, dessen rückforderung<br />

der insolvenzverwalter beabsichtigt, auf<br />

einer als allgemeine geschäftsbedingung einzustufenden<br />

regelung beruht, kann der insolvenzverwalter<br />

die berechtigung der bank zur<br />

berechnung dieses entgelts unter agb­rechtlichen<br />

gesichtspunkten (gerichtlich) überprüfen<br />

lassen. in der Praxis wird dem allerdings<br />

eine untergeordnete bedeutung zukommen,<br />

da es sich insoweit regelmäßig um relativ<br />

geringe Beträge handelt und der aufwand<br />

für den insolvenzverwalter nicht in einem sinn­<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die Betreuung in<br />

der Sanierungsabteilung<br />

ist ein untrügliches<br />

Zeichen dafür,<br />

dass der Kunde sich<br />

in einer wirtschaftlich<br />

schwierigen<br />

Lage und damit in<br />

einer gegenüber der<br />

Bank schwachen<br />

Position befand. «<br />

8 Ermann/Palm, bgb, 12. aufl., § 138, rz. 8 m. w. n.<br />

9 Palandt/Ellenberger, bgb, 68. aufl., § 138, rz. 34<br />

m. w. n.<br />

10 Ermann/Palm, bgb, 12. aufl., § 138, rz. 39 m. w. n.<br />

11 Vgl. bgH, urt. v. 25.10.1979 – ii Zr 182/77 – in:<br />

nJW 1980 s. 445, 446.<br />

12 Vgl. nr. 19 abs. 2 agb­banken und nr. 26 abs. 1<br />

agb­sparkassen.<br />

25


26<br />

beitrag<br />

» Es ist in jedem<br />

Einzelfall zu prüfen,<br />

ob das Poolführerentgelt<br />

in einem angemessenen<br />

Verhältnis<br />

zum Aufwand des<br />

Poolführers steht. «<br />

13 Vgl. zu diesem bereich die ausführungen von<br />

Krüger, nZi 2<strong>01</strong>0 s. 1­6.<br />

14 dies ergibt sich insbesondere aus den basel iianforderungen;<br />

siehe dazu Ehlers, Zinso 2006<br />

s. 510­515.<br />

15 Vgl. Palandt/Ellenberger, bgb, 68. aufl., § 138,<br />

rz. 27 m. w. n.<br />

16 Vgl. Münchkomm/ernst, bgb, 5. aufl., § 286,<br />

rz. 75; Palandt/grüneberg, bgb, 68. aufl., § 288,<br />

rz. 8.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

vollen Verhältnis zur möglicherweise zu erlangenden<br />

Massemehrung steht. Lediglich dann,<br />

wenn eine Vielzahl gleich gelagerter Vorfälle zu<br />

verzeichnen ist und die bank jedes Mal ein entgelt<br />

berechnet hat, kann sich ein weiteres Vorgehen<br />

für den insolvenzverwalter lohnen 13 .<br />

Von praktischer relevanz sind demnach eher<br />

Bankentgelte, die außerhalb des AGB-rechtlichen<br />

Bereichs erhoben werden und somit<br />

einer sittenwidrigkeitsprüfung gem. § 138 bgb<br />

zu unterziehen sind. diese entgelte können im<br />

einzelfall eine ganz erhebliche größenordnung<br />

erreichen. im nachfolgenden sollen einige<br />

dieser entgelte dargestellt werden.<br />

1. Zinsen und Avalprovisionen<br />

Wenn ein kunde in eine wirtschaftlich schwierige<br />

situation gerät, nehmen dies die banken<br />

mitunter zum anlass, die Kreditkonditionen<br />

für den Kunden zu verschlechtern, namentlich<br />

die Sätze für Zinsen und Avalprovisionen<br />

zu erhöhen. das geschieht zwar auch in<br />

der gewissheit, dass der kunde in der konkreten<br />

situation keine andere Möglichkeit hat, als<br />

die Verschlechterung der konditionen hinzunehmen.<br />

im Vordergrund wird jedoch regelmäßig<br />

das gestiegene Ausfallrisiko stehen,<br />

welches bei der bemessung der dem kunden<br />

eingeräumten konditionen berücksichtigung<br />

finden darf und muss 14 . die bank ist demnach<br />

grundsätzlich dazu berechtigt, die sätze<br />

für Zinsen und avalprovisionen anzuheben,<br />

sofern sich der kunde in einer wirtschaftlich<br />

schwierigen situation befindet. Lediglich wenn<br />

die Grenze zum Wucher überschritten ist, ist<br />

eine konditionenverschlechterung als sittenwidrig<br />

zu qualifizieren. ein wucherischer Zinssatz<br />

liegt (erst dann) vor, wenn der Vertragszinssatz<br />

den marktüblichen effektivzinssatz<br />

relativ um 100% überschreitet oder absolut<br />

um zwölf Prozentpunkte übersteigt 15 . in aller<br />

regel werden sich die erhöhungen der sätze<br />

für Zinsen und avalprovisionen demnach<br />

unterhalb der sittenwidrigkeitsgrenze bewegen,<br />

sodass der insolvenzverwalter daraus<br />

keine rückforderungsansprüche herleiten<br />

kann.<br />

anders liegt ein im bereich der Verzugszinsberechnung<br />

zu beobachtendes Phänomen:<br />

da es sich bei den darlehensforderungen der<br />

banken nicht um sog. entgeltforderungen<br />

gem. § 288 abs. 2 bgb handelt 16 , kann lediglich<br />

ein Verzugszinssatz i. H. v. fünf Prozentpunkten<br />

über dem basiszinssatz geltend gemacht<br />

werden, nicht jedoch i. H. v. acht Prozentpunkten<br />

über dem basiszinssatz. Wenn banken<br />

gleichwohl einen Verzugszinssatz i. H. V. acht<br />

Prozentpunkten über den basiszinssatz berechnen,<br />

so ist dies nicht nur sittenwidrig, sondern<br />

schlicht rechtswidrig. Für den insolvenzverwalter<br />

hat dies in zweifacher Weise bedeutung:<br />

Zunächst geht es um die rückforderung der<br />

zuviel berechneten Zinsen selbst. Zudem ist<br />

zu beachten, dass der überhöhte Verzugszinssatz<br />

bei einer sicherheitenverwertung auswirkungen<br />

auf die Höhe des Forderungsausfalls<br />

und damit auf die Höhe einer Quotenzahlung<br />

hat.<br />

2. Poolführerentgelt<br />

Häufig finden sich die finanzierenden banken in<br />

der krise ihres kreditnehmers zu einem sicherheitenpool<br />

zusammen. in diesem Zusammenhang<br />

wird mit dem kreditnehmer regelmäßig<br />

eine Vereinbarung getroffen, wonach an den<br />

Poolführer eine (höhere) einmalzahlung und<br />

weitere kontinuierlich zu erbringende Zahlungen<br />

zu leisten sind. dieses Poolführerentgelt<br />

wird nicht selten prozentual in Höhe der<br />

summe der Poolkredite bemessen. diese Verfahrensweise<br />

birgt das risiko, dass die Höhe des<br />

Poolführerentgelts von der tatsächlichen Leistung<br />

des Poolführers abgekoppelt wird.<br />

selbstverständlich entsteht dem Poolführer<br />

durch die Formulierung des Poolvertrags<br />

und die spätere koordination innerhalb des<br />

sicherheitenpools einschließlich der Weitergabe<br />

von informationen und unterlagen des<br />

kreditnehmers sowie aufgrund der sicherheitenprüfung<br />

ein arbeits­ und kostenaufwand,<br />

der die berechnung eines Poolführerentgelts<br />

rechtfertigt. es ist jedoch in jedem einzelfall zu<br />

prüfen, ob das Poolführerentgelt in einem<br />

angemessenen Verhältnis zum Aufwand<br />

des Poolführers steht. besonders kritisch ist<br />

die Höhe des Poolführerentgelts zu würdigen,<br />

wenn die summe der Poolkredite sehr hoch<br />

ist und das Poolführerentgelt auf dieser basis<br />

prozentual bemessen wird sowie wenn der<br />

Pool wenige Poolpartner umfasst, wenn keine<br />

variablen sicherheiten verwaltet werden und/<br />

oder wenn die Sicherheitenprüfung gesondert<br />

bepreist wird.


3. Sonstige (Bearbeitungs­) Entgelte<br />

durchaus erfinderisch sind die banken, wenn<br />

es darum geht, in der wirtschaftlichen krise des<br />

kunden weitere entgelte zu vereinnahmen. das<br />

können z. b. entgelte für die bearbeitung von<br />

kredit(erhöhungs)anträgen, konsortialkreditverträgen,<br />

anträgen auf gewährung von Landesbürgschaften,<br />

kreditverlängerungen und<br />

umschuldungen sein. Häufig werden diese entgelte<br />

mit englischen bezeichnungen verbrämt<br />

(restructuring fee, arrangement fee oder –<br />

bei konsortialkreditverträgen – schlicht participation<br />

fee).<br />

nun ist es sicher nicht von der Hand zu weisen,<br />

dass die betreuung eines in wirtschaftliche<br />

schieflage geratenen kunden einen erhöhten<br />

bearbeitungsaufwand für die bank nach sich<br />

zieht, der auch zur berechnung von entsprechenden<br />

bearbeitungsentgelten berechtigt.<br />

Wie beim Poolführerentgelt ist jedoch stets die<br />

Angemessenheit des Entgelts zu beachten.<br />

diese angemessenheit fehlt jedenfalls dann,<br />

wenn – wie in einem dem Verfasser bekannt<br />

gewordenen Fall – für die simple Verlängerung<br />

eines kontokorrentkredits bei unveränderter<br />

sicherheitenlage von jeder der fünf beteiligten<br />

Poolbanken ein entgelt von 15 t€ in rechnung<br />

gestellt und dem jeweiligen bankkonto<br />

des kunden belastet wird.<br />

V. Rechtsfolgen<br />

sofern banken – in rechtswidriger bzw. sittenwidriger<br />

Weise – nicht angemessene entgelte<br />

berechnet und vom (späteren) insolvenzschuldner<br />

erhalten haben, kann der<br />

Insolvenzverwalter diese Entgelte zum<br />

Zweck der Massemehrung zurückfordern.<br />

PrAXISTIPPS<br />

anspruchsgrundlage ist insoweit § 812 abs. 1<br />

s. 1 1. alt. bgb. in betracht kommt zudem eine<br />

schadensersatzpflicht wegen der Verletzung<br />

der den banken aus dem kreditverhältnis mit<br />

dem (späteren) insolvenzschuldner erwachsenden<br />

Pflichten (§ 280 bgb).<br />

dabei hat der insolvenzverwalter zu beachten,<br />

dass der rückforderungsanspruch der dreijährigen<br />

Verjährungsfrist des § 195 bgb unterliegt.<br />

diese Verjährungsfrist beginnt gem. § 199<br />

abs. 1 bgb mit ablauf des Jahres, in welchem das<br />

zurückzufordernde bankentgelt vereinnahmt<br />

wurde. allerdings wird sich im einzelfall durchaus<br />

darüber diskutieren lassen, ob der (spätere)<br />

insolvenzschuldner in anbetracht seiner schwachen<br />

Position gegenüber den banken überhaupt<br />

in der Lage war, den rückforderungsanspruch<br />

geltend zu machen, sodass die Verjährungsfrist<br />

im ergebnis unter einbeziehung der Wertungen<br />

des § 242 bgb bis zur eröffnung des insolvenzverfahrens<br />

gehemmt war.<br />

angesichts des unmittelbaren schuldrechtlichen<br />

anspruchs auf rückforderung einer überhöhten<br />

bankentgelts sind die insolvenzspezifischen<br />

Möglichkeiten des insolvenzverwalters<br />

zu vernachlässigen. dies gilt insbesondere<br />

hinsichtlich einer insolvenzanfechtung gem.<br />

§ 131 inso. sofern das vereinnahmte bankentgelt<br />

nicht unangemessen war und somit<br />

eine kongruente Deckung vorliegt, kann<br />

jedoch eine Anfechtung gem. § 130 InsO<br />

in betracht kommen. in diesem Zusammenhang<br />

ist schließlich darauf hinzuweisen, dass<br />

bank entgelte, die von der bank dem kontokorrentkonto<br />

des (späteren) insolvenzschuldners<br />

belastet wurden, einer anfechtung der Verrechnung<br />

von Zahlungseingängen nicht als<br />

zu berücksichtigende sollverfügungen entgegengehalten<br />

werden können 17 . £<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Nicht angemessene<br />

Bankentgelte<br />

kann der Insolvenzverwalter<br />

zum Zweck<br />

der Massemehrung<br />

wegen ungerechtfertigterBereicherung<br />

oder Verletzung<br />

der (kredit)vertraglichen<br />

Pflichten<br />

zurückfordern. «<br />

17 Vgl. bgH, urt. v. 17.06.2004 – iX Zr 124/03 – in:<br />

Zinso 2004 s. 856, 857.<br />

bei Vereinnahmung überhöhter bankentgelte steht dem insolvenzverwalter ein entsprechender rückzahlungsanspruch<br />

zu. darauf muss sich die bank einstellen. insbesondere sollte sie die berechnung pauschaler entgelte, die sich prozentual<br />

an der kredithöhe orientieren, vermeiden.<br />

sinnvoll ist es, bei erheblichen bearbeitungsentgelten den bearbeitungsaufwand kurz schriftlich zu dokumentieren.<br />

dies sollte möglichst in einem schreiben an den kunden geschehen, in welchem die berechnung des bearbeitungsentgelts<br />

thematisiert wird. dieses schreiben sollte vom kunden unterzeichnet und an die bank zurückgesandt werden.<br />

27


28<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Rechtsfragen bei der Auswahl von<br />

Sanierungsgutachtern<br />

Autor:<br />

Dr. Eckhard M. Theewen,<br />

Rechtsanwalt und Fachanwalt für<br />

Bank­ und Kapitalmarktrecht,<br />

Lehrbeauftragter der Hagen Law School<br />

und der FernUniversität in Hagen,<br />

DR. THEEWEN BANKRECHTSPRAXIS,<br />

Düsseldorf.<br />

Zivilrechtliche Haftung der Hausbank bei der empfehlung eines konkreten beraters?<br />

