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Heimische Pflanzen & Listen - Stiftung Wirtschaft und Ökologie SWO

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Warum eingeführte <strong>Pflanzen</strong> sehr problematisch sein können ...<br />

Im Verlauf von vielen Jahrtausenden hat sich an jedem Standort eine an die von der Natur vorgegebenen<br />

Bedingungen (Klima, Standort, Bodenbeschaffenheit usw.) angepasste <strong>Pflanzen</strong>welt entwickelt, die die<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lage für eine vielfältige Tierwelt bildet. Die <strong>Pflanzen</strong> <strong>und</strong> Tiere haben sich zu Lebensgemeinschaften<br />

entwickelt, zusammengef<strong>und</strong>en oder angepasst. Jede Tierart beansprucht eine auf ihre<br />

Bedürfnisse abgestimmte Nische in der <strong>Pflanzen</strong>decke, einzelne <strong>Pflanzen</strong>arten sind oft mit Dutzenden von<br />

Tierarten verknüpft oder eine Tierart von einer ganz bestimmten <strong>Pflanzen</strong>art abhängig. Unsere heimische<br />

Schmetterlings-, Hummel- <strong>und</strong> Wildbienenfauna liefert unzählige Beispiele für diese grossartigen<br />

"Schicksalsgemeinschaften": So benötigen die Raupen des Zitronenfalters die zwei Sträucher Faulbaum<br />

oder Kreuzdorn. Die Raupen des Grossen Eisvogels <strong>und</strong> des Kleinen Schillerfalters einheimische Pappelarten.<br />

Ohne diese ganz bestimmten Futterpflanzen können sich Insekten insbesondere die Schmetterlinge<br />

<strong>und</strong> Wildbienen nicht entwickeln.<br />

Blütenpflanzen <strong>und</strong> ihre Bestäubung sind ebenfalls eindrucksvolle Beispiele, wie durch stete Anpassung<br />

zwischen verschiedenen Organismen eine gegenseitige Bindung <strong>und</strong> Abhängigkeit entstehen kann. Die<br />

Konstruktion der Blüte <strong>und</strong> die Funktion ihrer Bestäubungsorgane einerseits <strong>und</strong> Körperbau sowie<br />

Verhaltensweise der Bestäubungsinsekten anderseits haben sich evolutionär derart aufeinander<br />

eingerichtet, dass erstaunlich phänomenale Bestäubungsmechanismen entstanden sind, welche die<br />

Weiterentwicklung der Blütenpflanzen sicherstellen.<br />

Neu bei uns eingebrachte, gebietsfremde <strong>Pflanzen</strong>arten (ca. 300 Neophyten-Arten) stehen zumeist<br />

ausserhalb dieses vielfältigen Beziehungsnetzes. Bei den wenigen Tierarten, die von ihnen profitieren<br />

können, handelt es sich vorwiegend um häufige "Allerweltsarten", die sich ohne ihre natürlichen<br />

Regulatoren oft unberechenbar verhalten <strong>und</strong> ohne Bindung an ortsgemässe Lebensgemeinschaften<br />

sind. Aber auch züchterische Höchstleistungen verwehren den Blütenbesuchern den Zutritt oder haben<br />

auf Kosten der üppigen Blütenfülle die Fähigkeit der Nektarproduktion eingebüsst. Spezialisierte Tierarten,<br />

die durch die gegenwärtige Veränderung <strong>und</strong> Verarmung der heimischen <strong>Pflanzen</strong>welt besonders stark<br />

betroffen sind, verlieren ihre Lebensgr<strong>und</strong>lage endgültig! Aber auch Licht-, Sukzessions- <strong>und</strong> Bodenverhältnisse<br />

verändern sich unbemerkt <strong>und</strong> führen zu Allmählichkeitsschäden unbekannter Art.<br />

Biologischen Gr<strong>und</strong>gesetze kennen keine geographischen Grenzen, am wenigsten haben eingeführte<br />

