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Governance-Regimes im Öffentlichen Verkehr - Claus Faber

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3. Empirie 3.2 Wien<br />

der Wiener Stadtwerke und somit sein eigener Chef. Der Chef der Badner Bahn ist ehema-<br />

liger Chef einer Magistratsabteilung u.a.<br />

♦ Typisch österreichisch-korporatistisch ist auch die Konzentration der Entscheidungen<br />

auf einige wenige Entscheidungsträger, die ihrerseits zwar niemandem zuhören müs-<br />

sen, aber die Interessen aller mächtigen Interessengruppen berücksichtigen.<br />

♦ Die einzig mögliche Rechenschaft, der die Entscheidungsträger unterliegen (und nur sehr<br />

wenige von ihnen), ist die Gemeinderatswahl, bei der es aber in der Regel um viel mehr<br />

Themen als den öffentlichen <strong>Verkehr</strong> geht. Die Praxis der „großen Keule“, die nie ge-<br />

schwungen wird, ist in der Wiener Politik, aber auch in den internen Relationen zwischen<br />

MA4, Stadtwerken und Wiener Linien zu sehen. Sie schafft eine Handlungslogik, in der es<br />

günstig ist, <strong>im</strong> Sinne der WählerInnen nichts falsch zu machen, aber alle bestehenden Inter-<br />

essen einigermaßen befriedigend auszutarieren.<br />

♦ Die Vielzahl vertretener Interessen ohne deren monetäre oder institutionelle Trennung<br />

ist ebenfalls deutlich korporatistisch: Die Kosten für die Anschaffung der neuen Wiener<br />

Niederflurstraßenbahnen sind z.B. deutlich höher als vergleichbare Straßenbahnen „von der<br />

Stange“, aber die Niederflurstraßenbahn wird in S<strong>im</strong>mering gebaut: Die Entscheidung für<br />

den ULF von Siemens-SGP war daher auch gleichzeitig Wiener Standortpolitik.<br />

♦ Die einzige durchgehend in allen anderen wichtigen Institutionen vertretene In-<br />

stitution heißt SPÖ. SPÖ-Funktionäre leiten das Planungs- und Finanzressort, die Wie-<br />

ner Stadtwerke, die Wiener Linien und die WLB, sitzen in der Arbeiterkammer und <strong>im</strong> Be-<br />

triebsrat der Wiener Linien. Zum einen schafft dies ein relativ hohes Problembewusstsein,<br />

zum Anderen ist dies eine große Machtbasis.<br />

♦ Ein großer Unterschied besteht in der üblicherweise <strong>im</strong> Korporatismus herrschenden<br />

Symmetrie: Da wir es <strong>im</strong> öffentlichen <strong>Verkehr</strong> mit einer Vielzahl verschiedener Interessen<br />

zu tun haben, kann das Modell der korporatistischen Interessens-Intermediation (siehe<br />

Seite 33) hier keine Anwendung finden.<br />

♦ Demzufolge erfolgt die Austarierung der Arbeitnehmer/Arbeitgeberbeziehungen auf<br />

anderen Ebenen statt entsprechend des nationalen <strong>Governance</strong>-<strong>Reg<strong>im</strong>es</strong>: innerhalb des<br />

Betriebes (Betriebsvereinbarungen) und via den Eigentümer. Ein großer Vorteil dieses Sy-<br />

stems liegt in der totalen Absenz von Arbeitskämpfen (auch wenn <strong>im</strong> Vorfeld des Ver-<br />

kehrsdienstevertrags damit gedroht wurde).<br />

♦ Die Mixtur aus betriebswirtschaftlich zu führenden Unternehmen <strong>im</strong> Eigentum politischer<br />

Instanzen wirkt sich auf die <strong>Verkehr</strong>starifpolitik in Wien aus: Sie war <strong>im</strong>mer zweier-<br />

lei. Kostentreibend wirkt die Organisation ohne Gewinnauftrag, der hohe gewerkschaftli-<br />

<strong>Claus</strong> <strong>Faber</strong> 215

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