» Die überwiegende<br />

Wahrscheinlichkeit<br />

der Fortführung<br />

muss anhand einer<br />

qualifizierten Fortführungsprognose<br />

nebst Planverprobung<br />

dargelegt werden. «<br />

1 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

rdn. 50 ff .<br />

2 § 18 inso.<br />

3 Was im vom Lg göttingen, beschl. v. 03.11.2008<br />

­ 10 t 119/08 ­ zu beurteilenden sachverhalt der<br />

Fall war; ZiP 2009 s. 382.<br />

4 bgH, urt. v. 24.05.2005 ­ iX Zr 123/04, WM 2005<br />

s. 1.468.<br />

5 Theewen FP 2009 s. 27 ff .<br />

6 oLg München, gmbHr 1998 s. 281; oLg<br />

schleswig, gmbHr 1998 s. 536, dazu eWir1998<br />

s. 271 (v. gerkan); Bork, ZiP 2000 s.1.709;<br />

Uhlenbruck, inso, 12. aufl . § 19 rz. 27; Theewen,<br />

bank­ und kapitalmarktrecht, § 4 rdn. 12 ff .<br />

I. Einleitung<br />

w die belastung der deutschen kreditwirtschaft<br />

durch den nachhaltigen konjunkturellen<br />

abschwung der Volkswirtschaft, der sich in den<br />

Jahren 2006 bis 2008 scheinbar nur vorübergehend<br />

entspannt hatte, zieht nach einer<br />

studie der Creditreform weiter an. Waren die<br />

unternehmensinsolvenzen in 2007 und 2008<br />

unter die 30.000­Marke gesunken, ermittelte<br />

Creditreform für 2009 wieder rd. 34.900 und<br />

prognostiziert für 2<strong>01</strong>0 rd. 40.000 Firmeninsolvenzen,<br />

so dass Mittelstand und kreditwirtschaft<br />

weiter unter druck sind.<br />

Für das sanierungsgeschäft bedeutet dies<br />

dauer hafte Herausforderungen an die banken<br />

und sparkassen einerseits und die übrigen an<br />

sanierungsstrategien beteiligten. Fehler in der<br />

bankseitigen unternehmenssanierung können<br />

zu wirtschaftlich schweren schäden für die<br />

begleitenden kreditinstitute führen 1 .<br />

im Zuge der einleitung von rettungsmaßnahmen<br />

kommt der Mandatierung von sanierungsgutachtern<br />

eine zentrale bedeutung zu.<br />

angesichts häufi g nicht verfügbarer „Pools“<br />

qualifi zierter Spezialisten stellt sich den kreditinstituten<br />

die Frage, wie sie sich bei der auswahl<br />

des geeignet erscheinenden sanierungsgutachters<br />

verhalten sollen.<br />

II. Unternehmenskrise und<br />

Rettungsmaßnahmen<br />

erfolgt der anstoß zur restrukturierung eines<br />

in die krise geratenen unternehmens nicht<br />

frühzeitig, sind spätester anknüpfungspunkt<br />

einer unternehmenssanierung zwei Insolvenzgründe,<br />

nämlich Zahlungsunfähigkeit<br />

(§ 17 inso) und Überschuldung (§ 19 inso).<br />

soweit keine drohende 2 oder bereits eingetretene<br />

Zahlungsunfähigkeit vorliegen oder<br />

diese zwischenzeitlich ausgeräumt ist 3 , bleibt<br />

noch die untersuchung des tatbestands der<br />

Überschuldung.<br />

1. Positive Fortführungsprognose<br />

Zahlungsunfähigkeit ist gegeben, wenn die<br />

Liquiditätslücke des kriseunternehmens zehn<br />

Prozent der fälligen gesamtverbindlichkeiten<br />

oder mehr beträgt, sofern nicht ausnahmsweise<br />

mit an sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke<br />

demnächst vollständig oder fast<br />

vollständig beseitigt werden wird und den<br />

gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen<br />

umständen des einzelfalls zuzumuten ist.<br />

beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht<br />

zu beseitigende Liquiditätslücke des schuldners<br />

dagegen weniger als zehn Pozent seiner<br />

fälligen gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig<br />

von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei<br />

denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke<br />

demnächst mehr als zehn Prozent erreichen<br />

wird. eine bloße Zahlungsstockung ist hingegen<br />

anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht<br />

überschritten wird, den eine kreditwürdige<br />

Person benötigt, um sich die benötigten Mittel<br />

zu leihen. dafür sind drei Wochen erforderlich,<br />

aber auch ausreichend 4 .<br />

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen<br />

des schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten<br />

nicht mehr deckt, es sei denn, die<br />

Fortführung des unternehmens ist nach den<br />

umständen überwiegend wahrscheinlich 5 .<br />

die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Fortführung<br />

muss anhand einer qualifi zierten<br />

Fortführungsprognose nebst Planverprobung<br />

dargelegt werden. dabei ist anerkannt,<br />

dass dies eine nach betriebswirtschaftlichen<br />

grundsätzen durchzuführende ertrags­ und<br />

Finanzplanung erfordert 6 . die Fortführungsprognose<br />

muss nach sachgerechten kriterien<br />

und für sachverständige dritte nachvollzieh­


ar erstellt werden. regelmäßig ist sie teil eines<br />

qualifizierten, plausiblen sanierungskonzepts,<br />

auf dessen grundlage sodann ein Finanzplan<br />

aufzustellen ist, in dem die finanzielle entwicklung<br />

des unternehmens für den Prognosezeitraum<br />

dargestellt werden muss 7 .<br />

2. Geeigneter Gutachterkreis<br />

immer wieder diskutiert wird die Frage, welche<br />

Anforderungen an denjenigen gestellt werden<br />

müssen, der die Fortführungsprognose erarbeitet.<br />

nach der rechtsprechung des bgH soll die<br />

sanierungsfähigkeit des kriseunternehmens<br />

durch einen objektiven – nicht notwendigerweise<br />

unabhängigen 8 oder unbeteiligten –<br />

branchenkundigen Wirtschaftsfachmann 9<br />

festgestellt werden. in erster Linie haben sich<br />

daher auf sanierung bzw. restrukturierung<br />

spezialisierte Unternehmensberater und<br />

Unternehmensberatungsgesellschaften bewährt<br />

10 . aber auch entsprechend versierte<br />

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater können<br />

in betracht kommen, wenn sie die erforderliche<br />

expertise aufweisen oder diese jeweils anlass­<br />

bzw. projektbezogen beiziehen.<br />

die initiativen des instituts der Wirtschaftsprüfer<br />

(idW Far 1/1991, s6) unterstreichen das<br />

selbstverständnis der Wirtschaftsprüfer, für die<br />

erstellung von sanierungskonzepten berufen<br />

zu sein. insgesamt kommen Unternehmensberater,<br />

restrukturierungsberater, rechtsanwälte,<br />

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,<br />

aber auch Interimmanager und Insolvenzverwalter<br />

als gutachter in betracht.<br />

Wirtschaftsprüfer und steuerberater sind,<br />

soweit sie mangels des erforderlichen knowhows<br />

für die erstellung des gutachtens nicht<br />

in Frage kommen, gleichwohl ein wichtiger<br />

Faktor, etwa bzgl. der sicherung der datenvollständigkeit<br />

in der unternehmenssanie­<br />

rung 11 .<br />

3. Inhalte eines Sanierungsgutachtens<br />

Zunächst ist festzuhalten, dass es keine Legaldefinition<br />

für die begriffe sanierungsgutachten,<br />

sanierungskonzept und Fortführungsprognose<br />

gibt. richtigerweise wird man sanierungskonzept<br />

und Fortführungsprognose als essen­<br />

zielle elemente eines sanierungsgutachtens be­<br />

zeichnen.<br />

a) Anknüpfungspunkte nach der Rechtsprechung<br />

die inhaltlichen anforderungen an ein derartiges<br />

gutachten sind vom gesetzgeber nicht<br />

präzisiert worden. allerdings hat auch hier die<br />

rechtsprechung insbesondere im Zusammenhang<br />

mit der beurteilung ernsthafter sanierungsbemühungen<br />

von sicherungsgebern und<br />

­nehmern, die eine anfechtung von kredit sicherheiten<br />

wegen gläubigerbenachteiligungsabsicht<br />

oder Vorwürfe der insolvenzverschleppung<br />

ausschließen wollen, einige wenige eher allgemeine<br />

Kriterien für ein sanierungskonzept aufgestellt,<br />

die als tatbestandsmerkmale herangezogen<br />

werden können.<br />

ein ernsthafter sanierungsversuch setzt nach der<br />

rechtsprechung ein in sich schlüssiges Konzept<br />

voraus, das von den erkannten und erkennbaren<br />

tatsächlichen gegebenheiten ausgeht<br />

und nicht offensichtlich undurchführbar ist 12 .<br />

so wird ein sanierungsgutachten sowohl<br />

eine qualifizierte aussage zur Wahrscheinlichkeit<br />

der unternehmensfortführung treffen als<br />

auch ein konzept vorweisen, wie die konkret<br />

definierten Ziele mit welchen Mitteln binnen<br />

welcher Fristen erreicht werden können.<br />

als maßgebliche Elemente sind anerkannt:<br />

analyse der wirtschaftlichen Lage des<br />

schuldners im rahmen seiner Wirtschaftsbranche<br />

und der krisenursachen.<br />

analyse der Vermögens­, ertrags­ und<br />

Finanzlage.<br />

definition von objektiv sanierungstauglichen<br />

Maßnahmen.<br />

Planrechnungen.<br />

in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen,<br />

dass die objektive sanierungsfähigkeit<br />

in einem ggf. fortzuentwickelnden sanierungskonzept<br />

dokumentiert werden muss, bei<br />

dem Planabweichungen bei der umsetzung<br />

zu sofortigen (Gegen)Maßnahmen zu führen<br />

haben 13 . derartige Planabweichungen sind<br />

indes nur hinreichend identifizierbar, wenn<br />

messbare Covenants und Meilensteine implementiert<br />

sind 14 .<br />

idealerweise sind bei erstellung des konzepts<br />

bereits erste ansätze, etwa ad­hoc­Maß­<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Richtigerweise<br />

