“ Ich komme meiner Seele nahe” - Musiktherapie in einer Tages ...
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Veränderungen<br />
h<strong>in</strong>sichtlich der<br />
Kontaktfähigkeit<br />
Reflexion im<br />
Evaluations-FB 1<br />
Geme<strong>in</strong>schaft mit<br />
Mitpatienten<br />
Mobilisierung<br />
Erweiterung des<br />
Spektrums<br />
10<br />
Betrachten wir unter diesen Gesichtspunkten noch e<strong>in</strong>mal den geschilderten Fall,<br />
so muss man zum<strong>in</strong>dest annehmen, dass sowohl die neue Situation <strong>in</strong> der <strong>Tages</strong>stätte,<br />
als auch <strong>in</strong> der MT (wo es ja noch e<strong>in</strong>e <strong>“</strong>Probezeit” gab), sowie die schwierige<br />
Phase mit der Tochter und die vermutete Missbrauchsthematik akute und<br />
chronische Stressoren für Frau X darstellen. An Cop<strong>in</strong>gstrategien hat sie bisher<br />
nur überspielende, ablenkende Mittel zur Verfügung, die zu diesem Zeitpunkt<br />
jedoch nicht geeignet waren, die Folgen der massive Überforderung weiter h<strong>in</strong>auszuzögern,<br />
so dass sie erneut akut erkrankte. Das vorh<strong>in</strong> genannte <strong>“</strong>Handwerkszeug<br />
gegen Grenzverletzungen” wäre e<strong>in</strong> Mittel, ihre Cop<strong>in</strong>gfähigkeit zu erhöhen<br />
und damit das Risiko weiterer akuter Erkrankungen zu senken.<br />
Nach dem Kl<strong>in</strong>ikaufenthalt lernt Frau X <strong>in</strong> der <strong>Musiktherapie</strong> ihre Wünsche zunehmend besser zu<br />
äußern (ich möchte etwas Freies spielen und dazu e<strong>in</strong>e Trommel nehmen) und auch mit Enttäuschungen<br />
offener umzugehen (e<strong>in</strong>e TN will etwas Ruhiges spielen, Frau X daraufh<strong>in</strong> <strong>“</strong>Dann kann<br />
ich ja gar ke<strong>in</strong>e Trommel spielen”). Bedürfnisse anderer TN kann sie akzeptieren, so dass e<strong>in</strong><br />
Kompromiss gefunden werden kann (man könnte z.B. auch <strong>“</strong>ruhig” Trommeln). Dies wurde <strong>in</strong> der<br />
Musik auch von ihr umgesetzt. Sie spielt zurückhaltend, vorsichtig, nicht <strong>in</strong> den Vordergrund drängend,<br />
hat Kontakt zu allen Mitspieler<strong>in</strong>nen und bleibt gut und gleich bleibend im Takt. Sie reflektiert,<br />
dass sie die Kontakte gesucht, gefunden und gespürt hat und sich dabei wohl fühlte. Sie wirkt<br />
dabei ruhig und ausgeglichen. E<strong>in</strong>e Erfahrung, die ihr ermöglicht eigene und andere Bedürfnisse<br />
mite<strong>in</strong>ander zu vere<strong>in</strong>baren und dies sogar zu benennen.<br />
Die darauf folgende Sitzung zeigt, wie wenig stabil der Bereich der Kontakte war, denn hier gel<strong>in</strong>gt<br />
es ihr nicht mit anderen <strong>in</strong> Kontakt zu <strong>komme</strong>n. Sie hat wahrgenommen, dass e<strong>in</strong>e andere TN<br />
das Tempo angibt, obwohl diese im H<strong>in</strong>tergrund ist. Sie kann also erleben, dass auch leise Klänge<br />
Wirkung haben. Diese Sensibilität ist <strong>in</strong> den vorangegangenen Wochen ebenfalls gewachsen, wenn<br />
auch (noch) ohne Konstanz. Sie hat <strong>in</strong> dieser Sitzung das Gefühl <strong>“</strong>nicht durchge<strong>komme</strong>n zu se<strong>in</strong>”<br />
(obwohl sie sehr laut ist und das Stück dom<strong>in</strong>iert), dabei geht es um e<strong>in</strong>en Machtkampf zwischen<br />
e<strong>in</strong>er anderen TN und ihr. Von den anderen habe sie nicht so viel mitbe<strong>komme</strong>n, fühlt sich aber<br />
trotzdem wohl.<br />
Nach ca. e<strong>in</strong>em Jahr gibt sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Fragebogen zur Evaluation an, dass sie <strong>“</strong>ihren<br />
Gefühlen freien Lauf lässt” wenn sie Musik macht und dadurch glücklicher<br />
wird. An der <strong>Musiktherapie</strong> schätzt sie die Geme<strong>in</strong>schaft und kommt seit der<br />
Teilnahme <strong>“</strong>besser mit ihren Mitpatienten zurecht”. Dies hält sie für e<strong>in</strong>e wesentliche<br />
Veränderung und stellt auch e<strong>in</strong>en Zusammenhang her, zwischen MT und<br />
dem Gefühl, dass sie <strong>“</strong>freier mit ihrer Familie reden kann”.<br />
Sie erfährt <strong>in</strong> der Folgezeit, wie Musik sie mobilisieren kann wenn sie müde ist,<br />
oder dass Kopfschmerzen nach der Musik auf e<strong>in</strong>mal weg s<strong>in</strong>d. Sie bemerkt auch<br />
Rollen/Eigenschaften e<strong>in</strong>zelner TN <strong>in</strong> der Gruppe (z.B. wenn sie fehlen; <strong>“</strong>die Frau<br />
Y hätte da jetzt noch mehr Schwung re<strong>in</strong> gebracht”). Sie bemerkt, dass ich aus der<br />
Mandol<strong>in</strong>e viel mehr Töne herausbe<strong>komme</strong>n habe als sie selber. Sie hat bisher nur<br />
ungegriffene Saiten gespielt, obwohl sie bereits öfter gesehen hat, dass ich auch<br />
auf dem Griffbrett greife. Dies habe ich ihr erklärt.<br />
Weitere Themen waren der plötzliche Tod der Mutter, Nähe und Distanz <strong>in</strong>nerhalb<br />
und außerhalb der Gruppe, sowie immer wieder E<strong>in</strong>klang, Harmonie, Rücksichtnahme,<br />
Weglaufen/Vorauslaufen, sich Auspowern und dadurch zur Ruhe/Entspannung<br />
<strong>komme</strong>n, sich durchsetzen. Eigene Gefühle wahrzunehmen bleibt<br />
schwierig, vor allem negative Gefühle.