lia – die Frauen - Filia Frauenstiftung
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Am stärksten erinnere ich mich an <strong>die</strong> Rebellen, <strong>die</strong> uns anschrien, auszusteigen<br />
und uns zu bewegen, und an <strong>die</strong> sehr großen Gewehre. Ich habe versucht,<br />
<strong>die</strong> Waffen zu benennen, um mir etwas zusammenzureimen. AK-47? 24*<br />
Raketenwerfer? Später habe ich oft daran gedacht, wie unglaublich jung <strong>die</strong><br />
Rebellen gewesen waren. Wie sie nach Marihuana stanken. Wie sehr ich<br />
meine Zigaretten zurückhaben wollte.<br />
Es wurde Nacht, während sie darüber debattierten, was mit uns geschehen<br />
sollte. Letztlich entschieden sie sich dafür, uns durch den Busch zu führen,<br />
um vier Stunden später ihren Kommandanten in dessen Lager weiter nördlich<br />
zu treffen. Was dann geschah, ist eine längere Geschichte. Was wirklich<br />
wichtig war, war, dass niemand verletzt wurde und wir nur kurz dort waren <strong>–</strong><br />
<strong>die</strong> UN hatte am nächsten Tag unsere Freilassung erwirkt.<br />
Außer, dass ich den Nikotinentzug verkraftet und rohe Kassava gegessen<br />
hatte, habe ich nichts wirklich Erwähnenswertes getan. Man brauchte weder<br />
Können noch Mut. Wir waren nur am falschen Ort zur falschen Zeit, es ist<br />
einfach passiert.<br />
Als ich nach Bosnien zurückkehrte, hatte sich inzwischen aber Entscheidendes<br />
getan: Ich hatte mir meine Sporen ver<strong>die</strong>nt.<br />
Ich hatte endlich <strong>die</strong> unausgesprochene, schwer fassbare Grenzlinie für Respekt<br />
in der Arbeit in Kriegsgebieten überschritten <strong>–</strong> <strong>die</strong> <strong>die</strong> jungen, grünen<br />
und <strong>die</strong> erfahrenen, leicht zynischen kriegsmüden Notfallhelferinnen unterscheidet.<br />
Ich hatte <strong>die</strong> Prüfung bestanden.<br />
Für mich fasst <strong>die</strong>s das Problem mit dem Respekt zusammen.<br />
Du wirst niemals so recht wissen, wie du ihn ver<strong>die</strong>nen kannst. Es gibt<br />
keine Formel. Und wenn du denkst, jetzt hast du deine Zeit abgeleistet, in<br />
24* Awtomat Kalaschnikowa. Anm. d. Übers.<br />
Stunden gerechnet, und genug Stürme überstanden, verschieben sich <strong>die</strong><br />
Zielmarkierungen.<br />
Weil Respekt und Glaubwürdigkeit dir so leicht entschlüpfen, teilst du sie<br />
nicht leicht, wenn du sie einmal erworben hast. Jede, <strong>die</strong> nach dir kommt,<br />
soll sie auch auf <strong>die</strong>se harte Weise erkämpfen. Abkürzungen sind nicht erlaubt.<br />
Alles, was ich will … ist ein bisschen Respekt<br />
Alle Aktivistinnen brauchen Respekt. Wir möchten weiterhin lernen und<br />
wachsen, das nächste Level erreichen, was auch immer das sein kann, ohne<br />
uns ständig beweisen zu müssen.<br />
Und wir möchten auch wissen, was als nächstes ansteht. Dass wir, wenn wir<br />
morgen aufstehen, auch weiterhin in der Lage sein werden, <strong>die</strong> Arbeit zu<br />
tun, <strong>die</strong> wir lieben. Und dass es einen Platz für uns gibt.<br />
Jüngere Aktivistinnen befürchten, dass sie niemals Anerkennung bekommen<br />
werden. Sie haben Angst, dass sie es niemals über <strong>die</strong>se unsichtbare<br />
Grenzlinie der Glaubwürdigkeit schaffen werden. Sie wollen wissen, was<br />
sie tun müssen, um ihre Sporen zu ver<strong>die</strong>nen, aber niemand kann es ihnen<br />
sagen. Es scheint, dass <strong>–</strong> egal wie hart und wie lange eine arbeitet <strong>–</strong> es wird<br />
niemals genug sein.<br />
Ihre Sorgen sind berechtigt. Wenn eine junge Aktivistin sagt, sie sei müde,<br />
angespannt und an der Grenze zum Burnout, erntet sie von älteren Kolleginnen<br />
oftmals Unverständnis. Sie hat noch nicht annähernd genug gearbeitet,<br />
um so matt zu sein. Sie hat noch nicht genug gesehen. Sie hat sich noch<br />
nicht das Recht erworben, erschöpft zu sein.<br />
Jüngere Aktivistinnen wollen wissen, ob es einen Weg gibt, aktiv zu sein und<br />
gesund zu bleiben. Sie wollen wissen, ob es einen Weg gibt, <strong>die</strong> Arbeit zu<br />
tun, <strong>die</strong> sie lieben, und trotzdem eine Familie zu haben oder Geld, um ihre<br />
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