wird man Sanierungskonzept<br />

und<br />

Fortführungsprognose<br />

als essenzielle<br />

Elemente eines<br />

Sanierungsgutachtens<br />

bezeichnen. «<br />

7 Uhlenbruck, inso, § 19 rz. 28; Theewen, bankund<br />

kapitalmarktrecht, § 4 rdn. 22 ff.<br />

8 Theewen, Marisk­Handbuch sanierung, s. 72.<br />

9 so noch bgHZ 10, 228. später scheint der bgH<br />

dieses erfordernis nicht mehr aufrecht erhalten<br />

zu haben. das erfordernis eines externen gutachters<br />

bejahend z. b. Obermüller, rdn. 5.131,<br />

Theewen, Marisk­Handbuch sanierung, s. 72,<br />

ders., WM 2004 s. 105, 109, ders., bkr 2003<br />

s. 141, 145f.; dagegen Wenzel, nZi 1999 s. 294,<br />

298.<br />

10 Vgl. Kaufmann, in Buth/Hermanns, restrukturierung,<br />

sanierung, insolvenz. 3. aufl. § 23,<br />

rdn. 19 ff.<br />

11 Theewen, FP 2009 s. 27 ff.<br />

12 oLg München, gmbHr 1998 s. 281.<br />

13 Theewen, Marisk­Handbuch sanierung, s. 88.<br />

14 Haghani/Holzamer, in Buth/Hermanns, restrukturierung,<br />

sanierung, insolvenz. 3. aufl. § 21,<br />

rdn. 8 ff.; Theewen, § 4 rdn. 44 ff.<br />

29


30<br />

beitrag<br />

» Selbst bei<br />

kleineren Engagements<br />

besteht kein<br />

Anlass, auf qualifizierteSanierungsberater<br />

zu verzichten.<br />

«<br />

15 so Hirte/Knof, WM 2009 s. 1.961, 1.968.<br />

16 so aber wohl Hirte/Knof, WM 2009 s. 1.961,<br />

1.968 unter berufung auf bgH, WM 1993 s. 270<br />

rdn. 30, Wub Vi b. § 31 nr. 1 ko 1.93; Hefermehl/<br />

Branz, ZiP 1993 s. 276, eWir 1993 s. 161 (onusseit).<br />

17 bgH, WM 2004 s. 1.075 = dstr 2004 s. 1.053 =<br />

nZg 2004 s. 619 = nZi 2005 s. 284 = ZiP 2004<br />

s. 1.049 = Zinso 2004 s. 679; Wub ii C. § 30<br />

gmbHg 2.04 v. gerkan.<br />

18 bgHZ 10, 228.<br />

19 ausführlich Theewen, bkr 2003 s. 141, 145 f.,<br />

ders., Marisk­Handbuch sanierung, s. 209 ff.<br />

20 Fn­idW 1991, s. 319.<br />

21 Hirte/Knof, WM 2009 s. 1.961, 1.968.<br />

22 Theewen, FP 2009 s. 27 ff.<br />

23 näheres unter www.isu­institut.com; außerdem<br />

isu (Hrsg.), Mindestanforderungen an sanierungskonzepte<br />

(Mas), Heidelberg, 2007.<br />

24 Hirte/Knof, WM 2009 s. 1.961, 1.968.<br />

25 Theewen, Marisk­Handbuch sanierung, s. 73.<br />

26 näheres unter www.bankrechtspraxis.de und<br />

im studium der Fernuniversität in Hagen.<br />

27 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

rdn. 45 ff.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

nahmen mit Liquiditätswirksamkeit wie z. b.<br />

gesellschafterbeiträge, Verzögerung der Zahlung<br />

von Verbindlichkeiten und beschleunigung<br />

der außenstände Überbrückungskredit<br />

usw. in die tat umgesetzt 15 , doch ist dies kein<br />

ausschließlicher anknüpfungspunkt für die<br />

annahme ernsthafter und begründeter aussichten<br />

auf erfolg 16 .<br />

im Übrigen kommen die kriterien in betracht,<br />

die die rechtsprechung des il. Zivilsenats des<br />

bgH 17 im Zusammenhang mit den insolvenzauslösungstatbeständen<br />

und die rechtsprechung<br />

des iV. Zivilsenats des bgH 18 hinsichtlich<br />

der Bankenhaftung nach § 826 BGB 19<br />

im Fall der gewährung eines sanierungskredits<br />

bei einem erfolglosen sanierungsversuch<br />

zum schutz der gläubiger aufgestellt haben.<br />

b) Anknüpfungspunkte aus der Wirtschaft<br />

die einhaltung der strengen Maßstäbe der<br />

rechtsprechung des bgH zur beurteilung<br />

der objektiven sanierungsfähigkeit bietet in<br />

Wirtschaftsleben und kreditwirtschaftlicher<br />

Praxis rechtssicherheit. das Institut der Wirtschaftsprüfer<br />

e.V. (IDW) hat in seine stellungnahme<br />

Far 1/1991 zu den Anforderungen an<br />

die Erstellung von Sanierungskonzepten<br />

die Leitlinien der rechtsprechung einfließen<br />

lassen 20 . damit schuf es einen über den berufsstand<br />

der Wirtschaftsprüfer hinaus zwar nicht<br />

verbindlichen, aber anerkannten standard 21<br />

hinsichtlich der erstellung von sanierungskonzepten,<br />

der im Wesentlichen auch im einklang<br />

mit den in Wissenschaft und Praxis vertretenen<br />

auffassungen zu den anforderungen<br />

an die erstellung von sanierungsgutachten<br />

steht.<br />

der Fachausschuss recht (Far) und Hauptfachausschuss<br />

(HFa) des ldW haben an den anforderungen<br />

weiter gearbeitet, der inzwischen<br />

durch einen vollkommen überarbeiteten IDW<br />

Standard S 6 ersetzt wurde 22 . Parallel gibt eine<br />

initiative aus der Wirtschaft, die zur entwicklung<br />

des sanierungsstandards MaS des ISU-<br />

Instituts führte 23 .<br />

auch wenn in der sanierungspraxis, selbst bei<br />

selben branchen oder Märkten, kein Fall wie<br />

der andere ist und hinsichtlich der ansatzpunkte,<br />

der gewichtung usw. unterschiedliche<br />

auffassungen vertreten werden können,<br />

bieten derartige standards praxisrelevante<br />

orientierungshilfen 24 .<br />

selbst bei sog. kleineren Engagements, also<br />

Fällen kleiner Firmenkunden oder gewerbetreibender,<br />

bei denen sich die kreditwirtschaft, die<br />

ja aus Zeit­, Mengengerüst­ und Haftungserwägungen<br />

auf eigengutachten verzichten 25 , auf<br />

der suche nach geeigneten gutachtern mit<br />

auskömmlichen Honoraren schwer tun – die<br />

kosten der größeren beratungsgesellschaften<br />

stehen in solchen Fällen außer Verhältnis zur<br />

unternehmens­ bzw. umsatzgröße –, besteht<br />

kein anlass, auf qualifizierte sanierungsberater<br />

zu verzichten 26 .<br />

schließlich darf nicht vergessen werden, dass<br />

der sanierungserfolg nicht nur vom sanierungsgutachten<br />

und den dort empfohlenen<br />

Maßnahmen abhängt, sondern auch von einem<br />

qualifizierten Sanierungscontrolling 27 . auch<br />

in dieser Hinsicht bedarf die auswahl des geeigneten<br />

gutachters besonderen augenmerks.<br />

III. Auswahl und Beauftragung des<br />

geeigneten Gutachters<br />

1. Auswahl von Gutachtern<br />

nachdem vorstehende Überlegungen die<br />

grundsätzlichen erwägungen umrissen haben,<br />

gilt es, Fragen der konkreten auswahl des beraters<br />

und dessen beauftragung zu untersuchen.<br />

Für die erstellung eines sanierungsgutachtens<br />

nebst sanierungskonzept ist idealerweise<br />

ein Wirtschaftsfachmann mit ausgewiesener<br />

Sanierungserfahrung und auf das zu prüfende<br />

unternehmen bezogenem Branchen-<br />

und Märkte-Know-how zu mandatieren. Je<br />

qualifizierter und punktgenauer das anforderungsprofil<br />

passt, desto höher sind die sanierungsaussichten.<br />

das sich eventuell dabei durch<br />

die entsprechend höheren kosten auf tuende<br />

spannungsfeld ist unter berücksichtigung des<br />

zu erwartenden nutzens zu untersuchen. Hier<br />

sollte ggf. gemeinsam mit der geschäftsleitung<br />

des kriseunternehmens beraten werden.<br />

der unternehmer wird häufig, und durchaus<br />

aus unterschiedlichen beweggründen, für<br />

eigene Vertrauensleute werben, also meist<br />

den (vielleicht bereits langjährig tätigen) steu­


erberater oder Wirtschaftsprüfer. soweit dort<br />

die notwendige expertise vorhanden und<br />

keine Verantwortung für Faktoren der schieflage<br />

feststellbar ist, kann dagegen nichts eingewandt<br />

werden.<br />

anders ist die Lage zu beurteilen, wenn maßgeblich<br />

allein kostengründe für die beauftragung<br />

des steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers<br />

oder aber andere unternehmerseitig<br />

gewünschte berater sprechen sollen. Fehlt die<br />

notwendige Qualifikation, sollte der abschlussprüfer<br />

zwar als wichtiges Projektteammitglied<br />

eingebunden werden, aber über die datenlieferung<br />

hinaus nicht zu sanierungsspezi fischen<br />

aufgabenstellungen befragt werden. der für<br />

das unternehmen bereits tätige unternehmensberater<br />

dürfte regelmäßig nicht als sanierungsfachmann<br />

in Frage kommen.<br />

dagegen spricht im Zweifel schon die mangelnde<br />

Objektivität aufgrund des umstands,<br />

dass diese berater zuvor bereits mit der sache<br />

befasst waren. etwas anderes gilt nur, wenn der<br />

unternehmer anlässlich der krise einen ausgewiesenen<br />

experten zu rate gezogen hat und<br />

sodann das gespräch mit seiner bank sucht 28 .<br />

Häufig bestehen seitens des kriseunternehmens,<br />

insbesondere bei Inhaber geführten<br />

Firmen, Vorbehalte gegen den externen sanierungsgutachter.<br />

neben u. a. kostengesichtspunkten<br />

dürfte es im extremfall die sorge sein,<br />

dass der „externe“ zu tiefe einblicke in das unternehmen<br />

gewinnen oder dieses so weit „umkrempeln“<br />

könnte, dass das „Lebenswerk“ des unternehmers<br />

für diesen nicht mehr erkennbar sei.<br />

da die Hausbank aber regelmäßig als Lieferant<br />

neuer Liquidität zur Finanzierung der<br />

sanierung angesprochen wird, und diese ein<br />

grundlegendes interesse an der möglichst vollständigen<br />

und zutreffenden bewertung der<br />

sanierungsaussichten hat, hat sie mehr als ein<br />

bloßes „Vorschlagsrecht“. in der kreditwirtschaft<br />

ist zu beobachten, dass konkrete empfehlungen<br />

gescheut werden. dabei ist die befürchtung<br />

maßgebend, ansonsten wegen faktischer<br />

geschäftsführung belangt werden zu können.<br />

so herrscht die weit verbreitete bestrebung,<br />

mind. drei gutachter zur auswahl zu stellen.<br />

soweit diese drei kandidaten über gleichwertige<br />

Qualifikationen ( branchen­, Produkte­ und<br />

Märkte­know­how) verfügen, ist dies sicher<br />

die „eleganteste Lösung“. solch komfortable<br />

ausgangssituationen sind indes häufig die<br />

ausnahme.<br />

a) Faktische Geschäftsführung<br />

eine faktische Geschäftsführung ist mit der<br />

bankseitigen empfehlung eines konkreten,<br />

geeignet erscheinenden gutachters nicht verbunden.<br />

dies gilt zumindest, soweit keine weiteren<br />

steuernden Maßnahmen der bank hinzutreten.<br />

anknüpfungspunkt für eine deliktische<br />

Haftung (hier: § 823 abs. 2 bgb i. V. M. § 266<br />

stgb) einer Person als faktischer geschäftsführer<br />

eines unternehmens, bei der keine natürliche<br />

Person Vollhafter ist, ist zwingend, dass der<br />

betreffende nach dem gesamterscheinungsbild<br />

seines auftretens die geschicke der gesellschaft<br />

– über die interne einwirkung auf die satzungsmäßige<br />

geschäftsführung hinaus – durch<br />

eigenes Handeln im außenverhältnis, das die<br />

tätigkeit des rechtlichen geschäftsführungsorgans<br />

nachhaltig prägt, maßgeblich in die<br />

Hand nimmt 29 .<br />

dies wird ohne Hinzutreten weiterer eingriffe<br />

und Maßnahmen für ein kreditinstitut regelmäßig<br />

nicht gelten, soweit es sich also auf die<br />

Empfehlung eines konkreten Gutachters<br />

beschränkt. denn das grundsätzliche interesse,<br />

weitere Finanzmittel nur unter bedingungen<br />

zu bewilligen, die eine kreditentscheidung<br />

vertretbar machen, stellt für sich allein schon<br />

keinen tauglichen anknüpfungspunkt für ein<br />

eigensüchtiges Interesse der Hausbank oder<br />

sonst in den sanierungsprozess einzubindender<br />

kreditinstitute dar.<br />

b) Lähmung wirtschaftlicher Bewegungsfreiheit<br />

auch eine Lähmung der wirtschaftlichen<br />

Bewegungsfreiheit des kriseunternehmens<br />

kann allein durch die konkretre empfehlung<br />

des sanierungsgutachters nicht begründet<br />

werden. regelmäßig werden die kosten des<br />

gutachters von der an der sanierung beteiligten<br />

bank bzw. den banken – im Zweifel im<br />

rahmen einer brückenfinanzierung 30 – finanziert.<br />

dass dadurch die bewegungsfreiheit des<br />

kriseunternehmens (i. s. d. § 826 bgb) ernsthaft<br />

tangiert werden soll, dürfte also kaum je<br />

der Fall sein.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Da die Hausbank<br />

regelmäßig als<br />

Lieferant neuer Liquidität<br />

zur Finanzierung<br />

der Sanierung<br />

angesprochen wird,<br />

und diese ein grundlegendes<br />

Interesse an<br />

der möglichst vollständigen<br />

und zutreffenden<br />

Bewertung<br />

der Sanierungsaussichten<br />

hat, hat sie<br />

mehr als ein bloßes<br />

„Vorschlagsrecht“. «<br />

28 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

rdn. 39.<br />

29 bgH urt. v. 27.06.2005 (ii Zr 113/03, Frankfurt<br />

a. M.), WM 2005 s. 1.606 ff. im anschluss an bgH,<br />

WM 2002 s. 960 ff.<br />

30 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

rdn. 91.<br />

31


eitrag<br />

» Es gibt keine<br />

Differenzierung mehr<br />

zwischen Gesellschafterdarlehen<br />

und Eigenkapital<br />

ersetzenden Gesellschafterdarlehen,<br />

so dass das Kapitalerhaltungsgebot<br />

nicht mehr für<br />

Gesellschafterdarlehen<br />

und wirtschaftlich<br />

gleichgestellte<br />

Handlungen gilt. «<br />

31 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

32<br />

rdn. 110 ff.<br />

32 bgH, nJW 1992 s. 3.035; zu den Vorinstanzen<br />

oLg Hamm, ZiP 1991 s. 531 ff., und Lg Hagen,<br />

ZiP 1990 s. 728 ff.<br />

33 seit <strong>01</strong>.11.2008 in kraft.<br />

34 Häuser, in: Schimansk/Bunte/Lwowski, § 85<br />

rdn. 141.<br />

35 Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht, § 4<br />

rdn. 115.<br />

36 siehe im einzelnen Theewen, bank­ und kapitalmarktrecht,<br />

§ 4 rdn. 114 ff.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

c) Quasi­Gesellschafterhaftung<br />

eine solche Haftung ist aufgrund faktischer<br />

wie vertraglicher Anmaßung von Gesellschafterbefugnissen<br />

denkbar 31 . Maßgeblich<br />

ist in diesem Zusammenhang die grundsatzentscheidung<br />

des bgH vom 13.07.1992 32 .<br />

danach hatte sich ein kreditinstitut wesentliche<br />

gesellschafterrechte durch Verpfändung<br />

bzw. abtretung gesichert. in der gesamtschau<br />

mit dem octroi eines unternehmensberaters,<br />

der das besondere Vertrauen des kreditinstituts<br />

genoss und der das kriseunternehmen<br />

maßgeblich steuerte, bejahte der bgH eine<br />

Haftung des geldinstituts als Quasi­gesell­<br />

schafterin.<br />

nur soweit also die in die sanierung eingebundene<br />

bank durch mittelbare beteiligung<br />

wirtschaftlich einem gesellschafter gleichkommt<br />

und aufgrund ihres faktischen Einflusses<br />

auf diese gesellschaft – und sei es nur<br />

mittelbar durch den sanierungsberater – deren<br />

geschicke bestimmt, kommt eine Haftung in<br />

betracht.<br />

Hinsichtlich der Haftungsfolgen ist angesichts<br />

der gesetzesnovellierung durch MoMig 33 zu<br />

differenzieren. nach altem recht sind banken,<br />

die derartige Maßnahmen ergriffen haben,<br />

aufgrund § 32 a abs. 3 s.1 gmbHg als „Quasigesellschafter“<br />

dem Kapitalersatzrecht unterworfen<br />

34 . das gesetz erweiterte den von § 32 a<br />

abs. 1 gmbHg erfassten Personenkreis auf<br />

andere kreditgeber, deren darlehensgewährung<br />

an die gesellschaft wirtschaftlich derjenigen<br />

eines gesellschafters gleichkommt.<br />

Hier erfolgt eine gleichstellung mit gesellschaftern<br />

des schuldnerunternehmens.<br />

nach neuem recht gibt es keine eigenkapitalersatzfiktion<br />

mehr. danach sind die regelungen<br />

des gesamten eigenkapitalersatzrechts<br />

nun rechtsformneutral in die insolvenzordnung,<br />

und zwar in §§ 39, 44a, 135 inso übergeleitet<br />

worden. Fortan gibt es keine differenzierung<br />

mehr zwischen gesellschafterdarlehen<br />

und eigenkapital ersetzenden gesellschafterdarlehen,<br />

so dass das kapitalerhaltungsgebot<br />

nicht mehr für gesellschafterdarlehen und wirtschaftlich<br />

gleichgestellte Handlungen gilt. Forderungen<br />

von banken mit Quasi­gesellschafterqualität<br />

treten fortan zwangsläufig im rang<br />

zurück 35 .<br />

d) Haftung der Bank für Fehler des<br />

Gutachters?<br />

grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen<br />

werden, dass ein sanierungsgutachter Fehler<br />

macht, die zu schadensersatzansprüchen<br />

führen können. soweit nicht bereits dort vertragliche<br />

Haftungsausschlüsse greifen, stellt<br />

sich die Frage, ob die nur diesen einen gutachter<br />

empfehlende bank für dessen Fehler (mit)<br />

haftet. Zur Vermeidung derartiger risiken sollte<br />

die bank im Zusammenhang mit der konkreten<br />

empfehlung des gutachters einen generellen<br />

Haftungsausschluss vereinbaren.<br />

dies kann durch eine klausel in dem zwischen<br />

unternehmer und berater zu schließenden<br />

Vertrag oder besser noch in einer Vereinbarung<br />

zwischen unternehmer und kreditinstitut<br />

erfolgen. bei der bankseitigen empfehlung<br />

mehrerer gutachter zur auswahl durch<br />

den unternehmer stellt sich dieses Problem<br />

natürlich nicht.<br />

2. Rückvergütungen zugunsten der<br />

Hausbank<br />

in der sanierungspraxis ist zu beobachten, dass<br />

sich sanierungsbereite kreditinstitute zuweilen<br />

einen teil des Honorars des sanierungsexperten<br />

im Wege einer rückvergütung auszahlen<br />

lassen. diese Handhabung begegnet<br />

erheblichen rechtlichen bedenken. anknüpfend<br />

an die durch anlegerrecht angestoßene<br />

kick­back­rechtsprechung des bgH 36 liegt in<br />

solchen Fällen ein massiver Interessenkonflikt<br />

vor. das kriseunternehmen geht davon<br />

aus, dass die Hausbank den konkreten berater<br />

wegen dessen expertise empfiehlt. bedingt<br />

sich die bank indes einen teil des Honorars als<br />

Vergütung in eigener sache aus, so müssen<br />

sanierungsgutachter und bank dies dem kriseunternehmen<br />

offenbaren, damit dieses bewerten<br />

kann, ob die empfehlung im interesse des<br />

unternehmens oder aber – auch – im Provisionsinteresse<br />

der bank erfolgt.<br />

unterlässt sie dies, kann das kriseunternehmen<br />

– oder im Fall des scheiterns der sanierung der<br />

insolvenzverwalter – aus dem gesichtspunkt<br />

des Schadensersatzes rückabwicklung dergestalt<br />

verlangen, dass der gutachter das Honorar<br />

zurückzahlen muss und sich im Zweifel an<br />

der bank schadlos zu halten versucht.