Tiere <strong>und</strong> <strong>Pflanzen</strong> mit „Blut <strong>und</strong> Boden-Politik“ zu tun. Sie gelten für alle Naturstandorte <strong>und</strong> verursachen<br />

bei ihrer Nichtbeachtung überall Probleme: So treibt zum Beispiel seit 1986 die "Zigeunermotte" in den<br />

Nordoststaaten der USA ihr Unwesen. Alljährlich entlaubt der aus Europa eingeschleppte "Schädling"<br />

mangels natürlicher Regulatoren zehntausende von Quadratkilometer Wald. Mit den bisherigen<br />

chemischen Hilfsmitteleinsätzen wurden alleine die Chemiekonzerne potenter, die aber noch in kleiner<br />

Anzahl vorhandenen Regulatoren verdrängt <strong>und</strong> die Schädlinge werden von Jahr zu Jahr resistenter. Die<br />

ökonomischen Schäden summieren sich weltweit in Millardenhöhe, die Probleme sind teilweise bereits so<br />

gross, dass auch in Europa bestimmte Staatsregierungen resignieren.<br />

Neben der geringen ökologischen Bedeutung von standortfalschen oder exotischen <strong>Pflanzen</strong>arten können<br />

sie auch zu eigentlichen "Fallen" für die einheimische Tierwelt werden, indem sie durch bestimmte<br />

Inhaltsstoffe Blütenbesucher schwächen, Raupen sich auf ihnen nicht entwickeln können (z.B. bei<br />

Hybridpappel) oder nicht den notwendigen Schutz vor Feinden (z.B. bei Japanischen Pflaumenkirsche)<br />

finden. Genauere Hinweise finden Sie auf den nächsten Seiten: "Oekologisch problematische <strong>Pflanzen</strong>".<br />

Untersuchungen weisen zudem nach, dass Vögel (mit Ausnahme der stark verbreiteten Amsel) das<br />

Nahrungsangebot von heimischen Gehölzen bevorzugen. Am beliebtesten ist die heimische Eberesche<br />

(Sorbus aucuparia): 63 Singvogelarten peilen sie an. Ihr exotisches Gegenstück, die Bastard-Eberesche<br />

(Sorbus hybrida), wird nur von 4 Arten angeflogen. Bei den Weissdornen ist das Verhältnis 32 : 3<br />

zugunsten der einheimischen zwei Arten (Crataegus monogyna <strong>und</strong> Crataegus oxyacantha), die<br />

übrigens zu den wertvollsten Vogelschutzsträuchern gehören.<br />

Oft ist die Pflege exotischer Gehölze auch mit dem Einsatz von Handelsdüngern <strong>und</strong> <strong>Pflanzen</strong>schutzmitteln<br />

verb<strong>und</strong>en, die zur Umweltvergiftung in Gärten, Grünanlagen, Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Oberflächengewässer<br />

führen. Die Pflanzung von heimischen Sträuchern, vor allem auch von Dornensträuchern, fördert die<br />

Vogel- <strong>und</strong> Insektenwelt, die ihrerseits wiederum einen wichtigen Beitrag für die Erhaltung der natürlichen<br />

Vielfalt <strong>und</strong> des ökologischen Ausgleiches in Grünanlagen <strong>und</strong> Landwirtschaftskulturen leistet.<br />

Die Förderung standortgerechter Pflanzungen, die mit ihrem unaufdringlichen Blütenschmuck<br />

den exotischen <strong>Pflanzen</strong> als Augenweide nicht nachstehen, ist nicht nur ein f<strong>und</strong>amentaler<br />

Beitrag für die Bewahrung des heimischen Tier- <strong>und</strong> <strong>Pflanzen</strong>reichtums, sondern sie vermittelt<br />

zudem auch einen erweiterten Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Erlebnisbereich für uns alle.

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