denkbar ist auch, dass die bank auf auskehrung<br />

der Provision nach den grundsätzen der rechtsprechung<br />

zu auftrags­ und kommissionsrechtlichen<br />

Herausgabepflichten gem. §§ 666, 667<br />

bgb, § 384 abs. 2 Hgb 37 in anspruch genommen<br />

werden kann.<br />

soweit die bank ihren sanierungsaufwand<br />

– und vielleicht auch ihr risiko – vergütet<br />

bekommen möchte und dies in risikokonditionen<br />

nicht darstellen kann, ist eine eigene Honorierung<br />

mit dem sanierungsbedürftigen unternehmen,<br />

etwa in Form einer „Success fee“, der<br />

rückervergütung in jedem Fall vorzuziehen.<br />

3. Beauftragung des Gutachters<br />

der gutachter sollte ausschließlich durch das<br />

unternehmen mandatiert werden. eine einbeziehung<br />

des kreditinstituts in die Vertragsbeziehungen<br />

dergestalt, dass es den auftrag<br />

mitunterzeichnet, ist weder sinnvoll noch erforderlich.<br />

Zum einen ist dies für die Möglichkeit,<br />

empfehlungen bezüglich qualifizierter berater<br />

auszusprechen, nicht notwendig, zum anderen<br />

kann es Hinweise und erwartungen bezüglich<br />

bestimmter Prüffelder auch losgelöst davon<br />

formulieren.<br />

PrAXISTIPPS<br />

schließlich wird die bank nur dann den sanierungskredit<br />

ausreichen, wenn Zweifel an der<br />

sanierungsfähigkeit aus deren sicht ausgeräumt<br />

sind. das uneingeschränkte Auskunftsrecht<br />

der bank in der Prüfungs­ und<br />

sanierungsphase dürfte zwischen den beteiligten<br />

selbstverständlich sein, da es sich um eine<br />

schicksalsgemeinschaft handelt, in der gegenseitiges<br />

Vertrauen kontrolle gerade nicht ausschließt,<br />

denn es geht um wirtschaftlich und<br />

rechtlich bedeutsame entscheidungen. dieses<br />

recht sollte daher spiegelbildlich zur befreiung<br />

der bank vom bankgeheimnis gegenüber<br />

dem gutachter schriftlich dokumentiert<br />

werden.<br />

V. Fazit<br />

Hinsichtlich der anforderungen an die Qualität<br />

von sanierungsgutachtern dürfen kreditinstitute<br />

zur sicherung des sanierungserfolgs<br />

konkrete empfehlungen bei der auswahl von<br />

experten geben und die Vergabe von Überbrückungs­<br />

oder sanierungskrediten davon abhängig<br />

machen. eine Haftung wegen faktischer<br />

geschäftsführung oder Quasi­gesellschafterhaftung<br />

ist damit allein nicht verbunden. £<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Hinsichtlich der<br />

Anforderungen an die<br />

Qualität von Sanierungsgutachterndürfen<br />

Kreditinstitute<br />

zur Sicherung des<br />

Sanierungs erfolgs<br />

konkrete Empfehlungen<br />

bei der Auswahl<br />

von Experten<br />

geben und die<br />

Vergabe von Überbrückungs-<br />

oder<br />

Sanierungskrediten<br />

davon abhängig<br />

machen. «<br />

37 Vgl. bgHZ 114, 87, 91; 146, 235, 239; bgH, WM<br />

1992 s. 879, 880 f.<br />

38 Theewen, Marisk­Handbuch sanierung, s. 75.<br />

an eine positive Fortführungsprognose sind im kontext qualifizierter sanierungsgutachten hohe anforderungen zu stellen.<br />

in der Wirtschaft anzutreffende standards können eine praktische richtschnur bei der erstellung oder beurteilung von<br />

sanierungsgutachten und ­konzepten sein. die auswahl des sanierungsgutachters orientiert sich an dessen nachgewiesenem,<br />

für das konkrete Projekt erforderliche branchen­, Produkte­ und Märkte­know­how.<br />

auch die empfehlung eines einzigen sanierungsexperten löst für sich allein genommen keine Haftungsrisiken der finanzierenden<br />

bank oder sparkasse aus.<br />

Zur Vermeidung einer möglichen Haftung wegen Fehlern eines einzig empfohlenen gutachters sollten banken vorsorglich<br />

mit dem kriseunternehmen einen Haftungsausschluss vereinbaren.<br />

das uneingeschränkte auskunftsrecht der bank in der Prüfungs­ und sanierungsphase sollte im rahmen der Vertragsbeziehung<br />

zwischen unternehmen und gutachter in Form eines Vertrags mit klauseln zugunsten des kreditinstituts oder<br />

direkt zwischen letzterem und krisenunternehmen geschehen 38 .<br />

rückvergütungsvereinbarungen zwischen sanierungsberatern und banken sollten vermieden und statt dessen eine<br />

besondere Vergütung mit dem kriseunternehmen direkt ausgehandelt werden.<br />

33


34<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Restrukturierung von LBOs<br />

Autor:<br />

Eva Ringelspacher,<br />

Direktorin, Intensive Care,<br />

Sanierung/Restrukturierung<br />

von Firmenkunden, Commerzbank AG.<br />

krisenursachen und sanierung von strukturierten Finanzierungen.<br />

» Trotz teilweiser<br />

anderer Verlautbarungen<br />

über<br />

das Abklingen der<br />

Finanzkrise fällt<br />

es Banken schwer,<br />

frisches Geld zur Verfügung<br />

zu stellen. «<br />

I. Einleitung<br />

w durch die Wirtschaftskrise sind insbesondere<br />

unternehmen ausfallgefährdet, deren Finanzierung<br />

kreditbasiert ist und die geringes eigen ­<br />

kapital aufweisen. trotz teilweiser anderer Verlautbarungen<br />

über das abklingen der Finanzkrise<br />

fällt es banken schwer, unternehmen in<br />

schwierigkeiten zu refi nanzieren oder diesen<br />

frisches geld zur Verfügung zu stellen. der Möglichkeit,<br />

die Finanzverbindlichkeiten und damit<br />

den daraus resultierenden kapitaldienst zu reduzieren,<br />

stehen banken off ener gegenüber. Was<br />

nicht bedeutet, dass banken bereit wären, auf<br />

die rückführung ausgereichter Mittel zu verzichten.<br />

daher sind restrukturierungsmaßnahmen<br />

gefragt, die das unternehmen retten, aber<br />

gleichzeitig die Vornahme von abschreibungen<br />

und Wertberichtigung verhindern.<br />

II. Struktur von LBOs<br />

1. Definition<br />

der begriff Leverage-Buy-Out (LBO) bezeichnet<br />

die akquisition eines unternehmens unter einbezug<br />

eines großen anteils an Fremdkapital zur<br />

begleichung des kaufpreises. ein akquisitionsvehikel<br />

(“Holding Company” bzw. “HoldCo”) kauft<br />

eine Firma (“operating Company” bzw. “opCo”).<br />

der kauf wird durch ein hohes Fremdkapital dargestellt,<br />

sprich „geleveraged“. die Finanzierung<br />

erfolgt mehrstufi g über senior, second Lien,<br />

Mezzanine und subordinated Loans:<br />

senior Loan darlehen sind immer erstrangig<br />

besichert, es handelt sich um Laufzeitdarlehen,<br />

aber auch revolvierende kredite. second Lien<br />

darlehen sind im zweiten rang besichert und<br />

im dritten rang sind die Mezzanine kredite zu<br />

fi nden. gesellschafterdarlehen oder nachrangige<br />

kredite fi nden sich im vierten rang als sog.<br />

subordinated Loans wieder.<br />

diese kredite werden durch die sicherheiten<br />

und garantien („upstream security/guaran­<br />

tee“) der operativen einheiten (opCo’s) besichert.<br />

das eigenkapital ist sehr gering. durch<br />

den geringen einsatz von eigenmitteln lässt<br />

sich für den investor eine hohe eigenkapitalrendite<br />

erzielen, solange die gesamtkapitalrendite<br />

höher ist als der Fremdkapitalzins. dies wird als<br />

Leverage (=Hebel­) eff ekt bezeichnet.<br />

2. Struktur der Finanzierung<br />

die Finanzierungsstrukturen sind sehr komplex,<br />

da Liquidität in allen Varianten zur Verfügung<br />

gestellt wird. die sog. a­tranchen haben eine<br />

regeltilgung während die b­tranchen eine endfällige<br />

rückzahlung aufweisen. Letzteres führt zu<br />

dem Problem, dass während der Laufzeit keine<br />

ansparung erfolgt und eine refi nanzierung am<br />

ende der Laufzeit (in den meisten Fällen in 2<strong>01</strong>2<br />

bis 2<strong>01</strong>4) erforderlich wird.<br />

3. Vertragsgestaltung<br />

der konsortialführer („agent“) hat die aufgabe<br />

der Verwaltung der kredite sowie der steuerung<br />

der geld­ und informationsfl üsse zwischen<br />

den banken und dem kreditnehmer. es<br />

gibt eine standard­dokumentation der Loan<br />

Market Association (LMA):<br />

englisches recht, gerichtsstand London,<br />

umfangreicher definitionsteil,<br />

einzelklausel,<br />

umfang ca. 300 s. und<br />

grundsätzlich gilt das Mehrheitsprinzip.<br />

es fehlen jedoch regelungen für den Fall der<br />

restrukturierung bzw. insolvenz.<br />

III. Ursachen für die Restrukturierung/Krise<br />

1. Struktur der Finanzierung<br />

das risiko liegt in der hohen schuldenlast trotz<br />

teilweise solidem operativen kerngeschäft. die<br />

Cashfl ow-basierten Modelle, auf denen die


kreditvergabe beruht, sind modelliert für „gute<br />

Zeiten“ und haben daher wenig bis gar keine<br />

Liquiditätsreserven für krisenzeiten bzw. für<br />

eine sanierung. so finanzierte unternehmen<br />

sind besonders anfällig bei schwächelnden<br />

Märkten und konjunkturabschwüngen, da<br />

dann der Cashflow die schulden nicht mehr<br />

tilgen kann.<br />

erstes Frühwarnsignal ist der Bruch von<br />

Covenants, die aber in der Praxis zunächst<br />

über sog. „waiver“ geheilt werden. Waiver sind<br />

Verzichte auf kündigungen bei möglichen<br />

Covenantverstößen, für die der kreditnehmer<br />

auch eine Fee an die kreditgeber zahlen muss.<br />

die ursachen für den Covenantbruch werden<br />

aber in diesem stadium oft nicht hinterfragt.<br />

in einzelfällen ist nur ein reset der Covenants<br />

– sprich eine anpassung der kennziffern an<br />

die tatsächlichen gegebenheiten – und keine<br />

finanzielle restrukturierung erforderlich.<br />

2. Bankenlandschaft<br />

Fonds, Hedge Fonds und investoren kaufen<br />

sich am sekundärmarkt ein, indem sie die kreditforderungen<br />

erwerben. dies hat eine zersplitterte<br />

und unübersichtliche bankenlandschaft<br />

zur Folge und es treffen interessen von<br />

banken, Fonds und Private equity­investoren<br />

zusammen, die konträrer nicht sein können.<br />

die bildung von Steering commitees (SC) ist<br />

zu empfehlen; diese setzen sich zusammen<br />

aus dem agent plus einer auswahl von banken<br />

und Fonds, die durch ein Wahlverfahren aufgrund<br />

von Vorschlägen bestimmt werden. es<br />

dient dazu die interessen der diversen gläubiger<br />

(bankenkonsortium, Fremdkapitalgeber,<br />

gesellschafter und Management) in gleichlauf<br />

zu bringen und um eine offene kommunikation<br />

sowie entscheidungsfindung zu gewährleisten.<br />

daneben wird ein effizientes arbeiten<br />

gewährleistet, da die abstimmungsprozesse<br />

sehr zeitaufwendig sind. das sC übernimmt<br />

die Verhandlungen mit den banken oder<br />

sonstigen dritten und sorgt für abstimmung<br />

innerhalb des konsortiums. insgesamt ist die<br />

bildung eines sC’s als vertrauensbildende<br />

Maßnahme zu sehen. es ist ein reines informationsgremium<br />

und hat keinerlei entscheidungsbefugnisse.<br />

Letzteres ist wichtig, um Haftungsfolgen<br />

auszuschließen. daneben wird<br />

es durch eigene Legal und Financial advisors<br />

beraten.<br />

3. Handlungsempfehlungen<br />

es empfiehlt sich, frühzeitig Verhandlungen mit<br />

den beteiligten banken zu führen und einen<br />

plausiblen business/Liquiditätsplan zu erstellen.<br />

neben der finanziellen restrukturierung<br />

müssen auch operative restrukturierungsmaßnahmen<br />

implementiert werden. Ziel der<br />

finanziellen restrukturierung ist es, die Finanzierung<br />

des unternehmens durch Verringerung<br />

der schulden an die geänderten wirtschaftlichen<br />

rahmenbedingungen anzupassen, d. h.<br />

die kapitaldienste tragbar zu gestalten und<br />

hinsichtlich einer insolvenz die drei­Wochen­<br />

Frist zur insolvenzantragsstellung zu vermeiden.<br />

erster schritt ist in den meisten Fällen<br />

eine stillhaltevereinbarung mit den wesentlichen<br />

Finanzierungsgläubigern, um dann im<br />

zweiten schritt die sanierung durch mehrere<br />

bausteine je nach interessenlage und Möglichkeiten<br />

der beteiligten umzusetzen (siehe<br />

iV. restrukturierungsansätze).<br />

IV. Restrukturierungsansätze<br />

1. Stundung von Zins­ und Tilgungsleistungen<br />

die gesamte kreditsumme plus Zinsen oder<br />

nur Zinsen werden kapitalisiert und erst am<br />

ende der Laufzeit fällig (Pik Loan =„payment<br />

in kind“). diese kredite sind unbesichert und<br />

stehen im nachrang, was bedeutet, dass das<br />

Problem der rückzahlung nur zeitlich nach<br />

hinten verschoben wird. im unterschied zum<br />

Verzicht kommt es nicht zum erlöschen der Forderung.<br />

in der sanierungsphase hat dies den<br />

Vorteil für die banken, dass kein Verzicht erklärt<br />

und damit keine Wertberichtigung gebildet<br />

werden muss und für das unternehmen, dass<br />

der Cashflow nicht mit weiterem kapitaldienst<br />

belastet wird.<br />

2. Fresh Money<br />

Hierfür kommen normalerweise nur die sponsoren/investoren<br />

– also die gesellschafter des<br />

unternehmens – oder die banken in Frage: die<br />

sponsoren haben in einer solchen situation<br />

kein interesse an einem frühzeitigen ausstieg<br />

und die banken können ihr engagement am<br />

Markt nur mit erheblichen abschlägen verkaufen<br />

bzw. die Verwertung der sicherheiten stellt<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die Cash-flowbasierten<br />

Modelle,<br />

auf denen die<br />

Kreditvergabe beruht,<br />

sind modelliert für<br />

„gute Zeiten“ und<br />

haben daher wenig<br />

bis gar keine Liquiditätsreserven<br />

für<br />

Krisenzeiten. «<br />

35


36<br />

beitrag<br />

» Neben der finanziellenRestrukturierung<br />

müssen auch<br />

operative Restrukturierungsmaßnahmenimplementiert<br />

werden. «<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

keine ernsthafte alternative dar. die ausgestaltung<br />

erfolgt als Überbrückungs-(Bridgeloan)<br />

oder Sanierungskredit. ein Überbrückungskredit<br />

sollte nur gegen insolvenzfeste oder<br />

freie sicherheiten – im sinne eines bargeschäfts<br />

(§ 142 inso) gewährt werden. er stellt<br />

eine kurzfristige Maßnahme dar, um zum einen<br />

die insolvenzgründe (Zahlungsunfähigkeit) zu<br />

beseitigen und die erstellung eines sanierungsgutachtens<br />

zu ermöglichen.<br />

diskutiert wird dann – bei Vorlage des gutachtens<br />

und unter beachtung der abstimmungsregelungen<br />

sowie erforderlichen Mehrheiten<br />

gemäß der Vertragsdokumentation – ob das<br />

Fresh Money als super senior (vorrangig vor<br />

allen anderen krediten) oder pari passu (gleichrangig)<br />

zu den bestehenden senior Loans zur<br />

Verfügung gestellt wird.<br />

3. Doppelseitige Treuhand<br />

Wenn ein kreditnehmer sich in einer krise<br />

befindet und die gesellschafter keinen beitrag<br />

leisten wollen, werden die banken nur<br />

dann neues kapital zu Verfügung stellen,<br />

wenn sie Zugriff auf die gesellschaftsanteile<br />

erhalten. der gesellschafter überträgt dabei<br />

die anteile auf einen Treuhänder und dieser<br />

hält die anteile sowohl für die banken als<br />

auch für den gesellschafter. Zielsetzung ist<br />

der Verkauf des unternehmens daher ist der<br />

Vertrag als Verkaufstreuhand verbunden mit<br />

einem M&A-Auftrag ausgestaltet. die gläubiger<br />

wollen damit die gesellschaft der alleinigen<br />

kontrolle der gesellschafter entziehen.<br />

in der Praxis ist dies allerdings in internationalen<br />

banken konsortien schwierig bis gar nicht<br />

durchzusetzen.<br />

V. Rekapitalisierung<br />

1. Equity Cure Right<br />

die rekapitalisierung kann nur durch eine neuordnung<br />

der gesellschafterstruktur, der bilanzstruktur<br />

und der refinanzierung der bestehenden<br />

Finanzverbindlichkeiten erreicht werden.<br />

equity Cure right bedeutet, dass der investor<br />

bei Covenant­brüchen berechtigt ist, neues/<br />

zusätzliches Eigenkapital einzuschießen. Hierdurch<br />

wird der Covenant­bruch geheilt und<br />

den banken das kündigungsrecht entzogen.<br />

2. Debt to Equity Swap<br />

als gegenleistung für die reduzierung der<br />

nominalverbindlichkeiten erhalten die die<br />

restrukturierung begleitenden banken die<br />

umstrukturierte restschuld in Form einer<br />

Beteiligung am Schuldnerunternehmen.<br />

die Fremdverbindlichkeiten werden so in<br />

eigenkapital umgewandelt. es handelt sich um<br />

eine sachkapitalerhöhung für die ein bewertungsgutachten<br />

hinsichtlich der Werthaltigkeit<br />

der eingebrachten Forderung vorliegen<br />

muss. Wichtig hierbei ist, dass das ausfallrisiko<br />

davon i. d. r. unberührt bleibt, da die planmäßige<br />

rückführung der Finanzverbindlichkeiten<br />

nach wie vor von der wirtschaftlichen<br />

entwicklung – also vom operativen geschäft –<br />

des unternehmens abhängt, welches aber nach<br />

finanzieller restrukturierung freigesetzte Liquidität<br />

(durch Verringerung von tilgungs­ und<br />

Zinszahlungen) zur Verfügung hat.<br />

der tausch von kreditforderungen in eigenkapital<br />

wird oft mit dem Ziel, die alteigentümer<br />

hinauszudrängen, vollzogen und die gläubiger<br />

werden dann die neuen eigentümer des unternehmens.<br />

eine zerstreute bankenlandschaft<br />

kann daher dazu führen, dass entweder eine<br />

einigung unmöglich wird oder das unternehmen<br />

eine „zufällige“ eigentümerstruktur erhält.<br />

deutsche banken wollen aber in den meisten<br />

Fällen keine eigenkapitalposition einnehmen<br />

und erklären einen debt to equity swap oft als<br />

ultima ratio, wenn alle anderen sanierungsmaßnahmen<br />

nicht greifen oder gar gescheitert<br />

sind. bei der Frage der Höhe der sanierungsbeiträge<br />

geht es v. a. um die beträge, um die die<br />

Verbindlichkeiten zu verkürzen sprich umzuwandeln<br />

sind. Hier ist auf die Verschuldungsfähigkeit<br />

(„debt Capacity“) des unternehmens<br />

abzustellen. durch einen debt to equity<br />

swap kann eine Überschuldung abgewendet<br />

werden, die eigenkapitalposition verbessert<br />

sich, der kapitaldienst für die eingebrachten<br />

Forderungen entfällt und es tritt eine Verbesserung<br />

der Liquiditätssituation ein.<br />

3. Distressed Investoren<br />

eine wichtige rolle können distressed investoren<br />

(banken, Fonds oder Hedge Fonds) spielen,<br />

wenn unternehmen einen zusätzlichen Liquiditätsbedarf<br />

haben und banken nicht mehr bereit<br />

sind ihre kredite aufzustocken. solche situati­


onen suchen distressed investoren gezielt um<br />

neue Liquidität zur Verfügung zu stellen, aber<br />

verlangen im gegenzug hohe konzessionen<br />

der beteiligten banken.<br />

VI. Fazit<br />

die derzeitige schlechte Finanzlage zahlreicher<br />

unternehmen, insbesondere von Zielgesellschaften<br />

schuldenfinanzierter unternehmen,<br />

führt zu einem anstieg der sanierungsfälle.<br />

Zugleich bietet aber die derzeitige Marktsituation<br />

große Chancen für langfristig orientierte<br />

investoren, im operativen kern intakte<br />

unternehmen günstig zu erwerben. klassische<br />

beteiligungsfonds werden immer stärker in den<br />

bereich distressed assets vordringen. Voraussetzung<br />

ist aber stets die Finanzierbarkeit<br />

des erwerbs. idealerweise findet eine solche<br />

PrAXISTIPPS<br />

restrukturierung möglichst im einvernehmen<br />

aller beteiligten als konsensualer deal statt.<br />

es zeigt sich verstärkt eine kombination aus<br />

klassischen sanierungsmaßnahmen und Produkten<br />

aus dem investment­banking. Wichtig<br />

ist die anpassung des kapitaldienstes an die<br />

tatsächliche Leistungsfähigkeit kombiniert mit<br />

einer operativen restrukturierung. oft zeigte<br />

sich in der jüngsten Vergangenheit, dass große<br />

restrukturierungsdeals nicht von langer dauer<br />

und beständigkeit waren. Lösungen die in 2009<br />

für angeschlagene unternehmen gefunden<br />

wurden, kamen nur zustande, weil die banken<br />

abschreibungen vermeiden wollten. Für die<br />

banken stellt sich die aktive sanierung – auch<br />

mit Übernahme von equity­Positionen – als<br />

alternative dar. daneben werden Partnerschaften<br />

zwischen gläubigerbanken und Fonds entstehen.<br />

£<br />

neben der finanziellen restrukturierung ist immer auch eine operative restrukturierung durchzuführen.<br />

die einbringung von sanierungs­know­How durch beteiligung am steering Commitee ist vorteilhaft.<br />

die eingehung von equity­Positionen durch die banken kann eine sinnvolle alternative sein.<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

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für die Reduzierung<br />

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Von Bankern. Für Banker.<br />

37


38<br />

beitrag<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Vorstand risikomanagement sanierung sicherheitenverwertung<br />

Forderungsbeitreibung investor revision<br />

Überprüfung von Insolvenzplänen<br />

aus Gläubigersicht<br />

kriterien und praktische tipps zur bewertung der erfolgschancen.<br />

Autor:<br />

Dr. Andreas Fröhlich,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter,<br />

perspektiv GmbH.<br />

» Entgegen früherer<br />

eher ablehnender<br />

Haltungen lässt sich<br />

auch heute in der<br />

Praxis erkennen,<br />

dass Gläubiger den<br />

Planaktivitäten<br />

– zumindest anfänglich<br />

– oftmals positiv<br />

gegenüberstehen. «<br />

1 Vgl. hierzu auch Uhlenbrock, insolvenzordnung,<br />

vor §§ 217­269 rn. 1 ff .; Smid/Rattunde, der insolvenzplan,<br />

s. 8.<br />

2 beispielhaft seien die erfolgreichen insolvenzplanverfahren<br />

Herlitz und ihr Platz genannt.<br />

3 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 1 rn. 1.<br />

4 Vgl. Smid/Rattunde, a. a. o (Fn. 1), s. 8. daneben<br />

wird vom gesetzgeber noch die sog. eigenverwaltung<br />

als dritte Möglichkeit eingestuft, die<br />

jedoch im regelfall nur zusammen mit einem<br />

Planverfahren zur anwendung kommt.<br />

5 Vgl. Haarmeyer (Hrsg.), sanierungs­ und insolvenzmanagement<br />

i, s. 86.<br />

6 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 1 rn. 1.<br />

7 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 220 rn. 5 f., Smid/<br />

Rattunde, a. a. o (Fn. 1), s. 269 f.<br />

I. Einleitung<br />

w bereits seit 1999 eröff net die insolvenzordnung<br />

die Möglichkeit, unternehmen mittels<br />

insolvenzplanverfahren zu sanieren 1 . Zwar gibt<br />

es auch aus den anfangsjahren des insolvenz ­<br />

plans in deutschland einige durchaus positive<br />

beispiele 2 , allerdings stellten diese bis<br />

einschließlich 2008 die absolute ausnahme<br />

dar.<br />

dies hat sich seit Mitte 2009 signifi kant geändert:<br />

derzeit liegt bei mind. einem von drei<br />

größeren insolvenzverfahren das Wort „Planverfahren“<br />

bereits mit antragstellung in der<br />

Luft, so dass alle institutionellen gläubiger<br />

zunehmend mit dieser Verfahrensart in berührung<br />

kommen.<br />

entgegen früherer eher ablehnender Haltungen<br />

lässt sich denn auch heute in der Praxis<br />

erkennen, dass gläubiger den Planaktivitäten<br />

– zumindest anfänglich – oftmals positiv<br />

gegenüberstehen, auch wenn aufgrund der<br />

neuartigkeit dieser Verfahrensart immer noch<br />

eine gewisse unsicherheit im umgang mit<br />

solchen initiativen zu spüren ist.<br />

Welche anforderungen sollten an einen Planentwurf<br />

gestellt werden? Welche Prüfungskriterien<br />

gibt es, die erfolgswahrscheinlichkeit eines<br />

insolvenzplans zu überprüfen? Wie können<br />

gläubiger die annahmewahrscheinlichkeit von<br />

insolvenzplänen einschätzen oder gar beeinfl<br />

ussen? Welche Möglichkeiten zur generierung<br />

von alternativen gibt es? diese Fragestellungen<br />

sind deshalb von großer bedeutung, weil die<br />

bisherige insolvenzpraxis leider zeigt, dass eine<br />

Vielzahl initiierter insolvenzpläne im Laufe des<br />

Verfahrens scheitert. Wurden in diesen Fällen<br />

jedoch nicht frühzeitig alternative Lösungen<br />

aufgebaut, bleibt für das unternehmen oftmals<br />

nur noch die Liquidation oder die umsetzung<br />

eines Planverfahrens mit unbefriedigender<br />

Lösungsqualität.<br />

II. Der Insolvenzplan als Verwertungsform<br />

i. S. d. InsO<br />

bekanntermaßen stellt die insolvenzordnung<br />

als alternative zur Liquidation 3 zwei konzeptionelle<br />

Möglichkeiten zur Verfügung, welche<br />

zu einer unternehmenssanierung beitragen<br />

können: die übertragende Sanierung sowie<br />

das Insolvenzplanverfahren 4 . statistisch<br />

im Vordergrund steht dabei immer noch die<br />

übertragende sanierung, bei der das Vermögen<br />

im Wege eines asset deals auf einen investor<br />

übertragen wird. das insolvenzplanverfahren<br />

ist demgegenüber meist ein instrument<br />

des schuldnerischen unternehmens selbst, die<br />

wirtschaftliche krise zu meistern 5 .<br />

oberstes Ziel des insolvenzverfahrens ist es,<br />

die befriedigungschancen für die gesamtheit<br />

der gläubiger zu optimieren. deshalb werden<br />

den beteiligten alle drei genannten arten der<br />

Masseverwertung gleichrangig zur Verfügung<br />

gestellt 6 . die gläubiger sollen aufgrund der<br />

gläubigerautonomie im Wettbewerb um die<br />

beste Verwertungsart die optimale Masseverwertung<br />

entdecken und durchsetzen. Vor<br />

diesem Hintergrund muss ein insolvenzplan<br />

nicht nur isoliert, sondern immer auch im direkten<br />

Vergleich mit den anderen Verwertungsarten<br />

geprüft werden 7 .<br />

III. Frühzeitige Beurteilung der<br />

Erfolgschancen des Insolvenzplanverfahrens<br />

Wird ein Planverfahren erst einmal vorgeschlagen,<br />

stellt sich für die gläubiger bereits im vorläufi<br />

gen insolvenzverfahren die Frage, ob ein<br />

solches Vorhaben unterstützt oder ggf. zusätzlich<br />

auf eine Verwertung im rahmen eines regelinsolvenzverfahrens<br />

gesetzt werden sollte.<br />

ein wesentliches entscheidungskriterium sind<br />

dabei selbstverständlich die Erfolgsaussichten<br />

der Planinitiative. eine detaillierte beurteilung


der Chancen mag in diesem frühen Verfahrensstadium<br />

noch recht schwierig erscheinen,<br />

da die datenlage zu diesem Zeitpunkt meist<br />

noch recht rudimentär ist. dennoch ist es – aufgrund<br />

der statistisch verhältnis mäßig hohen<br />

„abbruchquoten“ bei Planverfahren – unerlässlich,<br />

die erfolgsaussichten frühzeitig abzuschätzen,<br />

um den eigenen Handlungsspielraum aufrecht<br />

zu erhalten. denn wer zu lange auf einen<br />

aussichtslosen insolvenzplan setzt, riskiert am<br />

ende meist eine Liquidation des unternehmens<br />

und damit regelmäßig äußerst niedrige<br />

befriedigungsquoten.<br />

in der Praxis haben sich kriterien herauskristallisiert,<br />

aufgrund derer die erfolgswahrscheinlichkeit<br />

bereits frühzeitig eingeschätzt werden<br />

kann. studien 8 haben ergeben, dass der erfolg<br />

von Planverfahren im Wesentlichen durch folgende<br />

drei kriterien bestimmt wird 9 .<br />

1. Erfolgsfaktor 1: Frühzeitige Vorlage<br />

eines Planentwurfs<br />

ein äußerst verlässlicher Faktor bei der beurteilung<br />

der erfolgswahrscheinlichkeit eines angedachten<br />

insolvenzplanverfahrens ist der Zeitpunkt<br />

dessen Initiierung. generell lässt sich<br />

sagen: Je früher mit der Vorbereitung des Planverfahrens<br />

begonnen wurde, desto höher sind<br />

die Chancen auf eine erfolgreiche umsetzung.<br />

dies hängt im Wesentlichen damit zusammen,<br />

dass die erarbeitung und abstimmung eines<br />

belastbaren Planentwurfs regelmäßig viel Zeit<br />

kostet. darüber hinaus beweist ein frühzeitig<br />

eingeleitetes Planverfahren Weitsicht und<br />

schafft bei den relevanten stakeholdern entsprechendes<br />

Vertrauen.<br />

beginnt der Planinitiator – wie häufig der Fall –<br />

erst während des laufenden antragsverfahrens<br />

mit der Planerstellung, so ist die Wahrscheinlichkeit<br />

sehr groß, dass die Zeit am ende davon<br />

läuft. die erfolgschancen sind dagegen hoch,<br />

wenn der Planinitiator schon vorinsolvenzlich<br />

mit der erarbeitung begonnen hat und mit der<br />

antragstellung bereits einen ersten substantiierten<br />

Planentwurf vorlegen kann (sog. prepackaged<br />

plan).<br />

die Praxis zeigt: die erfolgsaussichten eines<br />

insolvenzplans nehmen überproportional<br />

stark ab, je später er initiiert wird. Wird daher<br />

mit antragstellung nicht unmittelbar auch ein<br />

erster belastbarer Planentwurf vorgelegt, ist<br />

aus sicht der gläubiger – aber auch der insolvenzverwaltung<br />

– erhöhte Vorsicht geboten.<br />

besondere achtsamkeit ist auch dann geboten,<br />

wenn der korrespondierende insolvenzantrag<br />

nicht frühzeitig wegen „drohender Zahlungsunfähigkeit“<br />

gestellt wird. denn in diesen<br />

Fällen wird der insolvenzplan vielfach nicht als<br />

ernsthaftes sanierungsinstrument in betracht<br />

gezogen, sondern lediglich als allerletzte Möglichkeit<br />

angesehen, auf irgendeine Weise noch<br />

etwas zu retten.<br />

2. Erfolgsfaktor 2: Entwicklung eines<br />

umsetzbaren Sanierungskonzepts<br />

abgesehen von der sanierungswürdigkeit und<br />

­fähigkeit des schuldnerunternehmens ist die<br />

entwicklung eines umsetzbaren sanierungskonzepts<br />

ein weiterer essentieller erfolgsfaktor<br />

für das insolvenzplanverfahren und für<br />

die nachhaltige sanierung des schuldnerunternehmens.<br />

da spätestens mit der insolvenz<br />

des unternehmens klar ist, dass ein „weiter wie<br />

bisher“ nicht möglich ist, muss das sanierungskonzept<br />

meist radikale sanierungsmaßnahmen<br />

aufweisen. selbst wenn dies zu einem umfangreichen<br />

arbeitsplatzabbau führen kann, darf es<br />

dabei keine „heiligen kühe“ geben (z. b. unprofitable<br />

geschäfts­ oder Produktbereiche). Weiterhin<br />

muss das konzept hinreichend „operationalisiert“,<br />

d. h. in konkreten Maßnahmenplänen<br />

detailliert, sein. die sanierungsmaßnahmen<br />

sind darüber hinaus zu quantifizieren und die<br />

entsprechenden einsparpotenziale auf einer<br />

Zeitschiene zu hinterlegen 10 .<br />

die Praxiserfahrung zeigt, dass die Qualität<br />

der in insolvenzplänen enthaltenen sanierungskonzepte<br />

ganz unterschiedlich ausfällt.<br />

die spanne reicht von wenig detaillierten,<br />

unplausiblen „Wunschvorstellungen“ bis hin zu<br />

ausführlichen und realistischen Maßnahmenplänen.<br />

Je konkreter der insolvenzplan an<br />

dieser stelle ist, desto höher ist am ende auch<br />

dessen umsetzungswahrscheinlichkeit.<br />

das vorgelegte sanierungskonzept entscheidet<br />

meist nicht nur über die nachhaltigkeit<br />

der Fortführungslösung, sondern auch über<br />

die Finanzierbarkeit der angebotenen befriedigungsquoten.<br />

denn der insolvenzplan enthält<br />

eine integrierte Planungsrechnung, die in<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Wer zu lange auf<br />

einen aussichtslosen<br />

Insolvenzplan setzt,<br />

riskiert am Ende<br />

meist eine Liquidation<br />

des Unternehmens<br />

und damit<br />

regelmäßig äußerst<br />

niedrige Befriedigungsquoten.<br />

«<br />

8 die ergebnisse der perspektiv/Handelsblattstudie<br />

können unter http://www.perspektiv.<br />

de/downloads/Per_kZ5_17.pdf bzw. http://<br />

www.perspektiv.de/downloads/perspektiv_<br />

studie_handelsblatt.pdf sowie die ergebnisse<br />

der perspektiv/Zinso­studie unter http://www.<br />

perspektiv.de/downloads/Zinso_nL_7_10.pdf<br />

heruntergeladen werden.<br />

9 Vgl. hierzu auch Fröhlich/Sittel, FP 2<strong>01</strong>0 s. 34 f.<br />

10 das operative sanierungskonzept mündet auf<br />

diese Weise in der für den insolvenzplan erforderlichen<br />

ergebnis­, bilanz­ und Liquiditätsplanung.<br />

39


eitrag<br />

» Das vorgelegte<br />

Sanierungskonzept<br />

entscheidet meist<br />

nicht nur über die<br />

Nachhaltigkeit der<br />

Fortführungslösung,<br />

sondern auch über die<br />

Finanzierbarkeit der<br />

angebotenen Befriedigungsquoten.<br />

«<br />

11 Ähnlich sächsische aufbaubank, bereich Wirtschaftsförderung,<br />

expertenbefragung insolvenz<br />

planverfahren 20<strong>01</strong>, durchgeführt von der<br />

tu dresden, Lehrstuhl für Marketing, s. 33.<br />

40<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

ihrem Liquiditätsteil die vorgeschlagenen Zahlungsströme<br />

an die gläubiger determiniert. die<br />

belastbarkeit des sanierungskonzepts ist für<br />

die gläubiger insbesondere dann von herausragender<br />

bedeutung, wenn die befriedigung<br />

über einen längeren Zeitraum „gestreckt“ wird.<br />

denn sollte die Planung nicht erreicht werden,<br />

so steht u. u. keine ausreichende Liquidität<br />

mehr für die geplanten „ausschüttungen“ zur<br />

Verfügung. die erfolgschancen eines insolvenzplans<br />

sind somit nur dann hoch, wenn im<br />

rahmen des darstellenden teils des insolvenzplans<br />

ein belastbares, umsetzbares sanierungskonzept<br />

vorgelegt wird.<br />

3. Erfolgsfaktor 3: Zufluss von „frischem<br />

Geld“<br />

die erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt,<br />

dass insolvenzpläne vielfach an ihrer Finanzierung<br />

scheitern, weil die Planinitiatoren – insbesondere<br />

die alt­gesellschafter – über keine ausreichenden<br />

eigenen Mittel verfügen, eine neue<br />

Fremdfinanzierung nicht zustande bringen und<br />

Co­investoren nicht gefunden oder erst gar<br />

nicht gewünscht werden. trotz der finanziellen<br />

erleichterungen im rahmen des insolvenzverfahrens<br />

sind zumeist signifikante zusätzliche<br />

Finanzierungsmittel erforderlich, um die<br />

nachhaltigkeit der sanierung zu gewährleisten<br />

und um eine Mindestausschüttung an die gläubiger<br />

sicherstellen zu können 11 .<br />

in der Praxis tritt das Problem regelmäßig in<br />

drei Facetten auf:<br />

Von den Planinitiatoren wird im Planentwurf<br />

keinerlei „fresh money“ eingeplant.<br />

diese Variante lässt sich aus sicht der gläubiger<br />

spätestens mit Vorlage des ersten<br />

Plan entwurfs erkennen.<br />

der Planentwurf sieht zwar neue Finanzmittel<br />

vor, die Mittelherkunft ist jedoch nicht<br />

konkret hinterlegt. die Planinitiatoren<br />

machen dabei geltend, dass der kapitalgeber<br />

erst im weiteren Verlauf des Verfahrens<br />

identifiziert werden muss.<br />

es liegt frühzeitig noch überhaupt kein Plan<br />

vor, so dass sich diese Frage aus sicht der<br />

gläubiger überhaupt nicht beurteilen lässt.<br />

das thema hat insofern eine hohe brisanz, als<br />

sich die fehlende Finanzierung meist erst zu<br />

einem späteren stadium des Verfahrens final<br />

bestätigt. Zuvor werden von den Planinitiatoren<br />

oftmals „durchhalteparolen“ ausgegeben<br />

oder gar „nebelbomben“ geworfen. Vor diesem<br />

Hintergrund sollten die gläubiger das thema<br />

„fresh money“ unmittelbar auf die agenda bringen<br />

und von den Planinitiatoren konkrete aktivitäten<br />

und aussagen verlangen.<br />

Mit einer ausgefeilten „Verschleppungstaktik“<br />

kann es vermeintlich besonders gewieften<br />

Plan initiatoren gelingen, den einigungsdruck<br />

auf die gläubiger derart zu erhöhen,<br />

dass am ende auch unvorteilhaften insolvenzplänen<br />

mit suboptimalen befriedigungsquoten<br />

zugestimmt werden muss. dies ist insbesondere<br />

dann der Fall, wenn das Planverfahren als<br />

einzige Fortführungsalternative verfolgt wird.<br />

denn ist das Verfahren erst einmal weit fortgeschritten<br />

und können die gläubiger nur noch<br />

zwischen dem vorgelegten Planentwurf und<br />

einer Liquidation entscheiden, so ist es aus der<br />

sicht der Plan initiatoren verhältnismäßig einfach,<br />

die gläubiger „auszuquetschen“.<br />

da viele insolvenzpläne an ihrer Finanzierung<br />

scheitern, kommt diesem aspekt – gerade im<br />

aktuellen Finanzierungsumfeld – eine besonders<br />

hohe bedeutung zu. Wird dieses thema<br />

bei antragstellung daher nicht bereits proaktiv<br />

und konkret von den Planinitiatoren adressiert,<br />

sollten die gläubiger und die insolvenzverwaltung<br />

skeptisch sein und das thema investorensuche<br />

unmittelbar anstoßen.<br />

4. Zwischenfazit<br />

die erfolgsaussichten eines insolvenzplanverfahrens<br />

lassen sich in einer belastbaren erstabschätzung<br />

an den drei vorgenannten erfolgsfaktoren<br />

festmachen. Mithilfe dieser kriterien<br />

lässt sich aus der sicht der gläubiger zuverlässig<br />

und frühzeitig abschätzen, wie mit einem<br />

Planvorhaben umgegangen werden sollte.<br />

Wenn mit antragstellung die o. g. aspekte nicht<br />

bereits klar adressiert sind, sollten bei allen<br />

gläubigern die alarmglocken läuten. denn<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass das Planvorhaben<br />

nicht realisiert werden kann, ist in diesen Fällen<br />

extrem hoch. daher wäre es mehr als fahr lässig,<br />

nicht bereits in diesem frühen stadium – zumindest<br />

parallel – auf alternative Lösungsansätze<br />

zu setzen. es sollte dann unmittelbar mit einer<br />

investorensuche begonnen werden, sei es


zur unterstützung der Planinitiative oder zur<br />

umsetzung einer übertragenden sanierung.<br />

die Praxis hat dabei gezeigt, dass in allen größeren<br />

insolvenzverfahren, in denen eine nachhaltige<br />

sanierung mittels Planverfahren möglich<br />

ist, immer auch eine übertragende sanierung<br />

realisierbar sein wird. denn fällt die für den Plan<br />

erforderliche Prüfung der sanierungswürdigkeit<br />

sowie ­fähigkeit positiv aus und ist das<br />

schuldnerunternehmen daher auch zukünftig<br />

„marktfähig“, so werden sich auch im rahmen<br />

eines investorenprozesses interessenten finden<br />

lassen, die einen realistischen, am Markt erzielbaren<br />

kaufpreis zu zahlen bereit sind. aus der<br />

sicht der gläubiger wird daher das Planverfahren<br />

fast niemals die einzige und unbedingt bessere<br />

alternative sein können.<br />

IV. Das umstrittene Instrument<br />

der Eigenverwaltung<br />

Mit der eigenverwaltung hat der gesetzgeber<br />

ein instrument geschaffen, dem schuldnerunternehmen<br />

im einzelfall die insolvenzabwicklung<br />

selbst zu überlassen 12 . der schuldner<br />

fungiert dann als sog. „debtor in possession“,<br />

d. h. er verwaltet die beschlagnahmte Masse<br />

zugunsten der gläubiger als „amtswalter in<br />

eigener sache“ 13 . die eigenverwaltung erfreut<br />

sich – aus verständlichen gründen – bei gesellschaftern<br />

und geschäftsführern besonderer<br />

beliebtheit, da das unternehmen so „Herr im<br />

ring“ bleibt und lediglich durch einen sachwalter<br />

kontrolliert wird.<br />

dem instrument wird in der Literatur und der<br />

insolvenzpraxis vielfach erhebliches Misstrauen<br />

entgegengebracht, da die ernsthafte<br />

gefahr besteht, dass der „bock zum gärtner“<br />

gemacht wird 14 . in den aktuellen reformbemühungen<br />

des gesetzgebers finden diese bedenken<br />

keine berücksichtigung, da dieses instrument<br />

zur regel in einem insolvenzverfahren<br />

erhoben werden soll.<br />

Problematisch ist v. a., wenn die Verwaltungs­<br />

und Verfügungsbefugnis des schuldnerunternehmens<br />

dazu genutzt wird, die eigene<br />

Planinitiative zum nachteil der gläubiger<br />

„durchzudrücken“, indem alternative Lösungsoptionen<br />

insoweit torpediert werden, als am<br />

ende nur die Planannahme oder die Liquida­<br />

tion des schuldnerunternehmens zur auswahl<br />

stehen. eine max. gläubigerbefriedigung<br />

kann auf diese Weise selbstredend nicht erzielt<br />

werden.<br />

das Funktionieren des rechtsinstituts der<br />

eigenverwaltung hängt – gerade in kritischen<br />

Fällen – stark davon ab, wie der sachwalter<br />

seine kontrollfunktion wahrnimmt. Hier muss<br />

der sachwalter stark genug sein, der eigenverwaltung<br />

Paroli zu bieten und sie ggf. in ihre<br />

schranken zu verweisen. gibt es gar einen<br />

schulterschluss von eigenverwaltung und<br />

sachwalter, sind die aussichten der gläubiger<br />

meist düster.<br />

die oftmals vom schuldnerunternehmen angestrebte<br />

„Paarbildung“, d. h. der das schuldnerunternehmen<br />

beratende insolvenzrechtsexperte<br />

versucht, einen ihm genehmen und wohl<br />

gewogenen kollegen zum Verwalter bestellen<br />

zu lassen, ist daher grundsätzlich sehr kritisch<br />

zu betrachten. Vor diesem Hintergrund stellt<br />

sich die Frage, wie sich gläubiger im Fall eines<br />

antrags auf eigenverwaltung positionieren sollten<br />

und welche einflussmöglichkeiten sie hierbei<br />

haben.<br />

Zunächst ist festzuhalten, dass die anordnung<br />

der eigenverwaltung formal durch das<br />

insolvenzgericht erfolgt. die anordnung setzt<br />

jedoch gem. § 270 abs. 2 nr. 3 inso explizit<br />

voraus, dass keine nachteile für die gläubiger<br />

zu erwarten sind. insoweit hat das gericht eine<br />

Prognoseentscheidung zu treffen.<br />

grundvoraussetzung für die unterstützung<br />

einer beantragten eigenverwaltung ist ein<br />

uneingeschränktes Vertrauen in das Management.<br />

Liegt dies nicht (mehr) vor und bestehen<br />

daher ernsthafte Zweifel an der anordnung der<br />

eigenverwaltung, ist den gläubigern dringend<br />

angeraten, ihre bedenken unverzüglich beim<br />

insolvenzgericht vorzubringen und ggf. sogar<br />

rechtsmittel gegen die anordnung einzulegen.<br />

ist die eigenverwaltung erst einmal angeordnet<br />

und zeigt sich, dass der oftmals das<br />

Management diesbezüglich unterstützende<br />

juristische berater die interessen der gläubiger<br />

nicht adäquat vertritt, ist ein gegenlenken<br />

meist bereits zu spät, da entsprechende rechtsmittel<br />

zu langwierig sind. im Zweifel sollten die<br />

gläubiger sich daher bereits zum Zeitpunkt der<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die Praxis hat<br />

gezeigt, dass in allen<br />

größeren Insolvenzverfahren,<br />

in denen<br />

eine nachhaltige<br />

Sanierung mittels<br />

Planverfahren möglich<br />

ist, immer auch<br />

eine übertragende<br />

Sanierung realisierbar<br />

sein wird. «<br />

12 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 270 rn. 1, Smid/<br />

Rattunde, a. a. o (Fn. 1), s. 90 f.<br />

13 Vgl. Smid/Rattunde, a. a. o. (Fn. 1), s. 90 f.<br />

14 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 270 rn. 1 f.<br />

41


eitrag<br />

» Es ist zwingend<br />

erforderlich, dass sich<br />

Gläubiger bereits mit<br />

frühen Zwischenständen<br />

des Insolvenz<br />

plans detailliert<br />

auseinandersetzen. «<br />

15 Vgl. http://www.idw.de/idw/portal/d302226/<br />

index.jsp, abgedruckt in WPg 6/2000, s. 285 ff.<br />

16 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 232 rn. 1 ff.,<br />

Smid/Rattunde, a. a. o. (Fn. 1), s. 207 ff.<br />

42<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beantragung der eigenverwaltung ausdrücklich<br />

dagegen entscheiden.<br />

die eigenverwaltung scheint dann – aber auch<br />

nur dann – ein taugliches instrument die gläubigerinteressen<br />

zu unterstützen, wenn der „prepackaged<br />

plan“ bereits zum ende des vorläufigen<br />

Verfahrens so weit vorangeschritten ist,<br />

als dass in allen wesentlichen Punkten bereits<br />

einigkeit mit den maßgeblichen stakeholdern<br />

besteht. im Übrigen zeigt die Praxis, dass vom<br />

schuldnerunternehmen angestoßene Planverfahren<br />

sehr wohl auch ohne eigenverwaltung<br />

erfolgreich umgesetzt werden können.<br />

V. Prüfung des vorgelegten Planentwurfs<br />

spätestens mit einreichung des finalen Planentwurfs<br />

beim insolvenzgericht erfolgt von seiten<br />

der insolvenzverwaltung wie auch des insolvenzgerichts<br />

eine Prüfung der formellen und<br />

materiellen anforderungen an den insolvenzplan.<br />

i. d. r. erfolgt allerdings keine detaillierte<br />

Prüfung der komponenten, die für den wirtschaftlichen<br />

erfolg und damit für die befriedigungsquote<br />

(sanierungskonzept und „fresh<br />

money“) verantwortlich sind. die Mindestvoraussetzungen<br />

an den aufbau eines insolvenzplans<br />

sind in den §§ 220 ff. inso gesetzlich<br />

normiert. darüber hinaus hat das institut<br />

der Wirtschaftsprüfer im „idW standard: anforderungen<br />

an insolvenzpläne (idW s 2)“ grundsätze<br />

definiert, denen vorgelegte insolvenzpläne<br />

genügen sollten 15 .<br />

in professionell vorbereiteten Planverfahren<br />

ist es üblich, dass frühzeitig – d. h. schon mit<br />

antragstellung oder spätestens im Verlauf des<br />

vorläufigen insolvenzverfahrens – Zwischenstände<br />

des Planentwurfs an die insolvenzverwaltung<br />

und die (Haupt­) gläubiger übermittelt<br />

werden. Ziel aus sicht der Planinitiatoren ist<br />

dabei, die grundzüge des Plans mit den beteiligten<br />

vorabzustimmen, um Überraschungen<br />

bei der späteren Planabstimmung zu vermeiden.<br />

dies ist ein sinnvolles Vorgehen, da sich die<br />

Verwaltung sowie die gläubiger frühzeitig ein<br />

bild über den stand und die Weiterentwicklung<br />

der Planarbeiten machen können.<br />

es ist daher zwingend erforderlich, dass sich<br />

gläubiger bereits mit frühen Zwischenstän-<br />

den des insolvenzplans detailliert auseinandersetzen.<br />

eine kontinuierliche Prüfung ist sinnvoll.<br />

damit keine Zeit verstreicht, sollten sich<br />

die erfolgsaussichten durch Plananpassungen<br />

verändern. Zur Prüfung gehört eine formelle<br />

und materielle Prüfung des vorgelegten<br />

Planentwurfs:<br />

1. Formelle Grundvoraussetzungen<br />

auch wenn die formelle Überprüfung des finalen<br />

Planentwurfs formellrechtlich durch die<br />

insolvenzverwaltung und das insolvenzgericht<br />

erfolgt 16 , sollten sich institutionelle gläubiger<br />

mit den entsprechenden erfordernissen vertraut<br />

machen und frühzeitig zumindest eine<br />

überschlägige Prüfung vornehmen. denn die<br />

formelle Qualität des Planentwurfs erlaubt oftmals<br />

direkte rückschlüsse auf die materielle<br />

Qualität und damit auf die erfolgsaussichten<br />

des insolvenzplans.<br />

der idW s 2 standard enthält als anlage einen<br />

Musterinsolvenzplan, der sehr gut als strukturierungshilfe<br />

bei der Überprüfung der formellen<br />

Voraussetzungen verwendet werden kann.<br />

erfahrungsgemäß folgen die meisten insolvenzpläne,<br />

die mit professioneller externer unterstützung<br />

erstellt worden sind, dieser struktur.<br />

Werden formelle defizite entdeckt, sollten<br />

diese unmittelbar gegenüber der insolvenzverwaltung<br />

oder dem Planersteller kommuniziert<br />

werden, da solche Fehler meist noch behoben<br />

werden können.<br />

2. Materielle Grundvoraussetzungen<br />

aus der sicht der gläubiger wichtiger als die<br />

Formerfordernisse ist der materielle inhalt des<br />

Planentwurfs. bei der materiellen Prüfung spielen<br />

insbesondere folgende aspekte eine wichtige<br />

rolle:<br />

a) Befriedigungsquote und Quotenvergleich<br />

der erste blick der gläubiger bei der durchsicht<br />

von Planentwürfen fällt meist auf die vorgesehene<br />

befriedigungsquote. die von den Planerstellern<br />

angebotene Quote muss dabei<br />

zunächst in ihrer absoluten Höhe der besicherungssituation<br />

sowie den Vorstellungen<br />

der gläubiger rechnung tragen. die Höhe der


Quote sollte jedoch auch zum ausdruck bringen,<br />

dass die sanierung des insolventen unternehmens<br />

nicht (allein) auf kosten der gläubiger<br />

erfolgt. darüber hinaus erfordert das gesetz,<br />

dass – wie bereits dargestellt – die befriedigungsquote<br />

relativ zu den anderen Verwertungsarten<br />

keine schlechterstellung der gläubiger<br />

darstellt.<br />

dies bedeutet zunächst formal, dass der insolvenzplan<br />

einen Passus enthalten muss, in dem<br />

dargestellt wird, welche Quoten im Fall einer<br />

Liquidation aber auch einer übertragenden<br />

sanierung zu erwarten sind 17 . der Vergleich zur<br />

Liquidation fällt aufgrund vorhandener sachverständigengutachten<br />

verhältnismäßig leicht.<br />

schwieriger gestaltet sich oftmals der notwendige,<br />

üblicherweise jedoch fehlende Vergleich<br />

zur Verwertung im rahmen einer übertragenden<br />

sanierung. Wird im konkreten Verfahren<br />

kein paralleler investorenprozess angestoßen,<br />

so lässt sich nur schwer abschätzen, welche<br />

Werte hier zu realisieren wären. nicht ausreichend<br />

ist ein nur pauschaler Hinweis darauf,<br />

dass eine Veräußerung des unternehmens entweder<br />

gar nicht in betracht käme oder nur zu<br />

abstrakt schlechteren konditionen möglich sei.<br />

ist – zumindest bei schuldnerunternehmen<br />

mit über zehn Mio. € umsatz – eine übertragende<br />

sanierung angeblich nicht möglich, ist<br />

das Planverfahren ebenfalls grundsätzlich in<br />

Frage zu stellen. Für ein im rahmen eines Planverfahrens<br />

sanierbares unternehmen wird es<br />

immer auch investorenlösungen im rahmen<br />

einer übertragenden sanierung geben.<br />

die befriedigungsquote erweist sich in vielen<br />

Verfahren als „Verhandlungsgegenstand“, wobei<br />

der erstvorschlag der Planersteller üblicherweise<br />

sehr niedrig angesetzt wird, um sich entsprechenden<br />

spielraum für nachverhandlungen zu<br />

erhalten. in diesem Zusammenhang besteht die<br />

gefahr, dass – wie bereits oben beschrieben –<br />

der Planersteller durch eine geschickte Verzögerungstaktik<br />

die Verhandlungsmacht der<br />

gläubiger einzuschränken versucht. die Versuchung<br />

ist groß, die gläubiger „kurz vor schluss“<br />

vor die entscheidung zu stellen, den Plan anzunehmen<br />

oder sich mit den Liquidationswerten<br />

zufrieden zu geben. gläubiger müssen darauf<br />

achten, dass ihnen mangels alternativlösungen<br />

nicht die Pistole auf die brust gesetzt wird.<br />

b) Zeitpunkt der Befriedigung<br />

da in den meisten Fällen zumindest eine teilbefriedigung<br />

der gläubiger aus künftigen<br />

erlösen erfolgen soll, ist ein weiterer wichtiger<br />

aspekt der „rückzahlungszeitplan“. der im<br />

insolvenzplan integrierten Liquiditätsplanung<br />

ist zu entnehmen, wann der Planersteller die<br />

anteilige rückzahlung der Verbindlichkeiten<br />

vorgesehen hat. das erstangebot der Planersteller<br />

liegt oftmals in einem zeitlich gestreckten<br />

rückzahlungsplan, um die unternehmensliquidität<br />

zu schonen. dies kann so weit gehen,<br />

dass der insolvenzplan eine ratenzahlung<br />

über mehrere Jahre vorsieht. Für die gläubiger<br />

ist dies jedoch meist ein unbefriedigendes<br />

angebot, da die Finanzierbarkeit der rückzahlung<br />

von unkontrollierbaren Fakten, wie<br />

der erfolgreichen umsetzung des sanierungskonzepts<br />

und der einhaltung der Liquiditätsplanung,<br />

abhängt. der tatsächliche rückfluss<br />

ist dadurch mit erheblichen risiken verbunden.<br />

Hinzu kommt, dass sich mathematisch<br />

bei einem solchen Vorschlag die vorgesehene<br />

befriedigungsquote weiter verschlechtert, da<br />

bei einer ratenzahlung die beträge abzuzinsen<br />

sind. ob dann der „Quotenvergleich“ noch positiv<br />

ausfällt, ist in vielen Fällen mehr als fraglich.<br />

c) Belastbarkeit des Sanierungskonzepts<br />

die belastbarkeit des sanierungskonzepts hat<br />

– wie bereits dargestellt – einen unmittel baren<br />

einfluss auf die sicherheit von rückzahlungen.<br />

des Weiteren sind die meisten gläubiger<br />

– unabhängig von ihrem konkreten engagement<br />

– an einer nachhaltigen sanierung des<br />

schuldnerunternehmens interessiert. V. a. aber<br />

beeinflusst die belastbarkeit des sanierungskonzepts<br />

die erfolgswahrscheinlichkeit des<br />

insolvenzplans signifikant. selbst wenn das<br />

thema nachhaltigkeit für die eigenen interessen<br />

nur eine untergeordnete rolle spielt, sind<br />

der insolvenzverwalter, das insolvenzgericht<br />

und v. a. bestimmte gläubigergruppen (z. b.<br />

arbeitnehmervertreter, sozialversicherung)<br />

erheblich daran interessiert, dass die Zukunft<br />

des unternehmens langfristig gesichert ist.<br />

Zur beurteilung des insolvenzplans und<br />

dessen erfolgschance ist daher auch das operative<br />

sanierungskonzept samt Planungsrechnung<br />

detailliert zu prüfen. als Maßgabe für ein<br />

sanierungskonzept hat das institut der Wirt­<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Die Versuchung<br />

ist groß, die Gläubiger<br />

„kurz vor Schluss“<br />

vor die Entscheidung<br />

zu stellen, den Plan<br />

anzunehmen oder<br />

sich mit den Liquidationswertenzufrieden<br />

zu geben. «<br />

17 Vgl. Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), § 220 rn. 5 f., Smid/<br />

Rattunde, a. a. o. (Fn. 1), s. 269 f.<br />

43


eitrag<br />

» Selbst wenn das<br />

Thema Nachhaltigkeit<br />

für die eigenen<br />

Interessen nur eine<br />

untergeordnete<br />

Rolle spielt, sind v. a.<br />

bestimmte Gläubigergruppen<br />

erheblich<br />

daran interessiert,<br />

dass die Zukunft des<br />

Unternehmens langfristig<br />

gesichert ist. «<br />

18 Vgl. etwa Smid/Rattunde, a. a. o. (Fn. 1), s. 175.<br />

19 unter bestimmten Voraussetzungen fingiert das<br />

gesetz die Zustimmung dissentierender gläubigergruppen,<br />

die sich nicht mit den nach § 244<br />

abs. 1 inso vorgesehenen Mehrheiten für die<br />

annahme des insolvenzplans entschieden hat.<br />

Vgl. hierzu etwa Uhlenbrock, a. a. o. (Fn. 1), Vor<br />

§§ 217­269 rn. 43 f.<br />

44<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

schaftsprüfer (idW) den „idW standard: anforderungen<br />

an die erstellung von sanierungskonzepten<br />

(idW s 6)“ veröffentlicht.<br />

d) Gruppenbildung<br />

Wenngleich der gesetzgeber in § 222 abs. 1<br />

inso Vorschriften für die gruppenbildung normiert<br />

hat, besteht im rahmen der konkreten<br />

ausgestaltung durch den Planersteller ein weitgehender<br />

gestaltungsspielraum 18 .<br />

Vor dem Hintergrund des sog. obstruktionsverbots<br />

19 kann durch eine geschickte gruppenbildung<br />

die annahmewahrscheinlichkeit<br />

des insolvenzplans erhöht werden. die rechtlichen<br />

grenzen der gruppenbildung sind im<br />

gesetz nicht exakt formuliert, so dass der Prüfungsumfang<br />

des insolvenzgerichts hier auch<br />

eingeschränkt ist. dennoch sollten gläubiger<br />

die gruppenbildung auf Fehlerhaftigkeit aber<br />

auch auf mögliche taktische Zielsetzungen der<br />

Planinitiatoren hin überprüfen.<br />

e) Zwischenfazit<br />

Vorgelegte Planentwürfe sind einer detaillierten<br />

formellen und materiellen Prüfung zu<br />

unterziehen. die genannten aspekte betreffen<br />

dabei nicht immer nur die eigenen interessen,<br />

haben aber entscheidenden einfluss auf<br />

die annahmewahrscheinlichkeit des insolvenzplans<br />

durch die gläubigergemeinschaft und<br />

damit implizit auf die eigene Positionierung.<br />

VI. Aktive Begleitung des Planverfahrens<br />

durch die Gläubiger<br />

die erfolgreiche umsetzung von insolvenzplänen<br />

hängt jedoch nicht nur von der zuvor<br />

beschriebenen Überprüfung des Planentwurfs<br />

ab. die annahme­ und erfolgswahrscheinlichkeit<br />

steht und fällt darüber hinaus mit einer<br />

aktiven beteiligung der gläubiger im Verfahren.<br />

1. Vorabstimmung der wesentlichen<br />

Gläubigergruppen<br />

die erfolgschancen eines insolvenzplanverfahrens<br />

können wesentlich erhöht werden,<br />

wenn die verschiedenen gläubiger sich<br />

bereits frühzeitig abstimmen und die eigenen<br />

interessen offen gegenüber den ande­<br />

ren gläubigern, der insolvenzverwaltung<br />

und dem Planinitiator kommunizieren. regel ­<br />

mäßig haben selbst die beteiligten institutionellen<br />

gläubiger aufgrund der besicherungssituation,<br />

Vorgaben des eigenen Hauses etc.<br />

ganz unterschiedliche erwartungen und interessenlagen.<br />

gelingt es nicht, diese unter einen<br />

Hut zu bringen, so besteht die große gefahr,<br />

dass der Plan – trotz obstruktionsverbot –<br />

am ende scheitert. dann ist es jedoch meist<br />

zu spät, alternative Lösungen zu verfolgen, so<br />

dass nur die Liquidation und damit meist suboptimale<br />

ergebnisse für die gläubiger erzielt<br />

werden.<br />

2. Offene Kommunikation<br />

damit die Planinitiatoren eine realistische<br />

Chance haben, die belange der gläubiger zu<br />

berücksichtigen, sollten letztere bereits im<br />

vorläufigen Verfahren genau definieren, unter<br />

welchen Voraussetzungen sie ein Planvorhaben<br />

unterstützen. dabei können aspekte wie<br />

die befriedigungsquote, der Zeitpunkt der<br />

befriedigung, der Zufluss von „fresh money“,<br />

die darstellung eines belastbaren Vergleichs<br />

zur übertragenden sanierung, die einbindung<br />

von restrukturierungsexperten etc.<br />

eine wichtige rolle spielen. den Planinitiatoren<br />

sollten genaue „Leitplanken“ aufgezeigt<br />

werden, innerhalb derer sich der insolvenzplan<br />

bewegen muss. auch gegenüber der<br />

insolvenzverwaltung sollten diese anforderungen<br />

und befindlichkeiten frühzeitig kommuniziert<br />

werden, damit sie ihren einfluss auf<br />

die Planersteller geltend machen kann. nur auf<br />

diese Weise kann sich die Verwaltung auch ein<br />

eigenes bild darüber machen, ob die Planinitiative<br />

aussicht auf erfolg hat oder ob sinnvollerweise<br />

andere Lösungsoptionen verfolgt<br />

werden sollten.<br />

3. Enge und aktive Begleitung des<br />

Planverfahrens<br />

aufgrund der statistisch hohen „abbruchquote“<br />

bei insolvenzplanverfahren ist den<br />

gläubigern dringend angeraten, das Verfahren<br />

von anfang an äußerst aktiv zu begleiten<br />

und beim insolvenzverwalter eine entsprechende<br />

information und beteiligung einzufordern.<br />

Von anfang an sind die gläubiger<br />

gefordert, sich insbesondere zu den themen<br />

sanierungskonzept, „fresh money“ und „inves­


torensuche“ sowie dem aufbau alternativer<br />

Lösungen klar zu äußern. den Planerstellern<br />

und der insolvenzverwaltung sollte frühzeitig<br />

kommuniziert werden, welche konkreten<br />

anforderungen gestellt werden. es ist essen ­<br />

tiell, dass sich die gläubiger im weiteren Verlauf<br />

des Verfahrens kontinuierlich über den Planfortschritt<br />

informieren, um die erfolgswahrscheinlichkeit<br />

besser einschätzen zu können.<br />

bei einem passiven, abwartenden Verhalten<br />

ist die gefahr groß, dass erst zu spät erkannt<br />

wird, dass das Verfahren in eine falsche richtung<br />

läuft und die eigenen interessen dadurch<br />

negativ berührt werden. Werden insbesondere<br />

die oben beschriebenen drei erfolgsfaktoren<br />

des Planverfahrens nicht bereits mit antragstellung<br />

vehement eingefordert, besteht eine<br />

große gefahr, dass das Verfahren gegen die<br />

eigenen Vorstellungen verläuft. ein „Zurück“<br />

ist dann meist nicht mehr möglich.<br />

4. Zwischenergebnis<br />

Zur Überprüfung des insolvenzplans und<br />

dessen erfolgsaussichten gehört die klare kommunikation<br />

von anforderungen innerhalb der<br />

gläubigergruppe sowie gegenüber der insolvenzverwaltung<br />

als auch den Planinitiatoren.<br />

essentiell ist dabei, den abstimmungsvorgang<br />

bereits frühzeitig im vorläufigen Verfah­<br />

PrAXISTIPPS<br />

ren anzustoßen, damit etwaige „show­stopper“<br />

schnell erkannt werden.<br />

VII. Fazit<br />

die umsetzung von insolvenzplänen bietet<br />

gläubigern unter bestimmen Voraussetzungen<br />

die Möglichkeit, ihre befriedigung zu optimieren.<br />

Vor dem Hintergrund hoher „abbruchraten“<br />

sind jedoch eine proaktive begleitung<br />

des Verfahrens sowie eine intensive Prüfung<br />

des vorgelegten Planentwurfs spätestens<br />

unmittelbar nach antragstellung an erforderlich.<br />

können die erfolgsfaktoren des Planverfahrens<br />

– die frühzeitige Vorlage eines Planentwurfs,<br />

die entwicklung eines umsetzbaren<br />

sanierungskonzeptes sowie der Zufluss von<br />

„ frischem geld“ – nicht frühzeitig sichergestellt<br />

werden, drohen unbefriedigende ergebnisse.<br />

aufgrund der hohen unsicherheit über den<br />

ausgang des Planverfahrens ist es fast immer<br />

empfehlenswert, alternative Verwertungsoptionen<br />

parallel zu prüfen, um eine abhängigkeit<br />

von den Planerstellern zu vermeiden.<br />

die anordnung einer eigenverwaltung führt<br />

dabei oftmals dazu, dass kaum noch einflussmöglichkeiten<br />

auf den weiteren Verfahrensablauf<br />

bestehen und somit eine unbefriedigende<br />

Lösungsqualität vorprogrammiert ist. £<br />

<strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

beitrag<br />

» Es ist essentiell,<br />

dass sich die<br />

Gläubiger im weiteren<br />

Verlauf des Verfahrens<br />

kontinuierlich<br />

über den Planfortschrittinformieren,<br />

um die Erfolgswahrscheinlichkeit<br />

besser einschätzen<br />

zu können. «<br />

die frühzeitige initiierung des Plans und dessen einreichung mit stellung des insolvenzantrags sind erfolgsdeterminierend.<br />

erfolgskritisch für einen insolvenzplan sind weiterhin ein substantiiertes und realisierbares sanierungskonzept – mit entsprechender<br />

operationalisierung in der guV.<br />

das institut der Wirtschaftsprüfer hat zur orientierung standards verabschiedet, welche die Mindestanforderungen an<br />

insolvenzpläne (idW s2) und sanierungskonzepte (idW s6) darlegen.<br />

Von den Planinitiatoren sind frühzeitig verbindliche aussagen zur Finanzierung des Vorhabens einzufordern.<br />

eigenverwaltung kann nur dann ein taugliches instrument darstellen, wenn zum ende des vorläufigen Verfahrens der<br />

pre­packaged plan im Wesentlichen mit den stakeholdern abgestimmt ist.<br />

Parallel zum insolvenzplan sind immer alternative Fortführungslösungen zu erarbeiten, damit im Fall der ablehnung<br />

nicht die Liquidation droht.<br />

45


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ezensionen<br />

<strong>01</strong><br />

02<br />

sicherheitenverwertung,<br />

Forderungsbeitreibung<br />

<strong>01</strong> Privatinsolvenz<br />

48 <strong>01</strong> / 2<strong>01</strong>1 <strong>ForderungsPraktiker</strong><br />

Dr. Andreas Schmidt: Privatinsolvenz – Leitfaden für<br />

den Weg zur restschuldbefreiung. Verlag C. H. beck,<br />

München, 3. aufl. 2009. 231 s., 39 €.<br />

w die Privatinsolvenz ist längst zum Massengeschäft<br />

geworden: Weit mehr als 100.000 schuldner begeben<br />

sich pro Jahr ins Verfahren und hoffen, nach sechs Jahren<br />

schuldenfrei zu sein. aber nicht nur für schuldner und<br />

ihre berater ist eine genaue kenntnis der Materie unverzichtbar.<br />

auch der Vermieter und der arbeitgeber des<br />

schuldners sowie Personen, denen der schuldner unterhaltsverpflichtet<br />

ist, sind gezwungen, sich detailliert<br />

mit der Privatinsolvenz zu befassen. Mittlerweile hat<br />

sich die Privatinsolvenz fest etabliert. der bgH hat zu<br />

wesentlichen Fragen stellung genommen und die Privatinsolvenz<br />

zu einer facettenreichen spezial­Materie<br />

entwickelt. in der Praxis haben sich bei der abwicklung<br />

dieser Verfahren usancen herausgebildet, die sich nicht<br />

aus dem gesetz entnehmen lassen.<br />

die vorliegende dritte auflage trägt diesen veränderten<br />

rahmenbedingungen rechnung. der Handbuch­teil<br />

schildert den ablauf eines Privatinsolvenzverfahrens<br />

vom gang zur schuldnerberatungsstelle bis zur erteilung<br />

der restschuldbefreiung. Praxistipps helfen, typische<br />

Fehler und Fallstricke zu vermeiden.<br />

im ratgeber­teil werden wichtige Fragen zu den auswirkungen<br />

eines Privatinsolvenzverfahrens auf den schuldner<br />

und sein umfeld präzise beantwortet. der band<br />

wendet sich an schuldner, schuldnerberater, richter,<br />

rechtspfleger, gerichtsvollzieher, anwälte und steuerberater,<br />

ist aber auch geeignet für Mitarbeiter von<br />

abwicklungsabteilungen für den Privatkundensektor<br />

in banken, um sich einen Überblick über kleininsolvenzverfahren<br />

zu verschaffen. £<br />

risikomanagement, sanierung,<br />

Forderungsbeitreibung<br />

02 Insolvenzanfechtung anhand von<br />

Rechtsprechungsbeispielen<br />

Berthold Schäfer: insolvenzanfechtung anhand von<br />

rechtsprechungsbeispielen. Lexisnexis, Münster, 2<strong>01</strong>0.<br />

519 s., 78 €.<br />

w das anfechtungsrecht ist nicht nur hoch praxisrelevant,<br />

sondern oft auch verwirrend, z. b. wenn die bezah­<br />

lung einer berechtigten Forderung wegen Vollstreckungsdruck<br />

inkongruent (= „nicht zu beanspruchen“) wird und<br />

die inkongruenz wiederum ein indiz sein soll, dass der<br />

schuldner mit gläubigerbenachteiligungsvorsatz geleistet<br />

und der gläubiger dies erkannt habe. auch die anfechtbarkeit<br />

einer aufrechnungslage oder die unentgeltlichkeit<br />

einer tilgung erschließt sich nicht ohne weiteres.<br />

dies erschwert den einstieg in das anfechtungsrecht<br />

anhand der üblichen kommentarliteratur: Wer nicht<br />

ohnehin schon weiß, dass die inkongruenz ein indiz im<br />

rahmen der vorsätzlichen gläubigerbenachteiligung ist,<br />

schaut gar nicht erst bei der kommentierung zu § 133<br />

inso nach. oder wer nicht ohnehin schon weiß, dass<br />

die entstehung einer aufrechnungslage eine inkongruente<br />

gläubigerbenachteiligung sein kann, findet<br />

nicht ohne weiteres zu der kommentierung des § 96<br />

abs. 1 Ziff. 3 inso.<br />

deshalb geht schäfer einen andern Weg und erläutert<br />

das anfechtungsrecht nicht primär anhand des gesetzestextes,<br />

sondern durch Fallbeispiele. das ausgezeichnete<br />

Stichwortverzeichnis verweist z. b. unter dem<br />

stichwort „Zwangsvollstreckung, drohende“ direkt zu dem<br />

beispielsfall „Inkongruente Deckung bei Zahlung unter<br />

dem Druck der bevorstehenden Zwangsvollstreckung“.<br />

unter „Aufrechnung“ findet man ohne weiteres ­ und<br />

insbesondere ohne Vorkenntnisse – den beispielsfall<br />

„Gläubigerbenachteiligung durch Herbeiführung einer<br />

Aufrechnungslage“.<br />

Zusätzlich wird jede Vorschrift kurz und verständlich<br />

kommentiert, streng praxistauglich auf basis der bgHrechtsprechung<br />

und wiederum mit zahlreichen Querverweisen:<br />

es gelingt dem autor z. b., auf gerade einmal<br />

sieben seiten zur inkongruenzanfechtung nicht nur<br />

die grundlagen darzustellen, sondern auch noch zahlreicher<br />

spezialfälle wie die inkongruenz eines Verzichts,<br />

die nachbesicherung eigener Verbindlichkeiten oder<br />

das Problem der mittelbaren Zuwendung. schneller<br />

und präziser kann man dieses thema nicht darstellen.<br />

damit geht das Werk weit über eine bloße einführung<br />

hinaus. Wer einen ersten Zugang zum anfechtungsrecht<br />

sucht, findet diesen über die einführungen und<br />

das stichwortverzeichnis. Wer die Lösung von spezialfällen<br />

sucht, findet über die jeweilige Vorschrift oder<br />

ebenfalls über das stichwortverzeichnis den passenden<br />

Fall. Zusammenfassend ist das Werk eine wertvolle Hilfe<br />

für jeden, der mit dem anfechtungsrecht zu tun hat<br />

– mehr muss niemand wissen. £<br />

Rechtsanwalt Dr. Thilo Schultze, grub brugger & Partner,<br />

stuttgart

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